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Eigentlich stand der Tod des Autors so gut wie fest, als dieser in die Gletscherspalte krachte......
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Liebe, Leid, Tod Leben Glück Schmerz
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Seitenzahl: 359
Veröffentlichungsjahr: 2019
Buchvorderseite:
Wildspitze (3768) mit Süd- und Nordgipfel
2019 Schemm Dieter
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
Korrektorat: Uta Scholl
ISBN
Paperback:
978-3-7323-4257-0
Hardcover:
978-3.7323-4258-7
E-Books:
978-3.7323-4259 4
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Begegnung mit dem Göttlichen
Vorwort!
Als ich die ersten Zeilen in diesem Buch schrieb, tat es einfach nur gut!
Dass daraus eine Art Autobiografie, eine Aufarbeitung meines Lebens sowie eine Verarbeitung des Sturzes in die Gletscherspalte wurde, ist vielleicht ganz gut so. Auch ist mir bewusst, dass ich damit vermutlich Reaktionen hervorrufe und mich angreifbar mache für andere, da es sehr persönlich und ehrlich geschrieben ist.
A: Meine Kindheit und Jugend bis hin zum jungen Erwachsenen
B: Der Aufstieg
C: Die Gletscherspalte
D: Die Rettung
Meine Kindheit und Jugend bis hin zum jungen Erwachsenen
Ich wurde am 06.04.1968 in Neustadt an der Aisch in Mittelfranken geboren; acht Kilometer davon entfernt, in Unternesselbach, wo noch die Eltern leben, wuchs ich auf. Franken gehört zum Bundesland Bayern, und den Spruch, man solle Gott für alles danken, auch für Mittel-, Ober- und Unterfranken, finde ich gut. Größere Industriebetriebe gibt es dort kaum, und die nächste Großstadt Nürnberg (bzw. auch Würzburg) ist rund 50 Kilometer entfernt. Im Dorf meiner Kindheit, mit 600 Einwohnern, kannte jeder jeden, und die Landwirtschaft ist dort stark ausgeprägt. Es gab zu dieser Zeit noch ein Lebensmittelgeschäft und die Post im Dorf! Vielleicht sollte es so sein, dass ich auf dem Bauernhof aufwuchs, der für meine Eltern nur ein Nebenerwerbsbetrieb war. Zwar hatten wir nur eine Schweinezucht, aber auch hier musste man jeden Morgen und Abend zum Ausmisten in den Stall; auch an den Sonn- und Feiertagen! Einfach so in den Urlaub gehen, war für die Eltern nicht möglich. Aber wenn es eine Schlachtung einer Sau gab, war die Fleisch- und Wurstversorgung bis auf Weiteres gesichert!
Doch es gab noch andere Schmankerl in der Region! Die „Kerwa“, wie es in Franken heißt, ist ein Höhepunkt des Jahres; und einmal wurde das Dorf, in dem ich aufwuchs, zu einer der schönsten Ortschaften im Landkreis gekürt! Die Braukunst in der Region ist weithin bekannt, die Gegend rund um Neustadt an der Aisch ist für beste Karpfen berühmt, und Rothenburg ob der Tauber kennen selbst die Japaner.
Ich hatte eine normale Kindheit, doch war ich in dieser Zeit oftmals recht einsam und verträumt! Oftmals, und dann noch als Jugendlicher und junger Erwachsener, fehlte mir jemand zum Reden! An den Eltern lag es sicher nicht, doch ich fand so gut wie nie den Weg dorthin, um mich mit meinen Gefühlen, Ängsten und Sorgen beiden ganz anzuvertrauen, mich mit dem Gefühl einzulassen auf sie! Wurden so meine Gefühle als Teenager und junger Erwachsener nicht ausreichend wahrgenommen und näher beachtet, vor allem durch mich selbst; solche Fragen stellte ich mir als Erwachsener immer mal wieder! Denn ging es in dieser Zeit wirklich um mich? Eigentlich ging es immer und immer wieder um andere, um meine Brüder oder um die Gesellschaft und nicht um das, was mein Herz oder meine Seele bewegt, was meine Seele glücklich macht; und um die Freude und die Begeisterung in mir! Vermutlich machte ich irgendwann zu, ließ gar kein Gefühl mehr an mich ran, um nicht verletzt, um nicht enttäuscht zu werden! Denn sind Gefühle nicht Bewusstsein und Lebendigkeit, das Jetzt und Hier, mit das wesentliche des Lebens; warum teilte mir das keiner mit; warum sagte mir das keiner; warum wies mich keiner darauf hin? Meine Seele sollte mehr als einmal in meinem Leben darunter leiden! Fügung oder nicht, als Kind stand ich häufig im Schatten meiner Brüder! Sie sind drei Jahre jünger, sind eineiige Zwillinge und sahen sich in dieser Zeit zum Verwechseln ähnlich. In den Jahren nach der Geburt und auch noch während der Schulzeit galt ihnen allein schon wegen der verblüffenden Ähnlichkeit die Aufmerksamkeit, und wenn in dieser Zeit der eine für den anderen in die Schule gegangen wäre, wäre es manchem Lehrer vermutlich gar nicht aufgefallen. Manchmal konnten nur ich und die Eltern beide auseinanderhalten. Irgendwo und irgendwie prägte mich diese Zeit vermutlich mehr, als mir lieb und bewusst war! Auch fehlte mir teilweise ein gleichaltriger Freund, obwohl die Mädels im Dorf, die mit mir in die Schule gingen, sehr hübsch waren! Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl blieben vermutlich dabei auf der Strecke; doch sollte ich mir jetzt schon drüber Gedanken machen? Ich hatte das Leben ja noch vor mir!
Es gab am Hof immer was zu entdecken, und rund ums Dorf gab es stille Rückzugsmöglichkeiten und Flächen mit viel Wald und Natur, um sich auszutoben. Zur nächsten Autobahn war es eine halbe Ewigkeit, und Verkehrslärm gab es nicht wirklich im Dorf, lauter wurde es nur, wenn am Samstag in der Disco Musik war; außerdem hatte die Dorfstraße viele Kurven, die quasi zum langsamen Fahren zwangen. Die Winter hatten in dieser Region, als ich ein Kind war, noch den Namen „Winter“ verdient, und Sprungschanzenbauen bauen war genauso beliebt wie es Schneeballschlachten waren!
