AMISH VINEYARD - Norma Banzi - E-Book

AMISH VINEYARD E-Book

Norma Banzi

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Beschreibung

Soll sich Manuel wirklich auf ein Abenteuer mit dem offensiv flirtenden Amish Leroy einlassen? Die Anziehung zwischen den beiden Männern ist stark, aber Leroy ist ein verheirateter Familienvater mit fünf Kindern.

Leroy fragt sich schon lange, ob er zusammen mit seiner Frau Mareshah und den Kindern die Amish verlässt und sich bei den Engländern eine neue Existenz aufbaut. Einfach ist diese Entscheidung nicht. Im Familienverband der Hochleitners leben sie unter warmherzigen und stets hilfsbereiten Verwandten. Aber auch wenn das Familienmotto lautet, die Liebe fällt, wohin sie will, gibt es in der Gemeinde keinen Platz für bekennende Homosexuelle. Zu streng und unflexibel sind die Regeln der Amish.

Alles kommt ins Rollen, als Leroys Mutter unbedingt ein riesiges Thanksgiving mit englischen Gästen aus Los Angeles feiern will, bevor sie stirbt. Sie möchte ihren verlorenen Sohn Marius noch einmal sehen und lädt nicht nur ihn ein, sondern alle seine Lebensgefährten gleich mit.

Die Engländer bringen den Arzt Manuel mit. Ein einziger Blick auf ihn genügt und sein bisheriges Leben wird Leroy zu eng.

Hinweise: In diesem Buch wird keine Ehefrau verlassen. Trotzdem handelt es sich nicht um eine MMF-Ménage. Einige Fragen bleiben offen und werden im nächsten Buch behandelt. Die Geschichte ist als Zweiteiler angelegt.

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Norma Banzi

AMISH VINEYARD

Spaltung

Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Manuel

Eins

Zwei

Drei

Vier

Teil 2: Leroy

Fünf

Sechs

Teil 3: Little Hazelnut

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Einundzwanzig

Zweiundzwanzig

Dreiundzwanzig

Vierundzwanzig

Epilog

Ausblick:

Social Media:

AMISH VINEYARD Spaltung © Norma Banzi Bildquelle: Depositphotos Gestaltung des Covers: Norma Banzi Edition Banzini Kurvenstraße 25 22043 Hamburgwww.banzini.de

Es gibt in den USA nicht die Amish als homogene Gruppe. Das ist mir bei meinen Recherchen aufgefallen. Je nach Region gibt es bei ihnen durchaus Unterschiede in der Denk- und Lebensweise, die einem beim flüchtigen Hinsehen nicht auffallen mögen.

In diesem Werk bediene ich mich meiner Imagination. Klar habe ich so viele Einzelheiten wie möglich recherchiert. Wo die Realität nicht zum Plot passte, habe ich sie im Buch sanft angepasst. Das hier ist schließlich keine Dokumentation.

Teil 1: Manuel

Eins

Kurzatmig hetzte Manuel Ramirez durch den festlich geschmückten Garten seiner Mutter Valeria. Einer seiner Patienten hatte bei der monatlichen Routineuntersuchung eine Herzattacke erlitten und Glück im Unglück gehabt, weil er sich gerade in Manuels fähigen Händen befunden hatte. Mit einem Blick auf den mit lila und weißen Blüten verzierten Hochzeitsbogen stellte er erleichtert fest, dass er zwar spät war, aber noch nicht zu spät. Der Bräutigam wartete dort zusammen mit seinem Trauzeugen auf die Braut. Die beiden scherzten und lachten miteinander. Alfonsos sonniges Wesen war ein Grund, weshalb sich Manuels Schwester in ihn verliebt hatte.

Nun ließ Manuel den Blick über die elegant gekleideten Gäste schweifen. Sie saßen auf weiß lackierten Holzklappstühlen und plauderten leise. Noch schien niemand ungeduldig zu werden und sich zu fragen, wo die Braut blieb.

Zwei Männer in der hintersten Reihe stachen mit ihren großen, muskulösen Körpern aus der Gruppe heraus. Manuel erkannte sie sofort als Orlando und Marius. Wiedersehensfreude breitete sich in ihm aus. Ihre breitbeinige Sitzhaltung wirkte zu lässig für den Anlass. Wahrscheinlich fühlten sie sich auf den unbequemen Stühlen unwohl und es lag nicht daran, dass sie sich gegenüber der Ramirez-Verwandtschaft patzig verhalten wollten. Ihre Kleidung hatten sie entsprechend dem festlichen Anlass gewählt. Die Maßanzüge aus edlem Zwirn saßen tadellos und besser als der von Manuel, den seine Mutter für ihn gekauft hatte. Er schaffte es durchaus selbst, sein Leben zu organisieren, hatte aber die letzten Monate praktisch jeden Tag gearbeitet. Ärzte und Pflegepersonal gaben in diesen Zeiten alles und schonten sich nicht, gönnten sich nur wenig Pausen.

