Anekdotisches aus dem Leben von Christoph von Campenhausen - Christoph von Campenhausen - E-Book

Anekdotisches aus dem Leben von Christoph von Campenhausen E-Book

Christoph von Campenhausen

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Beschreibung

Christoph von Campenhausen (*1936) war Professor für Zoologie (Neurobiologie) an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (1972-2004). Diese Sammlung von noch unveröffentlichten Texten dokumentiert sowohl persönliche Erlebnisse aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg wie auch wissenschaftliche Überlegungen aus dem Grenzgebiet zwischen Natur- und Geisteswissenschaften.

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Seitenzahl: 537

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Vorbemerkung

Es unterhält mich gut, frühere Erlebnisse in Erinnerung zu rufen, aber ich habe vieles vergessen, und es kommt mir oft so vor, als ob sich meine Erinnerungen jedes Mal, wenn sie mir bewusst werden, irgendwie verändert hätten. Auch meine Kinder behaupten, dass ich dieselben Geschichten immer wieder anders erzähle. Im Zweifelsfall ist es schwierig zu entscheiden, wer sich wann richtig erinnert. Erfahrungen wie diese machen persönliche Lebenserinnerungen nicht nur für den Autor, sondern auch für die Leser uninteressant. Überlegungen dieser Art haben mich davon abgehalten, zusammenhängende Lebenserinnerungen zu verfassen, obwohl ich Zeit dafür gehabt hätte.

Erinnerungsberichte sind einigermaßen zuverlässig, wenn sie spezielle Ereignisse beschreiben, die archivalisch bestätigt werden können. Weil ich nicht für alles, was mir wieder einfällt, sichere Belege wie Briefe, Tagebücher oder andere Dokumente auftreiben kann, überliefere ich nur Teile, für die ich Quellen gefunden habe, und bemühe mich nicht um das Ganze meiner Vergangenheit. Bei der Auswahl der Einzelheiten habe ich mit Mut zur Lücke den Zufall walten lassen. So entstanden die voneinander unabhängigen Kapitel unterschiedlicher Länge.

Eine subjektive Färbung der Darstellung ist schon wegen meiner Auswahl der Einzelheiten und ihrer Einordnung in die erzählerische Reihenfolge unvermeidbar. Man wird kritisieren können, dass meine Frau und Nachkommen nur erwähnt werden, wenn es weitergehende Gründe dafür gibt. In einer Autobiographie hätte ich selbstverständlich stolz und ausführlich von meiner Familie und mir selbst berichtet. Das entspricht aber nicht der Absicht dieser Text-Sammlung. Ich wollte an Tatsachen und Geschehnisse erinnern, die zwar von mir bezeugt werden können, aber auch ohne Verbindung zu meiner Person wissenswert sind. Über die Johanniter, denen ich in mancherlei Funktionen gedient habe, findet man in dieser Sammlung kaum etwas, weil meine Archivalien zu diesem Bereich bereits in Nieder-Weisel lagern.1 Angestrebt ist, Fragen zu beantworten, die Kinder und Enkel und Freunde bereits gestellt haben oder vielleicht noch stellen werden. Was aufgeschrieben ist, kann warten, bis es vielleicht einmal jemand lesen will.

1 Wer will, kann Einiges über meine Erlebnisse bei den Johannitern nachlesen in: von Campenhausen, Christoph (2010). Warum ich Johanniter bin

1. Einschulung 1942 und der Kater Mulle

Als ich mit meiner Mutter von der Pestalozzischule in der Heidelberger Kaiserstraße nach Hause kam, miaute ein kleines Kätzchen auf der Straße vor unserem Haus, und wir nahmen es auf. Daraus wurde der sehr große Kater Mulle, der bei uns lebte, bis er in der Hungerzeit 1945 von einem nächtlichen Ausflug nicht mehr nach Hause kam. Er wird wohl als sogenannter „Dach-Hase“ in einem Kochtopf sein Ende gefunden haben.

Mir ist eine Feier im Schulhof in Erinnerung geblieben, bei der die Schüler in einem mehrreihigen Quadrat um den Rektor Lenz aufgestellt waren. Wir sangen „Deutschland, Deutschland über alles …“ und „Die Fahne hoch …“ und riefen im Sprechchor: „Wir grüßen unsern Führer Adolf Hitler. Sieg Heil, Sieg Heil, Sieg Heil!“, wobei wir den rechten Arm jedesmal bei „Heil“ zum Hitler-Gruß erneut ausstreckten. Hitlerjunge bin ich nicht mehr geworden. Dazu war ich noch zu klein. Aber die abgelegten Uniformen, das Oberteil hieß „Kluft“, von meinem Vetter Adolph von Wangenheim aus Waake und wahrscheinlich auch von meinem Bruder Peter waren in der Zeit des Mangels auf Jahre hinaus unsere wichtigsten Kleidungsstücke.

2. Autounfall und das holländische Dienstmädchen Beppi in Heidelberg

Am 29. IX. 1943 wurde ich von einem Militär-PKW in der Rohrbacher Straße, nahe der Haus-Nr. 60 an- oder überfahren. Ich rannte hinter der vorbeifahrenden Straßenbahn über die Straße, hatte aber nicht damit gerechnet, dass dahinter ein Auto in Gegenrichtung kommen würde. Ich nahm nur einen Knall wahr. Erinnerungen kamen später: Ich sah mich aus der Vogelschau auf der Straße liegen, von Menschen umstanden, von denen die Mutter von Hanni Obermarck mit ausgestrecktem Arm auf mich nach unten deutete und sagte: „des isch der Grischtof von Cambehause.“ Der Soldat soll mich beschimpft haben und dann weitergefahren sein. Man holte Beppi (das holländische Dienstmädchen: Elisabeth van Manen), die mich ins Haus führte. Meine Mutter lag, wie in diesen Jahren oft, krank im Bett und Beppi wollte sie nicht beunruhigen. Fräulein (wie man damals sagte) Dr. Claus stellte eine Hirnerschütterung aber keine Brüche fest. Nach meiner Erinnerung hatte ich großflächige Schürfwunden und heulte vor Schreck ohne Ende. Es gibt ein Protokoll von Onkel Oswald von Campenhausen, dem Rechtsanwalt, vom 5. X. 1943 in CGA K2 Mappe gelb.

Beppi war im Krieg aus Liebe einem deutschen Soldaten aus Holland nachgereist und lebte bei uns als Dienstmädchen. Sie war beliebt, heulte aber manchmal untröstlich und laut in der Küche, weil sie wusste, was mit ihr geschehen würde, wenn sie sich noch einmal in der Heimat sehen lassen würde. Ich weiß nicht, ob und wie sie überlebt hat.2

2 Mein Bruder Axel hat sich in den 1990er Jahren einmal in Holland mit ihr verabredet und auf einem Bahnhof mit ihr geplaudert. Sie hatte nicht den deutschen Soldaten, sondern einen Holländer geheiratet.

3. Moorfelde (1943-1945)3

Mit diesem polnischen Gut verbinden wir und unsere Campenhausen’schen Verwandten in Rotenburg4 an der Fulda schöne Erinnerungen aus der Zeit des 2. Weltkriegs. Für Nachgeborene wird es nicht leicht sein, zu verstehen, warum und wie wir dorthin gekommen sind. Darum: etwas zur Vorgeschichte.

Aufgrund des Hitler-Stalin-Pakts vom 23. August 1939 wurden die in ihrer Heimat verbliebenen Deutschbalten sehr plötzlich, noch Ende 1939, mit ihrem Hausrat im Zuge einer Umsiedlungsaktion der deutschen Reichsregierung aus Lettland und Estland abgeholt. Die meisten wurden in den neu geschaffenen „Reichsgau Wartheland“, d.h. in einen Teil des gerade eroberten Polen eingewiesen. Meine Großmutter (Gomi) Lilli von Campenhausen, geb. von Löwis of Menar, und ihre unverheiratete Tochter Adline vC. gerieten so von dem Restgut Orellen in Lettland nach Murka im Kreis Schrimm, das damals in „Moorfelde“ umbenannt worden war. Das geschah im September 1939 und damit während des 2. Weltkriegs, gleich nach der Eroberung Polens und noch vor Beginn des Feldzugs gegen Dänemark und Norwegen (April bis Juni 1940), der Eroberungen im Westen (Belgien, Niederlande, Frankreich, Mai bis Juni 1940) und des Afrika-Feldzugs ab September 1940. Im Sommer 1941 begann der Balkan- und der Russlandfeldzug. In den Jahren 1942-1944 war der „Warthegau“, wie man damals sagte, weit entfernt von allen Kriegsgebieten im Osten, Westen, Norden und Süden und darum für die deutschbaltischen „Umsiedler“ zunächst ein sicheres Aufenthaltsgebiet.

