2,99 €
Es ist die Lebensgeschichte eines Mannes namens Cedric, ein streng katholisch erzogener Junge. Seine Kindheit in einem katholischen Heim ist geprägt von Missbrauchserfahrungen durch die älteren Jungen sowie einem Priester. In seinen Jugendjahren ist sich Cedric seiner sexuellen Orientierung noch nicht sicher. Er fühlt er sich auch zu Jungen hingezogen, obwohl er in dieser Zeit ständig auf Suche nach Sex mit einem Mädchen ist. Während er noch auf Sex mit einem Mädchen warten muss, macht er sexuelle Erfahrungen mit seinem Freund Günther. Dann freundet sich Cedric mit Gerhard und Rosalia an und in diesem Dreier-Bund kommt es zu sexuellen Erfahrungen mit Rosalia, während Cedric lustvolle Nächte mit Gerhard erlebt. Nach der Schule beginnen Cedric und Rosalia eine Lehre in einem Nobelhotel. Ihre sexuellen Begegnungen werden intensiver. Nach der Lehrzeit wechselt Cedric in ein anderes Nobelhotel und macht die Bekanntschaft mit der strengen Hausdame, die einige Jahre älter ist als er und zu seiner sexuellen „Lehrmeisterin“ wird. Danach wechselt Cedric nach Lausanne, wo er die wohlhabende und deutlich ältere Nathalie kennenlernt. Die beiden verlieben sich ineinander und verbringen zärtliche Nächte in ihrer Villa. Die Zeit mit Nathalie findet ein jähes Ende, als sie ihrem Ehemann nach Amerika folgen muss. Die Trennung verarbeitet Cedric mit immer neuen Abenteuern mit wohlhabenden, älteren Damen. Er findet Gefallen daran, dass er Sex nicht mehr suchen muss, sondern dass er gefunden wird. Seine anschließende Studienzeit in Berlin genießt er mit freiem Sex. Bei einem Sprachkurs lernt er eine thailändischen Schönheit kennen, doch stellt sich heraus, dass es sich bei Noi um einen Lady-Boy handelt. Cedric geht trotzdem eine Beziehung mit Noi ein, wohl auch in Erinnerung an seine Jugendzeit mit Günther und Gerhard. Später lernt Cedric in Wien die japanische Sängerin Keiko kennen und sie heiraten. Nach der Scheidung heiratet er eine Moldawierin, die dann zu seinem Untergang führt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2021
Über den Autor
Henry Neumüller
Der Autor, französischer Staatsbürger, aufgewachsen in Deutschland schrieb bereits mehrere Fachbücher über den polnischen St. Stanislaus Orden sowie über das Infanterieregiment Nr.4 der Hoch- und Deutschmeister in Österreich. Außerdem befasst er sich mit genealogischen Werken und überträgt die schwer lesbaren Kirchenbucheintragungen ab 1600 in Excel- und Worddateien, um sie den interessierten Ahnenforschen zur Verfügung zu stellen. Dieses neue Buch der Lebensgeschichte von "Cedric" beruht auf Erzählungen von Bekannten, Verwandten und Freunden sowie von den sexuellen Mißbräuchen, von denen in den letzten Jahren viel berichtet wird.
Platz für deine Widmung: Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirmod tempor invidunt ut labore et dolore magna aliquyam erat, sed diam voluptua. At vero eos et accusam et justo duo dolores et ea rebum. Stet clita kasd gubergren, no sea takimata sanctus est Lorem ipsum dolor sit amet. Lorem ipsum dolor sit amet, consetetur sadipscing elitr, sed diam nonumy eirmod tempor invidunt ut labore et dolore magna aliquyam erat, sed diam voluptua. At vero eos et accusam et justo duo dolores et ea rebum. Stet clita kasd gubergren, no sea takimata sanctus est Lorem ipsum dolor sit amet.
Henry Neumüller
Mandel des Herzens
Amande de Coeur
© 2021 Henry Neumüller
Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer
ISBN Softcover:
ISBN Hardcover:
ISBN E-Book:
ISBN Großdruck:
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Henry Neumüller
Mandel des Herzens
Amande de cœur
Dieser erotische Roman handelt von einem Mann, angefangen bei seiner Kindheit bis hin zu einem gewissen Alter. Er ist in einer Erzählform geschrieben und stellt einen Rückblick auf sein Leben dar. In der Geschichte wird auch sehr viel Sex in Einzelheiten und ohne Tabus beschrieben, manchmal auch etwas direkt. Der Hauptdarsteller ist sich in seiner Jugend seiner sexuellen Orientierung noch nicht sicher, da er sehr viele angenehme und auch unangenehme Ereignisse erleben musste. Teilweise ist die Geschichte auch traurig und voller Überraschungen.
„Amande de Cœur“ heißt so viel wie die Mandel des Herzens, weil diese bitter ist, so wie das Leben von Cedric. Es erinnert aber auch an „Amant de Cœur“, den Geliebten des Herzens.
Alle Namen von Personen und Orten sind frei erfunden.
© Copyright
Nachdruck oder Vervielfältigungen aller Art dürfen nur mit Genehmigung des Verfassers erfolgen.
© 2021 Henry Neumüller
2. Auflage
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN Taschenbuch: 978-3-347-29066-2
ISBN Hardcover: 978-3-347-29067-9
ISBN e-Book: 978-3-347-29068-6
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Kindheit
An einem Sonntag im Sommer Anfang der 50er-Jahre wurde Cedric Charles in einer süddeutschen Kleinstadt geboren und erhielt einen doch so seltsamen Vornamen, wo doch die meisten auf die Namen Josef, Hans, Georg oder ähnliche süddeutsche Vornamen getauft wurden. Dieser Name kam auf den Wunsch seines Vaters zustande, der Franzose war und aus dem Elsass-Lothringen stammte. Da auch noch weitverzweigte Engländer unter den Ahnen waren, wurde der Name Cedric vor Charles gestellt, wahrscheinlich einem Urahnen zuliebe, vielleicht gab es da eines Tages was zu erben.
Cedrics Mutter fand den Namen hübsch und wohlklingend, es war halt mal was anderes als die gängigen Vornamen. Cedric war der erste Junge, der seit 1780 in Deutschland geboren wurde. Er hatte noch eine eineinhalb Jahre ältere Schwester, über die noch später berichtet wird.
Sein Vater war, wie bereits erwähnt, aus Frankreich stammend, seine Mutter kam nach 1945 aus dem damaligen Sudetenland in der Tschechei1, aus dem sie mit ihren Geschwistern, ihrer Mutter und Verwandten von den Tschechen in ihrem Deutschenhass vertrieben wurde. Ihr Vater wurde noch am 8. Mai 1945, am Tage der Kapitulation der Tschechen, in Prag erschlagen. Die Leiden, die Cedrics Mutter während der Vertreibung zu erdulden hatte, erfuhr er in den späteren Jahren nach und nach aus deren Erzählungen. Es ging von Flüchtlingslager zu Flüchtlingslager, bis sie dann eine feste Bleibe gefunden hatte. Außer einem Koffer mit persönlichen Sachen durfte nichts mitgenommen werden, das Anwesen und weitere Besitzungen wurden von den Tschechen als eine Art Kriegsbeute beschlagnahmt.
Irgendwann im Jahre 1948 lernte sie seinen Vater kennen. Wahrscheinlich war es für seine Mutter in der damaligen Zeit ein Glücksgriff, da er als Offizier der Besatzungsmacht alle Vorrechte hatte. Er war ein leitender Offizier in der Polizeiverwaltung, die damals den Vier Mächten unterstand. Durch ihn fand Cedrics Mutter wieder Halt und die leidvollen Tage des Überlebens waren ab sofort zu Ende. Nun waren ja die Sudetendeutschen die Deutschesten unter den Adolf-Anhängern, da der Führer sie von dem Tschechen-Joch befreit hatte, wie sie immer wieder betonte. Uniformen waren für sie ein Weltbild. Vielleicht war es für sie wie eine Erscheinung, ihren zukünftigen Mann in einer Uniform kennengelernt zu haben. Er sprach fließend Deutsch, sodass es keine Verständigungsprobleme zwischen den beiden gab. Die Hochzeit erfolgte trotz der Schwierigkeiten, die die Vorgesetzten anfangs machten, kurz darauf kam ein Jahr später Cedrics Schwester zur Welt. Cedrics Mutter war nicht nur von der Geburt geschwächt, sie hatte sich auf der Flucht eine Lungen- entzündung geholt und litt andauernd an einer schweren Tuberkulose.
Vater war ein Frauenheld, ein typischer französischer Filou. Von Beruf war er noch Musiker und war dadurch auch noch ein gern gesehener Gast bei Veranstaltungen und privaten Feiern. Laut Mutters Erzählungen ließ er nichts „anbrennen“ und ging keinem Abenteuer aus dem Wege. Die damalige Notzeit machte es ihm auch leicht, da viele Frauen sich von einem Franzosen als Besatzungsoffizier Vorteile erhofften, vor allem in der Versorgung. Cedrics Mutter hatte in dieser Zeit viel zu erdulden, doch ihr Mann war das Familienoberhaupt und zugleich der Ernährer der Familie.
