Ziegen für Lwala - Ingbert Dawen - E-Book

Ziegen für Lwala E-Book

Ingbert Dawen

4,4

Beschreibung

Ingbert Dawen berichtet in seinem zweiten Buch: „Ziegen für Lwala“ über seine ergreifenden Erlebnisse und Abenteuer als Entwicklungshelfer in Uganda. Darin beschreibt er, wie seine Arbeit in Afrika auch sein Leben verändert hat. Sein zweites Werk beinhaltet die überarbeitete Version seines Buches „Geschichten aus dem Busch“ mit weiteren Geschichten und Bildmaterial, sowie die Fortsetzung seiner Abenteuer. Es erzählt, wie aus dem ehemaligen Entwicklungshelfer jemand wurde, der sein eigenes Hilfsprojekt in Uganda gründete, um den Menschen vor Ort direkt zu helfen. Seine Erzählungen und Geschichten spiegeln in einer bunten Facette das Leben und die täglichen Erlebnisse vor Ort wider. Sie lassen uns abtauchen in eine fremde Kultur und exotische Welt voller Abenteuer.

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Meine Erlebnisse als Entwicklungshelfer in Uganda und die Entstehung eines privaten Hilfsprojekts.

Inhaltsverzeichnis:

Uganda

Information über das Land

Kampala

Unterwegs

Lwala

Die Arbeit in Lwala

Der Zaun

Das Fischen

Der Gesandte des Papstes

Die Kirche

Both sides of the Story

Das Skelett

Lake Kyoga

Angriff der Insekten

Die Polizei

Altkleidersammlung

Die Plage

Die Einladung

Der Parasit

Der Monolith ohne Hoffnung

Das Krankenhaus

Livingstone, oder das zweite Huhn

Beim Fleischer

Gulu – Murchison Falls

Murchison Falls – Nationalpark

Die Buschtaufe

Die Hochzeit

Der Knast

Die Katze

Ruanda

Ntarama

Die Tarnjacke

Der Muzungu

Die Menschen

Mbale

Die Bauarbeiten

Schlange und Leguan

Ssese Islands – Kalangala

Der Chickencup

Der Bischof, oder prey, or brew

Das Schwein, die Ziege und die Hühner, oder von einem der Auszog

Die sieben Plagen, oder Gottes vergessener Kontinent

Zur Entwicklungshilfe

Zweiter Teil:

Ziegen für Lwala, ein Hilfsprojekt wird geboren

Die Einladung

Der Papierkrieg

Die Ankunft - erste Eindrücke

Großes entsteht im Kleinen

Eine Idee wird zum Hilfsprojekt

Wo alles begann – Zurück nach Lwala

Spendenbereitschaft

Der Empfang

Die Inspektion

Das Wiedersehen

Die Köhler

Berufe in Afrika

Der General

Die Kinder

Schule in Uganda

Otuboi

Abschied von Lwala

Ein Projekt entwickelt sich weiter

Ein Plüschtier für Afrika

Schlussbemerkung

Danksagung

Uganda!?

Es war schon immer mein Wunsch, fremden Menschen als Entwicklungshelfer zu dienen. Durch eine Bewerbung bei Cap Anamur, gelangte ich schließlich in das entlegene Buschkrankenhaus in Lwala.

Meine ersten Wochen in dieser fremden Kultur waren schwer für mich. Sehr schwer! Ich dachte oft daran, das Projekt abzubrechen, aber die Dankbarkeit und die Anerkennung der Menschen vor Ort spornten mich jeden Tag aufs Neue an, und so wurden die sechs Monate zu einem einzigen Abenteuer und die Monate wurden zu der schönsten Zeit in meinem ganzen Leben.

Ich habe Spuren in Lwala hinterlassen, aber noch tiefere Spuren hat Lwala in mir hinterlassen.

Dieses Buch berichtet über meine Erlebnisse und Abenteuer, aber auch von den vielen Menschen, die ich dort schätzen und lieben gelernt habe.

Information über das Land:

Uganda hat eine Fläche von 241.040km2 und eine Bevölkerung von etwa 36.000.000 Einwohnern. Durch die ständig wachsende Bevölkerung ist diese Zahl jedoch nur eine ungefähre Angabe zum heutigen Stand. Im Jahr 2012 bekam jede Frau in Uganda im Durchschnitt 6,4 Kinder. Dies lag auch daran, dass nur 18% der verheirateten Frauen Zugang zu modernen Verhütungsmitteln hatten.

