Blutrote Seelen - Christine Feehan - E-Book

Blutrote Seelen E-Book

Christine Feehan

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Beschreibung

Emelines unwiderstehliche Schönheit und übersinnliche Begabung werden ihr zum Verhängnis. Ein Meistervampir jagt sie rücksichtlos, und seit er sie zwang, sein Blut zu trinken, spürt sie eine schreckliche Verbundenheit zu ihm. Unerbittlich versucht er sie zu sich in die Dunkelheit zu ziehen. Nur ein Seelengefährte kann sie retten, dieser eine Karpatianer, der jede andere Bindung in einem Rausch der Leidenschaft vergehen lässt. Doch sich ihm hinzugeben, birgt eine schreckliche Gefahr ...

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Seitenzahl: 680

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Inhalt

Cover

Über die Autorin

Titel

Impressum

Stammbaum

Widmung

1

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Für meine Leser

Danksagung

Über die Autorin

Christine Feehan lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren elf Kindern in Kalifornien. Sie schreibt seit ihrer frühesten Kindheit. Ihre Romane stürmen regelmäßig die amerikanischen Bestsellerlisten, und sie wurde in den USA bereits mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Auch in Deutschland erfreut sich die Autorin einer stetig großen Fangemeinde.

Auf Christine Feehans englischsprachiger Homepage www.christinefeehan.com erhalten Sie weitere Informationen über die Autorin.

Christine Feehan

BLUTROTESEELEN

Roman

Aus dem amerikanischen Englischvon Anita Nirschl

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:Copyright © 2017 by Christine FeehanTitel der amerikanischen Originalausgabe: »Dark Legacy«Originalverlag: Berkley BooksAll rights reserved including the right of reproduction in whole orin part in any form.This edition published by arrangement with The Berkley Publishing Group,an imprint of Penguin Publishing Group,a division of Penguin Random House LLC.

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, KölnTextredaktion: Anita Hirtreiter, MünchenTitelillustration: © CURAphotography/istock; BurneyImageCreator/istock;ipopba/thinkstock; Serghei Velusceac/thinkstock; alisher9/thinkstockUmschlaggestaltung: Guter Punkt, München

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-5592-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Für Ian Powell, mein Tintenklecks,ein fantastischer Vater,Ritter in schimmernder Rüstung und

1

Emeline Sanchez sah den Kindern beim Rumtollen auf dem großen Spielplatz direkt gegenüber ihrem viktorianischen Häuschen zu. Sie saß gern draußen auf der breiten umlaufenden Veranda, wo ihr der Wind über das Gesicht streifen konnte. Manchmal war diese leichte Berührung die einzige Erleichterung von dem furchtbaren Schmerz, der sich unentwegt durch ihren Körper wand.

Regen hatte der Luft einen frischen, sauberen Geruch verliehen. Die Welt sah glänzend und neu aus, jedes Blatt an den Bäumen leuchtete lebhaft grün oder silbern. Kleine Vögel sangen sich gegenseitig zu, während sie von einem Zweig oder knorrigen Ast zum nächsten hüpften. Sie waren leuchtend rote Farbtupfer, die zu der Schönheit des Anwesens beitrugen. Es gehörte Tariq Asenguard, dem Mitbesitzer einer Reihe edler Nachtclubs. Das Grundstück war einzigartig, und Emeline würde liebend gern hier leben, wenn die Dinge anders lägen. Tariq war Karpatianer, eine uralte Rasse mit erstaunlichen Gaben, aber sie mussten Blut trinken, um zu überleben. Sie waren gezwungen, tagsüber in der Erde zu schlafen und nur nachts herauszukommen. Wenn sie nicht rechtzeitig ihre Seelengefährtin fanden, dann erlagen viele der Versuchung, etwas zu empfinden, indem sie sich in die abscheulichsten Kreaturen verwandelten – Vampire.

»Emeline.« Eine große Frau mit langen dunklen Haaren und waldgrünen Augen winkte ihr vom Spielplatz zu. »Heute ist ein wunderschöner Tag.«

Genevieve Marten war umwerfend. Schlank wie ein Model. Groß, mit endlos langen Beinen. Mit ihren engen Jeans und Lederstiefeln sah sie viel zu elegant aus, selbst in dieser Aufmachung, um das Kindermädchen für fünf Kinder zu spielen. Emeline wusste, dass Genevieve finanziell unabhängig war und die ganze Welt bereist hatte, und doch war sie so lieb, wie man nur sein konnte, und sie hatte sich der Aufgabe angenommen, auf die Kinder aufzupassen, wenn Tariq und Charlotte es nicht konnten. Emeline war überzeugt davon, dass Genevieve durch und durch gut war.

»Ja, nicht wahr?«, rief sie zurück. In diesem einen Augenblick fühlte Emeline sich normal, als habe sie eine Freundin und als teilten sie einen fröhlichen Moment miteinander, einfach nur, weil es ein so schöner Tag war.

Als sie winkte, fiel ihr eine lange Strähne ihres blauschwarzen Haars ins Gesicht. Während sie sie zurückstrich, dachte sie kurz, dass sie es sich bald würde schneiden lassen müssen. Sie hatte ihr Haar schon immer geliebt, denn es war das Einzige, was sie an sich attraktiv fand. Aber es fiel ihr bis über die Taille, und sie war einfach zu erschöpft, um es zu pflegen. Allein die Arme zu heben, um es zu bürsten, geschweige denn zu waschen, kostete sie viel Mühe. Seufzend stützte sie das Kinn in die Hand, den Blick auf die fünf herumtollenden Kinder gerichtet.

Sie liebte es, den Kindern zuzusehen. Sie wusste eigentlich nicht mehr, was echtes Glück war, aber am nächsten kam sie ihm bei einer Gelegenheit wie dieser. Die Jungs und Mädchen wirkten völlig sorglos und unbeschwert. Sie waren am Leben, weil Emeline sich willentlich geopfert hatte. Der Klang ihres Lachens, sie auf den Schaukeln und Rutschen zu beobachten und normale Dinge tun zu sehen, war jeden schrecklichen Moment wert, den Emeline erlitten hatte. Sie waren am Leben. Zwar traumatisiert, aber dennoch am Leben und hoffentlich auf dem Weg der Besserung.

»Komm doch zu uns«, rief Genevieve.

Emeline wollte zu ihnen gehen. Sie brauchte es sogar, doch sie konnte das Risiko nicht eingehen. Sie glaubte nicht, dass Genevieve sich gegen sie wenden würde, aber da gab es noch andere …

»Ich trinke gerade Tee«, antwortete sie. »Du solltest lieber zu mir kommen. Ich habe Kekse gebacken.«

Die Kinder hatten bemerkt, dass sie auf ihrer Veranda saß, etwas, das sie tagsüber oft tat, selbst mitten während eines heftigen Gewitters, allerdings niemals nachts. Nachts blieb sie im Haus, während ihr Herz viel zu heftig schlug, aus Angst, er würde sie holen kommen. Sie wusste, dass Vadim auftauchen würde, es war nur eine Frage der Zeit. Manchmal flüsterte er ihr zu, wenn sie nicht stark genug war, ihn aus dem Kopf zu bekommen. Diese Gelegenheiten wurden immer häufiger. Emeline hatte oft prophetische Träume. Sie konnte sie immer wieder durchspielen und dabei vereinzelt Details variieren, um zu versuchen, den Ausgang der Geschehnisse zu verändern. Vadim hatte sie in diesen Träumen und somit eine Möglichkeit gefunden, sie in die Falle zu locken und gefangen zu nehmen. Sie hatte entkommen können, aber er war jetzt nach wie vor in ihren Gedanken bei ihr, unmöglich zu vertreiben.

