Abigail und der tote Moderator - Daisy Swan - E-Book

Abigail und der tote Moderator E-Book

Daisy Swan

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Beschreibung

Als die Hexe Abigail Besuch vom Nachrichtensprecher Niko bekommt, wird ihre Welt ganz schön auf den Kopf gestellt - so einen Kunden hatte sie noch nie! Und solche Zauber wie für Niko musste sie auch noch nie wirken! Doch wird ihre Magie reichen, um den tollpatschigen Journalisten zu retten? Und hat die Liebe trotz allem eine Chance? Ein Fantasy-Heimatroman voller Magie, Alpenromantik, Geister, Hexen und einer Einhornkatze!

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Daisy Swan

Abigail und der tote Moderator

Ein Fantasy-Heimatroman

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Impressum

 

Daisy Swan

Wien

 

BookRix GmbH Co. KG

81371 München

 

Covergestaltung by Hopeless.Lost.Pixel - Vielen Dank an dieser Stelle!

 

Alle Rechte vorbehalten.

Diese Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig.

 

 

 

 

 

Danksagungen

Danke für's Fangirling: Liebe Maria, liebe Michelle - das Buch ist für euch <3

 

Vielen Dank an Nena für die Idee :)

 

Myriel für die Hilfe in magischen Belangen ;) - Danke, Schwester!

 

Besten Dank an Meni für die Hilfe bei der Überarbeitung

 

Eine warme Umarmung für jedes Telefonat im Lockdown, jeden so lang ersehnten Drink und "Och... sollen wir die Nachrichten schauen?" an Agnes <3

Kuss an Bit für Geduld, nächtliches Schwimmen, wirtschaftliches Fachsimpeln, Filzmaiern vor jeder Prüfung und die Selbstverständlichkeit, mit der du für mich da bist <3Außerdem diese lieben Menschen, ohne die der Sommer 2020 sicher nicht so erträglich geworden wäre: Andrea, Lisi, Elmar, Thorben, Rudi, Rudiiii, Tooobiiii, Werner, meine Tanzfamilie, die Tai Chi-Gruppe und meine eigene Familie. Und meine Hamster: Winifred, Ciri, Tigerlilly und Zuckerwatte.

.

Ok, boomer.

Kapitel 1

 

„Die Götter wollen es einfach nicht!“, rief Abigail, als sie feststellte, dass der Hauptraum ihrer kleinen Hütte schon wieder im heillosen Chaos versank. Das Bärenfell hatte sie gestern so schön aufgeräumt und nun lagen ihre Wahrsageknochen komplett verstreut darüber. Ein Schälchen mit trocknenden Blüten war umgefallen und sein Inhalt lag fast schon dekorativ zwischen den Knochen. Dazu kam, dass so ziemlich alles, was nicht Niet- und Nagelfest war, auch um den Kamin verteilt lag. Abigail sah eine Kuchengabel und ein Bündel Knoblauch, aber auch einzelne Spielkarten, einen Kugelschreiber, die Einzelteile einer zerbrochenen Teetasse, die sie eigentlich schon länger kleben wollte; den Schlüssel ihres Tagebuchs, eine Stoffschere, ihren uralten Gameboy und vieles mehr.

„Wir haben doch gestern erst aufgeräumt. Warum schaffen wir es nicht -?“, sie holte ihren Hexenhut vom Kaminsims – wie kam der da überhaupt hin?

„Miau?“ Die Einhornkatze hatte darunter gedöst und sah sie nun verschlafen an.

Abigail legte den Kopf schief. „Du machst hier immer Unordnung, wenn ich schlafe, oder?“

„Mrau!“ Sie lebten jetzt schon lange genug zusammen, dass Abigail ganz genau wusste was das hieß.

„Natürlich bekommt Ihr Frühstück, Eure Hoheit.“ Abigail ging in die Küche, die nur durch eine kleine Holztheke vom Rest des Hauptraumes abgetrennt war. Die Einhornkatze sprang elegant vom Kaminsims und folgte ihr. Ihr pastellfarbener Schwanz funkelte in allen Farben des Regenbogens während ihr restliches Fell weiß war. Ihr Horn, das direkt zwischen ihren Öhrchen wuchs, schimmerte silbern irisierend.

Abigail stellte ihr zerkleinertes Hühnchenfleisch hin und drehte sich zum alten Holzofen-Herd, um sich Kaffee zu machen.

 

„Ich glaub wir haben heute viele Termine, kann das sein?“, fragte Abigail, als sie am großen Tisch saß und frühstückte. Marmeladenbrot, mhmmm.

Die Einhornkatze saß ihr gegenüber auf der Tischplatte und sah herzöglich aus, aber nun sprang sie herunter, und rannte zum Bärenfell, das am Boden vor dem Kamin lag. Sie zerrte darunter den Taschenplaner hervor und spazierte mit dem kleinen Buch im Maul zurück zu Abigail.