Vom Wiener Kongress 1815 bis zum Versailler Vertrag von 1920 hatte das Gebiet des Warthegaus zur preußischen Provinz Posen und damit zuletzt auch zum Deutschen Reich gehört. Die Bevölkerung war aber immer überwiegend und nach 1920 fast vollständig polnisch. Die Hitlerregierung vertrieb viele Polen und wies die baltendeutschen „Umsiedler“ in die gerade von den Polen zwangsweise verlassenen Besitztümer ein. Was berechtigte die deutschbaltischen Flüchtlinge dazu, polnisches Eigentum in Besitz zu nehmen? Die Antwort ist kompliziert. Die sogenannte Umsiedlung fand unter Kriegsrechtsbedingungen statt, und ein Dach über dem Kopf benötigte jeder. Einzelheiten der „Umsiedlung“ wurden durch Behörden der Reichsregierung veranlasst. Die meisten Männer waren bereits zum Kriegsdienst eingezogen worden, und auch Frauen wurden dienstverpflichtet. Die landwirtschaftliche Produktion war insbesondere im Krieg wichtig. Die endgültigen Eigentumsübertragungen sollten erst später im Zusammenhang mit der Entschädigung der Deutschbalten für die in Lettland und Estland zurückgelassenen Besitztümer durch das Deutsche Reich geregelt werden. Den Anspruch auf Entschädigung wollte niemand verspielen.

Meine Großmutter und Tante Adline waren zur Übernahme des Gutes Moorfelde nicht berechtigt, weil sie keine ausgebildeten Landwirte waren. Mein Großvater war 1920 noch im Baltikum von Bolschewiken ermordet worden. So fand man einen Kompromiss: Der entfernt verwandte Onkel Otto von Klot aus Hasenwinkel in Brandenburg wurde als Leiter der benachbarten Domäne Mühlheim und als landwirtschaftlicher Berater meiner Großmutter für Moorfelde dienstverpflichtet. Durch diese vorläufige Regelung konnten meine Großmutter und Tante Adline in Moorfelde leben und das Gut bewirtschaften. Ihre Entschädigungsansprüche gegen das Deutsche Reich blieben erhalten. Dass sie Moorfelde als nur vorübergehenden Aufenthaltsort ansahen, beweist ihre Entscheidung, die Orellen’schen Möbel und sonstigen Hausrat nicht nach Moorfelde, sondern nach Wehrda/Kreis Hünfeld in Hessen zu schicken.

Die polnischen Vorbesitzer des Guts Moorfelde hatten, wie mir Tante Adline später erzählte, in den Jahren, bevor sie dorthin kam, mehrfach gewechselt. Zum letzten bestand kein Kontakt. Auf benachbarten Gütern gab es Verbindungen zu den verschleppten polnischen Vorbesitzern durch das Netzwerk des polnischen Untergrunds. Auf diesem Wege konnten manche Vorbesitzer unauffällig unterstützt werden. Die Polen, die auf dem Hof und bei Tante Adline im Haus arbeiteten, kooperierten mit meiner Großmutter und der Tante und waren auch zu uns Kindern sehr nett. Sie blieben auch nach dem Krieg noch mit Tante Adline in Kontakt. Davon wird noch berichtet werden.

Tante Adline war nach dem Tod ihrer Mutter in Moorfelde am 1. VII. 1942 das, was sie früher und später nie sein konnte, aber wohl immer sein wollte: Leiterin eines Gutes. Ihr zur Hand ging als Gutssekretärin „Fräulein“ – wie man damals sagte – Irmela Zoege von Manteuffel, die 1945 während der Flucht das Kommando übernahm. Verwalter des Gutes waren der Pole Nowotnik (?) und der Vogt Kriwitzki. Stasia (Stanislawa Jankowiak) war das treue und liebevolle Hausmädchen. In der Küche herrschte Trudka (Gertruda Staszak), die nach dem Krieg den Gärtner (Cestano Jankowski) heiratete, der auch für das Geflügel zuständig war.

Das Herrenhaus in Moorfelde war nicht schön, aber stattlich (Abb. 1abc). Es hatte wie der ganze Gutbetrieb keinen elektrischen Stromanschluss. Zur Beleuchtung dienten Petroleum-Lampen. Die landwirtschaftlichen Maschinen wurden über Treibriemen von einer Dampfmaschine oder über das Schwungrad eines Bulldogs angetrieben. Rüben und Kartoffeln wurden auf Schienen mit großen Loren eingefahren, die von jeweils vier Pferden gezogen wurden. In einem Brief an meine Mutter vom 13. III. 1944 zählte ich den Viehbestand in dieser Zeit auf: 48 Kühe, 45 Kälber und Stärken, 1 Bulle, 5 Ochsen, 127 Schweine, 5 Hähne, 4 Truthähne, 9 Truthühner, 48 Hühner, 25 Pferde, 1 Dienstpferd [?], 4 Katzen, 3 Hunde, 1 Haushund (Pütz), 1 Eber, 25 Enten, 9 Gänse. Die andernorts erwähnten 5 Perlhühner hatte ich in dieser Liste vergessen. Tante Adline berichtete in einem Brief an die Familien ihrer Brüder vom 7. III. 1944 erstaunlich ausführlich über die Pferde, deren Kankheiten, Namengebung, Zukäufe und Fohlen. Sie genoss es, Gäste zu haben: „Man muss es ausnutzen, so lange man ein Haus hat – ganz schlicht ein paar Berliner können einem ja jeden Tag das Privatleben ruinieren und die Möglichkeit nehmen, Gästen einen angenehmen Aufenthalt zu bieten.“

Abb. 1a: Herrenhaus in Moorfelde (Murca)/Kreis Schrimm, Vorderseite

Abb. 1b: Herrenhaus, Rückseite

Abb. 1c: Herrenhaus, Parkseite (a,b,u.c in CGA K: Adline Freiin von Campenhausen)

Im Juli 1943 wurden mein Bruder Axel und ich für die Sommerferien nach Moorfelde eingeladen. Zunächst brachte man uns nach Rotenburg an der Fulda zu unserer Tante Henriette („Henner“) von Campenhausen, geb. von der Malsburg, der zweiten Frau des ältesten Bruders meines Vaters Balthasar vC., der schon am 14. X. 1941 gefallenen war. Diese Tante Henner brachte uns zusammen mit ihren vier Kindern für die Sommerferien nach Moorfelde. Vor der Abreise kam ein anderer Bruder meines Vaters, Onkel Oskar vC. aus Wehrda, für einen Tag seines Heimaturlaubs mit seinem Sohn Ulrich nach Rotenburg (ungefähr am 12. VII. 1943). Er veranstaltete dort mit allen Kindern ein fabelhaftes Kriegs-Geländespiel, bei dem er zuletzt selbst auf eine Landmine trat (ein in den Weg gekratztes X), deren Explosion er mit einem gewaltigen Luftsprung simulierte und damit das Spiel beendete.

Auf dem Weg nach Moorfelde blieb unser Zug wegen eines Luftangriffs vor Leipzig im Dunklen stehen. Wir sahen brennende Häuser. Der Anschluss von Leipzig über Cottbus nach Posen kam in Leipzig nicht mehr zustande, was zu einem nächtlichen Umweg über Berlin führte. Da sind wir zum ersten Mal mit einer U-Bahn gefahren, vom Anhalter Bahnhof (?) zum Bahnhof Friedrichstraße. Der nächste Zug war überfüllt, vor allem mit Soldaten. Die Türen waren von innen mit Gepäck zugebaut. Aber in der 2. Klasse fanden wir Klappsitze auf dem Gang. Tante Henner erzählte mir Jahrzehnte später, dass ich ihr in ihrer Not mit den vielen Kindern im überfüllten Zug mit einem philosophischen Satz aufgeholfen hätte: „Ein überfüllter Zug kann nur leerer werden. Das ist besser als ein leerer Zug, der immer voller wird.“ Schlichte Wahrheiten sind fast immer tröstlich. Von Posen nach Schrimm fuhren wir in einem altmodischen Wagon ohne Abteile mit einer umlaufenden hölzernen Sitzbank an den vier Wänden.

In Moorfelde fand ich meinen Vetter Hannes von Campenhausen aus Wehrda vor. Wir rannten fröhlich im Park umher, „der Dicke und der Dünne“, wie noch lange erzählt wurde. Damals fing unsere erstaunliche, bis heute ungetrübte Freundschaft an. Das Glück währte damals leider nur einen Tag, weil Hannes zuhause zurückerwartet wurde. Mein Bruder Peter war schon vor uns einmal mit unserem Vater in Moorfelde gewesen5, als unsere Großmutter (Gomi) vC. noch lebte, die dort am 1. VII. 1942 mit dem Pferdewagen tödlich verunglückt war. Im Sommer 1943 war unsere oft kranke Mutter wieder in der Klinik. Tante Marline von Trott zu Solz, geb. Riedesel, hatte mit einem Brief vom 24. VI. 1943 angeboten, die Geschwister Lilli und Peter in Imshausen aufzunehmen.

Moorfelde war für Ferienkinder wunderbar. Täglich ging man zum großen See zum Baden. Der kleine See, der den Gutshof zu einem Drittel umschloss, galt als zu sumpfig. An der Badestelle übten wir ein komisches Theaterstück über das Nibelungenlied ein, das die Rotenburger mitgebracht hatten. Otto als Siegfried trat gegen Axel auf, der den Hagen spielte, und griff bei der Probe auf einer Wiese zu den Worten „… und schlage ich dir Lumpenschwein, hiermit deinen falschen Schädel ein“ in einen Haufen Kuhscheiße, mit dem er zum Gelächter der anderen Axel bewarf. Ingeborg war Krimhild, Ursula Brunhild und Drache, Billo Gunter und ich musste als Pfaffe zwei Paare verheiraten mit den Worten „bei diesem Glockengeläute, segne ich diese zwei Bräute“.

