Wildes Rudel - U.H. Wilken - E-Book

Wildes Rudel E-Book

U. H. Wilken

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Beschreibung

U. H. Wilken war einer der ganz großen Autoren, die den Western prägten und entscheidend zum Erfolg dieses Genres beitrugen. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. U. H. Wilken ist zugleich einer der bestinformierten Autoren und kennt sich genau in der Historie des Wilden Westens aus. Was er schreibt, lässt sich hautnah belegen. Ein Meister seines Fachs, der mit Leidenschaft und Herzblut die großen Geschichten nachzeichnet, die sich in der Gründerzeit ereigneten. Es ist ein heißer Tag. Der blaßblaue Himmel von Texas ist nur von wenigen weißen Wolken bestückt, die einsam und verloren im weiten Blau sind. Die grelle Nachmittagssonne martert das Grasland, versengt die Gräser. Auf den Weiden der Mac Brian-Ranch stehen die Longhorn-Rinder beinahe bewegungslos und lassen den Schädel mit den langen Hörnern müde herabhängen. Die Cowboys halten sich im Schatten der wenigen Bäume auf und warten auf den Abend, der endlich angenehm kühle Luft bringen wird. Weit und grenzenlos erscheinend dehnt sich das Land der Rinder. Inmitten dieses Landes erheben sich die Gebäude und Stallungen der Brian-Ranch. Es ist eine jener Ranches, die von Rinderbaronen geleitet werden. Und Mac Brian ist so ein Rinderbaron. An diesem Nachmittag kommt ein fremder Reiter auf den großen Hof der Ranch. Es ist ein kleiner, drahtiger Bursche, der sein zähes Pferd auf das prächtige Herrenhaus zulenkt und vor dem Holm zügelt. Zwei Cowboys, die vor dem Bunkhouse stehen, blicken herüber. Der Fremde sitzt langsam ab, und erst jetzt kann man seine krummen Reiterbeine deutlich erkennen. Auf diesen sichelförmig gebogenen Beinen geht der Mann um den Holm herum zur dreistufigen Treppe, die zur Terrasse emporführt. Vor der Treppe verharrt er einen Atemzug lang, grinst vor sich hin und blickt auch nach den beiden Cowboys, die noch immer vor dem Schlafhaus stehen. Dann nimmt er die Stufen in einem Sprung. Dabei klirren seine Radsporen laut. Er schreitet über die Terrasse und lenkt seine kleinen Schritte auf die offenstehende Tür des Herrenhauses zu, als durch diese der Rancher Mac Brian kommt. Brian ist ein großer, breiter und massig wirkender Mann von vielleicht vierzig Jahren. »Was willst du auf dieser Ranch, Boy?«

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U.H. Wilken – 2 –

Wildes Rudel

U.H. Wilken

Es ist ein heißer Tag. Der blaßblaue Himmel von Texas ist nur von wenigen weißen Wolken bestückt, die einsam und verloren im weiten Blau sind. Die grelle Nachmittagssonne martert das Grasland, versengt die Gräser. Auf den Weiden der Mac Brian-Ranch stehen die Longhorn-Rinder beinahe bewegungslos und lassen den Schädel mit den langen Hörnern müde herabhängen. Die Cowboys halten sich im Schatten der wenigen Bäume auf und warten auf den Abend, der endlich angenehm kühle Luft bringen wird. Weit und grenzenlos erscheinend dehnt sich das Land der Rinder.

Inmitten dieses Landes erheben sich die Gebäude und Stallungen der Brian-Ranch. Es ist eine jener Ranches, die von Rinderbaronen geleitet werden. Und Mac Brian ist so ein Rinderbaron.

An diesem Nachmittag kommt ein fremder Reiter auf den großen Hof der Ranch. Es ist ein kleiner, drahtiger Bursche, der sein zähes Pferd auf das prächtige Herrenhaus zulenkt und vor dem Holm zügelt. Zwei Cowboys, die vor dem Bunkhouse stehen, blicken herüber. Der Fremde sitzt langsam ab, und erst jetzt kann man seine krummen Reiterbeine deutlich erkennen. Auf diesen sichelförmig gebogenen Beinen geht der Mann um den Holm herum zur dreistufigen Treppe, die zur Terrasse emporführt. Vor der Treppe verharrt er einen Atemzug lang, grinst vor sich hin und blickt auch nach den beiden Cowboys, die noch immer vor dem Schlafhaus stehen.