„Brav. Dankeschön“, sagte die und schlug die aktuelle Woche auf. „Der Plattler-Bauer kommt als erstes. Wetten, der braucht wieder was von dem Aphrodisiakum? Am besten, ich setz das gleich an, damit ich ihn sofort wieder heimschicken kann. Sonst kaut der mir wieder beide Ohren ab.“

Ihre pelzige Gefährtin legte den Kopf schief. „Ich weiß, dass er arm ist, dass er nur wen zum Reden braucht, und dass seine Frau halt schwerhörig ist. Aber… im Bett scheint’s ja noch zu klappen. Wenn er das überhaupt für sie braucht…“

„Miau“, stimmte die Einhornkatze zu.

„Pramdörfer aus Wien? Was ist denn das für ein bescheuerter Name?“, dachte sie laut, als sie den nächsten Termin las.

„Miau!“ Abigail sah vom Taschenplaner auf und bedachte die Einhornkatze mit einem schiefen Blick. „Ich weiß, dass Niederkofler auch nicht sonderlich toll klingt, aber das ist ja wohl nicht meine Schuld. Und dass meine Eltern mich auf den Namen Amalberga getauft haben, auch nicht!“

„Miau...“, machte die Einhornkatze, wirkte aber wenig überzeugt.

„Was er will, hat er nicht gesagt?“, fragte Abigail mehr sich selbst. Die Einhornkatze hatte das Telefonat ja nicht geführt. „Naja, wenn er extra aus Wien kommt, wird's schon wichtig sein. Am Abend hab ich dann noch ein paar Orakel-Anrufe via Zoom. Ganz ehrlich, ich finde, die ganzen Leute die nur Rat oder Wahrsagerei wollen, sollten alle anrufen. Das hat mir während Corona eigentlich voll getaugt.“

„Miau.“ Die Katze sprang wieder vom Tisch und ging zum Kratzbaum, wo sie ihre Krallen wetzte und ihren Rücken in alle möglichen Richtungen durchbog.

„Jaja, ich weiß, dass ich heute kein Yoga nach dem Aufstehen gemacht habe“, maulte Abigail und zeigte ihr die Zunge.

 

Kapitel 2

 

Noch war es warm genug für eine kalte Dusche hinter der Hütte. Im Winter benutzte sie schon das kleine Badezimmer in ihrer Hütte, aber die junge Hexe fühlte sich einfach mehr mit der Natur und ihren Geistern verbunden, wenn sie morgens im Grünen das kalte Wasser und den Wind auf ihrer Haut und das Gras unter ihren Füßen spürte. Was war schon dabei? Hier oben auf dem Berg hatte sie nur eine Murmeltierfamilie als Nachbarn. Manchmal schaute ein Hirsch vorbei. Es war herrlich. Der Fakt, dass Hexen immer außerhalb der Dorfgemeinschaft gelebt hatten und dass das jetzt im Jahr 2020 weiterhin beibehalten wurde, weil „Das hat man schon immer so gemacht“ und „Da könnte ja jeder kommen“, störte Abigail nicht. Früher hatte ihre Großmutter hier gelebt und genau das Gleiche getan: Die armen sterblichen Menschen aus der Gegend mit Tränken, Ölen und Weissagungen versorgt. Abigails Mutter hatte dafür nichts übrig gehabt, wollte ihre Tochter zu einer modernen jungen Frau erziehen, aber die Wochenenden und Ferien bei Oma auf dem Berg hatten sie nach der Schule schnell aus dem städtischen Salzburg hierher ins absolute Nirgendwo gezogen. Und wer magisch begabt war, der hatte eigentlich kaum eine andere Wahl im Leben, als eine Hexe zu werden. So lief die Welt nun mal. Und Abigial war damit absolut einverstanden. Sie hatte nie ein anderes Leben führen wollen. Leute mochte sie ohnehin nicht und war froh, wenn die meisten Angst vor ihr hatten und sie nur behelligten, wenn sie etwas brauchten.

In ein Handtuch eingewickelt ging Abigail um die Hütte und setzte sich auf die kleine Holzbank direkt neben der Eingangstür um die Morgensonne zu genießen und sich die Haare von ihren Strahlen trocknen zu lassen. Sie blickte auf die Berge, diese majestätische Landschaft, die sie ihre Heimat nannte. Sie hatte schon in der Stadt gewohnt, aber hier war es doch am schönsten. Alles verlief in geordneten Bahnen im Wechsel der Jahreszeiten und selten passierte etwas Unvorgesehenes. Und das war ihr sogar sehr angenehm, obwohl sie hellsehen konnte.

 

Zurück in der kleinen Hütte brodelte schon der Liebestrank für den Bauern auf ihrem altertümlichen Holzofen-Herd. Sie hatte auch einen Kessel, aber meistens war es ihr zu mühsam das Dreibein aufzubauen.

