Vergesst Fleisch! - Christian Weymayr - E-Book

Vergesst Fleisch! E-Book

Christian Weymayr

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Beschreibung

Noch vor zehn Jahren wurde Fleischersatz als teure Obsession in Reformhäusern und Bioläden gehandelt. Heute gehören vegetarische und vegane Produkte zum Mainstream. Maßgeblich beteiligt an diesem Prozess  ist der traditionsreiche Wurstfabrikant Rügenwalder Mühle. Am Anfang stand selbst die Belegschaft dem absurd klingenden Plan einer vegetarischen Produktlinie ablehnend gegenüber. Diese Pionierarbeit sollte sich für die gesamte Lebensmittelbranche lohnen – denn fleischlose Alternativen boomen. Und das Angebot wird sich in naher Zukunft dramatisch erweitern, wenn wir dem rasanten Bevölkerungswachstum und der Klimakrise gerecht werden wollen. Christian Weymayr erzählt die erfolgreiche Geschichte der Rügenwalder Mühle gemeinsam mit deren ehemaligem Geschäftsführer Godo Röben – eine der wichtigsten Figuren in der Fleischersatzszene – und sie erklären, woran aktuell in den Food-Laboren der Welt in Sachen fleischloser Ernährung gearbeitet wird.

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Christian Weymayr

Vergesst Fleisch!

Wie wir klug die Welt ernähren

 

 

 

Über dieses Buch

Noch vor zehn Jahren wurde Fleischersatz als teure Obsession in Reformhäusern und Bioläden gehandelt. Heute gehören vegetarische und vegane Produkte zum Mainstream. Maßgeblich beteiligt an dieser Entwicklung ist der traditionsreiche Wurstfabrikant Rügenwalder Mühle. Am Anfang stand auch die Belegschaft dem absurd klingenden Plan einer vegetarischen Produktlinie ablehnend gegenüber. Doch die Überwindung der Startschwierigkeiten sollte sich für eine ganze Branche lohnen. Heute findet man eine breite Palette fleischloser Alternativen in jedem Supermarkt. Und das Angebot wird sich in naher Zukunft noch entscheidend erweitern, denn wenn wir die Welt trotz Bevölkerungswachstum und Klimakrise ernähren wollen, brauchen wir noch mehr neues Essen.

Christian Weymayr erzählt die erfolgreiche Geschichte der Rügenwalder Mühle und woran aktuell in den Food-Laboren der Welt in Sachen fleischloser Ernährung gearbeitet wird.

Vita

Christian Weymayr ist promovierter Biologe. Seit 1987 arbeitet er als freier Wissenschafts- und Medizinjournalist für Unternehmen – u.a. als Projektleiter des Forschungsmagazin research von Bayer – und als freier Autor für das Wirtschaftsmagazin brand eins. Er ist Autor verschiedener Bücher zu den Themen Krebsvorsorge und Alternativmedizin. Er sitzt im Wissenschaftsrat der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften und lehrte Medizinjournalismus an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, November 2023

Copyright © 2023 by brand eins Verlag Verwaltungs GmbH, Hamburg

Lektorat Gabriele Fischer, Holger Volland

Faktencheck Katja Ploch

Projektmanagement Hendrik Hellige, Daniel Mursa

Buchgestaltung Christine Lohmann

Covergestaltung Mike Meiré / Meiré und Meiré

ISBN 978-3-644-02076-4

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

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www.rowohlt.de

Inhaltsübersicht

Motto

1 Wandel

2 Entwicklung

3 Tierverbrauch

4 Transformation

5 Marketing

6 Investitionen

7 Firmen

8 Markt

9 Preis

10 Politik

11 Infrastruktur

12 Steak

13 Motivation

14 Gesundheit

15 Umwelt

16 Tierfutter

17 Tierart

18 Alternative Proteinquellen

19 Milchprodukte und Ei

20 Gastronomie

Wie wichtig ist Fleisch für eine gesunde und genussvolle Ernährung? Eine Erkundungsreise mit Godo Röben, der einst mitgeholfen hat, den Traditionsbetrieb Rügenwalder Mühle auf Vegan zu wenden.

