Wie Psychopathen denken 2 - Christopher Berry-Dee - E-Book

Wie Psychopathen denken 2 E-Book

Christopher Berry-Dee

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Beschreibung

Was treibt Menschen zu unfassbaren Verbrechen? Christopher Berry-Dee, renommierter Kriminalexperte und Bestsellerautor, wagt sich dorthin, wo sich kaum jemand hintraut: in die Köpfe der gefährlichsten Verbrecher unserer Zeit. Er spricht mit Serienmördern und Psychopathen hinter Gittern – und beleuchtet historische Fälle wie das »Monster von Düsseldorf« oder den Mörder von 10 Rillington Place. Mit schockierender Klarheit zeigt Berry-Dee, dass das Böse oft unerkannt unter uns weilt. Ein fesselnder und verstörender Blick in die finstersten Abgründe der menschlichen Psyche.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 392

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Titelseite

Christopher Berry-Dee

WiePsychopathendenken2

Schockierende Einblicke in die kaltblutigen Gedankengänge der grausamsten Morder

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

 

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

 

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

 

1. Auflage 2026

© 2026 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

 

Titel der Originalausgabe: Talking with Psychopaths and Savages. Beyond Evil

 

Text copyright © Christopher Berry-Dee 2019. Originally published in the English language in the UK by John Blake Publishing, an imprint of Bonnier Books UK Limited, London. The moral rights of the Author have been asserted.

 

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

 

Übersetzung: Friederike Moldenhauer

Redaktion: Caroline Kazianka

Umschlaggestaltung: Pamela Machleidt in Anlehnung an das Original

Satz: ZeroSoft, Timisoara

eBook: ePUBoo.com

 

ISBN Print 978-3-7423-2897-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-2661-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Für Toby Buchan

Inhalt

Dank
Vorwort
Einleitung
1. Was ist ein Serienmörder?
2. Erkennt man Serienmörder?
3. Gespräche mit Serienmördern
4. Alle Erscheinungsformen
5. Einige Menschen erreicht man einfach nicht
6. Das Gehirn von Mördern
7. John Reginald Halliday Christie
8. Peter Kürten
9. Neville George Clevely Heath
10. Oberst David Russell Williams
11. Jodi Ann Arias
12. Douglas Daniel Clark und Carol Mary Bundy
Schluss
Über den Autor

Dank

Die Danksagung ist glücklicherweise der einzige Teil eines Buches, an dem der Lektor nichts verändern darf. Daher widme ich dieses Buch meinem Lektor Toby Buchan, um mir auch für die Zukunft sein Wohlwollen zu sichern. Toby ist einfach super, also danke für all die harte Arbeit, die Mühe und Hingabe, die du über die Jahre in so viele Bücher von mir gesteckt hast! Du hast die Geduld eines Heiligen.

Dank auch an meine Verleger und das gesamte Team bei John Blake /Bonnier. Wir kennen uns seit 2003, als der unermüdliche John Blake mir den Auftrag für das Buch Talking with Serial Killers gab. Es war das erste True-Crime-Buch, in dem es dem Autor erlaubt war, die Mörder umfangreich zu Wort kommen zu lassen. Es basierte auf vielen meiner einzigartigen aufgezeichneten Interviews, die ich in den Jahren zuvor mit Psychopathen geführt hatte und die später im Fernsehen gezeigt wurden. Diese Gespräche waren nicht unumstritten. Das Manuskript hatte ich zu derselben Zeit sowohl dem Verlag Virgin als auch John Blake angeboten. Von Virgin – bei denen ich bereits veröffentlicht hatte – erhielt ich umgehend eine Absage mit der Begründung, der Inhalt könne ihre eher ältere Leserschaft irritieren. Doch John griff sofort zu. Am nächsten Tag meldeten sich die Verantwortlichen von Virgin noch einmal bei mir und sagten, sie hätten ihre Meinung geändert. Tja, das Manuskript war bereits verkauft. Und seitdem bin ich John Blake treu geblieben.

An dieser Stelle möchte ich auch meinen Mentor erwähnen: Robin Odell, Historiker und Experte für wahre Kriminalfälle, war in der Zeit, als ich mit dem Schreiben begann, bei vielen meiner Bücher Co-Autor. Jedes Mal räumte er mir großzügig ein, als Hauptautor aufzutreten, und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich möchte ebenso Frazer Ashford danken, dem Produzenten der zwölfteiligen TV-Serie The Serial Killers. Auch diese Serie war eine Neuheit im Fernsehen. Ich könnte ein ganzes Buch über die aufregenden Abenteuer, die Versuche und Mühen schreiben, die wir erlitten überstanden haben (eine subtile Korrektur des Autors), und doch sind wir bis heute die dicksten Freunde.

Um die Liste der offiziellen Dankeshymnen zu beenden, möchte ich noch den Medien danken – sowohl den gedruckten Medien als auch dem Fernsehen –, die nicht nur dabei geholfen haben, mein Buch zu bewerben, sondern mich auch zu Auftritten in TV-Dokumentationen eingeladen sowie zahllose Artikel bei mir in Auftrag gegeben haben. Dabei geht es mir weniger um die Werbung für mich, sondern um die durch Unterstützung der Medien erhaltenen Gelegenheiten, Cold Cases aufzuklären oder ähnlich wichtige Aufgaben leisten zu können. Die Namen kann ich nicht im Einzelnen aufzählen, aber alle wissen, wen ich meine. Danke.

Was die Exekutivorgane angeht, muss ich sagen, dass die US-amerikanischen Polizeibehörden sehr entgegenkommend gewesen sind, damit meine ich auch das FBI, den US Marshal Service, das Florida Department of Law Enforcement (FDLE) und viele weitere Organisationen auf Bundesstaat-, County- und lokaler Ebene. Es macht Freude, mit all diesen Menschen zusammenzuarbeiten. Dasselbe gilt für die russische Polizei und die Behörden im Fernen Osten. Leider trifft dies nur auf einige wenige Ausnahmen der eher engstirnigen Exekutive im Vereinigten Königreich zu. Doch, sie arbeiten schon mit einem zusammen, aber nur, wenn sie auch etwas davon haben, und dann profitieren auch beide Seiten davon. Aber sie haben bis heute nicht begriffen, dass die Arbeit, die einige von uns Autorinnen und Autoren leisten, für ihre Ermittlungen eine wertvolle Hilfe sein kann.

Mein persönlicher Dank richtet sich vor allem an Maui, meine Partnerin von den Philippinen. Hintergründe zu Verbrechen zu recherchieren und ein Manuskript zu schreiben, führt manchmal dazu, dass man in eine dunkle Welt abgleitet. Doch sie hat zum Glück Licht in mein Leben gebracht. Beim Lesen dieses Buches werden Sie feststellen, dass ich die Philippiner und Philippinerinnen und ihr Land liebe. Ebenso liegt mir auch das russische Volk sehr am Herzen. Mir scheint, dass wir Leute im Westen heute viel zu materialistisch geworden sind, und immer, wenn ich auf den Philippinen bin, komme ich mit einem Ruck wieder auf den Boden zurück. Es ist ein glückliches, stets lächelndes Volk, selbst angesichts der Not, unter der die Armen leiden. Maui und ich versuchen immer, wenn wir dort sind, zu helfen. Wenn wir illegale Siedler dabei unterstützen, ihre durch Feuer zerstörten Häuser – wie bei den letzten beiden Bränden in Lapu-Lapu City geschehen – wiederaufzubauen, Elektrizität zu bekommen, Lampen und einen Ventilator, damit sie nicht so sehr unter der immensen Hitze im Sommer zu leiden haben, oder uns darum kümmern, dass die Kinder Schuluniformen und Bücher haben, dann sind das meine kleinen Gesten, um Danke zu sagen. Wie Sie sehen, wird also ein Teil der Einnahmen aus meinen Büchern, die Sie kaufen, für einen wohltätigen Zweck verwendet.