Sie rührte das trübe Gebräu um. Die Einhornkatze sprang zu ihr auf die Arbeitsfläche und putzte sich. Dabei klickte sie mit ihrem Horn gegen ein paar Einmachgläser und sah diese beleidigt an, wie konnten sie es auch wagen, ihrem kaiserlichen und königlichen Horn im Weg zu stehen?

„Gut, ich denk wir können jetzt das Basilikum hinzugeben“, murmelte Abigail und riss ein paar Blättchen von der Pflanze auf ihrer Fensterbank ab. Natürlich hatte sie auch einen Kräutergarten draußen, aber die Zutaten, die sie fast täglich brauchte, hatte sie gerne direkt hier stehen.

„Weißt du, der Plattler ist doch noch gar nicht so alt, der braucht doch eigentlich gar keine Hilfe...“, sinnierte sie. Die Einhornkatze schenkte ihr einen eindeutigen Blick.

„Hey! Ich meine das nicht so!“

„Miau.“

Abigail rollte mit den Augen. „Hör auf mir zu sagen, ich brauche einen Mann. Und der Plattler ist wirklich nicht mein Typ. Und viel zu alt!“

„Miau?“

„Zu alt für mich. Nicht zu alt für… Du weißt schon. Hey, hör auf so zu gucken, sonst gibt‘s keine Leckerlis!“

Die Katze miaute diesmal nichts, sondern putzte sich unbeeindruckt weiter.

„Hör auf, mich mit den unmöglichsten Typen verkuppeln zu wollen. Geht das nicht in dein Katzenhirn rein? Nur weil er ein Mann ist, heißt das nicht, dass ich mit ihm- Oh nein!“ Das Geblubber auf dem Herd war stetig lauter geworden und nun tropfte die Brühe über den Topfrand zischend auf die Herdplatte.

„Na toll!“, schimpfte Abigail, während sie den Topf vom Herd nahm und die Sauerei aufputzte.

Das war nicht das erste Mal, dass die Einhornkatze ihr irgendeinen alten, ekelhaften Typen aus den umliegenden Dörfern andrehen wollte. Zeig mir mal die Hexe, die einen Mann geheiratet hat, dachte Abigail. Na gut, deine Oma hat es auch geschafft, zumindest so lange einen Kerl zu haben, dass sie eine Tochter bekommen konnte. Leider hatte Oma es ihr nie verraten, aber vielleicht war das der einzige Weg, neue Hexen in die Welt zu bringen: einfach irgendwie schwanger werden und dann allein für das Kind sorgen. Das Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.

 

„Der Göttin sei Dank ist er weg“, seufzte Abigail leise, nachdem sie hinter dem Plattler-Sepp die Tür geschlossen hatte.

„Miau?“ Die Einhornkatze schlich um ihre Beine.

„Aus jetzt, ich hab dir gesagt es gibt keine Leckerlis, wenn du so frech bist.“

„Mrauw!“, protestierte die Einhornkatze.

„So, jetzt kommt hoffentlich bald der Mensch aus Wien. Wien! Wenn der überhaupt hierher findet.“ Ihre Hütte war nicht auf google maps eingezeichnet, mit gutem Grund. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte man sie für die ganzen Coronafälle in den Skigebieten verantwortlich machen wollen. Klar, ich habe nichts Besseres vor als euch zu verfluchen. Geh, bitte.

 

Kurz darauf klopfte es. Abigail hatte eine frische Kanne Tee gemacht und gleich zwei Teeschalen dazugestellt, sie spürte, dass es ein längeres Gespräch werden würde. Außerdem bestand der Tee aus Kräutern die Frauenleiden linderten, und genau die hatte sie heute Morgen bekommen.

Sie ging zur Tür. Der Herr Pramdörfer war doch jünger als sie erwartet hatte. Sie schätzte ihn nur ein paar Jahre älter sie selbst. Er trug einen blauen karierten Anzug mit einer absolut geschmacklosen Krawatte. Außerdem war ihm alles eine gute Nummer zu klein. Aber ansonsten sah er ganz nett aus.

„Grüß Gott“, sagte er und lächelte etwas schüchtern.

 

Kapitel 3

 

Niko hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit so einer jungen, ganz normal aussehenden Frau. Er hatte eher an ein altes Weib mit grauer, fahler Haut, Warzen auf der krummen Nase und einem Buckel gedacht. Aber andererseits hatte sie sich am Telefon auch nicht so nach böser Hexe angehört. Sie war klein, hatte große grüne Kulleraugen, Sommersprossen und die dem Klischee entsprechenden roten Haare, die ihr bis zur Hüfte reichten. Sie trug ein schwarzes Dirndl mit weißer Bluse, was ihre körperlichen Vorzüge perfekt zur Geltung brachte. Ja, so sahen wahrscheinlich die Hexen aus, die man im Mittelalter verfolgt hatte: So, als ob sie mit ihrem Liebreiz jeden Mann verführten, auch den Teufel höchstselbst. Seine Hose war ihm schon so etwas eng, aber wenn er sich noch länger die Salzburger Alpen ansah, dann…

„Bitte“, sie ließ ihn in ihre kleine Hütte eintreten. Alles war aus hellem Holz, es duftete nach Zirbe. Die Sonne schien durch die Fenster, nur in der Küche war es etwas schummrig, aber die beiden nahmen am großen Holztisch im Hauptraum Platz.