»Emeline!«, rief der Chor aus Kinderstimmen nach ihr. Fröhlich. Liebevoll. Obwohl sie ihre Veranda selten verließ, wussten sie, dass sie auf sie zählen konnten. Sie hatte sie mehr als einmal gerettet, auch wenn sie das teuer zu stehen kam. Sie waren sich nicht darüber im Klaren, wie hoch dieser Preis war, und Emeline hoffte, dass sie es nie erfahren würden. Sie waren zu jung, um noch mehr Bürden zu tragen, als sie es bereits taten.

»Schaukle mit uns, Em«, rief Danny. Mit seinen fünfzehn Jahren war er groß und schlaksig, seine Figur begann gerade erste Anzeichen davon zu zeigen, wer er einmal werden würde. Emeline wusste, dass er sehr mutig war und seine Geschwister über alles liebte. Er hatte sie zusammengehalten, nachdem ihre Eltern gestorben waren, und als die Mädchen von den monsterhaften Männern entführt und in das Labyrinth unter der Stadt gebracht worden waren, war er ihnen gefolgt. Sie konnte nicht anders, als Danny zu bewundern.

»Jetzt nicht, aber ich habe einen Teller voll mit warmen Schokoladenkeksen hier. Und, Genevieve, ich habe auch frische mit weißer Schokolade überzogene Cranberry-Pistazien-Biscotti.«

Tariq Asenguard hatte die Kinder bei sich aufgenommen und war gewissermaßen ihr Pflegevater geworden, bis die Adoption rechtskräftig wurde. Er beschützte sie zusammen mit seinen Freunden und einem einzigartigen Sicherheitssystem – genau wie er Emeline beschützte. Sie war ihm dankbar dafür, aber sie wusste, dass sie nicht viel länger bleiben konnte.

Danny rannte zur Veranda, beugte sich zu Emeline herunter, um ihren Scheitel mit einem Kuss zu streifen, schnappte sich eine Handvoll Kekse und war wieder bei den Schaukeln, bevor eine der beiden Dreijährigen, Bella oder Lourdes, protestieren konnte. Bella war seine jüngste Schwester, Lourdes die verwaiste Nichte von Tariqs Frau Charlotte.

»Danke, Em!«, rief Danny, während er sich einen ganzen Keks in den Mund stopfte. »So lecker!« Die kleinen Mädchen hielten sofort die Hände auf, und Danny gab ihnen etwas ab.

Trotz seiner Jugend wachte Danny mit erbittertem Beschützerinstinkt über seine Familie. Ebenso passte er auf die kleine Lourdes, Emeline und deren beste Freundin Blaze auf. Sie hatten ihm geholfen, als er geglaubt hatte, alles wäre verloren. Er war ein kluger Junge, unbeschreiblich mutig, und er hatte angefangen, die karpatianischen Männer zu imitieren, die sie alle aufgenommen hatten. Sein Haar war ein bisschen zu lang, weil er es wachsen ließ, damit er es zu einem langen Pferdeschwanz zusammennehmen konnte, wie es die karpatianischen Männer oft trugen. Er bewunderte Tariq und ahmte sogar seinen Gang nach.

Sie waren Waisen gewesen, die auf der Straße gelebt und versucht hatten, zusammenzubleiben, als die Mädchen gekidnappt worden waren. Danny hatte sich geweigert, seine Schwestern aufzugeben, und war ihnen gefolgt, tief hinunter in ein riesiges Labyrinth aus Tunneln und Räumen, eine Stadt unterhalb der Stadt. Emeline erschauderte, als sie sich daran erinnerte. Sie versuchte sehr angestrengt, nicht daran zu denken, die Tür zu den Schrecken, die dort unten gewesen waren, zu schließen. Zuerst war sie Danny in einem Traum begegnet, und dann, später, in der Realität, als seine Schwestern entführt worden waren. Obwohl sie wusste, was ihr zustoßen würde, hatte sie ihm dabei geholfen, die Mädchen in Sicherheit zu bringen. Sie hatte ihr Schicksal oft genug in Träumen gesehen, aber irgendjemand musste die Kinder dort herausholen, sonst wären sie an diesem düsteren, stinkenden Ort gestorben.

Emeline verstand Straßenkinder, schließlich war sie selbst eines gewesen und wusste daher, wie sehr sie sich nach der Stabilität einer intakten Familie sehnten. Sie sah sich auf dem riesigen Anwesen um, den Gebäuden, den Gärten, mit dem See als Begrenzung auf einer Seite und dem hohen Zaun, der das Grundstück auf den anderen drei Seiten umgab, und all den Annehmlichkeiten, die es bot. Trotzdem war es ein Gefängnis. Ganz gleich, wie schön es auch war, keiner von ihnen konnte es gefahrlos verlassen. Nicht einmal die Kinder. Vielleicht ganz besonders nicht die Kinder.

»Cranberry-Pistazien-Biscotti?« Genevieve legte ihr Buch nieder. Sie war zur Bank unter der großen Eiche gegangen, wo sie ein Auge auf die Kinder haben konnte. »Hast du die gebacken?«

»Heute Vormittag«, lockte Emeline. Sie wollte Genevieves Gesellschaft. Sie brauchte es, sich normal zu fühlen, selbst wenn es nur für ein paar Minuten war. Manchmal, wenn ihr Blickwinkel sich änderte, dann konnte sie dem Schmerz länger widerstehen, sich nur ein paar Minuten lang nicht fürchten und so tun, als habe sie ein Leben wie jeder andere. Sie brauchte das heute – einer der Gründe, warum sie den ganzen Vormittag damit verbracht hatte, zu backen.

»Du kannst auf meinem Drachen reiten«, schlug Amelia ihr vor. Sie war vierzehn, und ihr Körper entwickelte sich bereits zu dem einer Frau. Ihr Haar war dick und oft zerzaust, weil sie sich ständig mit ihrem Bruder balgte. Sie hatte wunderschöne Augen und ein Wahnsinnslächeln. Emeline bewunderte sie und die Art, wie sie ihre Geschwister liebte.

Es war ein großzügiges Angebot, auf einem der Drachen reiten zu dürfen, das war Emeline klar. Die fünf aus Stein gemeißelten Drachen – jeder in einer anderen Farbe – saßen abseits an einer Seite des Spielplatzes. Sie sahen aus, als wären sie nur Statuen, nichts anderes. Doch Emeline wusste, dass jeder Drache speziell für eines der Kinder gemacht worden war. Sicher auch, um sich zu vergnügen, aber hauptsächlich zu ihrem Schutz. Die Drachen, die so lebensecht auf dem weitläufigen Grundstück kauerten, konnten plötzlich lebendig werden, ihre Flügel ausbreiten und fliegen sowie Feuer speien. Amelias Drache war leuchtend orange, und sie liebte ihn heiß und innig. Emeline sah oft, dass sie ihm etwas zuflüsterte oder den Arm um seinen langen Hals legte und sich liebevoll an ihn schmiegte.

