Unerreicht: Makelloser Schein - Nancy Salchow - E-Book

Unerreicht: Makelloser Schein E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Ist deine Liebe stark genug, um hinter die Fassade zu blicken? Als Sophie zu Sozialstunden in einem Tierheim verdonnert wird, freut sie sich zwar, dass sie ihre Tierliebe über das Übel der Strafe hinwegtrösten wird, doch ihre Laune ändert sich schnell, als sie ausgerechnet mit dem ständig miesgelaunten Tico zusammenarbeiten muss. So liebevoll er mit den Tieren umgeht, so distanziert und unfreundlich ist er zu ihr und lässt keine Gelegenheit aus, um ihr zu zeigen, wie wenig er von ihr hält. Als Tico Sophie kennenlernt, ist sie für ihn nichts weiter als eine verwöhnte reiche Göre, die vermutlich ein Auto im Alkoholrausch zu Schrott gefahren hat und nun ihre Sozialstunden im Tierheim absitzen möchte, ohne viel dafür zu tun. Mit gelangweilten Leuten wie ihr hatte er während seines Jobs schließlich schon oft genug zu tun. Ihre makellos schöne Erscheinung trägt nur noch mehr zu seinen Vorurteilen bei. Aber ist das Bild, das er von ihr hat, wirklich das richtige? Und warum wurde sie tatsächlich zu den Sozialstunden verdonnert? Es beginnt mit Skepsis auf beiden Seiten, doch so sehr sie sich auch dagegen wehren, die Gefühle zwischen ihnen nehmen schon bald eine Eigendynamik an, der sie sich nur schwer entziehen können. Aber nicht nur die Zweifel der Gegenwart, auch die Vergangenheit wirft schon bald dunkle Schatten über sie und stellt sie auf eine harte Probe, die zu bestehen ihnen mehr Kraft abverlangt, als sie für möglich gehalten hätten.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Epilog

Danksagung und Nachwort

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Unerreicht

Makelloser Schein

Roman

Über das Buch

Ist deine Liebe stark genug, um hinter die Fassade zu blicken?

Als Sophie zu Sozialstunden in einem Tierheim verdonnert wird, freut sie sich zwar, dass sie ihre Tierliebe über das Übel der Strafe hinwegtrösten wird, doch ihre Laune ändert sich schnell, als sie ausgerechnet mit dem ständig miesgelaunten Tico zusammenarbeiten muss. So liebevoll er mit den Tieren umgeht, so distanziert und unfreundlich ist er zu ihr und lässt keine Gelegenheit aus, um ihr zu zeigen, wie wenig er von ihr hält.

Als Tico Sophie kennenlernt, ist sie für ihn nichts weiter als eine verwöhnte reiche Göre, die vermutlich ein Auto im Alkoholrausch zu Schrott gefahren hat und nun ihre Sozialstunden im Tierheim absitzen möchte, ohne viel dafür zu tun. Mit gelangweilten Leuten wie ihr hatte er während seines Jobs schließlich schon oft genug zu tun. Ihre makellos schöne Erscheinung trägt nur noch mehr zu seinen Vorurteilen bei. Aber ist das Bild, das er von ihr hat, wirklich das richtige? Und warum wurde sie tatsächlich zu den Sozialstunden verdonnert?

Es beginnt mit Skepsis auf beiden Seiten, doch so sehr sie sich auch dagegen wehren, die Gefühle zwischen ihnen nehmen schon bald eine Eigendynamik an, der sie sich nur schwer entziehen können. Aber nicht nur die Zweifel der Gegenwart, auch die Vergangenheit wirft schon bald dunkle Schatten über sie und stellt sie auf eine harte Probe, die zu bestehen ihnen mehr Kraft abverlangt, als sie für möglich gehalten hätten.

Prolog

»Sophie«, sagt er.

Einfach nur Sophie. Nicht mehr und nicht weniger.

»Ich bin hier«, antworte ich leise, »und ich habe nicht vor, so schnell wieder zu gehen. Es sei denn, du schickst mich fort.«

»Ich bin nicht besonders gut in solchen Dingen«, sagt er. »Vielleicht steckt ja doch mehr von dem Mann in mir, den du an deinem ersten Tag kennengelernt hast.«

»Der Mann, den ich an meinem ersten Tag kennengelernt habe, war nur eine unschöne Fassade.« Nun lege ich auch die zweite Hand an seine Wange. »Der Mann, mit dem ich einen verängstigten Hund gerettet habe, das bist du. Und dieser Mann steht gerade vor mir.«

Eine Weile schweigt er. Die Stille scheint uns wie ein schützender Kreis zu umschließen.

