Berlin Krimi: Die Reise in den Abgrund
Reisebericht:Krimis mit Sehenswürdigkeiten – Die Akte Deutschland 2
Mirko Kukuk
Impressum © 2025 Mirko Kukuk
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[email protected] Unterstützung bei Text/Bild: GeminiDie in diesem Buch dargestellten Figuren und Ereignisse sind fiktiv. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder toten realen Personen ist zufällig und nicht vom Autor beabsichtigt.
Inhalt
Titelseite
Impressum
Prolog:
1. Die Ankunft am Hauptbahnhof
2. Spuren am Brandenburger Tor
3. Das Geheimnis der Siegessäule
4. Der Schatten am Reichstagsgebäude
5. Ein kryptischer Code am Potsdamer Platz
6. Die dunkle Seite der Gedenkstätte Berliner Mauer
7. Eine tote Spur am Gendarmenmarkt
8. Die Bibliothek auf der Museumsinsel
9. Der Nervenkitzel am Fernsehturm
10. Jagd im Regierungsviertel
11. Eine Warnung am Checkpoint Charlie
12. Die Filmgeschichte am Kurfürstendamm
13. Der Verrat in den Hackeschen Höfen
14. Die Verfolgung auf der Oberbaumbrücke
15. Die verborgene Kammer in der Zitadelle Spandau
16. Der falsche Schatz im Deutschen Historischen Museum
17. Die Verhaftung im Tiergarten
18. Das Rätsel der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
19. Der Showdown am Schloss Charlottenburg
20. Das letzte Kapitel
Epilog:
Nachwort:
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Prolog:
Berlin. Eine Stadt aus Stahl und Stein, durchtränkt von Geschichte und Geheimnissen. Für Kommissar Ben Wagner aus München war sie bisher nur eine ferne Metropole, ein Ort, den er auf den Nachrichten sah, wo Politik und Macht die Schlagzeilen dominierten. Doch nun wird diese Stadt zu seinem nächsten Fall, zu einem lebendigen Labyrinth aus Spuren und Symbolen. Als ein renommierter Kunsthistoriker spurlos verschwindet, wird Ben in die Hauptstadt berufen, um einen Fall zu übernehmen, der so komplex ist wie die Geschichte selbst.
Hier, zwischen den gläsernen Fassaden des Berliner Hauptbahnhofs und den prunkvollen Säulen des Brandenburger Tors, trifft er auf seine neue Partnerin: die junge und scharfsinnige LKA-Ermittlerin Elif Kaya. Sie ist eine Tochter dieser Stadt, digital versiert und skeptisch gegenüber Bens altmodischen Methoden. Doch die verschlüsselte Botschaft des Vermissten zwingt die beiden ungleichen Ermittler, zusammenzuarbeiten.
Der verschwundene Professor Brandt hinterließ eine Spur, die sich wie eine moderne Schnitzeljagd durch die Wahrzeichen der Stadt zieht. Von den goldenen Engeln der Siegessäule bis zum dunklen Schatten am Reichstagsgebäude, von der futuristischen Architektur am Potsdamer Platz bis zu den emotionalen Mauern der Gedenkstätte Berliner Mauer – jeder Ort ist ein Mosaikstein in einem größeren, gefährlicheren Bild. Ben und Elif erkennen bald, dass sie nicht nur einem Mann hinterherjagen, sondern auch einem der größten Geheimnisse der Vergangenheit auf der Spur sind: einem verschollenen Schatz, der so wertvoll ist, dass manche bereit sind, dafür zu töten.
1. Die Ankunft am Hauptbahnhof
Ben Wagner hasste Bahnreisen. Jede Fahrt war für ihn eine Tortur, ein gefühltes Gefängnis auf Schienen. Er war ein Mann, der das Steuer selbst in der Hand haben wollte, die Kontrolle über Tempo und Route. Doch heute, auf dem Weg von München nach Berlin, war er zur Passivität verdammt. Er saß in einem ICE, die Klimaanlage blies ihm einen unsichtbaren, kalten Wind ins Gesicht, und das beständige Ruckeln der Waggons schien ihm direkt in die Knochen zu fahren. Die Landschaft flog an ihm vorbei, eine graue, unscharfe Leinwand aus Feldern und Wäldern. Es war das perfekte Sinnbild für seine aktuelle Situation: Er wurde dorthin geschickt, wo er nicht sein wollte.
Mit seinen 48 Jahren war Kriminalhauptkommissar Ben Wagner ein Mann der alten Schule. Er glaubte an Intuition, an das Aufspüren von Spuren mit dem bloßen Auge, an die Kraft des direkten Gesprächs. Digitale Ermittlungen, Cloud-Daten und Überwachungsbilder – all das war ihm suspekt. Es fühlte sich an wie eine Abkürzung, ein Betrug am Handwerk. Seine Spezialisierung auf Kunstkriminalität war nicht zufällig. In alten Meisterwerken fand er eine Logik, eine Tiefe, die ihm in der modernen, schnelllebigen Welt oft fehlte. Er trug einen leicht abgenutzten, beigefarbenen Trenchcoat, der ihn bei jedem Wetter schützte und ihm eine fast zeitlose Aura verlieh. In seiner Ledertasche, die er seit zwanzig Jahren besaß, lagen kein Laptop, sondern ein Notizbuch aus festem Papier, ein dicker Füllfederhalter und ein paar ausgedruckte Akten.