„Tee?“, fragte die junge Hexe. Abigail, so hatte sie sich vorgestellt. Ein außergewöhnlicher Name.

„Gerne“, brachte er heraus. Warum war er so nervös? Er löste den Knopf seines Sakkos.

„Also, was bringt Sie zu mir? Tut mir leid, wenn Sie mir das am Telefon gesagt haben, ich habe vergessen, es zu notieren.“ Sie lächelte ihn unschuldig an, bat mit ihrem Augenaufschlag um Entschuldigung, während sie ihm Tee einschenkte.

„Ja, also, ich arbeite beim Fernsehen. Und ich darf morgen live den Präsidenten der Wirtschaftskammer interviewen. Das ist… Eine ziemliche Ehre. Und, na ja… “ Jetzt wusste er nicht mehr so recht, was er sagen sollte.

Abigail nickte. „Sie wollen selbstsicher auftreten und die richtigen Fragen stellen. Ich nehme an, sie haben sich gut vorbereitet?“

Er nickte. „Ja. Ja, natürlich. Ich arbeite sehr sorgfältig.“

Sie lächelte. „Ich auch. Und ich glaube, ich weiß, warum sie zu mir gekommen sind.“ Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu.

„Äh… Ich weiß nicht, worauf sie hinaus wollen?“, fragte er.

„Wenn sie so gut recherchiert haben, dann wissen sie, dass der Herr Präsi bei mir Kunde ist.“

Er sah aus, als würde ihm seine hässliche Krawatte auf einmal zu eng werden, denn sein Hals färbte sich oberhalb seines Kragens rosa.

„Ja, aber ich bin wirklich nicht hier, um… “, stammelte er.

Sie legte ihren Kopf schief und musterte ihn. „Das glaube ich Ihnen sogar. Sie sind nicht gekommen, um mich über diesen Mann auszufragen oder sogar um mich zu bitten, ihm Schaden zuzufügen. Sie wollen ihn einfach mit seinen eigenen Waffen schlagen.“

Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Sie konnte wahrsagen – aber konnte sie auch Gedanken lesen? Das war ja gespenstisch.

„Also Waffen ist vielleicht zu viel gesagt… Aber… “

Sie hob eine Braue. „Wenn sie morgen so mit dem Mann reden, dann wird das leider nichts mit dem tollen Interview.“

Er trank seinen Tee und wurde rot.

„Tut mir leid, ich bin sehr früh aufgestanden“, sagte er schließlich. „Und ich war noch nie bei einer… “

Wieder schoss ihre Braue in die Höhe. „Ich bitte Sie, Hexe ist wirklich kein Schimpfwort für mich.“

Er räusperte sich.

Sie musterte ihn nur kurz, was sich anfühlte, als könne sie direkt in seinen Kopf sehen – und noch schlimmer, in sein Herz.

„Keine Sorge, Herr Pramdörfer, ich weiß schon, was wir machen“, sagte sie, lächelte konspirativ und stand auf.

Nikos Blick fiel auf den Kamin, auf dessen Sims zwischen ein paar heruntergebrannten Kerzen eine Katze schlief. Die Katze hatte ein silbernes Horn zwischen den Ohren und ihr buschiger Schwanz glich einem Regenbogen.

Er wollte fragen, was das für ein Tier war, aber als Abigail zurück zum Tisch staunte er weiter: Sie trug ein altes, dickes Buch mit speckigem Ledereinband und vergilbten Seiten. Er dachte, solche Bücher gab es nur in Geschichten!

Sie lächelte. „Ich schau nur lieber nochmal nach, ob das eh der richtige Zauber ist. Ah ja, hier haben wir es.“ Sie blätterte in dem Buch bis sie die passende Seite gefunden hatte. Sie wandte sich zum Kamin, vor dem ein Bärenfell lag. Darauf lag ein Sammelsurium aus Alltagsgegenständen und anderen Dingen, die Niko nicht einordnen konnte.

Sie lächelte schüchtern. „Tut mir leid, ich hatte gestern eigentlich aufgeräumt.“ Sie hielt einen Stift und einen Notizblock in den Händen. Sie malte das Symbol, das auf der Seite des Buches abgebildet war, ab. Es glich einem Stern – es erinnerte Niko an einen Glaskristall, den seine Mutter immer an den Christbaum hängte.