Durch den Reichtum an Kindern ist Uganda ein sehr junges Land. Der Altersdurchschnitt liegt bei:

0–14 Jahre: 50,4%

15–64 Jahre: 47,1%

65 Jahre und älter: 2,4%

Die Amtssprachen sind Englisch und Swahili. Insgesamt werden in Uganda 43 verschiedene Sprachen gesprochen. In Uganda leben über 40 Völker zusammen, die alle eigene Sprachen, Kulturen und Bräuche, teilweise auch noch eigene Religionen haben.

Der Anteil an Ausländern ist in Uganda sehr gering. So gibt es lediglich 0,8% Asiaten. Die meisten von ihnen stammen aus Indien. Sie verdienen Ihr Einkommen als Geschäftsleute und in der Verwaltung. Lediglich 0,09% der Bevölkerung sind Europäer und man trifft diese meist nur in den großen Städten an.

In der Zeit von 1966 bis 1986 war das Land unter der Regierung von Idi Amin von einem autoritären Regierungsstil geprägt. Gewalttätigkeiten, schwerste Menschenrechtsverletzungen und bürgerkriegsartige Zustände führten zu einem wirtschaftlichen Niedergang des Landes

Der Diktator Idi Amins (von 1971 bis 1979) war für die Ermordung von mehr als 300.000 Oppositionellen verantwortlich. Angehörige anderer Volksgruppen wurden getötet, asiatische Zuwanderer, vor allem Inder, die im Handel bestimmend waren, wurden des Landes verwiesen. Idi Amin trieb sein Unwesen bis ins Jahr 1979. Die Bevölkerung lebte unter ständiger Angst und Furcht vor brutalen Gewaltakten. Im Jahr 1986 kam es zu einem 20 Jahre andauernde Bürgerkrieg im Norden Ugandas. Erst im August 2006 war ein Waffenstillstandsabkommen von allen Vertretern unterzeichnet worden.

Kampala:

Kampala ist die Hauptstadt Ugandas und für mich die erste Station in meiner neuen Heimat. Die Luft riecht nach Afrika. Es ist eine Mischung aus Kanal, Qualm und dem Geruch der roten Erde, die es hier fast überall gibt. Dieser Geruch ist einzigartig für Afrika!

Die Nächte sind schwül und warm und voller Geräusche, denn diese Stadt schläft nie!

Meine Kollegin Tasneem und ich waren heute einkaufen, denn nur in den großen Städten, gibt es Lebensmittel und Waren, wie wir sie bei uns kennen. Was hier etwas seltsam erscheint ist, dass man vorm Betreten eines Supermarktes durchsucht wird (alle). Ebenfalls stehen vor den meisten Supermärkten bewaffnete Sicherheitsbeamte. Überhaupt sind hier an allen Straßenecken Waffen zu sehen.

Wir machen verschiedene Besorgungen in der Hauptstadt und besorgen neue Medikamente für das Krankenhaus. Auf den Straßen ist immer Stau. Straßenhändler bieten beim Stillstand des Verkehrs alles an. Ferngläser, Schuhe, Klopapier und vieles mehr werden den wartenden Autofahrern dargeboten.

An den Ampeln und Straßenkreuzungen, an denen der Verkehr ganz zum Erliegen kommt, stehen junge Frauen und Mädchen mit Babys auf den Armen und betteln die Autofahrer direkt an. Tasneem, unsere Buchhalterin, erzählt mir, dass die jungen Mädchen sich die Kinder oft nur ausleihen, um somit mehr Mitleid zu erregen und an mehr Geld zu kommen. Wir treffen heute auch auf Katrin, unsere neue Ärztin. Diese ist jetzt seit zwei Wochen in Uganda. Sie erzählt uns von einem Erlebnis, das Sie heute unterwegs hatte. Auf dem Weg zu uns kam Sie an einer Stelle vorbei, an der ein Dieb eine Ziege geschlachtet hatte. Der Dieb wurde gefasst, gefesselt und anschließend wurde ihm die Kehle durchgeschnitten. Katrin sah den Unglücklichen neben der toten Ziege am Straßenrand liegen. Da die Bevölkerung hier wie Pech und Schwefel zusammen hält, ist die Polizei meistens machtlos. Ein Menschenleben zählt hier oft nicht mehr als das einer Ziege.