Plötzlich legt er seine Finger um meine Handgelenke und beugt sich für einen Kuss zu mir herunter. Ein Kuss, der die letzte Nacht allgegenwärtig macht. Sofort scheint sich dasselbe Verlangen in mir zu entzünden. Dieselbe Sehnsucht, dieselbe Verbundenheit, die ich mir noch immer nicht erklären kann.

»Das hier ist kein Spiel«, sage ich, als sich unsere Lippen voneinander lösen. »Wohin auch immer die Reise geht, ich will auf jeden Fall dabei sein.«

Endlich lächelt er. 

Doch anstatt etwas zu sagen, legt er die Hand an meine Taille und küsst mich erneut. Dieses Mal ist der Kuss jedoch weit weniger unschuldig.

Ich spüre seinen Atem warm auf meinen Wangen, während ich meine Arme um seine Hüften lege.

Ich fühle seine Hände an meinem Hinterkopf, seine ruhelosen Finger in meinem Haar.

An die Duschkabine gelehnt werden unsere Küsse heftiger. Als das Handtuch wie von selbst von meiner Brust rutscht, weiß ich, dass wir keine weiteren Worte brauchen. Alles, was zählt, ist dieser eine Moment, der den Rest der Welt ausblendet.

Kapitel 1

Sophie

Der warme Juliwind trägt die salzige Ostseeluft über die Baumkronen und Erdbeerfelder des angrenzenden Bauernhofes bis ins offene Autofenster.

Zehn Minuten ist es her, dass ich den Motor ausgestellt habe und doch hindert mich irgendetwas daran, aus dem Wagen zu steigen.

Einhundert Sozialstunden im örtlichen Tierheim. Und das ausgerechnet ich. Hätte mir das jemand noch vor ein paar Monaten prophezeit, ich hätte ihn zweifellos für verrückt erklärt.

Ich schaue auf das Display meines Handys. Kurz vor acht. Wenn ich jetzt nicht aussteige, komme ich noch zu spät. Nicht unbedingt der beste Start in den ersten Arbeitstag.

Seufzend zupfe ich mein Shirt zurecht, öffne die Wagentür und mache mich schließlich auf den Weg.

Bis zum Eingangstor sind es nur wenige Meter und doch reichen sie aus, um das Gedankenkarussell in meinem Kopf in Fahrt zu bringen.

Was man hier wohl von mir denken wird? Ob man mich für eine Schwerverbrecherin hält, nur weil ich Sozialstunden ableiste?

Beruhige dich, Sophie. Was für eine Rolle spielt es, was wildfremde Menschen über dich denken? Du bist hier, weil du einen Job zu erledigen hast. Nur das zählt.

Ich atme ein letztes Mal tief ein, dann öffne ich die mächtige weiße Holztür des Backsteingebäudes.

Mein Blick fällt auf eine nussbraune Polstersitzecke und einen schmalen Tresen mit Telefon und Ledersessel dahinter. An den Wänden finden sich unzählige Fotos von vermittelten Tieren mit ihren neuen Besitzern. Danksagungen, Grüße, Erinnerungen.

Die offene Tür daneben führt in einen langen Flur, von dem aus mehrere Räume abgehen.

Etwas planlos bleibe ich auf der Schwelle stehen und schaue mich um.

»Hallo?«, rufe ich, noch unsicher, ob ich einfach weitergehen oder hier warten soll.

Nur wenige Sekunden später taucht aus einem der angrenzenden Räume eine untersetzte Frau mit schulterlangem kupferfarbenem Haar auf. Vielleicht ist sie Mitte dreißig, vielleicht älter.

Sie stellt einen sperrigen Karton ab und schiebt die Ärmel ihres Shirts hoch.

»Bist du die Neue?«, fragt sie.

»Ich bin Sophie.« Mit ausgestreckter Hand gehe ich lächelnd auf sie zu. »Ich freue mich.«

»Paula.« Ihr Lächeln ist nur flüchtig. »Mit mir wirst du aber eher weniger zu tun haben.«

»Verstehe.« Ich lasse die Arme sinken.