Sie seufzte. Sie hasste es, die Kinder zu enttäuschen, besonders Amelia oder die zehnjährige Liv, aber sie wagte es nicht, die Veranda zu verlassen.

»Ich würde liebend gern auf deinem Drachen reiten, Amelia. Er ist wunderschön, ich genieße es allerdings gerade, einfach hier zu sitzen, Tee zu trinken und euch allen zuzusehen.« Das war die reine Wahrheit. »Komm und hol dir ein paar Kekse. Ich weiß nicht, ob Drachen sie mögen, aber du kannst ihm einen davon geben und ihm sagen, er ist von mir.«

Amelia kicherte und überquerte den Hof in viel gesetzterem Tempo als ihr Bruder. Emelines viktorianisches Häuschen war eine kleinere Nachbildung des viel größeren Heims von Tariq und Charlotte. Dieses Haus ragte im Hintergrund empor, gleich jenseits des Spielplatzes. Emeline genoss es jedes Mal, Tariqs Haupthaus zu betrachten. Es war eine weitläufige Villa mit den klassischen Rundbögen, Quergiebeln, steinernen quadratischen Türmen und bandartig aneinandergereihten Fenstern mit Archivolten und Oberlichten, alles typisch Richardsonian Romanesque.

Wasser schwappte träge ans Ufer des Sees. Die Sonne schien darauf herab, sodass von Fischen und Vögeln aufgewirbelte Tröpfchen wie funkelnde Diamanten zurück ins Wasser fielen und wunderschöne Ringe erzeugten, die sich auf der Wasseroberfläche ausbreiteten. Emeline hatte im Klang von sich bewegendem Wasser schon immer Frieden gefunden. Manchmal wünschte sie sich, sie wäre wie Blaze oder Charlotte, nicht mehr menschlich, sondern Karpatianerin, diese uralte Rasse, die zu erstaunlichen Dingen fähig war. Mit einer einzigen Handbewegung konnten sie Wasser bewegen, es tanzen lassen, diesen beruhigenden Klang aufrechterhalten, damit sie sich darauf konzentrieren konnte anstatt auf den quälenden körperlichen Schmerz.

Amelia warf sich in den Stuhl gegenüber von Emeline. Sie schnappte sich einen Keks und lehnte sich vor. »Em, du weißt, wenn es irgendetwas gibt, das ich für dich tun kann, dann kannst du auf mich zählen.«

Gott. Sie liebte diese Kinder. Sie waren alle so fantastisch. Jedes einzelne von ihnen. Sie war dankbar, dass sie sich dafür entschieden hatte, in dieses Labyrinth zu gehen, in diese Kammern absoluten Schreckens, um sie herauszuholen. Sie weigerte sich, diesen Entschluss zu bereuen, ganz gleich, welchen Preis sie dafür bezahlen musste – und sie wurde jede einzelne Minute daran erinnert. Emeline zwang sich zu einem beruhigenden Lächeln. »Ich weiß, ich sehe furchtbar aus, Amelia, aber es geht mir schon besser.« Das war gelogen. Der Schmerz wurde schlimmer. Ebenso die Angst. Aufmerksam behielt sie den Himmel im Auge. Die Abenddämmerung würde bald hereinbrechen und sie augenblicklich ins Haus gehen, sobald die Sonne vom Himmel verschwand.

»Nein, tut es nicht«, flüsterte Amelia. »Es geht dir nicht besser, Emeline. Bitte lass dir von Tariq oder einem der anderen helfen. Ein paar der Furcht einflößendsten von ihnen sind gute Heiler.«

Emeline konnte nicht verhindern, dass sie sich automatisch zurückzog, sich kleiner machte. Sie schlang die Arme um sich, als könnte sie ihren Körper so verhüllen, sich unsichtbar machen. Die uralte Rasse konnte heilen. Sie hatte es gesehen. Sie wollte in der Lage sein, zu ihnen zu gehen und sie um Hilfe zu bitten. Alles, um den Schmerz abklingen zu lassen. Sie schüttelte den Kopf. »Es geht mir gut. Ich brauche sie nicht.«

»Hast du Angst vor ihnen? Ich würde mit dir kommen.«

Amelia streckte die Hand aus, um ihr Handgelenk zu berühren und der Reihe aus Blutergüssen bis hoch zu ihrem Ellbogen zu folgen. Ihre Berührung war leicht, dennoch tat sie weh. Emeline zwang sich, reglos zu bleiben. Amelia war von den Ereignissen in der unterirdischen Stadt traumatisiert worden. Sie sollte sich nicht auch noch Sorgen um Emeline machen müssen, wenn es doch nichts gab, was sie tun konnte. Emeline wollte, dass sie weiter ein Kind blieb, obwohl sie realistisch gesehen wusste, für Amelia würde es kein Zurück geben.

»Heute ist so ein wunderschöner Tag, nicht wahr? Ich liebe den Regen, aber das hier ist herrlich, alles ist frisch und glänzt wie neu.« Sie ließ ihre Stimme leicht klingen, während sie beiläufig nach ihrer Teetasse griff, um sich dadurch einen legitimen Grund zu geben, ihren Arm außer Reichweite zu bringen. Nachdem sie die Teetasse wieder auf die Untertasse gestellt hatte, legte sie die Hand in den Schoß und zog dabei verstohlen am Ärmel, um die Blutergüsse zu verdecken.

Amelia öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, doch am Ende biss sie nur von ihrem Keks ab. »Die sind noch warm.«

»Ja, nicht wahr? Die sind so gut. Ich mag sie gern mit Eiscreme.«

Amelia nahm sich noch drei weitere. »Mein Drache wird sie so mögen, wie sie sind. Danke. Wann immer du auf ihm reiten willst, sag mir Bescheid, und wenn du mich brauchst, Em, dann komme ich und bleibe bei dir.« Ihr Blick fiel auf Emelines geschundenen Arm; zwar konnte sie die Verfärbungen nicht sehen, wusste aber, dass sie da waren.

»Danke, Schätzchen«, antwortete Emeline, brennende Tränen unterdrückend. »Geh und hab Spaß mit deinem Drachen.«

Amelia zögerte und blieb verlegen vor ihr stehen, dann beugte sie sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Du bist mir auch wichtig, Em. Uns allen. Das weißt du doch, oder?«

Emeline schlang die Arme fester um ihre Mitte. Sie konnte kaum mehr die Fassung bewahren. Sie würde es riskieren müssen, das Anwesen zu verlassen, um Amelias Sicherheit – und die der anderen Kinder – zu gewährleisten. Ihr war bewusst, wenn sie sich entschied zu gehen, dann würde sie es wahrscheinlich nicht überleben. »Danke, Amelia. Manchmal, schätze ich, müssen wir alle daran erinnert werden.«

Sie war nicht so wichtig wie die Kinder. Die Kinder verdienten ein Leben und hatten nie eines gehabt. Sie waren Straßenkinder, die Essensreste aus Mülltonnen gefischt und gestohlen hatten, um für ihre jüngeren Geschwister zu sorgen. Sich im härtesten Winter aneinanderdrängt hatten, um sich warm zu halten. Hier auf Tariq Asenguards Anwesen mit dem reichen Karpatianer als ihrem Vormund hatten sie endlich ein Zuhause. Emeline konnte sie nicht in Gefahr bringen, indem sie das schlimmste Böse, das man sich vorstellen konnte, zu ihnen lockte.

