Albtraum Erziehungsheim. Die Geschichte einer Jugend - Krone Dietmar - E-Book

Albtraum Erziehungsheim. Die Geschichte einer Jugend E-Book

Krone Dietmar

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Beschreibung

Dietmar war ein ungewolltes Kind. Als der Junge knapp ein Jahr alt ist, gibt ihn die Mutter zur Oma, doch die stirbt früh. Als Dietmar wieder in der Obhut seiner Mutter ist, misshandelt diese das Kind schwer. Sie verbannt den Jungen für Jahre auf den mit Sperrmüll verstellten, dunklen Dachboden. Halb verhungert wird Dietmar in einem Kinderheim wieder aufgebaut. Als er erneut in die Obhut der Mutter gelangt, setzt diese ihre brutalen Misshandlungen fort. Ein Wechsel zwischen Krankenhaus, Verwandten und Heimen bestimmt seine frühe Jugend. Dietmar findet Anschluss an eine religiöse Gemeinde, lernt Herbert kennen, der sich liebevoll und aufopfernd um das Kind sorgt. Als die Mutter davon erfährt, denunziert sie Herbert. Dietmar kommt in eine Erziehungsanstalt. Er landet in der wahren HÖLLE. Eine wahre Geschichte. Sie zeigt, wie wehrlos ein Kind ist.

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Dietmar Krone

Albtraum Erziehungsheim

Die Geschichte einer Jugend

Engelsdorfer Verlag

2011

Bibliografische Information durch

Die Deutsche Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Sämtliche Namen sowie etliche

Ortsnamen wurden geändert!

Copyright (2011) Engelsdorfer Verlag

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

href="http://www.engelsdorferverlag.de">www.engelsdorferverlag.de

Inhalt

Inhalt
Prolog
Frühe Kindheit und Jugend
Unerwünscht
Das Knusperhaus
Schlechte Ernährung
Gebrauchsobjekt Kind
Der Gerichtsvollzieher
Nach der Schule arbeiten
Der Zusammenbruch
Die Fürsorge wird aufmerksam
Die Werbezettel
Der Milchhof
Die Gärtnerei
Ich will das Geld
Meine Dachbude
Mein Vater
Meine Mutter
Lennep
Das Waldheim
Stilles Verlangen
Vaters Tod
Mutters Bekanntschaften
Rausgeschmissen
Der Kinderschänder
Die Gemeinde
Verprügelt
Mein Helfer und sein Niedergang
Albtraum Schule
Der Sündenbock
Die Fürsorgeschwester
Ein böses Nachspiel
Leere Versprechungen
Schlimmer Besuch
Wieder zu Hause
Gleich zu Herbert
Er schickt mich weg
Selbstmordgedanken
Geflüchtet
Unsere Festnahme
Das Verhör
Das Urteil
Die Abholung
Das Heim
Die Aufnahmegruppe
Geschunden und erniedrigt.
Erzwungene Kinderarbeit
Montage im Akkord
Teuere Briefe
Eine große Gemeinheit
Was soll das sein?
Pfarrer Wichters
Einkäufe im Heim
Stell dich nicht so an
Die schwere Arbeit auf den Feldern
Die Heimküche
Jeder Tag beginnt mit Angst
Abendgedanken
Hackordnung und Intrigen
Fluchtversuche
Tommy
Weihnachten im Heim
Warten auf Besuch
Schwerste Misshandlung
Einlieferung in die Psychiatrie
Martin
Martins Freundschaft
Schlechte Mitteilung
Der Anwalt
Unglaublich
Abschied und Freiheit
Deutliche Spuren der Vergangenheit
Ohne Zeugnisse keine Arbeit
Privater Bereich
Schuld, Erkenntnis und Hoffnung
Warum das alles?
Spätes Wiedersehen
Mein Manuskript
Mit dem Filmteam im Heim
Die Erinnerung kehrt zurück
Ulrike
Im Erziehungsheim

Bei Großmutter ca. 1956

Prolog

Mein Buch soll eine Ermahnung an alle zukünftigen Eltern, Erzieher und Pädagogen sein. Sie sollen nicht die Fehler begehen, die in der Vergangenheit einst ihre Vorgänger gemacht haben.