So waren die Ferien meistens zu kurz und die Hausaufgaben lästig! Selten war ich mal Lausbub in dieser Zeit oder gar frech, eher angepasst und lieb; ja, mal von Nachbars Garten Kirschen ungefragt probieren, aber mehr traute ich mich nicht! Schon zu dieser Zeit gab es viel Tiefsinn in mir und ein Hinterfragen, ein Fragen nach dem Warum und Wieso; auch Bemühungen, die Schüchternheit gegen ein „sich Öffnen für andere“ zu tauschen, vor allem bei Mädels, schlugen fehl, und das Leben schien an mir vorbeizulaufen.
Im Kindergarten fühlte ich mich nicht wohl, und irgendwann kam der erste Schultag. Ich war aufgeregt, aber dieser ging vorbei, und es tat sich nichts. Ich tat mich schwer, einen Freund in der Schule zu finden, was bis Schulende nicht besser wurde. Der Bus brachte uns Kids in die Schule und wieder zurück, ehe ein Schulortswechsel nötig war und es in die Kreisstadt Neustadt an der Aisch ging. In Sport sollte ich in der Schule immer sehr gut sein, in Mathe und Deutsch hingegen kam ich in aller Regel nur mit Hängen und Würgen über die Runden. Einen Kampf mit einem Jungen, eigentlich ein Machtkampf, verlor ich, da er mit der „Watschen“ leider etwas schneller war. Wenn ich einen Bezug zu einem Fach in der Schule hatte, tat ich mit dem Lernen auch relativ leicht. Zur Skifreizeit mit der Schule ging es ins Alpbachtal, und Schreibmaschine schreiben war ein Wahlfach beim qualifizierenden Hauptschulabschluss! In der Kirche sackte mir mal, als Jugendlicher, aufgrund meines tiefen Blutdrucks und des Wachstums der Kreislauf weg, so dass ich aus dieser getragen werden musste; und genau in dieser Kirche schaute jeder auf mich, als ich als Dreikäsehoch „Drei Polizisten hupfen in die Kiste“ zum Besten gab.
Das erste Mädchen, das ich mochte, war aus demselben Dorf wie ich und im gleichen Alter. Ich fand sie sehr schön, und sie gefiel mir auch. Ihre Eltern hatten einen Swimmingpool, doch zu fragen, ob ich sie besuchen könnte, daran dachte ich nie. In der siebten Klasse, als sie in die Realschule ging, trennten sich die Wege! Im Hof der Eltern wurde in meiner Kindheit oftmals bis zum Sonnenuntergang Fußball gespielt, irgendwann hatten wir Brüder den Ruf von Weltmeistern inne! In der Jugend war ich dann auch beim Fußballverein, ich war nicht mal schlecht. Die Fähigkeit, das Spiel zu lesen, war sicher da; aber über die Kreisliga sollte ich nicht hinauskommen! Vielleicht waren das Ruhige und Stille in mir der Grund, warum aus dem Talent in mir nichts wurde. Dazwischenfahren und Stellung beziehen oder absichtlich Foul spielen fiel mir auch hier schwer! Bei der Ernte wurden wir drei Buben gebraucht, denn die Heuballen hatten schon ein gewisses Gewicht; auch wenn es in den Wald ging. Die Eltern hatten ein Recht im Forst, und als wir drei Buben noch bei den Eltern wohnten, galt es, die Anzahl der Personen, die für das „Recht“ in den Wald mussten, aufrechtzuerhalten: Auch machte das Holzholen aus dem Wald Arbeit, dafür war es aber umsonst, und das Holz leistete dann für das Heizen im Haus gute Dienste. Nach dem Heimbringen der Strohballen vom Feld, das im Stall gebraucht wurde, bauten meine Brüder und ich in der Scheune Burgen und Gänge im Stroh, auch wenn es manchmal ganz schön gepikst hat. Doch es machte Spaß, und wir konnten immer neue Wege im Untergrund für uns erkunden.
Wir hatten auch einen eigenen Garten, und ich freute mich jedes Mal, wenn die Erdbeeren reif waren. Fünf bis sechs Schnitzel waren das Minimum, was Mutter in die Pfanne warf, um uns drei Jungen sattzukriegen. Es gab dazu Salat, so dass auch immer Vitamine auf dem Tisch standen. Es gab wenig, was ich nicht mochte; nur Mus und Kompott, Brei, Pudding in allen Formen oder Milch pur ist für meinen Magen auch heute noch nicht zumutbar, dafür mag ich Streuselkuchen oder saure Soße mit Kartoffelpüree umso mehr. Dabei hatte Mutter es sicher nicht immer leicht in der Männerwirtschaft, und Hausfrau sein kann auch ganz schön anstrengend sein, wie ich daheim feststellen musste.
Bei den Ortsburschen war ich einer unter vielen, und in die Disco, die es im Dorf gab, ging ich so gut wie nicht! Meistens spielte solche Musik, die mir nicht gefiel, und sich halb anbrüllen, um verstanden zu werden, war noch nie mein Fall! Dabei fühle ich mich bei Geselligkeit und Frohsinn sehr wohl; mag ganz besonders zünftige und bärige Volksmusik und Polka, Bayrisch und Walzer, bin aber auch für romantische und tanzbare Schlager zu haben; mag den Zauber des Augenblicks; liebe das verschmitzte und freche Lächeln hübscher Mädels; bin neugierig, wie viel Gefühl in solchen Frauen steckt, und finde es spannend, solchen Momenten einen ganz persönlichen Charakter zu geben; schließlich gibt es vor allem und ganz besonders auch in der Liebe den Himmel auf Erden! Leider fand ich bisher selten den Weg dorthin, eigentlich so gut wie noch nie, und so hat jeder Mensch, jedes einzelne Leben seine ganz individuelle Lebensgeschichte, die einzigartig ist; schenken wir dieser Tatsache zu wenig Respekt? Auch suche ich bis heute nicht das Oberflächliche des Menschen, sondern Gespräche, die Tiefgang haben und einen im Leben weiterbringen! Ich will die Person fühlen und spüren, mit der ich rede; deshalb bin ich nicht um jeden Preis ein Freund von Smartphone, WhatsApp und Co.
