Wie zwei Schwalben im Flug - Maria Merimi - E-Book

Wie zwei Schwalben im Flug E-Book

Maria Merimi

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Beschreibung

Nach dem Tod meines Ex-Mannes Michel, Künstler und Alkoholiker, war meine Anteilnahme an seinem Leben noch nicht beendet. Obwohl wir schon seit langer Zeit geschieden waren, tauchten nach seinem Tod die alten Bilder und Geschichten über Träume wieder in meinem Leben auf. Diese Träume und die Auseinandersetzung damit waren so intensiv, dass ich sie über 3 Jahre hinweg niederschreiben musste. Entstanden ist ein sehr persönliches Buch, das nicht nur die Geschichte einer romantischen Liebe erzählt, sondern auch die Grausamkeit von Alkoholismus mit den schlimmen Folgen für eine Familie.

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Seitenzahl: 96

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Die Namen von Menschen und Orten wurden aus Rücksicht auf noch lebende Personen verändert.

Umschlaggestaltung Maria Merimi

Inhaltsverzeichnis

Heute

Wie es zu dieser Geschichte kam

Mittwoch, 11. September 2013, 7.40 Uhr

Donnerstag, 19. September 2013, 5.45 Uhr

Oktober 2013-Januar 2014

Und wieder ein Vollmond

Freitag, 18. Oktober 2013

Bombinhas, 26. Oktober 2013

Immer wieder ein neuer Anfang oder die Euphorie des Anfangs

Mein Weg zu Al-Anon

Fuerteventura, Januar 2014

Fuerteventura, 8. Januar 2016

Fuerteventura, 8. Januar 2016, die Kalymnos-Geschichte entwickelt sich.

Und immer wieder Neuanfänge

Hier beißt sich die Katze in den Schwanz

Schwierige Wohnsituation

Wege der Heilung

Fuerteventura, 12. Januar 2016

Das Ende von Michels Leben

Wie entscheide ich mich als Angehöriger?

Fuerteventura, 15. Januar 2016

Fuerteventura, 19. Januar 2016

Wie zwei Schwalben im Flug,

Ein guter Schluss

Anhang

Die Präambel der Anonymen Alkoholiker

Mehr zur Präambel der Anonymen Alkoholiker

Deshalb einige Erläuterungen

Die Zwölf Schritte der Anonymen Alkoholiker

Die Zwölf Traditionen der Anonymen Alkoholiker

Was ist Co-Abhängigkeit

Literaturhinweise

Heute

Achte gut auf diesen Tag

denn er ist das Leben.

Das Leben allen Lebens.

In seinem kurzen Ablauf

liegt alle Wirklichkeit und Wahrheit des Daseins.

Die Wonne des Wachsens,

die Größe der Tat

und die Herrlichkeit der Kraft.

Denn das Gestern ist nichts als ein Traum

und das Morgen nur eine Vision.

Das Heute jedoch - recht gelebt -

macht jedes Gestern zu einem Traum voller

Glück

und jedes Morgen zu einer Vision voller Hoffnung.

Darum achte gut auf diesen Tag!1

Wie es zu dieser Geschichte kam

Dieses Buch ist auf eine ungewöhnliche Art und Weise entstanden. Die meisten Geschichten sind zu mir im Traum gekommen, bzw. waren beim Aufwachen so präsent, dass ich sie niederschreiben musste. Somit sind sie nicht an eine bestimmte Reihenfolge gebunden. Ich habe daher versucht die Geschichte in einer Art Tagebuch zu schreiben.

So beginnt der Anfang der Geschichte mit einem intensiven Traum, den ich in der Nacht zum 11. September 2013, nach dem Tod des Vaters meines Sohnes hatte. Und auch in den folgenden, insgesamt 3 Jahren wurde die Fortsetzung der Geschichte immer wieder über intensive Träume zu mir gebracht. Dabei war der Traum jeweils der Einstieg in meine Erinnerungen an Zeiten die lange zurückliegen und die ich eigentlich glaubte schon vergessen zu haben.

Ich möchte erwähnen, dass ich mich während dieser Zeit an verschiedenen Orten in der Welt aufhielt und versuchte, aus all meinen handgeschriebenen Heften ein Buch zu entwickeln. Das war insofern nicht ganz einfach, da ich in Brasilien Traumgeschichten von Fuerteventura in die Wirklichkeit holte oder umgekehrt. Dazu kam, dass natürlich das Leben weiterging und seine eigenen Geschichten schrieb, so z.B. während meines Aufenthaltes in Brasilien mit einem mir nahen Menschen. Dort wurde ich noch einmal sehr stark mit dem Thema Alkoholismus konfrontiert. Aus all dem ist eine Art Patchwork Arbeit entstanden, die am Ende zu einem harmonischen Ganzen zusammenkommen soll.

Mein Wunsch ist es diese Geschichte für alle Menschen zu schreiben, die sich mit dem Thema Alkoholismus oder Co-Abhängigkeit auseinandersetzen wollen oder müssen.

