Bergab und doch bergauf - Armin Assinger - E-Book + Hörbuch

Bergab und doch bergauf Hörbuch

Armin Assinger

4,4

Beschreibung

Armin Assinger schreibt in diesem Buch über das Leben, über Höhen und Tiefen, Freud und Leid, Motivation, Resignation und weitere Befindlichkeiten, die uns durch unser Leben begleiten. Es geht in diesem Buch aber auch um die Frage, wie jeder einzelne von uns es schaffen kann, Grenzen zu überwinden. Der Abfahrtslauf ist für Armin Assinger zur Metapher für das Leben geworden und zum Gegenstand von Reflexion: bodenständig und mit Tiefgang.

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Zeit:1 Std. 2 min

Veröffentlichungsjahr: 2015

Sprecher:Florentin GrollFriedrich OrterChristina Trefny

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ARMIN ASSINGER

BERGABUNDDOCHBERGAUF

© 2015 Ecowin, Salzburg

by Benevento Publishing

Eine Marke der Red Bull Media House GmbH

 

Lektorat: Joe Rabl

Art Direction: Peter Feierabend

Covergestaltung: Frank Behrendt

Satz: Conny Laue

Programmleitung Ecowin: Martina Paischer

Coverfoto: ORF/Hans Leitner

Foto Martina Rammer-Gmeiner (rechte Klappe):

Martina Siebenhandl

E-Book-Konvertierung: Satzweiss.com Print Web Software

ISBN: 978-3-7110-5128-8

 

www.ecowin.at

 

 

Inhalt

AUFWÄRMEN

START / VORBEREITUNG

KÖRPERSPRACHE

SELBSTVERTRAUEN

EINSTELLUNG

MOTIVATION

MAUSEFALLE

STEILHANG

LÄRCHENSCHUSS

HAUSBERGKANTE

ZIELSCHUSS

SIEGEREHRUNG

AUFWÄRMEN

Meine Damen und Herren,

sehr geehrte Leserinnen und Leser!

 

Auf den nächsten Seiten werden Sie den einen oder anderen Einblick in das Leben mancher Hochleistungssportler erhalten, den Sie so noch nie gesehen und über die Sie so noch nie etwas gelesen haben. Im Laufe meiner Karriere als Mitglied der Österreichischen Skinationalmannschaft habe ich viel gesehen und viel erlebt, das können Sie mir glauben. Ich durfte erleben, wie Franz Klammer trainierte, wie Harti Weirather siegte und wie Leonhard Stock seinen Olympiasieg von 1980 Jahre später im Weltcup bestätigte. Ich war bei Hermann Maiers „Jahrhundertabflug“ in Nagano 1998 live dabei und durfte den Olympiasieg meines Freundes Fritz Strobl 2002 kommentieren.

Aus all diesen und vielen anderen im Lauf von 30 Jahren gesammelten Erfahrungen habe ich meine Lehren und Schlüsse gezogen. In diesem Buch schreibe ich über das Leben, über Hochs und Tiefs, Ängste und Zuversicht, Freud und Leid, Motivation und Resignation und weitere seelische und körperliche Befindlichkeiten, die uns durch unser Leben begleiten und mit denen wir uns tagtäglich zu beschäftigen haben. Es geht in diesem Buch aber auch um die Frage, wie jeder Einzelne von uns es schafft, Grenzen zu überwinden. Der Ausbruch aus der sogenannten Komfortzone unseres Alltags und das damit verbundene Stecken neuer Ziele, das Annehmen neuer Herausforderungen und das Suchen von Veränderungen in unserem Leben können das Finden neuen Lebensglücks bedeuten. Gewähr dafür gibt es keine, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

Bleiben wir gleich beim Alltäglichen: Wie oft werden wir pro Tag mit den verschiedensten Slogans und Thesen das Leben betreffend regelrecht bombardiert? Wie oft kommt uns der vom größten Radiosender Österreichs propagierte Satz „Das Leben ist ein Hit!“ unter? Ist es das wirklich? Geht es wirklich immer nur um „Happypepitralala“? Besteht das Leben wirklich nur aus dem montäglichen Rückblick auf das ach so geile vergangene Wochenende und dem darauf folgenden Ausblick auf die nächste megastarke Superparty, logisch, am nächsten Wochenende? Geht’s nur mehr ums Lässigsein, Coolsein, Hipsein? Ist das Leben vielleicht auch nur ein Spiel, wie uns ein Wettanbieter einzubläuen versucht? Ich weiß nicht, für mich ist das Leben kein Spiel. Es ist mir zu ernst, zu wichtig, zu wertvoll, als dass ich es als Spiel abtun wollte.