»Tico wird dir alles Wichtige erklären«, sagt sie.

»Tico«, wiederhole ich.

Sie nickt. »Aber eins sollte dir von Anfang an klar sein: Wir haben hier so unsere Erfahrungen mit Sozialstunden. Oftmals fehlte es den Leuten am nötigen Ehrgeiz, Tiere wurden vernachlässigt und generell alles nicht so ernstgenommen. Aber sobald wir merken, dass du …«

»Ich liebe Tiere«, unterbreche ich sie selbstbewusst. »Was auch immer ihr bisher für Erfahrungen hattet, ihr könnt mir wirklich vertrauen.«

»Auch das hören wir am ersten Tag oft.« Sie runzelt die Stirn. »Wie gesagt, sollte dein Verhalten zum Nachteil für die Tiere sein, werden wir nicht zögern, die nötigen Konsequenzen zu ziehen.«

»Es besteht wirklich kein Grund zur Sorge.« Ich bemühe mich um ein unbeschwertes Lächeln, doch die Skepsis in ihrem Blick macht es mir nicht gerade leicht.

»Also schön.« Sie räuspert sich. »Ich habe jetzt noch ein bisschen was zu tun, aber Tico müsste jeden Moment da sein. Er wird dir alles erklären.«

»Alles klar«, antworte ich voller Zuversicht, doch da hat sie mir bereits den Rücken zugewandt, um in einem der Räume zu verschwinden.

Ich straffe meinen Rücken und übe mich in selbstbewusster Haltung. Was auch immer meine Vorgänger für einen Eindruck hinterlassen haben, Paula scheint nicht sonderlich darum bemüht, mich in eine andere Schublade zu stecken.

Nur wenige Sekunden später nehme ich Schritte hinter mir wahr.

Instinktiv lege ich die Hand auf meine Brust. »Hast du mich erschreckt.«

»Du musst die neue Sozialstunde sein«, sagt er.

»Die neue Sozialstunde?« Ich hebe die Augenbrauen. »Eigentlich heiße ich Sophie.«

Ich reiche ihm die Hand, während meine Aufmerksamkeit für einen Moment auf ihm ruht. Er scheint höchstens Ende zwanzig zu sein. Seine kaffeebraunen Augen strahlen etwas Warmes aus, passen jedoch irgendwie nicht zu den markanten Zügen seines Gesichts. Das dunkle Haar trägt er ziemlich kurz, die breiten Schultern spannen unter einem grauen Shirt. Unter anderen Umständen hätte er vermutlich mein Interesse geweckt.

»Tico«, sagt er schmallippig, während er meine Hand mit distanzierter Miene schüttelt.

»Freut mich.« Ich ringe mir ein zuversichtliches Lächeln ab. »Paula sagt, du wirst mir alles erklären.«

»Erklären ist das falsche Wort.« Er mustert mich mit zweifelndem Blick. »Ich lasse dich zuschauen, während ich meine Arbeit mache. Das meiste ist selbsterklärend.«

»Wie auch immer. Ich freue mich schon sehr auf die Arbeit mit den Tieren.«

»Hast du denn schon mal mit Tieren gearbeitet?«

»Gearbeitet nicht, aber ich bin mit Hunden und Katzen aufgewachsen. Und sobald ich weiß, wohin mich mein nächster Job führen wird, schaffe ich mir endlich auch ein eigenes Tier an. Was genau für eins, ist noch nicht entschieden.«

»Dein nächster Job«, wiederholt er misstrauisch. »Heißt das, du bist derzeit arbeitslos?«

»Na ja, eigentlich bin ich Bürokauffrau und habe bis vor Kurzem in der Verwaltung einer Kureinrichtung gearbeitet, aber …« Meine Gedanken wandern zu unliebsamen Erinnerungen. »Nicht so wichtig.«

Meine Ausflüchte scheinen sein Misstrauen nur noch mehr zu befeuern.

»Alles, was mich interessiert, ist«, er verschränkt die Arme vor der Brust, »ob ich mich auf dich verlassen kann. Denn, wenn du das hier nicht ernst nimmst, können wir gleich …«

»Schon gut«, ich hebe die Hand, »du musst nicht weiterreden. Paula hat mir schon mehr als deutlich gemacht, dass ihr bisher eher schlechte Erfahrungen hattet.«

Statt einer Antwort entfährt ihm nur ein ausdrucksloses Brummen.

