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Dieser Band enthält folgende Western: Neal Chadwick: Laredo Kid und der Kampf in San Antonio Max Brand: Das Gold der Outlaws Er war ein schlanker junger Mann, nicht schlaff, sondern mit der gleichen glatten Oberfläche, die ein Seehund hat, wenn er in einem Teich herumschwimmt. Er hatte einen runden Hals, der einen sechzehn Zentimeter langen Kragen perfekt ausfüllte, eine runde Brust und ein Paar lange Arme. Er hatte blasse, milde blaue Augen, und ein kleines, schüchternes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Doch dieses sanfte Lächeln brachte ihm nur Ärger ein, denn manchmal dachten die Menschen, wenn sie es sahen, dass Vincent Allan sie mit leiser, kontrollierter Verachtung verspottete. Der Präsident war einer, der diesen Fehler machte.
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Seitenzahl: 369
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Western Doppelband 1042
Copyright
Laredo Kid und der Kampf in San Antonio: Western
Das Gold des Outlaws: Wichita Western Roman 88
1. EIN SCHWÄCHLING?
2. NATÜRLICHE MUSKEL
3. DONNERN IN BEIDEN FÄUSTEN
4. ALLAN GEWINNT SENF
5. DER ZUSAMMENHANG
6. JIM JONES WIRD GESUCHT
7. ALLANS GROSSER FEHLER
8. DIE RETTUNG
9. ALLAN BEKOMMT WAFFENUNTERRICHT
10. AUF DER RÜCKSEITE VON SENF
11. JIMS GESCHICHTE
12. "DU BIST EIN ASS"
13. SLOW ALLAN TRIFFT CHRISTOPHER
14. WAHRER SPORTSGEIST
16. CHRISTOPHER HEGT EINEN GROLL
17. AL WAGT DIE GEFAHR
18. HANDSCHELLEN SIND IN DER NÄHE
19. DER INSZENIERTE RAUBÜBERFALL
20. ANSPRUCH
21. AL'S STUNT
22. DAS KIND HAT RECHT
23. EINE TRUMP-KARTE
24. MORD IST KEIN ABENTEUER
25. GEÄCHTETE JAGEN DAS GOLD DER GEÄCHTETEN
26. ALLAN ZU OPFERN
27. SLOW AL BETRITT DAS RENNEN
28. AN DIE HUNGERNDEN
29. GEFÄHRLICHE ENTSCHEIDUNG
30. AUF DEN SPUREN VON ALLAN
32. EIN ERSTKLASSIGER NARR
33. VOLLSTÄNDIG REFORMIERT
Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieser Band enthält folgende Western:
Neal Chadwick: Laredo Kid und der Kampf in San Antonio
Max Brand: Das Gold der Outlaws
Er war ein schlanker junger Mann, nicht schlaff, sondern mit der gleichen glatten Oberfläche, die ein Seehund hat, wenn er in einem Teich herumschwimmt. Er hatte einen runden Hals, der einen sechzehn Zentimeter langen Kragen perfekt ausfüllte, eine runde Brust und ein Paar lange Arme. Er hatte blasse, milde blaue Augen, und ein kleines, schüchternes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Doch dieses sanfte Lächeln brachte ihm nur Ärger ein, denn manchmal dachten die Menschen, wenn sie es sahen, dass Vincent Allan sie mit leiser, kontrollierter Verachtung verspottete. Der Präsident war einer, der diesen Fehler machte.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
COVER A.PANADERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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von NEAL CHADWICK
Die Sonne stand tief über dem flimmernden Horizont, als Jeff Kane – der Mann, den sie Laredo Kid nannten – im Sattel seines Braunen die staubige Straße entlangritt, die von Nuevo Laredo zurück ins wilde Herz von Texas führte. Drei Wochen waren vergangen, seit er dem Galgen von San Antonio entkommen war. Drei Wochen, in denen er sich im Schatten der mexikanischen Grenzstadt verborgen hatte, immer auf der Hut vor Dan Garths Kopfgeldjägern, die ihn jenseits des Rio Grande nicht erreichen konnten – zumindest nicht offiziell.
Doch Kane wusste, dass die langen Finger eines Mannes wie Dan Garth nicht an der Grenze endeten. Die Gerüchte, die durch die Saloons von Nuevo Laredo gingen, waren wie das Flüstern von Schlangen im Gras: Garth hatte das Kopfgeld verdoppelt. Jeder Revolvermann, jeder abgehalfterte Ex-Soldat, jeder, der einen schnellen Dollar brauchte, war jetzt auf der Jagd nach ihm. Doch Kane war nicht gekommen, um sich zu verstecken. Er war zurückgekehrt, weil es Dinge gab, die ein Mann nicht laufen lassen konnte. Und weil er wusste, dass das, was sein Onkel Ray Tomkins ihm hinterlassen hatte, mehr war als ein Stück verbranntes Land am Green Creek. Es war ein Versprechen. Und ein Fluch.
Die Hitze des Tages hing wie ein feuchtes Tuch über der Ebene. Kane ritt mit gesenktem Kopf, den Stetson tief in die Stirn gezogen, die Winchester griffbereit im Scabbard am Sattel. Die Straße war leer, nur das Zirpen der Grillen und das ferne Kreischen eines Bussards begleiteten ihn. Er wusste, dass er beobachtet wurde. In diesem Land wurde jeder beobachtet, der nicht dazugehörte – und Kane gehörte schon lange nicht mehr dazu.
Er dachte an Linda. An den letzten Blick, den sie ihm zugeworfen hatte, als er in jener Nacht durch die Hintertür von Abe Aarons’ Haus verschwunden war. An die Angst in ihren meergrünen Augen – und an den Trotz, der darin aufblitzte. Er hatte ihr versprochen, zurückzukehren. Doch das Versprechen wog schwerer als alles Gold, das Ray Tomkins ihm hinterlassen hatte.
Die ersten Häuser von Eagle Pass tauchten am Horizont auf, ein armseliger Flecken, der sich an den Rio Grande klammerte wie ein Ertrinkender an einen Ast. Kane wusste, dass er vorsichtig sein musste. Garths Männer waren überall, und die Nachricht von seiner Rückkehr würde sich schneller verbreiten als ein Präriefeuer im Juli.
Er lenkte seinen Braunen auf das einzige Gebäude, das in Eagle Pass so etwas wie einen Saloon darstellte: das „Dusty Spur“. Die Fenster waren mit Brettern vernagelt, die Schwingtüren hingen schief in den Angeln. Ein paar Pferde standen vor dem Hitchrack, die Sättel staubig, die Trensen abgenutzt. Kane musterte sie mit dem Blick eines Mannes, der gelernt hatte, auf die kleinen Dinge zu achten. Zwei der Tiere trugen das Brandzeichen der Garrison-Ranch – ein Zeichen, das ihm unangenehm vertraut war.
Er stieg ab, band seinen Braunen an und trat durch die Schwingtüren. Der Raum war schummrig, der Geruch von billigem Whiskey und kaltem Bohnenkaffee hing in der Luft. An einem Tisch saßen drei Männer, die Karten spielten, ihre Hüte tief ins Gesicht gezogen. Der Barkeeper – ein schmaler Kerl mit eingefallenen Wangen und misstrauischen Augen – polierte ein Glas, das seit Wochen kein sauberes Wasser mehr gesehen hatte.