Ich denke immer an Claire und meinen Sohn Jack. Außerdem danke ich auch all meinen Freunden auf Facebook: Clive, Jon, meinem Co-Autor bei anderen Themen, BitCoin Pete, Gary Roberts. Boris, Steve, Karl, Jay. Der supertollen Hollie. Wayne und ihrer Frau Sherri. Jennie aka »The Admiral’s Car Crash Magnet«. Paul »Dinger« Bell. Meiner Schwester Lizzie und ihrem Mann Jim, Laura-Dee und meinen Neffen, aber auch der unglaublichen ehemaligen »Miss World« Ann Sidney. Victoria Redstall, Yang Lu, Denis Claivaz, Linda Newcombe, Immy Jj und ihrem Göttergatten Steve. Wilf, Robert Pothecary, Christopher Grist Marlow und Riki Read. Last, but not least meinem lieben Freund Martin, dem »Meisterkoch«, Pastor Chris Richardson und Father John Maunder.

Dank an die gesamte Hotel- und Reisebranche – und nein, ich werde nicht gesponsert. Cathay Pacific, Oman Airlines oder Philippine Airlines möchte ich dringend empfehlen. Sollten Sie mal auf dem Weg zum Ninoy Aquino Airport in Manila sein, bietet sich der International Airport in Oman als toller Zwischenstopp an.

Sollten Sie die Philippinen besuchen, rate ich Ihnen, mit einem Makati, einem sehr günstigen Taxi, zum »Oxford Suites Hotel« in der Burgos Street zu fahren und sich dort ein Zimmer zu nehmen. Eine gute Unterkunft und für den wirklich freundlichen Service zahlt man einen sehr vernünftigen Preis. Sollten Sie nach Cebu City reisen, checken Sie im »Park Lane International« ein. Ebenfalls erstklassig, günstig und mit dem besten Buffet, das man auf dieser Erde finden kann. Dann sollten Sie Palawan und El Nido besuchen. Ganz in der Nähe des Flughafens, der von der empfehlenswerten Fluggesellschaft Swiftair angeflogen wird, befindet sich das großartige Resort »Casa Kalwa«, dort gibt es Strände mit strahlend weißem Sand und sich im Wind wiegenden Kokosnusspalmen. Die Angestellten von »Casa Kalwa« erfüllen Ihnen in Ihrem Urlaub jeden Wunsch, wenn auch zu einem nicht ganz günstigen Preis.

Reiserouten und Dankesreden sind jetzt abgehakt und zu den Akten gelegt. Da bleibt mir nur noch, Ihnen für den Kauf dieses Buches zu danken. Doch jetzt ist es an der Zeit, ordentlich Blut an den Wänden zu verteilen und uns auf die Reise zu begeben zu einem »schnöden, unerhörten Mord«*, wie Shakespeare sagen würde.

 

Ihnen eine gute Zeit

Christopher Berry-Dee

* Abgesehen von diesem Zitat aus Shakespeares Hamlet, das hier in der Übersetzung August Wilhelm Schlegels wiedergegeben wird, wurden sämtliche Zitate von der Übersetzerin eigens für dieses Buch aus dem Englischen übertragen.

Vorwort

»Die Pforten der Hölle sind schrecklich anzuschauen, nicht wahr?«

E. A. Bucchianeri, Autor von Faust, My Soul Be Damned for the World

»Ich bin nicht blöd. Ich bin nicht blöd, wissen Sie. Die Polizei behauptet, was ich getan hätte, sei kriminell. Die Ärzte sagen, dass gewisse Teile meines Geistes eine Gefahr darstellen … geben Sie mir also mein echtes Gehirn zurück, reichen Sie mir meine Intelligenz, denn Sie alle rauben mir den Glauben an alles.«

Peter Sutcliffe, der »Yorkshire Ripper«, im persönlichen Gespräch mit dem Autor im Broadmoor Hospital

Hallo, liebe Leserinnen und Leser. Ich hoffe, Sie erfreuen sich alle bester Gesundheit, sind fit, bewegen sich geschmeidig und sind geistig zurechnungsfähig. Letzteres werden Sie vielleicht nicht mehr sein, wenn Sie auf der letzten Seite angekommen sind, denn dieses Buch muss ich mit einer »Gesundheitswarnung« versehen. Lesen Sie nicht weiter, wenn Sie zartbesaitet sind oder gerade etwas essen wollen. Fragen Sie sich bitte, wie das Leben aussehen würde ohne Moral und ohne Seele. Wie lebt es sich ohne Mitgefühl, ohne den Hauch von Mitleid oder irgendeiner Emotion gegenüber seinen Mitmenschen?

Wie fühlt es sich an, ein mordender, sadistischer Psychopath zu sein? Sich in einer eskalierenden Spirale von Gewalt zu befinden, die psychische Veranlagung zu haben, anderen unsagbare Schmerzen zuzufügen, Unschuldige zu quälen und ihnen schreckliches Leid anzutun? Babys, Kleinkinder, Ältere, Schwache, Verletzliche – sie alle sind eine leichte Beute. Im Gegensatz zu der Mehrheit von uns, die ein Gewissen hat, befindet sich nur ein finsteres schwarzes Loch im Kopf der Psychopathen, die aufgrund von sadistischen, sexuellen Antrieben aus Spaß töten, und zwar reihenweise.

Serienmörder sind genau das Gegenteil von rechtschaffenen und ehrenwerten Menschen: Sie sind feig, willensschwach, verdorben, bösartig, sexuell unbefriedigt und haben keinen moralischen Kompass. Unterbewusst streben sie nach Rache für ein subjektiv empfundenes Unrecht und den Kummer, den die Gesellschaft ihnen verursacht. Besonders schlimm ist, dass viele dieser geistig gestörten Ungeheuer besessen sind von festgelegten Vorgehensweisen und finsteren Plänen, um immer wieder zu töten.

Meiner Ansicht nach sind sie weit mehr als nur böse, doch gleichzeitig faszinieren sie so viele von uns.

Ich habe eine abgenutzte Ausgabe von When I Was at Scotland Yard von Chief Inspector James Berrett vom Criminal Investigation Department von New Scotland Yard, das 1932 veröffentlicht wurde, immer in meiner Nähe. Sein Vorwort beginnt folgendermaßen:

»Verbrechen sind von öffentlichem Interesse. So war es schon immer und so wird es immer sein. Die Tat an sich repräsentiert für Millionen von gewöhnlichen Menschen das Ungewöhnliche, das sie abstößt, aber gleichzeitig auch fasziniert. Sie lesen und hören gern von solchen Fällen.«

Was vor langer Zeit von einem angesehenen und vielfach ausgezeichneten Polizeibeamten mit langer Berufserfahrung aufgeschrieben wurde, trifft bis heute zu. James Berrett beendet dazu noch sein Vorwort mit den Worten: »Lassen Sie sich nun von mir amüsieren.« Lassen Sie sich also nun von mir »amüsieren«. Doch zunächst möchte ich Ihnen ein Geständnis machen, das hoffentlich die Daseinsberechtigung dieses Buches erklärt.

