Adriatische Schatten: Fünf Verbrechen unter der Sonne - Mirko Kukuk - E-Book

Adriatische Schatten: Fünf Verbrechen unter der Sonne E-Book

Mirko Kukuk

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Beschreibung

"Adriatische Schatten: Fünf Verbrechen unter der Sonne" ist eine faszinierende Sammlung von Krimi-Kurzgeschichten, die Sie in die geheimnisvolle Welt Kroatiens entführt. Diese Kroatien-Krimis zeigen, dass hinter den malerischen Landschaften dunkle Geheimnisse lauern. Die salzige Meeresbrise der Adria, das Flüstern alter Steinmauern und die unheimliche Stille weitläufiger Sümpfe bilden die Kulisse für abgründige Verbrechen. Die Sammlung beginnt mit den dalmatinischen Geheimnissen. Lassen Sie sich von den Insel-Intrigen in den Bann ziehen, wenn eine Archäologin auf einer abgelegenen Insel eine jahrhundertealte Goldmünze entdeckt. Dieser spannende Historische Thriller führt durch uralte Olivenhaine und über gefährliche Klippen, während die Hitze der Ermittlungen unter der unbarmherzigen Sonne zunimmt. Doch die Bedrohung lauert nicht nur an der Küste. Weit im Landesinneren, im Naturpark Kopački Rit, entfaltet sich ein beklemmender Naturkrimi. Ein gefeierter Umweltschützer wird tot aufgefunden, und eine Ermittlerin aus Zagreb muss sich in die geheimnisvolle Welt des Sumpfgebiets wagen. Dieser packende Sumpfkrimi ist ein Wettlauf gegen die Zeit, in dem Jäger und Gejagte ihre Rollen tauschen und die dunklen Kanäle menschliche Abgründe verbergen. Die Sammlung wechselt rasant die Schauplätze: Von den engen Gassen Splits, in denen ein fesselnder Cyber-Krimi spielt, bis hin zur glamourösen Kulisse von Dubrovnik. Ein zynischer Kommissar aus Split taucht mitten im Trubel eines Festivals in die digitale Unterwelt ein, während die Jahrhunderte alten Mauern des Diokletianpalastes als Zeugen eines Hacker-Krieges dienen.. Sind Sie bereit für eine Reise in die dunklen Ecken Kroatiens? Jede Erzählung ist ein eigenständiges Abenteuer, das die Seele des Landes mit der fesselnden Spannung eines klassischen Kriminalfalls verbindet.

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Seitenzahl: 171

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Adriatische Schatten: Fünf Verbrechen unter der Sonne
Kroatien Krimis: 5 Krimi Kurzgeschichten
Mirko Kukuk
Impressum © 2025 Mirko Kukuk
Mirko KukukKleinfeld 10221149 HamburgUmschlaggestaltung: © Copyright by Mirko [email protected] Rechte vorbehaltenHerstellung: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 BerlinKontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected] Unterstützung bei Text/Bild: GeminiDie in diesem Buch dargestellten Figuren und Ereignisse sind fiktiv. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder toten realen Personen ist zufällig und nicht vom Autor beabsichtigt.