Ich möchte von den Erlebnissen aus meiner geraubten Jugendzeit berichten. Ich möchte davon berichten, als ich als dreizehnjähriges Kind ohne ersichtliche Gründe, in eine geschlossene Erziehungsanstalt gesteckt wurde, und dort in der tiefsten Hölle landete.

Ich will über die schlimmen Verbrechen gegen die Menschlichkeit berichten.

Ich will berichten, wie ich und viele andere Kinder dort misshandelt und gedemütigt wurden.

Ich will darüber berichten, wie wir geprügelt und tagelang bei völliger Dunkelheit, bei Wasser und trockenem Brot, eingesperrt wurden.

Ich will auch Zeugnis darüber ablegen, welche Folgen der Heimaufenthalt, für das spätere Leben hat.

Statt den Schutzbefohlenen Kindern ein würdiges Heim und Geborgenheit zu geben, wurden viele Kinder oft Opfer schwerster Misshandlungen an Leib und Seele.

Statt den Kindern einen sicheren Weg zu bahnen, sie auf das Leben vorzubereiten, wurden sie zumeist als billige Arbeitskräfte für das Wohl der Heimbetreiber ausgenutzt. Der Lohn für die erpresste und erzwungene Kinderarbeit, war oftmals die Peitsche, oder andere, unmenschliche Züchtigungsmethoden. Hier wurde das Kind als Gebrauchsgegenstand benutzt, als billigstes Arbeitstier.

Eine vorschnelle Unterschrift in Behörden und Ämtern, haben unschuldigen Kindern die schönste Zeit, ihre Jugendzeit, geraubt. Ohne gewissenhafte Überprüfung, wurden in den Ämtern oft Denunzianten, moralpredigenden Fürsorgeschwestern und anderen Intriganten mehr Glauben geschenkt, als einem unschuldigen Kind.

Der zarte Faden Jugendzeit wurde abgeschnitten, und an das eiserne Band von Willkür und lebendigem Begraben sein, angeknüpft.

Hohe Mauern, Stacheldraht, verschlossene Türen und Tore. Ausgeliefert an lieblose und brutale Erzieher, die oft keine pädagogische Ausbildung hatten, und nicht das geringste Verständnis für Kinder besaßen. Sie zerstörten die jungen Geschöpfe bis auf den Grund ihrer Seele.

Wer in einer solchen Fürsorgehölle für Jahre eingesperrt war, ist für sein weiteres Leben schwer gezeichnet und traumatisiert.

Ich möchte mit meinem Buch und mit meinen Lesungen dazu beitragen, dass so etwas nie wieder geschieht. Kinder sind unsere zukünftige Gesellschaft, daher müssen wir sorgfältig mit ihnen umgehen.

Dietmar Krone

Frühe Kindheit und Jugend

Es war im Jahr 1954, als ich einen Monat zu früh das Licht der Welt in Remscheid Lennep erblickte. Als meine Mutter heftige Wehen bekam, wurde sie von einer Nachbarin in das kleine Krankenhaus der Stadt gebracht. Es gab damals keine Taxen in diesem kleinen Ort, und es fuhren auch keine Autobusse.

Mein Vater konnte meiner Mutter nicht helfen, da er wieder einmal volltrunken war. Ein paar Stunden später, brachte mich meine Mutter zur Welt. Es war der 10. Mai 1954, um 5.35.

Mein Vater kam am nächsten Morgen – wieder völlig betrunken – ins Krankenhaus, was meine Mutter sehr verletzt hat. Er wollte mich sehen, aber das wurde ihm verweigert. Ich lag im Brutkasten, und die Ärzte wussten noch nicht, ob sie mein kleines Leben erhalten konnten. Es war damals noch sehr schwer, einem Achtmonatskind das Leben zu erhalten.