Bei einem Abendessen auf der Terrasse durfte Tante Adlines Reitpferd Ali frei im Park herumlaufen. Ali fand heraus, dass er seinen Kopf über das Geländer und über die Schultern der Kinder strecken konnte, um sich etwas von den Tellern auf dem Tisch zu holen. Tante Adline verbot uns, ihn immer wieder dazu zu ermuntern. Weil wir enttäuscht waren, erklärte sie, dass Ali alles vom Tisch essen dürfe, wenn er auf die Terrasse heraufkäme. Das war höchst unwahrscheinlich wegen der drei Treppenstufen. Moorfelder Pferde kannten keine Stufen. Aber der kluge Ali kam trotzdem auf die Terrasse. Als Tante Adline aus Versehen ein Bündel von Löffeln klirrend zu Boden fallen ließ, verschwanden alle Köpfe der wohlerzogenen Kinder zum Aufsammeln unter dem Tisch. Als wir wieder auftauchten, stand Ali auf der Terrasse hinter Tante Adline und biss in einen Stapel von Brotscheiben. Als sie versuchte, für ihn Milchsuppe in einen Suppenteller zu füllen, kam er ihr zuvor und trank bereits aus der Schöpfkelle. Zur Empörung der Kinder wurde dann doch einiges vom Tisch geräumt. Nun aber scheute Ali vor den drei Stufen und wagte den Abstieg nicht mehr, obwohl wir ihn mit Brot lockten. Schließlich sprang er in einem Satz von der Terrasse in den Park.

Am Ende der Sommerferien kehrten wir nach Heidelberg zurück, wo die Schule trotz häufigem Fliegeralarm noch einigermaßen regelmäßig stattfand. Mein zum Militär eingezogener Vater bekam 1943 Weihnachts-Urlaub. Die Eltern beschlossen, meinen Bruder Axel und mich 1944 wieder nach Moorfelde zu schicken, um unsere Mutter zu entlasten. Am 23. Januar 1944 (Axels Geburtstag war am 22. I. vorgefeiert worden) brachte mein Vater am Ende seines Heimaturlaubs Axel und mich nach Moorfelde, wo wir bis Ende Juli blieben. Auf der Hinfahrt übernachteten wir einmal bei dem verwitweten Vater unserer Heidelberger Hausgehilfin Käthe Zimmer, einem Volksschullehrer i.R. in Breslau. Er wurde von einer älteren Tochter versorgt. Aus dem Volksempfänger dort kamen Pfeiftöne, die der auf Urlaub befindliche Bruder von Frl. Zimmer fachmännisch als feindliche Störmanöver interpretierte. Durch die Züge gingen fortwährend die sogenannten Kettenhunde, d.h. Feldjäger mit Stahlhelm und einem an einer Halskette hängenden halbmondförmigen Blechschild vor der Brust, und kontrollierten die Papiere aller Soldaten, so auch bei unserem Vater, dessen Marschbefehl den Umweg über Moorfelde zuließ.

Ein halbes Jahr lang plagte mich in Moorfelde das Heimweh, obwohl die Briefe aus dieser Zeit zu beweisen scheinen, dass es uns gut ging. Ich lebte in ständiger Angst vor Tante Adline und Axel. Das hat sich erst im höheren Alter geändert. In der Schule unterrichtete Frl. Franz alle acht Klassen gleichzeitig in einem Raum. Die etwa 30-köpfige Schülerschaft bestand aus Kindern der ortsansässigen deutschen Bauern und schwarzmeerdeutschen Flüchtlingen, sowie aus evakuierten und/oder ausgebombten Berlinern. Das Bildungsniveau war so unterschiedlich, dass die Schüler im Unterricht nicht nach Alter, sondern nach Könnerschaft gruppiert wurden. Für Polenkinder gab es keine Schule. Lore und Uso Walther kamen jeden Tag zu Fuß von Mühlheim zur Schule. Ihr Vater, der Physiker Dr. Roland Walther6, war irgendwo mit kriegswichtigen Entwicklungsarbeiten beschäftigt. Er besuchte seine Familie manchmal in dem von Bomben verschonten Warthegau. In der großen Pause rannten wir mit den Walter-Kindern zu Tante Adline, die uns zu einem zweiten Frühstück mit Perlhuhn-Eiern empfing.

Auch in Nordheim besuchte ich 1945 noch eine Ein-Zimmer-Volksschule mit nur einem Lehrer. Schüler im Alter von 6 bis 14 Jahren kann man offensichtlich in einem Raum gleichzeitig unterrichten.7 Ich habe unter dieser Schulform nicht mehr gelitten als unter der Volksschule in Heidelberg mit ungefähr 40 gleichaltrigen Schülern in einem Raum. Schlimmer war jedenfalls Tante Adlines Ehrgeiz, uns täglich eine Strophe eines Chorals aus dem Gesangbuch oder einen Abschnitt aus Luthers Kleinem Katechismus lernen zu lassen. Axel war dazu verurteilt, den Kleinen Katechismus mit Erklärungen für mich in Schönschrift in ein Notizbuch zu schreiben. Tante Adline hörte uns nach den Hausaufgaben für die Schule ab und ließ uns nicht ins Freie, wenn wir beim Aufsagen steckenblieben.

Beglückend, wenn auch eigentümlich, war das Reiten nach Tante Adlines Anleitung. Kinder bekamen keinen Sattel und keine Steigbügel, sondern nur eine Schabracke, die mit einem Gurt um den Bauch des Pferdes befestigt wurde. Nur zu oft rutschte die Schabracke beim Reiten zur Seite, so dass sie zuletzt nicht mehr auf dem Pferderücken lag, sondern unter dem Bauch baumelte. Tante Adline lehrte uns das Reiten, indem sie in der Mitte stehend, Ross und Reiter an der Leine um das kreisrunde Blumenbeet vor dem Hause traben ließ. Die Fußspitzen mussten eng an die Flanke des Pferdes gedrückt werden, was aus anatomischen Gründen längerfristig kaum möglich ist. Als pädagogisch wertvoll galt die Regel, dass man, wenn man vom Pferd fiel, ein Goggelmoggel8 bekam, was den Gegensatz zwischen Tröstung und Belohnung irgendwie geheimnisvoll überbrücken sollte.9 Nach einiger Übung durfte man mit Tante Adline ausreiten und später auch allein auf dem Pferderücken bis nach Mühlheim zu Walthers unterwegs sein. Das erfüllte mich mit Stolz aber auch mit Angst: Was sollte ich tun, wenn die Schabracke verrutscht oder wenn ich vom Pferd falle? Aufsteigen konnte ich bei meiner kindlichen Körpergröße ohne Steigbügel nur, wenn mir jemand half. Hätte ich das Pferd zu Fuß nach Hause führen sollen? Tante Adlines Antwort war gnadenlos unmöglich: Stelle das Pferd in einen Graben und klettere dann drauf. Dass das gar nicht möglich sein würde, war für mich offensichtlich, eigentümlicherweise aber nicht für Tante Adline. Es ist schon ein Problem, ein Pferd in einen Graben hinunterzulocken und wieder hinaufzubringen. Der Abstand vom Grabenrand zum Pferderücken wäre, selbst wenn es gelungen wäre, trotzdem unüberwindbar groß geblieben. Vieles blieb also beängstigend rätselhaft.

Im Frühjahr herrschte eine entsetzliche Hungersnot in den Ställen von Moorfelde. Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen war: War es ein Planungsfehler, war das Futter von der Wehrmacht beschlagnahmt worden, war die Vorjahresernte schlecht gewesen?10 Die Pferde litten ganz besonders. Maschka, eine sanfte Stute, auf der ich gerne ritt, hatte sich einmal im Stall losgemacht und war beim Versuch, das Tor zwischen Gutshof und Park aufzudrücken, zwischen den Flügeln eingeklemmt hängengeblieben. Im Park fing das Grass gerade an zu wachsen. Maschka wurde befreit und durfte die ersten grünen Halme im Umkreis eines Pflocks, an den sie angebunden wurde, fressen. Nach kurzer Zeit war der Boden um den Pflock braun. Sie hatte auch die Wurzeln aus der Wiese herausgezogen. Bei dem Versuch, die Pferde mit Stroh und irgend einem Mischfutter zu ernähren, wurden viele krank. Ich weiß, wie gesagt, nicht wie es zu dieser Hungersnot kommen konnte.

Erwähnenswert ist der Fischkasten, eine im See schwimmende Holzkiste mit einer durch ein schweres Schloss gesicherten Klappe auf der Oberseite. Darin wurden riesige Hechte und große dicke Karpfen gehältert, die einmal im Jahr von einem professionellen Fischer im kleinen Moorfelder See gefangen wurden. Bei Bedarf erhielt der Gärtner den Schlüssel und holte mit einem Käscher je nach Auftrag der Küche einen Hecht oder einen Karpfen oder für jeden eine Schleie heraus. Einmal erlebten wir den Fischfang, der an dem flachen Ufer am Ende des Sees im Dorf anfing und aufhörte. Zwei Boote wurden dort von einem Pferdefuhrwerk abgeladen und ins Wasser geschoben. Sie wurden hintereinander bis ans andere Ende des Sees gerudert, von wo sie entlang der beiden Ufer zum Ausgangsort zurückkehrten. Zwischen ihnen wurde ein Netz ausgespannt, das alle Fische an das flache Ufer trieb, wo es dann von Fischen wimmelte. Die Fischer aber auch Tante Adline und wir wateten in Gummistiefeln zwischen den Fischen herum, die in verschiedene Bottiche sortiert wurden. Da gab es viele gold-gelbe Karauschen, aber auch Schleien und Barsche. Die größten Hechte und Karpfen kamen in den Fischkasten, wo sie das ganze Jahr über frisch blieben.

