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Dies ist die Geschichte eines langen Lebens. Sie beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Geburt des Erzählers im tiefsten Niederbayern und begleitet ihn auf seinem Weg durch die dunkle Ära des Zweiten Weltkrieges seines Geburtslandes und den Wiederaufbau bis hin zur heutigen modernen Zeit. Er lernt, mit Schicksalen umzugehen und erzählt von den vielen Erkenntnissen, die er auf seinem langen Weg gewonnen hat. Alles hat für ihn einen gewissen Sinn. Zum Beispiel hätte er Rosa, seine erste große Liebe, nie kennen gelernt, wäre er nicht in Russland schwer verwundet worden. In seinen Erzählungen bringt er seine Einstellung zum Glauben, zum Universum, aber auch seine Sichtweise zur Unendlichkeit des Seins auf besondere Weise zum Ausdruck.
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Band 1 Rosa
Peter Jakobie
Dies ist die Geschichte eines langen Lebens. Sie beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Geburt des Erzählers im tiefsten Niederbayern und begleitet ihn auf seinem Weg durch die dunkle Ära des Zweiten Weltkrieges seines Geburtslandes und den Wiederaufbau bis hin zur heutigen modernen Zeit. Er lernt, mit Schicksalen umzugehen und erzählt von den vielen Erkenntnissen, die er auf seinem langen Weg gewonnen hat. Alles hat für ihn einen gewissen Sinn. Zum Beispiel hätte er Rosa, seine erste große Liebe, nie kennen gelernt, wäre er nicht in Russland schwer verwundet worden. In seinen Erzählungen bringt er seine Einstellung zum Glauben, zum Universum, aber auch seine Sichtweise zur Unendlichkeit des Seins auf besondere Weise zum Ausdruck.
Peter Jakobie, 1960 geboren, beschäftigt sich seit Jahren mit Kabbala, Tarot und Astrologie. Er interessiert sich für Fitness und Bergwandern, fährt Rad und tanzt gerne. In seinen Romanen fließen persönliche Lebenserfahrungen mit ein. Er lebt in Bayern.
Vorwort
Teil 1 Die schlimmste und die schönste Zeit
Erstes Kapitel - Und der Kaiser sieht von der Wand herab
Zweites Kapitel – Kennenlernen
Drittes Kapitel - Scheiße kommt auch nach gutem Essen
Viertes Kapitel - Aufbruch
Fünftes Kapitel – Fernweh
Teil 2 Das tiefe Loch in das Du fällst
Erstes Kapitel-ein tolles Zuhause
Zweites Kapitel-das erfüllte Leben
Drittes Kapitel-das tiefe Loch
Viertes Kapitel-das Leben geht weiter
Asche zu Asche, Staub zu Staub
Diese Worte kennt wohl jeder, der schon einmal an einer christlichen Bestattung teilgenommen hat
Denn der Staub muss wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat. ( Prediger 12:7 )
Den meisten von uns wird in solchen Momenten dann auch bewusst, dass der Mensch, der diese Worte spricht, irgendwann in naher oder ferner Zukunft uns selbst damit meinen wird.
Ich komme dann natürlich in den Himmel, weil ich immer fleißig in die Messe gegangen bin.
Ich habe nie jemandem etwas Böses getan. Oder doch? Und was dann?
Die Geschichte, die ich hier erzähle, hat eine mir sehr nahe gestandene Person vielleicht so ähnlich empfunden.
Asche zu Asche, Staub zu Staub
Ob ich diese Worte wahrnehme, wenn sie der Pfarrer spricht und sie mir gelten?
Wer weiß das schon. Wissen tun wir sowieso gar nichts. Einzig und allein der Glaube ist es. Und egal, welcher Glaube. Ich habe meinen ganz individuellen, persönlichen Glauben.
Und der ergibt sich wahrscheinlich aus den Lebensumständen, in denen Du aufwächst und die Du im Laufe Deines Lebens „durchlebst“.
Da ich nicht in Kairo, sondern in einem kleinen Örtchen in Niederbayern geboren wurde, ergab es sich von selbst, dass ich heute nicht in einer Moschee bete, sondern damals an einem katholischen Taufbecken von einem ernst dreinblickenden Geistlichen mit kaltem Wasser übergossen wurde. Und auch, wenn ich mich daran nicht mehr erinnere, ist davon auszugehen, dass ich dabei gebrüllt habe. Ich wurde mit 4 Monaten ja auch nicht gefragt, was ich von dieser Kopfdusche halte.
Ich liege in meinem Bett und denke darüber nach, was noch zu erledigen sei, bevor ich nach Hause gehe. Eigentlich gibt es nichts mehr, was zu regeln wäre. Und doch glaube ich, dass ich noch gebraucht werde.