Dann nimmt er die Stufen in einem Sprung. Dabei klirren seine Radsporen laut. Er schreitet über die Terrasse und lenkt seine kleinen Schritte auf die offenstehende Tür des Herrenhauses zu, als durch diese der Rancher Mac Brian kommt. Brian ist ein großer, breiter und massig wirkender Mann von vielleicht vierzig Jahren. Seine scharfen Augen mustern den fremden Boy aufmerksam, und er sagt halblaut:

»Was willst du auf dieser Ranch, Boy?«

Der Fremde bleibt stehen. Er lächelt dünn, tippt mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger an die breite Krempe seines durchschwitzten Stetsons und antwortet etwas heiser:

»Well – ich will zu Mac Brian, wenn’s recht ist, Mister!«

Brian betrachtet sich den Mann genauer. Der Boy ist sogar ziemlich klein, aber in seinem Körper steckt Kraft. Das markante Gesicht verrät Energie und Ausdauer, und die blauen Augen sind offen, ehrlich und scharf.

»Nun – Brian bin ich, Boy!« knurrt der Rancher. »Was willst du also von mir? – Arbeit?«

Der Krummbeinige schüttelte den Schädel. Er scheint recht eigenwillig zu sein. Sicherlich ist er ziemlich störrisch.

»Ah!« macht er und nickt dann Brian zu. »Ich suche keine Arbeit, Mister! Wenn ich arbeitslos wäre, dann würde ich auch niemals Cowboy werden! Das ist ein Hundeberuf, Mister! No – ich würde nach Tombstone oder Dodge-City gehen und dort als Heiratsvermittler eine Menge Geld verdienen…«

Brian grinst breit. Er stellt sich diesen häßlichen Boy als Heiratsvermittler vor.

Der Boy hätte bestimmt ständig Pleiten zu verzeichnen.

»Was ist es also dann?« fragt er nach einer Weile, in der der Fremde auf der Unterlippe kaute.

Der Boy hakt die Daumen hinter den breiten Waffengurt und sagt ruhig:

»Sie haben uns rufen lassen, Mister! Well, ich habe Ihnen zu sagen, daß Scott Peck in den nächsten Minuten eintreffen wird! Und ich habe Ihnen noch klarzumachen, daß die Jungens einen mächtigen Durst haben!«

Er blickt den Rancher nach diesen Worten sehr forschend an.

Brian sieht unwillkürlich über den großen Ranchhof hinweg nach dem Weideland. Als er den Blick wieder auf den Boy richtet, sagt er:

»Scott Peck kommt also wirklich? – Hoo, ich hätte nicht angenommen, daß er den Auftrag annehmen würde!«

»Erstens«, erwidert der Boy sanft, »erstens kennt Scott Peck noch nicht den Auftrag, und zweitens hat er auch noch nicht seine Einwilligung gegeben, Mister! Er kommt nur her, um Ihre Worte zu der Sache zu hören. Erst dann wird er es Ihnen sagen, Mister! Well…«

Der Rinderbaron nickt.

»Das ist wohl seine Art, nicht wahr?« murmelt er. »Scott Peck ist ein guter Trail-Mann. Er wäre nicht so gut, wenn er sich vorher nicht alles genau berichten ließe… Du gehörst zu seiner Mannschaft, nicht wahr?«

Der Boy lächelt stolz. »Yeah, Mister – ich gehöre zur Crew! Es ist die beste Mannschaft von Texas! Ich heiße Speedy, Mister! Und nun lassen Sie alles vorbereiten zum großen Empfang Scott Pecks, sonst wird es wohl nichts aus der Sache!«

»Ihr scheint alle ziemlich großsporig zu sein«, lächelt Brian, »aber Texaner müssen nun einmal so sein. Ich komme aus Kansas, aber hier in Texas atme ich die beste Luft, Boy! – Well, ich werde deinen Boss auf seine Art empfangen!«

Er grinst den Cowboy Speedy noch einmal an; dann wendet er sich ab und winkt die beiden Cowboys heran. Sie setzen sich auch sofort in Bewegung und kommen zur Terrasse.

»Well, seht zu, daß der Speiseraum in Ordnung ist, Jungens!« sagt Brian zu ihnen. »In den nächsten Minuten wird hier eine prächtige Mannschaft erscheinen, die von mir gerufen wurde. Die Boys sind meine Gäste, klar?«

»Okay, Boss!« Die Coboys nicken, drehen sich auf ihren hohen Absätzen herum und gehen über den Platz zurück.