Mit der Zeit fanden sich über das Rote Kreuz durch Suchmeldungen die Familie und Verwandten aus der Tschechei wieder und siedelten sich größtenteils in der näheren Umgebung an, um auch die verwandt- schaftlichen Vorteile zu nützen. Dadurch entstand eine gewisse Abhängigkeit vom Vater. Cedrics Mutter wurde wieder schwanger, doch aus dem erhofften Mädchen wurde ein Junge, sehr zur Enttäuschung der Eltern, die sich wieder ein Mädchen gewünscht hatten.
Cedrics Vater ging danach noch mehr seiner eigenen Wege, war nur noch selten zuhause, und wenn, dann nur, um seine Tochter zu sehen. Leider gab es für Cedric keine Zuneigung und Liebe, er war der unerwünschte Junge, was er noch viele Jahre spüren sollte. Mit der Liebe der Eltern untereinander ging es zu Ende, Vater ging nur noch fremd und zu seiner größten Überraschung reichte Mutter die Scheidung ein, ein in der damaligen Versorgungszeit schon etwas Außergewöhnliches. Damals gab es noch das Schuldprinzip bei einer Scheidung und dieses musste auch nachgewiesen werden. Vater willigte ein und wurde schuldig geschieden, mit all den Verpflichtungen, die nun rechtlich auf ihn zukamen, wie Unterhalt und die Versorgung der Kinder. Doch interessierte ihn dies nur wenig, er zahlte auch nur, wenn er wollte. Für eine deutsche Frau war es in dieser Zeit fast aussichtslos, gegen einen Franzosen den Unterhalt einzuklagen. Irgendwann wurde es ihm wohl zu dumm und zu viel und er ließ sich nach Frankreich zurückversetzen. Von dieser Zeit an wurde er nie wieder von Cedric und seiner Mutter gesehen und es gab auch kein sonstiges Lebenszeichen von ihm. Alle Anfragen an die französischen Behörden wurden nie beantwortet.
Cedrics Mutter konnte in der Zeit mit ihrem Mann genug Geld auf die Seite legen, um auch allein durch das Laben zu kommen. Doch plötzlich trat die Krankheit der Tuberkulose wieder zutage und sie musste in ein Lungensanatorium verlegt werden. Cedric und seine Schwester kamen in ein Kinderheim, welches von katholischen Nonnen geführt wurde. Leider hatte Cedric auch Anzeichen einer Tuberkulose und kam ebenfalls in ein Sanatorium. Cedric wuchs in seiner Kindheit ohne Eltern auf und was ihm in Erinnerung blieb, waren Krankenschwestern, Kloster- schwestern und Gebete. Er war etwa sechs Jahre alt, als seine Mutter im Sanatorium einen Mann namens Johann Baptist kennengelernt hatte, seinen späteren Stiefvater. Er kam aus der russischen Gefangenschaft heim, nach einer Verbüßung einer 10-jährigen Haft. Wie kam es dazu? Er war kein gewöhnlicher Soldat, sondern Teil und Mitglied der „SS“, was Cedric erst viele Jahre später erfuhr. Er wurde aufgrund seiner Aktivitäten, über die später zuhause nie gesprochen wurde, zum Tode verurteilt, dann aber zu 10 Jahren Haft begnadigt und kam aufgrund seiner Krankheit in dasselbe Sanatorium, in dem auch Cedrics Mutter lag. Wahrscheinlich stieß er bei Mutter schnell auf Gegenliebe, er war immerhin ehemaliger Offizier, und für einige höhere Heimkehrer war wohl genügend Geld, wie Bezüge oder Renten vorhanden. Für Mutter war dies wohl eine Art Katalysator zur Bindung mit Johann. Schließlich war sie alleinstehend und hatte auch noch zwei Kinder zu versorgen.
Mutter erhielt als Kriegsversehrte und Flüchtling ebenfalls eine Rente und für die verlorenen Besitzungen in der Tschechei gab es vom Staat einen Lastenausgleich, was bedeutete, dass sie für den Verlust ihrer Güter in den Ostgebieten finanziell entschädigt wurden. Nachdem es ja meistens keine Unterlagen mehr darüber gab, reichten auch eidesstattliche Erklärungen von nahe stehenden Personen. Da hatten plötzlich alle Vertriebenen Rittergüter, Landund Forstwirtschaft und unendliche Besitzungen. Die Geschwister von Mutter gaben diese Erklärungen ab, sodass sie in den alleinigen Besitz des finanziellen Ausgleichs kam.
Cedrics Mutter heiratete ihren Johann und beide Kinder hatten wieder einen Vater, den sie nach dem Kennenlernen Papa nannten. Für Cedric blieb er etwas Fremdes, da er ja seine Mutter lange nicht gesehen hatte und ein neuer Mann plötzlich ein Vater sein sollte. Cedric kannte als Bezugspersonen nur Klosterschwestern. Da Mutter eine noch nicht ausgeheilte Tuberkulose hatte und der „Papa“ auch noch nicht gesund war, kam Cedric nach seiner Genesung auch in das katholische Kinderheim, in dem seine Schwester schon war und an die er sich auch erst einmal wieder gewöhnen musste, hatte er sie doch eine lange Zeit nicht mehr gesehen. In diesem Heim waren die Mädchen und Jungen getrennt untergebracht, nur zum Essen traf man sich gemeinsam im Speisesaal, aber auch dort in getrennter Sitzordnung. Für Cedric war dieser neue Platz ein Ort der Glückseligkeit, endlich auch einmal viele andere Kinder um sich zu haben.
Das Heim war ein großes, zweistöckiges Haus mit einem großen Garten, Landwirtschaft mit Hühnern, Schweinen und anderen Nutztieren. Das Heim konnte sich in vielen Dingen der Ernährung selbst versorgen, gerade bei Obst, Gemüse, Salaten und sonstigen angepflanzten Lebensmitteln. Im Gebäude gab es, wie schon erwähnt, den großen Speisesaal mit einer Bühne für Theateraufführungen wie das weihnachtliche Krippenspiel, in dem Cedric später auch mitwirken durfte. Im Erdgeschoss waren die Aufenthaltsräume, unterteilt nach Altersgruppen, die Schulräume sowie die Küche. Im ersten Stock befanden sich die Schlafsäle unterschiedlicher Größe für die Mädchen, im zweiten Stock die für die Jungen. Die Schwestern waren in einem eigenen Gebäude untergebracht, hatten auch einzelne Zimmer im Hauptgebäude, da sie auch die Aufsicht über die Kinder hatten. In jedem Schlafsaal übernachtete deshalb auch immer eine Schwester, abgeschirmt hinter einem Vorhang. Im ersten Stock war dann auch eine Kapelle, der wichtigste Raum für die täglichen Gebete und die Messen an Sonnund Feiertagen. Beim Eintritt in das Heim bekam Cedric und auch alle anderen Kinder eine Nummer zugeteilt. Seine war die 107 und wurde in die Wäsche eingestickt sowie in allen persönlichen Sachen vermerkt. Die Nummern sollten später noch eine besondere Bedeutung erlangen.
Im Herbst sollte dann seine Schulzeit beginnen, aber für ihn war erst mal viel wichtiger, neue Freunde zum Spielen zu haben, einen Garten, Bäume zum Klettern und Tiere zu sehen, die ihm fremd waren. Seine Schwester sah er außer beim Essen noch beim Spielen im Garten, sie war aber meistens mit den Mädchen zusammen und einen Kontakt gab es nur sporadisch zwischen den Geschwistern.
Was Cedric noch vor der Schulzeit zu lernen hatte, waren die Gebete: früh, mittags und abends. Es gab immer Gelegenheiten und Situationen, beten zu können, zu müssen und zu dürfen. Eine christliche, katholische Lebensweise hatte Vorrang vor allem anderen und später im Zeugnis war eine Eins in Religion wichtiger als im Rechnen oder einem anderen Fach. Die Schwestern mussten als Mater (Mutter) angesprochen werden. Fast alle hatten so seltsame Namen wie Mater Pia, Mater Afra oder ähnliche, wahrscheinlich hatten sie sich beim Eintritt in den Orden die Mädchennamen von Märtyrern zugelegt. Vielleicht litten sie auch gerne und gaben deren Leiden mit Freude an die Kinder weiter, dazu jedoch später. Die Zehn Gebote waren die Gesetze und deren Vergehen und Übertretungen wurden streng bestraft. Die Schwestern waren EhrFURCHTSpersonen für Cedric und alle anderen Kinder, ausgenommen für Cedrics Schwester, da sie vor niemanden Respekt hatte und eigentlich als „böse“ zu bezeichnen war, dementsprechend fielen auch ihre Strafen aus.