Im Dornröschenschlaf geparkt seit meiner Geburt, doch vor allem als junger Erwachsener wurden der Drang und die Lust, mich zu bewegen, immer größer. Unterwegs zu sein zu neuen Ufern, auch mal lang und ausgiebig, Körper, Geist und Seele zu trainieren und neu zu ordnen, begeisterte mich und tut es auch heute noch. Vielleicht rührte es daher, das Bedürfnis in mir, mich zu spüren und zu fühlen, eigene Grenzen selbst auszuloten und zu erfahren, wie weit der Weg gehen kann – der immer ein Teil von mir bleibt. So merkte ich schon damals, dass aus mir kein Carl Lewis werden würde, sondern der Ausdauersportler, der lang, sehr lang unterwegs sein konnte. Tanzen lernte ich nicht im Tanzkurs, sondern in der Volkstanzgruppe des Gartenbauvereins, wo es auch Auftritte gab! Es machte Spaß mit dem Mädel, meiner Tanzpartnerin, und es taugte mir, richtig zu tanzen und über den Tanzboden zu schweben, selbst bei Standard- und Lateintänzen würde ich bestimmt bei entsprechender Fitness und genug Training eine gute Figur machen. Ich könnte und würde sowieso gern mit einer Frau, die bärige und fetzige Volksmusik mag, die ganze Nacht durchtanzen, bis wir erschöpft ins Bett fallen und es nur noch uns beide gibt und sonst gar nichts! Doch gute Tänzer werden immer seltener; das Führen einer Frau beim Tanzen geht ohne Gefühl gar nicht.
Mit den Freifahrtscheinen der Bahn – mein Vater war Rangierer bei der Deutschen Bahn – sah ich so manchen schönen Flecken Deutschlands, doch schon hier lag die Liebe zu den Alpengipfeln in mir! Die erste Erfahrung am Berg, die bleibenden Eindruck hinterließ, war die Auffahrt mit der Bergbahn in Kufstein Richtung Wilder Kaiser! Die Sonne schien, und die Felsen des Kaisergebirges waren so nah. Ich war ungefähr acht! Es war ein einfacher Zweier-Sessellift, nicht wirklich hoch und ausgesetzt! Hinauf kam ich, aber fast nicht hinunter. Ich weinte fürchterlich, als es an die Talfahrt ging! Erst gutes Zureden der Eltern stimmte mich um. Unten im Tal war alles vergessen, und trotzdem: Fels, Schnee oder Eis unter den Füßen sind mir auch heute noch lieber als eine Bergbahn!
Meine Brüder, Bernd und Günther, wohnen noch in der Nähe der Eltern, sind inzwischen verheiratet und sind Väter von zwei bzw. vier Kindern! Bernd ist bei Siemens beschäftigt, Günther bei der Stadt Fürth als Beamter; aber was ihnen nun wirklich half, dass die Wellen des Lebens bei ihnen nicht so hoch und heftig ausfielen wie bei mir; ich weiß es nicht!
Einen unkomplizierten Fußbruch, eine Blinddarmoperation, das alles überstand ich. Die Mandeln wurden mir entfernt, die Weisheitszähne gezogen; alles halb so schlimm. Nach der Pflichtschule mit qualifizierendem Hauptschulabschluss absolvierte ich eine Ausbildung zum Schreiner, der Ausbildungsort war einige Kilometer entfernt. Es ergab sich so, ohne dass ich vorher gewusst hätte, was ich nach der Schule beruflich machen wollte! Es gab Vorlieben und Neigungen, aber diese wurden nicht wirklich verfolgt, warum auch immer! Stärken und Schwächen, Talente und Abneigungen, irgendwie wurde vieles, wahrscheinlich zu vieles in den Hintergrund gestellt; was mich daran hinderte, sofort und ohne Verzögerungen meinen eigenen Weg zu finden, so - dass ich mich nach den Wünschen und Bedürfnissen der Gesellschaft orientierte!
Ich machte ein Praktikum in einer Schreinerei, aber irgendwie fehlten zu diesem Zeitpunkt vermutlich Hilfen und Alternativen, um der Entwicklung gegensteuern! So war ich schon hier nicht wirklich zufrieden, doch ich zog es durch und schaffte die Ausbildung; auch weil einem in der Gesellenprüfung vieles abgenommen wurde; das Gesellenstück, einen Stuhl, musste aber jeder immer noch selbst anfertigen. Nachdem ich Geselle war, arbeitete ich auch einige Jahre in diesem Beruf, teilweise in Schichtbetrieb, doch ich wurde nicht glücklich dabei. Heute würde ich mir diese Ausbildung zum Schreiner nicht mehr antun. Es fehlte das Herzblut, es fehlte die Leidenschaft, es fehlte die Liebe zum Tun und Handeln. Jahrelang und darüber hinaus klebte dieses Berufsbild an mir, ohne dass ich es wirklich loswurde; ohne dass ich mich wirklich damit identifizieren konnte! Heute wäre ich froh, dieser Beruf des Schreiners würde erst gar nicht in meiner Lebensgeschichte auftauchen und ich könnte diesen für immer aus meiner Biografie streichen!
Talente, Fähigkeiten, jeder von uns hat sie, und sicher sind diese bei mir als Kind und Jugendlicher nicht unbedingt beachtet oder gefördert worden; doch ist dies nicht auch eigene Arbeit, aus diesen etwas zu machen, wie so vieles im Dasein! Zudem braucht es in jedem Leben auch ein bisschen Glück, ohne dies bleibt vermutlich jede besondere Fähigkeit im Verborgenen! Ein Förderer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, und alles wäre vielleicht ganz anders gekommen in meinem Leben.
So bin auch heute noch davon überzeugt: Leben ist nicht planbar, Leben ist zu leben, in allen Facetten des Daseins; im Fühlen und Spüren, im Geben und Nehmen. Zufälle hat es hier eigentlich noch nie gegeben und wird es bei mir auch nie geben!
Dass reden nicht meine große Stärke sein würde, irgendwie schien es hier klar zu werden. Oder wollte der kleine Rebell in mir, den es irgendwie auch heute noch in mir gibt, leben, erleben und sich fühlen und spüren? Auch entging mir nicht die Sorge der Eltern, mich zu verlieren, und wie schwer sie sich taten und immer noch tun, loszulassen, mich freizugeben! Die Gesellschaft ist wichtig, wie mir von den Eltern auf den Weg mitgegeben wurde, doch wichtige Gefühle in mir blieben dabei wohl auf der Strecke liegen!