Ich unterdrücke den Drang, ihn zu fragen, ob er schlecht geschlafen hat. Miese Laune scheint hier ansteckend zu sein.

»Was auch immer ihr bisher erlebt habt«, sage ich selbstbewusst, »mit mir wird euch das nicht passieren.«

»Warten wir’s ab«, ist alles, was er antwortet.

Für einen Moment verliere ich mich in der Art, wie er mich anschaut. So offensichtlich seine Skepsis auch ist, irgendetwas in seinen Augen weckt meine Neugier. Sein Blick scheint durchdringend und unerwartet tiefgründig, ein krasser Widerspruch zu seiner distanzierten Haltung.

»Also?« Ich schaue ihn fragend an. »Womit fangen wir an?«

Kapitel 2

Tico

Nicht schon wieder so ein oberflächliches Püppchen. Ob sie Daddys Auto im Vollrausch zu Schrott gefahren hat? Oder wurde sie beim Dealen erwischt?

Ich öffne die Glastür des Gerätevorbaus und nehme flüchtig ihr Spiegelbild darin wahr. Die schlanke Silhouette. Die weizenblonden Locken, die ihr weich auf die Schultern fallen. Wenn sie glaubt, dass sie mich mit ihrem Schmollmund und den Klimperwimpern um den Finger wickeln kann, hat sie sich echt geschnitten.

Und warum, zum Teufel, trägt sie ihr Haar bei einem Job wie diesem offen? Nur ein weiteres Indiz dafür, dass sie nicht die leiseste Ahnung hat, was sie hier erwartet.

»Verrätst du mir, was du vorhast?«, fragt sie, als sie den Laubbesen und die Schaufel in meinen Händen sieht.

»Ich habe nichts damit vor. Die sind für dich.« Ich reiche ihr die Geräte mit selbstsicherem Grinsen, danach ziehe ich auch für mich Besen und Schaufel aus der Wandhalterung.

»Im Sommer gibt es erfahrungsgemäß eher wenig Laub zu fegen«, stellt sie irritiert fest.

»Wir fegen auch kein Laub damit.« Ich schließe die Tür des Vorbaus. »Um diese Uhrzeit sind immer ein paar Studenten und Ehrenamtliche mit den Hunden unterwegs. Wir nutzen die Zeit, um die leeren Zwinger zu reinigen.«

»Zu reinigen?« Sie schaut mich fragend an.

Ich trete einen Schritt näher und bleibe direkt vor ihr stehen. »Ja, zu reinigen.« Ich grinse provokativ. »Oder ist es etwa ein Problem für dich, Hundehaufen wegzufegen?«

Eine Weile erwidert sie meinen Blick schweigend, dann hebt sie ihr Kinn und kneift die Augen zusammen, als würde es ihr dabei helfen, mich besser zu sehen.

»Natürlich ist es kein Problem«, antwortet sie unbeeindruckt. »Ich habe mich nur gefragt, was genau reinigen in diesem Fall bedeutet. Hätte ja auch sein können, dass wir die Schlafhütte putzen oder was auch immer man«, sie räuspert sich, »na ja … was auch immer man eben putzen kann in einem Hundezwinger.«

Ich stütze mich auf meine Schaufel. »Wenn es ums Putzen ginge, hätte ich uns wohl kaum Geräte zum Harken und Aufnehmen besorgt.«

Sie beißt sich schweigend auf die Unterlippe.

»Und wo wir gerade dabei sind«, fahre ich fort, »es wäre wirklich besser, wenn du deine Haare zusammenbindest. Die stören sonst nur bei der Arbeit. Pluspunkte für gutes Aussehen wirst du hier nämlich nicht bekommen, falls du das geglaubt hast.«

»Wieso sollte ich so etwas glauben?«

»Keine Ahnung.« Ich zucke desinteressiert mit den Schultern. »Vielleicht, weil das in anderen Lebensbereichen ganz gut funktioniert? Dir sollte nur klar sein, dass sich hier niemand für deine Optik interessiert. Hier zählt nur Leistung.«

Für einen kurzen Moment schaut sie mich auf eine Weise an, die sich schwer deuten lässt. Fast scheint es, als bräuchte sie eine Weile, um sich über die Auswirkung ihrer Antwort klarzuwerden.