In Moorfelde gab es viele Gäste. Sogar unser Großonkel Oswald vC, der Heidelberger Rechtsanwalt, hatte sich zu einem Besuch in Moorfelde angesagt. Tante Adline schickte eine Kutsche zur Bahnstation nach Schrimm, obwohl mit seinem Kommen kaum noch zu rechnen war, weil gerade die Invasion der Alliierten in der Normandie (6. VI. 1944) begonnen hatte. Erstaunlicherweise war der Großonkel trotzdem aufgebrochen, so dass die Kutsche nicht leer zurückkam. Am 13. VI. schrieb ich nach Hause, dass Axel und ich täglich mit ihm zum Schwimmen im großen See gingen. Er blieb bis zum 28. Juni 1944. Einmal kam auch noch unser Onkel Oskar vC aus Wehrda auf dem Weg zum Fronteinsatz nach Moorfelde. Zu meiner Enttäuschung trug er nicht mehr die Uniform eines Oberleutnants. Die Zeit, in der er diesen Rang wegen seiner Russisch-Kenntnisse als Sonderführer bekleidet hatte, war vorbei. Jetzt war er wieder ein einfacher Soldat.

Während seines Besuchs donnerte einmal ein riesiges militärisches Flugzeug im Tiefflug über das Haus. Onkel Oskar erklärte uns, dass es ein Gigant war. Von unserem Mainzer Freund, dem General der Transportflieger Helmut Schwarz, lernte ich später, dass der Gigant während des 2. Weltkriegs zunächst als Lastensegler entwickelt und dann noch mit sechs Motoren zum Transportflugzeug ME 323 weiter ausgebaut worden ist. Er transportierte 11 t. Bei doppeltem Kargo-Gewicht brauchte er beim Start Unterstützung durch ein vorgespanntes Flugzeug, um hochzukommen. Besuchsweise weilten Onkel Burchardt und Tante Hella von Klot, geb. Löwis of Menar, in Mühlheim bei ihrem Vetter Otto von Klot. Der Jurist Burchardt Klot war im Krieg während der Deutschen Besetzung Lettlands als Deutscher Verwaltungsbeamter in Riga beschäftigt.

Zu den Sommerferien kamen 1944 noch ein letztes Mal die Rotenburger Kusinen und Vettern mit Tante Henner vC und brachten unseren Bruder Peter vC mit. Am 26. VII. 1944 schrieb er aus Moorfelde nach Nordheim im Grabfeld, wo sich meine Mutter mit Lilli und Frl. Zimmer befanden. Peter erinnerte sich später, dass unsere Abreise von Moorfelde wegen schlechter Nachrichten von der Ostfront überstürzt stattfand. Wir drei Brüder wurden jedenfalls noch (ungefähr) am 29. VII. 1944 nach Nordheim gebracht, wo wir den Rest der Ferien mit den Wehrdaer Vettern und Kusinen und unserer Mutter mit Lilli und Frl. Zimmer verleben durften. Anfangs war auch noch mein Vater auf Urlaub dabei.11

Zum Ende von Moorfelde ist Folgendes zu berichten. Obwohl die Ostfront immer näherkam, durfte Tante Adline vC Moorfelde nicht verlassen. Am 28. XII. 1944 schrieb sie mir noch einen Brief aus Moorfelde, den die Post noch immer ordnungsgemäß bis nach Nordheim beförderte. Sie berichtete: … „wir fahren den Eisberg zusammen, 23 cm dicke Kristallplatten“ vom Moorfelder See. Das Eis wurde wie jedes Jahr im Park in einer Kuhle unter Bäumen gelagert und mit Erde bedeckt, um im Sommer die Milchkannen zu kühlen, die täglich im Morgengrauen in einem Pferdewagen nach Dolzig gebracht wurden.

Tante Adline brach schließlich am 20. I. 1945 bei -15°C auf vereisten Straßen mit Tante Else von Haffner, der Moorfelder Lehrerin Frl. Franz, der Gutssekretärin Irmela Zöge von Manteuffel und dem polnischen Kutscher Janek Borowczyk mit einem Pferdewagen auf. Vier von Berlin nach Moorfelde evakuierte Kinder aus dem Dorf, deren Mutter verreist war, baten mitgenommen zu werden und wurden zuletzt auch noch auf dem Wagen untergebracht. Ein erster Fluchtwagen mit Pfarrer von Ungern-Sternberg, seiner Frau und vier Kindern war mit dem Kutscher Sobik zuerst losgeschickt worden. Die Moorfelder Polen nahmen unter Tränen Abschied. Frl. von Manteuffel übergab dem Verwalter ihren Schlüsselbund. Der polnische Eigentümer des Gutes war schon auf dem Hof, wie mir Tante Adline später erzählte, zeigte sich aber nicht. Die Polen blieben mit Briefen noch jahrelang mit Tante Adline in Verbindung. Auch ich bekam Postkarten vom Zimmermädchen Stasia.12

Auf der benachbarten Domäne Mühlheim ging Onkel Otto v. Klot am selben Tag wie Tante Adline auf die Flucht. Zu seinem Treck gehörte auch die Familie von Onkel Burchardt und Tante Hella v. Klot mit fünf Kindern, ferner die Familie des baltischen Physikers Roland Walter mit Frau und vier Kindern und noch andere. Am 28. I. kam sein Treck mit dem von Tante Adline auf seinem Besitz Hasenwinkel in Brandenburg für einige Tage zusammen, bevor sie die Flucht einzeln fortsetzen mussten. Das erste Ziel von Tante Adline war davor der Bahnhof Neu-Bentschen gewesen, wo es am 23. I. gelungen war, Tante Else Haffner, Frl. Franz, die Berliner Kinder und Ungerns in einem mit Flüchtlingen vollgestopften Eisenbahnzug unterzubringen. Der Kutscher Sobik kehrte mit einem Wagen nach Moorfelde zurück.

Mit Janek gelangte Tante Adlines Treck über 805 km bis nach Wehrda. Frl. von Manteuffel schrieb dort einen detaillierten Bericht13 über alle Schrecklichkeiten der Flucht in Eis, Schnee und Regen, bei Hunger, auf verstopften Straßen, mit einem Pferdewagen ohne Bremsen, die auf dem flachen Land um Moorfelde nicht üblich waren, im Mittelgebirge aber dringend benötigt wurde (man behalf sich mit Bremsschuhen unter einem der Hinterräder), in elenden Nachtquartieren, bedroht durch Fliegerangriffe, abgedrängt von deutschen Militärtransporten und – last not least – mit der russischen Front im Rücken. Das schlimmste war, wie uns Frl. von Manteuffel Jahrzehnte später im Beisein von Tante Adline erzählte, dass die Tante in einen Erschöpfungszustand geriet und nicht mehr aufstehen und weiterfahren wollte. Da übernahm Frl. von Manteuffel die Leitung des Trecks.14 Sie erreichte mit Janek Wehrda am 9. III. 1945. Tante Adline war krank in Rotenburg /Fulda bei Tante Henner vC zurückgeblieben. In meinem Archivkasten mit Tante Adline´s Papieren befinden sich noch vier weitere, Fluchtberichte aus dieser Zeit.

Der Kutscher Janek wäre am liebsten in Deutschland geblieben, wurde aber nach dem Krieg von der Militärregierung gezwungen, heimzukehren. Ihm blieb glücklicherweise das grausame Schicksal vieler Repatriierter in den Sowjetrepubliken erspart. Er wurde nicht in ein Arbeitslager deportiert, sondern brachte es zu Hause bis zum Direktor der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft Moorfelde. Tante Adline beauftragte mich, 1978 mit ihrem letzten Geld sechs silberne Schnapsbecher für Janek mit ihrem Namen anfertigen zu lassen als Zeichen der Dankbarkeit für seine Treue. Bruder Hans hatte in Imshausen gerne versprochen, das Geschenk persönlich zu überbringen, tat es aber dann doch nicht. Auf mein Drängen beauftragte er später eine Vertrauensperson in Polen damit. Tante Adline bekam noch einen Dankesbrief.

3 Quelle sind Briefe in CGA K2 Mappe blau I und der Archiv-Kasten Adline Freiin v. Campenhausen

4 Das sind die Nachkommen des Bruders Balthasar vC. von meinem Vater und dessen zweite Frau Henriette (Henner) vC, geb. von der Malsburg.

5 von Campenhausen Hans (2005), S.212. Nach Verhandlungen vor dem Einsteigen durfte Peter im Militärzug, der für meinen Vater kostenfrei war, mitfahren.