Die Nummern, die jeder bekommen hatte, wurden im Gemeinschaftssaal auf einer Tafel aufgeschrieben und darunter sammelten sich Striche, die von den Schwestern aufgezeichnet wurden. Da gab es Längs- und Querstriche, sodass jeder sehen konnte, wie viele Schläge er am Abend nach dem Essen bekommen würde. Längsstriche bedeuteten Schläge mit einem Rohrstock auf die Handfläche, Querstriche Schläge auf den nackten Hintern. Diese Prozedur wurde vor allen Kindern, getrennt nach Jungen und Mädchen, vollzogen. Ein Vergehen war schnell erreicht, z. B. beim Beten nicht aufzupassen, Unsinn zu machen, die Schwestern nicht höflich genug zu grüßen, nicht auf Befehl ruhig zu sein, schlechte Noten oder mit anderen Kindern Streit zu haben, aber egal was, es gab immer einen Grund und Anlass. Der Vollzug der Strafen war hart, schmerzhaft und peinlich, da dies öffentlich zur Abschreckung vor allen Jungen vollzogen wurde. Auch bekam Cedric dies oft zu spüren, obwohl er eigentlich brav und anständig war, eher zurückhaltend, scheu und verängstigt vor den Schwestern. Er war kein Draufgänger, sondern hatte eher etwas Weibliches an sich.
Da es ein katholisches Heim war, waren die Namenstage für die Kinder und Schwestern wichtiger als die Geburtstage, denn bei jedem Namenstag wurde ein Heiliger oder Märtyrer verehrt. Damit begann für Cedric Charles schon das erste Leiden, denn im Kalender fand sich dieser Heilige nicht und Cedric war eher ein heidnischer englischer Name. Er bekam es immer zu spüren, dass er einen so seltsamen Namen hatte und wurde deswegen immer gehänselt. Wie groß war dann seine jährliche Enttäuschung, dass er nie einen Festtag erleben durfte in all den Jahren seines Aufenthaltes. Er konnte die Welt nicht verstehen, von den Schwestern gab es trotz des Vorbetens der Nächstenliebe keinen Trost, sondern nur die Bestrafung, was nicht im Einklang mit Gottes Liebe gepredigt wurde – gerade im Gegenteil: Strafen, Strafen und immer wieder Strafen. Nachdem Cedric das Beten fleißig gelernt hatte, sprach er fast jeden Abend vor dem Schlafengehen zu Gott, warum er ihn verlassen habe, das konnte doch nicht „gottgewollt“ sein.
Er war ein braver Junge, ehrfurchtsvoll gegenüber Erwachsenen und älteren Kameraden und doch fand er keine Gegenliebe. Doch eines hatte Cedric bald gelernt, dass ein „sklavischer“ Gehorsam gegenüber den Schwestern und älteren Jungen das Leben erträglicher machte. Das Einzige, was im Heim auch ohne zu fragen erlaubt war, war der Aufenthalt in der Kapelle, in der sich die Schwestern immer im Gebet fanden. Dies war der Ort, an dem Cedric eine Art von Ruhe und Zufriedenheit fand und sich trotz der Betschwestern allein fühlte, hier konnte er in Ruhe beten, nachdenken und sogar weinen, was er zwar versuchte, bei den Bestrafungen zu vermeiden, doch was meistens nie gelang. Er hatte niemanden, mit dem er über seine Not sprechen konnte, Eltern waren ihm damals einfach noch zu fremd.
Für Cedric war die Kapelle ein Ort der Schönheit. Es war der am reichsten ausgeschmückte Platz im Gegensatz zur Nüchternheit des Heimes. Die Decke und Seitennischen waren mit Heiligenbildern bemalt, oben auf einer Empore stand ein wundervoll verzierter Altar und was ihn am meisten begeisterte, war das gelegentliche Orgelspiel und das „Ewige Licht“. Gerade, wenn es anfing, dunkel zu werden, flackerte die Kerze in einer roten Glaslaterne und warf die wundersamsten Lichtspiele an die Decke und Wände. Bei der Betrachtung des Lichtes und der Kapelle fand Cedric Ruhe und Frieden und auch in späteren Jahren ging er immer wieder, wenn es möglich war, in Kirchen und wurde so an seine Kindheit erinnert.
Natürlich gab es in jedem Raum im Heim ein Kreuz und bei jedem Vorbeigehen musste man ein Kreuzzeichen machen, wehe, wenn man es vergaß und dabei beobachtet wurde. Man lernte schnell das 11. Gebot, „Du sollst dich nicht erwischen lassen“, und er versuchte, irgendwie durchzukommen.
Im Garten gab es noch einen kleinen abgegrenzten Bereich mit einer aus Tuffsteinen gebauten Grotte mit einer Mutter Gottes darin, in dem es auch ein „Ewiges Licht“ gab. Dies war Cedrics zweiter Lieblingsort bei schönem Wetter, aber auch im Winter. Gerade wenn alles eingeschneit war, es früh dunkel wurde, strahlte die Grotte wie eine Zauberhöhle für Cedric. Er lebte dann nicht mehr in einer realen Welt, wurde zum Träumer und fast selbst zu einem Heiligen. Die Religion war alles für ihn, trotz der Widersprüche, die er bei den katholischen Schwestern erlebte. Es fiel mit der Zeit auch den Schwestern auf, dass Cedric sich immer mehr bei der Grotte und in der Kapelle aufhielt als mit anderen Kindern zu spielen, was diese wohl für ein gutes Omen hielten. Vielleicht dachten sie, jemanden gefunden zu haben, der sich später mal Gottes Werken widmen würde. Die Gottesdienste oder Betstunden fanden ja täglich in der Kapelle statt und die schon älteren Kinder mussten jeden Sonntag morgens in die Stadtpfarrkirche gehen, um die Messe zu feiern.
Cedric hatte in seiner Gruppe als Bezugsschwester eine Mater Pia, eine böse Frau und päpstlicher als der Papst. Trotz ihrer Bosheit fand sie Gefallen an Cedrics Frömmigkeit und fragte ihn eines Tages, ob er zu einem Sonntagsgottesdienst in der Stadtpfarrkirche mitgehen möchte, da es einen besonderen Anlass gab. Er musste früh aufstehen, da die meisten Schwestern schon an der Frühmesse teilnehmen würden. Er freute sich, einmal eine richtige Kirche zu sehen und an der Messe teilnehmen zu können. Damals wurden die Messen noch in lateinischer Sprache gehalten, was sich erst bei einem späteren vatikanischen Konzil änderte. Cedric war wie vom Schlag getroffen, als er all die Pracht sah, die in einer barocken Kirche zu finden war. Gold und Silber überall, Gemälde an den Decken, in den Seitennischen, überall Verzierungen und Stuck an den Wänden, ein Hochaltar von immenser Größe, die reiche Anzahl an Kerzenleuchtern und vor allem eine riesige Orgel. So etwas Schönes hatte Cedric noch nie gesehen. Dazu kam, dass an diesem Sonntag eine Messe vom Kirchenchor gesungen und von einem Orchester begleitet wurde. Cedric kam aus dem Staunen nicht heraus, als er zum ersten Mal eine Orgel in vollem Klang hörte. Das waren für ihn himmlische Gesänge, dieses imposante Werk, so etwas konnte nur von Gott kommen, für Cedric konnte so etwas Wundervolles nicht von Menschen geschaffen sein. Für ihn war Musik nur das, was er auch aus der Bibel kannte, wie Engelschöre, posaunende himmlische Wesen und Harfen spielende Engel, also musste diese Orgelmusik von „oben“ kommen.
Dann begann die Messe, ein unvergessliches Ereignis für Cedric. Allein schon in einer fremden (lateinischen) Sprache gesungen, die er nicht verstand und er hörte zum ersten Mal ein Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei. Es war für Cedric wie das Zusammenspiel von Cherubim und Seraphim, die Chöre himmlischer Wesen und dies alles auf einmal in dieser Kirche. Er glaubte, dass dies nur für ihn allein wäre und es der Grund war, gerade an diesem Tag in der Kirche zu sein. Dazu der Weihrauch, der aus dem Kessel dampfte und einen wunderbaren und angenehmen Duft verbreitete. Alles war fremd für ihn und eines stand für ihn fest, dass er dies nun jeden Sonntag erleben müsse. Er wollte auch so singen können wie die Engel oben bei der Orgel, ganz egal, ob allein oder im Chor, für ihn war dies die Vollkommenheit des Lebens, das, was er als seinen Zukunftstraum ansah. Leider kam es nie zu dieser Erfüllung, im Heim wurde so etwas nie angeboten. Doch von diesem Tag an war Cedric von dieser barocken Musik geprägt. Für ihn gab es nur noch Kirchenmusik, solange diese den Gesang und die großen Chorwerke enthielten. Mit der Zeit erfuhr er doch, dass diese Musik nicht von Gott, sondern von Menschen zu Gottes Ehre erschaffen wurde. Für Cedric war klar, dass es nur von Menschen sein konnte, die gläubig und gottesfürchtig waren und aus deren Herzen die Musik entsprang, sonst wären solche Wunderwerke nie erstanden.
Von diesem Tag an ging Cedric zur Freude der Schwestern jeden Sonntag freiwillig in die Kirche, auch wenn nicht immer Chöre sangen, jedoch jedes Mal die Orgel spielte. Er konnte überhaupt nicht verstehen, dass viele nicht gerne in die Kirche gingen. Er war glücklich in seiner neuen Welt, doch bestand das Leben auch noch aus weltlichen Aufgaben, der Schule und dem Leben im Heim. Anfangs war der Schulunterricht noch im Heim und da eine neue Schule gebaut wurde, fand der Unterricht dann dort statt. Cedric war ein normaler Schüler mit Stärken und Schwächen in den verschiedenen Fächern. Eines hatte er aber schnell gelernt, dass nämlich gute Noten in Religion wichtiger waren als im Rechnen und anderen Fächern. Singen gab es dann auch, an dem er leidenschaftlich teilnahm. Diese beiden Fächer brachten ihm immer eine Eins ins Zeugnis, sodass sein Notendurchschnitt positiv war.