Christian Weymayr

1Wandel

2013 bekam Godo Röben von einem langjährigen Freund ein Buch geschenkt. «Zehn Milliarden», so der Titel, skizzierte die Schockwellen der Bevölkerungsexplosion. Der Autor Stephen Emmott, ein britischer Computerspezialist bei Microsoft und Oxford-Dozent, hält in seinem Buch Rohstoffmangel und Klimakrise für unausweichlich und kommt zu dem Schluss, dass wir als Menschheit erledigt seien. Den letzten Satz des Buchs überlässt er einem Mitarbeiter: «Ich würde meinem Sohn beibringen, wie man mit einem Gewehr umgeht.»

Als Röben Emmotts Buch las, war er Geschäftsführer für Forschung & Entwicklung sowie Marketing bei der Wurstfirma Rügenwalder Mühle. Zusammen mit seinem Chef Christian Rauffus hatte er dort gerade einen radikalen Wandel eingeleitet: Sie hatten ihre Produktentwickler beauftragt, eine Mortadella aus Pflanzen zu kreieren – erst einmal unter dem Radar, um die Belegschaft nicht zu verunsichern.

Emmotts pessimistische Prognose brachte Röben nur kurz aus dem Tritt: «Ich bin ein positiver Mensch», sagt er. Zudem konnte er, Godo Röben, etwas gegen den üblen Ausgang der Geschichte tun: Er arbeitete in einer Branche, die mitverantwortlich war für Klimakrise und Ernährungsprobleme – er saß also am großen Hebel.

Emmotts Buch war rückblickend für Röben «die letzte Initialzündung». «Wenn wir eine globale Katastrophe verhindern wollen», hatte Emmott geschrieben, «müssen wir irgendetwas Radikales tun.» Allerdings glaubte er nicht daran, dass die Menschheit konsequent umschwenken würde. Röben schon. Immerhin hatte er sich vorgenommen, aus einem Traditionsunternehmen der Wurstbranche einen Veggie-Pionier zu machen.

Was ist dieser Röben für ein Typ? Müsste man ihn mit einem Wort beschreiben, wäre es wohl «bodenständig». Er hat sein ganzes Leben in Brake an der Niederweser verbracht, was auch beweist, dass man von der niedersächsischen Provinz aus globale Probleme angehen kann. Dafür braucht er weder Designerzwirn und Golfen mit der Hamburger High Society noch Taktieren oder Kungeln. Stattdessen hat Röben eine klare Vision und eine klare Sprache, mit der er auch die Braker an seinem Stammtisch erreicht. Dort ist er trotz Prominenz und Medienpräsenz immer noch der Godo, der irgendwas mit Wurst und Veggie macht, und ein gutes Stück Fleisch vom Tier schätzt – auch wenn er alles dafür tut, es zu ersetzen.

Er brennt nicht nur für die Idee vom alternativen Fleisch, er hat auch das Fachwissen, den Pragmatismus und den langen Atem, um aus der Idee eine Erfolgsstory zu machen. Das hat er bei Rügenwalder bewiesen und das beweist er jetzt als Berater und Investor. Dieses Buch begleitet Röben auf seinem Weg, der auf die Frage, warum man Tiere eigentlich ersetzen soll, eine simple Antwort gibt: weil Fleisch aus Pflanzen gut ist für die Tiere, gut für die Umwelt und gut für die Menschen.

Und warum lässt man dann das Fleisch nicht einfach weg, wie es Vegetarier und Veganer seit jeher tun? Weil das kein Vorbild für die Massen ist, die grundsätzlich nicht gerne verzichten und auf ihr Schnitzel zum Mittag und die Wurst zum Abendbrot schon gar nicht. Und weil die meisten, die auf Fleisch verzichten, nicht das Produkt ablehnen, sondern dessen Herstellung.