Unterwegs:

Auf der Fahrt von Kampala bis Lwala benötigen acht Stunden für 350km. Ich dachte mir, es gibt nichts Schlimmeres als die Straßen und der Straßenverkehr in Afrika. Aber es gibt noch etwas und das ist der Straßenverkehr in Afrika bei Nacht! Straßenbeleuchtungen gibt es keine! Beleuchtung der Fahrzeuge ist meistens Fehlanzeige. Die Fahrräder sind schwarz und ohne Licht und die Menschen, die darauf sitzen, ebenfalls. Zu allem Übel sieht man die Schlaglöcher nachts noch schlechter als am Tag! Die Straßenverhältnisse sind katastrophal! Überfüllte Autos, uralte Fahrzeuge, dazu Kühe, Ziegen, Schweine und Hühner, die permanent die Straße überqueren. Hinzu kommen vielerorts geistig behinderte Menschen, die teilweise nackt und orientierungslos auf den Straßen umher laufen, weil sich niemand um sie kümmert. Ich selbst habe in meiner Zeit in Lwala mehrere schwere Unfälle gesehen, wobei alleine bei einem einzigen Unfall 7 Menschen gestorben sind.

(Alte und überfüllte Fahrzeuge auf Ugandas Straßen.)

Lwala:

Die Ortschaft Lwala setzt sich aus vielen einzelnen Ansiedlungen (Clans) zusammen. Die Hütten der Clans werden aus den Materialien gebaut, die direkt vor Ort zu finden sind: Lehm, Holz und Stroh.

Die Ansiedlungen der Clans bestehen aus runden Lehmhütten mit einem Strohdach. Die Hütte hat in der Regel einen Vorhang als Tür oder eine Tür aus Wellblech und ein Loch in der Wand, welches als Fenster dient. Da der Wohnraum sehr begrenzt ist, werden die Wasserkanister und Lebensmittel außerhalb gelagert. Die Kochstellen befinden sich unweit der Hütten, und sind oft nur notdürftig mit Stroh bedeckt. Diese einfachen mit Stroh bedeckten Feuerstellen sind eine große Brandgefahr für die umliegenden Hütten.

Da es in der Regenzeit zu sintflutartigen Regenfällen kommt, stehen die Hütten auf einem Sockel aus Lehm, sodass das Wasser nicht sofort in den Wohnraum eindringen kann. In einer Hütte lebt in der Regel eine Familie mit 6 – 8 Kindern. Wasser und Strom gibt es nicht. Das Wasser muss mühsam mit Kanistern aus Brunnen oder Seen ins Dorf getragen werden.

In den Nachbarnhäusern leben die Großeltern, angeheiratete Familien und weitere Angehörige des Clans. Eine Latrine ist für alle die gemeinsame Toilette.

Die Duschen bestehen oft nur aus einem Verschlag aus Bananenblättern. Aus diesem Grund duschen Frauen oft nur nachts, denn dann sind sie „unsichtbar“.

(Typisches Wohnhaus der Landbevölkerung.)

Die Arbeit in Lwala:

Ich habe mein erstes Wort auf Kumam gelernt. Dieses Wort höre ich oft am Tag und das Wort heißt „apoya“ (Danke). Fremde Menschen rufen mir dieses Wort zu oder ein Einfaches „well done“ (gut gemacht).

Es spornt mich an, denn diese Worte geben mir ein gutes Gefühl und das Bewusstsein, das Richtige zu tun.

Ich habe eben erfahren, dass gestern Abend, als der Strom durch das große Unwetter bei uns ausfiel, eine Frau in der Notaufnahme gestorben ist. Der Notstromgenerator hatte keinen Sprit mehr. Ich kann es kaum glauben! Fünf Liter Sprit können hier ein Leben retten!