Solange der Unterricht noch im Heim stattfand, blieb es nicht aus, dass das Betragen und Lernen der Kinder für die Schwestern oft zu wünschen übrig ließ und diese sich dement- sprechend mit Strichen an der Tafel wieder- fanden. Wie schon erwähnt, waren diese Bestrafungen schrecklich, taten unwahr- scheinlich weh, da die Schwestern im Zuschlagen eine gute Übung hatten. Die Tränen flossen in Strömen, dazu kam noch die Scham dazu, die Schläge auf den nackten Hintern vor allen Jungen zu bekommen. Vielleicht war dies eine Befriedigung für die Nonnen. Wenn Cedric manches mal zehn Schläge auf die Handflächen bekam, konnte er eine Zeit die Finger kaum noch bewegen, deshalb gab es die Schläge immer erst nach dem Abendessen, sodass die Hände am nächsten Tag wieder im „Normal- zustand“ waren. Das Grausame an dieser Prozedur war auch, dass Cedric und die anderen Kinder im Laufe des Tages immer auf die Tafel schauen konnten und sie schon vor dem Abendessen wussten, was später auf sie zukommen würde.
Zum Ende des Jahres erlebte Cedric zum ersten Mal bewusst Weihnachten und auch schon die vorweihnachtliche Zeit des Advents mit den sonntäglichen Nachmittagsfeiern bei einem mit Tischtüchern und darauf Goldpapier belegtem Tisch, mit Zweigen und Kerzen und vor allem Orangen und Süßigkeiten, die ihm noch nicht bekannt waren. Es wurden gemeinsam Adventlieder gesungen wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „Macht hoch die Tür…“. Danach durfte man sich dieses neue Obst und die Leckereien nehmen. Vier Sonntage, die ihm immer gerne in Erinnerung blieben sowie seine Leidenschaft für Weihnachtsplätzchen.
Zu Weihnachten in den Ferien konnten die Kinder nach Hause zu ihren Eltern fahren, doch war dies für Cedric und seine Schwester aufgrund gesundheitlicher Probleme der Eltern noch nicht möglich. Dafür wurden für die verbliebenen Kinder im Heim wunderschöne Weihnachten ausgerichtet. Das war das seltsam Schizophrene an den Schwestern, zeitweise hart und grausam, aber zu Weihnachten richtige Engel. Sein erster Weihnachtsbaum war eine Pracht an Lichtern, Lametta, Kugeln und Sternen, alles glitzerte und war eine Überraschung für Cedric und seine Schwester. Mit dem Begriff seiner eigenen „Schwester“ konnte er aber noch nicht richtig etwas anfangen, sie existierte zwar, aber ohne Bedeutung, da sie ganztags bis auf das gemeinschaftliche Essen und im Sommer im Garten fast immer getrennt waren.
Es gab zum ersten Mal Geschenke für Cedric, denn zum Namenstag war er ja ausgeschlossen. Es gab Spielsachen und andere nützliche Dinge wie Kleidung und noch das ein oder andere, was auf den Wunschzettel an das Christkind geschrieben wurde. Seine Spielkameraden waren größtenteils bei ihren Eltern. Er selbst wusste nicht so recht, was Eltern waren, da er seine Mutter Jahre nicht gesehen hatte und seinen Vater auch nicht, er wusste nicht einmal, dass er inzwischen einen Stiefvater hatte. Aber wenn man den einen nicht kannte, was für ein Unterschied war zum anderen? Er wusste nur, dass seine unbekannten Eltern krank waren und das genügte ihm vorerst, er hatte doch seine Ersatzeltern, die Schwestern.
Das neue Jahr ging seinen gewohnten Gang, abwechselnd durch die Strenge der Nonnen und sein Leben für die Kirche. Im Frühjahr waren die Ferien wieder ohne Eltern, doch mit den Ostergeschenken und den schönen Fest- tagen in der Kirche vermisste er sie gar nicht. Auch verbrachte er die Sommerferien wieder im Heim, er half in den Ferien im Gemüsegarten, beim Blumen gießen, beim Schweinefüttern, spielte im Garten, besuchte regelmäßig seine Grotten-Madonna und mit den Nonnen wurden regelmäßig kleine Wanderungen in der Umgebung unternommen, sodass Cedric auch einmal eine andere Welt außerhalb des Heimes und dem Weg zur Kirche kennenlernte. Er war jetzt sieben Jahre alt und durch die Ausflüge in die Umgebung sah er neue Tiere, Bäume und Pflanzen, die ihm bis dahin völlig fremd waren. Er genoss, so wie in der Kapelle, die Ruhe und Einsamkeit des Waldes, saß einfach auf einem Baumstamm und beobachtete die Pflanzen und Tiere, lauschte dem Gesang der Vögel und versetzte sich wie bei der Grotte in ein Zauberreich von Elfen, Feen und Märchengestalten, so wie er dies von Geschichten her kannte. Alles war Zauber in einer irrealen Welt, in die er versinken konnte. Wenn er dort war, brauchte er niemanden um sich, lebte in seiner eigenen Welt, bis er wieder durch den Sammlerpfiff aus seinen Träumen gerissen wurde. Am liebsten lief er barfuß, nur mit einem Hemd und Lederhose bekleidet, dies war auch die Standardausrüstung in der damaligen Zeit. Im Sommer gab es damals auch noch eine Maikäferplage und Cedric sammelte mit seinen Kameraden diese Käfer ein. Die gab es in unterschiedlicher Art und Kennzeichnung wie Kaiser, König und andere Grade. Diese wurden untereinander getauscht und gehandelt und waren Cedrics erste Geschäfte, da für bestimmte seltene Maikäfer Spielsachen zum Tausch angeboten wurden. Die Übrigen wurden dem hauseigenen Geflügel zur Fütterung vorgeworfen. Heute kennt man diese Käfer wohl nur noch aus dem Lied „Maikäfer flieg…“.
In den Ferien und zu Allerheiligen durfte Cedric auch immer mit einer Nonne auf den Friedhof gehen, um die Gräber der verstorbenen Schwestern zu pflegen. Da war er wieder in seiner Welt, Ruhe, Natur und vor allem die Grableuchten erregten seine Aufmerksamkeit, ganz wie in der Kirche. Damals wurden die Toten im Leichen- schauhaus noch offen aufgebahrt, sodass er auch zum ersten Mal tote Menschen sah, etwas, was er nur aus Erzählungen kannte. Für ihn schliefen diese nur auf ihrem Weg zu Gott, denn für ihn war dies doch die Erlösung von den Sünden und Leiden der Welt. Er hatte doch immer gelernt, dass fast das ganze Leben aus Sünde bestand, die Verfehlungen der Zehn Gebote konnte er doch täglich miterleben, bis auf einige, die ihm noch fremd waren.
Die Weihnachtszeit rückte näher und für ein Krippenspiel sollte nun geprobt werden, Cedric sollte wegen seiner schönen Stimme und wegen seines etwas mädchenhaftes Aussehens einen Engel spielen. Das Krippenspiel war immer der Abschluss des Jahres, die Eltern waren anwesend und danach wurden die Kinder in die Ferien abgeholt, bis auf Cedric und seine Schwester. Er begann, sie dann doch zu vermissen, hatte Lesen und Schreiben gelernt, schrieb die ersten Briefe an sie, die auch beantwortet wurden.
Doch in diesem Jahr sah er zum ersten Mal seine Eltern. Sie konnten nur zu Besuch kommen und durften die Kinder noch nicht mitnehmen. Es war ein Gefühl der Neugierde, Angst, Scheu und auch Freude, endlich einmal seine Eltern zu sehen, doch wurde es eher zu einer riesigen Enttäuschung. Da standen zwei Personen, unbekannt, er hatte noch nie ein Foto von ihnen gesehen. Für ihn standen da zwei stattliche Personen, eine davon eine überdominate Mutter. Er wusste überhaupt nicht, wie er auf seine Eltern zugehen sollte, waren es doch fremde Menschen für ihn. Mutter erklärte nur kurz, dass der Mann an ihrer Seite ihr Papa wäre, damit war für sie die Angelegenheit geregelt. Es kam keine Wärme von ihr zu ihren Kindern, sie war eher enttäuscht, dass sie nicht gleich herzlich umarmt empfangen wurde. Aber was hatte sie erwartet? Im selben Moment spürte Cedric die Spannung zwischen ihm und seiner Mutter, man könnte es fast Angst vor ihr nennen, ein Gefühl, welches sich nie mehr legen würde. Der „Papa“ war da eher neutral, er sah seine neuen Kinder auch zum ersten Mal und war doch sehr nett und freundlich zu ihnen. Sie durften Cedric und seine Schwester für ein paar Stunden zum Kennenlernen mitnehmen.