»Komm mit ins Haus, Boy!« knurrt Brian nur. »Werden gemeinsam auf Scott Peck warten, bei einem Whisky natürlich!«

»Hee – was geschieht mit meinem Vierbeiner?« fragt Speedy jedoch.

»Ihr werdet sicherlich bei mir übernachten, nicht wahr? Dein Pferd wird gut versorgt werden, Boy! Auch die Pferde deiner Sattelkameraden. Und nun komm, Boy…«

Speedy nickt zufrieden. Er zieht die Daumen aus dem Coltgurt und schlendert hinter Mac Brian ins Herrenhaus. Die ungleichen Männer begeben sich in den feudal eingerichteten Gästeraum der Ranch. Brian ruft nach den Mayordomos, den Hausdienern, die auch sofort erscheinen. Er gibt ihnen verschiedene Befehle. Sie verschwinden wieder, um die Befehle auszuführen. Indes setzen sich Brian und der Cowboy Speedy in die mächtigen Polstersessel. Brian bietet Speedy eine seiner großen, guten Zigarren an. Speedy nimmt sich eine. Brian gibt ihm sogar Feuer. Als Speedy den ersten Lungenzug gemacht hat, beginnt er zu husten. Seine Augen tränen. Brian lächelt sanft. Speedy bemerkt dieses sanfte Lächeln und begehrt auf:

»Hoo, Mister – glauben Sie nur nicht, daß ich in die Hosen mache! Ihre Zigarre ist wirklich gut. Aber ich habe tagelang Gras geraucht. Der Unterschied ist zu groß, Mister!«

Es ist eine glatte Lüge, diese Behauptung, Gras geraucht zu haben, aber Mac Brian weiß, daß dieser krummbeinige Treiber den gewissen Stolz kleiner rauhbeiniger Gesellen besitzt…

Ein Diener bringt auf einem Holztablett mehrere Gläser und drei Flaschen Whisky. Er füllt zwei Gläser. Dann entfernt er sich. Rancher und Treiber stoßen an. Der helle Klang der Gläser schwingt durch den Raum, der mit Büffelschädeln, Hirschgeweihen, alten Jagdbüchsen, Fellen, Gemälden und mannsgroßen Holzfiguren ausgestattet ist.

*

Irgendwann hören sie dumpfen Hufschlag. Zaumzeug klirrt. Pferde schnauben. Rauhe Männerstimmen ertönen auf dem Ranchhof.

Mac Brian sieht den Boy fragend an. Speedy nickt ruhig. Brian erhebt sich, geht aus dem Raum. Der Treiber folgt ihm. Er geht mit klirrenden Sporen hinter ihm her und grinst vor sich hin.

Sie kommen auf die Terrasse. Mac Brian schreitet bis zur Brüstung der Terrasse, legt die Fäuste darauf und erfaßt mit einem Blick das Reiterrudel, das neben Speedy Pferd gehalten hat. Noch hängt der dünne Staub über dem Ranchhof. Er verflüchtigt sich nur sehr langsam. Es ist windstill, heiß und trocken. Die Pferde stampfen und schnauben.

Der Rinderbaron zählt sechs Reiter. Mit Speedy ist die Treibherdenmannschaft Scott Pecks also sieben Mann stark.

Es ist eine wilde Crew, die sich auf dem großen Hof befindet.

Mac Brian sieht in markante, scharfgeschnittene Gesichter, die hart, verwegen und sonnengebräunt sind. Die Männer sind drahtig, schlank, geschmeidig und richtig kernig und urwüchsig.

Das also ist die Scott Peck-Treibherdenmannschaft!

Mac Brian hat schon sehr viele Stories über diese Mannschaft gehört, und er weiß, daß diese Treiber zu den besten von Texas und wohl auch Oklahomas gehören. Sie sind wirklich berühmt.

Und sie haben schon über zwanzig Treibherden sicher zum Ziel gebracht. Diese Crew versteht zu kämpfen. Sie kämpft sich den Weg frei und hat tausend Strapazen erduldet und überstanden.

Brian weiß das alles. Deshalb hat er diese Mannschaft auch gerufen.

Und er richtet seine scharfen Augen auf den vordersten Reiter. Es ist ein großer, schmalschultriger und sehniger Mann.