Die Leute, die hier unter meinen Anweisungen arbeiten, sind überraschend gut! Sie sind aber nicht so schnell wie bei uns. Man muss wissen, dass ein Hilfsarbeiter umgerechnet nur zwei Euro am Tag verdient und eine Fachkraft vier. Außer Ihrem Tagelohn bekommen die Arbeiter zwei bis drei Mahlzeiten am Tag. Die Arbeiter, die von außerhalb kommen, bekommen außerdem noch eine Unterkunft von Cap Anamur gestellt. Das hört sich jetzt für unsere Verhältnisse recht wenig an, aber hier in Lwala zählt ein sicheres Einkommen und Verpflegung sehr viel. So stehen jeden Morgen Arbeiter vor unserem Tor, die um Arbeit bitten, die ich aber leider abweisen muss, da wir schon an unsere Grenzen stoßen.

Oft habe ich den Eindruck, dass wir hier auf einem verlorenen Posten kämpfen. Katrin unsere Ärztin, Tasneem, unsere Krankenschwester, und ich gehen bis zum Äußersten. Wir arbeiten jeden Tag 11–12 Stunden, und trotzdem gibt es immer noch so viel zu tun.

Ich habe hundert Baustellen gleichzeitig und nehme in fünf Wochen ganze zehn Kilo ab!

Das Krankenhaus, in dem Katrin arbeitet, ist in einem desolaten Zustand und ist vergleichbar mit einem Kuhstall bei uns in Europa.

Das Krankenhaus ist so überfüllt, dass die Patienten teilweise auf dem Flur oder sogar draußen schlafen müssen. Als Kinderärztin unterstützt Katrin das lokale Ärzteteam bei den anstehenden Geburten. Tasneem ist zuständig für die Administration und managt alles bis ins kleinste Detail.

Heute hatte ich mein erstes Tief, denn kein Tag hat hier weniger als 10 Arbeitsstunden. Heute waren es sogar 13.

Ich frage: „Warum der Scheiß!?“ Wirf doch einfach alles hin und flieg wieder nach Hause! Aber dann schaue ich in ein lachendes Kindergesicht und alle Strapazen und Bedenken sind verflogen. Ich mache weiter, weil ich weiter machen muss und weil da keiner ist, der es sonst macht, wenn nicht ich.

Bei uns ist zurzeit Regenzeit, wir haben teils sehr heftige, sinnflutartige Regenfälle.

Ich stelle mir dann die Menschen mit Ihren kleinen Kindern in Ihren Lehmhütten vor. Ich denke dann an die Geschichte der drei kleinen Schweinchen, die sich ein Häuschen gebaut haben. Eins ist aus Stein, in dem sitzen wir. Das zweite ist aus Holz, in dem sitzen die Doktoren und das dritte ist aus Stroh, in dem die Arbeiter und die normale Bevölkerung sitzen. Jeder kennt die Geschichte, aber hier ist es mehr als eine Geschichte, hier ist es Realität und ein täglicher Kampf ums Leben.

Wir sind ein starkes Team, aber wir sind auch nur Menschen.

Das Einzige das uns alle anspornt, ist die sichtbare Dankbarkeit, die uns entgegen kommt, ebenso das Wissen und das Gefühl, dass wir den Menschen hier Hoffnung geben.

Wir können die Menschen hier nicht ihrem Schicksal überlassen, denn, wenn wir hier nicht helfen, wird alles zusammenbrechen.

Der Zaun:

Unsere Unterbringung hier ist sehr spartanisch, genauso wie das Essen. Unser Haus besteht aus einem Gemeinschaftsraum und einer kleinen Küche. Jeder von uns hat sein kleines Zimmer mit einem Stuhl, einem Tisch und einem Bett. Weiterhin haben ein kleines Bad, mit einem alten WC und einer Dusche mit Regenwasser. Fernsehen oder Radio gibt es nicht, und unser Trinkwasser bekommen wir aus einem Brunnen. Unser Wasserträger Charles bringt es uns jeden Tag. Unter solchen Entbehrungen zu leben, stellt für uns eine Herausforderung dar, doch für die Bewohner wäre dies der pure Luxus.

Unser Gebäude ist von einem hohen Zaun umgeben und es ist nur dieser Zaun, der den Unterschied macht.