Grund genug hätte Orlando für die Zurschaustellung unangepassten Verhaltens, denn die Familie hatte ihm in seiner Kindheit und Jugend übel mitgespielt. Beruhigend streichelte Marius seinem Lebensgefährten über das kurze Stoppelhaar im Nacken. Manuel setzte sich auf den freien Platz neben Orlando, obwohl in der ersten Stuhlreihe für ihn als Bruder der Braut ein Sitz reserviert war.

„Schön, dass ihr es einrichten konntet“, sagte er leise zu den Männern, die ihm knapp zunickten. Verstohlene Blicke einiger Verwandter trafen Manuel. Manche wirkten neugierig, andere runzelten kritisch die Stirn. Sollten sie ruhig! Bei ihrer Gästeliste hatte sich Consuela nicht hereinreden lassen und sie wollte unbedingt ihren Cousin Orlando dabei haben. Manuel hatte Orlando die Einladung überbracht, was gar nicht so einfach gewesen war, lebte dieser doch mit seinen Lieben in einer von Leibwächtern gut abgeschirmten Villa des Medienunternehmers Marc Stone, einem ehemaligen Popstar. Dort erhielt nur ein ausgewählter Kreis von Personen Zutritt. Es überraschte und erfreute Manuel gleichermaßen, dass er neuerdings dazu gehörte. Orlando und er hatten sich ausgesprochen und das traumatische Erlebnis während ihrer gemeinsamen Studienzeit stand nicht mehr zwischen ihnen. Manuel war selbst ein Opfer, doch Orlando hatte viele Jahre geglaubt, dass er zu den Tätern gehört hatte. Orlando blieb Manuel gegenüber reserviert, akzeptierte aber dessen Bemühungen, in Kontakt zu bleiben.

Manuel zerrte an seiner Krawatte. Eine leichte Brise wehte und machte das Sitzen in der Sonne erträglich. Nur hatte der Stress der Notfallsituation Manuel noch nicht ganz verlassen und er schwitzte. Er beneidete die Frauen unter den Gästen, die elegante Hüte mit breiten Krempen trugen, die sie etwas vor der Sonne schützten.

Orlando stieß ihn mit dem Ellbogen an und reichte ihm das Programm. Dankbar lächelte ihn Manuel an und fächelte sich Luft zu. Zum Glück erklang jetzt Musik aus den Lautsprechern und gleich darauf schritt Consuela auf dem hellen Kiesweg in Richtung Hochzeitsbogen. Zwei ihrer Brautjungfern in lila Kleidern folgten ihr. In der Familie gab es Unstimmigkeiten, weil Consuela sich nicht von einem Mann zum Altar führen lassen wollte. Sie habe schließlich zwei gesunde Beine, hatte sie eingewandt. Manuel hätte als ihr Bruder gerne die Ehre gehabt, fühlte sich jedoch wegen ihrer Entscheidung nicht zurückgesetzt. Vielleicht setzte sie gerade ein feministisches Zeichen in einer konservativ denkenden Familie, möglicherweise hatte sie aber auch keine Lust auf Bullshit. Ihr gemeinsamer Vater glänzte durch Abwesenheit, weil ihm einige Gäste nicht genehm waren. Die Großeltern hatten zwar zugesagt und wahrten die Etikette, fanden den Bräutigam allerdings zu jung und hielten ihn für einen Schmarotzer.

Ja, derzeit verdiente Consuela mehr als ihr Liebster, ein Konditor, der Tortenkunstwerke erschuf, den Herstellungsprozess per Video aufnahm und diese dann bei YouTube hochlud. Sein Kanal wuchs und wuchs und Manuel war sich sicher, dass er mit seinem Konzept bald finanziell erfolgreich wurde.

Zärtlich strich Consuela ihrem Schatz eine Locke aus der Stirn, während die beiden dem Friedensrichter lauschten. Darüber schmunzelte Manuel, der wusste, mit welchen Engelszungen seine Mutter auf Alfonso eingeredet hatte, damit er sich bis zur Hochzeit eine anständige Frisur schneiden ließ. Alfonsos Haare wirkten etwas kürzer und die Locken fielen so raffiniert, als hätte ein guter Friseur sie sanft gebändigt. Von der Frisur, die Mama vorschwebte, war sie jedoch noch weit entfernt.

