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Die Technische Marineschule II in Bremerhaven war im Jahr 1966 ein großer Ausbildungsbetrieb der Marine in Sachen Schiffstechnik. Und um diese technische Grundausbildung zu erhalten, war der Autor als damals 19-jähriger Matrose, zusammen mit den Offiziersanwärter-Kameraden der Crew IV/1966, für drei Monate Lehrgangsteilnehmer an dieser Schule. Manch einer nutzte den Aufenthalt in der Stadt an der Weser zur Erholung nach den eben erst überstandenen Anstrengungen der militärischen Grundausbildung, aber auch das sehr schöne Wetter des Sommers 1966 verlockte dazu, sich zu amüsieren. Dennoch musste auch gelernt und gearbeitet werden, auf der Schulbank, ebenso wie in den Hallen der dortigen Werkstätten. Manches erinnerte den Autor an die Schulzeit, die er überwunden glaubte, doch vieles war neu und einmalig. Höhepunkte waren neben den handwerklichen Tätigkeiten wie Schweißen und Schmieden vor allem die absolut realistischen Brand- und Leckabwehr-Übungen in Neustadt/Holstein. Dieses Buch gibt einen Einblick in die längst vergangene Bundesmarine. Auch wenn Schule nicht unbedingt sehr aufregend klingt, so hatten doch der Autor und die Matrosen seiner Crew eine interessante Zeit in der am Unterlauf der Weser gelegenen Stadt Bremerhaven.
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Seitenzahl: 109
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dieses Buch ist allen Marinern gewidmet, die an der TECHNISCHEN MARINESCHULE II in Bremerhaven einstmals ihre technische Grundausbildung erhielten. Im besonderen gilt dies für die Kameraden der Crew IV/66, die im Jahr 1966 hier die Schulbank drückten und in den Hallen am Ufer der Geeste alle Höhen und Tiefen einer vielseitigen Einführung in das Handwerk erleben durften.
Roland Blatt
Als Matrose in Bremerhaven
I: Die Stubengemeinschaft
I: Die Geschichte der Stadt Bremerhaven
I: Mündungsbereich der Geeste in die Weser
I: Arbeiten auf der Stube
I. Die Marine in Bremerhaven
I: Die Kaserne
I: Der Weg zur Stadt
I: Der Unterlauf der Geeste um 1890
I: Die Clubs und Bars in Bremerhaven
I: Landgang in Bremerhaven
I: Neustadt und die Neustädter Bucht
I: U-Hai und U-Hecht
P.S.: Was hat mir der Lehrgang gebracht?
Legende zur Crew IV/66
Anhang
In Neustadt/Holstein
Abschließende Bemerkungen
Feuer, Lecks und Dosenbrot – die merkwürdigen Erlebnisse an der Technischen Marineschule II im Rahmen der Ausbildung der Crew IV/66
Es war vielleicht der letzte Tag im Juni des Jahres 1966, Busse und LKWs hatten den Teil der Crew IV/66, der für Bremerhaven bestimmt war und zu dem auch ich gehörte, zum Glückstädter Bahnhof transportiert. Dort bestiegen wir den Zug, genauer gesagt, die zwei Kurswagen, die ausschließlich für mich und meine etwa 100 Kameraden an den „Marschbahn-Express“ aus Itzehoe angekoppelt worden waren. Diese Maßnahme sollte für uns das Umsteigen mit „Sack und Pack“ in Hamburg und Bremen überflüssig machen. Und das war dann auch so.
Am frühen Nachmittag und bei bestem Wetter erreichten die beiden Kurswagen Bremerhaven. Auf dem Bahnsteig schulterten wir das Gepäck, vor allem den mächtigen Seesack mit all unserer militärischen und der nur wenigen privaten Habe, und begannen den Marsch zur Kaserne an der „Elbestraße 101“.
Den Weg nach dort empfand ich als ziemlich weit, doch so weit war er gar nicht. Mir kam es nur unter der Last des proppenvollen Seesacks und der ebenso gefüllten Marinetasche so vor. Zwar waren wir nicht in Reih und Glied unterwegs, sondern in gelockerter Formation, die sich aber auf der Marschstrecke ziemlich auseinander zog. Dennoch waren wir wieder vollzählig beisammen, als wir am Haupttor der Kaserne angekommen waren. Der begleitende Offizier erledigte die Formalitäten, dann durchschritten wir den Schlagbaum der Wache und wenig später den Tor-ähnlichen Durchbruch des vor uns liegenden Frontgebäudes und befanden uns danach auf dem weitläufigen Musterungsplatz der 1. Inspektion der „Technischen Marineschule II“.