Doch die Liebe zu den Eltern bleibt, und daher können sie mich gar nicht verlieren, ich werde immer ihr Sohn und sie werden immer meine Eltern bleiben, egal, an welchen Orten und Gegenden ich auch bin. War ich zu diesem Zeitpunkt, als meine Schulpflicht zu Ende war, zu sehr mit mir beschäftigt, um zu wissen, was ich brauche und was mich zufrieden und glücklich macht? Dabei weiß ich im Grunde genau, was ich will oder nicht will, das Thema ist eigentlich nicht das Wissen, sondern vielmehr die Umsetzung! Dabei kann flirten mit dem anderen Geschlecht so schön und einfach sein, wenn man weiß, was zu tun ist (ist es doch im Grunde nichts anderes als das unverbindliche Spiel zwischen Versuch und Irrtum), aber mir fiel es schon zu dieser Zeit unheimlich schwer, mit den Mädels einfach nur ins Gespräch zu kommen!
Den Grundwehrdienst leistete ich in Ingolstadt ab. Der Drill, den es zu dieser Zeit teilweise noch gab, gefiel mir gar nicht, und dass ich Cheffahrer des Hauptfeldwebels war, hatte Vor- und Nachteile! Dabei hatte ich Glück, dass ich bei einer Nachtfahrt ohne Licht den Geländewagen mit mir und dem Hauptfeldwebel drin nicht umwarf. So wurde dann auch aus dem Lkw-Führerschein und dem Fuchs-Panzerfahren in dieser Zeit, dass man bei mir angedacht hatte, nichts. Ich war froh, als die Zeit vorbei war. Anschließend nahm ich eine Stelle in der Landeszentralbank der Bundesbank in Nürnberg an! Dort war ich mehrmals Millionär, aber ich hatte nichts davon! Anfangs überwog vermutlich noch der Zauber des Neuen, Unbekannten, doch nach ein paar Monaten war es so: wenn ich mit dem einen Fuß hineingetreten bin, wäre ich mit dem anderen am liebsten wieder herausgetreten, ich fühlte mich wie eingesperrt! Ablenkung brachte der Kauf eines Bahntickets für die Schweiz, wo ich für zwei Wochen kreuz und quer durchs Land fuhr. Ich genoss das besondere Flair von Lugano und fuhr mit der Bahn aufs Jungfrau joch, wo man so gut wie nichts sah, der Nebel und das schlechte Wetter hatten das Hochgebirge fest im Griff. Irgendwie spürte ich dort schon einen Wunsch in mir, am Gipfelkreuz eines Berges zu stehen, um dem Göttlichen nahe zu sein! Bilder wurden zu mehr, wie ein Wunsch in meiner Seele, in meinem Herzen. Doch damit war das Arbeitsplatzproblem nicht gelöst.
Irgendwann ging es nicht mehr, und ich musste raus und kündigte meine Arbeit. Für die Eltern war es eine Katastrophe, dass ich solch einen sicheren Job aufgab, für mich eine Erleichterung! Zudem brauchte es nicht erst hier auf Arbeit bei mir stets einen gewissen „Wohlfühlfaktor“; ein Ankommen, ein Heimkommen, um auf Dauer zurechtzukommen! Kurz danach zog ich aus dem Elternhaus aus und hatte meine erste eigene Wohnung.
Es begann ein neuer, anderer Lebensabschnitt! Ich arbeitete in Nürnberg und stand früh auf. Ich kaufte mir eine Gitarre und lernte das Gitarre spielen. Heute würde ich eine „Steirische“ vorziehen. Auch fing ich an, ein bisschen zu Texten und zu komponieren, einfach so, zum Hausgebrauch. Ich schickte einiger dieser Werke an eine Plattenfirma, doch diese war nicht wirklich überzeugt davon. Doch schon hier merkte ich, dass eine sehr kreative Ader in mir vorhanden sein musste! Ich versuchte mich im Bildermalen und Holzschnitzen! Doch das Schreiben in mir, das Kreativsein, ist auch immer ein Mich-Auseinandersetzen mit mir, dazu braucht es immer ein Gefühl und nochmals Gefühl. Auf Befehl konnte ich noch nie gut Schreiben!
Denn ein Buch ist dann gut, wenn du den Leser erreichst, das Gefühl des Lesers erreichst; den Leser an der eigenen oder erdachten Person teilhaben lässt! Gefühle in einem Buch sind auch nicht aufzuschreiben, sondern zu erzeugen, etwas, worin der Leser eintauchen kann, mit Herz und Verstand, mit mehr, wo man den Leser mitnimmt auf die Reise zu sich selbst oder zu einer imaginären Person!
Ich machte meinen ersten Triathlon! Doch um vorne mitzumischen, fehlte das Kraulschwimmen, mit Brustschwimmen gewinnt man hier nicht mal einen Blumentopf. Doch noch lebt die Hoffnung, einmal auf Hawaii zu sein, um dort bei einem Wettkampf dabei zu sein und danach die Südsee von einer ganz anderen Seite zu sehen! Zu dieser Zeit der Nürnberger Lebkuchen und des Christkindlmarktes hatte ich kein Auto mehr, ich hatte es einige Zeit vorher verkauft! Das Training begann und formte Muskeln, Sehnen und Bänder. Seitdem bin ich ohne fahrbaren Untersatz und kenne es gar nicht mehr anders!
Manchmal denke ich mir schon, ein Auto wäre nicht schlecht, um beweglicher und flexibler zu sein, in allen Bereichen des Lebens, doch auf der anderen Seite spart man sich ohne einen solchen fahrbaren Untersatz viel Geld! Bisher kam ich auch ohne Auto fast immer dorthin, wo ich hinwollte; auch wenn es manchmal langwierig und umständlich war! Zu dieser Zeit nahm ich auch an einem Mountainbike-Rennen in Hasliberg in der Schweiz nahe Grindelwald teil, wo die Spitze abging wie eine Rakete. Später in Österreich, bei einem Berglauf in Fulpmes im Stubaital, ging es schon besser, und in Biberwier im Außerfern bei einem Skitouren-Rennen der Bergrettung auf den Marienberg wurde ich Siebter bei einer Teilnehmerzahl knapp über 50! Was würde bei entsprechendem Training möglich sein, fragte ich mich zu dieser Zeit oder danach schon oft, denn mich in die sportliche Anstrengung „reinbeißen, verbeißen“ konnte ich schon immer recht gut!