Manuel gefiel die Trauung. Seine Schwester und ihr Bräutigam strahlten um die Wette. Sie fanden liebevolle Worte füreinander, die sie sich gegenseitig vorlasen. Eine Windbö erfasste Consuela Schleier und wirbelte ihn auf, was bei den jüngeren Gästen, einschließlich des Brautpaars, Heiterkeit auslöste. Einige ältere Herrschaften murmelten, dass sich eine kirchliche Hochzeit gehört hätte. Mama hob die Hände in einer ich-habe-es-versucht-Geste und seufzte vernehmlich. Währenddessen richteten die Brautjungfern den Schleier. Die Trauung wurde fortgesetzt.

xxx

Energisch zog Manuels Großmutter ihn zu den obligatorischen Familienfotos und er verlor Orlando und Marius aus den Augen. Etwa dreißig Minuten später schaffte es Manuel, sich von den Kletten zu lösen und machte sich auf die Suche nach den beiden. Ob sie wohl schon gegangen waren? Nein, da standen sie an einem der entfernteren Stehtische und ließen sich Champagner schmecken. Sie beobachteten die Aktivitäten aus sicherer Entfernung. Eine Kellnerin des Catering-Services brachte Manuel ein Glas, als er sich zu Orlando und Marius gesellte.

„Bleibt ihr zum Essen?“, fragte Manuel und nippte an seinem Schaumwein.

„Wir warten nur noch, bis das Brautpaar eine ruhige Minute hat, um uns von ihnen zu verabschieden“, entgegnete Orlando, der die Aktivitäten rund um Consuela und Alfonso mit neutralem Blick beobachtete, als würde er sich auf der Hochzeit von flüchtigen Bekannten befinden. Marius legte einen Arm um ihn.

„Mir geht es gut“, meinte Orlando, schüttelte den Arm aber nicht ab, sondern trat stattdessen noch etwas näher zu ihm heran.

Jemand stellte ein Tablett mit Kanapees auf den Tisch und alle drei Männer bedienten sich. „Fast so gut wie die von Lisette“, bemerkte Orlando. Er fuhr mit dem Zeigefinger über die Prägung der Papiertischdecke, die mit einer Blumengirlande am Ständer des gemieteten Tischs dekorativ gerafft worden war.

„Da wird die Granddame Ramirez wohl die Nase rümpfen, sobald sie sieht, dass die Tischdecken nicht aus Stoff sind“, murmelte Orlando mehr zu sich selbst. Es tat Manuel in der Seele weh, dass Orlando von seiner eigenen Großmutter so förmlich und unfamiliär sprach. Freilich verstand er es.

Orlando warf Manuel einen schnellen Blick zu. „Die Dekoration ist sehr schön und wirkt elegant. Papiertischdecken sind ungemein praktisch. Unser Partyservice verwendet sie selbst gelegentlich.“

„Ihr betreibt einen Partyservice?“ Verblüfft starrte Manuel seinen Cousin an.

„Vince hat in das Unternehmen von Verwandten investiert“, antwortete Orlando vage und meinte damit den Anwalt Vincent Gable, einer seiner Mitbewohner.

Manuel nickte, als würde er wissen, von welchen Verwandten Orlando sprach, was nicht der Fall war. Er wollte allerdings nicht zu neugierig erscheinen und Orlando Löcher in den Bauch fragen. Zu brüchig erschien ihm ihre sich zögerlich entwickelnde Freundschaft. „Nachdem mein Vater seinen finanziellen Beitrag für diese Hochzeit davon abhängig gemacht hat, verschiedene Personen von der Gästeliste zu streichen, entschieden sich Consuela und Alfonso für eine preiswertere Tischdeckenvariante.“

„Damit meinst du Marius und mich, nehme ich an.“ Einer von Orlandos Mundwinkeln verzog sich spöttisch, als bereite es ihm Freude, dass er der Grund für die Abwesenheit seines Onkels war. Sein Lover drückte ihm den Ellbogen in die Seite und Orlando entschuldigte sich: „Es tut mir natürlich leid für deine Schwester, weil ihr Vater nicht einmal am Tag ihrer Hochzeit über seinen Schatten springt.“

„Schon gut! Er ist eben, wie er ist. Es liegt nicht ausschließlich an euch. Einige von Alfonsos Freunden gefallen meinem bigotten Erzeuger auch nicht.“

„Na dann prost!“ Mokant hob Marius das Glas. Die drei Männer tauschten ein verschwörerisches Grinsen, stießen an und tranken ihre Gläser leer. Eine aufmerksame Kellnerin brachte ihnen Nachschub.

„Wir sind die Sensation des Tages“, meinte Orlando und prostete ironisch mit dem Glas in Richtung der Verwandtschaft. Einige von ihnen prosteten sogar zurück und lächelten zögernd.

„Charmant“, bemerkte Orlando bissig.

„Gib ihnen eine Chance. Wenigstens den Jüngeren, diejenigen, die noch Kinder waren.“

Orlando zuckte mit den Schultern. „Keine Sorge! Ich mache keine Szene auf der Hochzeit der einzigen Cousine, die nett zu mir war.“

Ein Paar näherte sich dem Tisch und die Frau fragte: „Sie sind doch Orlando Ramirez, der berühmte Schriftsteller, oder?“ Ihre Wangen röteten sich.