Kane trat an den Tresen. „Whiskey“, sagte er knapp.
Der Barkeeper schenkte ein, ohne ein Wort zu verlieren. Doch sein Blick glitt immer wieder zu den Männern am Kartentisch, dann zurück zu Kane. Einer der Spieler – ein breitschultriger Typ mit einer Narbe über der Wange – hob den Kopf und musterte Kane. Die anderen folgten seinem Blick.
„Du bist weit weg von zu Hause, Fremder“, sagte der Narbige.
Kane nahm einen Schluck. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“
„Wir mögen hier keine Yankees“, mischte sich ein zweiter ein, ein Bursche mit sandfarbenem Haar und schiefem Grinsen.
Kane stellte das Glas ab. „Ich bin nicht zum Plaudern hier. Ich suche Ben Calder. Sagt ihm, Laredo Kid ist zurück.“
Der Narbige lachte rau. „Calder? Der arbeitet jetzt für die Garrison Ranch. Und die Garrison Ranch arbeitet für Garth. Du solltest besser wieder umkehren, bevor du dich verbrennst.“
Kane zuckte mit den Schultern. „Ich hab mich schon verbrannt. Und ich bin immer noch hier.“
Ein Moment gespannter Stille. Dann stand der Narbige auf, die Hand am Revolver. „Du bist mutig, das muss ich dir lassen. Oder dumm. Was willst du von Calder?“
„Das geht dich nichts an.“
Der Narbige verzog das Gesicht. „Falsche Antwort, Yankee.“
Seine Hand zuckte zum Revolver – aber Kane war schneller. In einer fließenden Bewegung zog er seinen Colt, der Schuss krachte durch den Raum, und der Narbige taumelte zurück, eine blutige Furche an der Schulter. Die anderen beiden sprangen auf, doch Kane hatte den Colt bereits wieder im Anschlag.
„Setzt euch“, sagte er leise. „Oder der nächste Schuss sitzt besser.“
Die Männer gehorchten. Der Barkeeper duckte sich hinter den Tresen, als wolle er mit der Wand verschmelzen.
Kane steckte den Colt zurück ins Holster. „Sagt Calder, dass ich ihn suche. Und dass ich nicht ewig warte.“
Er trank den Whiskey aus, ließ ein paar Münzen auf den Tresen fallen und verließ den Saloon. Draußen atmete er tief durch. Die Luft war schwer, die Sonne brannte ihm auf den Nacken. Er wusste, dass er nicht lange allein bleiben würde.
Er führte seinen Braunen zu einem schattigen Platz hinter dem Saloon, wo er das Pferd tränkte und sich selbst ein wenig Wasser ins Gesicht spritzte. Er dachte an das, was vor ihm lag. An das, was hinter ihm lag. Und an das, was er noch zu tun hatte.
Die Nachricht von seiner Rückkehr verbreitete sich schneller, als Kane erwartet hatte. Keine Stunde später hörte er das Klirren von Sporen auf dem staubigen Pfad hinter dem Saloon. Er drehte sich um und sah Ben Calder, der langsam auf ihn zukam. Calder war älter geworden, das Haar grau an den Schläfen, aber sein Gang war immer noch der eines Cowboys, der wusste, wie man sich im Sattel hält.
„Jeff Kane“, sagte Calder. „Ich hätte nicht gedacht, dich je wiederzusehen.“
Kane nickte. „Die Zeiten ändern sich.“
Calder blieb stehen, die Hände offen an den Seiten. „Du bist verrückt, hierher zurückzukommen. Garth hat ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt, das reicht für ein Jahr im Saloon.“
„Ich weiß.“
Calder sah sich um, als fürchtete er, belauscht zu werden. „Was willst du, Jeff?“
„Ich will mein Land zurück. Und ich will Garth das Handwerk legen.“
Calder schnaubte. „Du bist allein. Garth hat die halbe Gegend in der Tasche. Marshal, Richter, Saloons – alles gehört ihm.“
„Es gibt immer noch Männer, die sich nicht kaufen lassen.“
Calder schwieg einen Moment. „Weniger, als du glaubst. Die meisten haben Angst. Wer sich gegen Garth stellt, endet auf dem Boothill – oder schlimmer.“
Kane trat einen Schritt näher. „Ich brauche Männer, Ben. Männer, die wissen, wie man kämpft. Männer, die genug haben von Garths Tyrannei.“
Calder sah ihn lange an. Dann nickte er langsam. „Vielleicht kenne ich ein paar. Aber du musst vorsichtig sein. Garth hat überall Augen und Ohren. Und er wird wissen, dass du zurück bist, noch bevor die Sonne untergeht.“
Kane nickte. „Ich rechne damit.“
„Linda ist noch in San Antonio“, sagte Calder leise. „Sie arbeitet jetzt im Golden Star. Garth hat ein Auge auf sie geworfen. Du solltest vorsichtig sein, Jeff. Wenn er erfährt, dass du zurück bist, wird er sie als Köder benutzen.“
Kanes Miene verhärtete sich. „Er wird sie nicht bekommen.“
Calder legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Pass auf dich auf, Junge. Ich werde sehen, was ich tun kann. Heute Nacht, nach Mitternacht, im alten Stall hinter der Kirche. Sei pünktlich – und komm allein.“
Kane nickte. „Ich werde da sein.“
Die Sonne war längst untergegangen, als Kane sich durch die engen Gassen von Eagle Pass bewegte. Die Schatten waren tief, das Licht der wenigen Laternen flackerte im Wind. Er hielt sich an die Hauswände, mied die offenen Plätze. Die Stadt war ruhig, doch Kane wusste, dass die Ruhe trügerisch war.
Er erreichte den alten Stall, dessen Dach längst eingefallen war. Im Inneren roch es nach Moder und altem Heu. Kane trat ein, die Hand am Colt. Im Halbdunkel erkannte er Calder, der an einen Pfosten gelehnt stand. Neben ihm zwei Männer, die Kane nicht kannte – der eine groß und schlank, mit einem Gesicht wie aus Stein gemeißelt; der andere klein, drahtig, mit scharfen Augen.
„Das ist Jeff Kane“, sagte Calder. „Der Laredo Kid.“
Die Männer musterten ihn. Der Große nickte knapp. „Ich bin Sam Harlan. Früher Vormann auf der Big T. Bis Garth sie übernommen hat.“
Der Kleine grinste schief. „Billy Tuck. Ich kann mit einem Colt umgehen, wenn’s sein muss.“
Kane nickte. „Ich danke euch.“
Harlan verschränkte die Arme. „Wir helfen dir nicht aus Freundlichkeit, Kane. Garth hat uns alles genommen. Unsere Ranches, unser Land, unsere Zukunft. Wir haben nichts mehr zu verlieren.“
„Ich will Garth das nehmen, was ihm am meisten bedeutet“, sagte Kane leise. „Seine Macht. Sein Land. Seine Angst.“
Calder trat vor. „Wir sind zu viert. Das reicht nicht für einen Krieg.“
„Wir brauchen einen Plan“, sagte Kane. „Und wir brauchen Beweise. Wenn wir Garth vor Gericht bringen wollen, müssen wir zeigen, was er getan hat.“
Billy Tuck lachte rau. „Vor Gericht? In San Antonio? Da kannst du gleich den Teufel verklagen.“
Kane sah ihn an. „Vielleicht. Aber wenn wir genug Beweise haben, können wir die Armee holen. Oder die Pinkertons. Irgendjemand wird zuhören.“
Harlan nickte langsam. „Vielleicht. Aber zuerst müssen wir überleben.“
Sie schmiedeten Pläne bis weit in die Nacht. Kane lauschte den Berichten der Männer, sammelte Informationen über Garths Geschäfte, seine Männer, seine Schwächen. Sie sprachen über die Ranch am Green Creek, über die Wasserrechte, über die Schutzgelder, die Garth von den Farmern erpresste. Über die Männer, die verschwunden waren, nachdem sie sich gegen ihn gestellt hatten.