Es ist oft nur ein Zaun, der den Unterschied in unser aller Leben macht! Zwischen Arm und Reich, Freiheit und Zwang, sowie von sozialer Absicherung.

Es gibt viele dieser „großen Zäune“, die wir alle kennen. Da sind zum Beispiel:

Mexiko – USA

Haiti – Dominikanische Republik

Spanische Enklaven in Afrika

Aber wir brauchen gar nicht so weit zu gehen. Das beste Beispiel hatten wir direkt vor unserer Haustür BRD – DDR.

Die Macht dieser „Zäune“ wird mir hier auf dieser kleinen Wiese mitten im Herzen Afrikas, erst so recht bewusst!

Wir wissen alle, dass es diese „Zäune“ gibt, aber sie interessieren uns nur sehr wenig. Denn sie sind weit weg, wir haben unsere eigenen „Probleme“ und was am Wichtigsten ist, wir leben auf der „angenehmen Seite“ des Zauns.

Bevor ich hierher kam, war es mir auch nie wirklich bewusst, dass es diese Zäune gibt. Hier werde ich jeden Tag damit konfrontiert.

Es gibt nicht nur die großen „Zäune“ dieser Welt! Es gibt noch tausend kleinere und das sind oft die Schlimmsten, denn hier ist die Not am größten, und diese geraten sehr leicht in Vergessenheit!

Es sind die echten Zäune um die Flüchtlingslager und um die Townships überall auf der Welt! Darfur, Syrien, Libyen, Lateinamerika, Philippinien, Afghanistan, ganze Regionen in Afrika!

Über diese „Zäune der Welt“ hinweg haben viele von uns ihre eigenen „Zäune“ in Ihren Herzen und Köpfen errichtet.

Es gibt „Zäune“ für Andersgläubige, Farbige, Behinderte, Arbeitslose, Obdachlose,……

Bevor wir es nicht schaffen, diese Zäune in unseren Köpfen und Herzen einzureißen, werden wir es nie schaffen, einen der kleinen oder gar einen der großen Zäune dieser Welt einzureißen!

Das Fischen:

Heute hatte ich nach 18 arbeitsreichen Tagen meinen ersten freien und schönen Tag. Ich konnte einen unserer Arbeiter, Pastor Samba dazu überreden, dass wir zum Fischen gehen. Er kam zwar zwei Stunden später als vereinbart, aber das ist in Afrika nur ein klein wenig zu spät.

Angelo, ein weiterer Arbeiter von uns, wollte auch gleich mit und so sind wir dann zu dritt los gezogen.

Die Fahrt ging eine halbe Stunde quer durch tiefstes Buschland und dann endlich kamen wir bei Pastor Sambas Clan an. Seine halbe Familie war um ein paar Strohhütten versammelt, an denen wir begeistert begrüßt und empfangen wurden. Anschließend wurden wir von einer Schar Kinder umringt, die alle den großen Muzungu, den Weißen, sehen wollten.

Zum Glück hatte ich meine „Zauberjacke“ dabei, in deren Taschen ich immer kleine Spielzeuge für die Kinder versteckt habe. Als ein kleiner Junge auf mich zukam, holte ich einen bunten Luftballon aus meiner Tasche und begann diesen aufzublasen.

Der kleine Junge ist daraufhin schreiend weggerannt, weil er so etwas noch nicht gesehen hat und Angst hatte. Darüber hat dann das ganze Dorf gelacht! Ich aber kam mir irgendwie wie ein Außerirdischer vor!

Anschließend sind wir dann zum Fischen losgezogen. Der „big lake“, von dem Pastor Samba erzählt hat, stellte sich nur als ein kleiner Tümpel raus, aber egal! Ich wollte ja die „big fishs“ fangen, von denen Pastor Samba soviel erzählt hatte!

In meinem Rucksack hatte ich meine Angelausrüstung von zu Hause. Als ich diese am Tümpel auspackte und die Teleskoprute von 60cm auf 4,50m verlängerte, waren alle sehr erstaunt darüber. So was gibt es hier nicht! Was wir dann gefangen haben, waren nicht die biiiig fiiiiishs, sondern ein paar kleine Fische, zu vergleichen mit den Barschen welche man auch in den Flüssen bei uns findet. Der Spaßfaktor war jedoch garantiert, denn ich habe Pastor Samba, Angelo und ein paar der Kinder mit meinen Ruten angeln lassen.