„Ich bin berühmt?“, neckte er sie mit einem amüsierten Lächeln in den Augen.

„Bekomme ich ein Autogramm?“, fragte sie.

„Sind Sie Gäste des Bräutigams?“, erkundigte sich Orlando, während er einen Stift aus dem Sakko hervorzauberte.

„Ja! Wir sind mit Alfonso zur Kochschule gegangen.“

„Wo darf ich Ihnen das Autogramm hinschreiben?“, wollte Orlando wissen und wackelte mit den Augenbrauen. Die Frau lachte vergnügt auf und kramte in ihrer kleinen, zum Kleid passenden Handtasche nach dem Programm. Sie wedelte es siegreich. „Darauf!“

Orlando nahm es ihr ab und setzte schwungvoll seine Unterschrift auf die Titelseite. Gut gelaunt posierte er sogar für ein Selfie. Wahrscheinlich wäre das Paar noch geblieben, aber es wurde zu einem Gruppenfoto gerufen.

Manuel sah, dass seine Schwester endlich Orlando begrüßen wollte, und sich auf den Weg zu ihrem Tisch machte. Drei Schritte weiter wurde sie schon wieder von einem Gast aufgehalten.

„Das dauert noch“, bemerkte Manuel und hoffte, dass Orlando und Marius so lange blieben, bis sich das Hochzeitspaar zu ihnen durchgekämpft hatte.

„Schaffst du es, dir um Thanksgiving herum ein paar Tage freizunehmen?“, erkundigte sich Orlando bei Manuel, der ihn erstaunt musterte. „Da müsste ich erst in die Urlaubsplanung der Praxis schauen. Dem Grunde nach ist bei mir ein Urlaub längst überfällig. Warum?“

„Ich möchte, dass du unsere Familie nach New York zu den Amish begleitest. Dort gibt es ...“ Weiter kam Orlando nicht. Jetzt lief ein kleines Mädchen mit einem Blumenstrauß, gebunden aus Blüten der Dekoration, auf ihn zu und Manuel hielt den Atem an. Beatriz sah man ihre Zugehörigkeit zu den Ramirez sofort an, so sehr ähnelte sie ihrem Vater, der bei den Verwandten stand und herüberwinkte. Sie zupfte Orlando an der Hose, der zunächst in Richtung seines Cousins die Stirn runzelte und sich dann auf Augenhöhe des Kindes begab. Seine Züge wurden weicher und er lächelte die Kleine an.

„Ja, Prinzessin?“

„Für dich!“ Sie hielt ihm den Blumenstrauß hin. „Mein Papi sagt, dass du ein verlorener Cousin bist, aber wir dich jetzt wiedergefunden haben.“

„Danke sehr!“

Sie strahlte ihn an, drückte ihm einen von Süßigkeiten klebrigen Kuss auf die Wange, drehte sich auf dem Absatz um und rannte zu ihren Eltern zurück. Ihr Vater fing sie auf und wirbelte sie so schwungvoll im Kreis herum, dass der Tüll im Rock ihres Kleids sich bauschte. Ihre Mutter winkte Orlando mit einem zaghaften Lächeln zu und er nickte zurück. Er lächelte dabei zwar nicht, nahm sich aber eine Blüte aus dem Strauß und steckte sie sich ans Revers.

Manuel bezweifelte, dass Orlando von den Ramirez‘ wiedergefunden werden wollte. Das Herz eines kleinen Mädchens brach er dennoch nicht. Jemand brachte eine mit Wasser gefüllte Vase vorbei und stellte den Strauß hinein.

Gerade wollte Manuel fragen, was es mit Thanksgiving und den Amish auf sich hatte, als sich Orlandos Gesicht erneut verschloss. Nach dem Gutelaunekiller Ausschau haltend, sah Manuel seine Großeltern mit zitroniger Miene in ihre Richtung blicken. Sie flüsterten mit Mama, wahrscheinlich über den Grund der Anwesenheit von Orlando und Marius auf dieser Feier.

„Vermutlich schmeißen sie mich und Marius gleich raus“, spekulierte Orlando.

„Selbstverständlich nicht! Du bist ein geladener Gast. Diesen Etikettenbruch würden sie niemals begehen“, widersprach Manuel. „Außerdem haben diesbezüglich noch Consuela und Alfonso ein Wörtchen mitzureden.“

Die alten Herrschaften drehten sich jetzt um und wandten sich anderen Gesprächspartnern zu. Sie zogen es vor, Orlando zu ignorieren. Mama winkte in Richtung des Tisches, aber nur Manuel winkte zurück. Sie seufzte sichtbar und ihre Augen glänzten von ungeweinten Tränen. Orlando würde ihr nicht verzeihen, dass sie ihn gleich zweimal im Stich gelassen hatte. Zuerst war sie nicht zu seiner Einschulung gekommen, obwohl Orlando es sich so sehr gewünscht hatte. Später, als Jugendlicher, hatte er eine Weile bei ihnen gelebt und war dann doch von Manuels Vater aus dem Haus verbannt worden. Und sie hatte den Rauswurf nicht verhindert.