Als die ersten Sonnenstrahlen durch das zerbrochene Dach fielen, verließen sie den Stall. Jeder ging in eine andere Richtung, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Kane machte sich auf den Weg nach San Antonio. Er wusste, dass er vorsichtig sein musste. Doch er wusste auch, dass es keinen Weg zurück gab. Nicht mehr.
Die Reise nach San Antonio war lang und gefährlich. Kane hielt sich abseits der großen Straßen, mied die bekannten Wege. Er schlief im Freien, versteckte sich in alten Scheunen, wenn er Reitergruppen sah. Zweimal begegnete er Garths Männern – einmal entkam er nur knapp, als sie sein Lager durchsuchten, während er sich im Schatten eines umgestürzten Baumes verbarg.
Am dritten Tag erreichte er die Hügel, von denen aus man die Stadt überblicken konnte. San Antonio lag im goldenen Licht der Morgensonne, friedlich und trügerisch wie immer. Doch Kane wusste, dass unter der Oberfläche der Hass brodelte.
Er ritt langsam in die Stadt, den Hut tief ins Gesicht gezogen. Niemand erkannte ihn – zumindest nicht auf den ersten Blick. Doch als er am Dead Comanche Saloon vorbeikam, sah er Ward Sorenson am Schanktisch stehen. Der große Mann sah auf, als Kane eintrat, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
„Ich hätte nicht gedacht, dich so bald wiederzusehen, Jeff“, sagte Ward leise.
Kane nickte. „Ich brauche deine Hilfe, Ward.“
Ward sah sich um, dann beugte sich vor. „Garth weiß, dass du zurück bist. Er hat Männer ausgeschickt. Und Linda… sie ist in Gefahr.“
Kane ballte die Fäuste. „Wo ist sie?“
„Im Golden Star. Garth hält sie dort fest – als Druckmittel.“
Kane nickte. „Ich werde sie holen.“
Ward legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Pass auf dich auf, Junge. Garth spielt nicht fair.“
Kane lächelte kalt. „Ich auch nicht.“
Der Golden Star lag am anderen Ende der Stadt, ein protziger Saloon mit goldenen Lettern und roten Vorhängen. Kane schlich sich durch die Gassen, hielt sich im Schatten. Er wusste, dass Garths Männer überall waren.
Er erreichte den Hinterhof des Saloons, wo die Mülltonnen standen. Ein Fenster stand offen. Kane kletterte hinein, landete leise auf den Dielen. Er hörte Stimmen – das Lachen von Männern, das Klirren von Gläsern.
Er bewegte sich lautlos durch den Flur, die Hand am Colt. Im ersten Stock hörte er Lindas Stimme – gedämpft, aber deutlich. Kane schlich die Treppe hinauf, drückte sich an die Wand.
Er sah Linda, wie sie an einem Tisch saß, die Hände gefesselt. Vor ihr stand One Eye – der Mann, den Kane schon einmal erschossen glaubte. Doch der Einäugige lebte, eine frische Narbe zog sich über sein Gesicht.
„Du bist hübsch, Linda“, sagte One Eye. „Schade, dass du dich für den Yankee entschieden hast.“
Linda spuckte ihm ins Gesicht. „Du bist ein Schwein, One Eye.“
Der Mann lachte, wischte sich den Speichel ab. „Dein Held wird dich nicht retten. Garth hat überall Männer. Kane ist ein toter Mann.“
Kane trat aus dem Schatten, den Colt im Anschlag. „Das wollen wir doch mal sehen.“
One Eye fuhr herum, griff nach seinem Revolver – aber Kane war schneller. Der Schuss krachte, One Eye stürzte rückwärts, riss den Stuhl um.
Linda sah auf, Tränen in den Augen. „Jeff!“
Kane kniete sich neben sie, schnitt die Fesseln durch. „Bist du verletzt?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Aber sie hätten mich…“
Kane zog sie hoch. „Wir müssen hier raus.“
Im Flur hörte er Stimmen, das Stampfen von Stiefeln. Garths Männer. Kane packte Linda an der Hand, zog sie durch das Fenster auf das Vordach, von dort auf die Straße. Schüsse krachten, Kugeln pfiffen an ihnen vorbei.
Sie rannten durch die Gassen, sprangen über Zäune, duckten sich hinter Mauern. Kane feuerte zurück, traf einen der Verfolger in den Arm. Schließlich erreichten sie den Stall, wo Kane seinen Braunen angebunden hatte.
Er half Linda in den Sattel, schwang sich hinter sie. „Halt dich fest“, sagte er.
Sie galoppierten aus der Stadt, die Hufschläge hallten durch die Gassen. Hinter ihnen schrien Männer, Schüsse peitschten durch die Luft. Doch Kane trieb das Pferd an, bis sie die offene Prärie erreichten.
Erst als sie außer Sichtweite waren, hielt Kane an. Linda drehte sich zu ihm um, Tränen liefen ihr über die Wangen.
„Ich wusste, dass du zurückkommst“, flüsterte sie.
Kane strich ihr sanft über das Haar. „Ich werde dich nie wieder allein lassen.“
Sie küsste ihn, fest und verzweifelt. Dann löste sie sich, sah ihm in die Augen.
„Was jetzt, Jeff?“
Kane blickte in die Ferne, wo die Sonne über dem Land aufging, das einst seinem Onkel gehört hatte. „Jetzt holen wir uns zurück, was uns gehört. Und dann bringen wir Garth zu Fall. Für immer.“
Linda nickte. „Ich bin bei dir.“
Kane lächelte. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich nicht mehr allein.
Der Kampf um Texas hatte gerade erst begonnen.
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als Jeff Kane und Linda einen Rastplatz in einer kleinen Senke fanden, verborgen zwischen dichten Mesquitebüschen und ein paar knorrigen Eichen, deren Wurzeln sich tief ins dürre Erdreich gruben. Der Wind trug den Geruch von trockenem Gras und Vieh heran, irgendwo in der Ferne brüllte ein einsamer Longhorn-Bulle. Kane hatte das Pferd abgesattelt, den Braunen grasen lassen und sich mit dem Rücken an einen Baum gelehnt. Linda saß neben ihm, die Beine angezogen, den Blick auf die staubige Prärie gerichtet.
Sie hatten die Stadt im Morgengrauen verlassen, die ersten Sonnenstrahlen im Rücken, und waren seitdem ohne Pause geritten. Hinter ihnen lag San Antonio, das sich wie ein Schwelbrand in Kanes Gedanken festgesetzt hatte – und mit ihm Dan Garth, dessen Macht wie ein unsichtbares Netz über der ganzen Gegend lag. Kane wusste, dass sie nicht lange Zeit hatten, bevor Garths Männer ihre Spur aufnehmen würden. Aber sie brauchten einen Plan, und sie brauchten Verbündete.