„So, ich will, dass sie dieses Papier bei sich tragen, wenn sie morgen das Interview führen. Eigentlich können Sie das immer in der Jackentasche oder so haben, schaden wird es sicher nicht.“

Er murmelte ein „Danke“ und nahm das Papier entgegen, drehte es in den Händen und sah es interessiert an.

„Was ist das?“, fragte er schließlich. Wahrscheinlich fragte er sich gerade, ob er ernsthaft Geld für ein Post-it mit Kritzelei darauf zahlte.

„Eine Sigille, oder ein Hexenzettel. Ich weiß, es wirkt nicht viel, aber die haben mich noch nie im Stich gelassen.“

„Hm“, machte er. Er hatte eher Probleme, sich auf das was sie gesagt hatte, zu konzentrieren, denn sie hatte sich tief über den Tisch gebeugt und das Dirndl… Nun ja.

„Aber das ist nicht alles“, sagte sie dann und richtete sich wieder auf. Sie verschwand in die kleine Küche am anderen Ende des Raumes und kam mit einigen Gläsern in den Armen zurück.

„Mwrau?“ Die Einhornkatze war erwacht und machte nun auf sich aufmerksam. Abigail drehte sich nicht mal zu ihr herum, aber Niko konnte nicht anders, er starrte dieses Tier mit offenem Mund an.

„Ach, die tut nichts, will nur helfen“, sagte Abigail als sie seinen Blick sah.

„Ist das… “, er wusste nicht, was er fragen wollte, wie er diesen Satz zu Ende bringen sollte.

„Ja, das ist eine Einhornkatze. Irgendwelche Spinner dachten es sei lustig, Einhörner mit anderen Tieren zu paaren. Ich hab sie aus einem Labor in Ungarn gerettet.“

Niko schluckte. „Das ist ja grausam.“

Abigail zuckte mit den Schultern. „Die Absicht war, glaube ich, keine böse, man wollte halt mit aller Gewalt das Einhornsterben beenden. Sie ist allerdings eines der wenigen Tiere, das so eine Kreuzung überlebt hat und einigermaßen gesund ist.“

Er sah das Kätzchen mitleidig an. „Wie heißt sie?“

„Einhornkatze.“

„Nein, ich meinte, wie nennen Sie sie?“

„Einhornkatze.“ Abigail grinste. „Ich glaube, sie hat einen Namen, aber da sie nicht sprechen kann, weiß ich den nicht. Und wenn ich ihr einen Namen gebe, wird sie unleidig und zerstört Sachen.“

„Aha“, sagte Niko. Die Katze sprang vom Kaminsims, huschte über den Holzboden, hüpfte auf einen Stuhl und vom Stuhl auf die Tischplatte. Sie setzte sich vor Niko und putzte sich.

„Sie möchte bewundert werden“, erklärte Abigail überflüssigerweise.

Niko streckte vorsichtig die Hand aus und streichelte ihre katzigliche Mäjestät.

„Miau!“ Anscheinend gefiel ihr das.

Abigail hatte inzwischen die Gläser geöffnet und nahm mit spitzen Fingern getrocknete Kräuter heraus, die sie nach einem weiteren Blick in ihr großes Buch in eine Steinschale warf. Sie murmelte leise irgendetwas, was Niko nicht verstand. Vielleicht war es eine fremde Sprache, aber vielleicht schnurrte die Einhornkatze auch einfach zu laut.

Als die Hexe damit fertig war, machte sie merkwürdige Symbole mit der Hand über der Schale. Dann holte sie eine Packung Zündhölzer aus ihrer Rocktasche und zündete die Kräuter in der Schale an. Es zischte und bald stieg dichter, hellgrauer Rauch auf und ein merkwürdiger Duft erfüllte die Hütte. Sie machte noch ein paar Handbewegungen und der Rauch zog wie von Geisterhand in Nikos Richtung. Er wusste nicht, was er machen sollte, er saß einfach da, ließ sich von den Rauchschwaden umfangen und streichelte weiter die Katze.

„Sie können sprechen, das wird das Ritual nicht beeinflussen“, sagte sie und nippte an ihrem Tee, nachdem sie sich wieder gegenüber von ihm hingesetzt hatte. Sie beachtete den Rauch nicht weiter, als sei das das normalste, als sähe sie so etwas jeden Tag. Tat sie wahrscheinlich auch.

„Was genau macht das?“, fragte er. Er fragte sich, was sie da verbrannte. Es roch süß, holzig und sumpfig zugleich.

 

Kapitel 4

 

„Das gibt ihnen alles, was sie vor morgen brauchen: Selbstbewusstsein, Eloquenz, charmantes Auftreten… Ich will nicht sagen, dass sie das nicht eh schon haben, aber dieser Zauber verstärkt, was schon da ist und sorgt dafür, dass gar nichts mehr schiefgehen kann.“ Und niemandem wird dein merkwürdiger Anzuggeschmack auffallen. Alle werden nur denken: Mei, wer ist der junge fesche Moderator, der da so souverän durchs Programm führt?