Doch nun tat sich für Cedric ein neues Problem auf: Wie spricht man seine Eltern an? Für ihn waren alle Erwachsenen nur „Sie- Personen“. Das Wort Papa oder Mama brachte er in so kurzer Zeit nicht über seine Lippen, für seine Schwester war das alles viel leichter, da sie sich zum neuen Papa schnell hingezogen fühlte und er mit ihr schnell Kontakt aufnahm. Es war endlich einmal ein Mann außer dem Priester da und von Nonnen hatte sie sowieso genug. Cedric sprach daheim seine Eltern mit „Sie“ an, aber statt, dass Mutter ihn in den Arm nahm und ihm erklärte, dass Cedric ruhig Mama, Papa und du sagen könne, kamen nur böse und beunruhigende Worte von ihr, dass er du zu sagen hätte und damit basta. Cedric war geschockt, hatte er sich seine Eltern doch anders vorgestellt, falls überhaupt eine Vorstellung möglich war, eben so eine, wie er von seinen Freunden aus deren Erzählungen kannte. Aber dies war total anders. Cedric musste in Bruchteilen von Sekunden überlegen, wie er dem Problem des vertraulichen „du“ entgehen konnte, dafür war einfach keine Wärme da. Er entschloss sich, einfach gar nichts zu sagen, was irgendetwas mit einer direkten Anrede zu tun hatte. Er konnte ja die beiden in der Mehrzahl mit „ihr“ und „euch“ anreden und nur sprechen, wenn er gefragt wurde. Sie gingen noch gemeinsam in ein Gasthaus zum Essen, was Cedric auch fremd war, kannte er nur die Verköstigung im Speisesaal. Mit bangem Herzen hoffte Cedric, dass, wie in der Bibel, dieser Kelch bald an ihm vorübergehen werde. Er stand tausend Ängste aus, von sich aus etwas sagen zu müssen, wartete nur auf die Fragen seiner Mutter, die so allgemeiner Natur waren und auf die er so gut wie möglich antworten konnte. Sie hielt ihn wahrscheinlich für ein scheues Kind und fand sich im Moment damit ab.
Ein Stein fiel ihm vom Herzen, als das Essen vorbei war, auch konnte er das andauernde Gemecker wie „Sitz gerade, schlinge nicht so rein, trinke langsam usw.“ auch nicht mehr hören, doch hätte er es nie gewagt, zu widersprechen. Mit vielen Ermahnungen und wie sie was in der Zukunft zu tun hätten wurden sie wieder ins Heim zurückgebracht. Zu seiner großen Freude öffneten sich für ihn die Himmelspforten der Heimtüre und er war wieder in seinem Reich, glücklich und glücklich, zuhause zu sein. Nun kam noch der Abschiedskuss, fremd für ihn, da er noch nie jemanden geküsst hatte oder geküsst wurde. Alles war grauenvoll für ihn und er dachte, warum er eigentlich Eltern haben müsse, es ging doch jahrelang ohne sie. Kaum waren sie fort, stürzte er in die Kapelle und dankte Gott, dass er nun endlich wieder erlöst sei. Was war das für ein Gebot, Vater und Mutter zu ehren, war das wirklich ein Wunsch Gottes? Leider fand er auch kein Verständnis bei den Nonnen, denen er seinen Tag erzählen musste. Er hatte nur einen Tag mit seinen Eltern erlebt, wie musste es denn sein, diese tage-, wochen- oder monatelang zu erleben? Er hatte schon böse Vorahnungen, was einmal auf ihn zukommen würde.
Die Weihnachtferien gingen zu Ende, ein neues Jahr begann, die Nonnen fielen wieder in ihre alten Gewohnheiten der Furchtausstrahlung. Das Frühstück bestand wie immer aus Tee, Brot und sonntags aus einem gebackenen Zopf, der sehr gut schmeckte. Doch manchmal wurde er schon mit Butter und Marmelade vor gestrichen. Wenn die Butter weich war und sich mit der Marmelade vermischte, so war das für Cedric einfach ekelig und es würgte ihn schon, wenn er dies nur sah. Seine einzige Überlegung war, wie er diesen mit dem Gemisch bestrichenen Zopf loswerden konnte, ohne dass dies den Schwestern auffiel. Manchmal wickelte er es in ein Taschentuch, steckte es in die Hose, um es später wieder zu entsorgen. Gelegentlich steckte er den Zopf einfach in die hinteren Rippen der Heizung, wo sie erst mal gut festklebten. Leider trockneten sie dann aus, begannen zu schimmeln und zum Leidwesen von Cedric kamen die Nonnen darauf, vielleicht wurde er auch verpetzt. Auf jeden Fall bekam Cedric die getrockneten und gammeligen Brote auf seinen Platz beim Essen hingestellt, einen Teller Suppe dazu, musste die Brote darin aufweichen und alle aufessen. Bei dieser schweren Sünde konnte er sich schon vorstellen, wie viele Querstriche auf der Tafel unter seiner Nummer 107 stehen würden und noch dazukämen, falls er die Suppe nicht aufessen würde. Mater Pia teilte ihm mit, dass er solange nichts mehr zu essen bekäme, bis alles verzehrt worden sei. Er würgte es hinunter und aß von diesem Tag an nie mehr einen Zopf oder ein Brot mit vermischter Butter und Marmelade. Dazu kam die abendliche Prozedur mit zehn Rutenhieben auf den nackten Hintern, sehr zur Freude der anderen Jungen. Einige von den älteren Junges erregte dies wohl.
Cedric hatte im Heim eigentlich nur einen Freund, der hieß Günter von G., aus einer adeligen Familie, die eine kleine Brauerei hatten, nicht arm waren und Cedric verstand nie, warum er in ein Heim musste und Günter erzählte es ihm auch nie. Vielleicht wusste er es selbst nicht. In den Ferien war er immer zuhause und brachte nach der Rückkehr ins Heim Geschenke, Kuchen und andere Süßigkeiten für Cedric mit. Günter teilte auch die Pakete mit ihm, die er von seinen Eltern regelmäßig bekam. So hatte er endlich einen Freund gefunden, mit dem er reden konnte und der bis zu seinem Austritt aus dem Heim sein Freund blieb.
Im Frühjahr wurde endlich die neue Schule fertiggestellt, der Unterricht fand nun dort durch Lehrer statt, die Religion wurde aber weiterhin von den Nonnen unterrichtet. Für Cedric gab es endlich auch andere Kinder aus der Stadt und er freundete sich wieder mit einem Jungen an, der Günther hieß. In die Schule wurden jetzt Pausenbrote mitgebracht und es begann ein reger Tauschhandel. Günther versorgte ihn immer mit zusätzlichen Broten, die er von seinen Eltern mitbrachte, also gab es reichlich Wurst für Cedric. Kaum war die neue Schule bezogen, kamen schon wieder die von Cedric gefürchteten Sommerferien, von denen er wusste, dass er diese nun bei seinen Eltern verbringen musste. Doch vorher waren noch die Osterferien ohne Eltern, die Cedric wieder im Heim verbringen und bei schönem Wetter wieder bei Ausflügen, auch mit Jungen aus der Schule, im Wald verbringen konnte. Bei einem der Spaziergänge sah er etwas Metallenes aus dem Boden ragen und begann vor lauter Neugierde, dies aus dem Boden zu graben. Es stellte sich heraus, dass es ein Gewehr war, etwas Unbekanntes für ihn und er zeigte es den Jungen aus der Schule, die wussten, dass es vergrabene Waffen aus dem Krieg waren und diese sammelten. Ihm wurde versprochen, dass er immer etwas bekommen würde, wenn er weiter Waffen finden würde. Für Cedric war es so etwas wie eine Schatzsuche in den Märchen, ohne zu wissen, in welcher Gefahr er sich befand. Es war für ihn wie ein Geheimbund und er wollte unbedingt bei den „Großen“ dabei sein, dies war aber nur durch Gefälligkeiten möglich.
In diesem Sommer wurde im Heim ein Fernseher installiert, wieder etwas Neues für Cedric. Es gab auch nur ein Programm und nun konnten auf einmal Dinge aus der ganzen Welt gesehen werden, die ihm völlig unbekannt waren. Für die Kinder gab es einige Serien zum Ansehen: „Abenteuer unter Wasser“, die Serie „Ivanhoe“, ein Ritterfilm, gespielt von einem damals unbekannten Roger Moore. Es bildeten sich im Heim dann zwei sogenannte Banden, die Taucher- und die Ivanhoe-Bande. „Bande“ war zwar kein schönes Wort, aber etwas anderes fiel auch keinem ein. Diese zwei Gruppen bekämpften sich spielerisch, doch manchmal wurde es auch ernst und blutig. Neben dem Heim gab es noch einen Sportplatz, auf dem sich die Kinder auch austoben konnten und der für verschiedene Sportarten benutzt wurde. Es gab dort einen Bereich, in dem Bauschutt angesammelt wurde und mit dem die zwei Banden ihre Burgen aus Brettern und Ziegeln bauten. Cedric war Mitglied der Ivanhoes. Nun galt es, die Verteidigungs- anlagen der anderen mit selbst gebastelten Holzschwertern und Schildern zu stürmen. Wie im Film wurden Steine als Wurfgeschoss verwendet und aufeinander geworfen. Da wurden viele Körperteile getroffen, die alle ohne Schutz waren, die Bekleidung bestand nur aus Hemden und Lederhosen und alle gingen barfuß aufeinander los. Cedric wurde von zwei Ziegelsteinen am Fuß getroffen, der dann so anschwoll, dass er tagelang in keinen Schuh mehr passte. Das waren in der Regel aber noch kleine Verletzungen im Gegensatz zu den Schrammen, blutenden Armen oder Beinen. Die Nonnen störten sich nicht daran, solange es keine Kopfverletzungen gab.