Mein Vater wollte meinen Namen bestimmen. Er wollte, dass ich Thorsten genannt werde. Meine Mutter wollte mich aber Dietmar nennen. Der Streit war so laut, dass eine Krankenschwester meinen Vater aufforderte, das Krankenzimmer sofort zu verlassen. Sie schimpfte mit ihm. Er sollte sich schämen, in einem solchen Zustand hier anzukommen. Mein Vater suchte dann seine Stammkneipe auf und feierte meine Geburt. Nach einer Woche wurde meine Mutter aus dem Krankenhaus entlassen. Ich musste weiter im Brutkasten heranwachsen.

Unerwünscht

Über meine Geburt war weder meine Mutter, noch mein Vater begeistert. Ich war eben passiert, ein peinlicher Unfall. Für Verhütungsmittel war anscheinend kein Geld da, wohl aber für Alkohol. Meine Mutter erzählte mir oft mit einem hasserfülltem Gesicht, dass sie mehrfach versuchte, mich abzutreiben.

In der Altstadt wohnte eine Engelmacherin, die mit einer Saugglocke, Stricknadeln oder Seifenlauge versuchte, mein kleines Leben auszulöschen. Die Ehe meiner Eltern war schon seit langer Zeit gescheitert, und nun auch noch ein Kind.

Meine Mutter wurde auch oft von meinem Vater geschlagen, wenn er mal wieder völlig betrunken war. Meine Mutter flüchtete dann mit mir zu ihrer Mutter, die in der Altstadt wohnte.

Oft blieb ich als Kleinkind mehrere Wochen bei meiner Großmutter. Meine Mutter kam nur ab und zu vorbei, damit sie mich stillen konnte. Das hat zu Entwicklungsstörungen geführt. Als ich ungefähr elf Monate alt war, bekam ich eine doppelseitige Lungenentzündung, und musste wieder ins Krankenhaus. Es war wieder eine lebensbedrohliche Situation, zumal ich durch die Benutzung einer unsterilen Spritze auch noch zusätzlich eine Bauchhöhlenvereiterung bekam. Nur durch eine sofortige Notoperation konnte ich gerettet werden. Eine Nachbarin erzählte mir viele Jahre später, dass das Fenster im Schlafzimmer oft weit offen stand und ich den ganzen Tag geschrien habe. Es war eiskalter Winter, und die Nachbarin hat meine Mutter mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass sie das Fenster schließen soll, denn ich könnte eine Lungenentzündung bekommen. Vermutlich war das Absicht und die beste und unauffälligste Art, sich meiner zu entledigen. Die Kindersterblichkeit in den frühen fünfziger Jahren war ohnehin noch sehr hoch, und es wäre auch nicht weiter aufgefallen.

Da mein Vater regelmäßig seinen Wochenlohn in einer Kneipe ließ, musste meine Mutter in verschiedenen Haushalten putzen gehen. Mein Vater ging während dessen in die Kneipe. Da man mich zu Hause noch nicht alleine lassen konnte, nahm er mich mit in seine Stammkneipe. Es ist mehrfach vorgekommen, dass mein Vater mich dann einfach im Suff – vergessen – hatte. Fremde Leute haben mich dann nach Hause gebracht.

Das Knusperhaus

Ich erinnere mich noch an ein älteres Ehepaar, die wohnten in der Kölner Strasse. Die waren immer sehr lieb zu mir, und ich bekam öfters etwas Leckeres zugesteckt, manchmal auch ein paar Groschen. Ich war ungefähr 4 oder 5 Jahre alt.

Von diesen freundlichen Menschen bekam ich zu Weihnachten ein schönes Knusperhaus geschenkt. Das war eine unsägliche Freude für mich, denn es war nie Geld da, für mich ein Spielzeug zu kaufen oder mir eine Freude zu machen.

