Wer zu spät kommt - Toni Waidacher - E-Book

Wer zu spät kommt E-Book

Toni Waidacher

0,0

Beschreibung

Als Philipp Deininger in St. Johann auf dem Gelände der Deininger Bräu Baustelle erscheint, ist Jürgen Deininger ­erfreut, denn Philipp war immer sein Lieblingsneffe. Aber angesichts der Zwistigkeiten mit dem anderen Zweig der Deininger-Brauerei, befürchtet Jürgen, dass Philipp ihn nur ausspionieren soll. Der Bergpfarrer ›begutachtet‹ den ­jungen Mann auf einer Wanderung und gibt Entwarnung, er hält ihn für ehrlich. Und so soll Philipp den Job als Braumeister bekommen. Dazu passt auch, dass der junge Mann sich in Nicole verliebt hat. Philipps Zukunft in St. Johann sieht rosig aus. Doch ausgerechnet Nicole ertappt ihn bei ­einem verdächtigen Gespräch … Sascha Gebert war wieder zu Hause. Zwei Tage waren vergangen, seit er mit dem Bergpfarrer in Bozen gewesen war, um mit der Hoteliersfamilie Kummert reinen Tisch zu machen. Er hatte sich aus ihrem Lügennetz befreit, all ihre Lügen und Winkelzüge, mit denen Saskia und ihr Vater an sein Geld kommen wollten, hatte er mit Hilfe des Bergpfarrers enttarnt. Das Kapitel eines Lebens, das mit Saskia und seiner Hotelkarriere zu tun hatte, war abschlossen. Glücklich war er dennoch nicht. Denn er hatte Mareike Forster, die ihn seit vielen Jahren heimlich liebte, und der er zuletzt allergrößte Hoffnungen gemacht hatte, zutiefst enttäuscht. Er war der Meinung gewesen, dass er ihr gegenüber ehrlich sein musste. Er hatte ihr gesagt, dass er für eine neue Beziehung noch nicht bereit sei. Ob die Kluft, die er mit seiner enttäuschenden Offenheit aufgerissen hatte, überhaupt noch geschlossen werden konnte, wusste er nicht. Es bereitete ihm schlaflose Nächte. Mareike, die Saschas Mutter immer zur Hand gegangen war, hatte sich seitdem auf dem Geberthof nicht mehr blicken lassen. Karoline Gebert war deswegen zu Tode betrübt, scheute sich aber die junge Frau darauf anzusprechen, deren Wunden waren gewiss noch zu frisch. Einerseits war Karoline glücklich, weil sich ihr Sohn entschlossen hatte, nach St. Johann zurückzukehren und die Landwirtschaft zu übernehmen. Ihr Glück wäre aber perfekt gewesen, wenn sie Mareike als Schwiegertochter auf dem Hof willkommen heißen hätte dürfen. Und weil Sascha mit seiner ›dummen Ehrlichkeit‹ das Madel vergrault hatte, war seine Mutter ärgerlich auf ihn. Zwei Tage lang hatte sie nur das Nötigste mit ihm gesprochen, nun aber – sie saßen beim Abendessen –, nahm sie sich ein Herz und sagte: »Dieser Zustand ist alles andere als gut, Sascha. Das darf net so bleiben. Ich will, dass wir wieder gut miteinander auskommen.« »Ich hab' net angefangen«

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 117

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Leseprobe: Das Madl hat ein besonderes Talent

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Erfolgreiche Romantitel wie "Wenn das Herz befiehlt", "Tausche Brautkleid gegen Liebe" oder besonders auch "Irrgarten der Gefühle" sprechen für sich – denn sie sprechen eine ganz eigene, eine unverwechselbare Sprache.

Der Bergpfarrer (ab 375) – 485 –

Wer zu spät kommt

... braucht neue Hoffnung!

Toni Waidacher

Sascha Gebert war wieder zu Hause. Zwei Tage waren vergangen, seit er mit dem Bergpfarrer in Bozen gewesen war, um mit der Hoteliersfamilie Kummert reinen Tisch zu machen. Er hatte sich aus ihrem Lügennetz befreit, all ihre Lügen und Winkelzüge, mit denen Saskia und ihr Vater an sein Geld kommen wollten, hatte er mit Hilfe des Bergpfarrers enttarnt. Das Kapitel eines Lebens, das mit Saskia und seiner Hotelkarriere zu tun hatte, war abschlossen.