Eine der Tanten führte Mama fort. Mehr Fotos mussten geschossen werden.

Zwei

Ein freier Tag – Manuel genoss das seltene Vergnügen, am Vormittag nach der Hochzeit seiner Schwester lange auszuschlafen. Als er sich endlich aus seinem kleinen Schlafzimmer im Trailer bemühte, sah er einen Stapel frischer Wäsche auf der Couch, an die ein Zettel mit einer Nachricht gelehnt worden war. Manuel hatte ganz vergessen, seine Haushaltshilfe Deon darüber zu informieren, dass sie heute nicht kommen brauchte. Auf dem Zettel stand:

Ich habe nur aufgeräumt, das Bad geputzt, Staub gewischt und den Sauger im Schrank gelassen, um dich nicht zu stören. Du hast so müde ausgesehen und süß geschlafen. Im Kühlschrank steht selbst zubereitetes Sushi – Reste von gestern. Mein Date war suuuper! Ich erzähle dir das nächste Mal mehr davon.“

Bis dann. Deon

P. S.: Ich habe deine Kaffeemaschine vorbereitet. Du musst sie nur noch anstellen.

Gut gelaunt lächelte Manuel. Hatte Deon endlich jemanden kennengelernt, der zu seinem Ninja-Kink passte? Deon arbeitete eigentlich als Escort für die Begleitagentur von Orlando, hatte sich aber wegen der Pandemie nach alternativen Möglichkeiten des Gelderwerbs umgeschaut. Orlando hatte ihn als Putzhilfe an Manuel vermittelt, dem es tatsächlich nur darum ging, seinen Trailer auf Vordermann bringen zu lassen. Bei anderen Kunden putzte Deon auch in knapperer Kleidung oder in Kostümen, hatte er ausgeplaudert, niemals aber nackt.

Manuel aktivierte die Kaffeemaschine. Nur mit einem Short bekleidet, trat er auf die Terrasse und gähnte. Den Holzanbau an den Wohnwagen hatte seine Cousine Theresa in Auftrag gegeben und bezahlt, die gelegentlich mit ihrer Tochter Hope hier wohnte, wenn ihr das Pflaster in Miami zu heiß wurde. Ihr Ehemann liebte sie innig und trug sie auf Händen. Nur leider war er auch ein Drogendealer. Brenzlige Situationen gehörten für ihn zum Beruf und dann benötigten Frau und Kind einen Unterschlupf.

Der Ausblick von seinem Grundstück war noch nicht verbaut und Manuel genoss den Blick ins Tal, auf Los Angeles. Er besaß auch das Land unter dem seinen, damit das so blieb und kein Bauunternehmer für Luxusvillen hier ein Projekt startete. Manuels Mutter glaubte, dass er hier in den Hills ärmlich lebte. In Wirklichkeit waren seine Grundstücke Millionen wert und würde er sie irgendwann einmal verkaufen, strich er einen fetten Gewinn ein. Tat er aber nicht. Seine wenigen Nachbarn und er genossen die relativ abgeschiedene Lage und betrachteten ihr Grundeigentum nicht als Spekulationsobjekte. Das änderte sich vielleicht eines Tages. Bis dahin lebte er hier zufrieden. Er und ein halbes Dutzend anderer aus der Gegend bezahlten eine private Feuerwehr, damit keine Waldbrände ausbrachen.

Entspannt schlenderte Manuel in den Wohnraum zurück und stellte im angrenzenden Küchenbereich erfreut fest, dass der Kaffee durchgelaufen war. Er goss sich eine Tasse ein und kehrte auf die Terrasse zurück, wo er sich auf das Geländer lehnte und nach unten zu den Kakteen sah. Einige von ihnen hatte er selbst gekauft, andere hatte Theresa hinzugefügt. Seit Deon zweimal die Woche kam, gediehen die Pflanzen besser. Die Sukkulenten benötigten an sich wenig Wasser und Pflege und deshalb hatte Manuel sie sich auch angeschafft. Als Herzspezialist gönnte er sich ohnehin kaum Freizeit und hatte dann keine Lust, sich zur Gartenarbeit verpflichtet zu fühlen.