Inhalt
Titelseite
Impressum
Einleitung:
1. Das Geheimnis der dalmatinischen Inseln
Kapitel 1: Die Entdeckung
Kapitel 2: Der verschwundene Kollege
Kapitel 3: Die alte Familie
Kapitel 4: Ein Tod am Meer
Kapitel 5: Spuren der Vergangenheit
Kapitel 6: Der Kunstsammler
Kapitel 7: Der Verrat
Kapitel 8: Die Familienehre
Kapitel 9: Die finale Konfrontation
Kapitel 10: Die Auflösung
2. Der Mörder vom Kopački Rit
Kapitel 1: Der Tote im Sumpf
Kapitel 2: Die fremde Kommissarin
Kapitel 3: Erste Verdächtige
Kapitel 4: Die Spur der Pfeile
Kapitel 5: Der Kampf um Land
Kapitel 6: Die verschwundene Biologin
Kapitel 7: Ein Geständnis in der Dunkelheit
Kapitel 8: Die Auflösung
Kapitel 9: Die Gerechtigkeit
3. Split in Flammen
Kapitel 1: Der Mord in der Altstadt
Kapitel 2: Der zynische Inspektor
Kapitel 3: Die digitale Spur
Kapitel 4: Das Start-up und die Konkurrenz
Kapitel 5: Cyber-Angriff
Kapitel 6: Die Verräterin
Kapitel 7: Die Flucht
Kapitel 8: Die Konfrontation im Palast
Kapitel 9: Das Motiv
Kapitel 10: Das Nachspiel
4. Mord in der Altstadt von Dubrovnik
Kapitel 1: Der rote Teppich und der Tod
Kapitel 2: Verdächtige im Rampenlicht
Kapitel 3: Die verschwundene Festplatte
Kapitel 4: Der geheimnisvolle Kurier
Kapitel 5: Ein Schatten aus der Vergangenheit
Kapitel 6: Die alte Akte
Kapitel 7: Verrat in der Familie
Kapitel 8: Showdown auf der Stadtmauer
Kapitel 9: Der Vorhang fällt
Kapitel 10: Das Ende des Spiels
5. Die verborgene Bucht von KrK
Kapitel 1: Die einsame Entdeckung
Kapitel 2: Der Widerstand der Insel
Kapitel 3: Die Spur des Kunstsammlers
Kapitel 4: Alte Feinde, neue Freunde
Kapitel 5: Die schmutzigen Geheimnisse
Kapitel 6: Die Enthüllung des Verrats
Kapitel 7: Showdown in der Klippenstadt
Kapitel 8: Das Ende des Spiels
Nachwort:
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Einleitung:
Willkommen in Kroatien – einem Land, in dem uralte Geheimnisse unter der sengenden Sonne lauern und die Schönheit der Natur die Kulisse für tödliche Abgründe bildet. Diese Sammlung entführt Sie von den glamourösen Küstenstädten bis in die geheimnisvollen Sumpfgebiete des Landes. Folgen Sie Kommissaren, die sich in historischen Gassen und digitalen Welten verlieren, während sie versuchen, die Wahrheit hinter den sorgfältig inszenierten Fassaden zu finden. Fünf fesselnde Kriminalfälle warten darauf, gelöst zu werden.
1. Das Geheimnis der dalmatinischen Inseln
Prolog
Die Sonne über der Adria kann erbarmungslos sein. Sie brennt nicht nur auf das Land, sondern auch auf die Geheimnisse, die in den Steinen der dalmatinischen Inseln schlummern. Auf Brač, wo die Zeit stillzustehen scheint und alte Legenden in den Gesichtern der Menschen weiterleben, schlummert eine Geschichte von verfluchten Schätzen und Verrat.
Die Dorfbewohner erzählen sich, dass bestimmte Dinge der Insel gehören und jene, die versuchen, sie an sich zu reißen, das Unglück heraufbeschwören. Doch die Moderne erreicht auch die kleinste Insel. Mit ihr kommen die Gier des Kunsthandels und die Neugier der Wissenschaft.
Ein einzelnes Stück Gold, vergessen in der Erde einer verlassenen Olivenmühle, soll die Katastrophe auslösen. Es ist der Schlüssel zu einem tief verborgenen Geheimnis, das das Leben einer Archäologin aus Zagreb, eines pragmatischen Kollegen und eines zynischen Polizisten für immer verändern wird. Sie alle müssen in die Dunkelheit der Vergangenheit eintauchen, um einen Mörder zu finden und das Rätsel eines Schatzes zu lüften, der für die einen eine Legende und für die anderen eine Waffe ist. Bald wird die Wahrheit ans Licht kommen, und Brač wird nie wieder dasselbe sein.