 

Zum Thema Serienmörder und ihre Verbrechen existieren zahllose Bücher, Zeitschriften, Fachzeitschriften, Zeitungen, Artikel, Handbücher, Einträge bei Wikipedia und auf anderen Websites, Fernsehdokumentationen sowie Filme. Die Welt wird tatsächlich von diesem Zeug überschwemmt, und häufig behandeln mindestens 20 oder 30 Veröffentlichungen verschiedener Genres denselben Täter und seine Verbrechen, und daran ist ja auch nichts auszusetzen. Da Serientäter relativ dünn gesät sind, ist es kein Wunder, dass den Autoren von True-Crime-Geschichten häufig vorgeworfen wird, immer wieder dieselben Sachen aufzuwärmen. Dazu kann jeder seine eigene Meinung haben, und natürlich stimmt es auch. Wir Autoren müssen die Meinung unserer Kritiker respektieren, doch möchte ich darum bitten, eine fundierte, sachliche Kritik vorzubringen und keine hysterische Tirade von jemandem, der sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigt hat. Schon gar nicht von jemandem, der noch nie in seinem Leben einen Serienmörder getroffen, geschweige denn über das Thema mehr als 37 Bücher geschrieben hat, wie ich es in den letzten Jahrzehnten getan habe.

Auf der anderen Seite beschert uns Autoren diese Tatsache den Vorteil, dass wir jeden beliebigen Fall aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln behandeln können, was zusammengenommen eine umfassende Sammlung von kriminologischem Wissen ergibt und eine genauere Untersuchung, gerade wenn unerwartet neue Erkenntnisse ans Licht kommen.

Beispielsweise spreche ich in diesem Buch unter anderem über Peter Kürten. Und sein Fall gehört wirklich zu den am häufigsten besprochenen und am umfassendsten beschriebenen. Bevor Sie nun zu Ihrem Stift greifen und einen Brief mit der Überschrift »Altbekanntes« versehen, möchte ich Ihnen versichern, dass es hier nicht darum geht, alte Erkenntnisse wieder hervorzuholen oder »aufzuwärmen«. Vielmehr versuche ich, in die Köpfe dieser Mörder zu blicken – und das sind keine angenehmen Orte.

 

Um zu versuchen, gemeingefährliche Psychopathen zu verstehen, sie zu studieren, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, sie zu befragen und zu vernehmen, muss man wie sie denken, damit sie sich mit einem identifizieren können. Es nützt herzlich wenig, sich an den Rand des Abgrundes zu setzen und hineinzublicken. Man muss den Sprung wagen und sich auf ihre sonderbaren Gedankengänge einlassen – nur dann identifizieren sie sich mit einem und es klappt mit ihnen. Dieser Vorgang ist aber kein Zuckerschlecken, denn sie befinden sich in einer kranken, stinkenden, höllischen Unterwelt, an einem Ort, den sogar die Toten fürchten.

Wenn man diese gefährlichen Verbrecher interviewt, mustern sie einen häufig völlig ungerührt. Sie schnuppern und nehmen den Geruch von Angst und Schwäche wahr, den man ausströmt. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sich die Tentakel ihrer bösen Gedanken einen Weg in meinen Kopf bahnten. Es ist so, als würden sie einen wie eine Eidechse mit ihrer Zunge erforschen, und sollte man sie verärgern, dann spürt man meist ihren Hass auf alles, für das man steht, auf sich wie die Luft, die einem aus einem heißen Ofen entgegenschlägt.

Fängt man es ungeschickt an, drückt man die falschen Knöpfe, dann ticken diese Mörder aus. Sie können jemandem den Kopf abreißen. Hat man mit diesen extrem unvorhersehbaren Menschen enger und direkt zu tun, ist der eigene Tod manchmal nur einen Herzschlag weit entfernt.

Das war schon häufig der Fall, wenn ich mich mit diesen Mördern, die weder Fesseln noch Handschellen tragen, in einem engen Raum befunden habe. Hätten sie einen Wutanfall gehabt, wäre ich schneller tot gewesen, als die Wärter die Tür hätten aufschließen und mich herausholen können. Und für sie selbst wäre es nur eine Möglichkeit, sich zu profilieren, wenn jemand »gerettet« werden müsste, denn an ihrer lebenslangen Haft würde sich dadurch ja nichts ändern. Daher geht es am Ende nur um das instinktive »Gleichgewicht der psychischen Kräfte«. Während das Gegenüber einen von Kopf bis Fuß taxiert, betrachtet man seinen Gesprächspartner ebenfalls genau, und da sich die Täter hinsichtlich ihrer psychischen Störung jeweils unterscheiden, ist auch jedes Mal das Spielchen, das sie spielen, beziehungsweise die Interaktion mit ihnen verschieden.

Viele der von mir interviewten Mörder prahlen mit ihren Taten, sie zeigen Schadenfreude, grinsen, kichern und lachen, während sie mir ihre Verbrechen in jeder Einzelheit schildern. Sie suhlen sich in ihrem schlechten Ruf. Baden darin. Andere Psychopathen starren einen an, knurren und warnen einen mit ihren Blicken, dass sie sich nicht »verarschen« lassen, wenn man ihnen allein gegenübersitzt. Sie versuchen, im Gespräch die Kontrolle zu übernehmen. Sie schüchtern ein, bedrohen und bedrängen.

Doch das alles hat mich nie beeindruckt, denn im Grunde sind sie in ihrem Innersten schwache, erbärmliche, kleine Menschen und Feiglinge. Der Trick besteht darin, sie einfach ebenfalls ausdruckslos anzuschauen und zu sagen: »Na und, was jetzt?«, während man denkt, was für ein Arschloch da doch sitzt. Nach einer Weile haben sie es dann verstanden. Sie sehen ein, dass alles, was sie während des Gesprächs tun und sagen, einen nicht beeindruckt. Sie bilden sich ein, die Kontrolle zu haben, aber es ist nicht daran zu rütteln, dass man selbst am längeren Hebel sitzt. Sie bleiben hinter Gittern, während man jederzeit hinausmarschieren kann. Sie essen miesen Gefängnisfraß, während man selbst in ein schickes Res­taurant gehen und sich ein kühles Bier bestellen kann. Ihr nächster Urlaub besteht aus einer Stunde Hofgang, während man zu weißen Stränden, blauem Meer und Palmen reisen kann, die sich im Wind wiegen (auf den Philippinen natürlich!).

 

Genau darum geht es in diesem Buch. Ich werde versuchen, Sie mit in die Köpfe einiger dieser psychisch gestörten Menschen zu nehmen, um Ihnen zu zeigen, wie sie ticken. Es ist der Versuch, deutlich zu machen, wie sie das geworden sind, was sie sind. Wenn Sie einer von ihnen wären, wie würde Ihr Gehirn funktionieren? Welche Mordgelüste brächten Ihnen Befriedigung? Und was würde Sie wieder beruhigen, wenn die Taten vollendet wären? Stellen Sie sich also darauf ein, dass das Folgende Sie schockieren, aber auch hin und wieder amüsieren wird.

»Tut mir leid, dass ich seit einem Monat nicht mehr geschrieben habe. Ich bin sehr beschäftigt, im Fernsehen läuft viel Fußball … Stress? Ach, du Scheiße! Der Stress findet in meinem Kopf statt, ich weiß, wo der VERDAMMTE STRESS sitzt. Er nagt da oben an mir, verdammt noch mal! Die Ärztin sagt, dass mit meinem Scheißkopf alles in Ordnung ist. VERDAMMTE QUACKSALBER-F****!«

Der einbeinige Mörder und Kidnapper Michael Sams (ungefesselt), der kurz davor ist, die Beherrschung während eines Gespräches mit dem Autor zu verlieren, im Gefängnis Full Sutton

Dieses Buch nimmt die Leser mitten in der Nacht mit auf die Straße der Mörder – zu diesen dunklen, einsamen Kreuzungen, wo sich die blutgetränkten Tatorte befinden. Es geht darum, die Persönlichkeiten der Unschuldigen kennenzulernen, die nun kalt in ihren verfallenden Gräbern liegen. Es geht um menschliche Bestien, die festgenommen, verhört, von einem Gericht verurteilt und später dann auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet, auf einer Liege festgeschnallt und mit Medikamenten getötet wurden oder sogar mit einer Schlinge um den Hals durch eine Falltür gestürzt sind.