Doch plötzlich ändert sich etwas in ihrem Gesicht.

Sie strafft den Rücken und atmet tief ein, dann scheinen die Worte nur so aus ihr herauszuplatzen. »Sag mal, hast du eigentlich vor, dich weiterhin wie ein arroganter Arsch aufzuführen? Ist ja nicht auszuhalten, dieser abfällige Tonfall.«

Ihr Selbstbewusstsein überrascht mich, doch schon im nächsten Moment erinnert mich ihr wütender Blick an all die verwöhnten Gören, die mir schon vor ihr aufgehalst wurden und sich am Ende selbst für die einfachste Aufgabe zu schade waren.

»Hast du mich gerade einen Arsch genannt?« Ich hebe die Augenbrauen. »Dir scheint ja nicht sehr viel an deinem Job hier zu liegen, was?«

»Es ist kein richtiger Job, ich leiste Sozialstunden. Und genau diese Tatsache ist es doch, die dich dazu bringt, dich so überheblich aufzuführen, oder etwa nicht?«

»Job ist Job. Der Grund, aus dem du dieser Arbeit nachgehst, ist mir egal.«

»Trotzdem habe ich ein bisschen Respekt verdient, meinst du nicht?«

»Tut mir leid, wenn dir meine Herangehensweise nicht gefällt«, sage ich, »aber ich habe hier einfach schon zu viel erlebt, um meinen Höflichkeitsbonus schon im Vorfeld zu verschenken. Aber daraus zu schließen, dass ich keinen Respekt vor dir habe, ist …«

»Ist was?«

»Vergiss es einfach, okay?«

»Dass ihr schlechte Erfahrungen hattet, habe ich mittlerweile begriffen. Das rechtfertigt aber noch lange nicht deinen arroganten Tonfall.« Sie stemmt die Hände in die Hüften. »Warum gibst du mir nicht wenigstens die Chance, mich zu beweisen? Es ist mein erster Tag, verdammt.«

»Ich bin nicht arrogant, nur vorsichtig.«

»Vorsichtig nennst du das?« Sie lacht. »Unhöflich bist du – und die Art, wie du mit mir redest, ist alles andere als professionell.«

»Du findest mich also unprofessionell?« Ich lache zynisch. »Wir lernen uns gerade erst kennen. Mit dem Urteil übereinander sollten wir uns noch ein bisschen Zeit lassen, findest du nicht?«

»Komisch, dass du das sagst. Mir kommt es nämlich so vor, als hättest du dein Urteil über mich schon vor unserer Begegnung gefällt. Glaubst du etwa, du weißt irgendetwas über mich, nur weil ich zu Sozialstunden verdonnert wurde? Kann ja sein, dass ihr hier schon mit einigen Problemfällen zu tun hattet, aber das macht mich noch lange zu keinem.«

Der Feuereifer, mit dem sie sich zu Wehr setzt, imponiert mir. Zumindest in dieser Hinsicht scheint sie ihren Vorgängern etwas voraus zu haben. Trotzdem versuche ich, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.

»Du vertrittst deine Meinung aber ziemlich selbstbewusst«, sage ich. »Wenn man bedenkt, dass dies dein erster Tag ist.«

»Tut mir leid, aber auf schlechtes Benehmen reagiere ich nun mal allergisch.« Sie holt tief Luft.

Für einen Augenblick breitet sich Stille zwischen uns aus. Sie senkt den Blick, als müsste sie ihre eigenen Gedanken sortieren.

»Hör zu, Sophie.« Ich werde ruhiger. »Was auch immer dich hergeführt hat, es spielt jetzt keine Rolle. Alles, worüber ich nachdenke, ist das Wohl der Tiere. Nur deshalb bin ich hier. Warum du hier bist oder aus welchem Grund dir welche Strafe aufgebrummt wurde, geht mich nichts an. Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht besonders.«

Sie seufzt. Fast scheint es, als wären ihr die eigenen Worte plötzlich unangenehm. Ob ihr langsam bewusst wird, dass sie über kurz oder lang darauf angewiesen ist, hier einigermaßen klarzukommen, wenn sie keinen Ärger wegen ihrer Strafstunden bekommen möchte?