„Ah ja, da wollte ich Sie ohnehin fragen, können sie auch was machen, damit meine Karriere ein wenig angeschubst wird?“

Abigail hob diesmal die andere Braue. Ja, du könntest dir neue Anzüge kaufen. Und andere Krawatten.

Sie sagte stattdessen: „Ja sicher, da kann ich auch was machen. Aber das kostet extra.“

Er nickte schnell. „Geld ist kein… Also, eigentlich schon, aber ich meine… äh… Sind Sie sich sicher, dass das mit der Eloquenz wirkt?“ Er verschluckte sich an seinen eigenen Worten. Wie schaffte es so jemand ins Fernsehen?

„Sie brauchen die Eloquenz ja auch morgen und nicht jetzt, Herr Pramdörfer.“

 

Sie klang so geduldig, als ob sie mit einem kleinen Kind sprach. Er wusste nicht, ob er das als Beleidigung auffassen sollte. Bevor er sich überlegen konnte, wie er darauf reagieren könnte, fuhr sie fort: „Es wird Sie kein Vermögen kosten.“ Sie griff wieder nach ihrem Buch und blätterte darin. Er bekam das Gefühl, dass sie eigentlich eh alles, was darin stand, wusste, und das nur aus Gewohnheit machte.

„Wie weit sind sie denn bereit, für ihre Karriere zu gehen?“, fragte sie und hob wieder eine Braue, als kannte sie die Antwort schon.

„Na ja, ich… “, setzte er an. „Habe gerade niemanden und nichts auf das ich Rücksicht nehmen müsste, also… “

„Interessant. Der Wirtschaftskammerpräsident und seine Freunde, die waren bereit, über Leichen zu gehen. Sie denken darüber nach, dass ihnen alles offen steht, weil sie nicht gebunden sind. Es gibt eben Männer und es gibt Männer.“

Sie ließ es so klingen als sei die eine Sorte von Männern in ihren Augen alles andere als männlich. Nur zu welcher Sorte gehört er?

Die Einhornkatze machte ein Geräusch, das so klang, als sagte sie „Blep!“ und dann gähnte sie. Niko sah zwischen der Katze und Abigail hin und her.

„Wollten Sie hören, dass ich für meine Karriere alles tun würde?“ Er war verwirrt.

„Um Himmels willen, nein. Sie machten auf mich aber auch nicht den Eindruck, als ob es für sie nur den Beruf gibt.“

Die Einhornkatze sah Niko eindringlich an und er begann, sie wieder zu streicheln. Sie maunzte zufrieden und ihre Augen wurden zu kleinen Schlitzen.

„Nein, ich… “, sagte er abwesend.

Abigail wunderte sich über diesen Mann. „Und trotzdem sitzen sie hier und bitten mich, ihre Karriere voranzutreiben, wenn sie mich auch bitten könnten, dafür zu sorgen, dass die Frau ihrer Träume sie heiratet. Oder, dass sie morgen aufwachen und perfekt Gitarre spielen können.“

Er merkte gar nicht, wie er seufzte. „Na ja, ich weiß nicht, wie sehr Sie das nachvollziehen können, aber ich konzentriere mich lieber auf die Dinge, die ich wirklich gut kann. Ich kann recherchieren, ich kann Fragen stellen und nachhaken. Im Dinge erklären bin ich auch gut. Aber Frauen oder Kunst, das kann ich nicht… nicht so gut.“ Er wurde ein bisschen rot und lächelte schüchtern.

Ich bin mir sicher, du hättest schon längst eine Frau und ein paar Kinder, wenn du dich ein bisschen besser anziehen würdest, Mensch.

„Kunst?“, fragte Abigail, statt ihre Gedanken laut auszusprechen.

„Ja, also… Ich schreibe unheimlich gerne. Habe in der Schule sogar mal einen Kurzgeschichten-Wettbewerb gewonnen. Aber, Sie wissen ja, wie das ist… “

Die Hexe lächelte mild. Jetzt hatte er endlich nicht mehr das Gefühl, dass sie sich über ihn amüsierte.

„Nein, ich weiß, um ehrlich zu sein, nicht wie das ist. Wollen Sie mir davon erzählen?“, sagte sie und schenkte beiden Tee nach.

„Na ja… Da schreibt man eine Geschichte, und da ist so viel von einem selbst drin, und dann schickt man sie an zig Verlage und keiner will sie haben. Und je öfter man das macht, desto mehr zweifelt man sich. Und niemand nimmt einen ernst. Autor, Junge, werde doch lieber Rechtsanwalt.“

Abigail nickte. „Doch, das verstehe ich. Meine Mutter hofft immer noch, dass ich zur Besinnung komme und aufhöre, eine Hexe zu sein. Sie versteht nicht, dass man sich das nicht aussucht. Es ist kein Beruf, sondern eine Berufung.“

Er nickte eifrig. „Genau so geht es mir auch.“

„Mit dem Schreiben oder mit dem Journalismus?“, fragte Abigail und grinste.