Könnt ihr euch vorstellen, wie es aussieht, wenn einer einen Fisch fängt, der noch nie eine Angel in der Hand hatte!?

Die biiig fiiishs habe ich alle den Leuten des Dorfes geschenkt, die natürlich auch ihren Spaß mit dem Muzungu hatten. Zum Abschied habe ich dann noch ein lebendiges Huhn geschenkt bekommen, was hier eine große Ehre ist, welche nur noch durch das Geschenk einer lebenden Ziege übertroffen werden kann. Durch diese Geste habe ich mich sehr geehrt gefühlt und ich weiß, dass ich das Richtige tue. Das Huhn erhielt von mir den Namen Rita, weil es genauso schwarz war und die gleiche Frisur hat wie Rita unsere Köchin.

Der Gesandte des Papstes:

Am Donnerstag kommt ein Gesandter vom Vatikan, um sich unser Projekt anzusehen. Die Arbeiten hier vor Ort beinhalten das alte Buschkrankenhaus und einen Konvent, in dem noch einige Schwestern arbeiten. Die Schwestern, die beiden Priester Father Denis und Father Simon und die Ärzte im Krankenhaus sind schon alle über den hohen Besuch ganz aufgeregt. Ich habe am Donnerstagmorgen ebenfalls eine Audienz mit unseren Priestern, und mit dem Nuntius aus dem Vatikan. Ich soll ihn über die Anlage führen und ihn über unsere nächsten Baumaßnahmen informieren. Darüber hinaus berichte ich ihm, was in der Zukunft noch alles geplant ist. Das wird eine große Ehre für mich werden. Ich wünschte nur, dass mein Englisch etwas besser wäre. Heute war der große Tag für unser Krankenhaus und den Konvent, denn heute kamen der Bischof und der Nuntius (Gesandte des Vatikans) Michael August Blume zu uns zu Gast. Beide hatten schon von mir gehört. Als sie bei uns angekommen sind, wurden beide von einem riesigen Zug von singenden und tanzenden Menschen umringt. Bei ihrer Ankunft habe ich beiden die Hand geschüttelt, anschließend im Festzug getanzt und gesungen. Alles in allem war es sehr feierlich! Nach der Besichtigung unseres Krankenhauses folgte dann eine feierliche Messe im Freien mit dem Bischof, dem Gesandten des Papstes und verschiedenen Priestern.

Die anwesenden Frauen breiteten Ihre Tücher auf den staubigen Wegen aus, damit die Schuhe des hohen Gastes nicht mit dem Schmutz der Straße in Berührung kommen. Der Respekt und die Demut der Gläubigen sind hier allgegenwärtig und werden offen gezeigt.

Nach der Messe war unser Team zum Essen mit dem hohen Besuch eingeladen. Leider war meine Zeit zu knapp, denn ich musste noch in die nächste Stadt fahren, um Baumaterial für unsere Baumaßnahmen zukaufen. Ohne Baumaterial geraten die Arbeiten schnell ins Stocken und die nächste Möglichkeit, das Baumaterial zu kaufen, ist weit entfernt. So habe ich das gute Essen leider verpasst. Das hat mir persönlich sehr Leid getan, aber ich bin hier für den reibungslosen Ablauf der Arbeiten und für meine Männer verantwortlich. Hinter jedem meiner Arbeiter steht eine ganze Familie, die versorgt werden will und das hat für mich Priorität.

(Bischof Emmanuel Obbo, Michael August Blume Nuntius (päpstlicher Botschafter) und Dr. James, Chefarzt des Lwala – Hopitals.)

Die Kirche:

Es ist Sonntag. Eva unsere Krankenschwester und ich gehen das erste Mal hier in die örtliche Kirche. Ich habe erwartet, dass es hier anders ist als bei uns, aber so hätte ich es mir nicht vorgestellt! Womit soll ich anfangen!? Als erstes hat die Messe fast drei Stunden gedauert, aber das war nicht das Außergewöhnliche. Das Außergewöhnliche war die Messe an sich.

Man darf sich die Messe nicht vorstellen wie bei uns, denn es liegen Welten dazwischen