Linda brach das Schweigen. „Wohin jetzt?“
Kane zog ein Messer aus dem Gürtel, schnitt einen Streifen getrocknetes Fleisch ab und reichte ihn ihr. „Green Creek. Ich muss mit Calder und den anderen sprechen. Wir brauchen mehr Männer, wenn wir Garth entgegentreten wollen.“
Sie kaute langsam, die Stirn in Falten gelegt. „Und wenn niemand kommt?“
Kane zuckte mit den Schultern. „Dann machen wir es allein. Aber ich glaube nicht, dass alle in diesem Land zu Feiglingen geworden sind.“
Linda sah ihn an, lange und ernst. „Du bist anders, Jeff. Früher warst du immer der Erste, der einem Streit aus dem Weg ging. Jetzt…“
Er lächelte schief. „Früher war ich ein Junge. Jetzt bin ich der Erbe eines Toten – und ein Geächteter. Das ändert einen.“
Sie schwieg, dann legte sie ihre Hand auf seine. „Ich werde bei dir bleiben. Was auch kommt.“
Kane drückte ihre Finger. „Das weiß ich, Linda. Aber ich will nicht, dass du in Gefahr gerätst. Du solltest nach Laredo gehen, oder nach Norden. Nach Kansas vielleicht.“
Sie schüttelte den Kopf, ein entschlossenes Funkeln in den Augen. „Ich lasse dich nicht allein.“
Kane wollte widersprechen, doch er kannte diesen Blick. Er seufzte und gab nach. „In Ordnung. Aber du tust, was ich sage, verstanden?“
Sie lächelte. „Versprochen.“
Nach einer kurzen Rast sattelten sie wieder auf und ritten weiter nach Norden, dem Green Creek entgegen. Das Land wurde hügeliger, das Gras höher. Immer wieder stießen sie auf Spuren von Rindern, die in langen Trecks durch das Land gezogen waren – und auf die Überreste alter Zäune, die längst verfallen waren, weil niemand mehr sie instand hielt.
Am späten Nachmittag erreichten sie eine kleine Anhöhe, von der aus man das Tal des Green Creek überblicken konnte. Kane hielt an, ließ den Blick schweifen. Dort unten, am Ufer des schmalen, aber lebensspendenden Bachs, lagen die verkohlten Überreste der alten Tomkins-Ranch. Die Ruinen wirkten wie schwarze Narben im goldenen Gras. Kane spürte einen Stich in der Brust.
Linda folgte seinem Blick. „Das war dein Zuhause.“
Kane nickte stumm. Erinnerungen stiegen in ihm auf – an die langen Abende am Kamin, an das Lachen seines Onkels, an die harte Arbeit auf den Weiden. All das war in Rauch aufgegangen, verbrannt von Garths Männern.
„Ich werde es wieder aufbauen“, sagte er leise. „Für meinen Onkel. Für uns.“
Linda legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Dann lass uns anfangen.“
Sie ritten vorsichtig ins Tal hinab, hielten sich im Schatten der Bäume. Kane prüfte jede Bewegung, jede Spur im Staub. Er wusste, dass Garths Männer das Land überwachten – vielleicht nicht ständig, aber oft genug, um jeden Versuch eines Neuanfangs im Keim zu ersticken.
Am Bach schlugen sie ein kleines Lager auf, versteckt hinter einer Felsgruppe. Kane sammelte trockenes Holz, entzündete ein kleines Feuer, das kaum Rauch entwickelte. Während Linda Wasser aus dem Creek schöpfte, untersuchte Kane die Ruinen. Die Steine des Kamins waren noch erhalten, ebenso ein Teil des Brunnens. Alles andere war zerstört.
Er kniete nieder, strich mit der Hand über die verkohlten Balken. „Sie wollten alles auslöschen. Mich, meinen Onkel, die Erinnerung an das, was hier war.“
Linda trat zu ihm, legte ihm den Arm um die Schultern. „Aber sie haben es nicht geschafft. Du bist zurück.“
Kane stand auf, klopfte sich den Staub von den Händen. „Ich werde das Land nicht aufgeben. Nicht für Garth, nicht für irgendwen.“
Als die Dämmerung hereinbrach, hörten sie Hufschläge. Kane zog Linda in die Deckung der Felsen, griff nach seiner Winchester. Die Geräusche kamen näher – zwei Reiter, vielleicht drei. Kane spannte den Hahn, wartete.
Die Reiter kamen in Sicht. Der erste war Ben Calder, der zweite Sam Harlan. Beide hielten an, als sie das Feuer sahen. Kane trat aus der Deckung, die Winchester locker in der Hand.
Calder hob die Hand zum Gruß. „Du bist verrückt, Jeff. Aber das wusste ich ja schon immer.“
Kane grinste. „Schön, dich zu sehen, Ben.“
Harlan stieg ab, musterte Linda. „Du hast dir Gesellschaft mitgebracht.“
Linda erwiderte seinen Blick ruhig. „Ich gehöre zu Jeff.“
Harlan nickte anerkennend. „Mutig.“
Calder setzte sich ans Feuer, zog eine Flasche aus der Satteltasche. „Wir haben nicht viel Zeit. Garths Männer patrouillieren das Land. Aber ich habe ein paar Leute zusammengetrommelt. Nicht viele – vier, vielleicht fünf. Aber sie hassen Garth mehr als sie den Tod fürchten.“
Kane nickte. „Das reicht fürs Erste. Wir müssen Garth zeigen, dass er nicht unantastbar ist.“
Harlan zog ein Messer, schnitt sich ein Stück Trockenfleisch ab. „Und wie willst du das anstellen?“
Kane blickte ins Feuer. „Wir schlagen zurück. Nicht offen, nicht frontal – noch nicht. Aber wir können Garths Macht untergraben. Seine Herden, seine Wasserquellen, seine Schutzgelderpressung. Wenn wir ihm zeigen, dass er nicht mehr alles kontrolliert, werden andere den Mut fassen, sich uns anzuschließen.“
Calder nickte langsam. „Du willst einen Guerillakrieg führen.“
Kane lächelte schmal. „Wenn es sein muss.“
Die Männer berieten sich bis tief in die Nacht. Sie schmiedeten Pläne, diskutierten Möglichkeiten. Calder berichtete von einer Herde, die Garth am nächsten Tag zum Markt treiben wollte – über hundert Rinder, bewacht von nur sechs Männern. Kane schlug vor, die Herde umzulenken, sie auf das Land der Garrison-Ranch zu treiben, wo Garth sie nicht zurückholen konnte. Harlan kannte einen alten Viehtriebspfad, der durch eine enge Schlucht führte – ideal für einen Hinterhalt.
„Wir brauchen ein Zeichen“, sagte Kane. „Etwas, das Garth versteht. Und das den Leuten zeigt, dass er nicht mehr allmächtig ist.“
Calder grinste. „Ich glaube, ich weiß, wie man Garth richtig ärgert.“
Im Morgengrauen machten sie sich auf den Weg. Kane, Calder, Harlan und Billy Tuck, der sich ihnen in der Nacht angeschlossen hatte. Linda blieb im Lager zurück, bewaffnet mit Kanes Zweitcolt und festen Anweisungen, sich zu verstecken, sollte jemand kommen.