Amelia sprang von der Veranda und ging lässig zurück zu ihrem Drachen. Emeline hatte den Eindruck, sie wäre am liebsten zu dem steinernen Geschöpf gerannt, versuchte aber, sich würdevoll zu geben. Amelia schwankte dazwischen hin und her, ein junger Teenager und eine sehr alte Seele zu sein. Dies zu beobachten entlockte Emeline ein Lächeln, was so gut wie nie vorkam.

»Emeline«, schwebte Genevieves Stimme zu ihr, und ihr wurde bewusst, dass sie ihren Gedanken freien Lauf ließ. Das tat sie manchmal und versuchte, einen Ort in ihrem Kopf zu finden, an den sie gehen konnte, wo nichts, nicht einmal der schreckliche Schmerz, der ihr Innerstes auffraß, sie erreichen konnte. »Bist du sicher, dass es dir nichts ausmacht, wenn ich mich zu dir setze?«

Emeline hob den Kopf, und es kostete sie Mühe. Sie hatte gedacht, sie würde draußen durchhalten, aber plötzlich war sie schrecklich müde. Alles schien inzwischen anstrengend zu sein, doch den Kindern beim Spielen zuzuschauen, die dreijährige Bella lachen zu sehen, während ihr Bruder sie auf der Schaukel anschob, war Balsam für ihre Seele. »Natürlich möchte ich deine Gesellschaft, Genevieve.« Sie lächelte zu der anderen Frau hoch.

»Es ist schön, mit einem Erwachsenen zu reden. Charlotte und Blaze schlafen den ganzen Tag, und obwohl ich die Kinder liebe, könnte ich mir manchmal alle Haare ausreißen, wenn ich nicht bald die Stimme eines Erwachsenen höre.« Genevieve ließ sich anmutig auf den Stuhl sinken, den Amelia gerade frei gemacht hatte. »Bis die beiden aufstehen, bin ich so weit, den Abend ausklingen zu lassen.« Sie gähnte und schenkte sich eine Tasse Tee ein. »Wie es scheint, verwandle ich mich in eine betagte Dame. Ich will immer früher ins Bett gehen.«

Ihr leises Lachen lud Emeline ein, darin mit einzustimmen, wie absurd es war, dass eine Frau ihres Alters schon kurz nach Sonnenuntergang ins Bett gehen wollte. Emeline lehnte sich in ihrem Sessel zurück, damit die Schatten ihr Äußeres weichzeichnen konnten. Ein aufmerksamer Mensch würde bemerken, dass sie immer mehr Gewicht verlor, und Genevieve hatte diese Eigenschaft.

»Ich schlafe nicht besonders gut«, gestand Emeline. »Ich höre Musik, aber das hilft nicht immer.«

»Du musst mit jemandem reden«, schlug Genevieve sanft vor.

Emeline nickte zustimmend, weil es die Wahrheit war. Doch das würde sie nicht tun. Das konnte sie nicht. »Blaze und Charlotte sagen mir das auch. Aber ich will keinen einzigen Moment davon noch einmal durchleben, nie wieder, nicht einmal darüber reden.«

Den Vorfall. Durch diese Bezeichnung versuchte sie diese Stunden gedanklich auf den Sachverhalt zu reduzieren. Das Ganze nur zu einem kurzen Intermezzo zu machen. Mit zitternden Fingern strich sie ihr verknotetes Haar zurück. Einen Moment lang konnte sie nicht mehr atmen. Der Schmerz in ihrem Körper wurde stärker, bis sie sich in ihrem Sessel wand und ihr ein leises Stöhnen entschlüpfte. Sofort sprang Genevieve auf und kam um den kleinen Tisch herum zu ihr.

Verzweifelt hob Emeline abwehrend die Hand, um die andere Frau aufzuhalten. »Bitte. Ich kann das. Ich muss das auf meine Weise tun.«

»Charlotte hat mir gesagt, dass ein Heiler herkommt. Er müsste jeden Tag eintreffen. Er ist mächtig. Außerdem hat Dragomir Kozel den Ruf, ein unglaublicher Heiler zu sein–« Genevieve brach ab. »Okay, ich kann ihn nicht empfehlen. Alle scheinen in seiner Nähe nervös zu sein, einschließlich Tariq, und der ist der selbstsicherste Mann, dem ich je begegnet bin.« Mit einigem Zögern ließ sie sich wieder auf ihrem Sessel nieder.

Als Emeline den Namen des uralten Karpatianers hörte, presste sie fest die Lippen zusammen, und ihr Herz hämmerte wild. Sie hatte den Mann schon auf dem Anwesen herumgehen sehen, mit seinem grau melierten Haar, das ihm bis zur Taille reichte, und seinem Aussehen wie ein Krieger aus einem Kinofilm. Unübersehbare Muskelstränge überzogen seinen Körper, ganz anders als Tariqs geschmeidiges Aussehen in seinen eleganten Anzügen. Sie konnte sich Dragomir nicht in einem Anzug vorstellen. Natürlich hatte sie ihn heimlich beobachtet, welche Frau würde das nicht? Er war rau, durch und durch männlich, seine Züge grimmig und vernarbt, aber sehr faszinierend.

Sie hatte tatsächlich von ihm geträumt, und das machte ihr Angst. Sie wagte es nicht, von irgendjemandem zu träumen. Sie hatte einen Feind, der in ihren Gedanken lesen konnte, wenn sie nicht auf der Hut war. Schon allein bei dem Gedanken wollte sie hysterisch auflachen. Wenn sie zu einem Therapeuten ging und ihm davon erzählte, würde man sie in eine Gummizelle stecken. Niemand würde ihr glauben. Es war ihr nicht einmal vergönnt, davon zu träumen, dass ein Mann wie Dragomir sie im Sturm eroberte. Sie wusste, sie würde in der Realität nie mit ihm leben können, aber sie wollte diese Fantasie haben.

Schlimmer noch, ihre Träume wurden manchmal wahr, diejenigen, die sich Nacht für Nacht wiederholten und bei denen mit jedem Mal neue Einzelheiten dazukamen. Die hatte sie unablässig, sogar schon bevor sie Dragomir erblickt hatte. Jedes Mal kam er am Ende um. Er rettete sie, brachte die Kinder in Sicherheit und starb. Ihretwegen. Sie versteckte sich in ihrem Haus, wenn er auf dem Grundstück war, weil sie ihm nie begegnen wollte. Niemals. Wenn sie dieses Kennenlernen vermeiden konnte, dann wurden ihre Albträume vielleicht nicht Wirklichkeit.

»Du wirst ja rot.«

»Im Ernst?« Sie berührte ihren Hals und war verblüfft, dass sie unter ihrer Haut Wärme spüren konnte. Zusammen mit den Albträumen hatte sie auch Tagträume von dem Mann – Tagträume, gegen die sie sich mit aller Macht wehrte, doch sie schlichen sich ihr trotzdem in den Sinn.