Glücklich war er dennoch nicht. Denn er hatte Mareike Forster, die ihn seit vielen Jahren heimlich liebte, und der er zuletzt allergrößte Hoffnungen gemacht hatte, zutiefst enttäuscht.

Er war der Meinung gewesen, dass er ihr gegenüber ehrlich sein musste. Er hatte ihr gesagt, dass er für eine neue Beziehung noch nicht bereit sei. Ob die Kluft, die er mit seiner enttäuschenden Offenheit aufgerissen hatte, überhaupt noch geschlossen werden konnte, wusste er nicht. Es bereitete ihm schlaflose Nächte.

Mareike, die Saschas Mutter immer zur Hand gegangen war, hatte sich seitdem auf dem Geberthof nicht mehr blicken lassen. Karoline Gebert war deswegen zu Tode betrübt, scheute sich aber die junge Frau darauf anzusprechen, deren Wunden waren gewiss noch zu frisch.

Einerseits war Karoline glücklich, weil sich ihr Sohn entschlossen hatte, nach St. Johann zurückzukehren und die Landwirtschaft zu übernehmen. Ihr Glück wäre aber perfekt gewesen, wenn sie Mareike als Schwiegertochter auf dem Hof willkommen heißen hätte dürfen.

Und weil Sascha mit seiner ›dummen Ehrlichkeit‹ das Madel vergrault hatte, war seine Mutter ärgerlich auf ihn. Zwei Tage lang hatte sie nur das Nötigste mit ihm gesprochen, nun aber – sie saßen beim Abendessen –, nahm sie sich ein Herz und sagte: »Dieser Zustand ist alles andere als gut, Sascha. Das darf net so bleiben. Ich will, dass wir wieder gut miteinander auskommen.«

»Ich hab’ net angefangen«, rechtfertigte sich der Bursche.

»Aber schuld bist du dennoch«, versetzte Karoline.

»Hätt’ ich der Mareike was vormachen sollen?«

»Mir hast du erzählt, dass du sie sehr gern hast. Über die Sach’ mit dieser Saskia bist du angeblich vollkommen hinweg. Wie viel Zeit brauchst du denn noch, um der Mareike zu sagen, dass du sie liebst?«

»Dass sie das noch hören will, glaub’ ich net. Ich hab’ sie zu sehr enttäuscht und verletzt.«

»Vielleicht ist sie nur eingeschnappt«, mutmaßte Karoline, und das war ihre letzte Hoffnung. »Red’ doch einfach mit ihr, Sascha. Sag’ ihr, dass die Saskia keine Bedeutung mehr spielt in deinem Leben und dass der Platz in deinem Herzen ihr gehört. Vielleicht wartet s’ nur darauf. Mit dem Reden kommen die Leut’ zusammen. Wenn ihr euch net aussprecht, wird das nie was mit euch beiden.«

»Sie hat vollkommen überreagiert«, brummte Sascha. »Ich hab’ ihr noch hinterher gerufen, dass ich sie ja lieben möcht’ – aber …«

Karoline griff sich an den Kopf und schaute ihren Sohn an, als zweifelte sie an seinem Verstand. »Hast du das wirklich so gesagt? Du möchtest sie gerne lieben, aber …«

Sascha seufzte. »Sicher war das unglücklich ausgedrückt, aber ich bin ja auch gar net zum Ende gekommen mit dem, was ich ihr sagen wollt’. Denn die Mareike hat mich einfach stehen lassen. Und jetzt verlangst du von mir, dass ich ihr hinterher renn’. Ein bissel Stolz hab’ ich schließlich auch.«

»Falscher Stolz, Sascha. Du verbaust dir damit den Weg zu ihrem Herzen. Ruf’ sie an und bitt’ sie um ein Gespräch. Erklär’ ihr deine Beweggründe und hör’ dir geduldig an, was sie zu sagen hat.«

Sascha kämpfte mit sich. Schließlich murmelte er: »Na schön. Ich will ja auch, dass zwischen der Mareike und mir alle Missverständnisse beseitigt werden. Ich mag sie ja wirklich sehr, sehr gern.«

»Dann verlier’ keine Zeit mehr!«, verlangte Karoline ungeduldig. Nicht nur, dass sie die Mareike gern als Schhwiegertochter gehabt hätte, das Madel tat ihr bis in die Seele leid. Aus ihrer Sicht hatte sich Sascha Mareike gegenüber benommen wie der Elefant im Porzellanladen. Nun war es ihr ein echtes Anliegen, dass er seinen Fauxpas wieder ausbügelte.