6 Ungefähr 1953 besuchte ich Walters in Hamburg am Harvestehuder Weg. Herr Walther nahm mich damals in das Nachrichtentechnische Institut, in dem er beschäftigt war, zu einer experimentellen Fernseh-Übertragung mit. Da sah ich, lange bevor man Fernsehapparate kaufen konnte, in einem technischen Laboratorium einen alten Kinofilm auf einer Bildröhre. Roli Walther hatte das ehemals Ritterschaftliche Gymnasium in Birkenruh bei Wenden (Cesis) besucht. Dasselbe traf auf den Paläontologie-Professor Gross zu, den ich 1963 in Tübingen kennen lernte, als ich zur Beschleunigung meiner Promotion alle Ordinarien der Naturwissenschaftlichen Fakultät in Tübingen besuchen musste. Er war gerade irgendwie aus der DDR geflohen. Er sagte, er sei als Schüler kurze Zeit mit meinem Vater in Birkenruh zusammen gewesen, was ich zurückwies, weil mir nicht bekannt war, dass mein Vater jemals dort zur Schule gegangen war. Es stellte sich aber heraus, dass er tatsächlich einmal kurze Zeit dort war. In den Murren ist das nicht erwähnt. Aber als Erstes fragte Prof. Groß nach Tante Adline. Er wusste alles. Er schenkte mir sein Büchlein über das Kirchspiel und Pastorat Roop. Ein anderer ehemaliger Birkenruher war Rudolf (Rudi) von Hoyningen-Huene, den wir 1963 in Pasadena kennenlernten. Er betrieb dort eine Firma zur Herstellung mineralogischer Dünnschliffe für mikroskopische Untersuchungen in Unterricht und Forschung. Er schrieb gerade einen Brief an Roli Walther und freute sich, von mir grüßen zu können. Huenes haben uns auch noch in Mainz besucht (siehe Kapitel 17 „Ruth und Eddy Hughes…“)

7 Obwohl Walter Kempowsky seinem Roman „Heile Welt“ (4. Aufl. 1998) die Mitteilung „Alles frei erfunden“ voranstellt, beschreibt er die Kunst, acht Klassen gleichzeitig in einem Raum zu unterrichten, nicht nur sehr unterhaltsam, sondern wie mir scheint auch sehr genau. Nach einer Lesung aus „Echolot“, zu der ich ihn im Jahr 2000 in die Universität Mainz eingeladen hatte, erklärte er mir, dass er diesen späten Roman geschrieben habe, weil er das Landleben und insbesondere die Beobachtungen an seinen Hühnern beschreiben wollte. Kempowski-Kenner wissen es: Sein Anliegen ist, die Wirklichkeit nicht durch plumpe Verallgemeinerungen zu entzaubern. Seine Texte sind vielmehr durch spezielle und eindeutige Beobachtungen und Aussagen aufschlussreich.

8 Ein mit Zucker schaumig geschlagenes Hühnerei, das als Delikatesse galt.

9 Am 7. III. 1944 schrieb Tante Adline an ihre Geschwister: … „Vorgestern hatte ich wieder meinen Spaß an Axel, der Ali bestieg und an der Longe ohne zu ermüden flott 15 mal im Trab um das Rondell ritt, einmal und nochmal 15 mal und dann noch viele mal. Am Schluss fingen wir so doll an zu jagen, dass er noch 2mal flog, was ja dank des nachfolgenden Goggelkmoggel durchaus heiter genommen wird.“

10 Tante Adline schrieb im selben Brief (7. III.1944): … “es ist sozusagen offiziell festgestellt, dass wir kein Futter haben. Es ist eine allgemeine Kalamität, doch ist unsere Ernte schlechter, unser Anbauplan patriotischer, dh wir bauen Brotgetreide, und unsere Einteilung schlechter als anderswo.“

11 Mehr davon im Kapitel 6: Nordheim im Grabfeld (1944/45)

12 Stasia Jankowiak schrieb noch 1971 (Brief von Tante Adline an mich vom 20.III.1971).

13 Im Archivkasten „Adline Freiin v. Campenhausen“.

14 Irmela von Zoege von Manteuffel sah ich am 19.III.1977 bei Tante Adline vC in Heidelberg wieder. Sie besuchte uns danach in Mainz (mein Tagebuch: 19. & 21. III. 1977; ihr Dankesbrief vom 03. IV.1977 in CGA )

4. Kriegspropaganda ein Jahr vor dem Ende des 2. Weltkriegs (April 1944)

In der Zeit des Niedergangs allen zivilen Lebens in Deutschland ließ Reichspropagandaminister Joseph Goebbels noch aufwendige Kinofilme drehen, die ersten kommerziellen Farbfilme überhaupt. Damit sollte in der Bevölkerung der Wille zum Durchhalten bis zum Endsieg gestärkt werden. An allen Fronten waren die Truppen bereits auf dem Rückzug. In Stalingrad waren mehr als 150.000 Soldaten verhungert, erfroren oder gefallen, mehr als 100.000 waren allein dort in russische Gefangenschaft geraten. Die Städte in Deutschland wurden von feindlichen Flugzeugen immer weiter zerstört, zu Hause wie an der Front herrschte Mangel an allem. Trotzdem bekam der Filmregisseur Veit Harlan15 alles, um Filme zu drehen. Das ist so absurd, dass man es ohne verlässliche Zeitzeugen-Berichte nicht glauben könnte. Mein Vater hat es selbst miterlebt. Er wurde als Soldat bei den Dreharbeiten auf dem Truppenübungsplatz Groß-Born in Hinterpommern als Helfer eingesetzt. In den „Murren“ berichtete er nichts davon, wohl aber in einem Brief, den ich hier wiedergebe. Er hat ihn offensichtlich hastig auf einer Wehrmachtsschreibmaschine geschrieben. Ich gebe ihn hier unbearbeitet wieder:

„Groß Born-Linden, am 15. April 1944. Meine lieben Söhne! Heute haben wir mitten im Kriege einen ganzen Tag bloß Krieg gespielt, und das war so erheiternd, dass ich Euch davon erzählen muß. Die Ufa filmt nämlich in Großborn den großen Kolberg-Film, und dazu stehen ihr die Soldaten des Lagers zu Hunderten und zu Tausenden zur Verfügung, nicht zuletzt natürlich die Soldaten unserer Feuerleitbatterie!16 Schon gestern Abend gingen die Vorbereitungen an: Ich mußte die Liste tippen, aus der jeder entnehmen konnte, für was er eingeteilt war: als Preuße oder Franzose oder als Arbeitskommando. Ich selber hatte das Beste: nämlich ich war mit noch 4 Kameraden unmittelbar der Filmkamera zugeteilt, um die vielen Geräte, Stative und Koffer aus dem Auto und ins Auto zu packen, wenn die Aufnahme von einem anderen Platz ging. In der Zwischenzeit aber konnte ich zugucken, rauchen oder schlafen. Außerdem legte ich den weiten Weg im Lastauto statt zu Fuß zurück. Am Morgen beim Appell gab es heute zunächst noch ein recht buntes Bild: da standen die Leute im Feldgrau … und hatten über ihre Mäntel weiße Bandeliere gelegt, oder unter dem Mantel guckten Gamaschen mit goldenen Knöpfen heraus, und unter den Arm hatten sie Pappdreimaster17 geklemmt. Aber als wir auf den Platz kamen, der ungefähr 5-6 km entfernt lag, da änderte sich das Bild: in strahlendem Blau und Weiß die Preußen, wie ihr sie aus dem Buch von der Königin Luise kennt, dazwischen flatternde weißgoldene, blaue, gelbe, grüne gestickte Fahnen, bauten sich unter dem blauen Himmel auf dem weißen Sande auf: es war ein prächtiges Bild. Die Kostüme gehörten übrigens nur zum Teil der Ufa, z.T. waren sie aus allen möglichen Verleihstellen zusammengeholt, Riesengestelle voll Papphelmen usw. – es ging ja in die Hunderte und Aberhunderte. Eine gewisse Schwierigkeit lag darin, dass die Schlachten, die im Sommer vor sich gingen, jetzt zu einer Zeit gefilmt wurden, wo die Bäume noch kahl waren; aber man wußte sich zu helfen. Man dreht die Bilder einfach so, daß Kiefern ins Blickfeld kamen, die z.T., auch mehrere Mann hohe Exemplare, nach Wunsch verpflanzt, d.h. abgehackt und eingegraben waren. Ließ sich aber ein Hintergrund von kahlen Bäumen nicht vermeiden, so wurde künstlicher Rauch, der ohnedies zur Belebung des Bildes immer sich sehr gut machte, so dick entfaltet, daß man davon nichts mehr erkennen konnte. Das Kommando hatte der Prof. Harlan, in dessen nächster Nähe ich mich meistens aufhielt. Er hatte ein kleines Mikrophon in der Hand, und seine Stimme schien dann (in vielfacher Verstärkung) aus einer ganz anderen Richtung zu kommen – nämlich von dem Auto mit dem Lautsprecher. Um ihn herum standen der Major und sonst noch Offiziere und Damen. Und dann ging es los. Es waren lange Gräben und Schanzen an einem Hügel ausgehoben. Dahinter standen die Franzosen, und oben auf dem Hügel waren etwa 20 Kanonen zwischen Schanzkörben (den Panzerplatten von anno dazumal) aufgestellt – aus Holz, aber sie feuerten trotzdem ganz fürchterlich und knallten auch nach Wunsch. Dieser Hügel wurde von den Preußen mit wildem Hurra siegreich gestürmt. Die Tonaufnahmen wurden gleichzeitig gemacht, was mich überraschte: ich dachte der Radau würde in solchen Großaufnahmen nachträglich synchronisiert. So durften wir, so lange der Film lief, in der Nähe des Apparats nicht sprechen oder lachen. Es sah wild aus. Um die Einschläge zu markieren, waren kleine Pulverladungen in die Erde eingegraben, die dann elektrisch zur Entzündung gebracht wurden, so daß die Erde hochspritzte. Gleichzeitig schossen Leute von hinten mit dafür eingerichteten Pistolen Schrapnellkugeln in die Luft und die Soldaten selber schossen auch (mit Platzpatronen). Leider habe ich eine Reiterattacke, wie sie am nächsten Tag vorkam, nicht mit ansehen können. Aber die Kämpfe wurden in verschiedenster Form immer wieder aufgenommen von den Angreifern aus, von den Verteidigern aus, als Totalansicht und im Nahkampf, und jedesmal liefen gleichzeitig vier Apparate, so dass man sich das Beste nachher zusammenstellen konnte. Aber was für eine weitläufige Mühe ist das Filmen – das habe ich auch jetzt erst gemerkt! Wieviel muß bedacht, geübt und angeordnet werden, bis schließlich die Leuchtpistole abgeschossen wird und das Spiel beginnt. Und wenn alles schön zu Ende ist (nach wenigen Augenblicken), so hat irgendeine Kleinigkeit nicht gestimmt, z.B. ist der Fahnenträger mit seinem großen Lappen gerade vor den Nahkampf gelaufen, den man sehen sollte, und – alles beginnt von vorne! Einmal hatte Harlan auch glatt vergessen, den Befehl zum Einstellen der Kamera zu geben, und alles war vergeblich gelaufen, usw.“

An Propagandafilmen wurde nicht gespart. Ich habe den Kolberg-Film als Student einmal in einem Seminar gesehen. Er ist großartig gelungen.