Sein Blick fiel auf farbige Punkte in den Kakteen. Blühten sie etwa? Das hatten sie doch noch nie getan. Er schlüpfte in Flipflops, griff sich sein Handy und schlenderte die wenigen Stufen von der Terrasse bis zum Boden. Ja, tatsächlich – aus manchen Kakteen wuchsen kleine Blüten, einige weiß, andere rot. Er knipste mehrere Fotos aus verschiedenen Winkeln und verschickte die Bilder an Theresa, die kurze Zeit später mit einem strahlenden Emoji antwortete. Außerdem bedankte er sich bei Deon mit einer SMS für die gute Pflege und die Sushi.

Eine SMS von Consuela traf ein. Angehängt waren mehrere Gruppenfotos mit dem Brautpaar, Manuel, Orlando und Marius als zentrale Figuren und einigen jüngeren Gästen in der Peripherie. Manche von ihnen gehörten zu den Ramirez, andere waren Familienangehörige und Freunde des Bräutigams. Auf den Bildern wirkte Orlando entspannter, als Manuel von gestern in Erinnerung hatte. Vielleicht lag es daran, dass er ungemein fotogen war. Geduldig hatte er alle Wünsche nach einem Selfie mit ihm, dem Promi, erfüllt. Zum Essen geblieben war er dennoch nicht. Niemand hatte Orlando und Marius gehen sehen. Von einer Sekunde auf die andere zu verschwinden, gehörte wahrscheinlich zu den Fähigkeiten eines Navy SEALs.

Gut gelaunt vor sich hinsummend bereitete sich Manuel in der Küche einen Smoothie zu. Auf dem Rückweg zur Terrasse schnappte er sich seinen Laptop. Über Thanksgiving Urlaub zu machen, hielt Manuel für eine gute Idee. Ob er nun Orlando und dessen Anhang zu den Amish begleitete – warum auch immer – oder es sich anderweitig gutgehen ließ. Am Tisch sitzend klappte er erst den Laptop auf und nahm dann einen tiefen Schluck seines Smoothies. Es dauerte eine Weile, bis der Kontakt zum System der Arztpraxis hergestellt wurde, an der Manuel einen Anteil besaß. Ja, es gab noch reichlich Slots für Thanksgiving, warum auch immer, und er trug sich in einen ein. Zufrieden schloss er den Laptop wieder.

xxx

Vom Joggen verschwitzt zog sich Manuel das T-Shirt aus und rieb sich damit über das Gesicht und die Brust. Er griff sich die Mineralwasserflasche von den Treppenstufen der Terrasse, die er dort vor seiner Tour deponiert hatte, und öffnete den Deckel. Durstig trank er die halbe Flasche aus und stellte sie auf ihren Platz zurück. Die in den Lücken der Balkonbrüstung steckende Yogamatte zog er heraus und breitete sie auf dem kleinen Rasenstück aus, das wunderbar grün war, seit Deon sich um den Haushalt und das Grundstück kümmerte. Zwar regte sich Manuels Umweltgewissen, doch Deon behauptete, dass so ein winziges Rasenstück nicht viel Wasser benötigte. Die Sonne brannte zu heiß und er sehnte sich nach Schatten für seine Yoga-Übungen. Daher klappte Manuel den großen Sonnenschirm auf. Kaum hatte er sich ausgestreckt und den Kopf auf das zusammengefaltete Handtuch gelegt, als sein Smartphone plingte. Obwohl Manuel heute keinen Bereitschaftsdienst hatte, fühlte er reflexartig Unruhe in sich aufsteigen und das drängende Bedürfnis nachzusehen, was in der eingetroffenen SMS stand. Also griff er sich das neben dem Handtuch liegende Handy und schaute nach. Oh, Orlando hatte sich gemeldet. Gespannt las Manuel die SMS. Sein Cousin wollte mit ihm seine Thanksgiving-Pläne besprechen und die Möglichkeit, dass Manuel ihn zu den Amish begleitete. Orlando schlug vor, gemeinsam in der Eventvilla zu speisen, die neben der Gablestone-Villa lag. Die Einladung erfreute Manuel und machte ihn gleichzeitig traurig. Orlando wollte mit ihm Zeit verbringen, aber nicht in seinem eigenen Zuhause, sondern in den Geschäftsräumen seines Lovers Vincent Gable, dem die Eventvilla gehörte. Bestimmt ließ es sich dort vorzüglich und in angenehmer Umgebung dinieren. Manuel seufzte und bestätigte die Einladung mit ein paar Zeilen. Nach dem Yoga würde er sich die Sushi von Deon schmecken lassen und heute Abend gab es – hoffentlich – italienische oder französische Köstlichkeiten aus der Küche der Gablestones.

Manuel legte das Handy zurück auf die Matte, machte es sich wieder bequem und begann seine Atemübungen.

xxx

Ein distinguiert gekleideter Mann um die Dreißig empfing Manuel und stellte sich als Butler mit dem Vornamen Quinn vor. Höflich führte ihn Quinn in einen freundlich eingerichteten Salon und bot ihm ein Glas Champagner an, was Manuel gerne annahm. Die zwei Mitbringsel legte Manuel auf einem Beistelltisch ab.