Nachdem ich mit über 30 dieser gestörten Mörder Gespräche geführt habe, möchte ich Sie noch näher als jemals zuvor an die Pforten der Hölle führen – die sehr weit entfernt vom Himmelstor liegen. Meine Interview­partner haben andere stranguliert, erwürgt, erstochen, zu Tode geprügelt, bei lebendigem Leibe verbrannt, erschossen, ihnen Injektionen mit ätzenden Flüssigkeiten verpasst und sich alle möglichen anderen perversen Todesarten ausgedacht. Deshalb ist dieses Buch nichts für zarte Gemüter. Es eignet sich leider nicht als gemütliche Bettlektüre, denn ich werde Ihnen die Gedanken dieser Menschen aufzeigen, die allein durch das Böse aufblühen.

Ich werde mich nicht für meine Sprache entschuldigen, und wie die Leser, die mich schon kennen, wissen, mache ich einen großen Bogen um jeglichen »professionellen Psychosprech«, wie ihn die Seelenklempner nutzen, die sich jahrelang an irgendeiner Universität in ihren Tweedjacketts, Flanell-Bundfaltenhosen und abgelatschten Budapestern mit Kriminologie befassen und darüber dozieren, was in solchen Menschen vorgeht, ohne auch nur in die Nähe eines Verbrechers gekommen zu sein.

Ich sage deutlich, wie es ist. Ich spreche im Namen der Opfer, die in den Händen der unberechenbaren Ungeheuer leiden mussten. Ich spreche für die Hinterbliebenen, die einen geliebten Menschen verloren haben. Ich spreche für die Polizisten, die die fürchterliche Schweinerei aufräumen müssen, die diese Serienmörder hinterlassen … die bedauernswerten verstümmelten Opfer, die sie wie Abfall weggeworfen haben.

Wenn Sie nicht mit meinen Ansichten übereinstimmen, dann gehören Sie vielleicht zu den wenigen Personen, die einem Sexmonster vergeben können, das Ihre Frau, Ihre Partnerin oder Ihr Kind auf der Straße aufgegriffen, benutzt, missbraucht und dann getötet und achtlos in den Straßengraben geworfen hat, wo die Opfer dann in der Kälte verwesen. Eines Tages kommen Sie womöglich über Ihren Kummer hinweg oder beten sogar für die Seele dieses Tieres, aber dann sind Sie wirklich die Ausnahme. Denn die meisten von uns würden diese Menschen gern so schnell wie möglich in einen Sarg packen.

So, nun ist es so weit. Ich werde Sie behutsam an den Abgrund führen und Sie hinabstoßen, damit Sie diese Psychopathen kennenlernen können. Doch zuerst machen wir uns zu den tropischen Gefilden der Philippinen auf.

Einleitung

»Dem Alltag entfliehen und still an einem Strand sitzen – so stelle ich mir das Paradies vor.«

Emilie Wickstead, Modedesignerin aus Neuseeland

Jeder Entwurf, jedes Buch, jedes Gemälde, jedes Gedicht und fast alles, was wir im Leben tun, beginnt mit einer »Leerstelle«. Da ist auch dieses Buch keine Ausnahme. Gerade sitze ich auf einer Liege mit einem doppelten eiskalten Gin Tonic und einer fetten Zigarre in der Hand auf der sonnigen Terrasse meines Lieblingshotels auf den Philippinen.

Die Sonne ist so heiß, dass der schneeweiße feine Sand einem sogar unter den Schatten spendenden Kokosnusspalmen die Fußsohlen verbrennt. Das hier ist das Paradies und weit von dem hektischen Manila entfernt. Und dennoch laufen überall bewaffnete Polizisten herum. Dieses Grundstück wird von mehr als 70 freundlichen Beamten 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr bewacht … einige Hundert Meter vom Ufer entfernt schaukelt ein Polizeiboot gemächlich auf der ruhigen Sulu Sea. Eine sanfte Brandung schickt Billionen von diamantenen Sprenkeln in die Luft, während die Sonne es sich hinter den zahllosen Kalksteininseln und Klippen bequem macht. Fische tummeln sich zwischen den Korallenriffen und in versteckten Lagunen. Palawan ist das Paradies auf Erden.

»Vergessen Sie die Gesetze bezüglich der Menschenrechte. Falls ich in den Präsidentenpalast einziehe, werde ich genau das tun, was ich schon als Bürgermeister getan habe. Ihr Drogenhändler, Räuber und Tunichtgute, ihr verschwindet lieber. Denn ich werde euch töten. Ich werfe euch in Manila Bay den Fischen zum Fraß vor.«

Aus einer Rede an die Drogenbosse von Rodrigo Duterte während seiner Wahlkampagne für die Präsidentschaft im Jahr 2016

Rodrigo »Rody« Roa Duterte, von 2016 bis 2022 Präsident der Philippinen, steht zu seinen Worten. Mörder, Drogendealer und ähnliche Kriminelle haben eine in der Tat kurze Galgenfrist.

 

Und Ausländer, die im Fernen Osten und Südostasien Verbrechen begehen, brauchen nicht zu glauben, dass sie davonkommen, nur weil sie Westler sind …

»Scheiß drauf, um eine Begnadigung zu bitten. Sie werden mich nicht aufknüpfen, weil ich Brite bin.«

Britischer Serienmörder John Martin Scripps im Gespräch mit dem Autor im Changi-Gefängnis, Singapur, einige Tage bevor er gehängt wurde

John Martin Scripps, der »Tourist aus der Hölle«, wurde im Vereinigten Königreich geboren. Seinen Fall habe ich ausführlich in meinem Buch Talking with Serial Killers geschildert. Im Alter von 36 Jahren wurde der Serienmörder und Drogendealer, dessen Motivation Geldgier war, am Freitag, den 19. April 1996, in Singapur gehängt. Neben ihm wurden zwei thailändische Verbrecher exekutiert. Ich konnte der Exekution und seiner Kremierung beiwohnen. Er weigerte sich, vor der Hinrichtung gewogen zu werden, und dieser Fehler auf seiner Seite hatte zur Folge, dass ihm der Kopf fast abgerissen wurde, als die Falltür aufging.

Natürlich wusste Scripps sehr gut, dass er nicht nur für die Drogenvergehen und das brutale Zerstückeln des südafrikanischen Geschäftsmannes Gerald Lowe im »River View Hotel« in Singapur aufgehängt werden konnte. Er hätte auch erschossen werden können für den Mord an Sheila und Darin Damude, Mutter und Sohn, im thailändischen Phuket. Und doch hatte dieser gut aussehende junge Brite stets einen blasierten, gelangweilten Ausdruck auf seinem Gesicht.

Wenn Sie mich fragen, hat er das bekommen, was er verdient hat. Denn Scripps hatte zuvor noch weitere Menschen in anderen Ländern umgebracht. Superintendent Gerald Lim, der die Ermittlungen leitete, sagte dazu: »Überall in Singapur wird davor gewarnt, das Gesetz zu brechen, mit Drogen zu handeln oder Tötungsdelikte zu begehen. Wir werden die Täter exekutieren, ungeachtet des Alters, Geschlechts, der Abstammung, Religionszugehörigkeit oder Überzeugung!«

Im Prinzip hat Scripps Selbstmord verübt, nur haben die Behörden aus Singapur ihm dafür das Seil geliefert.