Die Figuren des Knusperhäuschens waren aus Marzipan und das ganze Häuschen mit vielen Leckereien beklebt. Der Zaun war aus Zuckerguss und das Dach mit Schokolinsen beklebt. Vor dem Knusperhaus stand ein kleines Reh aus Marzipan, das fand ich ganz besonders schön. Als ich von einem längerem Aufenthalt bei meiner Großmutter zurückkam, waren sämtliche Figuren verschwunden Es waren nur noch Bruchstücke des Häuschens übrig. Mein Vater hatte alles aufgegessen. Das hat mir einen sehr großen Schmerz zugefügt, und ich habe bitterlich geweint. Mein Vater, der wieder betrunken war, wurde darauf hin aggressiv und versetzte mir eine Ohrfeige. Der Rest vom Knusperhaus flog gegen die Wand. Aus der Traum.

Dieses Erlebnis, werde ich nie vergessen. Als ich in Berlin war, habe ich mir zur Weihnachtszeit öfters ein schönes Knusperhaus gekauft. Daran habe ich sehr viel Freunde gehabt, und das hat mir keiner zerstört.

Oben in der Kölner Strasse gab es ein kleines Lebensmittelgeschäft. Damals äußerte man seine Wünsche noch vor der Ladentheke und die Inhaberin, Frau Beckmann, kramte alles aus den Regalen hervor. Am Ersten des Monats wurde dann meistens die Rechnung bezahlt. Manchmal haben wir auch einige Zeit gehungert, weil am Monatsanfang schon kein Geld mehr da war, um die Rechnung zu bezahlen. Mein Vater hatte das so dringend benötigte Geld in der Kneipe gelassen.

Es war eine schlimme Zeit. Ich habe unter der Trunksucht meines Vaters sehr leiden müssen. Oft hat uns dann meine Großmutter etwas von ihrer kleinen Rente abgegeben, damit meine Mutter etwas zu essen kaufen konnte.

Schlechte Ernährung

Ich erinnere mich daran, dass es für mich immer nur Haferflocken mit Kakao und Zucker vermischt, zu essen gab. Das Zeug wurde im Mund immer mehr. Zu trinken gab es ausschließlich Leitungswasser oder alten Kaffee, der vom Morgen übrig war.

Rübenkraut, Marmelade und Streichkäse, waren jahrelang an der Tagesordnung. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter einmal richtiges Essen gekocht hat, es gab meistens nur Fertiggerichte aus der Dose.

Zum Geburtstag bekam ich jedes Jahr eine kleine Flasche Himbeersirup und fünfzig bunte Lakritzstäbchen, die Herr Beckmann sorgfältig einzeln aus dem großen Glas abzählte. Verzählte er sich, schüttete er alles wieder ins Glas zurück und begann von neuem. Er konnte schlecht rechnen, darum verschwand er in die Küche und rechnete alles auf einem Zettel aus. Dann kam er wieder in den Laden und tat so, als könnte er ganz schnell alles zusammenrechnen. Als wieder einmal die Lebensmittelrechnung längst fällig war, schickte mich meine Mutter mit einem großen Einkaufszettel dorthin, aber Beckmann warf mich raus. Ich sollte meiner Mutter ausrichten, sie soll erst die längst fällige Rechnung bezahlen, dann gäbe es neue Lebensmittel.

Gebrauchsobjekt Kind

Ich wurde oft in Geschäfte geschickt und musste ausrichten, dass meine Mutter später bezahlt. Das war mir immer sehr peinlich und unangenehm, weil die Inhaber so unfreundlich zu mir waren. Ich erinnere mich noch ganz genau an einen Geschäftsmann in Remscheid, der in der unteren Alleestraße eine Kreditvermittlung hatte. Ich musste dort hingehen und um Zahlungsaufschub bitten. Der Mann saß an einem Schreibtisch und wirkte auf mich sehr bedrohlich, weil er sehr unfreundlich und aggressiv war. Er war ein dicker fetter Typ mit einer Zigarre im Mundwinkel. Er sah aus wie ein Mettwurstfabrikant, der sein dreißigjähriges Firmenjubiläum hinter sich hatte. Ich sollte meiner Mutter ausrichten, dass er mit einer Pistole kommen würde, wenn sie nicht nächsten Monat die fälligen Raten bezahlt. Ich hatte schreckliche Angst und habe ganz schnell den Laden verlassen. Damals war ich ungefähr sieben Jahre alt, und habe das geglaubt.