Ein alter Freund und Rennfahrerkollege, Thomas Sykora, hat einmal gesagt, dass das Leben ein Slalom sei. Der Vergleich gefällt mir logischerweise ganz gut und wir kommen der Sache schon näher, sind aber noch nicht ganz dort, wo wir hinwollen. Ich denke, dass das Leben sogar noch schneller und schwieriger, noch brutaler und gefährlicher, aber auch noch herausfordernder und letztendlich schöner ist als ein Slalom. Nicht nur ein Skirennläufer kann mit hoher Geschwindigkeit in eine Nebelbank rasen und kurz die Orientierung verlieren, kann die Ideallinie verlieren oder auch kurzzeitig die Motivation. Ihnen kann das auch passieren, im übertragenen Sinn natürlich. Auch Sie können auf einer Eisplatte ausrutschen oder ganz einfach mit einer grandiosen Leistung auf Ihr ganz persönliches Stockerl rasen. Ich behaupte also, und die Slalomartisten mögen es mir verzeihen: „Das Leben ist ein Abfahrtslauf!“

Was will ich mit meinen im Folgenden dargelegten Gedanken erreichen? Ich will Ihnen veranschaulichen, wie Spitzensportler mit genau jenen Problemen umgehen, die Sie in Ihrem Leben auch beschäftigen, die Ihnen Kraft und Energie kosten, wie Sie durch das Annehmen und spätere Lösen dieser Probleme und Umstände aber auch wachsen und neue Zuversicht gewinnen können.

Wie überwinden Spitzensportler Ängste, wie motivieren sie sich nach Niederlagen neu und wie schaffen sie es, mit der eigenen und der öffentlichen Erwartungshaltung umzugehen? Ich will Ihnen Mittel und Wege zeigen, wie Sie das genauso schaffen und genauso erfolgreich sein können.

Ich lade Sie nun ein auf eine Fahrt auf der schwersten, herausforderndsten und auch schönsten Abfahrt der Welt – der berühmten Kitzbüheler Streif. Begleiten wir einen Athleten auf den wichtigsten zwei Minuten der Welt!

 

Das Herz hämmert mein Blut mit 150 Schlägen pro Minute in die Adern. Das Adrenalin überschwemmt mich regelrecht. Die letzten Anweisungen des Betreuers nehme ich kaum wahr. Tunnelblick. Noch zehn Sekunden bis zum Start. Durchatmen. Jetzt die Skistöcke in den Schnee rammen. Startposition. Noch fünf Sekunden. Das Hirn aus- und den Autopiloten einschalten. Noch drei Sekunden. Vollgas geben. Tunnelblick. Jetzt zählt’s. Und los!

START / VORBEREITUNG

START VORBEREITUNG

Wie schaut der optimale Start in eine neue Aufgabe oder Herausforderung aus? Entschlossen sollte er sein und explosiv, ohne Selbstzweifel, mutig, zuversichtlich, aber natürlich auch perfekt vorbereitet. Wenn all diese Komponenten 100%ig zusammenpassen, wenn sie wie Zahnräder eines Uhrwerks ineinandergreifen, dann werden wir optimal starten. Nirgends ist so leicht Zeit herauszuholen oder zu verlieren wie am Start. Dort fällt oft schon die Entscheidung über Sieg oder Niederlage. Denken wir nur an einen 100-Meter-Lauf oder an den Start bei einem Formel-1-Rennen. Wer am schnellsten aus den Startblöcken kommt, die kürzeste Reaktionszeit vom Auge zum Fuß am Gaspedal vorweisen kann, hat sich schon einmal einen Vorsprung erarbeitet, den die Konkurrenz erst einmal aufholen muss. Da reden wir aber noch nicht vom Überholen und Davonziehen. Ist aber der Start verhaut, ist zumeist schon das Rennen verloren, bevor es noch richtig begonnen hat.