Im Vereinigten Königreich nehmen wir eine etwas »nachsichtigere« Haltung gegenüber denjenigen ein, die reihenweise Menschen umbringen. In unseren modernen Gefängnissen genießen sie alle Annehmlichkeiten: gutes Essen, Gesundheitsversorgung, Fernsehen und Internet sowie kostenlos illegale Drogen, von denen unser Gefängnissystem überschwemmt ist. Und dennoch schimpfen, stöhnen und beschweren sich die Insassen.

Zum Beispiel Joanne Dennehy. Um sie ging es in meinem Buch A Love of Blood. Innerhalb weniger Tage erstach dieses Scheusal drei Männer, die Taten kann man nur als Blutbäder bezeichnen. Weil sie nach dieser Orgie immer noch nicht zufrieden war, erstach sie zwei weitere Männer am helllichten Tag. Auf ihre Opfer stieß sie zufällig, es waren Leute, die ihre Hunde Gassi führten. Einer der Männer wies über 40 Stichwunden auf. Er überlebte zwar, starb aber einige Jahre später. Und wo ist Dennehy nun?

Miss Dennehy genießt alle Vorzüge des privat geführten Gefängnisses Bronzefield. Seit ihrer Inhaftierung verübte sie zwei Fluchtversuche, einen Mordversuch an einem weiblichen Mithäftling und plante, einem Vollzugsbeamten einen Finger abzuschneiden. Sie war monatelang in Einzelhaft, weswegen sie die Regierung vor dem High Court of Justice wegen Verstoßes gegen die europäische Menschenrechtskonvention verklagte – auf Kosten der Steuerzahler. Im November 2018 beantragte sie die Zahlung von 7000 britischen Pfund für einen Rechtsbeistand, um ihre Freundin, ebenfalls eine Insassin, zu heiraten – wiederum Steuergelder.

Besser könnte man sich das nicht ausdenken! Bitte melden Sie sich, wenn Sie Geld für die Hochzeitstorte und die Kleider spenden möchten.

»Die Gesellschaft etabliert Gesetze, denen wir zu folgen haben und in deren Rahmen wir leben müssen. Tun wir das nicht, sind Recht und Ordnung in Gefahr.

Wenn Sie nicht an einem Stoppschild halten oder die Geschwindigkeitsbegrenzung überschreiten, müssen Sie mit einer Geldstrafe rechnen. Töten Sie jemanden, müssen Sie davon ausgehen, hingerichtet zu werden. Wenn Sie diese Regeln nicht beachten, kann die Strafe streng ausfallen. Das sind Entscheidungen, die jedes Individuum trifft, nicht ich!«

Seine Ehren Thomas M. Stark (1925–2014), Richter des Bundesstaates New York, im persönlichen Gespräch mit dem Autor im September 1974

Christopher Berry-Dee

Southsea, Hampshire, Vereinigtes Königreich; El Nido, Palawan, Philippinen

1. Was ist ein Serienmörder?

»Ich glaube, die einzige Art, Menschen zu verbessern, besteht darin, sie zu töten.«

Carl Panzram, US-amerikanischer Serienmörder, Vergewaltiger, Brandstifter, Räuber und Einbrecher (1882–1930)

Immer wieder lese ich Bücher oder andere Quellen, in denen Serienmörder fälschlicherweise als Massenmörder bezeichnet werden oder umgekehrt. Doch beides unterscheidet sich wie Tag und Nacht.

Collins English Dictionary definiert »Serie« als »eine Gruppe oder miteinander verbundene Abfolge von ähnlichen oder vergleichbaren Dingen, die normalerweise in einer Reihenfolge angeordnet sind«. Wohingegen »Masse« bezogen auf Morde bedeutet, dass jemand viele Menschen tötet.

Obwohl die meisten von Ihnen wissen, was ein Serienmörder ist, möchte ich daran erinnern, dass eine solche Person offiziell definiert wird als ein Straftäter, der drei oder mehr Opfer getötet hat, wobei dazwischen eine gewisse Zeit vergeht, manchmal Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre.

Ein Massenmörder bringt seine Opfer in großer Anzahl an einem einzigen Ort um, wie es bei Ronald »Butch« DeFeo Jr. der Fall war. In der Nacht vom 13. auf den 14. November 1974 erschoss der 23-Jährige seine ganze Familie mit einem Jagdgewehr, während alle sechs Familienmitglieder in ihrem Haus in der 112 Ocean Avenue, Amityville, Long Island, New York, schliefen. Wenn ein Massenmörder zuschlägt, gibt es keine »Feuerpause« oder eine »Ruhephase«, denn er handelt, ohne sein Tun zu unterbrechen.

Am Mittwoch, den 17. Juni 2015, bewaffnete sich Dylann Storm Roof, ein 22-jähriger rechtsextremer Terrorist mit weichen Gesichtszügen, mit einer Glock und erschoss neun Gläubige während eines Gottesdienstes in der Emanuel African Methodist Episcopal Church in Charleston, South Carolina.

Ein Amokläufer ist wiederum ganz etwas anderes. Nach der Definition des US Bureau of Justice Statistics handelt es sich dabei um eine Einzelperson, die zwei oder mehr Opfer binnen kurzer Zeit an unterschiedlichen Orten und mit wenig zeitlichem Abstand tötet. Michael Robert Ryan erschoss, bewaffnet bis zu den Zähnen, in dem verschlafenen Städtchen Hungerford in Bergshire 16 Menschen und verletzte ungefähr 15 weitere. Danach verbarrikadierte er sich in einer Schule und nahm sich am Mittwoch, den 19. August 1987, das Leben. Bei seinem Amoklauf setzte er eine Beretta, ein 56er halbautomatisches Gewehr und einen M1-Karabiner ein.

Ein Beispiel für die Zusammenarbeit zweier Amokläufer wären John Allen Muhammad (41 Jahre alt) und Lee John Boyd Malvo (17 Jahre alt). Über einen Zeitraum von drei Wochen erschossen sie im Oktober 2002 zehn Menschen in Baton Rouge, Louisiana, Maryland, Virginia und Washington, D. C. Dazu nutzten sie hauptsächlich ein Bushmaster-Jagdgewehr. Die Medien nannten diese Morde die »DC Beltway Sniper Shootings«. Muhammads Todesurteil wurde am Dienstag, den 10. November 2009, im Greensville Correctional Center, Virginia, mithilfe einer Giftspritze vollstreckt.

Es gibt also deutliche Unterschiede zwischen Serien- und Massenmördern sowie Amokläufern. Doch eine Sache haben sie alle gemein. Sie nehmen das Leben vieler Menschen und schlagen in allen Fällen ohne Vorwarnung zu. In dieser Hinsicht vergleiche ich sie gern mit Exocet-Seezielflugkörpern. Sie fliegen unter dem Radar und verbreiten unterschiedslos Tod und Zerstörung.

Massenmörder und Amokläufer werden meist von politischem, religiösem oder persönlichem Hass angetrieben. Hingegen töten sexuell motivierte Serientäter aufgrund ihres Bedürfnisses nach sexueller Befriedigung und Entmenschlichung ihrer Opfer – koste es, was es wolle. In diesem Buch wird es nicht um die Motivation von Massenmördern und Amokläufern gehen, hier konzentrieren wir uns auf Sadisten und Sexualstraftäter, die eine ganz eigene Gruppe bilden.

Innerhalb der Gruppe der Serienmörder lassen sich unterschiedliche Kategorien differenzieren: Wir beschäftigen uns hier jedoch nur mit zweien, dem Typus »organisiert« und »unorganisiert«. Im Folgenden werde ich Beispiele für beide Ausprägungen vorstellen.