Der Grund für seine Dienstreise war so mysteriös wie der Fall selbst: Professor Elias Brandt, ein international anerkannter Kunsthistoriker, war spurlos verschwunden. Brandt, der als Experte für die Rückführung von Kunstwerken galt, die während des Zweiten Weltkriegs verschwunden waren, hatte vor zwei Tagen plötzlich jede Kommunikation eingestellt. Seine Assistentin hatte Alarm geschlagen, als er einen wichtigen Vortrag in Berlin verpasste. Die Berliner Polizei hatte schnell gemerkt, dass dieser Fall über ihre Kompetenzen hinausging. Brandt war nicht irgendein Bürger, sondern eine Persönlichkeit von globaler Bedeutung, und sein Wissen war brisanter, als es den Anschein hatte. Ein anonymer Tipp aus den höchsten Kreisen des LKA hatte Ben Wagner in die Hauptstadt beordert.
Der Zug fuhr in den Berliner Hauptbahnhof ein, und die graue Unschärfe draußen wich einem futuristischen Glaskomplex. Ben stieg aus, und eine Welle aus Lärm, Menschenmassen und Hektik schlug ihm entgegen. Tausende von Menschen, Rucksäcke, Koffer, Stimmen in Dutzenden von Sprachen. Der Bahnhof war eine Kathedrale der Moderne, eine Ode an die Bewegung und die ständige Veränderung. Ben fühlte sich wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Er schob sich durch die Menge, sein Blick fixiert auf die Suche nach dem verabredeten Treffpunkt.
Dann sah er sie. Eine junge Frau stand an der Anzeigetafel, schlank, mit energischem Blick. Sie trug eine schwarze Jeans, eine modische Lederjacke und hielt ein Tablet in der Hand, dessen Bildschirm ein kaum sichtbares, helles Licht in ihr Gesicht warf. Es war Elif Kaya, 32 Jahre alt, LKA-Ermittlerin, seine neue Partnerin. Sie war digital versiert, analytisch und laut Akte ein echtes Wunderkind auf dem Gebiet der Forensik. Sie war das komplette Gegenteil von ihm.
„Kommissar Wagner?“, fragte sie. Ihr Blick wanderte von seiner Ledertasche zu seinem Trenchcoat. Ein kurzes, aber warmes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. „Ben. Nennt mich Ben.“ Er streckte ihr die Hand entgegen. „Elif. Willkommen im Wahnsinn.“ Sie erwiderte den Händedruck fest und direkt. „Ich hoffe, Ihre Reise war angenehm?“ Ihre Stimme war klar und selbstbewusst. „Angenehm ist nicht das Wort, das ich dafür wählen würde“, murmelte Ben. „Aber ich bin hier.“
Sie führte ihn durch die wimmelnde Bahnhofshalle. „Ich habe schon die ersten Daten gesammelt. Der Fall ist... kompliziert.“ Sie tippte auf ihr Tablet, und ein Bild von Professor Brandt erschien. „Letzter bekannter digitaler Fußabdruck. Das Handy von Professor Brandt sendete hier vom Bahnhof aus sein letztes Signal. Genauer gesagt, von Gleis 11, Bereich B.“ Sie zeigte auf eine digitale Karte, auf der ein kleiner roter Punkt blinkte. „Direkt bevor es sich für immer abschaltete.“
Ben stoppte und blickte sich um. Gleis 11. Er stellte sich vor, wie Brandt hier gestanden haben musste. Was war hier passiert? War es ein geplanter Abschied? Ein Entführungssignal? Ben atmete tief ein und versuchte, die Gerüche des Bahnhofs – Kaffee, Reinigungsmittel, Abgas – zu sortieren. Er wollte die Szene nicht als bloße Datenpunkte sehen, sondern als einen Ort, der eine Geschichte erzählt.
„Gab es Zeugen?“, fragte er. „Wir haben die Überwachungskameras gecheckt“, antwortete Elif. „Aber der Bahnhof ist so groß und es gab so viele Leute. Brandt ist in der Menge verschwunden. Ein Geist. Eine Nadel im Heuhaufen.“ Ben schüttelte den Kopf. „Keine Nadel. Ein Mensch. Er muss irgendeine Absicht gehabt haben. Niemand schaltet sein Handy einfach aus, wenn er nicht in Gefahr ist oder seine Spuren verwischen will.“
Elif nickte. „Das ist unsere Theorie. Aber warum hier? Der Hauptbahnhof ist einer der öffentlichsten Orte in Berlin. Es ist, als hätte er gewollt, dass wir wissen, wo er zuletzt war.“ Elif zeigte Ben ein weiteres Dokument auf ihrem Tablet. Es war die E-Mail, die Brandt seiner Assistentin geschickt hatte, kurz bevor sein Handy verstummte. Sie enthielt nur ein Bild, ohne Text. „Es ist das Brandenburger Tor“, sagte Elif. „Aber warum nur das Bild? Und warum jetzt?“
Ben zog die Augenbrauen hoch. „Eine Botschaft. Ein Verweis auf etwas, das ihm wichtig war. Er war Kunsthistoriker, er dachte in Symbolen. Das Tor ist ein Symbol der Einheit, der Geschichte. Vielleicht ist das ein Hinweis, der mit seiner Forschung zusammenhängt.“ Er sah die Ungeduld in Elifs Augen. Sie wollte Fakten, Daten. Er lieferte Theorien.