Kapitel 1: Die Entdeckung
Die Luft auf Brač war eine eigene, betörende Mischung aus Salz und den würzigen Aromen von Rosmarin und Thymian, die aus den trockenen Felsen wuchsen. Laura atmete tief ein, während sie sich in der verlassenen Olivenmühle bückte. Das alte, steinerne Gebäude war seit Jahrzehnten verlassen, seine Mauern von der Sonne ausgebleicht und der Türsturz von Lianen überwuchert. Doch für sie war es nicht nur ein verfallener Ort, sondern ein lebendiger Teil ihrer Familiengeschichte. Ihr Großvater, ein Fischer von der Insel, hatte ihr oft von den Geschichten der Alten erzählt, von den Legenden, die in jeder Steinritze und unter jedem Olivenbaum zu stecken schienen. Jetzt, als Archäologin aus Zagreb, kehrte sie mit einem ganz anderen Auftrag zurück – und spürte die Last des Erbes auf ihren Schultern.
Der Boden unter ihr war hart und rissig, durchsetzt mit kleinen Steinen und dem Staub von Jahrhunderten. Laura schwitzte, die Sonne brannte unbarmherzig auf das Wellblechdach, das die Mühle nur unzureichend schützte. Ihr Kollege Filip, ein wortkarger, aber effizienter Archäologe, arbeitete ein paar Meter von ihr entfernt. Er war ganz auf die technische Seite der Ausgrabung konzentriert, notierte akribisch jede Keramikscherbe, jede Schicht von Erde. Für ihn war es ein wissenschaftliches Projekt, ein Job. Für Laura war es eine Suche nach einem Echo der Vergangenheit.
Plötzlich spürte ihr Spaten einen Widerstand, der sich anders anfühlte als Stein oder Wurzel. Es war ein weiches, metallisches Klacken. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie legte den Spaten beiseite und griff nach ihrer kleinen Kelle, um die Erde vorsichtig abzukratzen. Ein schwaches goldenes Schimmern kam zum Vorschein. Ihre Hände zitterten, als sie die letzten Erdkrümel entfernte. Da lag sie: eine handgroße, perfekt erhaltene Goldmünze. Ihre Oberfläche war nicht zerkratzt oder beschädigt. Sie schien die Zeit in einem Kokon aus Erde überdauert zu haben. In der Mitte war ein kunstvoll gestaltetes Wappen eingeprägt, das sie sofort als das eines antiken dalmatinischen Adelsgeschlechts erkannte.
„Filip! Komm her, schnell!“, rief sie, und ihre Stimme brach beinahe vor Aufregung.
Filip kam herüber, sein Gesicht noch immer von der Hitze und der Arbeit gezeichnet, aber seine Augen weiteten sich, als er sah, was sie gefunden hatte. Er kniete sich neben sie und betrachtete die Münze mit einer fast ehrfürchtigen Stille. Dann durchbrach sein pragmatischer Instinkt die Stille. „Das ist… unfassbar. Der Zustand, die Details… Das muss einen irren Wert haben. Wissenschaftlich und monetär.“
Laura nahm die Münze behutsam in die Hand. Sie war schwerer, als sie gedacht hatte. Eine Welle von Emotionen überkam sie – Stolz, Ehrfurcht, und ein tiefes, unerklärliches Gefühl der Verbundenheit. Dieses Stück Gold verband ihre wissenschaftliche Welt mit den Geschichten ihres Großvaters. Es war, als ob die Vergangenheit ihr eine Botschaft schickte.
Die Nachricht von dem Fund verbreitete sich auf der kleinen Insel wie ein Lauffeuer. Am Abend, als Laura und Filip im einzigen Gasthaus des Dorfes saßen, spürte sie die Blicke der Einheimischen auf sich. Einige sahen sie mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung an, andere mit offener Skepsis. Ein alter Mann, dessen Gesicht von unzähligen Sommern gegerbt war, murmelte etwas in den Raum, das Laura gerade noch verstand. „Der Schatz ist verflucht. Er bringt nur Unglück.“ Sie versuchte, seine Worte abzutun, aber ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit.