 

Ein organisierter Serienmörder plant seine Verbrechen oftmals sehr genau. Zunächst wählt er sich sein Opfer sorgfältig aus, zum Beispiel aufgrund des Äußeren – etwa blonde Frauen oder rothaarige Männer. Auch das Alter kann eine Rolle spielen: ein Kind, ein junger Mann oder eine ältere Person. Das Opfer kann eine Prostituierte sein, eine Person, die alleine im Dunkeln spazieren geht, ein Schwuler, eine lesbische Frau, ein junger Mann oder eine Jugendliche …

Meist ist die Motivation für die Tat sexueller Natur, denn Serienmörder fühlen sich bewusst oder unbewusst erregt, wenn sie ihren Opfertyp sehen. Danach folgt die »Stalking-Phase«, in der die Erregung des Täters wächst und sich zu einem immer stärkeren sexuellen Bedürfnis steigert. Ich stimme einigen führenden Psychologen und Psychiatern zu, die behaupten, dass Täter mehr Befriedigung aus der Verfolgung und der heimlichen Beobachtung ziehen als aus dem Mord an sich.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Untersuchung des Modus Operandi eines organisierten Serienmörders ist sein »Werkzeugkasten«. Zu Beginn ist der Täter noch ein »Neuling«. Doch mit jeder Tat lernt er, welche »Werkzeuge« am besten funktionieren. Vielleicht nutzt er ein Kleidungsstück, eine Wäscheleine oder Handschellen, um das Opfer zu fesseln. Einige der Mörder, mit denen ich Gespräche geführt habe, legten eine Plastikfolie in ihrem Wagen aus, um den Rücksitz oder den Kofferraum vor Blut, Erbrochenem, Urin oder Exkrementen zu schützen. Die schlimmsten Morde sind nicht so, wie sie im Fernsehen gezeigt werden – sie können wirklich furchtbar sein.

Die meisten organisierten Täter nutzen wie die unorganisierten übrigens auch immer dieselbe Methode, um das Leben ihres Opfers zu beenden. Dabei wählen sie die Methode, die ihnen am meisten Befriedigung bereitet. Einige verwenden Schusswaffen, Hammer, Messer oder Würgeeisen, während andere ihrem Opfer gern nahekommen und es mit bloßen Händen oder einem Strick erdrosseln.

»Sie waren eigentlich schon tot, als ich sie gesehen habe.«

Michael Bruce Ross über seine Opfer. Gefilmtes Gespräch in der Todeszelle mit dem Autor, Osborn-Gefängnis, Somers, Connecticut, Montag, 26. September 1994

Obgleich er ein unorganisierter Sexualstraftäter und Psychopath war, mordete Michael Bruce Ross mit seinen Händen. Mir gegenüber gestand er in einem gefilmten Interview, dass er nur ejakulieren konnte, wenn er dabei zusah, wie »das Licht des Lebens aus ihren Augen wich«. Um dieses Erlebnis in die Länge zu ziehen und sich noch stärker zu erregen, würgte Ross einen Teil seiner jungen weiblichen Opfer und lockerte dann seinen Griff, um zuzusehen, wie sie sich wanden, stöhnten, weinten, um Gnade flehten, nur um bald wieder fester zuzudrücken. Das wiederholte er mehrere Male hintereinander. Einmal prahlte er mir gegenüber sogar damit, dass er Krämpfe in den Händen bekommen habe und hin und wieder seine Finger ausschütteln musste. Seine Opfer hatten dementsprechend viele Würgemale am Hals, was ihn dazu veranlasste, mir kichernd zu berichten: »Na ja, der Gerichtsmediziner konnte sich die ganzen Quetschungen nicht erklären, und das hat mir irgendwie noch einen Kick gegeben.«

 

Ein unorganisierter Mörder trifft zufällig auf sein Opfer, wie es bei Ross der Fall war. Seinen Werkzeugkoffer hatte er immer dabei, denn er brauchte nichts weiter für den Mord als seine beiden Hände. Ted Bundy gehört ebenfalls zu den unorganisierten Mördern so wie der Sadist Kenneth Allen McDuff aus Texas, Henry Lee Lucas und sein Partner, Ottis Toole, Arthur »Art« John Shawcross (ebenfalls ein Würger) aus dem Bundesstaat New York und Harvey »The Hammer« Louis Carignan, der in den ganzen USA tötete.

Bundy nutzte einen groben Gegenstand wie etwa einen Ast, um seine Opfer zu Tode zu prügeln. Das war auch die Methode von Carignan, der gerne auch einen Wagenheber oder ein Brecheisen verwendete. Während McDuff bei früheren Morden ein Gewehr nahm, setzte er später seine riesigen Pranken und einmal einen Besenstiel ein, um seinem Opfer das Genick zu brechen, oder auch einen Ast, um die Schädel kurz und klein zu schlagen. In meinen Gesprächen mit vielen anderen Serienmördern, darunter Harvey Carignan und Kenneth Bianchi, und auch bei der Erforschung der Vorgehensweise von Peter Sutcliffe und Ted Bundy fiel mir eines auf: Sie alle hassten Frauen leidenschaftlich. Harvey Carignan erzählte mir beispielsweise, dass Frauen immer seine Gedanken manipulierten. So gelang es mir, erstmals das Geständnis von ihm zu erhalten, dass er immer genau diesen Teil der Frauen – ihr Gehirn, ihren Geist – zerstören wollte, der ihn am stärksten drangsalierte. Nachdem er sich mit einer seiner Freundinnen zerstritten hatte, rammte er ihren Kopf gegen einen Laternenpfahl, schlug ihr mit einer eisernen Regentonnen-Abdeckung den Schädel ein und verfütterte sie dann an Schweine.

Er war wohl echt sauer auf sie, scheint mir.

Vermutlich haben Sie die grundsätzliche Unterscheidung bereits verstanden, deshalb lasse ich es dabei bewenden. Allerdings muss ich hier noch anfügen, dass es auch »Mischformen« gibt, also Täter, die hinsichtlich ihres Vorgehens und ihrer Opfer eine Mischung aus dem organisierten und unorganisierten Typ darstellen. Jedoch überlasse ich es jetzt Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin, sich über die Opfer und die Modi Operandi derjenigen Serienmörder näher zu informieren, die Ihr Interesse wecken. So bekommen Sie einen besseren Einblick in die Art, wie diese Ungeheuer funktionieren.

2. Erkennt man Serienmörder?

»Ich bin der kaltblütigste Hurensohn, den Sie sich vorstellen können. Menschen wie ich könnten Ihre Nachbarn sein. Die Gesellschaft gefällt sich in dem Glauben, sie könne gefährliche, schlechte oder bösartige Menschen erkennen, aber das entspricht nicht der Realität. Es gibt hier keine Stereotypen. Wir Serienmörder sind eure Söhne, eure Ehemänner … wir sind überall. Und morgen werden weitere eurer Kinder sterben.«

Theodore »Ted« Robert Bundy

Bevor ich zum Wesentlichen in diesem Buch komme, möchte ich mich noch ein paar Fragen zuwenden, von denen die häufigste lautet: Kann man einen mordenden Psychopathen erkennen, bevor er (diese Täter sind meist männlich) zuschlägt? Oder eine andere oft gestellte Frage: Wie kann man sich vor so jemandem schützen? Nun, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass man einen Psychopathen nicht identifizieren kann, selbst wenn es in manchen Büchern und Artikeln anders dargestellt wird. Manchmal wird behauptet, dass man Mörder anhand von charakteristischen Merkmalen ausmachen könnte, doch das ist unmöglich. Eine solche Person zu erkennen ist ausgeschlossen, wie dieses Buch noch zeigen wird. Ich muss es leider ganz klar und schmerzhaft sagen: Wenn so ein Mörder zur Tat schreitet, gibt es keine Vorwarnung – dannist es bereits zu spät. Und das Schlimme ist: Wenn diese Art Täter Sie ins Visier nimmt, werden Sie nicht das Geringste davon bemerken. Er oder sie beobachtet Sie vielleicht schon seit Tagen oder Wochen und schlägt irgendwann einfach zu.