Sie umklammert die Geräte in ihren Händen. »Wie wäre es, wenn du mir einfach sagst, was ich jetzt tun soll? Das wäre sicher für uns beide von Vorteil.«

»Nichts lieber als das.« Ich kann mir ein freches Grinsen nicht verkneifen, als ich in Richtung Hundehof vorausgehe.

Eine Weile gehen wir schweigend nebeneinander her. Im Augenwinkel nehme ich die Konturen ihres schlanken Körpers wahr, die langen blonden Haare, die weich mit jedem ihrer Schritte auf und ab federn. Süß ist sie ja, das muss man ihr lassen. Aber was nützt der makelloseste Schein, wenn am Ende doch wieder nur ein verwöhntes Luder hinter der Fassade steckt, das schon am ersten Tag heulend die Segel streicht?

Hast du eigentlich vor, dich weiterhin wie ein arroganter Arsch aufzuführen?

Ihre Worte hängen noch immer wie ein Echo über mir. Waren meine Vorurteile denn wirklich so offensichtlich?

»Übernachten die Hunde immer draußen?«, fragt sie plötzlich, als wir am ersten leeren Zwinger ankommen.

»In den milderen Monaten schon. Wenn es besonders kalt ist, holen wir sie aber ins Haus. Die meisten von ihnen sind zwar lieber draußen, aber die Wärme tröstet sie in der Regel schnell über diese Tatsache hinweg.«

»Und tagsüber sind sie ausschließlich in ihren Zwingern?«

»Natürlich nicht. Wir gehen viel mit ihnen spazieren und lassen sie am Tage auch auf den jeweiligen Höfen laufen.«

»Ihr habt mehrere Höfe?«

Ich nicke. »Vier Auslaufbereiche. Das ist erforderlich, weil manche Hunde in der Vergangenheit einfach zu schlimme Dinge erlebt haben und nicht an andere Tiere gewöhnt sind, zumindest noch nicht. So beugen wir möglichen Kämpfen unter den Hunden vor.«

»Verstehe.« Ihr Blick wandert ins Leere.

»Ich würde sagen, du nimmst die Zwinger auf der rechten Seite, ich knöpfe mir die anderen vor.« Ich deute auf den Komposthaufen neben dem Stall. »Dort kannst du dann anschließend den Sack entleeren.«

»Den Sack?«

Ich ziehe einen blauen Abfallsack aus meiner Hosentasche. »Den wirst du brauchen.«

Als ich ihr den Beutel reiche, treffen sich unsere Blicke für einen winzigen Moment. Ihre Lippen sind halb geöffnet, ihre Wangen vom Morgenwind leicht gerötet.

Ich ertappe mich bei der Frage, warum sie wirklich hier ist. Etwas in ihren Augen wirkt unschuldig, beinahe schon rein. Ob sie geübt darin ist, andere mit ihrem engelsgleichen Look um den Finger zu wickeln, um zu bekommen, was sie will?

»Was ist?« Sie zieht an dem Beutel. »Willst du ihn nicht loslassen?«

Ich löse meinen Griff, irritiert von meiner eigenen Starre, doch sie scheint wenig beeindruckt. Ohne ein weiteres Wort geht sie mit Laubbesen, Schaufel und Sack in den ersten Zwinger und beginnt, sich nach Hinterlassenschaften umzusehen.

»Ich bin drüben auf der anderen Seite«, rufe ich ihr zu. »Danach machen wir drinnen bei den Katzentoiletten weiter.«

Doch anstelle einer Antwort erhalte ich nur ein beiläufiges Abwinken, während sie mir den Rücken zuwendet und ihrer Arbeit nachgeht.

*

Sophie

Ein blassroter Persermix-Kater schmiegt sich an meine Wade und mauzt mir vorwurfsvoll zu.

»Na mein Kleiner.« Ich beuge mich zu ihm herunter und streichele sein Köpfchen. »Du bist ja ein besonders Hübscher.«

Abgesehen von ihm befinden sich noch sieben weitere Katzen verschiedenster Rassen und Farben in dem Raum, die anderen halten sich im eingezäunten Außengehege oder einem der anderen beiden Katzenzimmer auf.