So ein absoluter Unsinn.
Klar ist es schön, wenn Du die Liebe merkst von denen, die Dich noch einige Tage zum Bleiben überreden wollen. Doch der Weg war die letzten Jahre nicht mehr so toll und Dein Vehikel hat darunter ganz schön gelitten, und es wird wirklich Zeit, heimzukehren und Deine Karre auf den Schrottplatz zu bringen.
Mein Weg war schön.
Und das war er nicht, weil er immer in der Sonne verlaufen ist. Sondern deshalb, weil ich das, was ich „Gutes“ erlebt habe, immer auch als solches empfunden habe. Ich habe die schönen Dinge genossen und versucht, die anderen Dinge in meinem Leben als Aufgaben zu sehen, die es zu meistern galt. Und das gelang wahrlich nicht immer.
Ich wurde, wie ich schon erwähnt habe, in einem kleinen Bauerndorf im tiefsten Niederbayern geboren. Und das zu einer Zeit, wo noch König und Kaiser die Welt bestimmten. Es war in den letzten Jahren des Ersten Weltkrieges, als meine Mutter mich strammen Jungen auf die Welt brachte. Kaiser Wilhelm sah von der Wand auch auf den Neuankömmling herab und war sich nicht sicher, ob der wohl noch für das Deutsche Reich die Wende zum Guten bringen könnte.
Nachdem zwar das Zarenreich dem Ende zuging und für Deutschland keine Gefahr mehr bedeutete, war nach dem Eintritt Amerikas in den Krieg wohl nur noch wenig Hoffnung auf einen deutschen Sieg geblieben. Mir war zu diesem Zeitpunkt die ausgiebige Mahlzeit am Busen meiner Mutter wesentlich wichtiger als das politische Weltgeschehen. Zumal auch der Ausbau der Internetverbindungen in Niederbayern noch nicht einmal geplant war (ähnlich wie heute auch) und Nachrichten nur über Printmedien verbreitet wurden. Und das in bester altdeutscher Schrift. Von Rechtschreibreform noch keine Spur.
Es ist schon interessant, was einem alles durch den Kopf geht, wenn Du weißt, es wird nicht mehr lange dauern. Ich dachte immer, alle brauchen mich, besonders meine Frau Anna. Meine Kinder sind schon lange erwachsen und die Enkelkinder haben ja ihre eigenen Eltern. Also die brauchen mich alle nicht.
Vielmehr brauchte ich die letzten Jahre meinen Sohn, der sich um alles kümmerte. Aber meine Frau, die braucht mich noch. Zumindest gab sie mir immer noch das Gefühl, von ihr gebraucht zu werden. Wie sollte es auch anders sein, wenn Du 40 Jahre verheiratet bist und die letzten Jahre jeden Tag beim anderen warst. Aber eigentlich brauchte ich sie viel mehr als sie mich. Und das war wohl von Anfang an so.
Es war Anfang der Sechziger Jahre, und es war nicht unüblich, sich an ein Heiratsvermittlungsinstitut zu wenden, wenn Du eine passende Frau für Dich und Deine Familie suchtest. Partnervermittlungsportale im Internet waren noch nicht so recht aufgekommen. Und ich suchte in erster Linie wohl die Hausfrau und Mutter. Ich war seit über einem Jahr allein. Allein mit drei Kindern. Meine Frau Rosa war, 2 Wochen nach der Geburt unseres Sohnes Peter, an einer Embolie gestorben. Rosa war von Anfang an meine große Liebe.
Anna, die sich für meine Familie und mich aufopferte, wurde dies erst im Laufe der Jahre. Wie konnte das auch anders sein, wenn Du eine Frau nur ein paar Mal siehst und sie dann heiratest.
Apropos aufopfern:
Im Laufe der Jahre habe ich wohl erkannt, dass ich im Grunde genommen nie etwas für einen anderen getan habe. Und das ist wohl nicht nur bei mir so, sondern bei allen Menschen. Das hört sich für viele von Euch vielleicht schlimm an, aber denkt mal darüber nach.
Wie oft habe ich gesagt, das habe ich für meinen Sohn oder für meine Tochter getan, für meine Frau oder…
Mal Hand aufs Herz, gab es da nicht die eine oder andere Situation, wo der oder die Beglückte gar nicht wollte, dass Du ihr was Gutes tust?
Natürlich nicht, denn ich weiß ja immer am besten, was für den anderen gut ist. Auch wenn der das gar nicht mag. Ja, gar nicht zu schätzen weiß, der Undankbare.