Beim Skirennfahren muss der Athlet ständig schnelle Entscheidungen treffen, in der Regel innerhalb von Sekundenbruchteilen. Sie müssen das auch, zwar eher nicht in Sekundenbruchteilen, aber der Kern der Sache ist derselbe: Eine Entscheidung muss gefällt werden. Wir alle sollten Bewegungsabläufe, Körpersprache und Entwicklungen idealerweise im Vorhinein erkennen, um dann entsprechend reagieren zu können. Im Sportjargon ist dieser Vorgang als „Antizipation“ bekannt. Erleichtert wird diese durch die bestmögliche Vorbereitung.

Und doch können manchmal – trotz bester Vorbereitung – auch Selbstzweifel und Versagensängste auftauchen: Wird es gutgehen? Habe ich alles getan, um das Problem lösen oder die Aufgabe meistern zu können? Bin ich der Aufgabe überhaupt gewachsen?

Es ist sicherlich tröstlich, dass niemand vor Selbstzweifeln gefeit ist, ganz egal, ob Olympiasieger oder Vorstandsdirektor, Fabriksarbeiter am Fließband oder die vielzitierte Kassiererin im Supermarkt. Es liegt meistens am Betroffenen selbst, diese Zweifel zu überwinden und damit klarzukommen. Ist das geschehen, wird es auch im nächsten Schritt gelingen, einen Ausweg aus der Bredouille zu finden.

Als Rennläufer war ich sie auch gewohnt, diese (verdammten) Selbstzweifel, ganz nach dem Motto: „Dubito, ergo sum“ (Ich zweifle, also bin ich)! Das Ungute war, dass diese Selbstzweifel immer in den blödesten Momenten auftauchten: auf dem Weg zum Start auf dem Sessellift zum Beispiel. Dann blieb der Lift auch noch stehen, ich hatte niemanden zum Reden, saß allein in der Kälte und unweigerlich klopfte der Selbstzweifel bei mir an und schlich sich auch ohne „Herein“ in mein Hirn. Wird das heute endlich klappen? Hoffentlich hält das Wetter! Und der Wind! Ich habe sicher Gegenwind im Flachstück oben! Ist die Startnummer nicht zu hoch? Hält überhaupt die Piste? Was einen da alles regelrecht martern kann, ein Wahnsinn! In diesen Momenten – und es waren Momente (Mehrzahl!) – gelang es mir mit zunehmendem Wettkampfalter immer leichter, die Zweifel durch Selbstgespräche abzuschütteln: He, du hast jetzt sieben Monate nur für diesen Tag trainiert, freilich bist du gut vorbereitet! Du bist im Training Bestzeiten gefahren, hast die Mannschaftskollegen abgehängt, hast Kraft wie eine steirische Eiche, die Ski sind superschnell, geschlafen hast du auch gut, kein Schuh, der dich drückt, nichts tut dir weh und wenn etwas wehtut, gibt es ja Voltaren! Es spricht aber schon wirklich nichts gegen eine gute Leistung, es kann nur gutgehen!

Ich darf Ihnen sagen, dass es mir vor meiner allerersten „Millionenshow“ nicht anders ergangen ist. Bevor zum ersten Mal die Tür auf die Seite geschoben wurde und ich in die Quizarena ging, gab es auch Selbstzweifel und Versagensängste. Im Vorfeld hagelte es herbe Kritik, die teilweise auch unterhalb der Gürtellinie landete. Viele Kommentare in den diversen Tageszeitungen und Magazinen bescheinigten mir nicht unbedingt die Fähigkeit, dieses große Unterhaltungsschiff zu steuern. Da haben mir freundliche Mitbürger auch auf die Homepage geschrieben: „Du dumme Bauernsau, bleib daheim bei deinen Kühen!“ Weil diese offensichtlich superintellektuelle Klientel halt dachte, dass nicht sein kann, was nicht sein darf! Plötzlich soll einer, der Skirennfahrer war und so einen „Skilehrerschmäh“ hat, noch dazu Mundart spricht, der aus Kärnten kommt, wo der Haider Landeshauptmann ist, eine Primetime-Show moderieren? Das ist verdächtig …