In den folgenden Tagen spürte Laura das wachsende Misstrauen. Die Kinder, die ihr zuvor winkten, blickten nun schüchtern zu Boden. Die Fischer, die sie freundlich grüßten, wandten den Blick ab. Nur Filip blieb unbeeindruckt. Er verbrachte seine Abende damit, die Münze zu fotografieren, zu messen und ihre Inschriften zu katalogisieren. Er sah in ihr nur ein Forschungsobjekt, einen Meilenstein für die Universität Split. „Sie sind nur neidisch“, sagte er eines Abends beiläufig, als er die Münze in einem verschließbaren Kasten verstaute. „Aber morgen früh melden wir den Fund der Universität. Das ist der wichtigste Schritt.“
Laura nickte, doch der Gedanke an die Worte des alten Mannes und die misstrauischen Blicke der Dorfbewohner ließ sie nicht los. Die Sonne sank in einem spektakulären Rot über dem Meer, während der Wind durch die Olivenhaine strich. Sie spürte, dass mit der Entdeckung dieser unscheinbaren Münze etwas in Gang gesetzt worden war, das weit über eine einfache archäologische Entdeckung hinausging. Etwas, das die alten Legenden der Insel wieder aufleben ließ und eine gefährliche, unbekannte Strömung unter der ruhigen Oberfläche Dalmatiens weckte. Der Abend endete, aber die Unruhe in Lauras Magen blieb. Sie ahnte noch nicht, dass das Geheimnis der dalmatinischen Inseln gerade erst begonnen hatte, sich zu entfalten.
Kapitel 2: Der verschwundene Kollege
Der Morgen brach nicht mit dem gewohnten Zwitschern der Vögel oder dem sanften Rauschen der Wellen an, sondern mit einer kalten Stille. Laura war die Erste, die am improvisierten Basislager der Archäologen ankam – einem kleinen, gemieteten Steinhaus am Rand des Dorfes, das als Lager und Büro diente. Die Tür stand einen Spalt offen. Sie schob sie auf und rief: „Filip? Bist du schon draußen?“ Keine Antwort. Ein ungutes Gefühl überkam sie.
Sie ging hinein. Die Utensilien für die Ausgrabung lagen ordentlich aufgereiht, die Karten der Grabungsstätte hingen an der Wand. Aber der kleine, verschließbare Kasten, in dem Filip die Münze verstaut hatte, war offen. Die Münze war weg. Lauras Herz sank. Sie rannte aus dem Haus und schaute sich um. Keiner der Fischer, die in der Morgendämmerung ihre Netze sortierten, hatte Filip gesehen. Sein Jeep stand noch vor dem Haus, die Schlüssel hingen am Haken. Er war nicht einfach losgefahren.
Ihre Beine trugen sie von selbst zum kleinen, unscheinbaren Polizeibüro, das kaum größer als ein Wohnzimmer war. Die gelbliche Farbe der Wände und der Geruch von abgestandenem Kaffee trafen sie, als sie eintrat. Auf einem wackeligen Schreibtisch stand ein alter Ventilator, der vergeblich versuchte, die drückende Sommerhitze zu vertreiben, indem er nur heiße Luft hin und her schob.
Hinter dem Schreibtisch saß Marko, der örtliche Polizist. Ein Mann in den Fünfzigern, dessen Gesichtsausdruck irgendwo zwischen Apathie und Zynismus stecken geblieben war. Seine Uniform schien ihm zu groß zu sein, und seine Augen, müde vom ewigen Anblick der gleichen Gesichter und der gleichen kleinen Vergehen, musterten Laura ohne jegliches Interesse.
„Was gibt’s?“, brummte er.
„Mein Kollege, Filip, ist verschwunden. Und die Goldmünze, die wir gefunden haben, ist auch weg.“ Laura versuchte, ihre Stimme ruhig zu halten, doch sie zitterte leicht.
Marko lehnte sich in seinem Stuhl zurück, der mit einem lauten Knarzen protestierte. Er kratzte sich am Kinn. „Verschwunden, sagen Sie? Und die Münze auch. Zufällig. Wissen Sie, so ein Goldstück ist viel Geld wert. Ein junger Mann braucht nur eine schnelle Entscheidung zu treffen. Eine Flasche zu viel am Abend, ein paar unbedachte Worte… und schon überwiegt die Gier.“
„Filip würde das niemals tun! Er ist ein Wissenschaftler! Er war besessen von der Münze, aber nur wegen ihres historischen Wertes“, widersprach Laura.