Wir waren an unserem Ziel angekommen. Der Platz, auf dem wir uns nun versammelten, war fast vollständig von einem Karree aus Kasernengebäuden umgeben. Hier ließ man uns antreten, wie es ab sofort an jedem Morgen sein sollte, an dem wir die Pflichten eines Matrosen und Lehrgangsteilnehmers auszuüben hatten. Erst wurden wir in Unterrichtsgruppen aufgeteilt, dann wurden uns die Unterkünfte im 1. Stock des halbrechts stehenden Blocks zugewiesen. Für jede Stubengemeinschaft waren jeweils zwei Räume vorgesehen, die von einem Flur getrennt waren: Je ein Raum zum Schlafen und je ein Raum zum Tagesaufenthalt. Also alles genau so, wie wir es von Glückstadt aus gewohnt waren.
Wir, ab sofort Teil der „Unterrichtsgruppe 1“ oder kurz: „UG1“, bezogen die uns zugewiesenen Stuben, die auch in ganz ähnlicher Weise eingerichtet und ausgestattet waren, nämlich genau so lieblos und funktionell wie die, aus denen wir erst am Morgen ausgezogen waren. Diesmal waren es also elf Kameraden, mit denen ich für die nächsten drei Monate Tisch und Bett zu teilen hatte, die mir aber, von einem abgesehen, alle nicht näher bekannt waren. Was die Räumlichkeiten anbetraf, so befand sich die Schlafstube zur Linken und die Tagesstube zur Rechten. Es gab je zwei Fenster gegenüber der Tür, von denen der Schlafstube konnte man schräg auf den Musterungsplatz sehen und von denen der Tagesstube auf weitere Blocks und zwischen diesen hindurch auf den je nach Stand der Tide nach rechts oder links strömenden Fluss namens Geeste. Was die Einrichtung anbetraf, Feldbetten links, Spinde, Tische, Stühle rechts, da war eine Eingewöhnung völlig überflüssig, denn nur so kannten wir es aus Glückstadt.
Erst im Januar des Jahres 1966 hatte ich in Köln die Aufnahmeprüfung für die Marine-Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr absolviert, einen Monat später war mir mitgeteilt worden, dass ich sie bestanden hatte, und sogar erst am 15. März des Jahres war mir in Völklingen/Saar das Reifezeugnis des „Staatlichen Realgymnasiums für Jungen“ ausgehändigt worden.
Ich hatte danach den Vierjahresvertrag unterschrieben, der mich, sollte ich denn die Ausbildung mit Erfolg durchlaufen, vier Jahre an die Bundeswehr binden würde. Danach würde ich den Dienst als Leutnant zur See beenden, ins Zivilleben zurückkehren und dabei eine recht beachtliche Abfindung erhalten, die für meinen weiteren Lebensweg von größtem Nutzen sein würde. Doch noch war es längst nicht so weit.
Am 4. April hatte ich mich, mit mehr als 200 anderen jungen Männern mehr oder weniger gleichen Alters, in der Kaserne von Glückstadt eingefunden, um dort die Grundausbildung abzuleisten.
Mit „Marine“ hatte das, was ich dort erlebte, nicht viel zu tun gehabt, denn die militärische Grundausbildung ist für alle Soldaten der Bundeswehr mehr oder weniger gleich und deshalb fast ganz infanteristisch ausgeprägt. Das einzige, was mich außer der Marineuniform und anderen Nebensächlichkeiten dabei an die Marine erinnert hatte, war das Kutterpullen auf Rhin und Elbe gewesen, bei dem wir ordentlich die Riemen schwingen mussten, um voran zu kommen. Echtes Salzwasser, das bei der Marine zwangsläufig sein sollte, hatte ich da nicht zu schmecken bekommen, denn die Elbe imponiert im so weit im Landesinneren gelegenen Glückstadt eher nur mit einem geringen Salzgehalt. Und auch der wird von der Nordsee nur zweimal täglich mit der Flut dorthin gespült.
Nach drei Monaten war der Spuk, der für mich belastend und fordernd gewesen war, endlich vorbei. Und nun war ich, wie alle meine Kameraden, nach Bremerhaven gekommen, um hier mit jener Technik konfrontiert zu werden, ohne die ein Schiff weder schwimmfähig noch seetauglich ist.