Im Laufe der Jahre habe ich für mich erkannt, dass der einzige Grund, warum ich etwas tue, in mir selbst liegt. Das, was ich so großzügig für andere aus reiner Selbstaufopferung getan habe, galt in aller Ehrlichkeit nur einem, nämlich mir selbst. Auch wenn es oft dem anderen große Freude bereitet hat, lag die einzige und ausschlaggebende Motivation ausschließlich bei mir selbst.
Gehe in Dich und denke mal richtig darüber nach. Du wirst Deinem Freund, Deinem Partner, Deinen Kindern nur etwas Gutes tun, wenn Du dadurch eine Befriedigung Deiner Bedürfnisse erwartest. Weil Du ein gutes Gefühl dabei hast, wenn Du Deinem Sohn ein Fahrrad schenkst. Weil Du ein schlechtes Gewissen haben musst, wenn Du Deinem besten Freund nicht beim Aufbau Seines Gartenhauses hilfst. Die Anerkennung, ein besonders hilfsbereiter Mensch zu sein, ist in erster Linie für „mich“ wichtig
Alles, ja alles in unserem Leben machen wir für uns. Und wenn andere sagen: Was der nicht alles für seine Familie, seinen Verein oder sogar sein Land macht, liegt die einzige Motivation für dieses Tun im Bedürfnis nach Anerkennung, nach Liebe, nach Zuneigung etc.
Auch meine Frau Anna war eine derjenigen, wo viele sagten, was tut die nicht alles für ihre Familie. Und doch hat sie es nur für sich getan. Ich bin sehr dankbar, dass es für sie eine sehr große Freude bedeutete, meine Kinder aufzuziehen. Sie liebte meine Kinder. Selbst konnte sie keine Kinder bekommen und deshalb suchte sie wohl mich mit meiner fertigen Familie, wo sie das, was ihr verwehrt geblieben war, bekam. Mein Sohn Peter kannte nur Anna als Mutter und war dadurch natürlich auch das „Herzibobberl“. Irmi, meine Tochter, war damals 5 Jahre alt und durch die Liebe, die Anna ihr gab, fiel es auch ihr leicht, Anna wie eine Mutter zu akzeptieren. Ludwig war bereits 14 Jahre, als seine Mutter starb, und so fiel es ihm sehr schwer, mit seiner Stiefmutter klarzukommen. Das führte auch dazu, dass er, sobald er konnte, zur Bundeswehr ging, wo er sich nicht mehr mit der katholischen Fürsorge seiner neuen Mutter auseinandersetzen musste.
Es gehen einem viele Gedanken durch den Kopf, wenn man so liegt, und Du weist Dein alter Motor hat nicht mehr viel Sprit und auf die Autobahn brauchst Du mit dem nicht mehr zu fahren. Es ist beschissen, gleich gehen zu müssen, und doch ist der Gedanke ein schöner.
Und sehr schön ist es auch, dass Du Dich an Dinge erinnerst, die schon lange vergessen waren. Schöne Dinge, die Du einmal als unbedeutend oder auch schlimm empfunden hast. Dinge, die Du verdrängt hast und Dinge, die vielleicht aus moralischen Gründen nicht schön sein durften.
Ich war als Feldwebel in der deutschen Wehrmacht und die Verwundungen, die ich in dieser schlimmen Zeit ertragen musste, haben mein Leben geprägt. Als mein Sohn Peter mich einmal fragte, was ich davon hielte, wenn er den Wehrdienst verweigere, konnte ich ihm nur dazu raten. Was heute in tollen Videospielen zu Heldentum fürs Vaterland ermutigen soll, war bei mir noch nackte Realität. Die Propaganda war eine andere, hatte aber den gleichen Effekt. Und das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, die Kameradschaft und den Zusammenhalt empfanden wir alle damals als etwas besonders Schönes. Und das war es für uns auch.
Für mich ist Krieg die absolut unsinnigste Art einer Auseinandersetzung und langfristig gesehen bringt sie selten Erfolg. Dass unser schnauzbärtiger Gnom ein größenwahnsinniger Massenmörder war, konnten die wenigsten von uns erkennen. Es gab noch keine aufklärenden Blogs im Internet über dieses österreichische Genie der Propaganda, der es perfekt beherrschte, sich als Erlöser in einer schlimmen Zeit zu präsentieren.
Als der Vorhang fiel und die ersten Wahrheiten ans Tageslicht kamen, konnten viele und auch ich mit der Wahrheit nicht umgehen. Ich schämte mich damals nur. Ich schämte mich, für etwas gekämpft zu haben, was sich nun ganz anders darstellte. Und noch mehr schämte ich mich, dass wir alle zu blöd gewesen waren zu erkennen, in welcher Art und Weise wir benutzt wurden. Benutzt um einzig und allein die Macht und Geldgier weniger zu befriedigen.