„Mit… Beidem! Wissen Sie, auch wenn ich… Selbst, wenn niemand das lesen will, was ich schreibe, ich kann es doch nicht abstellen. Ich komme abends heim und schenke mir ein Glas Wein ein und auf einmal ist es weit nach Mitternacht und ich habe zehn Seiten getippt.“

„Machen wir das so, Herr Pramdörfer, wenn Sie Ihr Buch fertig haben und sich sicher sind, dass Sie es nicht mehr besser schreiben können, dann kommen sie nochmal und ich garantiere ihnen, dass es verlegt wird. Wenn Sie das wollen.“

Seine Augen leuchteten. „Ja, aber ich weiß gar nicht, ob ich das will… “

„Natürlich tun Sie das. Sie denken nur, dass Schreiben kein richtiger Beruf ist, weil Ihre Eltern Ihnen wahrscheinlich ein Jus-Studium nahe gelegt haben. Aber jetzt kümmern wir uns erstmal um Ihre Fernseh-Karriere. Der Job scheint Ihnen ja auch wichtig zu sein.“ Mit diesen Worten stand sie auf und ging zurück zum Kamin. Oberhalb des Kaminsims hing eine Vitrine an der Wand. Sie war gefüllt mit merkwürdigen Holz-Konstruktionen und Tierschädeln. Niko fragte sich, was man damit machte… oder waren die nur zur Dekoration?

Sie kam wieder mit einer handvoll Sicherheitsnadeln.

Nun war er etwas überrascht.

„Das ist alles?“, wollte er wissen.

„Naja, wollen Sie lieber einen Fuchsschädel als Trinket?“, fragte sie und schüttelte den Kopf.

Sie ging in die Küche und kam mit kleinen braunen Fläschchen und einem Stoffsäckchen zurück.

„Haben Sie etwas Bargeld bei sich?“, fragte sie auf einmal, während sie begann, die Sicherheitsnadeln ineinander zu verhaken.

„Wozu?“

„Äh, na ja, einerseits, um mich zu bezahlen, aber ich meine eigentlich ein paar kleine Münzen. Es geht um den Symbolcharakter.“

Als er nichts sagte, fügte sie hinzu. „Aber ich bin eine moderne Hexe, ich nehme auch Karte.“

Er hörte auf die Katze zu streicheln, was diese mit einem empörten Maunzen kommentierte. Er griff in seine Innentasche seines Sakkos und holte seine Geldbörse hervor.

„Reichen ein paar Cent-Münzen?“, fragte er, als er feststellte, dass er kaum Münzgeld hatte.

„Sicher.“ Abigail streckte die Hand aus und er ließ das Kupfer hineinfallen. Dabei berührten sich die Fingerspitzen der beiden, als er seine Hand zurückziehen wollte. Abigail bekam eine Gänsehaut auf den Unterarmen – was sie nicht bemerkte, war, dass es Niko ganz ähnlich ging. Ihm lief ein angenehmer Schauer über die Wirbelsäule. Er fragte sich, ob sie das mit Absicht machte, weil sie es lustig fand, wie nervös er war. Vielleicht verzauberte sie ihn mit voller Absicht, einfach, weil sie ein böses, vom Teufel getriebenes Weib war? Woher kommen denn solche Gedanken, Niko?Sie ist einfach nur eine Frau, die ihren Job tut. Eine sehr hübsche Frau, na gut, aber sonst auch nichts.

 

Kapitel 5

 

Abigail überspielte, dass ihre Fingerspitzen immer noch kribbelten. Ja, die Einhornkatze hatte ja recht, sie war ein bisschen einsam hier oben in ihrer Hütte. Was sprach eigentlich dagegen…?

Ähm, Abigail, hallo? Er ist dein Kunde! Das kannst du nicht bringen. Außerdem ist es vom Verfassungsgerichtshof festgelegt worden, dass magische Verführung Vergewaltigung ist.

Aber wo kein Richter, auch kein…

Schluss jetzt! Schau dir diese scheußliche Krawatte an. Mit dem willst du schlafen? Ja eben. Du bist ein bisschen allein und ein bisschen sexuell frustriert. Das geht schon wieder vorbei.

Sie legte die Münzen in den kleinen Stoffbeutel und nahm die zusammengehängten Sicherheitsnadeln und träufelte einen kleinen Tropfen Ingwer-Öl auf ihren Zeigefinger. Dann rieb sie die Nadeln damit ein, während sie mit einem Auge auf das Buch schielte, um den Zauberspruch abzulesen. Sie gab die Nadeln zu den Münzen in das kleine Säckchen, band es zu und hielt es Niko hin.