»Alle gehen ihm aus dem Weg«, wiederholte Genevieve. »Dragomir ist gefährlich.«

»Das kann ich sehen«, gab Emeline zu. »Jeder kann das sehen. Glaub mir, wenn er draußen ist, dann gehe ich ins Haus.« Das war die Wahrheit. Sie würde sein Leben nicht aufs Spiel setzen. Und jetzt … würde sie es nicht riskieren, in der Nähe von irgendeinem der männlichen Karpatianer zu sein. Charlotte und Blaze waren nun auch beide Karpatianerinnen. Sie würde mit ihnen ebenfalls nicht mehr zusammen sein können. Eigentlich mit keinem der uralten Karpatianer, aber Dragomir … Dragomir erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie konnte ihm nicht nahekommen, nicht ohne ihn, sie oder alle anderen zu gefährden.

Der Wind drehte ein wenig, hob Blätter auf und wirbelte sie in kleinen Kreisen über das Grundstück. Schatten wurden länger und warfen Abbilder der weitläufigen Villa auf den Boden. In ihrer Vorstellung wuchsen diese Türme auf dem Boden in der Dunkelheit und streckten sich nach ihrem viel kleineren viktorianischen Häuschen aus. Sie erschauderte und zog sich zurück in die Schatten, um sich vor diesen sich ausstreckenden Händen zu verstecken.

»Em! Em!«, zog Bellas Stimme ihre Aufmerksamkeit auf sich. Danny hatte sie auf der Schaukel hoch angeschoben, und sie winkte mit einer Hand, während sie sich mit der anderen an die Kette klammerte.

Mit bis zum Hals klopfendem Herzen winkte Emeline dem Kind zurück. »Halt dich mit beiden Händen fest, Bella!«, rief sie.

»Sie hören wirklich auf dich und aufeinander«, bemerkte Genevieve. »Ich fange gerade erst an, Zugang zu ihnen zu finden.«

»Ich war auch obdachlos«, gestand Emeline. Sie sprach selten über ihre Kindheit, aber Genevieve wurde allmählich zu einer Freundin. Emeline hatte herzlich wenige davon. Es tat nicht weh, das zu erklären, besonders da Genevieve so gut zu den Kindern war und ein ganz kleines bisschen verletzt klang. »Wenn das Wetter schlecht war, dann kletterte ich auf das Dach des Gebäudes, in dem Blaze und ihr Vater eine Bar besaßen. Ihre Wohnung lag über der Bar. Blaze ließ ihr Fenster unverschlossen, und ich kletterte rein und schlief dort. Ihr Vater tat lange so, als wüsste er das nicht.« Sie lächelte bei der Erinnerung. »Er war ein guter Mensch.«

»Also, wenn ich kein Geld hätte …«

»Oder einen Akzent«, warf Emeline ein.

Genevieve lachte leise und wurde dann wieder ernst. »Ich bin in einer sehr reichen Familie aufgewachsen. Das bringt seine eigenen Vorurteile mit sich.«

Emeline musterte ihr Gesicht. Genevieve war wirklich eine schöne Frau. Sie war immer lieb und fürsorglich, aber in diesem Moment war es leicht zu erkennen, wie traurig sie eigentlich war. Sie blinzelte kurz, lächelte jedoch im nächsten Moment schon wieder. Verstohlen. Vielleicht verbarg jeder etwas. Emeline wusste es nicht mehr. Der Gedanke stimmte sie nachdenklich.

»Lourdes ist ein wunderschönes kleines Mädchen«, sagte sie.

»Sie ist sehr lieb«, antwortete Genevieve. »Ich nehme an, ich sollte wieder rübergehen. Danny sieht aus, als habe er genug davon, die Mädchen auf der Schaukel anzuschieben, und sie können einen stundenlang darum bitten.«

»Er ist ein guter Junge.« Das war er. Emeline war sehr beeindruckt von Danny.

»Danke für den Tee. Es dauert nicht mehr lange, bis Charlotte auf ist und übernimmt. Dann habe ich frei.«

Emeline nickte und sah ihr nach, wie sie wieder zurück zum Spielplatz ging. Sie sprach kurz mit Danny, der ein paar Sekunden lang mit zusammengekniffenen Augen zur Sonne hochschaute und schließlich den Kopf schüttelte. Etwas an der Art, wie er nach oben blickte, erregte Emelines Aufmerksamkeit. Stirnrunzelnd versuchte sie herauszufinden, was ihr entging. Wie er seinen Kopf neigte, erinnerte sie an etwas, das sie schon öfter gesehen hatte. Es war wichtig …

»Em!« Liv tauchte wie aus dem Nichts vor ihr auf, ein schelmisches Lächeln auf dem Gesicht. Sie warf die Arme um Emeline. »Du hast mir gefehlt.«

Beim plötzlichen Anblick des Mädchens stockte Emeline der Atem. Liv hatte schreckliche Dinge in der unterirdischen Stadt über sich ergehen lassen müssen, und das hatte die beiden zusammengeschweißt. Sie war mit zehn schon um Jahre älter, als sie sein sollte, weil sie ihrer Kindheit beraubt worden war. Emeline schloss für einen Moment die Augen und genoss das Gefühl von Liebe, das sie für das Mädchen empfand. Um der Kleinen das Leben zu retten, hatten die Karpatianer Emeline verwandelt und vollständig in ihre Welt gebracht, also sollte sie besser keine Zeit mehr mit Liv verbringen, denn es war einfach zu gefährlich.

»Du hast mir auch gefehlt«, murmelte sie. Das war die Wahrheit. Das Kind war zur Heilung längere Zeit in die Erde gebracht worden, damit das reichhaltige Erdreich seine Arbeit tun konnte. Liv sah gut aus; ihre Haut war nicht mehr fahl, ihre Augen nicht mehr gequält. »Ich dachte, du solltest noch ein paar Wochen länger in der Erde bleiben. Und die Sonne ist noch nicht untergegangen.«

Liv zuckte mit den Schultern und löste sich wieder von ihr. »Ich fühle mich gut, und Tariq hat mir gesagt, weil ich neu bin und so jung, kann ich im späten Sonnenlicht noch herumlaufen. Ich habe meine Geschwister vermisst, und dich.« Sie warf einen Blick über den Hof zu der Bank, auf der sich Genevieve wieder mit einem Buch in der Hand niedergelassen hatte. »Sie hatten es genauso nötig, mich zu sehen, wie ich bei ihnen sein musste.«

Emeline nickte. »Sie waren sehr aufgewühlt, also ja, ich glaube, sie hatten es dringend nötig, dich zu sehen, Liv, aber nicht, wenn es dir schaden könnte. Wenn Charlotte oder Tariq sagen, dass du noch mehr Heilung brauchst, dann tust du, was sie dir sagen.«

»So wie du?«, entgegnete Liv listig.

Emeline seufzte. »Ich hatte ganz vergessen, wie sehr du sticheln kannst.«

Liv betrachtete sie mit zu alten Augen. Emeline blinzelte die Tränen fort. Liv würde nie eine normale Kindheit haben. Sie würde nie wieder dieses kleine Mädchen sein, das unbeschwert spielte.