Er hängt lässig und leicht vornübergebeugt im Sattel. Seine schlanken Hände liegen ruhig und sicher auf dem blanken Sattelhorn. Ein Kreuzgurt mit zwei Colts liegt um seine Hüften. Die Waffen glänzen in der Sonne. Sie hängen sehr tief und griffbereit. Das Gesicht dieses Mannes verrät männliche Stärke, Kühnheit und Entschlossenheit.

Von diesem Mann geht ein wilder Strom der Unduldsamkeit aus, aber dieser Mannskerl kann sicherlich auch sanft und gut sein. Der alte, abgegriffene Stetson sitzt ihm im Nacken. Unter der Kopfbedeckung leuchtet blondes Haar hervor. Dieses Haar ist glatt, strähnig und glänzt wie Gold. Eine große, starke Nase macht diesen Mann noch männlicher. Der breite Mund ist dünnlippig und leicht geschwungen. Das markante Kinn ist durch eine tiefe Hautkerbe gespalten. Die braun-grünlichen Augen sind klar, scharf und nun auf Mac Brian gerichtet.

Scott Peck!

Ja, es ist dieser berühmte Treiberboss!

Einige Sekunden vergegen, in denen niemand ein Wort spricht. Die Männern mustern sich. Sie schätzen sich ab und ermessen ihren Wert.

Schließlich sagt Mac Brian: »Ich habe auf dich gewartet, Scott Peck! Und ich freue mich, daß du mit deiner Mannschaft gekommen bist!«

Peck nickt. »Yeah«, murmelt er bedächtig und im dehnenden Slang echter Texaner, »yeah – wir sind hier!« Er sieht an Brian vorbei auf Speedy. »Hallo, Speedy!« sagt er.

»Howdy, Scott!« grinst dieser. »Ho, Scott – ich wette, daß wir den Auftrag annehmen! Der Whisky ist wirklich ’ne Wucht!«

Scott Peck sieht den Rinderbaron wieder an. Sein Mund zieht sich in die Breite. Er lächelt sanft und dennoch ausdrucksstark. Und er sagt:

»Well, Brian – wenn mein Boy Speedy es sagt, dann wird es wohl so sein! Er besitzt neben dem Unsinn im Schädel noch verschiedene andere Sinne. Er kann gewissermaßen voraussehen… Well, wenn du, Mac Brian, einen guten Job für uns hast, dann treiben wir für dich!«

Damit ist die unsichtbare Wand, die bislang zwischen den Männern bestand, beiseite geräumt. Mac Brian atmet auf. Er nimmt die Hände von der Brüstung und sagt:

»Okay, Scott Peck – das ist ein Wort! – Für deine Jungens ist im Speiseraum alles vorbereitet worden. Dich möchte ich bitten, ins Haus zu kommen, damit wir in Ruhe alles besprechen können…«

»Sicher«, nickt Peck.

Er sitzt langsam ab, klopft den Staub von der Kleidung und kommt auf die Terrasse. Währenddessen verläßt Speedy dieselbe und gesellt sich zu seinen Sattelkameraden, die ebenfalls absitzen. Dann marschiert das kleine Rudel nach dem Speiseraum, während Scott Peck dem Rancher in den Gästeraum folgt.

*

Sie sitzen sich gegenüber. Peck hat die langen Beine übergeschlagen und flegelt sich im tiefen Sessel. Mac Brian raucht seine Zigarre. Er bot auch Peck eine an, die dieser aber ablehnte, da er nur Zigarillos raucht und genügend bei sich hat. Dafür nimmt er recht oft den Whisky. Scott Peck kann sehr viel vertragen.

Er besitzt einen richtigen Ledermagen. Er ist Brian um vier Gläser voraus. Brian nimmt es mit Freude zur Kenntnis. Im Westen wird die Gastfreundschaft ganz groß geschrieben, und wenn ein Gast diese Freundschaft als selbstverständlich hinnimmt, dann ist der Gastgeber immer zufrieden. Das ist in Texas nun einmal so…

»Du hast Glück, daß dein Cowboy uns noch in Amarillo traf«, beginnt Scott Peck und trinkt. »Die Zeit des Round up kommt bald. Wir hatten schon gute Angebote bekommen. Warum also hast du uns gerufen? Sollen wir eine deiner Herde nach Abilene treiben?«

Brian schüttelt leicht den Kopf. »Nein«, antwortet er gelassen, »ihr sollt nicht nach Süden treiben, sondern nach Norden.«

»Dort ist kein Verladebahnhof«, bemerkt Peck ruhig.