„Ich habe uns ein Taxi bestellt“, sagte Elif, und Ben sah, wie sie ihr Handy zückte. „Wir müssen uns dieses Tor ansehen. Das ist unsere einzige Spur.“ Ben nickte. Er war noch nicht lange in Berlin, aber die Stadt hatte ihn bereits in ihren Bann gezogen. Es war ein Spiel, das die Stadt mit ihm spielte – eine Mischung aus moderner Technologie und tief verwurzelter Geschichte. Er, der Mann der alten Schule, und Elif, die Frau der neuen Welt, waren nun Partner in einem Fall, der nur zu beginnen schien. Und alles begann in der gläsernen Kathedrale des Berliner Hauptbahnhofs, einem Ort, der nicht nur eine Ankunft bedeutete, sondern auch den Anfang einer gefährlichen Jagd.
2. Spuren am Brandenburger Tor
Das Taxi ratterte durch die Stadt, ein chaotischer Strom aus Autos, Bussen und E-Scootern, der Ben Wagners ohnehin schon strapazierte Nerven weiter reizte. Er saß angespannt auf dem Rücksitz, sein Blick klebte an den vorbeiziehenden Straßenzügen. Unwillkürlich verglich er das moderne, laute Berlin mit seinem beschaulichen München, wo die Uhren langsamer zu ticken schienen.
Elif Kaya, neben ihm, war hingegen die Ruhe selbst. Sie tippte unaufhörlich auf ihrem Tablet, ihr Finger glitt über den Bildschirm, als würde sie die digitale Welt nach Antworten durchforsten, die Ben nur in der analogen finden würde.
„Die Assistentin von Brandt hat uns die E-Mail weitergeleitet“, erklärte Elif, ohne von ihrem Gerät aufzusehen. „Es war das letzte Lebenszeichen, das sie von ihm bekam. Kurz nach dem abgeschalteten Handy, wie Sie schon sagten.“ Sie drehte das Tablet zu ihm. Das Bild war nun größer und schärfer. Das Brandenburger Tor stand in seiner vollen Pracht da, die Sonne spiegelte sich in den Säulen, und die Quadriga auf dem Dach schien erhaben über der Stadt zu thronen. Es war ein Foto, das Brandt selbst aufgenommen haben musste. „Kein Text, kein Betreff. Nur das Bild. Was soll das heißen?“
Ben zog die Augenbrauen zusammen und lehnte sich zurück. „Das ist kein Schnappschuss, das ist eine Botschaft“, sagte er mit fester Stimme. „Ein Kunsthistoriker wie Brandt denkt in Symbolen, in Bedeutungen. Er schickt uns nicht einfach ein Foto von einer Sehenswürdigkeit. Er schickt uns das Symbol für etwas. Für seine letzten Gedanken.“ Er sah die Skepsis in Elifs Blick. Für sie war es ein digitaler Hinweis, für ihn ein poetischer. Das war der fundamentale Unterschied in ihrer Arbeitsweise.
Das Taxi hielt am Pariser Platz, und die beiden stiegen aus. Das Brandenburger Tor erhob sich vor ihnen in seiner ganzen, imposanten Größe. Touristen strömten von allen Seiten heran, posierten für Selfies, lachten und redeten in einem Wirrwarr von Sprachen. Ben fühlte sich von der Menge fast erdrückt, aber er zwang sich, seine Aufmerksamkeit zu fokussieren. Er sah das Tor nicht als Foto-Hintergrund, sondern als ein historisches Relikt, das seine eigene Geschichte hatte.
„Das Tor war in der Nachkriegszeit ein Symbol der Teilung“, murmelte Ben, mehr zu sich selbst als zu Elif. „Aber mit der Wiedervereinigung wurde es zum Zeichen der Freiheit. Es war der Ort, an dem die Mauer fiel, an dem die Menschen sich wieder in die Arme fallen konnten. Frieden, Einheit, ein Neubeginn. Das sind die Bedeutungen, die hier mitschwingen.“ Er schaute auf die Quadriga, die von der griechischen Siegesgöttin Victoria angeführt wird. „Aber Victoria ist auch eine Kriegsgöttin. Das Tor hat eine Dualität. Triumph, ja, aber über wen? Und zu welchem Preis?“