Es begannen die Sommerferien, Cedrics Eltern waren pünktlich zur Stelle, um die Geschwister abzuholen. Wie würde das Zusammenleben mit den Eltern und der Schwester sein? Angst kam in ihm auf, denn er wurde aus dem geordneten und bekannten Leben herausgerissen. Mutter verbot den Kindern gleich, Kleidung und Spielsachen aus dem Heim mitzunehmen, da von allem genug zuhause sei. Sie zeigte gleich ihre Dominanz, einen Widerspruch gab es nicht und den ließ sie erst gar nicht zu. Der Empfang war wieder unfreundlich und mit Distanz, wahrscheinlich erwartete sie wieder, dass sie von den Kindern umarmt und herzlich gedrückt werde. Cedric und seine Schwester wurden von den Nonnen noch ermahnt, fleißig zu beten und am Sonntag immer in die Kirche zu gehen, was sie versprachen, doch in Mutters Augen eher ein Entsetzen hervorrief. Vor dem Tor stand irgendein großer Opel und Cedric saß zum ersten Mal in einem Auto, welches er nur vom Ansehen aus der Stadt kannte.
Während der Fahrt kamen die Fragen von Mutter, Vater hielt sich am Steuer zurück und Cedric überließ die Antworten seine Schwester. Sie war auch viel lebhafter, erzählte von ihren Freundinnen und Erlebnissen und Cedric war froh, dass sie das Reden übernahm. Für Cedric wurde die Fahrt immer mehr zur Qual, wusste er doch, dass auch er an der Reihe sein würde, Fragen zu beantworten und er immer noch nicht wusste, wie er nun die „Sie-Personen“ anzureden hatte, denn die Worte „Mutter“ oder „Papa“ kamen ihm nicht über die Lippen, geschweige denn das „du“. Zur Sicherheit sagte er nichts und auf die Fragen antwortete er so knapp wie möglich, um erst gar nicht in ein Gespräch verwickelt zu werden. Aber Mutter hatte die ganze Fahrt an ihm etwas auszusetzen, er war immerhin der unerwünschte Junge und erinnerte sie wohl immer an ihren ersten Mann. Wieder hoffte er, dass dieser Kelch an ihm vorübergehen solle und wenn sie in seinem neuen Heim wären, könnte er in der nächsten Kirche seine Ruhe finden.
Als sie an einem großen See vorbeikamen, auf dem Schiffe fuhren, bat Cedric höflich, stehenzubleiben. Doch lehnte Mutter dies gleich ab, da sie meinte, er würde noch oft genug einen See sehen. Auch dies war wieder eine Lehre für ihn, nämlich besser gar nichts zu fragen, um keine negative Reaktion auszulösen. Im neuen Heim angekommen, sah Cedric das erste Mal eine Wohnung, die ihm sehr klein vorkam, war er doch die großen Räume im Heim gewohnt. Dies sei nun ihr neues Zuhause, wurde ihnen erklärt, wenn sie nicht im Heim wären. Es gab eine Küche, Bad, Toilette, ein Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer und noch ein zweites Wohnzimmer, in dem sich aber niemand aufhalten sollte, was Cedric nicht verstand. Er ging von Zimmer zu Zimmer, betrachtete alles genau. Aber sooft er sich auch umsah, er merkte, dass etwas fehlte, aber was? Bis ihm plötzlich die Erleuchtung kam. Was überall fehlte, war das Kreuz, in keinem Zimmer hing Jesus. Panik über kam ihn. Wo war er hingeraten? Eine katholische Wohnung, katholische Eltern, aber nirgendwo ein Herrgott, den er so verehrte. Doch nun musste er fragen, ob er wollte oder nicht und er fragte mit Überwindung seine Mutter, warum sie kein Kreuz mit dem Herrgott in der Wohnung habe. Da war er nun mit seiner ersten Frage in ein Fettnäpfchen getreten. Als Erstes hörte er sie sagen, dass er sie und Papa gefälligst mit du anzureden hätte und er müsse nun seine Frage richtig wiederholen. Doch die panische Angst, fremde Leute mit du anzureden, überwand er nicht und so stellte er die Frage ohne „Sie“: „Warum gibt es kein Kreuz mit dem Herrgott in der Wohnung“? Darauf gab sie zur Antwort, dass der Herrgott „Herr Gott“ heiße, wie zum Beispiel einer Herr Meier oder Herr Huber. Dies war für Cedric Gotteslästerung, ein Verstoß gegen das Gebot, nach dem man Gott ehren sollte. Für ihn brach schon wieder eine Welt zusammen. Ideale, die er im Heim im Religionsunterricht gelernt hatte, wurden mit einem Satz zerstört. Wie konnte oder sollte er in Zukunft Mutter und Vater ehren wie im vierten Gebot, wenn von diesen eine Gottes- lästerung kam.
Papa hielt sich wie immer zurück und Cedric merkte wohl, dass auch er sich nicht so wohl in seiner Haut fühlte, aber leider entgegnete er Mutter mit keinem Wort. Cedric merkte schnell, dass dieser Papa nicht viel zu sagen habe und auch später hielt er sich in Familien- diskussionen meistens zurück. So gerne hätte er von seinem Papa Hilfe oder ein Wort der Zuneigung oder Verständnis erhalten, doch nichts dergleichen geschah. Er kümmerte sich mehr um seine Schwester, die es besser verstand, ihn um den Finger zu wickeln, wahrscheinlich war ihm die Tochter auch lieber. Zum Essen wurde auch kein Gebet gesprochen, Cedric musste dann in Gedanken beten.
So vergingen die ersten Ferientage, Freiraum wurde ihnen genug gegeben und Cedric befasste sich nun auch mehr mit seiner Schwester, mit der er sich nach und nach immer besser verstand. An schönen Tagen waren sie unten im Garten und das Wichtigste für ihn war, weit weg von seiner Mutter zu sein, was sich leider bei den Essenszeiten nicht vermeiden ließ. Zu essen gab es für die Kinder erst etwas, wenn die Katze, die von Mutter bevorzugt wurde, satt war und Cedric musste wieder einmal erkennen, dass etwas anderes wichtiger war als er. Von diesem Tag an berührte er die Katze nicht mehr und wenn sie zu ihm kam, stieß er sie einfach weg, was ihm nur Schimpf von seiner Mutter einbrachte, aber schlimmer noch war, dass er jetzt Schläge von ihr für sein „Fehlverhalten“ bekam. Sie zwang ihn regelmäßig dazu, die Katze zu streicheln und auf den Arm zu nehmen und wehe, wenn sie bemerkte, dass er sie nicht bei sich haben wollte. Dann gab es wieder Schläge, und zwar mit allem, was sie in die Hand bekam, Kochlöffel oder sonstige Gegenstände. Auch meckerte sie den ganzen Tag an ihm herum, so wie er das schon früher beim ersten Wiedersehen erlebt hatte. Egal, ob er gerade saß oder stand, wie er sich bewegte, sein Gesichtsausdruck, wie oder was er sagte oder fragte, für alles bekam er Schimpf und Schläge und je mehr er weinte, umso heftiger wurden die Schläge. Auch wenn Papa einmal meinte, dass es nun genug sei, bekam er nur zur Antwort, dass es nicht seine Kinder seien. Wie immer zog er sich dann in solchen Situationen zurück. Cedrics Schwester bekam nie Schläge und sie hatte sehr schnell begriffen, alle Verfehlungen auf ihren Bruder zu schieben, der dann für sie als Opferlamm zur Schlachtbank geführt wurde.
An Cedric zerbrach manches Küchenutensil, am schmerzhaftesten waren die Kochlöffel oder die Schaufel, mit denen man Fleisch oder Pfannkuchen umdrehte. Wie oft rief er Papa zu Hilfe oder fragte nur weinend, warum denn die Schwester nie geschlagen würde und als Antwort kamen zusätzliche Schläge oder die Antwort, dass sie wegen ihrer Augen nicht weinen dürfe und es für sie schädlich sei. Cedric bekam mit der Zeit einen Hass auf seine Schwester, der so weit ging, dass alles, was hellblond war, für ihn der Auslöser alles Bösen wurde. Er bevorzugte dann zum Spielen auch nur noch dunkelhaarige Jungen. Von dem „Sie“ kam Cedric einfach noch nicht weg. Mutter diskutierte nicht mehr mit ihm, sondern schlug gleich zu und bemerkte dabei, dass sie ihm das „Sie“ schon herausprügeln würde. Für Cedric hatte sie sich noch eine besondere Strafe ausgedacht, nämlich das Knien auf gespaltenen Holzscheiten, die mit den Spitzen nach oben gestellt wurden und darauf musste er, je nach Vergehen, mindestens eine Stunde knien, eine schmerzvolle Prozedur, die auch später noch Knieschäden bewirkten. Die Auswirkung war auch, dass er nicht mehr in der Kirche auf ungepolsterten Bänken knien konnte. Cedric erlebte die Hölle auf Erden, da war das Heim trotz aller Strafen eher ein Vergnügen.