»Es tut mir leid, dass ich nicht schneller zu dir gekommen bin«, flüsterte sie.

Liv nahm ihre Hand und hielt sie fest. »Du bist gekommen. Ich dachte, diese schrecklichen Marionetten würden mich bei lebendigem Leib auffressen, aber du bist gekommen. Du und Blaze habt mich gerettet.«

Emeline war nicht sicher, ob es nur sie beide gewesen waren. Sie hatten Hilfe gehabt und es mit vereinten Kräften geschafft. Emeline zwang sich zu einem Lächeln. »Kannst du sagen, ob Vadim immer noch in der Lage ist, dir zuzuflüstern?«

Liv schüttelte den Kopf. »Er ist komplett verschwunden.« Sie zog an Emelines Hand, als könne sie sie hochziehen und denselben Weg entlangführen, den sie gegangen war. »Lass dich von ihnen verwandeln, Em. Dann wird er dich nicht mehr erreichen können.«

Emeline wusste es besser. Sie schüttelte den Kopf und schaute sich um, um sicherzugehen, dass niemand sonst in der Nähe war. Genevieve war in ihr Buch vertieft und hob nur den Blick, um ein Auge auf die beiden Dreijährigen zu haben. Danny schob die Mädchen so hoch an, dass sie quietschend und lachend schrien. Amelia betrachtete die Kleinen mit einem Lächeln auf dem Gesicht, während sie den steinernen Drachen streichelte und sich gelegentlich vorbeugte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.

»Was ist los, Em?«, senkte Liv die Stimme, eingestimmt auf Emeline wie immer.

»Ich kann keine Karpatianerin werden.«

»Natürlich kannst du das. Sie können dich verwandeln. Sie haben es so gemacht, dass es mir nicht wehgetan hat. Das können sie auch für dich tun.«

»Ich wünschte, es wäre so einfach, aber Vadim –«

»Er kann dir hier nichts tun, du wirst beschützt.«

»Er flüstert mir immer noch zu. Ich kann es nicht verhindern«, gestand Emeline. »Er treibt mich in den Wahnsinn. Und der Schmerz –« Sie brach ab. Liv mochte zwar ihre einzige Vertraute sein, doch sie war erst zehn Jahre alt und damit viel zu jung, um sich mit Emelines Problemen auseinandersetzen zu müssen.

»Wenn du ihnen erlauben würdest, dich zu verwandeln, dann holen sie sein Blut aus dir raus«, beharrte Liv. »Ich weiß, das ist beängstigend, aber ich habe es getan. Das kannst du auch.«

Emeline schüttelte den Kopf und presste beide Hände auf ihren unruhigen Bauch. »Das ist nicht dasselbe. Es würde bei mir nicht funktionieren.«

»Warum?«

»Haben sie dir das mit den Seelengefährten erklärt? Warum Charlotte mit Tariq zusammen ist und Blaze mit Maksim?«

Liv nickte. »Ein bisschen.«

Emeline holte tief Luft und sagte dann ein wenig hastig das Undenkbare, weil sie sich verzweifelt danach sehnte, es jemandem zu erzählen, aber Angst hatte, es laut auszusprechen. »Ich glaube, Vadim ist mein Seelengefährte.« Sie wusste, dass er es war. Er hatte es ihr gesagt, schauderhaft lachend, als er ihr Blut genommen und sie gezwungen hatte, seines zu nehmen. Schon allein beim Gedanken daran wollte sie sich übergeben. Ihre Kehle brannte sogar jetzt noch, Wochen später, und tief in ihr hielt das unangenehme Gefühl an.

Liv wurde blass. Sie ließ ihre Hand los und trat einen Schritt zurück, genau wie Emeline es vorhergesehen hatte. Das würden sie alle tun. Sie war unrein. Es gab auf der Welt kein schlimmeres Monster als Vadim, und sie war seine andere Hälfte. Vielleicht würden die Karpatianer sie sogar töten, wenn sie die Wahrheit wüssten. Ihre Freunde würden sich gegen sie wenden, und sie wäre völlig allein und unfähig, sich gegen Vadims ständige Angriffe zu verteidigen.

»Das kann nicht sein«, flüsterte Liv.

»Doch«, erwiderte sie und legte ihre zitternden Finger auf den Mund, um einen Aufschrei blanken Entsetzens zurückzuhalten. Die Wahrheit mit jemandem zu teilen hatte es nicht leichter gemacht. Emeline hatte sie laut gestanden, und nun ließ sich die Realität nicht mehr leugnen.

Voller Mitgefühl sah Liv sie an. »Das ist mir egal. Das ändert nicht, wer du bist, Emeline. Er kann dich nicht haben. Das lassen wir nicht zu.« Sie sagte es so heftig, dass sie es zu einem Schwur machte.

»Er frisst mich innerlich auf«, flüsterte Emeline, da sie wusste, dass ausgerechnet Liv das verstehen würde. Es waren nicht die Narben, die von seinem Angriff auf ihrem Körper zurückgeblieben waren, sondern die, die er weiterhin mit seinem Flüstern in ihren Gedanken hinterließ. Die Drohungen. Der Spott. Das Wissen, dass er in ihrem Kopf war und sie ihn nicht herausbekam.

»Wir werden einen Weg finden, ihn fernzuhalten«, sagte Liv. »Ich höre Dinge. Ich lerne schnell. Ein Heiler kommt her, und er soll wirklich gut sein in dem, was er tut. Und wenn er nicht schnell genug herkommt, dann werde ich schauen, ob Dragomir helfen kann.«

Emeline schüttelte den Kopf. »Keine Karpatianer. Sie würden es merken.«

»Dann werde ich es lernen«, sagte Liv entschieden. »Bestimmt kann ich es lernen, zu heilen.«

Emeline ertappte sich dabei, dass sie lächelte. »Du kannst alles lernen«, stimmte sie ihr zu. »Danke, mein liebes Mädchen. Ich weiß es zu schätzen, dass du mir helfen willst.«

»Ich beobachte sie. Das habe ich schon immer. Ich merke mir alles, also ist es leicht, ihre Muster nachzumachen oder ihre Worte nachzusprechen.«

Vor Sorge lief Emeline ein Schauer über den Rücken. »Liebes, du weißt, dass du nicht einfach hergehen und wiederholen kannst, was sie sagen. Manche ihrer Befehle sind in der karpatianischen Sprache, und die verstehst du noch nicht. Du kannst nicht wissen, was sie sagen.«

Liv zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, was dabei herauskommt.«

»Schätzchen, wirklich, du darfst nicht einfach Dinge sagen, ohne zu wissen, was sie bedeuten. Das kann gefährlich sein.«

»Alles ist gefährlich«, erwiderte Liv. »Wissen ist alles, hast du mir das nicht selbst gesagt? Je mehr wir wissen, desto mehr können wir Dinge verstehen.«

Emeline seufzte. »Jetzt benutzt du meine eigenen Worte gegen mich. Na ja, wenigstens hast du mir zugehört.«

»Ich höre dir immer zu.« Liv umarmte sie wieder. »Warum legst du dich nicht eine Weile hin, Emeline? Ich werde noch mit meinen Geschwistern spielen, bevor die Erwachsenen aufwachen und uns zwingen, unsere Aufgaben zu machen.«