Es richtet sich an Alkoholiker, Angehörige, Freunde und Arbeitskollegen von Alkoholikern. Überhaupt an Menschen, denen das Schicksal eines durch Alkohol aus der Bahn geworfenen Menschen am Herzen liegt.

Ich selber bin ein Jahr in eine Gruppe für Angehörige von Alkoholikern gegangen und habe intensiv mit dem 12-Schritteprogramm gearbeitet.

Ich habe versucht, Wege der Heilung aufzuführen und natürlich all das aus meinen eigenen Erfahrungen heraus. Diese Erfahrungen sind aus dem Blickwinkel eines Angehörigen des Alkoholikers entstanden. Ich glaube jedoch, dass sie auch Alkoholikern, die sich auf den Weg der Heilung begeben, eine Hilfe sein können. Wenn es mir gelingt nur einer einzigen Person mit meinem sehr persönlichen Bericht weiterzuhelfen, dann hat sich mein Schreiben gelohnt.

Mittwoch, 11. September 2013, 7.40 Uhr

Ich sitze da und schaue in den Sternenhimmel im Piemont in Italien. Die Fülle der Sterne überwältigt mich. Ich sehe die Milchstraße! Seit Jahren habe ich sie nicht mehr so deutlich gesehen. Ich verbinde mich mit Michel. Er war mein Lebenspartner, Vater meines Sohnes, später Ehemann, dann Freund. Mehr als 30 Jahre hat er meinen Lebensweg begleitet und oft auf dramatische Weise geprägt. Am 25. August 2013 ist er für mich unerwartet in der Nacht von Samstag auf Sonntag friedlich eingeschlafen. Die Nachricht seines Todes war ein Schock für mich.

Michel war Alkoholiker und hat viel Leiden bei den Menschen erzeugt die ihn ganz besonders liebten. Ich wollte ihn noch einmal sehen, als er schon 4 Tage tot war. Das Beerdigungsunternehmen hatte mir abgeraten mit der Begründung, der Sterbeprozess sei schon zu weit fortgeschritten. Aber ich hatte den starken Wunsch, ihn noch einmal zu sehen, und das stellte sich im Nachhinein als absolut wertvoll heraus. Mit einer Freundin, die ihn in den letzten 2 Jahren begleitet und gepflegt hatte, betrat ich das kleine Zimmer im Beerdigungsinstitut, dort war Michel aufgebahrt. Die Angst, die ich noch vor dem Betreten des Raumes verspürt hatte, war sofort verschwunden, als ich ihn dort liegen sah. Sein Gesicht war so friedlich und würdevoll, dass es mir Freude machte, ihn noch einmal zu sehen. Um seinen Mund lag ein Lächeln. Dieses Lächeln wurde auch von Marianne sofort bemerkt, und sie sagte: „So freundlich habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen.“

Ich konnte es kaum glauben: er lag da, mit seinem schwarzen Künstlerhut, seinem bunten Lieblingshemd, Jeans und Lederjacke, die Hände auf dem Bauch gefaltet und lächelte mir zu. Ich erschrak nicht, als ich seine kalten Hände und sein Gesicht berührte, ihm zum Abschied einen Kuss auf seine schöne Nase gab. Endlich hatte er Frieden gefunden. Er war die Liebe meines Lebens und durch ihn hat mein Leben den Weg genommen, den ich heute gehe. Der Text "Heute", den ich am Anfang meiner Erzählung aufgeschrieben habe, sollte mich nun ein weiteres Mal, wie schon so oft in wichtigen Lebenssituationen, begleiten. Bei der Trauerfeier am 2. Sept. 2013 im Bestattungshaus trug der bestellte Prediger genau diesen Spruch vor. Und obwohl ich keinen Einfluss darauf ausgeübt hatte, überraschte es mich nicht, ihn jetzt zu hören.

"Wo warst Du die ganze Zeit" sagte Michel, als wir uns im Januar 1980 in einem Lokal in der Altstadt kennenlernten. Er stolperte mir fast in die Arme, so angetrunken war er. Mich hat es nicht abgeschreckt, er war mir trotzdem sympathisch. Irgendwie erinnerte er mich an meinen Vater mit seiner brillanten Redeweise, witzig und intelligent. Auch die Geschichte der politischen Vergangenheit seiner Eltern, die gegen Hitler gekämpft hatten, kannte ich ähnlich von meinem Vater. Es schien uns, als seien wir seelenverwandt. All das gehörte auch zu mir und zog mich sehr zu ihm hin. Zu dieser Zeit wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass er Alkoholiker sein könnte.

Er hatte eine Trennung hinter sich von seiner damaligen Lebensgefährtin, die einen 7 Jahre alten Sohn von ihm hatte. Gerne habe ich ihm geglaubt, dass seine Ex ihn nicht verstanden hat, ihn, den sensiblen Künstler. Ich war zu der Zeit nicht in der Lage zu sehen, dass bei Michel eine Wiederholung stattfand. Denn auch seine erste Ehe war auseinandergegangen, als seine Tochter noch klein war.