Die Männer ritten schweigend durch das hohe Gras, hielten sich abseits der Wege. Als sie die Schlucht erreichten, versteckten sie ihre Pferde und legten sich in Deckung. Die Sonne brannte heiß auf ihre Rücken, Fliegen summten um ihre Köpfe.
Gegen Mittag hörten sie das dumpfe Dröhnen von Hufen. Die Herde kam näher, begleitet von den Rufen der Cowboys. Kane zählte sechs Männer, alle bewaffnet, aber entspannt – sie rechneten nicht mit Widerstand.
Als die Herde in die Schlucht einbog, gab Kane das Zeichen. Calder und Harlan ließen sich von den Felsen herabgleiten, die Colts im Anschlag. Billy Tuck feuerte einen Warnschuss in die Luft.
„Hände hoch!“, rief Kane. „Runter von den Pferden!“
Die Cowboys starrten überrascht, dann griff einer zum Revolver. Kane schoss ihm den Colt aus der Hand, eine Kugel zischte dicht an seinem Ohr vorbei. Die anderen ließen die Waffen fallen, hoben die Hände.
„Legt euch auf den Boden!“, befahl Harlan.
Die Cowboys gehorchten. Kane und Calder banden ihnen die Hände, nahmen ihnen die Waffen ab.
„Ihr sagt Garth, dass das erst der Anfang ist“, sagte Kane leise. „Sein Land gehört nicht ihm allein. Und wenn er noch einmal einen Mann gegen mich schickt, wird er mehr verlieren als ein paar Rinder.“
Die Männer nickten, Angst in den Augen.
Kane und seine Leute trieben die Herde auf den alten Pfad, der zur Garrison-Ranch führte. Es war harte Arbeit, die Tiere zusammenzuhalten, aber sie schafften es. Als die Sonne unterging, waren die Rinder in Sicherheit – und Garth um ein kleines Vermögen ärmer.
Sie kehrten ins Lager zurück, erschöpft, aber zufrieden. Linda erwartete sie mit Kaffee und einem Lächeln.
„Hat es geklappt?“, fragte sie.
Kane nickte. „Garth wird toben.“
Calder lachte. „Das ist er schon. Einer seiner Männer hat uns gesehen. Er weiß, dass du zurück bist, Jeff.“
Kane zuckte die Achseln. „Das sollte er auch. Jetzt weiß er, dass er nicht mehr alles kontrolliert.“
Linda legte ihm die Hand auf den Arm. „Und was jetzt?“
Kane blickte in die Nacht, in der irgendwo ein Kojote heulte. „Jetzt warten wir ab, wie Garth reagiert. Und dann schlagen wir wieder zu.“
In den nächsten Tagen verbreitete sich die Nachricht von Kanes Rückkehr wie ein Lauffeuer. Immer mehr Männer schlossen sich ihm an – Cowboys, die ihre Arbeit verloren hatten, Farmer, denen Garth das Wasser abgedreht hatte, Siedler, die genug von Schutzgeldern und Drohungen hatten. Kane wurde zum Symbol des Widerstands, zum Hoffnungsträger für all jene, die sich bisher nicht zu wehren gewagt hatten.
Doch mit dem wachsenden Widerstand wuchs auch die Gefahr. Garth schickte seine besten Männer aus, setzte ein noch höheres Kopfgeld auf Kane aus. Es gab Überfälle auf das Lager, Schüsse in der Nacht, Verräter in den eigenen Reihen.
Eines Abends, als Kane am Feuer saß und die Karten des nächsten Schlags studierte, trat Linda zu ihm.
„Du bist müde, Jeff“, sagte sie leise.
Er sah sie an, lächelte matt. „Es ist noch viel zu tun.“
Sie setzte sich neben ihn, legte den Kopf an seine Schulter. „Du bist nicht allein. Wir sind viele.“
Kane legte den Arm um sie. „Ich weiß. Aber am Ende muss ich Garth allein gegenübertreten. Das ist zwischen ihm und mir.“
Linda schwieg. Sie wusste, dass er recht hatte.
In jener Nacht, als der Mond wie ein silberner Schild über dem Land stand, schwor sich Jeff Kane, dass er nicht ruhen würde, bis Dan Garth gestürzt war – und das Land seines Onkels wieder frei war. Für sich. Für Linda. Für alle, die den Mut gefunden hatten, sich gegen das Unrecht zu erheben.
Der Krieg am Green Creek hatte begonnen. Und diesmal würde er nicht fliehen. Nicht mehr.
Die Hitze des Tages war noch nicht ganz gewichen, als Jeff Kane im Schein des Lagerfeuers saß, den Rücken gegen einen Felsen gelehnt, die Winchester griffbereit neben sich. Um ihn herum lagerten die Männer, die sich in den letzten Tagen zu ihm geschlagen hatten – eine bunte Schar aus ehemaligen Cowboys, Farmern, entwurzelten Siedlern und ein paar wortkargen Revolvermännern, die sich von Garths eiserner Faust nicht länger einschüchtern lassen wollten. Über ihnen spannte sich der sternenklare Himmel von Texas, und irgendwo in der Ferne heulte ein Kojote.
Linda war am Bach, um Wasser für den Kaffee zu holen. Ihr Schatten bewegte sich schlank und geschmeidig zwischen den Büschen, und Kane spürte einen Anflug von Sorge, als sie länger als gewöhnlich fortblieb. Er wusste, dass Garths Männer sich in der Gegend herumtrieben, dass der Preis auf seinen Kopf mit jedem Tag stieg. Aber er wusste auch, dass Linda sich zu verteidigen wusste. Sie war nicht mehr das schüchterne Saloon-Girl, das er vor Jahren kennengelernt hatte.
Ein leises Knacken im Unterholz ließ Kane aufhorchen. Seine Hand glitt zum Revolver, und sein Blick suchte die Schatten ab. Doch es war nur Linda, die zurückkam, den Blecheimer in der Hand, das Haar im Nacken zusammengebunden.
„Alles ruhig am Bach“, sagte sie leise und setzte sich neben ihn. „Aber ich habe Hufspuren gesehen. Frisch.“
Kane nickte. „Ich habe mir schon gedacht, dass sie uns nicht lange in Ruhe lassen.“
Billy Tuck, der kleine, drahtige Revolvermann, der sich in den letzten Tagen als unermüdlicher Späher erwiesen hatte, trat aus dem Dunkel an das Feuer. „Ich habe zwei von Garths Männern gesehen, Boss. Sie beobachten uns von der alten Eiche am Nordhang aus. Wollen wohl wissen, wie viele wir sind.“
Kane sah zu Calder, der an einem Stück Trockenfleisch kaute. „Was meinst du, Ben?“
Calder spuckte einen Grashalm ins Feuer. „Sie werden abwarten, bis wir schlafen. Dann schicken sie einen Spähtrupp, vielleicht auch ein paar Scharfschützen. Garth will wissen, ob du wirklich zurück bist – und wie viele Männer du hast.“
Kane nickte. „Dann werden wir es ihnen zeigen. Aber zu unseren Bedingungen.“
Er stand auf, warf einen Blick in die Runde. „Hört zu, Männer! Heute Nacht werden sie uns beobachten. Vielleicht greifen sie an, vielleicht nicht. Aber sie sollen wissen, dass wir bereit sind. Billy, du und Sam Harlan nehmt euch die Nordseite vor. Calder, du bleibst bei mir. Die anderen verteilen sich in Zweiergruppen um das Lager. Niemand schläft allein. Und niemand schießt, es sei denn, ich gebe das Zeichen.“
Ein leises Murmeln ging durch die Gruppe. Die Männer standen auf, prüften ihre Waffen, verschwanden lautlos in der Dunkelheit. Linda reichte Kane eine Tasse Kaffee. Ihre Hand zitterte leicht.