Ich lege die Toilettenschaufel zurück auf die kleine Gummimatte neben den Katzenklos, verschnüre den Abfallsack und stelle ihn neben die Tür.

Eine Weile verharre ich an diesem Platz und lasse meinen Blick durch den Raum gleiten, über deckenhohe Kratzbäume, Schlafsessel und Katzenkissen – und all die tierischen Bewohner, die es sich dort gemütlich gemacht haben.

Wie liebevoll alles eingerichtet ist.

Zweifellos, den Vierbeinern wird unter den gegebenen Umständen das Bestmögliche geboten, trotzdem ertappe ich mich bei einem Anflug von Bedauern, wenn ich an all die traurigen Gründe denke, die die Tiere vermutlich hergeführt haben.

Der Persermix-Kater sucht erneut meine Aufmerksamkeit und lehnt seinen Rücken gegen mein Bein. Instinktiv nehme ich ihn auf den Arm.

»Na, mein Süßer? Wie heißt du denn?« Er reibt sein Köpfchen an meinem Handrücken.

»Das ist Oskar.«

Ich zucke unweigerlich zusammen, als ich seine Stimme höre. Mit vor der Brust verschränkten Armen steht er im Türrahmen.

Der Blick, mit dem er mich mustert, lässt sich schwer durchschauen. Habe ich wieder mal seinen Unmut geweckt, weil ich nicht sofort nach draußen gekommen bin, um zu verkünden, dass ich fertig mit den Katzentoiletten bin?

»Können wir dann?«, fragt er.

»Was meinst du?« Ich setze Oskar zurück auf den Boden.

»Es wird Zeit, die große Runde mit Hector und Asta zu gehen«, erklärt er. »Zwei Schäferhund-Geschwister, die noch nicht sehr lange bei uns sind.«

Ich schaue ihn fragend an. »Ein Spaziergang?«

Er nickt. »Es gibt ein paar Hunde, die wir nicht den Studenten oder Ehrenamtlichen überlassen, sondern grundsätzlich selbst ausführen, da sie sehr personenbezogen oder einfach noch viel zu ängstlich sind.«

»Aber ich bin doch ebenfalls fremd für sie.«

»Genau deshalb bin ich ja dabei.« Er beugt sich zu dem Abfallsack herunter und hebt ihn an.

»Tut mir leid«, sage ich. »Ich wusste nicht, wo eure Mülltonnen sind.«

»Komm am besten gleich mit, damit ich dir den Tonnen-Stellplatz zeigen kann«, antwortet er. »Dann kannst du deine Arbeit in Zukunft komplett erledigen.«

Ich unterdrücke den Drang, auf seinen Kommentar einzugehen. Wenn ich seine Spitzen ignoriere, wird es ihm mit der Zeit vielleicht zu langweilig, mich derart zu nerven.

Wie kann ein Mann mit diesen Augen nur dermaßen schlechtgelaunt sein? Bevor er zum ersten Mal den Mund aufgemacht hat, hätte ich schwören können, dass er bestimmt der warmherzigste Mensch auf Erden ist. Die Art, wie er mich angeschaut hat. Die Tiefgründigkeit in seinem Blick.

Wie passt die Wärme in seinen Augen zu der Kälte in seinen Worten?

»Können wir dann?«, fragt er. »Oder hast du vor, hier Wurzeln zu schlagen?«

»Von mir aus kann’s losgehen.« Ich erwidere seinen Blick unbeeindruckt. »Ich bin startklar.«

Kapitel 3

Pascal

14. Juli 2017

Liebe Sophie,

ich habe mich sehr gefreut, wieder von dir zu hören. Auch wenn wir uns erst seit Kurzem schreiben, fühle ich mich dir schon jetzt irgendwie verbunden. Fast so, als würden wir uns schon ewig kennen.

Es ist echt nicht zu fassen, wie sehr mich allein deine Bilder hypnotisieren. Ich weiß, dass ich so etwas nicht schreiben sollte, weil es nach einer ziemlich billigen Anmache klingt, aber wenn ich schreibe, dass ich selten so etwas Schönes wie dich gesehen habe, dann meine ich das wirklich so.

Du hattest mich nach meinem Alter gefragt: Ich werde diesen Herbst 27, bin also nur ein Jahr älter als du. Unfassbar, wie schnell die Zeit vergeht.

---ENDE DER LESEPROBE---