Marko zuckte mit den Schultern. „Historischer Wert bezahlt keine Schulden, und er kauft auch keine schicke Wohnung in Zagreb. Viele kommen hierher, suchen einen schnellen Schatz und hauen ab. Das ist die logischste Erklärung. Ein einfacher Fall.“
„Aber seine Sachen sind noch da! Sein Jeep! Das ergibt keinen Sinn“, insistierte Laura. „Bitte, Sie müssen das untersuchen. Ich bin mir sicher, ihm ist etwas zugestoßen. Und ich glaube, es hat mit der Münze zu tun.“
Marko seufzte. „Hören Sie, das sind Hirngespinste, die Sie wegen der Aufregung haben. Er ist ein erwachsener Mann, er kann gehen, wohin er will. Ich habe hier genug mit den Kleinkriminalitäten der Touristen zu tun, ich habe keine Zeit für einen Ausreißer, der sich wahrscheinlich gerade in Split mit einem Auktionshaus trifft. Wenn er in ein paar Tagen nicht zurück ist, können wir darüber reden.“
Lauras Enttäuschung wuchs ins Unermessliche. Er sah in Filip nur einen opportunistischen Dieb und in ihr eine naive Archäologin. Er glaubte den Gerüchten der Einheimischen über den vermeintlichen Fluch, die Gier der Außenstehenden, aber nicht an die Möglichkeit, dass ein Verbrechen begangen wurde. Marko war ein Mann der Insel, der die Welt nur durch die Linse seiner begrenzten Erfahrung sah. Er vertraute den alten Geschichten mehr als den Fakten, die ihm vorlagen.
Sie stand auf, ein Gefühl der Ohnmacht überkam sie. „Ich glaube Ihnen nicht“, sagte sie leise. „Filip ist nicht abgehauen. Und ich werde es beweisen.“
Sie verließ das kleine Büro, die Tür klapperte hinter ihr im Wind. Die Sonne schien schon hoch am Himmel, und die Hitze war kaum noch zu ertragen. Doch Lauras Entschlossenheit war stärker als die Hitze oder die Apathie des Polizisten. Wenn die Polizei ihr nicht half, würde sie es selbst tun. Sie würde nicht aufgeben, bis sie die Wahrheit über Filips Verschwinden herausgefunden hatte. Die Stille des Morgens hatte eine neue Bedeutung bekommen – sie war die Stille vor dem Sturm. Und Laura wusste, dass sie sich allein in diesen Sturm begeben musste, um die Antworten zu finden, die Marko nicht einmal suchen wollte.
Kapitel 3: Die alte Familie
Das Anwesen der Familie Kovačić thronte auf einem Hügel, als würde es die Insel vor den Blicken der Welt schützen wollen. Das alte steinerne Herrenhaus war von Generation zu Generation weitergegeben worden, ein Monument der Beständigkeit in einer sich ständig wandelnden Welt. Von den Fenstern aus hatte man einen atemberaubenden Blick auf das tiefblaue Meer, das in der Nachmittagssonne glitzerte. Laura stieg die alten, knarrenden Stufen hinauf, die zum Eingang führten. Sie spürte eine Mischung aus Ehrfurcht und Anspannung. Die Kovačićs waren die Wächter der alten dalmatinischen Seele der Insel, eine Familie, die tief in der Geschichte und den Legenden Bračs verwurzelt war.
Die Tür öffnete sich, bevor sie überhaupt klopfen konnte. Vjera Kovačić, die Matriarchin, stand im Türrahmen. Sie war eine Frau in den Siebzigern mit einem Gesicht, das von feinen Falten durchzogen war, die die Weisheit eines ganzen Lebens trugen. Ihre Augen waren scharf und durchdringend, und sie musterte Laura von Kopf bis Fuß, als würde sie jede ihrer Absichten durchleuchten wollen. Sie trug ein schlichtes, schwarzes Kleid und hielt eine Schale mit getrockneten Feigen in der Hand. Der Duft von den Feigen und alten Büchern erfüllte die Luft.
„Die Archäologin“, sagte Vjera mit einer tiefen, rauen Stimme, die zu den alten Gemäuern passte. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. „Ich habe von dem Fund gehört. Kommen Sie herein.“
Laura trat in den kühlen, dunklen Flur, wo Bilder von Vorfahren die Wände zierten. Ihre Blicke, eingefangen in alten Holzrahmen, schienen Laura ebenfalls zu studieren. Vjera führte sie in ein Wohnzimmer, das spartanisch, aber mit einer unverkennbaren Eleganz eingerichtet war. Ein großer, offener Kamin dominierte den Raum, und auf dem Kaminsims standen kleine, handgeschnitzte Figuren.