„Du bist nervös“, stellte er fest.
Sie zuckte die Schultern. „Ich habe Angst um dich. Um uns alle.“
Kane legte den Arm um sie. „Wir haben keine Wahl, Linda. Wenn wir jetzt aufgeben, ist alles verloren.“
Sie lehnte sich an ihn. „Ich weiß. Aber ich habe gesehen, wie Garth mit Leuten umgeht, die sich ihm widersetzen. Er kennt kein Erbarmen.“
Kane schwieg. Er dachte an die verbrannte Ranch seines Onkels, an die Männer, die in den letzten Jahren spurlos verschwunden waren, weil sie sich gegen Garth gestellt hatten. Er wusste, dass der Kampf, den er begonnen hatte, kein Spiel war. Es war ein Krieg – und am Ende würde nur einer von ihnen übrigbleiben.
Die Nacht war schwül und voller Geräusche. Kane lag wach, den Colt auf dem Bauch, die Augen halb geschlossen. Immer wieder hörte er das Knacken von Zweigen, das leise Schnauben der Pferde, das entfernte Klirren von Sporen. Er wusste, dass Billy und Sam irgendwo im Dunkel lauerten, dass Calder mit dem Gewehr im Anschlag am Rand des Lagers saß.
Gegen Mitternacht hörte er das leise Zischen eines Signals – zwei kurze, ein langer Pfiff. Billy. Kane richtete sich auf, schob den Hut in den Nacken und schlich geduckt zum Nordhang. Im schwachen Licht der Sterne erkannte er Billy, der hinter einem Busch kauerte.
„Da sind sie“, flüsterte Billy und deutete mit dem Kinn auf die Schatten zwischen den Bäumen. „Drei Mann. Sie schleichen sich an.“
Kane nickte. „Warte auf mein Zeichen.“
Er schlich zurück ins Lager, weckte Calder mit einem leichten Stoß. „Wir haben Besuch.“
Calder grinste. „Wird Zeit, dass wir ihnen zeigen, dass wir nicht so leicht zu haben sind.“
Kane gab das vereinbarte Zeichen – ein leises Klacken mit zwei Steinen. Die Männer im Lager wurden wachsam, richteten sich auf, schoben die Gewehre in Anschlag. Dann war es still.
Die drei Männer von Garth bewegten sich vorsichtig durch das hohe Gras, die Colts gezogen. Sie waren erfahrene Späher, aber sie rechneten nicht damit, dass Kane und seine Männer vorbereitet waren.
Als sie das Lager fast erreicht hatten, trat Kane aus dem Schatten. „Das reicht, Jungs. Werft die Waffen weg und kommt mit erhobenen Händen raus.“
Die Männer erstarrten, blickten sich um. Überall blitzten Gewehrläufe im Mondlicht. Einer der Späher – ein großer, bärtiger Kerl – hob die Hände. „Wir wollen keinen Ärger, Laredo Kid. Garth hat uns geschickt, um zu sehen, ob du wirklich zurück bist.“
Kane trat näher, nahm ihm den Colt ab. „Dann sag deinem Boss, dass ich zurück bin. Und dass ich nicht allein bin.“
Der Bärtige nickte, Angst in den Augen. „Er wird dich jagen, Kane. Er wird dich nicht ruhen lassen.“
Kane lächelte kalt. „Dann soll er kommen.“
Er winkte Calder, der die anderen beiden Männer entwaffnete. „Ihr habt zehn Minuten, um zu verschwinden. Wenn wir euch noch einmal in der Nähe sehen, wird nicht mehr nur geredet.“
Die Männer verschwanden in der Dunkelheit. Kane sah ihnen nach, bis sie außer Sicht waren. Dann wandte er sich an seine Leute.
„Das war nur ein Vorgeschmack. Garth wird mehr schicken. Vielleicht schon morgen.“
Am nächsten Morgen war das Lager in Bewegung. Die Männer sattelten die Pferde, packten die wenigen Habseligkeiten zusammen. Kane wusste, dass sie nicht an einem Ort bleiben konnten. Garth würde seine Leute ausschwärmen lassen, das Land durchkämmen, bis er sie gefunden hatte.
Calder trat zu ihm, den Hut tief in die Stirn gezogen. „Was jetzt, Jeff?“
Kane blickte auf die Karte, die er auf einem flachen Stein ausgebreitet hatte. „Wir teilen uns auf. Zwei Gruppen. Eine zieht nach Westen, Richtung Garrison-Ranch. Die andere bleibt in der Nähe des Green Creek. Wir treffen uns in drei Tagen am alten Postenweg bei den Three Sisters.“
Billy Tuck grinste. „Und was machen wir in der Zwischenzeit?“
Kane sah ihn an. „Wir schlagen zu. Kleine Nadelstiche. Wir treiben Garths Rinder auseinander, sabotieren seine Zäune, befreien die Farmer, die er in seinen Schulden hält. Wir zeigen den Leuten, dass er nicht unbesiegbar ist.“
Calder nickte. „Das wird ihm nicht gefallen.“
Kane lächelte. „Das ist der Sinn der Sache.“
Die nächsten Tage waren ein Spiel aus Schatten und Licht, aus Angriff und Rückzug. Kane führte seine kleine Gruppe durch das Land, immer auf der Suche nach Schwachstellen in Garths Netz. Sie schnitten Zäune, trieben Herden auseinander, verbrannten Heuschober, die für Garths Rinder bestimmt waren. Sie befreiten einen alten Farmer, den Garths Männer in seinem eigenen Keller eingesperrt hatten, weil er die Schutzgelder nicht mehr zahlen konnte. Sie tauchten auf wie Geister, schlugen zu und verschwanden wieder.
Die Nachrichten verbreiteten sich schnell. Immer mehr Männer schlossen sich Kane an, brachten Waffen, Pferde, Vorräte. Die Hoffnung kehrte zurück in das Land, das so lange von Angst und Gewalt beherrscht worden war.
Doch Garth schlug zurück. Er ließ Dörfer durchsuchen, Saloons stürmen, verdächtige Männer verhaften. Er erhöhte das Kopfgeld auf Kane, ließ Steckbriefe drucken, auf denen Kanes Gesicht prangte – „Tot oder lebendig“, stand darunter.
Linda brachte eines Abends einen dieser Steckbriefe ins Lager. Sie hatte ihn im Saloon von Eagle Pass gesehen, wo ein betrunkener Deputy ihn an die Wand genagelt hatte.
Kane betrachtete das Papier, das im Schein des Feuers flackerte. „Sieht mir nicht ähnlich“, sagte er trocken.
Linda lächelte schwach. „Die Leute werden dich trotzdem erkennen.“
Kane warf den Steckbrief ins Feuer. „Sollen sie kommen.“
Eines Nachts, als Kane allein am Bach saß, trat Calder zu ihm. Der alte Cowboy setzte sich neben ihn, zündete sich eine Zigarette an.