Auch wenn Bremerhaven deutlich näher an der Nordsee liegt als Glückstadt, so konnte man doch feststellen, dass es auch hier nicht ganz einfach sein würde, überhaupt einen Blick auf das Wasser zu werfen, wenn man einmal von dem jenes Flüsschens „Geeste“ absieht, welches das Gelände der Technischen Marineschule fast in Gänze umfließt, bevor es in die Weser einmündet.
Doch an das Ufer dieses breiten Stromes namens Weser zu gelangen, an dem Bremerhaven liegt, war damals so einfach nicht, denn die Anleger an der Geeste sowie die weitläufigen Häfen nördlich und südlich der Mündung verhinderten fast jeden direkten Kontakt zum Wasser. Um tatsächlich einen wirklich umfassenden Überblick über diese große Wasserstraße Weser zu bekommen, hätte man vielleicht die Fähre nach Blexen nehmen müssen.
Hier am Ufer der Weser war ich zwar schon sehr viel mehr Mariner und Matrose als zuvor in Glückstadt, aber tatsächlich hatte ich von der Marine immer noch nicht viel mitbekommen und bei mir waren, so der „Schnack“ bei dieser Teilstreitkraft in Blau, genau genommen sogar „noch die Finger krumm vom Koffertragen“. Aber das sollte sich bald ändern, und nicht zuletzt deshalb war ich jetzt hier in Bremerhaven und räumte den Spind ein.
Bremerhaven, gelegen an Weser und Geeste
Vorne die mäandrierende Geeste, die in der oberen Mitte des Bildes in die Weser mündet. Mitte bis links, in der letzten Geeste-Schleife: die Kasernen der TMS II und die der Marineortungsschule, Mitte bis rechts: der Neue Hafen und der Ortsteil Mitte von Bremerhaven. Rechts, am rechten Geeste-Ufer und gegenüber der TMS II: die Rickmers Werft.
Adler, Guido, aus Heidelberg
v. Bargen, Ulrich, aus Wischhafen/Unterelbe
Blatt, Roland, aus Völklingen/Saar
Dorandt, Manfred, aus Oldenburg in Oldenburg
Eggert, Wilhelm, aus Bad Godesberg
Eberbach, Heinz-Eugen, aus Groß Schlebach bei Bonn
Ehlers, Wolfgang, aus Bergen bei Celle
Grassdorf, Jürgen, aus Seesen am Harz
Hanfeld, Helge, aus Aurich
Hentschel, Wolf-Ulrich, aus Sibesse bei Hildesheim
Hirtz, Klaus-Peter, aus Großkrotzenburg in Hessen
Hochgräfe, Harald, aus Wuppertal :I
Technische Marineschule II, Frontgebäude und Wache
Frontgebäude TMS II, Innenseite, Musterungsplatz
Doch lange blieben wir nicht hier in der „Technischen Marineschule II“ zu Bremerhaven, um hier den Lehrgang der marinetechnischen Grundausbildung im Rahmen der Offiziersausbildung der Marineoffizierscrew IV/66 zu beginnen, denn gerade erst hatten wir drei anstrengende Monate der militärischen Grundausbildung in Glückstadt hinter uns gelassen und vor uns lag nun, vorausgesetzt der Lehrgang wurde mit Erfolg beendet, die dreimonatige Bordzeit auf dem Segelschulschiff GORCH FOCK, die bis zum Jahresende stattfinden sollte. Die Frage dabei war: Wann und wie sollte eigentlich der uns zustehende Jahresurlaub genommen werden?
Die Antwort ergab sich umgehend. Schon direkt nach dem Beziehen der Stuben wurde ein vierzehntägiger Urlaub verfügt, der auf der Stelle anzutreten war, aber auch mit dem Ausdruck höchster Freude angenommen wurde. So kam es, dass wir, kaum dass wir angekommen waren und noch bevor wir uns in der neuen Umgebung orientiert hatten, schon wieder im Zug saßen. Diesmal allerdings nur mit dem „BuKo“, dem grau-blauen und auffällig halbrund ausgeformten Bundesmarinekoffer, sowie der Fahrkarte nach Hause in der Hand. Für mich bedeutete das eine mehr als zwölfstündige Zugreise nach Völklingen im Saarland.
Bremerhaven, kaum dass wir es erreicht hatten, verließen wir also wieder und zwar noch am selben Abend. Sollte das etwas aussagen? Sollte das etwas bedeuten für den eigentlich für drei Monate eingeplanten Aufenthalt in dieser Stadt am Unterlauf der Weser?