»In ein paar Minuten«, stimmte Emeline ihr zu. »Ich möchte so lange in der Sonne bleiben wie möglich.« Sobald es dunkel wurde, musste sie ins Haus gehen, die Tür verriegeln und beten, dass sie nicht einschlief. Ihre Freunde, die Karpatianer, waren draußen in der Nacht und würden sich in dem Augenblick gegen sie wenden, in dem sie die Wahrheit über sie erfuhren. In ihrem Haus, in der Finsternis, flüsterte Vadim ihr zu, drohte ihr mit allen Arten von Folter, wenn sie den Schutz von Tariq Asenguards Grundstück nicht verließ und zu ihm kam. »Ich weiß, dass dir deine Familie fehlt.«

»Du gehörst auch zu meiner Familie, Emeline«, sagte Liv ernst. »Aber du hast recht. Sie haben mir wirklich gefehlt. Sieh sie dir an«, sie wies mit einem Arm zum Spielplatz, »sie sind so cool.«

Sie lachte, und Emeline freute sich zu hören, dass der Laut echt war. Sie hatte nicht geglaubt, dass sie Liv je wieder lachen hören würde. Vollständig Karpatianerin geworden zu sein hatte ihr gewaltig geholfen.

»Mein Drache hat mir auch gefehlt. Ich habe an all die Dinge gedacht, die ich gern lernen würde, und meinen Drachen zu fliegen steht ganz oben auf der Liste.«

Emeline schaute zum Himmel hoch. Die Sonne war fast untergegangen. »Du musst auf Charlotte und Tariq warten, bevor du irgendetwas Derartiges versuchst. Du weißt, dass die Schutzzauber aktiviert sind, um Vadim und seine monsterhaften Freunde draußen zu halten.« Sie konnte den Schauer nicht unterdrücken, der sie schon allein beim Aussprechen seines Namens durchrieselte. Vadim Malinov verfolgte sie Tag und Nacht. Der Gedanke, dass er sie oder eines der Kinder wieder in die Finger bekommen könnte, war für sie unerträglich. »Warte, Liv.«

Liv lachte wieder, ein leiser und zarter Laut, wie melodische Glöckchen, die im Wind klimperten. »Erwachsene wollen immer, dass wir auf alles warten, was Spaß macht.«

Emeline schüttelte den Kopf. »Das ist nicht wahr, Dummerchen. Wir lieben euch und wollen nicht, dass euch etwas passiert. Ich weiß, es ist schwer, hinter einem hohen Zaun zu leben, nirgendwo hingehen und Dinge tun zu können, die andere Kinder tun dürfen, aber ihr habt andere Dinge, die sie nicht haben.« Es stimmte, was sie sagte, und Liv musste das einsehen – es akzeptieren –, damit keine Chance bestand, dass die Kinder ihr Leben riskierten.

»Ich weiß«, stimmte Liv ihr mit einem leisen Seufzen zu. »Wir werden tief fliegen, unterhalb der Schutzzauber. Ich bezweifle, dass wir überhaupt durch sie hindurchkommen könnten.«

Emeline gefiel der mutmaßende Tonfall in Livs Stimme nicht. »Ich weiß, du willst alle Gaben nutzen können, die es mit sich bringt, Karpatianerin zu sein, Liv, aber du musst Geduld haben und sie dir von den Erwachsenen beibringen lassen. Die Gaben sind mächtig und können andere verletzen, wenn sie missbraucht werden.«

Wieder lachte Liv leise, diese süße Melodie, die im Einklang mit Emelines Innerem zu schwingen schien und mit ihren Nervenenden spielte, bis sie sich dabei ertappte, nach mehr davon zu lauschen.

»Ich kann sie nicht missbrauchen, Em, wenn ich nicht weiß, was sie sind«, betonte Liv.

»Livvie«, schrie Bella, »beeil dich!«

»Bring ihr noch einen Keks. Und nimm auch einen für Lourdes mit«, sagte Emeline. Sie gähnte, als Erschöpfung sie überfiel. Sie sollte wirklich hineingehen, aber es kam ihr wie eine gewaltige Anstrengung vor, die Teetassen wieder aufs Tablett zu stellen und hineinzutragen, wenn ihre Arme sich so bleischwer anfühlten.

Liv raffte ein paar Kekse für die kleinen Mädchen zusammen, warf einen Blick auf ihren Bruder und nahm dann noch einige mehr. »Er hat immer Hunger«, erklärte sie.

Emeline lächelte. »Stimmt.« Sie winkte dem kleinen Mädchen. »Geh und hab Spaß.«

Liv sprang von der Veranda und rannte zu ihren Geschwistern. Sie versammelten sich, und Danny hielt die Schaukeln an, während er sich Kekse in den Mund stopfte. Mehrmals schaute er zum abendlichen Himmel, wie um zu beurteilen, wie lange es noch dauern würde, bis die Sonne unterging – und die erwachsenen Karpatianer auftauchten. Wieder erinnerte diese einfache Bewegung seines Kopfes Emeline an etwas Wichtiges, an das sie denken musste, aber ihr Verstand fühlte sich benebelt an.

Die Kinder liefen zu den Steindrachen, alle leise lachend. Es war Livs Lachen, auf das sie ihre Aufmerksamkeit richtete, diesen für sie so schönen Laut nach all den Schrecken, die das Kind über sich ergehen lassen musste. Emeline stützte das Kinn in die Hand und den Ellbogen auf den kleinen Tisch, wobei sie sich bewusst war, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Was sie aber nicht weiter störte – wenigstens war es angenehm, und solange sie sich weiter auf die Kinder konzentrierte, spürte sie den Schmerz nicht, der an ihrem Bauch zerrte, oder hörte die Schreckensschreie, die in ihrem Kopf widerhallten.

Danny half Lourdes auf den blauen Drachen. Er war groß und schuppig, sein langer Schwanz mit Stacheln bewehrt. Lourdes setzte sich auf seinen Rücken und klammerte sich mit den Knien fest, während sie sich vorbeugte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern und seinen langen Hals zu streicheln.

Als Nächstes hob er Bella hoch und setzte sie auf den roten Drachen. Wie Lourdes streichelte auch sie die steinernen Schuppen und Stacheln. Danny legte den Arm um ihre Taille und flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie mehrmals nickte.

Emeline runzelte die Stirn. Etwas an seiner Haltung, wie seine dunkle Jeans vor dem Purpurrot des Drachen aussah, bewegte sich träge durch ihr Gehirn. Etwas befand sich knapp außer Reichweite, etwas, das sie zu fassen bekommen musste, doch ihr Verstand weigerte sich zu kooperieren. Je mehr sie versuchte, die Erinnerung zu fassen, desto mehr entzog sie sich ihr.