15 Der Regisseur Veit Harlan. Auch seine Frau, die Schauspielerin Kristina Söderbaum spielte mit.

16 In guter Absicht hatte OLtn von Düring meinen Vater als Spezialisten für die gerade in Entwicklung befindliche Feuerleittechnik der Artillerie ausgegeben, um ihn für seinen Kommandobereich anzufordern und vor militärischen Einsätzen, die ihn überfordert hätten, zu bewahren. So kam mein Vater zur Feuerleit-Batterie auf dem Truppenübungsplatz Groß-Born. Für Einzelheiten siehe von Campenhausen Hans (2005) S. 229.

17 Hüte mit an drei Seiten hochgeklappter Krempe.

5. Einzelheiten aus dem Leben in Heidelberg vor und nach dem Kriegsende 1945

Die Schwester meiner Mutter, Caroline (Lino) von Eichel, war nach einem Bombenangriff auf Darmstadt zu uns nach Heidelberg gezogen. Sie hatte das Bombardement als nächtliche Luftschutzwache in ihrer Musikschule erlebt und dabei eine Knieverletzung erlitten, was bei ihrem Körpergewicht ein Problem wurde. Auf eine Latte gestützt hatte sie sich aus dem brennenden Haus gerettet. Sie war nicht „ausgebombt“, aber ihre Wohnung war, wie man damals sagte, „durchgepustet“ und ohne Fensterglas unbewohnbar geworden. Von ihr wird am Ende dieses Abschnitts noch einmal die Rede sein.

Auch in Heidelberg gab es beinahe täglich mehrmals Fliegeralarm. Aus der Schule mussten wir manchmal bei Vor-Alarm nach Hause rennen. Vollalarm gab es anfangs vor allem bei Nacht. Der Keller, in dem alle Hausbewohner dicht gedrängt saßen und zu schlafen versuchten, bebte bei dem Krachen der Bomben auf Mannheim und Ludwigshafen. Manchmal klang es so, als ob das Haus über uns zusammenstürzte, obwohl Heidelberg von Bomben fast vollständig verschont blieb. Flüchtlinge aus Mannheim in unserem Keller sagten, die Geräusche und Erschütterungen seien so wie bei ihnen zu Hause.18

Wenn es dunkel wurde, tyrannisierte uns Herr Kauzmann, der einarmige Luftschutzwart des Häuserblocks. Mit zorniger Stimme brüllte er auf der Straße: „Bei Cambehause Licht aus!“ Manchmal musste man ihm beweisen, dass das schwarze Verdunklungspapier die Fenster lichtdicht verschloss, indem man bei vereinbarten Zeichen mit der Haustürklingel das Licht in der Wohnung ein und wieder ausschaltete. Auf den dunklen Straßen trugen die Menschen nachleuchtende Abzeichen an den Kleidern, um einander ausweichen zu können. Vom Keller wurde als Fluchtweg ein Loch zum Keller des Nachbarhauses gebrochen und vom Hof ein Loch durch die Mauer zum Hof des Kohlenhändlers Meier. Bei einer nächtlichen Luftschutzübung krochen alle Hausbewohner durch die Löcher zu den Nachbarhöfen, wo ein „Fachmann“ eine Rede hielt. Um die Gefährlichkeit der feindlichen Fliegerbomben zu erläutern, sagte er: „Da gibt’s Hackfleisch in rauen Mengen!“. Meine Mutter fand es nicht schön, dass wir den Satz auch bei anderen Gelegenheiten zitierten. Auf den Speichern standen Kisten mit Sand, mit denen Brandbomben gelöscht werden sollten. Die Holzgitter zwischen den Bereichen der Mieter wurden, weil sie leicht brennen, von Einsatzkommandos abgebaut und weggefahren.

So konnte die Familie Föhrenbach nach dem Krieg die dort lagernde Kiste mit der wunderbaren großen Spielzeugeisenbahn zurückholen, die sie uns vormals geschenkweise überlassen hatte. Wir sahen sie nach dem Krieg im Schaufenster eines Tauschring-Ladens wieder, in dem man wertbeständige Dinge gegen Gutscheine tauschte, mit denen man andere Mangelwaren wie Kleider oder Schuhe erwerben konnte.

Man reiste nach Möglichkeit nachts, weil immer öfter schreckliche Berichte von Tiefflieger-Angriffen auf Eisenbahnzüge zu hören waren. Ich erinnere mich, dass Frau Köhnlein, die Frau des Leiters des ev. Studienhauses, erzählte, wie sie einmal in einem Zug flach auf ihren Zwillingstöchtern gelegen habe, als die Geschosse über ihr das Glas splittern ließen. Sie sah und fühlte Blut, das dann zum Glück nur aus einer harmlosen Hautwunde stammte. Aber der Heizer der Lokomotive war durch den austretenden Dampf verbrüht und getötet worden. In dieser Zeit sah ich einmal in Heidelberg einen Militärzug mit einer Vierlingsflak auf dem letzten Wagon, der langsam ein Stück weit rückwärts aus dem Tunnel, dem heutigen Straßentunnel am Anfang der Gaisbergstraße, herauskam. In den Kriegszeiten wurden Eisenbahnzüge oft sicherheitshalber in Tunnels geparkt. Am 25. II. 1945 schrieb meine Mutter nach Nordheim, dass mein Bruder Peter und sein Freund Otto Kühn den Soldaten, deren Züge im Tunnel standen, heißen Kaffee gebracht hätten. Es kann sich nur um sogenannten Kornkaffee gehandelt haben. Bohnenkaffe gab es in den Kriegszeiten nicht. Meine Mutter machte mit einem kleinen Elektrokocher immer wieder Wasser heiß und die Jungen umwickelten Milchkannen mit Handtüchern und rannten damit zum Tunnel.

Als im Dezember 1944 der Kanonendonner von der Westfront bedrohlich zunahm, wurde Tante Lino in Heidelberg in einen Zug in Richtung Nordheim gesetzt. Bald danach scheiterte der Versuch, Frl. Zimmer mit Lilli und mir ebenfalls nach Nordheim zu schicken. Der nächtliche, wegen Luftschutz kaum beleuchtete damalige Heidelberger Bahnhof war von Soldaten und Flüchtlingen überfüllt. In den Unterführungen musste man über Menschen steigen, die trotz Kälte auf dem Boden zu schlafen versuchten. Der Zug, mit dem wir fahren sollten, war mit stehenden Mensch bis zu den Türen vollgestopft, dass es ausgeschlossen war, hinein zu kommen. Lilli weinte herzzerreißend; ich war froh, dass ich nicht schon wieder fortmusste. So feierten wir 1944 Weihnachten in Heidelberg ohne Vater mit einer am Weihnachtsbaum weinenden Mutter.

Aber bald darauf wurde der Kanonendonner noch lauter, und wir mussten in der Nacht packen. Diesmal gelang die Eisenbahnfahrt nach Nordheim von Lilli und mir mit Frl. Zimmer. Tante Hertha von Stein zu Nord- und Ostheim ließ uns, als ihr unsere Ankunft vom Bahnhof des Nachbardorfes Rentwertshausen telefonisch gemeldet wurde, mit einer Kutsche abholen. Ich kannte, liebte und verehrte die Tante bereits. Mein Vater, der seit der Hochzeit ihrer Schwester Gudrun vSt mit seinem Bruders Oskar vC 1931 in Nordheim mit ihr vertraut war, trug mir in seinen Briefen noch immer Grüße an „Frl. v. Stein“ auf. So war das damals noch, hat sich aber später geändert.