In der Stadt gab es ein Möbelgeschäft. Der Inhaber hat meiner Mutter immer Honig um den Mund geschmiert und ihr verlogene Komplimente gemacht, damit sie Möbel bei ihm kauft. Obwohl wir kaum etwas zu essen hatten, kaufte meine Mutter dort eine Polstergarnitur und einen Wohnzimmerschrank auf Abzahlung. Bei der Lieferung stellte sich heraus, dass der Schrank von der Höhe her gar nicht in das Zimmer passte. Der Händler hat den Schrank nicht zurückgenommen, der Schrank wurde nun ohne den Schrankkranz (obere Leiste) aufgestellt.

Die gesamte Nachbarschaft hat sich gewundert und die Welt nicht mehr verstanden. Die haben nichts zu essen, tuschelte man hinter vorgehaltener Hand, aber es werden neue Möbel gekauft.

Meine Mutter war nun mal so, sie konnte einfach nicht wirtschaften. Wenn sie ein Brot kaufen wollte, kam sie mit einer Stehlampe wieder. Das ist wirklich so passiert. Die Lampe konnte sie in der Wohnung nicht einmal anschließen, da der Stecker nicht in die veraltete Steckdose passte. Nun ließ sie ihre Wut an mir aus. Ich musste die Kappe der Steckdose abschrauben, damit der Stecker angeschlossen werden konnte. An diesem Beispiel erkennt man wieder einmal ihre Verantwortungslosigkeit, denn ein achtjähriges Kind hat an einer Steckdose nichts verloren. Wie leicht, hätte da etwas passieren können.

Wir wohnten in einem alten, völlig heruntergewirtschaftetem Haus. In diesem Haus gab es keine Zentralheizung, kein warmes Wasser, kein Bad. Die Toilette (wenn man diese so nennen möchte), war eine Etage tiefer, und im Winter meistens zugefroren. Das Haus diente früher einmal als Lagerhaus.

Um Remscheid und Lennep herum, wurden in großer Zahl Neubauwohnungen errichtet. Hätte meine Mutter einen Wohnungsantrag gestellt, hätten wir bestimmt eine bessere Wohnung bekommen, und es wäre uns allen besser gegangen.

Sonntags klingelte regelmäßig der Kohlenhändler, und wollte sein Geld haben, das ihm schon seit Wochen versprochen wurde. Meine Mutter reagierte nicht auf sein klingeln und klopfen. Unserem Hund, musste ich immer die Schnauze zuhalten, damit er nicht bellt. Oft aber musste ich dann an die Türe gehen und ihm vorlügen, dass meine Mutter nicht zu Hause sei, was er mir nicht glaubte.

Einmal hat er mich einfach zur Seite geschubst, ist die Treppe hinauf gegangen, und hat meine Mutter zur Rede gestellt. Ich stand wieder einmal als Lügner da. Weil die Rechnung oft nicht bezahlt wurde, haben wir im Winter oft im kalten gesessen, oder ich musste in der Nachbarschaft um Kohlen oder Briketts betteln gehen. Meine Mutter war zu fein dazu, dafür gab es mich ja. Wenn du fressen willst, kannst du auch was dafür tun, das war ein häufiger Spruch von meiner Mutter. Ich habe mich sehr geschämt und oftmals hat man mir die Türe vor der Nase zugeworfen. Kam ich dann ohne Brennstoff nach Hause, gab es mächtigen Ärger oder sogar Prügel. Oft musste ich dann in den Wald gehen und Brennholz suchen. Es war für mich eine grauenhafte Zeit, ich habe sehr unter der Misswirtschaft meiner Eltern leiden müssen.