Aber auch in diesem ganz bestimmten Moment half mir wie damals beim Rennfahren das Selbstgespräch: Du hast dich in einem Casting durchgesetzt! Da waren sieben andere Moderatoren, die diesen Job wollten! Das Ganze ist so, wie du dich für eine WM- oder Olympiaabfahrt qualifizieren hast müssen – da wollten auch zehn Österreicher hin, aber nur vier sind nominiert worden. Du hast dich durchgesetzt. Die wochenlange Vorbereitung war nicht umsonst, das Coaching perfekt! Ich war während der Vorbereitungsphase so fokussiert, dass ich in der Früh, als mich meine Frau Bettina mit einem „Guten Morgen“ ansprach, mit „Einen schönen guten Abend und herzlich willkommen bei der Millionenshow!“ geantwortet habe. Und das Beste kommt zum Schluss: Mein Coach, eine Frau mit unheimlich viel Erfahrung in diesem Bereich und aus Köln (!), meinte am Beginn unserer Zusammenarbeit als Allererstes: „Lieber Armin, sprechen Sie mir bitte ja in Mundart! Behalten Sie das bei!“

Seit nunmehr 20 Jahren bin ich im Mediengeschäft tätig, von meiner Funktion als ORF Co-Kommentator und Analyst für Skirennen bis hin zur Moderation einer der erfolgreichsten Unterhaltungssendungen, der „Millionenshow“. In diesem Zusammenhang werde ich oft gefragt, wie denn das alles begonnen habe bzw. wer mich denn „entdeckt“ habe. Nun ja, in Wahrheit habe ich mich nicht so wirklich darauf verlassen, dass mich jemand entdeckt, sondern bin vielmehr recht offensiv an das Thema „Fernsehen“ herangegangen. Das war so während meiner Rekonvaleszenz nach meinem schweren Unfall in Wengen 1989/90 und auch einige Jahre später nach meinem Rücktritt vom aktiven Rennsport. In beiden Fällen wagte ich den Schritt hin zu den damaligen Entscheidungsträgern, Franz Krynedl und Elmar Oberhauser, und habe mich angeboten. Gott sei Dank haben beide meinem Antrag zugestimmt und so konnte ich in diesem Metier Fuß fassen.

Meine Taktik, mir mit der TV-Unterhaltung ein zweites berufliches Standbein zu schaffen, war dieselbe: offensiv an die Sache herangehen, nicht lange herumreden, klar sagen, wohin die Reise gehen soll. Mehr als dass meine Ansprechpersonen Nein sagen, kann ja nicht passieren. Also warum sich fürchten?

„Glück gehabt“ und „Extrem“ hießen die ersten eigenen kleinen Shows, die mir einen perfekten Einblick in die Arbeit eines Unterhaltungsmoderators gaben. Wobei, klein ist relativ, denn wir produzierten an die 40 Sendungen zu je 45 bis 50 Minuten in zwei Jahren. Daneben moderierte ich die eine oder andere Anlassshow, wie zum Beispiel „Kinder für Licht ins Dunkel“.

Wenn ich auf diese letzten beiden Jahrzehnte zurückblicke, kann ich mit ruhigem Gewissen festhalten, dass ich mich an und für sich selbst entdeckt habe. Das mag jetzt durchaus eingebildet für Sie klingen, ist es aber nicht, weil ich keinen wirklichen Mentor im ORF hatte. Am Anfang waren Robert Seeger und Heinz Prüller sogar dagegen, an ihrer Seite so einen Fachkommentator zu haben, der ihre Kompetenz womöglich ein wenig untergräbt. Selber heruntergefahren zu sein ist zu 100 Prozent etwas ganz anderes als, wenn auch jahrelang, darüber zu berichten. Gott sei Dank konnte ich aber beide Altmeister der Kommentierung davon überzeugen, dass ich ihnen nicht schaden, sondern den Sport an sich und die Berichterstattung darüber in den Fokus stellen wollte. Für mich war am wichtigsten, das, was die Sportlerinnen und Sportler da leisten, ins rechte Licht zu rücken. Ich war davon regelrecht besessen – und bin es auch heute noch.

Was macht denn nun den Unterschied zwischen dem Moderieren einer Unterhaltungssendung und dem Kommentieren eines Skirennens aus? Der wesentlichste Unterschied ist der, dass bei einem Skirennen die Action garantiert ist. Genau genommen müssen die Kommentatoren beobachten, was auf der Strecke passiert, und das Gesehene interpretieren und an den TV-Konsumenten weitergeben. Über irgendwelche Dramaturgien braucht nicht lange nachgedacht zu werden, denn irgendetwas Spannendes, Gefährliches, Aufregendes passiert dort laufend.