„Die beiden Herrschaften werden gleich erscheinen. Der kleine Ramon muss noch aus dem Pool gefischt werden.“ Quinn schmunzelte.

„Und dafür braucht es zwei ehemalige Navy SEALs?“, fragte Manuel amüsiert.

„Die kleine Wasserratte ist flink und ich glaube, in ihrem letzten Leben war sie ein Delfin.“

„Ich blättere solange durch diesen schönen Bildband“, meinte Manuel und zeigte auf das entsprechende Buch.

„Eine vortreffliche Wahl!“ Quinn lächelte freundlich und zog sich aus dem Raum zurück. Nachdem sich Manuel eine Weile im Salon umgeschaut und die Gemälde bewundert hatte, tat er, was er angekündigt hatte, und er langweilte sich nicht beim Warten. Wer auch immer den Lesestoff ausgesucht hatte, der hier überall dekorativ herumlag, hatte ein gutes Händchen für diese Dinge.

Endlich hörte Manuel ein Geräusch an der Tür. Er blickte auf und sah Orlando und Marius eintreten. Huckepack trug Orlando einen schwarzhaarigen, kleinen Jungen, dessen Anblick Manuel gedanklich in seine eigene Kindheit zurückversetzte. So hatte Orlando damals auch ausgesehen.

„Ramon hat sich selbst zum Essen in unsere Runde eingeladen“, meinte Orlando amüsiert und stellte den Jungen auf seine stämmigen Beinchen.

„Sag hallo zu deinem Großcousin Manuel.“

Selbstbewusst stapfte Ramon zu Manuel, blickte zu ihm auf und hielt ihm die Hand zur Begrüßung hin. „Hallo!“, krähte der kleine Kerl und strahlte.

Manuel ging in die Knie und lächelte zurück. „Hallo Ramon. Es ist schön, dich kennenzulernen.“ Vorsichtig nahm Manuel die winzige Kinderhand in die seine und schüttelte sie sanft. Ramon drehte sich um und rief laut in Richtung Tür: „Onkel Nicolas! Huuunger!“

Flink rannte er aus dem Raum und Orlando seufzte. „Nicolas und John werden sich in der Küche um ihn kümmern. Danke, dass du es so kurzfristig einrichten konntest, unsere Einladung anzunehmen, Manuel.“

Manuel lächelte und überreichte ihm die in Seidenpapier eingewickelte Rotweinflasche und den kleinen Blumentopf mit dem Kaktusableger, den Manuel vorsichtig von einer seiner Stachelpflanzen abgedreht hatte. Vorher hatte er ausführlich im Internet gesurft, ob er die Pflanze damit beschädigte – nein – und wie er den Ableger in einen Topf einpflanzte.

„Ein Kaktus?“, fragte Orlando sichtlich verwirrt. „Auf unsere erblühende, aber stachelige Freundschaft?“

Herzlich lachte Manuel auf. „Wenn du so willst. Meine Kakteen blühen gerade und bilden frische Triebe. Da dachte ich mir, dass ein Ableger mit einer Blüte ein persönlicheres Geschenk ist als ein Blumenstrauß.“

„Wie nett“, meinte Marius und nahm Orlando den Minikaktus ab. „Den stelle ich ans Fenster meines Arbeitszimmers. Du bekommst den Wein!“

Es erfüllte Manuel mit Freude, dass jemand sein Präsent zu schätzen wusste. Marius rief den Butler an und gab ihm die Anweisung, den Kaktus bei Gelegenheit zum Gablestone-Anwesen zu transportieren.

xxx

Orlando führte Manuel in einen weiteren Salon. Der Tisch dort war für drei Personen gedeckt. Ein Mann in weißer Küchenkleidung trat ein und sagte zu Orlando: „Ist es dir recht, wenn John und ich deinen Hüpfer in der Küche füttern? Er möchte partout zusehen, wie wir kochen und das Essen servieren. Außerdem will er von allem kosten.“

„Klar! Ruft das Kindermädchen an, wenn er nervt, oder schickt ihn zu mir zurück.“

„Ach was, er ist zwar wissbegierig, aber hat gute Manieren. Wir lieben es, ihn bei uns zu haben.“

„Orlando war in dem Alter auch so entdeckungsfreudig.“ Manuel gefror das Lächeln, als sich sein Cousin mit zusammengezogenen Brauen zu ihm wandte und ihn mit seinem eisigen Blick zu durchbohren schien.

„Woher willst du das wissen?“, knurrte Orlando.

Manuel räusperte sich. „Von Mama. Sie hat sich doch damals um dich gekümmert. Beim Abendbrot redete sie gelegentlich von dir. Vielleicht wollte sie Vater dazu überreden, dich bei uns aufzunehmen.“

Nach ein paar Sekunden des Zögerns strich sich Orlando über den Kopf. „Okay ...“ Seine Miene entspannte sich wieder.