„Sie suchen nach Antworten“, sagte Vjera, während sie sich in einen schweren Sessel setzte. „Über die Münze und den verschwundenen Kollegen.“
„Ja“, antwortete Laura und setzte sich auf einen Stuhl ihr gegenüber. „Filip ist weg, und die Münze auch. Ich habe das Gefühl, das hat etwas mit dem, was Sie und die anderen über einen ‚verfluchten Schatz‘ sagen, zu tun.“
Vjeras Blick verhärtete sich. Sie legte die Feigenschale beiseite. „Es ist keine Geschichte, es ist eine Legende. Ein Schatz, der nicht den Menschen, sondern dem Meer und dem Land gehört. Wer versucht, ihn zu nehmen, wird von Unglück heimgesucht. Die Menschen, die Sie gestern im Gasthaus sahen, die skeptisch waren, sie wissen das. Ihre Familien haben es über Generationen erfahren. Der Schatz hat immer nur Unheil gebracht.“
„Was für ein Unheil?“, fragte Laura.
Vjera zögerte. Sie faltete ihre Hände im Schoß. „Die Legende erzählt von einem Schiffswrack im neunzehnten Jahrhundert, das einen wertvollen Schatz an Bord hatte. Viele Fischer starben bei dem Versuch, ihn zu bergen. Viele Familien wurden entzweit. Und der Schatz wurde nie gefunden. Bis jetzt.“
„Aber meine Familie war doch auch von hier“, sagte Laura. „Mein Großvater war Fischer. Hat er etwas darüber gewusst?“
Vjera sah sie mit einem unlesbaren Ausdruck an. „Ihr Großvater war ein guter Mann. Er wusste, dass bestimmte Geheimnisse besser im Meer begraben bleiben. Manchmal ist die Gier der Menschen gefährlicher als die See selbst. Die Münze… sie ist ein Zeichen, eine Warnung.“
Laura spürte, dass Vjera mehr wusste, als sie zugab. Es war nicht nur die Geschichte eines allgemeinen Fluchs, sondern etwas Persönliches, das die Familien Kovačić und ihre eigene verband. Sie spürte eine tiefe Traurigkeit in Vjeras Augen, die sich nicht auf die bloße Legende beschränken ließ.
„Der Polizist glaubt, Filip sei mit der Münze abgehauen“, sagte Laura.
Vjera lachte bitter auf. „Marko? Er ist ein Junge der Insel, der sich lieber auf die Geschichten der Alten verlässt als auf die Vernunft. Er hat keine Ahnung, wie die Welt draußen funktioniert, und er hat kein Interesse daran. Aber er ist ein guter Mann, auf seine Art. Wenn er erst einmal überzeugt ist, dass Filip nicht freiwillig gegangen ist, wird er seine Arbeit tun.“
Die Unterhaltung drehte sich im Kreis. Vjera erzählte weiterhin von der Legende, aber jedes Mal, wenn Laura versuchte, einen direkten Hinweis auf das Verschwinden Filips oder einen konkreten Grund für das Unheil zu bekommen, wich Vjera aus. Ihre Antworten waren vage, in Metaphern gehüllt. Doch die Art, wie sie die Worte „verfluchter Schatz“ aussprach, ließ Laura keinen Zweifel daran, dass es sich um eine konkrete, traumatische Erfahrung handelte, nicht nur um eine überlieferte Geschichte.