„Du weißt, dass Garth dich nicht nur wegen des Landes jagt“, sagte Calder leise.
Kane sah ihn an. „Was meinst du?“
Calder blies Rauch in die Nacht. „Du bist ein Symbol geworden, Jeff. Für die Leute hier bist du mehr als ein Mann. Du bist die Hoffnung, dass sich etwas ändert. Garth weiß das. Deshalb will er dich nicht einfach töten. Er will dich brechen. Vor aller Augen.“
Kane schwieg. Er spürte das Gewicht der Verantwortung auf seinen Schultern. Er war nicht mehr nur ein Geächteter, der um sein Leben kämpfte. Er war der Anführer eines Aufstands – ob er es wollte oder nicht.
„Ich werde nicht aufgeben, Ben. Nicht jetzt.“
Calder legte ihm die Hand auf die Schulter. „Das weiß ich, Junge. Aber pass auf dich auf. Garth wird alles versuchen, dich zu erwischen.“
Am dritten Tag trafen sich die Gruppen am vereinbarten Ort – den Three Sisters, drei gewaltigen Felsnadeln, die wie steinerne Wächter über das Land wachten. Kane zählte durch: Sie waren jetzt zwanzig Mann, alle bewaffnet, entschlossen, weiterzumachen.
Sam Harlan berichtete, dass Garth eine große Treibjagd plante. Er hatte alle seine Männer zusammengezogen, um Kane und seine Leute in die Enge zu treiben. „Er will uns in der Schlucht stellen“, sagte Harlan. „Er hat Fallen gelegt, Scharfschützen postiert.“
Kane nickte. „Dann werden wir ihm eine Falle stellen. Wir locken ihn in die Schlucht – und dann schlagen wir zu.“
Die Männer nickten, Entschlossenheit in den Gesichtern. Sie hatten Angst, ja – aber sie hatten auch Hoffnung. Und das war mehr, als sie seit Jahren gehabt hatten.
Der Tag der Entscheidung kam schneller, als Kane erwartet hatte. Am Morgen sahen sie die Staubwolken am Horizont – Garths Männer, über dreißig an der Zahl, schwer bewaffnet, angeführt von Reilly, Firehead und McPhee. Sie kamen in vollem Galopp, die Gewehre im Anschlag.
Kane gab das Zeichen. Die Männer zogen sich in die Schlucht zurück, versteckten sich hinter Felsen und Büschen. Sie hatten die Engstellen mit Seilen und Barrikaden gesichert, die Pferde im Schutz der Bäume angebunden.
Garths Männer stürmten in die Schlucht, schossen wild um sich. Doch Kane und seine Leute hielten das Feuer zurück, warteten, bis die Gegner tief genug in der Falle waren.
Dann gab Kane das Signal. Ein Hagel aus Kugeln prasselte auf die Angreifer nieder. Pferde scheuten, Männer schrien, stürzten von den Sätteln. Die Schlacht war kurz, aber heftig. Garths Männer waren überrascht, in der Enge der Schlucht konnten sie ihre Überzahl nicht ausspielen.
Am Ende flohen sie, ließen Tote und Verwundete zurück. Kane und seine Männer blieben siegreich zurück.
Als die Sonne unterging, stand Kane auf einem der Felsen, den Blick auf das Land gerichtet, das er verteidigte. Linda trat zu ihm, legte ihm den Arm um die Taille.
„Du hast es geschafft, Jeff“, flüsterte sie.
Kane schüttelte den Kopf. „Es ist noch nicht vorbei, Linda. Garth lebt noch. Und er wird nicht ruhen, bis einer von uns tot ist.“
Sie sah ihn an, Angst und Bewunderung in den Augen. „Ich glaube an dich.“
Kane zog sie an sich. „Ich werde nicht aufgeben. Nicht für Garth. Nicht für dieses Land. Und nicht für dich.“
Die Nacht senkte sich über die Prärie, und in der Dunkelheit wuchs die Hoffnung – wie eine Saat, die endlich Wurzeln schlug.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als Jeff Kane erwachte. Die Luft war kühl, und ein feiner Dunst lag über dem Tal des Green Creek. Um ihn herum schliefen seine Männer, zusammengerollt in Decken, die Hüte tief ins Gesicht gezogen. Linda lag neben ihm, ihr Atem ruhig und gleichmäßig. Für einen Moment erlaubte sich Kane, einfach nur dazuliegen und den Frieden zu genießen, der so selten geworden war. Doch der Frieden war trügerisch. Heute würde sich alles entscheiden.
Er stand leise auf, zog die Stiefel an und trat hinaus ins Halbdunkel. Der Himmel war von den ersten violetten Streifen des Morgens durchzogen. In der Ferne hörte er das leise Muhen von Rindern, das Schnauben der Pferde, die sie im Schutz der Bäume angebunden hatten. Kane ging zum Bach, wusch sich das Gesicht im kalten Wasser und blickte nachdenklich auf sein Spiegelbild. Die Züge waren härter geworden, die Augen hatten etwas Unnachgiebiges bekommen. Er war nicht mehr der Junge, der einst als Postreiter zwischen Laredo und San Antonio unterwegs gewesen war. Er war ein Mann, der gelernt hatte, zu kämpfen – und zu führen.
Hinter ihm knackte ein Zweig. Kane drehte sich um, die Hand am Colt. Es war Ben Calder, der sich die Müdigkeit aus den Augen rieb.
„Du bist auch schon wach, Jeff?“, murmelte Calder und setzte sich ans Ufer.
„Zu viel im Kopf, um zu schlafen“, erwiderte Kane. „Heute ist der Tag, Ben. Heute reiten wir nach San Antonio.“
Calder nickte. „Die Männer sind bereit. Sie wissen, dass es kein Zurück mehr gibt.“
Kane blickte zum Lager zurück. „Wir haben Garth geschwächt, aber er hat immer noch Macht. Die Stadt gehört ihm. Der Marshal, die Deputies, die Saloons – alles unter seiner Kontrolle.“
Calder spuckte ins Gras. „Nicht mehr lange. Nach der Schlacht in der Schlucht hat er viele Männer verloren. Die Leute reden. Manche sagen, er sei verwundbar.“
„Das müssen wir nutzen. Wir müssen die Stadt auf unsere Seite bringen, Ben. Wenn wir Garth in San Antonio stellen, muss jeder sehen, dass das Gesetz wieder für die Menschen da ist – nicht für einen Tyrannen.“
Calder grinste schief. „Du bist ein verdammter Idealist, Jeff. Aber vielleicht braucht Texas das gerade.“
Kane lächelte. „Vielleicht.“
Als die Sonne über den Hügeln aufging, war das Lager in Bewegung. Männer sattelten die Pferde, prüften Waffen, banden Vorräte fest. Linda half beim Packen, ihre Bewegungen ruhig und konzentriert. Sie hatte sich verändert, seit sie an Kanes Seite kämpfte. Die Angst war nicht verschwunden, aber sie war ihr nicht mehr ausgeliefert. Sie war zu einer Frau geworden, die wusste, was sie wollte – und was sie zu verlieren hatte.