Ich liebte ihn so wie er war und glaubte fest daran, dass mit uns alles gut werden würde. Ich wollte auch ein Kind von ihm, am liebsten direkt. Als wir dann zwei Jahre zusammen waren, kam unser Sohn Jan auf die Welt. So hatte Michel drei Kinder, jeweils im Abstand von 10 Jahren, mit drei Frauen.

Die erste Zeit mit Michel verging wie im Rausch. Es war selbstverständlich, dass ständig Alkohol getrunken wurde. Er gehörte einfach dazu. Wir hatten uns gefunden und nur das zählte. Es war uns ganz egal ob wir nüchtern oder betrunken waren. In der ersten Zeit gab es immer etwas zu feiern.

Wir waren von Anfang an sehr eng miteinander verbunden. So machte er mir schon nach kurzer Zeit einen Heiratsantrag. Er wollte allen zeigen, dass wir uns gefunden hatten und zusammengehörten. Jeder sollte es wissen!

Wir gingen zum Standesamt in den ersten drei Monaten, nachdem wir uns kennen gelernt hatten. Um das Aufgebot beantragen zu können, brauchten wir unsere rechtskräftigen Scheidungsurteile. Als er seines aus der Wohnung der früheren Lebensgefährtin holen wollte, kam es zu erheblichen Schwierigkeiten. Er hatte mit ihr zusammengelebt, ohne mit ihr verheiratet gewesen zu sein. Sie hatten einen gemeinsamen Sohn. Für sie war unsere Heiratsabsicht ein Schock. Sie waren zwar schon einige Zeit getrennt, aber nun zu sehen, dass ihr Partner nach so kurzer Zeit heiraten wollte, verursachte ihr viel Leid. Es ging ihr mit dieser Nachricht sehr schlecht und natürlich auch dem Sohn. Es wurde davon gesprochen, dass sie einen Selbstmordversuch gemacht hat. Seine Tochter aus 1. Ehe hatte sich gerade an die neue Familie ihres Vaters gewöhnt, besonders an ihren kleinen Bruder. Sie konnte es einfach nicht begreifen, dass nun schon wieder so viel Unglück über ihre Familie hereinbrechen sollte. Sie hatte das Gleiche bereits selbst erleben müssen, als ihr Vater und ihre Mutter sich trennten. Von da an hat sie sich zurückgezogen und wollte mit Michels neuer Beziehung nichts zu tun haben. Das konnte ich deutlich spüren. Michel bat mich, unsere Heiratsabsichten zu verschieben. So hatte unser Glück die erste Prüfung zu bestehen.

Heute Nacht beim Blick in die Sterne wurde mir klar, dass ich diese Geschichte aufschreiben muss. In der Zeit meiner größten Verzweiflung über den Alkoholismus in meiner Familie, fand ich zu Al-Anon, einer Gruppe für Angehörige von Alkoholikern. Dieser Gruppe habe ich sehr viel zu verdanken. Den Text "Heute" auf der ersten Seite dieses Buches, habe ich dort zum ersten Mal gehört. Er begleitet mich bis zum heutigen Tag und ist immer noch wichtig für mich.

Aus persönlichen Gründen ging ich nur ein Jahr regelmäßig zu den Treffen der Gruppe, und zwar immer am Samstag. Zwischendurch konnte ich mich in einer Kur erholen und stärken. Da ich berufstätig war und einen kleinen Sohn hatte, war mir nach einem Jahr der Samstag zu schade um zur Gruppe zu gehen. Ich wollte meine kostbare, freie Zeit lieber mit meinem Sohn verbringen. Denn Dank der Anregungen des AA Programms hatte ich einen Weg aus dem Chaos gefunden und konnte nun jede freie Minute, die ich mit meinem Sohn verbrachte, wirklich genießen. Mir war damals schon bewusst, dass die Gruppen durch das miteinander Teilen existieren. Ich hatte mittlerweile gute Fortschritte gemacht, von denen auch andere hätten profitieren können. So blieb bei mir ein schlechtes Gewissen und das Gefühl, ich hätte mehr teilen sollen. Dieses Buch soll Hoffnung machen und vielleicht gelingt es mir nun auf diese Art und Weise doch noch einiges zu teilen.

Donnerstag, 19. September 2013, 5.45 Uhr

So wie mir in der Nacht zum 11. September 2013 in Italien beim Anblick des Sternenhimmels die Idee des vorliegenden Buches kam, so werde ich in der Nacht des 19. September 2013 plötzlich und ohne bestimmten Grund wach. Der Kater, der sich in mein Bett geschlichen hat, beißt mir sanft in den Arm. Es ist tröstlich ihn neben mir zu spüren. Der Vollmond scheint hell in mein Fenster, ich kann ihn vom Bett aus, durch die Bambusjalousie, sehen. Es ist der erste Vollmond seit Michels Tod. Ich sage spontan: "Hallo Michel, wie geht es Dir, da wo Du jetzt bist."