»Ich ruf’ sie an, sobald wir mit dem Abendessen fertig sind«, versprach Sascha.

Gesagt, getan. Sascha telefonierte von seinem Zimmer aus. Da er seine Handynummer nicht unterdrückte, konnte Mareike sehen, wer anrief. »Was willst du?«, fragte sie kurz angebunden.

»Ich will mit dir reden, Mareike.«

»Aber ich net mit dir.«

Sekundenlang verschlug es Sascha die Sprache. Er presste die Lippen zusammen. ›Du hast etwas gutzumachen‹, durchfuhr es ihn. »Ich bitte dich, Mareike. Gib mir die Chance, mich zu rechtfertigen. Du hast mich an jenem Abend auf der Bank missverstanden. Ich wollt’ doch nur …«

»Spar es dir, Sascha. Ich bin geheilt, und zwar ein für alle Mal. Weißt du, was ich dir jetzt sag’? Du hast meine Gefühle mit Füßen getreten. Du hast mich regelrecht gedemütigt. Und jetzt will ich nimmer. Du hast es geschafft, dass sämtliche Gefühle, die ich für dich gehabt hab’, gestorben sind. Jetzt, wo du wieder daheim bist, braucht mich deine Mutter auch nimmer. Mich wirst du auf eurem Hof nimmer sehen.«

Sascha fühlte sich jämmerlich. »Mareike, bitte, lass dir doch …«

»Du kannst mich nimmer umstimmen, Sascha. Es ist aus, vorbei! Leb’ du dein Leben, ich leb’ das meine.«

Das letzte Wort war kaum verklungen, als auch schon Stille in der Leitung herrschte. Mareike hatte die Verbindung unterbrochen.

Saschas Hand mit dem Smartphone sank nach unten. Dass sie wütend auf ihn war, wusste er. Aber mit einer solchen Abfuhr hatte er bei der sonst so freundlichen Mareike auf keinen Fall gerechnet. Er war erschüttert. Ihre Worte hallten in ihm nach. ›… aus, vorbei!‹ Das hatte in der Tat ausgesprochen entschieden und endgültig geklungen.

Sascha wandte sich dem Fenster zu. Er konnte von hier aus den Forsterhof sehen, auf dem Mareike zu Hause war. Sie hatte ihn doch angeblich jahrelang heimlich geliebt. Es wollte ihm nicht in den Sinn, dass sie plötzlich derart konsequent und kompromisslos ihm gegenüber sein sollte.

›Ruf’ sie einfach noch einmal an!‹, riet ihm eine innere, drängende Stimme. Er versuchte es gleich, aber Mareike hatte ihr Handy ausgeschaltet. Sascha murmelte eine Verwünschung. Das Begreifen, dass er sie wahrscheinlich für immer verloren hatte, war von schmerzlicher Schärfe.

Er ging wieder nach unten. Sascha ließ sich in einen Sessel fallen. »Ich hab’ mit der Mareike telefoniert«, murmelte er.

»Du schaust net glücklich drein«, bemerkte Karoline.

»Es ist aus, hat sie gesagt. Schluss, aus, vorbei! Sie hat mich abblitzen lassen.«

Karoline schaute ziemlich betroffen drein. »Das ist ja allerhand«, entfuhr es ihr. »Hat s’ das wirklich gesagt?«

»Ja. Und sie hat keinen Zweifel offen gelassen, dass sie’s auch so gemeint hat.«

»Soll ich mal mit ihr reden?«

Sascha lachte bitter auf. »Das wird kaum was bringen, Mama.« Er zuckte die Schultern und meinte: »Wenn s’ nimmer will, dann ist das eben so, und ich muss es respektieren. Ich kann’s net erzwingen, dass sie mich mag.«

»Das ist jammerschade«, murmelte Karoline. »Ich kann dir gar net sagen, wie leid es mir tut, dass alles so gekommen ist. Das Madel war für mich wie eine Tochter.«

Sascha registrierte den unterschwelligen Vorwurf in ihren Worten und schwieg betroffen.