Kane trat zu ihr, legte eine Hand auf ihre Schulter. „Bist du bereit?“
Sie sah ihn an, ein Lächeln auf den Lippen. „Ich habe keine Angst mehr, Jeff. Nicht, solange du bei mir bist.“
Er zog sie an sich, küsste sie sanft. „Ich verspreche dir, dass ich zurückkomme.“
Sie erwiderte den Kuss. „Ich weiß.“
Kurz nach Sonnenaufgang ritten sie los – zwanzig Männer, entschlossen, dem Tyrannen die Stirn zu bieten. Sie hielten sich abseits der Straßen, bewegten sich durch Schluchten und Wälder, um nicht gesehen zu werden. Kane ritt an der Spitze, Calder und Sam Harlan an seiner Seite. Billy Tuck und ein paar andere Späher sicherten die Flanken.
Als sie den Rand von San Antonio erreichten, hielten sie an einem kleinen Hügel, von dem aus man die Stadt überblicken konnte. Die Häuser lagen still im Morgenlicht, der Rauch der Kochfeuer stieg in dünnen Schwaden auf. Doch die Idylle trog. Überall waren Garths Männer zu sehen – an den Saloons, auf den Dächern, patrouillierend durch die Straßen. Am Marktplatz stand eine Gruppe schwer bewaffneter Cowboys, die Gewehre im Anschlag.
Kane musterte die Szene. „Er erwartet uns.“
Calder nickte. „Er hat Angst. Sonst würde er nicht so auffahren.“
Kane blickte zu Billy Tuck, der mit dem Fernglas die Straßen absuchte. „Wie viele?“
Billy schätzte. „Dreißig, vielleicht mehr. Aber die Hälfte davon sind Söldner, die nur für den Dollar kämpfen. Wenn es ernst wird, laufen sie.“
Kane überlegte. „Wir müssen die Stadt auf unsere Seite bringen. Wenn die Leute sehen, dass wir Garth herausfordern, werden sie sich entscheiden müssen.“
Sam Harlan spuckte aus. „Die meisten haben Angst. Aber wenn sie sehen, dass Garth verwundbar ist, werden sie sich erheben.“
Kane nickte. „Dann fangen wir damit an.“
Sie teilten sich in kleine Gruppen auf, schlichen sich durch die Gassen in die Stadt. Kane und Calder gingen zum Dead Comanche Saloon, wo Ward Sorenson hinter dem Tresen stand und nervös Gläser polierte. Als er Kane sah, erstarrte er – dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
„Ich wusste, dass du zurückkommst, Jeff.“
Kane trat an den Tresen. „Wir brauchen deine Hilfe, Ward. Heute entscheidet sich alles.“
Ward nickte. „Die Leute sind bereit. Viele haben genug von Garth. Aber sie brauchen einen Anführer.“
Kane sah sich um. Im Saloon saßen ein paar Männer, die Köpfe zusammen, flüsternd. Als sie Kane erkannten, wurden sie still.
Kane hob die Stimme. „Hört zu! Ich weiß, dass viele von euch Angst haben. Aber heute ist der Tag, an dem wir uns entscheiden müssen, ob wir weiter in Angst leben – oder ob wir für unser Recht kämpfen. Garth hat dieses Land lange genug beherrscht. Heute stellen wir ihn.“
Ein Murmeln ging durch den Raum. Einer der Männer – ein alter Farmer mit wettergegerbtem Gesicht – stand auf. „Wir sind bei dir, Laredo Kid. Sag uns, was zu tun ist.“
Kane nickte. „Verteilt euch in der Stadt. Sagt den Leuten, dass sie sich bereithalten sollen. Wenn der Moment kommt, braucht es jeden Mann, der für Gerechtigkeit einsteht.“
Ward griff unter den Tresen, zog eine abgesägte Schrotflinte hervor. „Ich bin dabei.“
Währenddessen bewegten sich Harlan und Billy Tuck zum Marshal’s Office. Caleb Blossom, der Marshal, saß an seinem Schreibtisch, den Stern schief an die Weste geheftet, die Augen müde und leer. Als Harlan eintrat, griff Blossom automatisch zum Colt – doch Harlan war schneller.
„Lass das, Caleb. Heute ist nicht der Tag für Heldentaten.“
Blossom ließ die Hand sinken. „Was wollt ihr?“
Billy Tuck grinste. „Wir wollen, dass du endlich das Gesetz vertrittst, Marshal. Nicht Garth.“
Blossom sah sie an, Verzweiflung in den Augen. „Ihr wisst nicht, was ihr da lostretet. Garth wird euch alle umbringen.“
Harlan trat näher. „Oder wir bringen ihn zu Fall. Du musst dich entscheiden, Caleb. Bist du Marshal dieser Stadt – oder Garths Lakai?“
Blossom schwieg lange. Dann zog er den Stern ab, legte ihn auf den Tisch. „Ich bin zu alt für diesen Kampf.“
Billy Tuck nahm den Stern, heftete ihn sich an. „Dann werde ich das Gesetz vertreten. Zumindest für heute.“
Während sich die Nachricht von Kanes Rückkehr wie ein Lauffeuer durch die Stadt verbreitete, versammelten sich immer mehr Männer und Frauen auf den Straßen. Die Angst war noch spürbar, aber sie wurde überdeckt von einer neuen Entschlossenheit. Die Menschen hatten genug von Garths Herrschaft.
Garth selbst hatte sich im größten Saloon der Stadt verschanzt – dem Golden Star. Um ihn herum seine engsten Männer: Reilly, Firehead, McPhee und eine Handvoll Söldner, die ihre Colts nervös in den Händen drehten. Garth war älter geworden, das Gesicht noch härter, die Augen noch kälter. Doch auch er spürte, dass sich das Blatt wendete.
Ein Bote stürmte herein. „Kane ist in der Stadt, Boss! Die Leute sammeln sich!“
Garth schlug mit der Faust auf den Tisch. „Dann soll er kommen! Ich werde ihn vor aller Augen hängen lassen!“
Reilly trat ans Fenster, spähte hinaus. „Die Straßen sind voller Leute. Es sieht nicht gut aus, Boss.“
Garth zog seinen Revolver, drehte die Trommel. „Dann werden wir ihnen zeigen, wer hier das Sagen hat.“
Kane und seine Männer sammelten sich auf dem Marktplatz. Immer mehr Bürger schlossen sich ihnen an – Farmer, Cowboys, Ladenbesitzer, sogar ein paar der Saloongirls. Linda stand an Kanes Seite, eine Winchester in der Hand, Entschlossenheit im Blick.
Kane trat auf die Stufen des Gerichtsgebäudes, hob die Stimme. „Heute ist der Tag der Entscheidung! Wir fordern Garth heraus! Wer für Gerechtigkeit steht, steht jetzt auf!“
Ein Jubel brandete auf. Die Menschen drängten sich zusammen, das erste Mal seit Jahren vereint gegen einen gemeinsamen Feind.
Garth und seine Männer traten aus dem Golden Star, die Waffen im Anschlag. Garth schritt voran, das Gesicht eine Maske aus Hass.
„Das ist mein Land!“, rief er. „Ihr seid nichts ohne mich!“
Kane trat ihm entgegen, die Menge im Rücken. „Deine Zeit ist vorbei, Garth. Gib auf, solange du noch kannst.“
Garth lachte höhnisch. „Du bist ein Narr, Kane. Du hast vielleicht ein paar Bauern hinter dir – aber ich habe Männer, die wissen, wie man tötet.“