Als Laura aufstand, um zu gehen, begleitete Vjera sie zur Tür. „Sie sind anders, als die anderen Archäologen“, sagte die Matriarchin. „Sie spüren die Geschichte der Insel nicht nur in den Steinen, sondern auch in Ihrem Blut. Seien Sie vorsichtig. Nicht alles, was glänzt, ist Gold, und nicht jede Legende ist bloß eine Legende.“
Laura verließ das Herrenhaus mit einem Gefühl der Enttäuschung, aber auch mit einer neuen, unbequemen Gewissheit. Die Geschichte ihres Großvaters und die von Vjeras Familie waren auf irgendeine Weise miteinander verknüpft. Und dieses alte Geheimnis war die Ursache für das Misstrauen der Dorfbewohner und möglicherweise für Filips Verschwinden. Sie hatte das Gefühl, einen weiteren, wichtigen Teil des Puzzles gefunden zu haben, auch wenn er noch unklar war. Die Kovačićs waren keine einfachen Gläubigen an einen Fluch – sie waren Hüter eines Geheimnisses. Und Laura war entschlossen, es zu lüften.
Kapitel 4: Ein Tod am Meer
Die Morgensonne hatte die dramatische Küste von Brač bereits in ein gleißendes Weiß getaucht. Die steilen, kalkweißen Klippen fielen jäh in das tiefe, türkisblaue Meer ab. Der Wind heulte in den Felsvorsprüngen, und das unaufhörliche Rauschen der Wellen, die gegen die Felsen schlugen, füllte die Luft. Es war ein wilder, einsamer Ort, der die ungezähmte Schönheit der Insel widerspiegelte.
Laura war zusammen mit Marko, dem Polizisten, dort. Ein Fischer, der seine Netze auswarf, hatte etwas Rotes am Fuße der Klippe gesehen. Marko hatte sie widerwillig mitgenommen, nachdem Laura ihn seit den frühen Morgenstunden mit Anrufen und Bitten bombardiert hatte. Er hatte eingewilligt, aber seine Skepsis war noch immer spürbar. „Wahrscheinlich ein Tourist, der unachtsam war“, hatte er gesagt, als sie in seinem staubigen Polizeiwagen über die holprigen Straßen fuhren.
Nun standen sie am Rand der Klippe und schauten hinunter. Das rote Etwas war unverkennbar: Filips Rucksack. Ein leiser Schrei entfuhr Laura. Marko, der seinen Blick noch immer mit einer gewissen Abwesenheit in der Ferne schweifen ließ, kniff die Augen zusammen und holte sein Fernglas hervor. Er blickte durch, verharrte eine Sekunde, und senkte es dann langsam. Sein Gesicht, das zuvor so apathisch wirkte, hatte sich zu einer ernsten Maske gewandelt.
„Da unten… ist eine Leiche“, sagte er leise. „Es… es ist er.“
Die beiden mussten einen langen, gefährlichen Abstieg über einen schmalen, scharfkantigen Pfad antreten, um zum Fuße der Klippe zu gelangen. Als sie ankamen, lag Filips Körper auf dem kühlen, nassen Steinboden, sein Körper seltsam verrenkt. Der Anblick war erschütternd. Lauras Augen füllten sich mit Tränen, die Wut und Trauer miteinander vermischten. Der Pragmatismus, der ihre Arbeit sonst bestimmte, wich einem tiefen, menschlichen Schmerz. Er war nicht abgehauen, er war ermordet worden.
Marko, der die Leiche professionell begutachtete, beugte sich hinunter. Er untersuchte die Kleidung, die Position des Körpers. „Es sieht aus wie ein Unfall“, murmelte er mehr zu sich selbst als zu Laura. „Er ist wahrscheinlich zu nah an den Rand gekommen und gestürzt.“
„Das glaube ich nicht“, sagte Laura mit fester Stimme. „Er war ein vorsichtiger Mensch. Und er war nur hier, weil jemand die Münze wollte. Und jetzt ist er tot. Das ist kein Zufall, Marko.“
Marko seufzte. „Eine Autopsie wird es klären. Aber in den meisten Fällen…“
Er brach ab, als er seinen Blick auf Filips Nacken richtete. Er beugte sich noch tiefer, seine Hand zitterte leicht, als er den Kragen von Filips T-Shirt hochzog. Dann erblickte er einen feinen, roten Abdruck. Etwas, das aussah wie ein Kratzer oder eine leichte Quetschung. Es war zu klein, um beim Sturz entstanden zu sein. Es war eine Verletzung, die man nur erleiden konnte, wenn man von hinten gestoßen wurde, genau an der Stelle, wo jemand hätte drücken können.