Glücklicherweise lebte nicht weit von den Eltern noch eine auch aus der Tschechei geflüchtete Tante mit ihrem Mann und deren Kindern, die von Cedrics Eltern oft besucht wurden und wobei Cedric und seine Schwester mitgenommen wurden. Der Empfang dort war immer herzlich. Sie waren ganz der Gegensatz zu Cedrics Eltern, lieb, nett und Cedric verstand sich ausgezeichnet mit deren fast gleichaltrigen Kindern. Er fühlte sich wieder wie im Heim und seine Tante war so, wie er sich eine Mutter inzwischen vorstellte. Sie ermahnte auch immer wieder Cedrics Mutter, wenn sie wieder streng zu ihm war, wenn er in ihren Augen einen Keks oder Kuchen zu viel aß. Doch Mutter ließ sich von niemandem davon abbringen und so fügte sich Cedric, da sonst die Strafe später zuhause verhängt werden würde. Wieder zuhause ging das Elend weiter und Cedric wünschte sich sehnlichst das Ende der Sommerferien herbei. Eine Kirche durfte Cedric nie besuchen, doch sein Gebet an Gott vergaß er nie. Auf der Rückfahrt ins Heim wurde ihm von Mutter noch genau vorgegeben, was er den Nonnen erzählen durfte.
Die erste Frage der Nonnen war, ob die Kinder denn immer gebetet und die Kirche besucht hatten. Cedric wurde verlegen, doch Mutter antwortete schnell, dass sie natürlich fromm und in der Kirche waren. Cedric konnte nicht verstehen, wie eine Person und ausgerechnet Mutter ohne Probleme lügen konnte, was auch ein Verstoß gegen die Gebote war.
Im Heim musste er immer daran denken, dass es zwei Welten gab, eine fromme, gläubige im Heim und eine verlogene und sündige Welt außerhalb. Aber warum war das so? Er konnte doch niemanden fragen, vor allem nicht die katholischen Schwestern, die dann sofort gewusst hätten, was in Wirklichkeit geschehen war. Also musste er auch mit einer Sünde leben, weil er von ihr wusste, es aber selbst nicht getan hatte. Zweifel plagten ihn, er ging in die Kapelle, betete zu Gott und bat ihn um Verzeihung für die Sünden seiner Eltern und sandte doch noch Gebete nach oben, seine Mutter auch zu bestrafen, weil sie so grausam zu ihm gewesen war, mindestens solle sie eine lange Zeit im Fegefeuer verbringen. Seit dieser Zeit hatte Cedric nie mehr eine Zuneigung zu seinen Eltern gefunden, eigentlich hatte er ja nie eine gehabt.
Die Ferien waren zu Ende, der Alltag nahm seinen gewohnten Gang, er war weiterhin ein gewöhnlicher Schüler bis auf die Fächer Religion und Singen. Seine beiden Freunde Günter und Günther waren auch wieder da und zum Erzählen gab es ja genug nach einer langen Trennung. Zu Allerheiligen durfte er wieder mit auf den Friedhof gehen und er war in der frühen Dunkelheit bei den rot leuchtenden Grablichtern wieder wie in einer Geisterwelt. Er konnte von Grab zu Grab gehen, am besten gefielen ihm die Mausoleen mit ihren Engeln und Säulen. So eine Ruhestätte am Ende seines Lebens wünschte er sich auch. Cedric genoss immer die Ruhe und Zurückgezogenheit, dafür hatte er seine Plätze, die Kapelle, die Grotte, den Friedhof und die Kirche, in die er jetzt wieder jeden Sonntag gehen konnte, um der Musik zu lauschen und an den Ritualen der Messe teilzunehmen. Weil er so eifrig in die Kirche ging, durfte er in der Kapelle auch schon als Hilfsministrant mitwirken, eine Aufgabe, die ihn mit Freuden erfüllte, denn dies war für ihn schon fast eine „heilige Handlung“. Der Priester, der immer ins Heim kam, bemühte sich sehr hilfreich um Cedric, vielleicht auch etwas zu viel, wie Cedric immer dachte, auch weil er seinen Blick zu lange auf Cedric fielen ließ.
Cedric war weiterhin in der Ivanhoe-Bande, inzwischen so etwas wie ein Knappe, Ritter durfte er ohne Mutprobe nicht werden, er war jetzt gerade acht Jahre alt. Er merkte, dass irgendetwas Geheimnisvolles vorging, wenn die Ivanhoes unter sich waren, aber ohne die Kleinen. Die größeren Jungen waren meistens ohne Aufsicht der Nonnen und hatten daher viele Möglichkeiten, ihren Tagesablauf selbst zu gestalten.
Die Weihnachtszeit kam näher und es sollte wieder ein Krippenspiel aufgeführt werden. Mutter war wieder krank, konnte zum Krippenspiel nicht kommen, sodass er wieder im Heim bleiben durfte. Wahrscheinlich hatte Gott seine Gebete erhört und sie wieder krank werden lassen. Er hatte sich sogar in Briefen an die Anrede wie „lieber Papa und Mama“ gewöhnt, um weiteren Strafen zu entgehen.
Cedric sollte mit seiner Schwester die Rollen von Maria und Josef spielen, doch da seine Schwester wie immer bösartig war und sogar nach den Nonnen schlug, wurde ein anderes Paar ausgesucht, Cedric sollte wieder einen lieblichen Engel spielen und auch etwas vorsingen. Cedric gefiel diese Rolle auch viel besser, allein, weil das Kostüm für einen Engel viel mehr glänzte und seine Schönheit mehr zur Geltung kam. Mit der Engelshaarperücke, den Flügeln, dem langen Gewand und dem Stern in der Hand fühlte er sich selbst wie ein Engel. Und da er noch so eine wunderschöne Stimme hatte, sah er sich selbst wie ein vom Himmel herabgesandtes Wesen, so wie er sich das in der Kirche bei der Chormusik immer vorgestellt hatte. Ihm gefiel sein Auftreten, er ging nicht auf die Bühne, nein, er schwebte und die Größeren Jungen waren alle begeistert von ihm/ihr.
In einer der Probenpausen lief er zu seinen großen Ivanhoe- Freunden, um sich in seinem neuen Engelsgewand zu zeigen. Er war stolz, ein hübscher Engel zu sein anstatt ein verarmter Josef. Doch schauten ihn alle so seltsam an, neckten ihn, nannten ihn Mädchen, umarmten ihn und versuchten ihn auch zu küssen. Je mehr er sich wehrte, umso mehr wurde er in den Augen der 15- bis 16-jährigen Jungen wie ein Mädchen bedrängt, so fünf oder sechs an der Zahl. Er wurde betatscht und gestreichelt, er wollte weglaufen, doch sie hielten ihn einfach fest und sagten ihm, dass er jetzt seine Mutprobe für die Mitgliedschaft bei den Ivanhoes ablegen müsse. Trotz seiner Beteuerungen, dass er nicht mehr dabei sein wolle, die Tränen liefen ihm vor lauter Angst herab, zogen sie ihm das Engelsgewand aus, nannten ihn einen Lustengel, legten ihn nackt auf den Tisch, hielten ihn fest und fingen an, ihn einer nach dem anderen in seinen Popo zu ficken und zu vergewaltigen. Damit er nicht schreien konnte, wurde sein Mund zugehalten und gedroht, dass sie ihn schlagen würden, aber anders als die Nonnen es je gemacht hätten. Als sie alle fertig waren, zwangen sie ihn noch, weiter Gefälligkeiten zu machen und jedem Jungen seinen Schwanz zu lecken, bis er nochmals kam. Danach erklärten sie ihm, dass er die Mutprobe bestanden hätte und er jetzt ein volles Mitglied der Ivanhoe-Bande sei. Sie drohten ihm auch, dass sie ihn wieder holen würden und es dann noch schlimmer werden würde, sollte er jemandem davon erzählen. Wo war er hingeraten? Alles stürzte auf ihn ein: Die Schmerzen, die Scham, der Ekel, die Sünde gegen das sechste Gebot, er wusste nicht, was eigentlich schlimmer war von all diesen Gefühlen. Weinend ging er zur Bühne zurück, und auf die Frage nach seinem Weinen erklärte er nur, dass er gestürzt sei und Schmerzen hätte.