„So, das sollte dafür sorgen, dass es in Ihrer Karriere vorangeht.“ Sie lächelte. Er nahm das Säckchen und drehte es in den Händen. Es war dunkelblau – die gleiche Farbe wie sein Anzug.

„Muss ich damit irgendwas machen?“

„Ja, am besten du, äh, Sie - “ Was ist denn los, Abigail? Die Einhornkatze hob den Kopf und sah sie an, als wollte sie sie auslachen. „Also, äh, am besten Sie tragen das immer bei… Lassen Sie es einfach in der Jackentasche. Es ist wichtig, dass niemand dieses Säckchen sieht und vor allem darf es niemand berühren, außer Ihnen.“

Er sah vom Säckchen zu ihr. Direkt in ihre Augen. Dann lächelte er. „Danke, Abigail. Ich bin übrigens Niko. Wir können gerne beim Du bleiben.“

Die Einhornkatze schnurrte. Abigail lächelte schüchtern. Am Ende musst du ihn gar nicht verführen. Oh Mann, Schluss jetzt! Hör auf, sowas zu denken. Du kannst nicht mit einem Kunden ins Bett gehen!

 

Sie räusperte sich also und setzte sich wieder hin. Er zog seine Geldbörse wieder hervor und zog einen viel zu großen Schein heraus.

„Äh, ich kann herausgeben, aber so viel Wechselgeld -“, setzte sie an.

Er schüttelte den Kopf. „Das stimmt so.“

Abigail blieb der Mund offen stehen. Die Einhornkatze hob ihren Kopf und sah den Geldschein an.

„Das kann ich nicht annehmen, das ist mehr als das doppelte, was ich verrechne.“ Sie schüttelte den Kopf.

Er seufzte. „Ich möchte aber, dass du das nimmst.“

„Nein.“

„Bitte, Abigail. Nicht nur für die beiden Zauber, sondern auch für das gute Gespräch.“

„Ich nehme nichts für ein gutes Gespräch.“ Sie spürte, wie sie rot wurde.

Er hielt den Geldschein immer noch in der Luft über dem Tisch. Die Einhornkatze sprang auf, fing die Banknote mit den Zähnen ein, sprang damit vom Tisch und verschwand.

Abigail seufzte. „Diese Katze… Ich sag's dir.“

Niko grinste. Ein äußerst süßes Grinsen. Seine Augen funkelten dabei und er bekam kleine Grübchen neben seinen Mundwinkeln. Und seine Wangen wurden dabei so knuffig rund, dass man am liebsten hineinkneifen wollte. Wenn da nur nicht diese geschmacklose Kleidung wäre.

„Eine sehr schlaue Katze.“

„Na gut, dann muss ich wohl Danke sagen“, sagte Abigail niedergeschlagen.

Niko nickte.

„Danke.“ Abigail senkte artig den Kopf.

„Gern geschehen, aber eigentlich habe ich zu danken.“

Danke mir erst, wenn das morgen nicht in die Hose gegangen ist…, dachte Abigail. Sie zweifelte selten an ihren Fähigkeiten, aber gerade beschlich sie ein mieses Gefühl. Sie sah hinaus zum Fenster. Okay, es war vielleicht das aufziehende Gewitter und nicht eine böse Vorahnung.

„Ich muss dann aber los. Nach Wien ist es doch ein weiterer Weg“, sagte Niko und stand auf, den Knopf an seinem Anzug schließend. Abigails Blick fiel zu seiner Hose. Eine Anzughose mit Bügelfalte, aber das rechte Hosenbein…

Oh Gott, Abigail wo schaust du denn hin?!

Fiel ihm nicht auf, dass man da sah, wie gut er bestückt war? Oder machte er das am Ende noch mit Absicht? Oder war es schlussendlich egal, weil er beim Moderieren eh immer saß? Oder war es einfach der Schnitt dieser Slim Fit-Anzüge und er bekam keine besseren Hosen? Ihr Mund wurde trocken. Sie stand auch schnell auf.

„Bist du dir sicher?“, fragte sie, als die beiden vor die Hüttentür traten. Die Luft war schon viel kälter als vorher und der Wind wehte Abigails Haare in alle Richtungen. „Das wird richtig ungemütlich!“ Sie deutete auf die Wolkenfront die über die gegenüberliegende Bergkette auf sie zuzog.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin im Auto, glaube ich, recht sicher vor Blitz und Donner“.

Dieser elendige Stadtmensch würde niemals von diesem Berg herunterkommen, jedenfalls nicht lebendig, schoss es ihr durch den Kopf.

Er reichte ihr die Hand. „Pass auf dich auf, Abigail. Und schalte morgen Abend doch ein. Um 18:00 sind wir auf Sendung.“