Trautes Heim – Glück allein

Im Nebenhaus wohnte eine alte Frau, die war von den Zeugen Jehovas. Meine Mutter hat mich sehr oft da hin geschickt, um die verschiedensten Dinge zu borgen, denn die Frau war sehr hilfsbereit. Bevor sie etwas gab, musste ich mir lange Geschichten aus der Bibel anhören. Sie hatte ein geduldiges und abhängiges Opfer in mir gefunden. Zu Hause wartete meine Mutter schon auf mich und ich musste erklären, wo ich so lange war. Geh mal, hol mal, lauf mal, mach mal, tu mal. Das waren die häufigsten Worte meiner Mutter. Sie selbst saß auf der neuen Polstergarnitur und war mit schöneren Dingen beschäftigt. Entweder mit dem blondieren ihrer Haare oder mit ihren Fingernägeln. Kochen war für sie ein Fremdwort, und die Hausarbeit war ohnehin meine Aufgabe. War ich mit der vielen Arbeit fertig, bekam ich stets Verbesserungsvorschläge, wie ich das in Zukunft besser machen könnte. Um die Wäsche hat sie sich auch nicht gekümmert. Ich bin oft mit schmutzigen Sachen herumgelaufen.

Im Nachbarhaus war eine Gemeinschaftswaschküche die schon lange nicht mehr benutzt wurde. Die meisten Nachbarn hatten schon eine Waschmaschine. In der alten Waschküche stand ein gemauerter Waschkessel, der mit Holz und Kohlen angeheizt werden musste. Wie oft ich da unten Wäsche gewaschen habe, weiß ich heute nicht mehr. In der finsteren Waschküche hatte ich mich vor den Ratten gefürchtet, die sich dort überall eingenistet hatten. Da der alte Waschkessel schon lange Zeit nicht mehr benutzt wurde, hatten sich die Ratten dort im Feuerraum eingenistet.

Viele Hausbewohner haben sich darüber aufgeregt, dass ich als kleiner Junge solche Arbeit machen musste. Ich konnte als kleines Kind noch nicht alles wissen, und oftmals waren einige Wäschestücke nicht sauber geworden, da für den großen Waschkessel zu wenig Waschpulver vorhanden war. Das brachte dann wieder Ärger mit sich.

Eine Waschmaschine, die meine Mutter spontan auf Ratenzahlung gekauft hatte, wurde einige Zeit später wieder abgeholt, weil die Maschine gar nicht angeschlossen werden konnte. Die elektrische Leitung war zu schwach und die Sicherung sprang ständig heraus. Der Sicherungskasten war im Nebenhaus.

Der Gerichtsvollzieher

Überall hat sie sich bereden lassen, und wieder auf Ratenzahlung gekauft. Bereits kurze Zeit später hat man die auf Raten gekauften Sachen dann meist wieder abgeholt, oder der Gerichtsvollzieher stand vor der Türe.

Fast jeden Tag waren bitterböse Mahnungen im Briefkasten, die meine Mutter einfach ignorierte.

Als der Gerichtsvollzieher sich angemeldet hatte, hat sich meine Mutter einfach verdrückt, denn ich war ja zu Hause. Als kleiner Junge musste ich erleben, wie ein fremder Mann alle Schränke durchsuchte, mir peinliche Fragen stellte und kleine Aufkleberchen an die Möbel klebte. Ich habe große Angst vor diesem Mann gehabt, weil ich dachte, er nimmt mir meinen Teddybär weg. Erst am späten Abend, kam meine Mutter zurück. Diese Situation werde ich nie vergessen. Ich habe jedoch daraus gelernt, niemals etwas zu kaufen, wenn das Geld nicht vorhanden ist.

In der Nachbarschaft waren wir zum Gespött geworden. Ich habe das deutlich zu spüren bekommen.