Cedric hatte alle Lust am Krippenspiel verloren und für ihn war klar, dass das Engelsgewand schuld war an seinem Unglück, welches ihm widerfahren war. Er weigerte sich, jemals wieder dieses Gewand anzuziehen, geschweige denn Mädchenkleidung auf der Bühne. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ihm so etwas, und dann noch als Engel in einem katholischen Heim passieren konnte. Alles, was für ihn heilig war, wurde an diesem Tag zerstört. Er ging in die Kapelle und fragte sich und Gott, ob dies die Strafe gewesen sei, dass er gebetet hatte, dass Gott auch seine Mutter bestrafen solle. Es war ihm nicht klar, was denn mit ihm passiert war bei den Jungen, hatte er doch keine Ahnung, warum diese über ihn herfielen, was Sinn und Zweck war, warum sie Freude daran hatten, alles war unverständlich für ihn. Ihm war zwar schon bewusst, dass körperliche Veränderungen bei ihm vorgingen, meistens morgens, doch konnte er dies nicht einordnen und er musste von einem Tag auf den anderen spüren, welche Auswirkungen diese Veränderungen des Körpers hatten.
Er wurde krank, bekam Fieber und Angstzustände, wenn er einen der Jungen sah. Man hielt das für eine Wintergrippe und er war froh, dass er nicht auftreten musste, kam in ein Krankenzimmer und dachte nur an diesen Vorfall. Jetzt wusste er auch das Geheimnisvolle, welches in der Ivanhoe-Bande vorging und dass er nicht allein gewesen sein könne, da ja mehrere Knappen zu Rittern wurden, die Cedric auch kannte, also musste es denen auch so ergangen sein. Nur beruhigte ihn dies nicht, die Angst vor Wiederholungen verfolgte ihn täglich. Er konnte sich nicht vorstellen, warum die Jungens eine Freude und Lust hatten, ihren Schwanz in seinen Popo zu stecken und sich den auch noch lecken zu lassen, bis eine ekelige, weiße Flüssigkeit herauskam. Dazu kam noch die schwere Sünde der Unkeuschheit und er wusste, dass er dies auch seinem Priester beichten musste, was weiter Angstzustände hervorrief.
Das erste Mal wünschte er sich, weg vom Heim zu sein und sogar bei seinen Eltern zu bleiben. Diese wurden wegen seiner Krankheit verständigt und holten ihn und seine Schwester ein paar Tage später ab, gerade noch rechtzeitig, um den Heiligen Abend zu feiern, obwohl er sich nicht so richtig darüber freuen konnte. Er blieb die ganzen Ferientage in verhältnismäßiger Ruhe vor seiner Mutter, die die Zurückgezogenheit mit seiner Krankheit in Verbindung brachte.
Nach den Ferien ging es wieder zurück ins Heim und Cedric hoffte und betete, dass er jetzt seine Ruhe von den Jungen haben würde, da sie ihren Spaß mit ihm schon gehabt hatten. Dass beim Betreten des Heimes wieder nach Kirchgängen und Gebeten gefragt wurde, berührte ihn nicht mehr, die Antwort von Mutter war ihm bekannt, doch er hatte ein reines Gewissen, dass er wenigstens immer gebetet hatte. Die Ivanhoes ließen ihn erst mal in Ruhe, auch wenn sie ihn weiterhin als Lustengel bezeichneten, wenn sie ihn sahen und ohne Aufsicht waren, bis sie ihn eines Tages wieder in ihr Zimmer schleppten. Vor Angst machte er sich fast in die Hose, weinte, flehte sie an, ihn zu verschonen und versprach ihnen alles, wenn sie ihm nicht mehr weh tun würden. Vielleicht war den Jungen inzwischen klar geworden, dass sie zu weit gegangen waren oder waren es andere Beweggründe oder hatten sie schon ein neues Opfer für ihre unkeuschen Handlungen gefunden (das Wort „Sex“ war ihm damals noch nicht bekannt). Auf jeden Fall ließen sie nicht von der Gewalt ab und er musste ihnen versprechen und sogar schwören, für weitere Handlungen zur Verfügung zu stehen und ihre Wünsche zu erfüllen, wenn sie es verlangten und er musste sofort damit beginnen. Wenigstens war er froh, trotz allem, was er tun musste, dass es nicht immer körperliche Qualen gab. Anfangs war der Ekel sehr groß, wenn sie ihm ihren steifen Schwanz in den Mund steckten und in seinen Mund spritzten, doch mit der Zeit gewöhnte er sich daran, soweit man dies so nennen konnte, Hauptsache, sie ließen seinen Popo in Ruhe. Doch alles Martyrium fing wieder von vorne an, wenn es ihnen danach war, wurde er wieder auf den Tisch gelegt, manches Mal auch Kerzen aus der Kapelle in seinen Popo gesteckt, kleine Nadeln in seine Eier gestochen, um ihn durch diese grausamen Schmerzen noch gefügiger zu machen, wenn er seinen Mund nicht aufmachen wollte, um deren Flüssigkeiten aufzunehmen.
Cedric war auch noch, ebenso wie andere Jungen, ein Ivanhoes- Ministrant. Ihm stand noch die furchterregende Beichte beim Pfarrer bevor, doch schob er er dies immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt. Es kam ja regelmäßig ein Pfarrer ins Heim, um die Messe in der Kapelle zu lesen und die Beichte abzunehmen. Wenn einer der älteren Ministranten nicht wollte oder konnte, durfte Cedric den Priester unterstützen. Vielleicht war es von den anderen so gewünscht oder gesteuert, dass Cedric sie nun öfters beim Pfarrer vertreten durfte und mit der Zeit bekam er Vertrauen zu ihm, auch wenn ihm seine Blicke seltsam vorkamen.
Einmal nach der Messe fragte Cedric den Priester, ob er bei ihm beichten könne. Er nahm allen Mut zusammen und erzählte dem Priester, was ihm widerfahren war mit den Jungens und dass er schwer gesündigt hätte gegen das sechste Gebot. Auf des Priesters Frage, ob es ihm auch manches Mal gefallen hätte, bejahte er es, denn wenn keine Gewalt mehr angewendet wurde, war es auch teilweise aufregend für ihn und er hätte durch Handlungen anderer Jungen auch eine gewisse Befriedigung bei sich erlebt. Der Priester erklärte ihm, dass dies zwar eine Unkeuschheit gewesen sei, aber wohl unter Jungen in einem gewissen Alter normal sei, auch seinen Körper zu erkunden und er solle sich nicht so viele Gedanken machen, solange es freiwillig geschehe. Dann bat er Cedric, es bei ihm zu zeigen, was er gemacht habe und dafür würde er ein Geschenk bekommen.
Nun war Cedric ganz überrascht. Wie konnte so ein Verlangen von einem Mann Gottes kommen, war es dann wirklich so schlimm und eine Sünde? In der Sakristei waren sie ungestört, keine Nonne durfte den Raum betreten, solange der Priester sich darin aufhielt. Cedric stimmte zu und der Priester hob seine Soutane hoch. Was Cedric dann sah, versetzte ihm fast einen Schock. Er hatte schon viele große Schwänze bei den Jungen gesehen, aber was sich ihm da entgegen streckte, flößte ihm wirklich Furcht ein, denn so etwas Großes hatte er noch nie gesehen und er konnte sich gar nicht vorstellen, wie dieser Schwanz in seinen Mund passen sollte. Der Priester beruhigte ihn, dass diese Größe bei einem erwachsenen Mann natürlich sei und er solle einfach ganz langsam beginnen, alles Weitere ergäbe sich dann schon. Cedric zeigte ihm, was er bei den anderen Jungen gemacht hatte, nahm das Glied in den Mund, so weit es ging und rieb mit der Hand seinen Schwanz, bis er merkte, dass beim Priester eine Erregung kam und jeden Augenblick seine weiße Flüssigkeit (die Begriffe „Samen“ oder „Sperma“ waren ihm noch nicht bekannt) herauskommen würde. Cedric kannte das inzwischen ja schon, mal kam mehr, mal weniger, aber auf den Schwall an Flüssigkeit war er nicht vorbereitet, denn als es dem Priester kam, steckte er seinen Schwanz so weit es ging in Cedrics Mund, sodass er zu würgen begann und sofort alles ausspucken wollte. Doch hielt der Priester seinen Kopf fest und bat, dass Cedric alles runter zu schlucken hätte, sonst gäbe es kein Geschenk.
In seiner Obrigkeitshörigkeit tat er, wie ihm befohlen wurde und schluckte diese ekelhafte Flüssigkeit. Der Priester war sehr zufrieden mit ihm, befasste Cedrics Schwanz und stellte fest, dass dieser auch steif geworden war und verlangte von Cedric, dass dieser es bei sich machen solle und er wolle zusehen. Er tat mit viel Scheu, was verlangt wurde, auch wenn das Ergebnis nur ein paar kleine Tröpfchen waren. Als er fertig war, schenkte ihm der Priester 50 Pfennige. Für Cedric, der noch nie eigenes Geld besessen hatte, war dies ein Vermögen und damals auch viel Geld. Er musste noch versprechen, es niemandem zu erzählen und beim nächsten Mal könne er sich wieder Geld verdienen. Er willigte ein, vielleicht auch mit dem Gedanken, dass kein anderer an seine Stelle treten sollte, dafür war dieses Geheimnis Gold wert. Dass er gekauft wurde, darüber machte er sich keine Gedanken. Auch gewann er die Erkenntnis, für Verbotenes auch noch belohnt zu werden und sein Glauben an die Zehn Gebote bekam weitere Risse, die schon bei Mutter durch die Gotteslästerung und deren Lügen begonnen hatte.