Schon heute lässt sich die Lust auf Tierisches mit den Produkten, die als Fleisch- und Wurstersatz in jedem Supermarkt zu kaufen sind, recht gut abpuffern. Aber das ist erst der Anfang. Mit Hochdruck werden noch schmackhaftere, nährstoffreichere und einfachere Produkte entwickelt, die sich von Tierprodukten kaum mehr unterscheiden, die zudem nicht teurer und ebenso gesund sind und die obendrein weniger leicht verderben. Bald also wird nahezu alles für alternatives Fleisch sprechen, das dann auch noch besser schmeckt und gut für die Gesundheit, den Geldbeutel und den Haushalt ist. Auch darum wird es in diesem Buch gehen.

Aber was ist mit dem sozialen Wert, den Tiere weltweit für große Teile der Bevölkerung haben? Immerhin sichern sie Lebensunterhalt, helfen beim Transportieren, dienen dem Ansehen, sind Absicherung für schwere Zeiten und können Frauen zur Selbstständigkeit verhelfen. In unseren Breiten sind Kühe auf der Weide und Schafe auf dem Deich Teil der Kulturlandschaft, die wir nicht missen wollen. Doch all diese positiven Auswirkungen hat die industrielle Massentierhaltung, die etwa in Deutschland 97 Prozent des konsumierten Fleischs liefert, nicht, im Gegenteil.

Sicher ist, dass wir nicht weitermachen können wie bisher. Ob wir im Jahr 2080, wie die Vereinten Nationen prognostizieren, 10,4 Milliarden Menschen sein werden, oder ob der Peak schon im Jahr 2040 mit 8,5 Milliarden erreicht sein wird, wie die Initiative Earth4All in ihrem optimistischsten Szenario errechnet hat, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, dass der Fleischkonsum bereits jetzt gigantisch ist und weltweit immer noch zunimmt, vor allem in mittelamerikanischen und asiatischen Ländern.

Und diese fleischlastige Ernährung ist nicht nur mit Tierleid, sondern auch mit einem Raubbau an der Umwelt erkauft: Für 1 Kilogramm Rindfleisch entstehen rund 100 Kilogramm Kohlendioxid und andere Treibhausgase und es müssen dafür mehr als 130 Kilogramm pflanzliche Nahrung und knapp 260 Liter Wasser aufgebracht werden. Danach folgen Schwein und weit danach Huhn. Etwa 70 Prozent der weltweiten Agrarfläche werden direkt oder indirekt für die Tierhaltung verwendet. Dabei liefern Tiere nur knapp 20 Prozent der Nahrungsenergie.

Langfristiges Ziel sollte es sein, den Tierverbrauch um 80 Prozent zu reduzieren. Und dafür wird es nicht reichen, an die Vernunft zu appellieren: Fleisch und Wurst müssen vielmehr aus anderen Rohstoffen als Tieren hergestellt werden – ob aus Pflanzen, ob aus echten, in Bioreaktoren gezüchteten Fleischzellen oder ob aus weiteren Proteinquellen. Und das ist kein frommer Wunsch, sondern schlichte Notwendigkeit: Alternatives Fleisch ist alternativlos.

2Entwicklung

Im Veggie-Markt fasst nur Fuß, wer mit Leidenschaft dabei ist. Der Weg zum Erfolg kostet viel Geld und Nerven. «Ich rate allen davon ab, einfach mal auf den Zug aufzuspringen», sagt Godo Röben. Denn schon heute kommen die pflanzlichen Produkte, die bereits jetzt in den Supermärkten ausliegen, den tierischen Produkten oft verblüffend nahe – sie sehen so aus, fühlen sich so an, riechen so und schmecken auch so. Das ist Höchstleistung, und nur mit Höchstleistung spielt man da mit.

Den steinigen Weg, den Röben heute seinen Kunden prophezeit, ist er selbst gegangen. Er hat als einer der Ersten einem Fleisch- und Wurstfabrikanten alter Schule das Grünzeug schmackhaft gemacht. Das war 2012, also zu einer Zeit, in der Pflanzen ihre Daseinsberechtigung ausschließlich als Obst und Gemüse, oder in verarbeiteter Form als Mehl, Brot, Wein und Bier hatten. Schon damals glaubte Röben an einen großen Markt für Menschen, die den Geschmack von Fleisch lieben, aber Tierhaltung und -schlachtung aus ethischen und ökologischen Gründen ablehnen. So überzeugte er Christian Rauffus, den damaligen Chef der Rügenwalder Mühle, eine vegetarische Wurstlinie aufzubauen.