Die Post funktionierte 1945 anfangs noch fast immer. Meine Mutter schrieb fleißig Briefe und konnte auch noch Kleiderpakete nach Nordheim schicken. Mein Vater bedankte sich für meine Briefe vom 14. und 20. I. aus Nordheim schon am 9. II. unter seiner Feldpost-Nr. L 60 757 A, Lg. Pa. Wien. Von Heidelberg aus kamen aber in dem kleinen österreichischen Dorf, in dem seine Truppe stationiert war, keine Briefe mehr bei ihm an. Er schrieb, dort werde viel geschanzt, d.h. es wurden Panzersperren und andere Vorkehrungen zur Verteidigung gegen die vordringenden Russen gebaut. Er schrieb, Tag und Nacht klingele neben ihm ein Telefon. Er sei u. a. für die Quartierbeschaffung der Soldaten und Pferde zuständig, was schwierig sei, weil es in den Bauernhäusern meistens nur je ein Zimmer rechts und links der Küche gäbe, die in der Regel von drei Generationen bewohnt würden. Mein Vater schließt, wie oft auch meine Mutter, den Brief mit der Mahnung zum Beten: „Wir wollen Gott bitten, dass er uns wie bisher behütet. Was er schicken wird, wird immer das Beste sein“.

Schon vor der Besetzung von Heidelberg durch die Amerikaner am 30. III. 1945 schrieb meine Mutter, dass die Gasversorgung bei Fliegeralarm für einige Zeit abgestellt werde, so dass sie oft nicht kochen könne. Für den Feuerherd fehlte das Holz. Mein Bruder Peter schrieb mir am 14. III: „Wir fangen hier schon an zu hungern. An Brot haben wir pro Person am Tag knapp drei Scheiben.“ Und weiter: „der Wald ist voll von Leuten, die Holz machen.“ Er schrieb noch in der alten deutschen Schrift. Er war der letzte Jahrgang, der noch nicht mit der lateinischen Schrift eingeschult worden war. Im Besitz einer amtlichen Bescheinigung und eines vom benachbarten Bettengeschäft Opel geborgten Handwagens sei er mit Axel bis in den Wald über Neckargemünd gelaufen. Das sind gut 8 km. Von dort wurden sie zu einer Zuteilungsstelle im Tal beim Kümmelbacher Hof geschickt, wo es aber kein Holz mehr gab. Dann wieder bergauf zu einem Forsthaus oberhalb von Schlierbach, wo man ihnen endlich Holz gab: 5 Stämme, 2m lang und etwa 30 cm dick. Meine Mutter, war derartigen Strapazen nicht mehr gewachsen. Axel war gerade elf Jahre alt geworden und Peter noch nicht 13. Meine Mutter schrieb, sie habe die beiden zuhause mit Grießbrei empfangen und mit Wärmflaschen ins Bett geschickt. Am nächsten Tag mussten sie das Holz sägen lassen und dann noch selber spalten.

In der Karwoche, so schreibt meine Mutter, kam „das geschlagene Heer jede Nacht an unserem Haus vorbei“. Am Gründonnerstag, 29. III. 1945, wurden alle Neckarbrücken gesprengt. Es gab „kein Licht, kein Wasser, kein Gas, weil alles durch die Brücke läuft.“ Am Karfreitag besetzten die Amerikaner Heidelberg. Sie bauten über den Neckar zwei schwimmende Pontonbrücken. Der Krieg ging weiter bis zur Unterzeichnung der Kapitulation des Deutschen Reiches in Karlshorst am 9. V. Auch danach gab es keine Post, keine Zeitung, kein Telefon, keine Verkehrsmittel. Am 31. V. schrieb meine Mutter, sie hoffe auf eine Gelegenheit, jemandem einen Brief mitgeben zu können. „Wir sind gesund nur etwas leichter an Gewicht, wie Ihr Euch denken könnt. Und da ist es mir ein großer Trost, dass Ihr bei der guten Tante Hertha nicht zu hungern braucht. Aber es war so gut, dass ich blieb und trotz allen Zuredens nicht fortging. Nur so konnte ich die Wohnung und alles erhalten.“ Leer stehende Wohnungen wurden damals mit Flüchtlingen belegt. „Die Jungens lernen ordentlich privat, jede Stunde in einem anderen Stadtteil. Und mein ganzes Geld geht drauf, denn es kostet sehr viel.“

„Vom Vater wissen wir noch immer nichts. Es kommen aber so viele, ach einmal wird er doch auch kommen????!!!!!“ Zu Fronleichnam sei sie um 6 Uhr früh zum Hochamt in die Bonifatiuskirche gegangen, wo „Frl. Pallisier eine Haydn-Messe dirigierte“. „Da waren so viele kleine Mädchen in weißen Kleidchen, dass ich solche Sehnsucht nach Lilli bekam, dass ich meine Tränen nicht zurückhalten konnte.“ Der Hunger war erheblich. Martha Bernhard, eine frühere Haustochter, lud Peter und Axel zu ihren Eltern ein, die einen kleinen Bauernhof in Ittlingen im Kraichgau hatten. Meine Mutter schrieb, sie wolle erst einen, dann den anderen schicken. „Sie müssen was essen. Peter geht schleichend vor Müdigkeit, aber er ist so im Lernen und ausgezeichnet. Er ist gebildet, was man ihm sonst gar nicht ansieht. Es ist egal, er weiß alles. … Peter und Axel sind sehr behütet worden auf verschiedenen Wegen. Peter zuerst 2 Tage nachdem die Amerikaner kamen. Da ging neben ihm eine … Mine los und er fiel hin ohne Schaden, durch einen Steinpfosten geschützt. Nur sein Trommelfell hatte einen Riss bekommen. Ein Amerikaner hielt netter Weise mit dem Auto und frug, ob er Schaden gelitten habe. Axel wäre fast einem Verbrecher in die Hände gefallen. Aber er hat sich gewehrt und ist ausgerissen. … Es geht uns bis auf den Hunger gut. …. Man darf nicht krank werden. Dann hätte man nichts mehr zuzusetzen.“

Wäsche wurde damals noch von Hand gewaschen. Das war Schwerarbeit, weil pflegeleichte Wäsche und moderne Waschmittel noch nicht existierten. Die Waschfrauen holten die Wäsche nicht mehr wie früher ab. Man musste die Wäsche mit der Straßenbahn nach Schlierbach, von dort mit der Fähre über den Neckar und dann durch Ziegelhausen in das Dorf Peterstal hinauftragen. Ich habe das nach dem Krieg auch noch mit meinem Bruder Peter machen müssen, bis endlich die Waschfrauen auf dem Anhänger eines Traktors sitzend wieder bis nach Heidelberg fuhren. Sie saßen dann in Neuenheim in einem Hof auf dem Boden und suchten die saubere Wäsche aus großen Ballen heraus. Auf meine Frage, woran sie unsere Unterhosen, Taschen- und Handtücher von denen der anderen Kunden unterscheiden könne, meinte Frau Stadler: „Isch kenn doch eier Wasch!“ (Ich kenne doch eure Wäsche.)

Tante Lino blieb wie auch ich trotz Hunger immer dick. Als sie im Sommer 1945 wieder nach Heidelberg zurückkam, war sie kränklich, und ihr Knie war nicht in Ordnung. Sie blieb bei uns bis zu ihrer amtlichen Ausweisung aus der Stadt. Für diesen brutalen Vorgang habe ich bis jetzt keine historische Quelle gefunden, will ihn aber trotzdem hier dokumentieren: Die amerikanische Militärregierung verfügte irgendwann 1945, dass alle Menschen, die 1939 noch nicht in Heidelberg polizeilich gemeldet waren, die Stadt verlassen müssten. Wer nicht wusste, wohin er gehen sollte, konnte einen Antrag stellen, dass er bleiben dürfe. Der Antrag wurde selbstverständlich auch für die hilflose Tante Lino gestellt. Ihre ehemalige Musikschulleiterin, Frl. Balthasar, unterstützte uns dabei. Auch sie war vor dem Darmstädter Bombenterror nach Heidelberg geflohen und wohnte in einem Haus an der Ziegelhäuser Landstraße, zu dem man nur über einen Fußgänger-Notsteg über den gesprengten Teil der Alten Brücke gelangen konnte. Zweimal wurde ich mit irgendeiner Nachricht zu Frl. Balthasar geschickt. Durch die Spalten zwischen den Holzleisten, auf denen man gehen musste, konnte man zwei große Schiffe auf dem Neckar-Grund liegen sehen. Diese vom deutschen Militär versenkten Neckarkähne sollten den Weg auch für die Schifffahrt versperren. Mich verfolgt die Angst beim Blick in die schwindelerregende Tiefe zu den schwarzen Wracks bis heute.

Einmal begleitete ich Frl. Balthasar zum späteren Collegium Academicum in der Altstadt, in dem damals das Einwohnermeldeamt untergebracht war. Da standen viele Menschen im Hof und warteten darauf, dass ein Fenster geöffnet würde, von dem aus ein Polizist Namen verlas. Wenn sich jemand meldete, sagte er meistens „Antrag abgelehnt“. Weil Tante Lino nicht aufgerufen wurde, ging Frl. Balthasar in das Gebäude. Sie erfuhr, dass man Tante Lino am Vortag mehrfach aufgerufen habe. Ihr Antrag sei abgelehnt.

Einmal sah ich in der Sandgasse, wie die Ausweisungen durchgeführt wurden: Vor einer Haustür umarmte eine Mutter mit mehreren Kindern schluchzend eine weißhaarige alte Frau. Die jüngere Frau wurde mit ihren heulenden Kindern und ihrem Gepäck auf ein Lastauto geladen, das alsbald abfuhr. So geschah es auch mit Tante Lino. Sie bekam zwar einen Platz im Fahrerhaus eines Lastwagens. Ihr Gepäck kam auf die Ladefläche, wo schon viele Menschen saßen. Ihr Lastauto fuhr nach Zwingenberg an der Bergstraße, wo der Bürgermeister die hilflosen Ankömmlinge zu irgendwelchen Familien in die Wohnungen einwies.