*

Max Trenker, seines Zeichens Leiter der Polizeidienststelle St. Johann, war bereit den Dienst anzutreten. Seine Uniform saß, als wäre sie maßgeschneidert, seine Mütze trug er in der linken Hand. Er ging ins Kinderzimmer, wo die beiden Kleinen noch schlummerten, küsste beide ganz vorsichtig, sodass sie nicht aufwachten, und kehrte dann in die Küche zurück, wo Claudia, mit Schlafanzug und Morgenmantel bekleidet, das Frühstück für den kleinen Sebastian und Luisa zubereitete. Dass Claudia um diese Zeit in der Küche werkelte, war darauf zurückzuführen, dass Samstag war und sie nicht in die Redaktion des ›Kurier‹ in Garmisch musste. Ihr Kindermädchen hatte frei.

Jedoch für Max, den Polizisten, gab es kein geregeltes freies Wochenende. Er küsste seine hübsche Frau. »Tschüss, Schatz, bis Mittag. Ich hoff’, der Tag bleibt so ruhig wie die ganze vergangene Woche.« Ein Lächeln huschte um seinen Mund. »Bei uns ist halt die Welt noch in Ordnung. Schad’, dass es net überall so ist. Wenn man sich die Nachrichten so anhört …«

»Ich kann ein Lied davon singen«, sagte Claudia. »Sind wir froh, dass es bei uns dermaßen friedlich ist.«

»Dafür können wir wirklich dankbar sein«, versetzte Max, gab ihr noch einen Kuss.

Wenig später verließ er das Haus. Es war noch dunkel, aber die ersten Vögel begrüßten mit ihrem Gezwitscher schon den beginnenden Tag, der sich mit hellem Schein über den Berggipfeln im Osten ankündigte.

Vor dem Gartentor war sein Dienstwagen abgestellt. Max zog die Autoschlüssel aus der Jackentasche, öffnete per Fernbedienung die Türen des Wagens, ging um ihn herum und spürte plötzlich, wie sein linker Fuß ansatzlos wegglitt. Es riss ihn um, und stechender Schmerz von seinem Knöchel fuhr bis unter seine Schädeldecke, er krachte auf den Boden. Der harte Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen.

Es gelang ihm schließlich, durchzuatmen, dann versuchte er sich zu erheben. Der ziehende Schmerz in seinem linken Knöchel explodierte regelrecht, als er das Bein nur ganz leicht belastete. Ein gequälter Aufschrei stieg in ihm hoch. Er sank wieder zurück und atmete keuchend aus.

›O verdammt! Das fühlt sich an, als hättest du dir den Knöchel gebrochen‹, zuckte es ihm durch den Kopf.

Max schaute sich um. Es war Samstag und noch sehr früh, und er konnte kaum hoffen, dass jemand daherkam, der ihm half. Um Hilfe schreien wollte er auch nicht, denn er hoffte immer noch, dass er es aus eigener Kraft zurück ins Haus schaffte.

Er atmete tief durch, dann unternahm er den zweiten Versuch, auf die Beine zu kommen. Er stöhnte und ächzte und als er schließlich stand, lief ihm der Schweiß über das Gesicht. Der Schmerz in seinem linken Knöchel war kaum zu ertragen. Es hatte keinen Sinn, er würde es nicht schaffen. Er holte sein Handy aus der Jackentasche und wählte Claudias Nummer.

Nach zweimaligem Läuten meldete sie sich. »Hast du etwas vergessen, Schatz?«, fragte sie.

»Ich bin ausgerutscht und hab’ mir wahrscheinlich den Knöchel gebrochen. Sei bitte so gut, und ruf’ den Notdienst an, dann komm’ bitte heraus und hilf mir.«

»Um Gottes Willen!«, stieß Claudia hervor. »Ich bin sofort bei dir.«

Tatsächlich war sie sogleich draußen bei Max und musterte besorgt sein schmerzverzerrtes Gesicht. »Die Ambulanz ist unterwegs«, stieß sie atemlos hervor. »Wie hat das passieren können?«

»Ich bin auf irgendetwas ausgerutscht«, ächzte Max. »Der Schmerz ist kaum auszuhalten.«

Claudia schaute sich um und entdeckte den Übeltäter. Es war der Rest eines Apfels, den jemand – sicherlich ohne sich dabei etwas zu denken –, auf die Straße geworfen hatte.

