Unsere schönen neuen Kleider - Ingo Schulze - E-Book

Unsere schönen neuen Kleider E-Book

Ingo Schulze

4,8

Beschreibung

„Aber er hat ja gar nichts an!“, ruft das Kind im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern und spricht damit aus, was alle sehen, doch nicht zu äußern wagen. Diese Parabel auf die Bereitschaft des Menschen zum Selbstbetrug stellt Ingo Schulze seiner großen Dresdner Rede voran. Wie nur wenige Schriftsteller und Intellektuelle bezieht Ingo Schulze als politischer Mensch öffentlich Position. In seiner so faktenreichen wie poetischen Analyse des Status quo benennt er die Ursachen von Demokratieverlust und sozialer Polarisierung in unserer von Globalisierung geprägten Gesellschaft. Er zeigt, dass es notwendig ist, sich selbst wieder ernst zu nehmen, die Vereinzelung zu überwinden und die Welt als veränderbar zu begreifen.

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Hanser eBook

INGO SCHULZE

UNSERE SCHÖNEN NEUEN KLEIDER

Gegen die marktkonforme Demokratie –für demokratiekonforme Märkte

Hanser Berlin

Dieser Text geht auf eine Rede zurück,die der Autor am 26. Februar 2012im Staatsschauspiel Dresden gehalten hat.

ISBN 978-3-446-24113-8

© Hanser Berlin im Carl Hanser Verlag München 2012

Alle Rechte vorbehalten

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STATT EINES VORWORTES

Am Ende der Begriffe beginnendie Geschichten

Im März 2011 war ich zu einer Buchvorstellung nach Portugal eingeladen. Der Abend mit Lesung und Diskussion war gut besucht, das Publikum geduldig. Die Frage eines jungen Mannes jedoch ließ die freundlich interessierte und offene Atmosphäre von einem Moment auf den anderen kippen. Mit einem Mal waren wir nur noch Deutsche und Portugiesen, die einander feindselig beäugten. Die Frage war unschön – ob wir, gemeint war ich, ein Deutscher, nicht jetzt mit dem Euro und unseren Exporten das schafften, was wir damals mit unseren Panzern nicht geschafft hätten. Niemand aus dem Publikum widersprach, im Gegenteil: Es war still geworden vor lauter Erwartung, als hätte endlich jemand die entscheidende Frage gestellt. Und ich reagierte – als wäre das alles nicht schon schlimm genug – plötzlich wie erwartet, nämlich als Deutscher: Es werde ja niemand gezwungen, einen Mercedes zu kaufen, sagte ich beleidigt, und sie, die Portugiesen, sollten doch froh sein, wenn sie Kredite bekämen, die billiger wären als die marktüblichen Bankkredite. Ich hörte förmlich das Zeitungspapier zwischen meinen Lippen rascheln. In dem Getöse, das meiner Entgegnung folgte, kam ich endlich zu Verstand. Da ich das Mikrofon in der Hand hielt, stammelte ich in meinem unvollkommenen Englisch, dass ich nun genauso dämlich wie sie reagiert hätte, dass wir ja allesamt in dieselbe Falle tappten, wenn wir als Portugiesen und Deutsche wie beim Fußballspiel reflexartig Partei ergriffen für die eigenen Farben. Wie könnten wir nur so dumm sein und glauben, es ginge um Deutsche und Portugiesen und nicht um oben und unten, also darum, wer in Portugal wie in Deutschland diese Situation herbeigeführt und an ihr verdient habe und nun immer weiter verdiene? Würden nicht in Portugal wie in Deutschland (und nicht nur in diesen Ländern) die Gewinne privatisiert und die Verluste sozialisiert? Würden nicht in Deutschland wie in Portugal alle Lebensbereiche mehr und mehr ökonomisiert, das heißt privatisiert und damit dem Gewinnstreben unterworfen – und das auch in Bereichen, in denen es unsinnig, ja geradezu gefährlich sei? Und sei nicht die Demokratie durch die Finanzkrise und die durch sie verschärfte Schuldenkrise bereits schwer beschädigt?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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