Tante Lino hatte Glück. Sie kam in ein Häuschen von zwei alten Damen. Am 8. III. 1946 schrieb sie zum Geburtstag der Hauseigentümerin ein Gedicht zu einem Teppichklopfer, den sie, obwohl man damals so gut wie nichts kaufen konnte, irgendwoher als Geschenk aufgetrieben hatte.19 Dort wohnte sie und gab auch wieder Klavier- und Blockflötenunterricht. Meine Eltern hatten ihre Möbel und vor allem ihr Klavier20 nach Zwingenberg bringen lassen. Flötenunterricht hatte sie übrigens auch in Nordheim gegeben, und dabei einmal in einem Monat 85,-- verdient, wie sie voller Stolz meiner Mutter schrieb.21 Oft kam sie nach Heidelberg. Dann spielte sie auf Wunsch auf unserem Klavier, was immer man hören wollte. Nach Kollision mit einem Mopedfahrer stürzte sie am 23. XI. 1960 in Zwingenberg und starb noch am selben Tag.22

18 Am 23. III. 1944 schrieb mir mein Vater aus Heidelberg, bevor er wieder zum Truppenübungsplatz Großborn aufbrechen musste, zu meinem Geburtstag nach Moorfelde von einem Fliegeralarm: „Erst dachten wir, es wäre wieder ein Alarm wie üblich, bei dem nichts herauskäme. Als man dann die Flak hörte, brachten wir die Sachen zusammen und machten uns bereit. Ich blieb aber noch immer ruhig an meinem Schreibtisch sitzen und tippte an einem Aufsatz, während die Mutter und Ängchen [Agnes von Harnier, Tante meiner Mutter] hinten auf dem Balkon guckten, wie die feindlichen Flieger kamen. Erst war es nichts Besonderes, aber plötzlich flogen sie ganz niedrig, und da wurde es ihnen ungemütlich und sie kamen zurück ins Haus. Aber da ging es auch schon los, es zischte und pumpste, und wir stürzten alle so schnell es ging in den Keller. Als ich wieder herausguckte, da brannte es nebenbei im Hause von Opels im Dachstock. Ich ging löschen, und außer mir war schon eine Unmenge Menschen da, die alle helfen wollten, aber zugleich so aufgeregt waren, daß sie garnicht richtig vom Fleck kamen. Immerhin kam am Ende eine Eimerkette zustande, mit der man das Feuer auf dem Boden eindämmen konnte. Aber als plötzlich aus der Wohnung, vor der wir auf der Treppe standen, Rauch und Feuer herauskam … kam die Feuerwehr … “.

19 Archivkasten: Hermann von Eichels Nachkommen.

20 Ein tropentaugliches Instrument des Hof-Pianoforte-Fabrikanten Pfeiffer in Stuttgart, das wegen seines Stahlrahmens ungeheuer schwer ist. Als Tante Lino gestorben war, gelangte es zu uns in unsere Tübinger Wohnung, wurde, als wir 1963 nach Pasadena/Californien gingen, von Tante Melita An, geb. von Engelhardt, in Tübingen ausgeliehen, die es, als sie sich ein eigenes Klavier kaufte, durch eine Spedition unangekündigt nach Mußbach schickte, von wo wir es 1965 zu uns nach Liblar bei Köln holten und 1972 mit nach Mainz nahmen, von wo es vorübergehend an unseren Nachbarn Geis ausgeliehen und später in unseren Keller zurückbefördert wurde. Es kam dann in Mainz zu unserer Tochter Ruth Slenczka und wurde von dort nach Göttingen und danach nach Berlin mitumgezogen. Eben steht es in der Berliner Wohnung von unserem Enkel Jakob Slenczka und seiner Frau Marie.

21 Am 15. III. 1945 (Archivkasten Marisfeld, Hermann v. Eichel, Nachkommen)

22 Die Polizei Dein Freund und Helfer: von Zwingenberg gab die Polizei nach Heidelberg telefonisch durch, dass die bewusstlose Tante Verwandte in Heidelberg habe, die in der Ladenburgerstraße wohnten. Mehr war nicht bekannt. Heidelberger Polizisten fragte in der nächtlichen Ladenburgerstraße alle Passanten, ob sie sich vorstellen könnten, wer mit Caroline von Eichel verwandt sein könnte. Der Lebensmittelhändler, den sie herausklingelten, sagte wegen des „von“, man solle meine Eltern befragen, die aber zu irgendeinem Empfang im Europäischen Hof waren. Ein Polizei-Auto holte meine Eltern dort ab und fuhr sie bis zur badisch-hessischen Landesgrenze, wo bereits ein hessisches Polizeiauto wartete, das sie zu der sterbenden Tante ins Krankenhaus brachte. Keine Weltgeschichte, aber trotzdem bewundernswert.

6. Nordheim im Grabfeld (1944/45)23

Mit dem Rittergut Nordheim waren wir gut vertraut. Dort herrschte die unverheiratete Tante Hertha von Stein zu Nord- und Ostheim. Onkel Oskar vC., ein Bruder meines Vaters, hatte in Nordheim 1931 Tante Herthas zehn Jahre jüngere Schwester Gudrun geheiratet, vier Tage nach der Hochzeit meiner Eltern im benachbarten Marisfeld. Meine Mutter und Tante Gudrun waren im Altenburger Stift zusammen Schülerinnen gewesen. Tante Martha Bieler, eine ältere Schwester meiner Mutter, war in erster Ehe mit dem im 1. Weltkrieg gefallenen Dietrich (Dietel) von Stein zu Nord- und Ostheim verheiratet gewesen, der aus dem benachbarten Völkershausen stammte.

Tante Hertha regierte nicht nur das Rittergut Nordheim. Sie sorgte ehrenamtlich für die Kranken des Dorfes wie eine Diakonisse. Gegen Abend kamen Patienten und setzten sich auf eine Steinbank am Schloss. Zu einer bestimmten Zeit öffnete Tante Hertha die Tür und einen großen Schrank in der Eingangshalle mit ihrer Hausapotheke. Verbände wurden gewechselt, Salben aufgetragen und Hausmittel wurden verordnet. Ich erinnere mich, dass sie auch an Krankenbetten in die Häuser gerufen wurde. Diese freiwillige Krankenversorgung wurde auch von den in Nordheim einquartierten Flüchtlingen wie selbstverständlich in Anspruch genommen.

Tante Hertha verdanken wir viel! Als mein Vater in der Hitlerzeit stellungslos geworden war, war sie eine von mehreren ländlichen Verwandten, die meinen Eltern beistanden. Sie richtete im Schloss Nordheim für uns eine Zufluchtsstätte ein, wohin zunächst einige Wertgegenstände ausgelagert wurden. Im Juli 1944 brachte mein Vater meine Mutter in seinem Heimaturlaub aus einer Heidelberger Klinik zur Erholung nach Nordheim, wohin Frl. Zimmer mit meiner Schwester Lilli schon vorausgefahren war. Damals verbrachten unsere Wehrdaer Vettern und Kusinen ohne die noch kleine Hella ihre Schulferien in Nordheim, und wir drei Brüder stießen auf der Rückreise von Moorfelde dazu. Als die Todesnachricht von unserem Onkel Oskar vC eintraf, waren seine Kinder schon wieder zu Hause. Er ist am 6. VIII. 1944 an der Ostfront gefallen. Wir kehrten am Ende unserer Schulferien alle nach Heidelberg zurück. Der Urlaub meines Vaters war schon vorher zu Ende gegangen.

In der Weihnachtszeit 1944 wurde in Heidelberg der Donner der Artillerie an der Westfront immer lauter, so dass meine Mutter sich, wie gesagt, entschloss, erst ihre Schwester Caroline von Eichel und dann auch meine Schwester Lilli und mich mit Frl. Zimmer wieder nach Nordheim zu schicken. Man hoffte, dass wir dort außer Gefahr seien. Aber der Krieg kam auch nach Nordheim. Dort und in den Nachbarorten Rentwertshausen und Berkach wurden im März 1945 deutsche Soldaten einquartiert, deren Kommandeur, ein Oberleutnant, und seine beiden Melder, Stritter und Schirm, mittags bei Tante Hertha speisten. Auch ich saß dabei am Tisch. Der Oberleutnant wurde mit einem Opel Kapitän umhergefahren. Dieser war allerdings wegen Benzin-Mangel mit einem auf die hintere Stoßstange montieren hohen Ofen zum „Holzvergaser“ umgerüstet. Schnell konnte man damit nicht fahren.

Auf dem Hof wimmelte es von Soldaten, die sich freuten, wenn ich das Shetlandpony Fallada zum Trinken an den Brunnen des Gutshofs führte. Die meisten Soldaten waren jung und befanden sich noch in der Ausbildung im Hinblick auf die geplante Verteidigung von Nordheim. Tante Hertha erlaubte nicht, dass der Umgang mit der Panzerfaust durch Zerstörung der ehemaligen Windmühle, einer steinernen Ruine auf der Viehweide an der Straße nach Berkach, geübt werde.

Schon vor der militärischen Einquartierung griffen Tiefflieger immer wieder die damals wichtige Eisenbahnstrecke bei Nordheim an. Darum sah man dort oft Fremdarbeiter oder Kriegsgefangene bei Reparaturarbeiten unter Aufsicht eines Soldaten mit Gewehr. An einem ruhigen Tag wurde ich