Sie können jedes Buch darüber lesen, wie Sie man sich vor einem Serienmörder schützt, jede Vorsichtsmaßnahme ergreifen, die Ihnen einfällt, aber letztlich ist es so: Sobald sich ein Serienmörder sein Opfer ausgesucht hat, ist die betroffene Person schon so gut wie tot. Wie ich in diesem Buch zeigen werde, können Sie alle Fenster und Türen fest verschließen, und trotzdem wird ein entschlossener Täter einen Weg finden, Sie zu erwischen. Dieses Buch wird Ihnen viel darüber erklären, wie die Gehirne von Serienmördern funktionieren. Schenken Sie mir nicht leichtfertig Glauben, fragen Sie irgendeinen Beamten der Mordkommission, er wird Ihnen genau das Gleiche sagen.

Und noch eines zum Schluss: Lassen Sie sich nicht täuschen, wenn diese Mörder Krokodilstränen weinen. Sie tun sich nur selbst leid, weil sie in der Klemme stecken. Diese Tränen, und mögen sie auch noch so ehrlich wirken, dienen allein dazu, Ihr Mitleid zu erregen. In Wirklichkeit kümmert es die Täter kein bisschen, welch schlimmes Leid sie verursacht haben. In den Jahrzehnten, in denen ich Serienmörder untersucht und mit ihnen gearbeitet habe, gab es keinen einzigen Vollzugsbeamten, Anwalt oder Richter, mit dem ich korrespondiert, gesprochen oder den ich kennengelernt habe, der mir in diesem Punkt widersprechen würde.

3. Gespräche mit Serienmördern

»Ich glaube weder an den Menschen, Gott oder den Teufel. Ich hasse die ganze verdammte menschliche Spezies, mich selbst eingeschlossen … Ich lauere den Schwachen auf, den Harmlosen und den Ahnungslosen. Diese Lektion habe ich von anderen gelernt: Macht geht vor Recht.«

Gary Ridgway aka der »Green River Killer« (*1949)

Reden wir nicht lange darum herum: Sadistische, sexuell getriebene Serienmörder sind der Abschaum der Menschheit. Sie haben absolut keine Moral, kein Gewissen, kein Herz. Es sind Menschen, die unsere Gesellschaft Tag und Nacht in Schrecken versetzen können. Sie sind eine gesellschaftliche Plage, ihre Zahl und die Grausamkeit ihrer Verbrechen nehmen immer weiter zu. Und wo kann man ihnen begegnen? Im Gefängnis natürlich.

»Chris, wie fühlt es sich an, einen Serienmörder persönlich kennenzulernen, und wie geht es dir damit?« Immer wieder wird mir diese Frage gestellt. Das ist auch nachvollziehbar, und daran schließen sich noch folgende Fragen an:

»Hast du Angst, wenn du mit einem Serienmörder sprichst?« »Schläfst du schlecht, wenn sie dir von ihren furchtbaren Taten erzählen?« »Fällt es dir schwer, persönliche Beziehungen zu normalen Leuten zu pflegen?« »Waren deine Haare schon immer so weiß?« »Schreiben ist doch eine Tätigkeit im Sitzen, hast du schon mal die 5 : 2-Diät ausprobiert?« »Hast du neben dir selbst noch andere Freunde auf Facebook?« »Stimmt es, dass die einzigen Weihnachtskarten, die du bekommst, von den verrückten Psychopathen stammen?«

Dann kommt meist die Bemerkung: »Ich würde ja auch gerne mal mit einem Serienmörder sprechen, aber ich würde mir vor Angst in die Hose machen.«

Auf den nächsten Seiten werden Sie die Antworten auf einige der oben genannten oder andere Fragen erfahren, die Sie mir vielleicht stellen möchten. Zunächst möchte ich klarstellen: Um für die Unversehrtheit seiner eigenen geistigen Gesundheit zu sorgen, ist es wichtig, den Hintergrund der Täter und ihre Geschichte zu kennen. Dieses Wissen ist immer wieder nützlich.

Fangen wir mit den Eltern an, dann Geburtsdaten, prägende Jahre, Schulausbildung, private wie berufliche Beziehungen, Beschäftigung, ihr Vorstrafenregister mit allen Vorfällen, so gering sie auch gewesen sein mögen, Verurteilung(en) und Freiheitsstrafen bis zum aktuellen Zeitpunkt. Man muss alle Details kennen. Hinzu kommt, wie, wo und warum die Täter ihre Straftaten verübt haben – wie sie dabei vorgegangen sind (Modus Operandi), wie sie gelebt haben (Modus Vivendi), welchen Typ Opfer sie bevorzugt haben und ob es Beziehungen zwischen Opfern und Tätern gegeben hat. Außerdem ist wichtig, was diese gewissenlosen Psychopathen erregt und zum Handeln bringt – was bei ihnen den entscheidenden Knopf drückt und was nicht. All das muss man wissen, bevor man anfängt, mit ihnen zu kommunizieren.

Das sind alles Tatsachen und mit Sicherheit keine besondere kriminologische Wissenschaft.

Kurz und gut: Bevor man überhaupt daran denkt, die Täter aufzusuchen, muss man mehr über sie wissen als sie selbst.

Dabei denke ich immer daran, wie es ist, die Passkontrolle im Flughafen Moskau-Scheremetjewo zu passieren, wie ich es häufig getan habe. Wenn diese russischen Beamten Sie ansehen und dabei diesen stoisch-unfreundlichen Gesichtsausdruck haben, danach einen Blick auf Ihren Pass werfen und dann auf ihren Computerbildschirm schauen, wissen sie mehr über Sie als Sie selbst.

Genauso analytisch und skeptisch sollten Sie vorgehen. Versuchen Sie nicht, eine herzensgute Mutter Beimer zu sein, die versucht, zu den Tätern eine tiefe und aufrichtige Freundschaft aufzubauen. Es sind düstere, menschenfeindliche Täter, die lebenslang sitzen oder in der Todeszelle darauf warten, dem Sensenmann zu begegnen. Solche Mörder lassen sich nicht ändern, man kann sie nicht zum Besseren bekehren. Jedem Ausdruck von Gewissensbissen muss man mit Vorsicht begegnen, denn er entstammt reinem Eigeninteresse und soll nur täuschen. Jegliche Reue auf dem Sterbebett wird vermutlich nur durch den Schatten ausgelöst, den die Sense wirft …

Die Welt ist voller wohlmeinender, aber in meinen Augen verblendeter Menschen – Männern wie Frauen –, die ihre Zeit und ihr Geld mental gestörten Personen widmen, deren Strafregister reicher an Kapitalverbrechen ist als eine Einkaufsstraße im Advent an weihnachtlichen Lichtern.

Wir nennen diese verliebten Brieffreunde »Mörder-Groupies«, aber das kann natürlich jeder anders sehen. Doch hallo, lassen Sie uns mal bitte ehrlich sein! Eine Person muss schon wirklich verzweifelt und ziemlich dumm sein, wenn sie stundenlang im Internet recherchiert, um einen psychopathischen Sexualverbrecher als Seelenverwandten zu finden, der mehr Blut vergossen hat, als man braucht, um die Golden Gate Bridge zweimal zu streichen – vielleicht auch nur einmal –, und einen Mehrfachmörder, der plötzlich zu Jesus Christus gefunden hat, weil zufällig alle seine Gnadengesuche abgelehnt worden sind.