»Sicher – dort gibt es keine Rinderstädte«, nickt Mac Brian. Er entlockt seiner Zigarre schweren bläulichen Qualm; die Rauchwolken hängen schleierartig in der Luft und bilden im Sonnenlicht, das durchs Fenster fällt, seltsame Gebilde.

Scott Peck beginnt zu lächeln. Er zeigt feste Zähne. Und er murmelt:

»Yeah, im Norden gibt es nur die Grenze. Wir sollen die Herde also zur Grenze treiben?«

»So ist es!« bestätigt Mac Brian. »Ich habe euch gerufen, um euch eine Herde von über tausend Longhorns anzuvertrauen. Diese Herde sollt ihr über die Grenze nach Kansas treiben, Mister!«

Peck sieht den Großrancher scharf an. »Nach Kansas?« fragt er sanft. »Das ist doch wohl nicht dein Ernst, Mac Brian? Weißt du, was das bedeutet?«

Mac Brian legt die Zigarre auf den Aschenbecher, nimmt sich einen Whisky, trinkt das scharfe Zeug in einem Schluck und stellte das leere Glas wieder auf den kleinen Rauchtisch.

»Yeah!« antwortet er. »Yeah – ich weiß genau, was das bedeutet, Scott Peck! Es bedeutet mächtig viel Kummer und Verdruß, sobald ihr in die Nähe der Grenze kommt!«

»Es wird sehr rauh und hart werden, Brian!« murmelt Peck.

»Sicher, aber ihr seid nicht nur eine der besten Treibherdenmannschaft, sondern auch eine der besten Kampf-Crew! Ihr kämpft euch schon den Weg bis zum Ziel in Kansas frei!« Mac Brian sagt es klar und fest. »Deshalb habe ich euch zu mir rufen lassen, Scott Peck – nur deshalb! Ihr werdet die Longhorns sicher nach Kansas bringen!« Er lächelt Scott an: »Ich habe euch durch meinen Reiter ein gutes Angebot gemacht; ihr könnt eine Menge Geld verdienen! Ihr verdient bald so viel, wie die Herde wert ist!«

»Ich weiß.« Scott Peck richtet sich etwas im Sessel auf und sieht den Rancher aufmerksam an. »Warum zahlst du uns so viel, Brian? Du hast dabei doch keinen Gewinn!«

»Nein, das habe ich nicht, jedenfalls jetzt noch nicht.«

»Und – wer übernimmt die Long­horns in Kansas?« fragt Peck ruhig.

»Ein Freund von mir – Joe Patten heißt er!« antwortet Brian. »Ich habe ihn jetzt schon zehn Jahre nicht mehr gesehen. Wir trennten uns damals. Wir wollten uns einzeln irgendwo eine Ranch aufbauen. Ich ging nach Texas, und er versuchte es in Kansas. Yeah, wir hatten jeder zweitausend Dollars beisammen. Damit konnten wir einen guten Anfang machen. Wir blieben während dieser zehn Jahre in Briefverbindung. Auch Joe Patten schaffte es, sich ein kleines Rinderreich aufzubauen. Es scheint ihm auch prächtig zu gehen. Er ist nur nicht zufrieden mit seinen Rindern, wie er schreibt. Er braucht tausend Longhorns für seine Weide. Ich kenne die Verhältnisse auf seiner Weide nicht, aber es scheint mir, als wenn er die Longhorns wirklich benötigt…«

Mac Brian atmet tief aus und wartet dann auf die Antwort des Treibherden-Bosses.

Scott Peck schweigt eine Weile. Er überlegt sich sicherlich viele Dinge. Endlich sagt er:

»Well, dieser Trail nach Kansas lockt mich irgendwie! Es wird bestimmt ziemlich rauh werden. Yeah, wir sind eine Kampfmannschaft, Brian – und für den Lohn, den du uns zahlen willst, werden wir auch kämpfen!«

Brian lächelt breit und erfreut. »Du nimmst den Job also an, Peck?«

»Yeah. – Wird dein Vormann uns auf dem Trail begleiten?«

Der Rancher hat diese Frage erwartet. »Nein«, antwortete er, »mein
Foreman ist hier wichtiger! Ihr werdet also allein treiben! Ich biete euch viertausend Dollar für den Job. Den Rest zahlt euch Joe Patten. Er wird mir auch alles zurückzahlen. Ihr steht also nicht auf meiner Lohnliste, sondern auf der Joe Pattens. Das müßt ihr wissen. Wenn ihr in Kansas seid, dann macht es mit ihm aus! Well, ihr seid sicherlich mit dieser Regelung einverstanden, nicht wahr?«

»Yeah«, murmelt Peck.