Heute, am Ende meines Weges, glaube ich, dass auch diese Erfahrung ein notwendiger Abschnitt war, der mir half, meinen Weg zu gehen.
Wir Deutsche bekamen den Riesenvorteil, dass wir den Krieg verloren hatten und uns mit unseren Gräueltaten gleich auseinandersetzen mussten.
Auch in anderen Völkern findest Du Beispiele für Massenmord und Folter. Als Sieger wollte dies ein Stalin nur nicht zugeben und blieb lieber Held der Nation, und so hatten die wenigsten seiner Mitbürger die Chance, sich mit den Dingen auseinanderzusetzen.
Bis heute durfte kein amerikanischer Präsident über seinen Schatten springen und sich ehrlich für den Abwurf zweier Atombomben über zwei japanischen Großstädten entschuldigen.
Und dabei tut es gut Fehler einzugestehen. Es ist nun mal geschehen und es ist nicht mehr rückgängig zu machen. Gerade deshalb täte es nicht nur einer Person, sondern vielleicht einer ganzen Nation gut, sich einzugestehen, Mensch zu sein und als solcher Fehler und auch große Fehler zu begehen.
Ich habe in meinem Leben viele Fehler gemacht und ich bin froh darüber.
Fehler kannst Du nur vermeiden, wenn Du selbst nichts machst, nichts entscheidest, ja, alles anderen überlässt.
Das hätte für mich bedeutet, erst gar nicht zu leben.
Meine Eltern waren so weltoffen, wie man im tiefsten Niederbayern in den 30er Jahren nur sein konnte. Die Religion spielte die gleiche Rolle wie sie es heute in entlegenen Dörfern des Atlasgebirges tut. Nur dass wir einem katholischen Geistlichen und keinem islamischen Iman folgten. Kopftücher hatten die Frauen damals auch, und mehrmals die Woche ins Gotteshaus zu gehen, war genauso Pflicht, wie es heute in muslimischen Ländern der Fall ist. Dort saßen die Männer auch noch rechts und die Frauen links. Auf alle Fälle interessant, was sich in 60-70 Jahren so alles verändert. Natürlich hätten meine Eltern mir gerne die Liebe meines Lebens ausgesucht. Und dass es dazu nicht gekommen ist, dazu hat dieser österreichische Laienschauspieler einen großen Teil beigetragen, der mich zwang, die Idylle eines niederbayrischen Kleinods zu verlassen, um mit dazu beizutragen, die sogenannten arischen Werte hinaus in die Welt zu tragen. Verkauft hatte er uns das ganze natürlich ganz anders: Er wollte, dass es uns allen wieder gut geht: „Germany first“ würde das heute heißen. Und das funktionierte zuerst auch. Ausgehend von einer riesigen Arbeitslosigkeit gelang es diesem rotblonden Multimilliardär – Entschuldigung, falsche Zeit – ich meinte, schnauzbärtigen Zwerg, das Land fast zur Vollbeschäftigung zu führen. Dass dies für großen Zuspruch sorgte, versteht sich von selbst, und einen „Weiße Rose“-Blog im Internet gab es leider auch nicht, der uns die Schattenseiten aufgezeigt hätte.
Was wäre, wenn?
Sich die Frage zu stellen, ist müßig, denn die möglichen Antworten wären so zahlreich wie Sandkörner in der Wüste.
Für mich hätte eine Änderung der Geschichte auf alle Fälle eines bewirkt, nämlich dass ich meine Frau Rosa nie hätte kennenlernen dürfen. Und auch, wenn ich Anna genau so liebe, wie ich Rosa geliebt habe, war es doch eine andere Liebe, aber es wäre falsch, Vergleiche anzustellen.
Rosa war in Landshut aufgewachsen und ihre Eltern hatten, auch wenn sie aus relativ einfachen Verhältnissen stammten, ganz andere Wertvorstellungen. Sie waren in gewisser Weise weltoffen, wenn ich das für die damalige Zeit so bezeichnen darf. Ein Motorrad mit Beiwagen ermöglichte es ihnen schon in jener Zeit, etwas über den Tellerrand hinauszuschauen. Zumindest war Niederbayern nicht der einzige Kontinent, den sie bereist hatten. Ich wusste zu dem Zeitpunkt gerade erst, dass Richtung Süden die Berge kommen und dahinter auch noch etwas sein sollte. Aber dies würde sich in den darauffolgenden Jahre ändern.
Es dauerte allerdings noch einige Zeit, bis ich Rosa das erste Mal begegnete.