Doch es war die Zeit, wo es auch um Wesentliches in meinem Leben ging! Anfangs war es ziemlich ungewohnt und eine Herausforderung, auf eigenen Füßen zu stehen und Verantwortung für mein Tun und Handeln zu übernehmen. Arbeit, Wohnung, Freizeit, ich musste mich selbst organisieren! Es gestaltete sich zuerst schwieriger, als ich vermutet hatte. Wo anfangen, wenn noch die Richtung fehlte? Ich wusste nur eines, ich wollte endlich leben, mich erleben und lebendig sein! Irgendwas mit Sport, dieser Gedanke kam zu dieser Zeit immer wieder! Auch die Tätigkeit des Berg- und Skiführers begann mich zu interessieren; vielleicht irgendeinen Sport zum Beruf machen, Ideen hatte ich viele! Zu dieser Zeit kam ich mit der Empfindung, ausgesaugt zu werden, meiner Energie beraubt zu werden, jedes Mal, wenn ich die Eltern besuchte, nur schwer zurecht! Heute ist alles nicht mehr so und hat sich zum Guten gewandt! Auch waren andere in meinem Alter zu diesem Zeitpunkt sicher weiter, eigentlich in so vielen Bereichen des Lebens, was ich nun schmerzhaft feststellen musste. Irgendwie erwachsener und mit mehr Selbstvertrauen nach außen ausgestattet. Auch Grenzen zu setzen fiel mir schon damals unheimlich schwer! Ich wollte das sein, was mich als Menschen ausmacht; und nicht das, was ich aufgezwängt bekam; vieles sah man erst auf den zweiten Blick bei mir, wenn überhaupt. Doch die Willenskraft in mir und meine innere Stärke, die Hilfe Gottes, die sich wie ein leises Flüstern in mein Bewusstsein schob, ließen mich immer und immer wieder nach vorne schauen, obwohl schon hier nicht immer alles rund lief, wie später in so vielen Bereichen meines Lebens, wo es häufig zwickte und zwackte und es oftmals heftig rumpelte. Auch begann ich vermutlich zu dieser Zeit das unheimliche Talent zu entwickeln, mir selbst im Weg zu stehen oder über meine eigenen Füße zu stolpern, was mir im weiteren Verlauf meines Lebens immer wieder zum Verhängnis wurde!
Dazu kam, dass ich nicht den Ort im Außen fand, der zu einer Heimat wurde, geschweige denn jenen im Innen, in meinem Herzen, meiner Seele. In jungen Jahren machte mir auch der Umstand nichts aus, ständig und immer wieder umziehen, doch je älter ich wurde, desto mehr nervte es. Heute bin ich so weit, dass ich diese häufigen Wohnortwechsel im Grunde genommen nur noch satthabe und ich mir das „eigentlich“ nicht mehr antun möchte. Hätte es an einem der Orte in den Bergen, wo bisher mein Lebensmittelpunkt war, die Frau fürs Leben gegeben und wir hätten zueinander gefunden, wäre das ständige Umziehen in meinem Leben vermutlich auch kein Thema geworden! Doch ich wünsche mir auch im Außen eine Heimat; selbst als Kind der Berge kann es keinen Sinn machen, alle paar Jahre umzuziehen. Es zermürbt und ist anstrengend, immer wieder neue Freundschaften zu schließen. Doch bei mir sollte es bisher so sein, dass ich mich alle drei bis vier Jahre meines weiteren Lebens, seit ich das Elternhaus verlassen hatte, neu einleben musste, teils wegen Berufswechsels, teils aus anderen Gründen.
Glücklich machte mich das nicht, nur Lebenserfahrung blieb, so dass ich heute mehr denn je spüre und fühle, dass es tief in mir um das geht, was mein Herz und meine Seele lächeln lässt, und es eigentlich erst im zweiten Atemzug um das geht, was einem die Gesellschaft vorgibt!
Auch die Einsamkeit legte mich früher noch nicht so in Ketten wie in den späteren Jahren; obwohl schon hier klar war, ich kann vieles ertragen, nur nicht die Einsamkeit in meiner Seele, in meinem Herzen. Denn selbst wenn ich unter zigtausend Menschen bin, kann in meinen Gefühlen unendliche Einsamkeit sein.
Es folgten Jobs, die mich über Wasser hielten, aber nicht viel mehr! Dabei und bis zur jüngsten Vergangenheit traf ich nicht immer die für mich glücklichsten Entscheidungen, wie ich im Nachhinein feststellen musste; verkehrte oder richtige Entscheidungen gibt es sowieso nicht, nur schlechte oder gute Entscheidungen.
Auch hatte ich den folgenden Jahren mehr als mir lieb war mit Behörden und Ämtern zu tun, und heute bin ich froh, nicht auf diese Einrichtungen angewiesen zu sein und nichts mit diesen zu tun zu haben! Selten kommt was wirklich Gescheites dabei heraus! Aber manchmal geht es halt ohne diese nicht, ob man nun will oder nicht! Doch der Wunsch, mich zu fühlen und spüren, entwickelte sich immer mehr in mir! Ich konnte von Bewegung zu dieser Zeit gar nicht genug bekommen, 30 bis 40 Stunden die Woche waren keine Seltenheit, und so kam es, dass in den nächsten zehn Jahren teilweise sechs Mal die Woche Sport die Regel war. Dass ich mir dadurch eine gewisse Fitness aufgebaut habe und die ganze Zeit, die ich hierin investiert habe, mir dann doch noch etwas bringen sollte, konnte ich dann im Ötztal am eigenen Leib erfahren! So bin ich schnell wieder drin in der Bewegung und Fitness, wenn ich mich weniger sportlich betätige oder mich gar nicht bewege; auf der anderen Seite baue ich relativ schnell Kondition ab! Deshalb gilt auch hier, ganz oder gar nicht, halb Sport geht überhaupt nicht! Doch besser im Leben zurechtkam ich dadurch auch nicht unbedingt zu dieser Zeit, ja, weil - weil es immer noch die Einsamkeit gab und die Zerrissenheit, und weil die Sehnsucht nach Liebe nicht weniger, sondern schleichend und langsam immer mehr wurde.
Doch ich suchte noch immer meinen Weg, ich suchte mich, ich suchte meine Position in meinem Leben! In mir gab es das Bedürfnis, zuerst mich zu verstehen und dann die Gesellschaft, für diese hatte ich mein ganzes Leben lang Zeit; für mich nicht ewig! Ich wollte und will auch heute noch nicht fremdbestimmt, sondern selbstbestimmt sein, nicht nur anderen Fußspuren folgen, sondern eigene Fußspuren kreieren, leben, nochmals leben und immer wieder leben und Träume wahr werden lassen.