»Fein. Ich werde dir nun auf der Karte den Weg zeigen.« Brian erhebt sich, verläßt den Raum und kommt wenig später mit einer Karte zurück, die er auf dem Boden ausrollt. Scott Peck kniet neben ihm nieder. Die Männer betrachten die große Karte. Der Rinderbaron zeigt auf einen großen Fleck in der Karte. »Hier liegt meine Ranch. Well, nach Kansas sind es über hundertfünfzig Meilen. Ihr kommt noch durch ein Gebiet, das zum Territorium Oklahoma gehört. Wenn ihr auf dieser alten Rinderstraße entlang treibt, seid ihr in etwa fünfundzwanzig Tagen in Kansas. Es wird aber sicherlich eine längere Zeit verstreichen. Kurz vor der Grenze von Kansas kommt ihr in das Gebiet der Northern Passage. Durch diesen Rinder-Korridor müßt ihr hindurch. – Hier, in der Nähe der Town Ulysses, liegt die Ranch Joe Pattens, wie er mir schrieb. Das ist euer Ziel, Scott Peck!«

»Eine mächtige Strecke Weg«, murmelt Peck.

»Die Longhorns werden es schaffen. Sie sind prächtig in Form. Sie werden bestimmt ein scharfes Tempo vertragen.«

Die Männer erheben sich. Sie reichen sich die Hände. Ein fester Händedruck besiegelt den Vertrag. Wenig später zahlt Mac Brian dem Treibherdenboss den Lohn aus. Peck verstaut das Papiergeld sorgsam in seiner Kleidung, um es seinen Jungens noch an diesem Abend auszuzahlen.

»Wir werden morgen vormittag mit dem Trieb beginnen«, sagt er.

»Das soll mir recht sein«, nickt Brian.

»Well, ich werde jetzt zu meinen Jungens gehen«, spricht Scott Peck.

»Du gehörst zu deinen Boys, nicht wahr?« fragt Brian. »Ihr seid bestimmt ein prächtiger Haufen, der fest zusammenhält. Ich würde gern deine Jungens kennenlernen…«

»Du kannst ja mitkommen, Brian«, grinst Peck. Der Großrancher nickt. Sie verlassen den Raum, gehen hinaus auf die Terrasse. Sie hören die rauhen Stimmen der Treibmannschaft aus dem Speiseraum kommen. Scott Peck lächelt. Sie tauschen einen verständnisvollen Blick miteinander aus; dann schreiten sie über den großen Platz der Ranch. Gerade kommt ein Reitertrupp von der Weide. Es sind Mac Brians Cowboys. Brian winkt ihnen zu. Dann geht er hinter Peck in den großen Speiseraum.

Dicker Tabakqualm schlägt ihnen entgegen. Es riecht noch nach dem Rinderbraten, den die Treiber vorgesetzt bekommen hatten. Nun trinken sie Wein und Whisky – eine Mischung, die eine starke Wirkung zeigen wird… Als die beiden Männer eintreten, schwillt der Lärm kurz an, verebbt schnell und stirbt schließlich ganz.

Und Mac Brian sieht in die scharfgeschnittenen Gesichter der rauhbeinigen Treiber, die sich langsam am großen Tisch erheben.

Es ist wirklich ein wildes, männliches Rudel, das er sieht.

»Hoo, Scott!« kräht der krummbeinige Speedy und schwenkt eine Whiskyflasche. »Wir alle sind heute prächtig in Form! Komm, trink mit uns, wenn aus dem Job etwas geworden ist!«

»Yeah, Speedy – wir treiben!« sagt Peck grinsend.

Dann sieht er Mac Brian an. »Das ist die Mannschaft! Diese Crew wird die Herde treiben!«

Der Rancher nickt zufrieden. »Hey, Boys!« ruft er.

»Hey, Mister!« rufen die Treiber zurück. Als es wieder still wird, fragt der rothaarige Hank:

»Hee, Scott – wohin wird es diesmal gehen?«

»Nach Kansas, Boys! Wir treiben über tausend Longhorns nach Kansas!«

»Ich werd’ verrückt!« entfährt es Audie. Er starrt seinen Treiberboss an und zwinkert erschrocken mit den Augen. »Nach Kansas? Mit diesen Longhorns?«