Der Landstrich am rechten Ufer der Weser, auf dessen Grund das heutige Bremerhaven steht, gelangte 1648 im Frieden von Münster und Osnabrück, der den 30-jährigen Krieg beendete, als Reichslehen an Schweden und war Teil des „Herzogtums Bremen und Verden“. Um einen festen Punkt am Unterlauf der Weser zu haben, begann Schweden nördlich der Einmündung der Geeste den Bau der Festung Carlsburg, die jedoch nie ganz fertiggestellt wurde.
1712: Im Großen Nordischen Krieg (1700 bis 1721), der auf deutschem Boden auch ein Krieg Dänemarks gegen Schweden war, wurde dieses Herzogtum von Truppen aus dem nahen, damals dänischen Oldenburg besetzt, von Dänemark annektiert, aber schon 1719 verkauft an das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg, dem späteren „Königreich Hannover“. Zu dieser Zeit gab es bereits einen Hafen im Bereich der Ortschaft Lehe.
1837: Da die Weser im Süden zur Versandung neigte, kaufte der Bürgermeister der „Freien und Hansestadt Bremen“, Johann Smidt, das Gebiet der ehemaligen Festung Carlsburg für Bremen auf und gab der dortigen Ansiedlung den Namen „Bremerhaven“. Der damals schon vorhandene Hafen wurde nun massiv ausgebaut zum „Alten Hafen“ im heutigen Bremerhaven.
Nur wenig später gründete man am südlichen Ufer der Geeste die Stadt Geestemünde, man baute einen Hafen, der nun allgemein „Neuer Hafen“ genannt wurde. Beide Ankerplätze entwickelten sich zu bedeutenden Häfen für die Auswanderung nach Amerika.
Nach dem „Deutschen Krieg von 1866“ wurde das Königreich Hannover von Preußen annektiert. So wurde Geestemünde preußisch, doch im Jahr 1924 erfolgte dessen Vereinigung mit dem nördlich der Geeste gelegenen Ort Lehe zur preußischen Stadt Wesermünde. Im Jahr 1939 wurde dann auch Bremerhaven nach Wesermünde eingemeindet.
Wesermünde fiel nach dem Ende des 2. Weltkriegs mit Bremen an die Amerikaner. Beide Städte bildeten damit eine amerikanische Exklave in der ansonsten britischen Besatzungszone. Schon bald nahmen die Amerikaner, mglw. aus Gründen der Aussprache, eine Umbenennung vor: Aus Wesermünde wurde Bremerhaven.
Das Land Preußen wurde 1947 aufgelöst. Als zwei Jahre später die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde, kam Bremerhaven zu Bremen. Die Gebiete beider Städte bilden seitdem das Bundesland Bremen.
In Bremerhaven gibt es damit folgende Häfen: Den „Neuen Hafen“ mit dem für das Nachkriegsdeutschland sehr wichtigen Fischereihafen, den „Alten Hafen“ und vor allem die weitläufigen Anlagen der Columbus-Kaje, über die lange Zeit der Nachschub für alle in Deutschland stationierten amerikanischen Truppen lief. Auch Elvis Presley erreichte, als er den Wehrdienst ableisten musste, auf diesem Weg deutschen Boden.
Der „AFN Bremerhaven, American Forces Network“ war als amerikanischer Soldatensender bereits 1947 gegründet worden. Seine Musik begeisterte aber bald auch deutsche Ohren – und nicht zuletzt unsere.
Die einst selbstständigen Städte Geestemünde und Lehe existieren auch heute noch als Stadtteile in Bremerhaven. Der Name Wesermünde ist untergegangen. :I
Am 15. Juli des Jahres 1966 war der so plötzlich über uns gekommene Urlaub zu Ende, aber das war ein Freitag. Somit folgte noch ein freies Wochenende, das den Urlaub erfreulicherweise noch um zwei Tage verlängerte.
So kam es, dass die Zeitoffiziersanwärter der Crew IV/66 erst am Montagmorgen des 17. Juli 1966 wieder zurück in der Kaserne in Bremerhaven waren. Die Ausbildung in der TECHNISCHEN MARINESCHULE II konnte somit beginnen. Es war der technische Anteil im Rahmen der damals üblichen und allgemeinen Offiziersausbildung der Marine zu jener Zeit.
Zweieinhalb Monate lagen nun vor uns, in denen wir, überwiegend Abiturienten, die vom Handwerklichen eher keine „Ahnung“ hatten, in eine neue und ganz andere Welt eintauchen sollten.