Dazu gab mir Gott einen Schatz, ein sehr großes Kämpferherz, das mich sicher weiterbringt, weiterträgt und mit dem mehr möglich ist als bei so vielen anderen. Als junger Erwachsener sagten sie mal in der Klinik, das, was man da in mir sähe, sei ein Sportlerherz. Es sollten in meinem Leben Tage folgten, wo allein diese innere, mentale Kraft und die Gewissheit: das Göttliche ist jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde, Tag und Nacht bei mir, mich an den nächsten Morgen glauben ließ! Ich machte meinen ersten Fallschirmsprung, wo das Fliegen mit dem Kleinflugzeug aufregender war als der Sprung selbst; wobei ich dachte, das Flugzeug fliegt jeden Moment auseinander!
Der Sprung selbst war ein geiles Gefühl! Ich trat einer Laienschauspielgruppe bei! Jeder Abend war spannend und aufregend zugleich. Ich hatte ein Publikum, ich sollte mich präsentieren, schauspielern! Es fiel mir unheimlich schwer, Teile von mir preiszugeben; die vielleicht bei mir nicht im ersten Moment greifbar waren! Alle sagten, dieser eine Abend, und dann tschüs! Doch ich kam immer wieder und lernte mich neu kennen und verstehen! Ich fing an, mich für Religionen zu interessieren; das Fußballspielen hatte ich für mich innerlich so gut wie abgeschlossen!
Heimat, was ist Heimat; ein ganz besonderes Geschenk, wie mir im Lauf der Jahre bewusstwurde! Ich bin dankbar für meine Eltern, auch gaben sie mir als Kind ein Stück Geborgenheit und eine Heimat; doch dann, später, als ich volljährig wurde und als junger Erwachsener fand ich nie die Heimat, die ich gebraucht hätte, die von Dauer war oder eine Zukunft hatte! Heimat ist dort, wo die Alpinen Berge stehen, und Heimat ist dort, wo es das weibliche Wesen gibt, das ich liebe. Beides ist eines und gehört für mich zusammen wie Tag und Nacht! Unruhe und Angst, oft sollte man mir diese ansehen, ohne davon zu sprechen! Doch was trieb mich in die Verlorenheit meiner Gefühle, wie viel Zerrissenheit und Unruhe würde mein Leben noch bestimmen, ich wusste es nicht! Doch Sicherheit, die Sicherheit liegt in der Unsicherheit, wie ich fortan feststellen musste, und wenn sich ein Drittel meiner Träume und Wünsche in meinem bisherigen Leben erfüllten, war es schon viel. Denn irgendwie war mein bisheriges Leben schon immer eine Wundertüte, und es kam bisher eigentlich immer so, wie es kommen sollte, und selten so, wie ich es mir in meinen Wünschen und Vorstellungen ausgemalt hatte, positiv wie negativ.
Dann kam die Zeit im Allgäu. Dort stand ich vor Gericht, nachdem ich mich an einer Schule für die Ausbildung zum Sport-Physiotherapeuten angemeldet hatte, dann aber aus privaten Gründen vom Vertrag zurückgetreten bin; im Namen des Volkes wurde ich freigesprochen. Die Beschäftigung als Schreiner war von kurzer Dauer, und die Jobs danach brachten mich auch nicht weiter! Als Skilehrer hatte ich dort kein Glück, und ich ging das erste Mal nackt baden und mich nackt sonnen. Es folgten Touren in Fels und Eis, zu Fuß oder mit Tourenskiern! Schon hier war ich in den Bergen unterwegs, wenn ich mal Urlaub hatte, eine andere Option gab es da nicht wirklich, und auch hier war ich nie allein unterwegs, Gott war immer bei mir! Bei einer dieser Skitouren verliebte ich mich in Elke, von Beruf Holzschnitzerin; ein Mädel mit langen Haaren und wunderbarem Lächeln; vergaß aber, nach ihrer Adresse oder Telefonnummer zu fragen. Ich setzte alle Hebel in Bewegung und fand heraus, wo sie arbeitet! Dort besuchte ich sie und schenkte ihr dann Blumen!
Ich war mächtig aufgeregt, als ich ihr gegenüberstand. Wie sollte ich es sagen? Ich brachte kaum eine Silbe heraus. Doch ein paar Worte brachte ich dann doch zustande, und ich gestand ihr meine Liebe. Ich hätte so gern über so vieles mit ihr gesprochen, doch als sie sagte, sie hätte schon einen Freund, war ich am Boden zerstört, dabei hatte ich mir schon alles so schön ausgemalt! Es half nichts, ich hätte gern, aber sie wollte nicht. Ich verließ ihre Werkstatt und ging meines Weges. Lange kam ich nicht drüber weg, und zum Reden hatte ich auch keinen. Noch Jahre später fragte ich mich oft, was aus ihr geworden war, oder sagte mir, frag sie ein zweites Mal, vielleicht lautet die Antwort diesmal anders. Doch ich tat es nicht! Vergessen werde ich sie vielleicht nie! Ich wich einem Date mit Barbara, einem zierlichen und kletterverrückten Mädel mit langen Haaren, aus, vielleicht aus Angst, mich auf ihre Nähe einzulassen, oder aus Sorge, meine Freiheit zu verlieren!
In Hindelang, nach der Besteigung des Hochvogels, spielte mir das Leben in die Karten, doch im Nachhinein gesehen lief ich dort vermutlich wieder mal am Glück vorbei. Dabei sprach sie mich auch noch an. Sie war genau mein Typ von Frau. Lange, dunkle Haare, und einfach nur sehr schön, und das Beste kam zum Schluss, sie schien auch noch bergverrückt zu sein! Ihr Auto hatte Rostflecken, doch sie hatte das, was mir bei einer Frau schon immer wichtig war; sehr, sehr viel Gefühl.
Während der Autofahrt nach Oberstaufen redeten wir viel, und selbst wenn sie es nicht direkt sagte, reichte ein Blick, um zu wissen, dass sie mich eigentlich sehr gerne näher kennen lernen wollte. Doch als ich ausstieg, war es zu spät. Warum nur hörte ich nicht mein Herz, das sagte, lasse dich auf ihr und mein Gefühl ein. Ich wollte ihr fast schon vor das Auto springen, doch als sie um die Kurve bog, blieb nur ein unbefriedigendes Gefühl und die Gewissheit, wieder mal an einer möglichen Heimat im Herzen vorbeigeschrammt zu sein! Vielleicht wäre vieles anders gelaufen in meinem Leben, vielleicht, wenn wir uns näher kennen gelernt hätten! Vielleicht hätte ich mit ihr eine neue Zeitrechnung der Sinnlichkeit und Zärtlichkeit erleben dürfen, doch ich torpedierte mich wahrscheinlich mal wieder selbst! Oder war es die Schüchternheit, die mich fortan begleiten sollte?