„Es ist schön, Sie bei uns begrüßen zu dürfen, Mr. Ramirez. Ich bin übrigens Nicolas Gable“, meinte der Koch und lächelte, als würde er die Anspannung im Raum nicht bemerken.

„Erfreut, Sie kennenzulernen. Ich bin sehr gespannt, was Sie uns servieren“, gab Manuel zurück. „Was gibt es denn?“

Mr. Gable trat zum Tisch und übergab ihm die auf feinem Papier gedruckte und eingerollte Speisenfolge.

„Wir haben drei Gänge für das Event geplant. Außerdem gibt es Überraschungen aus der Küche. Das Menü ist französisch und italienisch inspiriert.“

„Wunderbar!“

Als hätte er alle Zeit der Welt, plauderte Mr. Gable über das Essen, während Manuel die Menüfolge auf der Speisekarte studierte und die Namen der dazu ausgewählten Weine las.

„Wenn ich das alles trinke, kann ich nicht mehr Auto fahren“, wandte Manuel ein.

Orlando zuckte mit den Schultern. „Wir haben Gästezimmer.“

xxx

Während der Vor- und Hauptspeise erzählte Orlando von der amishen Familie Hochleitner, Verwandte von Marius, wie sich herausstellte. Interessiert hörten Manuel und Marius zu. Marius erinnerte sich nicht an seine Vergangenheit vor der schweren Kopfverletzung, die zu einem Gedächtnisverlust geführt hatte. Er lächelte schief, als er Manuels Blick auf sich spürte.

„Orlando und ich haben bereits über meine Familie geredet. Es fällt mir etwas schwer, das alles emotional einzuordnen. Die Geschichten wieder und wieder zu hören hilft mir, sie einzusortieren und mich daran zu gewöhnen, bald Leute zu besuchen, die ich, Marius, noch nie gesehen habe, die aber Mike aus seiner Kindheit und Jugend kennen.“

Verständnisvoll nickte Manuel. „Das wird eine spannende Erfahrung für dich werden.“ Manuel wandte sich Orlando zu. „Ich verstehe, weshalb Großmutter Hochleitner Marius und dich eingeladen hat. Aber warum wünschst du meine Anwesenheit?“

„Weil du Arzt bist. Sarah hat Brustkrebs im Endstadium und ich dachte ...“ Orlando zuckte mit den Schultern.

„Ich bin Kardiologe, kein Onkologe“, wandte Manuel ein.

„Du hast mir selbst erzählt ...“

„Schon gut!“ Manuel hob die Hände. „Ich weiß so einiges über Onkologie und Schmerztherapie für Schwerkranke. Aber ich habe keine Zulassung für den Staat New York.“

„Ist es schwierig, diese zu besorgen?“, wollte Orlando wissen.

Nachdenklich schnitt sich Manuel ein weiteres Stück von dem saftigen Cordon Bleu ab und steckte es sich in den Mund. Es zerging beim Kauen auf der Zunge und das Aroma des italienischen Schinkens kombiniert mit dem französischen Käse erfreute Manuels Geschmacksknospen. Schließlich antwortete er: „Ich denke, ich kann mir eine zeitlich befristete Zulassung für die Behandlung einer Privatpatientin organisieren.“

„Dann machst du es also?“

„Weiß die Patientin, dass ich mitkomme?“

„Nicht direkt. Ich nehme dich als meinen Cousin mit, schließlich hat sie meine Familie eingeladen.“

„Familie ja?“ Manuel grinste.

„Reite nicht auf dem Thema rum!“, grollte Orlando.

„Wie werde ich.“ Still amüsierte sich Manuel über Orlandos Unbehagen. Für die Mutter seines Lebensgefährten sprang Orlando über seinen Schatten und ließ Manuel wieder in sein Leben, wenn auch nur in die Peripherie. Die Klauen düsterer Erinnerungen lösten sich aus Manuels Seele und der alte Schmerz ebbte etwas ab. Der Butler trat ein und goss ihnen Wein nach. Diese Ablenkung nutzte Manuel, um unauffällig mehrmals tief durchzuatmen und sich zu sammeln. Sonst brach er noch in Tränen aus oder kicherte hysterisch über die erstaunliche Entwicklung der Dinge.

xxx

Ein Pling des Smartphones weckte Manuel. Er sah auf die Uhr und grummelte: „Ich habe keinen Bereitschaftsdienst! Lasst mich zufrieden!“ Den Drang nachzuschauen, was nun schon wieder so ungemein wichtig war, dass die Praxis ihn behelligte, verdrängte er bis nach dem Milchkaffee, den er sich selbst in der luxuriösen Gästesuite zubereitete.

---ENDE DER LESEPROBE---