Mit dem Ausscheiden von Rauffus, mit dem ihn eine besonders vertrauensvolle Beziehung verband, war 2022 auch für Röben bei Rügenwalder Schluss. Seitdem berät er Unternehmen, die tierlose Produktlinien etablieren wollen, er sitzt im Beirat von Lebensmittelfirmen und beim niedersächsischen Wissenschaftsministerium und er investiert selbst.

Bittet man Godo Röben, über die Entwicklung der Veggie-Evolution einen großen Bogen zu spannen, unterscheidet er vier Phasen:

Veggie 1.0 – bis 2014: Tierfreie Produkte, die tierhaltigen nur näherungsweise gleichen sollen, gibt es vor allem in Reformhäusern und Bioläden. Eine Vegetarier-Klientel deckt sich dort mit Nischenprodukten ein, wenn sie doch einmal Lust auf ein Stück Wurst haben. So richtig befriedigt wird die Lust eher nicht. «Die ersten Tofu-Schnitzel waren nur etwas für Hardcore-Ethiker», sagt Jens Tuider von ProVeg International.

Veggie 2.0 – 2014 bis 2021: Seit 2014 wird der Januar als Veganuary begangen, der zu einer veganen Ernährung ermutigt und immer populärer wird. Erste Produkte von großen Erzeugern wie Rügenwalder und anderen Firmen kommen auf den Markt. Bei Rügenwalder macht 2014 die Mortadella den Anfang, denn die ohnehin hochprozessierte Wurst lässt sich in Textur und Geschmack relativ gut nachahmen. Worauf es ankommt, ist die möglichst große Ähnlichkeit mit den tierischen Vorbildern. Nach und nach gibt es auch Hack, Bacon, Speck, Frikadellen, Gyros, Schnitzel und vieles mehr. Der Regalplatz in den Supermärkten wird breiter, die Produktpalette vielfältiger, die Zahl der Anbieter größer. Vegane Produkte ergänzen die vegetarischen. Neben Fleisch und Wurst werden auch andere tierische Produkte ersetzt, allen voran Milchprodukte wie Milch, Käse und Joghurt, sowie Eier. Zielgruppe sind die vielen Flexitarier, die nicht ganz auf tierische Speisen verzichten, aber ihren Konsum stark einschränken wollen.

Veggie 3.0 – 2022 bis 2025: Klima und Gesundheit rücken in den Vordergrund. Die Hersteller achten vermehrt darauf, woraus ihre Produkte bestehen. Weite Lieferwege für exotische Zutaten sowie lange Listen von Zusatzstoffen, die Pflanzen wurstähnlich machen sollen – Stichwort «Chemiebaukasten» –, sind zunehmend verpönt. Angestrebt werden wenige, regionale Zutaten und gute Nährwerte. Veganismus wird Allgemeingut: So kündigt Aldi Süd an, bis Ende 2024 über das Jahr verteilt 1000 pflanzenbasierte Produkte anzubieten. Dafür will Aldi nicht nur sein veganes Sortiment ausbauen, sondern auch tierische Beiprodukte durch vegane Alternativen ersetzen, etwa Schokostreusel im Müsli. Auch die Bevölkerung zieht mit: Gut die Hälfte der Menschen in Deutschland bezeichnet sich als Flexitarier, die Zahl der Veganer steigt auf 1,5 Millionen. Der Markt für pflanzenbasiertes Fleisch wächst in Deutschland schneller als in jedem anderen europäischen Land. Etliche Rewe-Märkte bieten pflanzliche Produkte auch in der Fleischtheke an, in einigen Läden gibt es sogar rein vegane Theken.

Veggie 4.0 – ab 2025: Die alte Technik der Fermentation und die neue Technik der genetisch optimierten