Es interessierte sich eine Frau für mich, das war so ganz neu! War es die Angst, abgelehnt zu werden, oder waren mein Herz und meine Seele zu diesem Zeitpunkt noch nicht so weit? Bereit für die bedingungslose Liebe zu einer Frau, ohne meine Freiheit aufzugeben, ich wusste es nicht! Die Jahreszeiten zogen ins Land, und die Zeit verstrich! Danach immer wieder ein neuer Ort und neue Landschaften, und eine Heimat im Herzen schien in weite Ferne zu rücken! Was blieb, war die Gesellschaft; was fehlte und doch so notwendig war, waren sinnliche und zärtliche Gefühle zu einem weiblichen Wesen in meinem Da-Sein und in meinem Leben! Versuche, diese wie Fußabdrücke in mein Leben zu streuen, schlugen fast immer fehl!
Ob die Eltern nicht nur zu dieser Zeit verstanden, warum es mich in die Berge zog; warum es mir dort so gut gefiel, wenn mir der Wind um die Nase blies, ich weiß es nicht! Dass ich dort oben auch immer wieder das Gespräch mit Gott suchte und dass es in all den Jahren oftmals die letzte Hoffnung war, wenn die Einsamkeit und die Sehnsucht nicht zum Aushalten waren! Einen Sonnenuntergang oder Sonnenaufgang auf einem Gipfel der Alpen mit dem Mädel der Wahl, der Liebsten, eng aneinander gekuschelt im Schlafsack, wäre für mich wie ein Sechser im Lotto! Schnee und Regen, Graupel und Waschküchenwetter, solche Bedingungen machten mir noch nie wirklich was aus, verglichen mit dem Gefühl, auf einem Berggipfel dem Göttlichen nahe zu sein! Das erste Mal spürte ich diese Empfindung auf dem Hochvogel, dem höchsten Gipfel der Allgäuer Alpen! Gott war nicht nur nahe; das Göttliche, wie ich glaube, wollte mir durch Gefühle in mir meinen Weg aufzeigen! Diese Empfindung nahm ich bei allen meinen Bergtouren, die ich bisher unternahm, mit!
Deshalb bedeuten Bergtouren für mich mehr, als nur Zeit auszufüllen oder totzuschlagen, in den Bergen unterwegs zu sein war und ist schon immer, wie ich empfinde, ein Geschenk Gottes und eine Berufung in mir; jede Bergtour war und bleibt ein Gebet zu Gott! Allein am Berg unterwegs sein bedeutet für mich nicht allein am Berg unterwegs sein, und ein Bandscheibenvorfall ist kein Bandscheibenvorfall!
So tat ich mich fortan immer noch sehr schwer, ein weibliches Wesen anzusprechen, das mir gefiel, ohne etwas zu erwarten; mit der Zeit kam immer mehr die Angst dazu, eine Zurückweisung zu bekommen, da es mir kaum möglich war, es nicht persönlich zu nehmen. So wurde alles mit der Zeit zum Teufelskreislauf!
Es entwickelte sich die Einsamkeit in den folgenden Jahren zu einer unendlichen Geschichte, die wie eine Fahrt mit angezogener Handbremse war, ohne jemals richtig Tempo in meinem Leben aufzunehmen! Dabei war schon dort und ist jetzt immer noch so viel möglich! Denn irgendwie glaube ich, es lodert da ein Vulkan in mir, der Leben spüren und fühlen will! Was würde sein, wenn dieser Vulkan ausbrechen würde, was, das fragte ich mich schon oft! Vielleicht hat dieser Satz: „Geboren, um die Liebe einer Frau zu geben!“, irgendwo in meinem Leben seinen unausweichlichen Sinn. Der Alltag des Lebens allein war in meinem Gefühl schon immer unbefriedigend; in mir wollte etwas schon immer ein bisschen mehr! Hatte ich all die Jahre einen zu großen Anspruch in mir? Ich weiß es nicht! Oder hatte ich vergessen, einfach nur mit mir Frieden zu schließen, das Wollen und Müssen einer neuen Ordnung zu unterziehen? Einfach nur zufrieden zu sein, wie schwierig ist das oftmals! Die äußeren Einflüsse; die sogenannte „Reizüberflutung“ im Allgemeinen und in der Gesellschaft im Besonderen, die tagtäglich auf uns einströmt, uns zu verändern versucht, macht es da nicht immer leicht; schließlich will diese in uns verarbeitet werden! Traum und Wirklichkeit brachte ich bisher selten auf den gleichen Nenner! Als Bauch- und Gefühlsmensch stand ich mir vielleicht oftmals selbst im Weg, ohne es zu registrieren. Oft fragte ich mich, fragte Gott, warum muss die Einsamkeit, egal was ich tat, mein ständiger Begleiter sein? Der Himmel schwieg, das Göttliche schwieg, und graue Wolken zogen in mir auf, doch ich stand, nachdem ich im Leben hingefallen war, wieder auf und funktionierte weiter, bis zum nächsten Crash!
Auch glaube ich inzwischen, solange es in meinem Herzen, in meiner Seele eben auch und vor allem kein weibliches Wesen gibt, irgendwo und irgendwie eine Seelenverwandte; keine Frau gibt, die ich lieben und begehren kann, mit der und bei der ich vor allem auch „ankommen, heimkommen“ kann, bei der die Zerrissenheit in mir ein Ende findet, wird mein Leben ein einziges Chaos bleiben, werde ich mir selbst im Weg stehen oder über meine eigenen Füße stolpern, egal, wo ich auf dieser Welt auch bin. Denn nur Maul halten, funktionieren, Ja und Amen sagen war immer viel zu wenig und wird immer viel zu wenig in meinem Leben bleiben! Ich brauche einfach mehr!