Im Unterhaltungsbereich muss der Moderator oder die Moderatorin wesentlich kreativer sein, um die Zuschauer bei der Stange, sprich auf dem Kanal, zu halten. Im Sport schaut der Fan bewusst zu, pickt sich gezielt die Übertragung heraus und zappt im Normalfall nicht weg, um sich etwas anderes anzuschauen. Die diesbezügliche Konkurrenz ist im Unterhaltungssektor wesentlich größer, weil auch das Angebot größer ist. Trotzdem sich der Sport immer stärker hin zu einer „Sportshow“ entwickelt, was auch durchaus gewünscht ist, bleibt der Knackpunkt des Unterschieds weiterhin bestehen: Im Sport passiert „es“ einfach und „es“ wird abgefilmt. Es gibt kein Drehbuch, weil Sport nicht planbar ist.

Ich habe im Laufe der Jahre einige Coachings erlebt und diese regelrecht aufgesogen, weil mir jedes Mal vermittelt worden ist, dass meine Art des Herangehens an das Moderieren so schlecht nicht ist. Freilich gab und gibt es immer Fehler, die es auszumerzen gilt, aber das war ich immer schon gewohnt. Was glauben Sie, was ich beim Skifahren alles falsch gemacht habe! Genug, werden Sie sagen, sonst hätt’ er ja mehr gewonnen! Und recht haben Sie!

Einen Tipp hat mir einmal der österreichische Moderationsaltmeister und Evergreen Peter Rapp gegeben. Auf meine Frage, wie ich mich verhalten solle, wenn ich nervös bin oder irgendwie den Faden der Moderation verlieren sollte, gab er mir folgenden Rat: „Stell dir vor, die Kamera ist deine Mutter, deine Frau, dein Vater – jedenfalls eine konkrete Person – und die sprichst du an, wenn du nicht mehr weiterweißt. Ihr erklärst du, worum es geht! Du vergisst die Scheinwerfer oder dass da Hunderttausende zuschauen, und du wirst sehen, du bist gleich wieder voll da!“ Was soll ich sagen: Wann immer ich etwas zu erklären habe – einen neuen Spielmodus, den Ablauf einer Show – und mich in der Vorbereitung dazu vor der Sendung hirnmäßig verheddere, denke ich an Peter Rapps Worte. Und es hilft tatsächlich.

Stichwort Vorbereitung: Bei den Skirennen sehen wir ja immer wieder, wie die Läufer kurz vor dem Start geistig den bevorstehenden Lauf durchgehen und die Strecke im Geist abfahren. Manche machen das mit höchst theatralischen Handbewegungen, andere schließen einfach nur die Augen und verinnerlichen sich auf diese Art, wie sie in Kürze das Rennen angehen werden. Insbesondere bei den Abfahrten ist es durchaus möglich, die Strecke auf ein paar Sekunden genau in der Theorie abzufahren.

Ich habe es zum Ende meiner Karriere immer so gehalten, dass ich nach dem letzten Trainingslauf die Piste wirklich intensiv geistig „beackert“ und mich mehr oder weniger pausenlos mit meinem Auftritt am nächsten Tag beschäftigt habe. Beim Liftfahren, beim Auslaufen am Nachmittag, während der Massage – ständig fuhr ich die Strecke im Geist ab, um mir wirklich jede Bewegung zu verinnerlichen. Am Renntag selbst schaltete ich dieses Programm dann ab. Ich vergewisserte mich bei der Besichtigung nur mehr über den Zustand der Piste und dachte nicht mehr darüber nach, wie ich welche Kurve wohl fahren würde. Ich war durch meine mentale Arbeit des Vortags schon im Flow-Zustand angelangt, stellte mich ins Starthaus und ging ins Rennen. Mit meiner mir im Laufe der Jahre zusammengetragenen Routine bin ich so die letzten drei bis vier Jahre meiner Karriere recht gut unterwegs gewesen. Wie erfolgreich hätte ich allerdings sein können, wenn ich diesen Weg der Herangehensweise an einen Wettkampf schon mit Anfang 20 erkannt und auch angewandt hätte!