»Setz dich vorsichtig ins Auto«, empfahl Claudia, die ja nichts tun konnte, außer mit Max auf den Notarzt und die Sanitäter zu warten. Sie half ihm, sich auf dem Fahrersitz niederzulassen.

»So ein Mist!«, schimpfte Max. »Wenn der Knöchel gebrochen ist, falle ich mindestens einen Monat aus.«

»Zeig mir mal den Fuß.« Claudia bückte sich, schob das Hosenbein hoch und rollte die Socke etwas nach unten. Der Knöchel war schon geschwollen und begann sich bläulich zu verfärben. »Sieht net gut aus«, murmelte sie. »Wahrscheinlich net nur verstaucht.«

In der Bergklinik bestätigte man Claudias Verdacht, der Knöchel war tatsächlich gebrochen. Max erhielt einen Gipsverband verpasst, zwei Krücken und eine Krankschreibung für zunächst sechs Wochen. Der Arzt riet ihm, den Knöchel nicht unnötig zu belasten. Dann konnte ihn Claudia wieder mit nach Hause nehmen.

Er war außer Gefecht gesetzt. Zunächst rief er in Garmisch bei der Polizeidienststelle an, informierte sie über sein Missgeschick, und er erhielt die Zusage, dass sie umgehend eine Vertretung schicken würden.

In der Zwischenzeit hatte Claudia seinen Bruder verständigt, und der besuchte ihn kurz nach dem Mittagessen.

Max lag auf der Couch im Wohnzimmer, den eingegipsten Fuß hatte er mit Hilfe zweier Sofakissen etwas hochgelagert.

»Grüß dich, Max«, sagte Sebastian. »Was machst denn du für Sachen? Ein Gesicht schneidest du, als hätten dir die Hühner das Brot weggestohlen.«

»Servus. Ich möcht’ dein Gesicht sehen, wenn du auf eine solche dusslige Art und Weise schachmatt gesetzt werden würdest«, versetzte Max. »Schön, dass du mich besuchst. In der nächsten Zeit wirst du wohl alleine zu Mittag essen müssen.« Sein Grinsen geriet etwas schräg. »Wenigstens sind die Schmerzen jetzt erträglich.«

»Setz dich doch«, sagte Claudia.

In dem Moment kamen der kleine Sebastian und seine niedliche Schwester ins Wohnzimmer.

»Onkel«, lärmte der Bub, rannte zu seinem Patenonkel hin und schwang sich sofort auf seinen Oberschenkel. »Der Papa hat sich den Fuß gebrochen. Er sagt, es hat sehr wehgetan. Jetzt hat er einen Gips.«

Nun war auch Luisa bei Sebastian angelangt und krabbelte unbeholfen auf seinen Schoß.

Claudia und Max beobachteten alles mit einem glücklichen Leuchten in den Augen. Die beiden Kinder waren ihr ein und alles.

Sebastian half der Kleinen, auf seinem anderen Oberschenkel Platz zu nehmen.

Sie lachte. »Ich möcht’ keinen Gips am Fuß haben«, sagte sie mit ihrer glockenhellen Stimme und ihre blauen Augen strahlten den Onkel an.

»Das will niemand«, erwiderte Sebastian schmunzelnd. Er wandte sich wieder seinem Bruder zu: »Das mit dem Mittagessen ist ein gutes Stichwort, Max. Du selbst wirst dich kaum selbst versorgen können. Man hat dir sicherlich aufgetragen, ihn net unnötig zu belasten. Du würdest den Heilungsprozess nur verschleppen, wenn du den ganzen Tag in der Wohnung herumhumpelst.«

»Dieses Problem ist mir auch schon durch den Kopf gegangen«, erklärte Claudia. »Ich hab’ schon dran gedacht, solange unbezahlten Urlaub zu nehmen. Ob da mein Chef mitspielt, weiß ich allerdings net.«