Diese Mörder-Groupies gehen mir auf die Nerven und ich habe schon viele von ihnen bei meinen bisherigen Gefängnis-Ausflügen kennengelernt. Ehrlich gesagt möchte ich ihnen ebenso die geistige Gesundheit absprechen wie den Verbrechern selbst. Glauben Sie nicht, man könne diese Menschen verändern, sie davon überzeugen, sie müssten nur »das Licht sehen« und ließen sich dann wieder auf den rechten Pfad der Tugend zurückbringen. Begegnen Sie ihren Unschuldsbeteuerungen oder ihrer Reue mit großer Vorsicht.

So viel dazu. Doch erlauben Sie mir dessen ungeachtet kurz, großherzige Damen davor zu warnen, Briefe an Henry Alexander Davis (Aktennummer des Strafvollzugs Florida 358319), geboren am 25. April 1965, zu schicken. Er ist ein kaltblütiger Mörder und hat im Zuge eines Überfalls Menschen getötet.

Auf einer Website für »einsame Herzen« suchte er nach »potenziellen Freundinnen« und beschrieb sich bescheiden selbst als »Floridas feinste Schokolade« (er ist schwarz).

»Hallo, ich heiße Henry und bin mittlerweile 53 Jahre alt. Ich sitze seit drei Jahrzehnten im Gefängnis, obwohl ich unschuldig bin. Mein Wunsch, unabhängig von diesen politischen Irrungen und Wirrungen neue Freundschaften zu knüpfen, rührt zum einen daher, dass ich die Lüge widerlegen möchte, dass in mir keine Menschlichkeit steckt, und zum anderen daher, dass die Mitglieder meiner Familie und Freunde entweder verstorben sind oder sich zurückgezogen haben.«

 

Er bemüht sich redlich um klare Worte, verliert diesen Kampf aber, indem er fortfährt: »… mein Interesse gilt Jura, Philosophie und Spiritualität. Ich möchte Menschen kennenlernen, die objektiv denkfähig sind, sodass sie durch einen anregenden geistigen Austausch eine sich gegenseitig inspirierende Freundschaft aufbauen können.«

So geht es weiter, bis er schließlich mit einer zurückhaltenden Selbstbeschreibung endet: »Ich möchte Frauen aller Hautfarben kennenlernen. Ich wiege 95 Kilo, bin steinhart *grins*, gesund, mitfühlend, aufrichtig, liebevoll, ehrlich und gut aussehend. Möchten Sie, dass ich Ihnen umgehend antworte, dann schicken Sie mir bitte 150 US-Dollar, weil ich gern Neues kennenlerne.«

Davon gehe ich aus!

Wäre Mr. Davis Bürger des Vereinigten Königreiches, würde er sich eines Verstoßes des Warenkennzeichnungsgesetzes schuldig machen oder zumindest des Vergehens, extrem kreativ mit der Wahrheit umzugehen (wie es die britischen Fahrpläne auch gern tun). Denn »Floridas feinste Schokolade« preist seine Vorzüge aus einem Hochsicherheitsgefängnis heraus an.

Darüber hinaus wurde er zu zweimal »lebenslänglich« verurteilt, einmal aufgrund der Nutzung einer Handfeuerwaffe, während er seiner Bürgerpflicht nachging und einen Überfall beging, und zweitens wegen eines bewaffneten Einbruchdiebstahls. Die beiden anderen Gefängnisstrafen, jeweils über fünf Jahre, sind dagegen nur Kleinkram.

Seine Bemühungen, potenzielle Interessentinnen zu finden, sind bisher vergeblich gewesen. Vielleicht liegt es daran, dass die Bewerberinnen das Kleingedruckte auf seiner Packungsrückseite gelesen haben. Auf der anderen Seite könnte es auch sein, dass sie Schwierigkeiten hatten zu verstehen, was er eigentlich genau wollte.

Dann haben wir da noch den lebenslang inhaftierten Serienmörder John David Guise Cannan, der nach eigenen Aussagen von Nachfahren des Templerordens abstammt. Während ich dieses Buch schreibe, kam ein Brief, den er einer Brieffreundin schrieb, durch die Polizei an die Öffentlichkeit und die Birmingham Mail berichtete darüber. Darin verspricht Cannan seiner liebestrunkenen Verehrerin, ihr ein spanisches Landhaus zu kaufen, wobei er noch nie Geld hatte oder haben wird. Abgesehen von der Tatsache, dass Cannan ein unglaublich brutaler Vergewaltiger, Räuber und skrupelloser Betrüger ist, verantwortet er mit großer Sicherheit die Tode von drei Frauen: von Sandra Court, der Immobilienmaklerin Suzy Lamplugh und der jungen Shirley Banks aus Bristol. Diese Brieffreundin (um ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen, nenne ich ihren Namen nicht) sollte sich meines Erachtens noch dringender psychologisch untersuchen lassen als der Täter selbst.

Sie müssen mir nicht glauben, aber da draußen gibt es Tausende von Frauen und Männern, »die objektiv denkfähig sind, sodass sie durch einen anregenden geistigen Austausch eine sich gegenseitig inspirierende Freundschaft aufbauen können« und die via Internet den Kontakt zu Psychopathen suchen. In meinem Buch Murder.com, das ich in enger Zusammenarbeit mit dem FBI, CIA und der russischen Staatspolizei geschrieben habe, beschreibe ich viele solche Fälle von Menschen, die sich in einen inhaftierten Psychopathen verliebt haben und dies letztlich häufig mit ihrem Leben bezahlt haben, weil ihr Schwarm irgendwann freigelassen wurde. Meiner Ansicht nach besteht das Problem darin, dass die Leute, die dieses Buch zur Aufklärung lesen sollten, es nicht tun. Und denjenigen, die sich auf diesem Wege weiterbilden, bringt es manchmal auch nichts, denn es vergeht kein Tag, an dem nicht einsame Menschen im Internet Partner finden, die sie letztlich um alles bringen, was sie hatten, haben oder jemals haben könnten. Oder wie Clint Eastwood in der Rolle des Bill Munny es in dem Film Erbarmungslos von 1992 sagt: »Es ist eine wirklich schlimme Sache, einen Mann zu töten. Du nimmst ihm alles weg, was er hat und was er jemals haben wird.«

Tatsächlich fallen viele Frauen, die im Internet nach der großen Liebe suchen, auf Serienmörder herein, wie auch die Opfer von Mr. John Edward »JR« Robinson, der – kurz zusammengefasst – die Betroffenen täuschte, »kaufte« oder entführte, dann betrog, misshandelte und wie Sklavinnen behandelte, bevor er sich ihrer entledigte. Im Jahr 1993 entdeckte er das Internet und war als »Slavemaster« auf verschiedenen Plattformen aktiv, um seine Opfer zu suchen. Robinson wird manchmal als der erste Internet-Mörder bezeichnet. Nun sitzt er im Todestrakt der Justizvollzugsanstalt El Dorado in Kansas.

 

Nachdem ich mir das nun von der Seele geredet habe, möchte ich darauf eingehen, dass ich schon häufig im Todestrakt von Gefängnissen gewesen bin. Dort riecht es immer gleich – und nicht nach einer feinen Mischung von Sommerblüten, so viel steht fest. Was einem dort entgegenschlägt, ist die unangenehme Mischung aus Desinfektionsmitteln, Bleiche, Bratfett, altem Urin, Fäkalien und Menschenschweiß, die jeder einzelne Ziegelstein des Todestrakts verströmt. Aber das ist nur der Geruch. Der Lärm kann manchmal ohrenbetäubend sein, sodass man fast taub davon wird. Es hört sich an wie zur Fütterungszeit im Affengehege eines Zoos.