Doch das Leben ging weiter, und die Messlatte der Gesellschaft gab sich weiter wichtiger als das Gefühl in meinem Leben, als die Wichtigkeit der Liebe! Man kann es sich nicht immer aussuchen, welchen Job man macht, aber man sollte versuchen, das Beste aus den Anforderungen im Berufsleben und in seinem eigenen Leben zu entwickeln! Zudem bin ich davon überzeugt, dass es für mich keinen Beruf, sondern eine Berufung gibt! Auch steht es für mich inzwischen fest, dass es nichts in meinem Leben gibt, was ohne einen Grund passiert! Jedes Erlebnis, jedes Ereignis in unserem Leben, oder wie wir damit umgehen, folgt, wie ich glaube, einem Programm, einer Regelmäßigkeit, die durch Emotion, durch Erfahrung, durch unsere Lebensgeschichte geprägt ist, welche darin verarbeitet worden sind! Bei mir heißt diese Regelmäßigkeit vermutlich Einsamkeit, nochmals Einsamkeit und immer wieder Einsamkeit!
Entscheidungen, tagtäglich treffen wir Entscheidungen, viele nehmen wir gar nicht bewusst wahr, aber jede Entscheidung hat Folgen. So war manche Entscheidung in meinem Leben wohl eine Folge von einer Folge, wie ein Puzzleteil zusammengefasst, in irgendeiner Form und Weise! Ich glaube auch, dass es in jedem von uns sowas wie eine emotionale Intelligenz gibt, die bei mir sicher mehr ausgeprägt ist als bei vielen anderen! Doch braucht es dazu nicht auch Gefühl, ein Spüren und Fühlen? Die Einsamkeit stellte sich dabei oft als Klotz am Bein heraus! Dabei kennt so mancher Mensch die halbe bis ganze Welt, vom Nordpol bis zum Südpol und jeden Breitengrad auf dem Globus; aber sich, sich selbst kennen sie nicht!
Mehr als nur sagen können: Wieder einen Tag näher an der Rente, sondern sagen können: Freude, Begeisterung und Leidenschaft kommen rüber, kommen an, stecken die oder den andere(n) an, sieht man mir an; das ist das, wonach meine Seele, mein eigenes Ich strebt, ohne den Menschen neben mir zu vergessen und nicht zu beachten! Das Funkeln in meinen Augen, man sagte bei meinen Unternehmungen mit Herzblut, man sieht es mir an!
Die Liebe war und blieb in mir wie eine Blüte, die sich der Sonne entgegenreckte; aber in meinem ganzen Leben noch nie richtig imstande war, sich zu öffnen! So ist diese bis heute noch nicht richtig zur Entfaltung gekommen! Warum, warum nur? Diese Frage, die ich mir tagein und tagaus stellte, machte die Jahreszeiten gleich und die Schmerzen in meiner Seele unerträglich, Sekunde für Sekunde und Minute für Minute; schon zu dieser Zeit!
Was mich weiter prägte, war nicht nur die Gesellschaft, auch die Schatten der Trauer und der Einsamkeit setzten mir zu, selbst wenn die Sonne mir ihre Strahlen schenkte, aber nicht im Herzen wärmte! Nichtsdestotrotz versuchte ich auch ein bisschen Licht abzubekommen; doch es blieb beim Versuch! Ich wollte mich auch ein Stück weit selbst verwirklichen, war wissbegierig und neugierig geworden! Auch fragte ich mich in diesem Lebensabschnitt zum ersten Mal: Wo bleibe ich; wo bleibt mein Wesen, meine Art? Vor allem fragte ich mich: Wo bleibt die Liebe in meinem Leben, wo bleibt die Liebe zu einer Frau? Ist das alles, ist das alles im Leben, sein Wohl und seine Bedürfnisse einzig und allein nach der Gesellschaft auszurichten? Schon zu dieser Zeit waren mir spüren und fühlen wichtig, auf mein Herz zu hören; auf die Intuition und auf das Bauchgefühl zu hören. Erste Bilderfragmente der Sehnsucht entstanden, die sich tief in meinem Gedächtnis verankerten. Unvollendete Bilder der Sinnlichkeit und Sehnsucht schoben sich ins Blickfeld, mit denen ich bis heute nicht zurechtkomme. Irgendwann hatte ich einen Liebestraum, in dem ich, mit einer Frau, eng umschlungen und Arm in Arm, dem Moment eine neue Wertschätzung gab und wir beide in Flammen standen! Dieser Traum verfolgt mich bis heute! Von Jahr zu Jahr sehnte ich mich mehr danach, diesen Traum zu leben, abzuschließen; die Liebe zu einer Frau mit allen Facetten der Möglichkeiten zu nutzen und zu erleben. Doch einzig und allein die Hoffnung blieb, mehr nicht.
Ich begann zu schreiben, versuchte mich frei zu schreiben. Gedichte, Märchen, Kurzgeschichten, Theaterstücke, Zeile um Zeile entstanden geschriebene Gedanken. Manches wurde in Büchern veröffentlicht, manches hat noch nicht den Weg zum Leser gefunden. Dass dies Arbeit ist, aus Rohlingen fertige Produkte herzustellen, musste ich dann ziemlich bald feststellen.
Die höchsten Hügel rund um meinen Geburtsort sind 400 Meter hoch, da gab es an Höhenmetern nicht viel zu holen; von Eis- und Hochtouren konnte man da nur träumen. Die Fränkische Schweiz bietet Klettertouren aller Schwierigkeitsgrade, doch ich war schon immer mehr der klassische Bergsteiger; der Hoch- und Eistourengeher! Mit dem alpinen Bergsteigen fing ich mit rund 23 Jahren an. Besuchte erste Kurse im Felsen und im Eis. Ich kaufte mir die Ausrüstung und hoffte, viele bärige und intensive Bergtouren mit dem Alpenverein in Nürnberg ausführen zu können! Doch zu mehr als zu einer Rafting-Tour bei Haiming und in der Schweiz reichte es dort nicht!
Die Fähigkeiten und Fertigkeiten, um ein sehr guter Kletterer zu werden, waren schon damals und sind auch heute noch vorhanden. Doch es gab keinen, der mit mir Bewegungsabläufe automatisierte und die Seilkunde zur Passion machte. Denn ohne Training geht ab einem gewissen Schwierigkeitsgrad gar nichts mehr, und etwas halb zu tun, brachte mich noch nie zu dem, was eigentlich möglich wäre.
Meine erste ernsthafte Bergtour war die Durchsteigung der Watzmann-Ostwand mit einem Bergführer! Von da an gab es den Berg in allen seinen Formen. Die Perlenkette der Versuchung schenkte mir Bergziele, die mich nicht mehr losließen. So merkte ich, der Ort meiner Kindheit war nicht die Region, wo meine Träume, wo meine inneren Bilder zuhause sind. So war es nicht mehr zu leugnen, der Bergsteiger in mir hatte sich durchgesetzt und war nicht mehr abzulegen.