Der Wind rauschte durch das Anwesen, hob die Blätter erneut vom Boden auf und wirbelte sie diesmal um die Drachen und Kinder herum. Danny sprang auf den Rücken des braunen Drachens und Amelia auf den des orangefarbenen. Sie bestiegen sie, als würden sie schon seit hundert Jahren auf Drachen reiten. Emeline musste es einfach bewundern, wie sie sich so mühelos und geschmeidig bewegten, aber jetzt war die Erinnerung fast greifbar, am äußeren Rand ihres Geistes. So nahe. Ein Albtraum …

Liv näherte sich leise murmelnd dem grünen Drachen. Emeline konnte nicht hören, was sie sagte, doch der stachelige Schwanz des grünen Drachens zuckte. Die große Kreatur senkte den keilförmigen Kopf zu dem kleinen Mädchen, und Liv streichelte ihn, bevor sie um ihn herumging, um über den Schwanz auf seinen Rücken zu klettern. Sobald sie auf ihm saß, wandte sie ihr Gesicht zum Himmel hoch. Graue Wolken trieben über ihnen vorüber. Sie waren riesig und streckten sich über dem Anwesen aus wie eine Decke.

Emeline musterte diese Wolken mit einem leichten Stirnrunzeln. Es gefiel ihr nicht, wie sie verdeckten, was von der Sonne noch übrig war, und sie hatte sie schon einmal gesehen. Die Kinder lachten und riefen einander aufgeregt zu, und der Klang ihrer spitzbübischen Stimmen kam wie in einem Traum zu ihr, von weit weg, aber sie war so müde, dass sie sich nicht einmal dazu aufraffen konnte nachzusehen, was die Kinder im Schilde führten.

Ihre Augenlider waren so schwer, dass sie sie nicht weiter als zu bloßen Schlitzen öffnen konnte. Die Sonne war noch nicht untergegangen, doch sie wusste, dass es gleich so weit sein würde. Sie ging immer bei Sonnenuntergang zurück ins Haus. Wenn sie es nicht tat … Nun, daran mochte sie gar nicht denken. Trotzdem: Da war etwas Flüchtiges in ihrem Verstand, das durch ihn hindurchschwebte wie eine falsche Note in einer Symphonie, etwas, das sie nicht ganz zu fassen bekam, von dem sie allerdings wusste, dass es wichtig war.

Mit den Knien an ihrem grünen Drachen festgeklammert hob Liv die Hände und begann, ein kompliziertes Ornament in die Luft zu weben. Verträumt beobachtete Emeline das Muster, Livs Hände, wie sie sich anmutig in der Luft bewegten. Ihr Murmeln war leise, aber deutlich zu hören, als spreche sie Befehle aus. Donner grollte. Ein trockener Blitz krachte. Die Blätter hoben sich wie Geysire und bildeten Türme hoch in der Luft rings um die Steindrachen. Ein Albtraum. Ihre Albträume.

Gefahr läutete wie eine Alarmglocke in Emelines Verstand. Grell. Schrill. Ein Schatten bewegte sich dort drin. Dunkel. Pervers. Schadenfroh. Ein Flüstern. Tief in ihr hörte sie Schreie. Etwas trat sie hart in den Bauch, kratzte an ihren Eingeweiden. »Nein.« Sie flüsterte es, während sie entsetzt zusah, wie Genevieve auf der anderen Seite des Spielplatzes das Buch aus der Hand fiel, als sie schlafend nach vorne sackte.

»Nein«, flüsterte sie erneut und zwang ihren Verstand angestrengt, die schreckliche dunkle Macht zu begreifen, die durch den Schlitz hindurchkroch, den dieser Blitz zwischen zwei Wolken geschaffen hatte. Die Masse über dem Anwesen wogte und brodelte und sah verdächtig wie das Gebräu einer Hexe aus.

Die Sonne sank tiefer, während die Drachen ihre Flügel ausbreiteten und sich in die Luft schwangen, immer höher kreisten, bis sie sich nach diesen dunklen, hässlichen Wolken ausstreckten. »Nein«, sagte Emeline wieder und stand auf. Auf wackligen Beinen rannte sie von der Veranda. »Liv, komm zurück! Du weißt nicht, was du tust. Er wartet. Er ist da draußen und wartet.«

Plötzlich glühte das wogende Schwarz der Wolken an den Rändern orangefarben und rot auf. Feuerbälle brachen hervor und schnellten wie gezielt geworfene Handgranaten auf die Drachen in der Luft zu, während andere auf das Anwesen herunterregneten. Liv hatte tatsächlich die Schutzzauber zerstört, die von den Karpatianern jeden Morgen so sorgfältig gewoben wurden. Sie hatte zugesehen, sich die Muster gemerkt und sie aufgehoben, was den Monstern Zugang zu ihrem Zuhause verschaffte.

Die Kinder schrien, als die Drachen sie höher trugen, um sie von dem Angriff fortzubringen, aber die Feuerbälle folgten ihnen, trafen die großen Leiber und schleuderten den orangefarbenen und den braunen Drachen vom Himmel. Sie fielen, trudelnd und schwer verletzt, und Amelia und Danny klammerten sich an den Hälsen ihrer Drachen fest, während sie auf die Erde zutaumelten.

Emeline rannte zu Genevieve. Sie war immer noch weggetreten – eindeutig hatte Liv einen Schlafzauber über sie gelegt – und war absolut verletzlich. Doch Emeline hatte noch keine drei Schritte getan, als sich die Erde vor ihr öffnete. Auf beiden Seiten von ihr. Hinter ihr. Entsetzt blieb sie stehen. Vor ihr stand Vadim Malinov.

Er war der Inbegriff von gutem Aussehen nach modernen Maßstäben, ein Mann, der das Cover jedes Magazins zieren würde. Er lächelte sie an und machte eine tiefe höfische Verbeugung. Als er lächelte, waren seine perfekten Zähne zu erkennen, die so gerade und weiß waren, dass er wahrscheinlich alle blendete, denen er sein Lächeln schenkte – aber nicht sie. Sie wusste es besser. Ihr Herz hämmerte, und sie stand wie erstarrt da, unfähig zu schreien oder zu rennen. Unfähig zu fliehen.

»Endlich, meine Liebe. Du hättest zu mir kommen sollen, als ich dich gerufen habe. Jetzt lässt du mir keine andere Wahl, als dich zu bestrafen.«

Das Lächeln war verschwunden, und er machte einen Schritt auf sie zu und packte sie an den Haaren. Die langen Strähnen in der Faust geballt riss er ihren Kopf zu sich. »Du wirst für deinen Ungehorsam bezahlen. Jedes einzelne dieser Kinder wird sterben.«

2

Ein leichter Schauer des Unbehagens lief durch das Erdreich tief unter der Oberfläche und weckte Dragomir Kozel, der dort im Lehm lag, um seinem Körper von den reichhaltigen Mineralien Heilung und Frieden schenken zu lassen. Die zarte Ranke des Bösen war kaum spürbar, nur eine geringfügige Veränderung, die durch die Erdschichten sowohl in die Höhe als auch in die Tiefe glitt und sich ausbreitete wie ein Virus.

Das Böse hatte ein bestimmtes Gefühl an sich. Obwohl es so ein dünner Faden war, erkannte Dragomir diesen uralten Zauber als das, was er war. Er bezweifelte, dass irgendein anderer Karpatianer ihn spüren konnte. Einer oder zwei vielleicht, aber wie er wären sie unter der Erde eingeschlossen, bis die Sonne unterging. In der Zwischenzeit wirkte dieses heimtückische Böse seine üble Magie, um Pfade unter Tariq und Charlotte Asenguards Anwesen zu öffnen. Schutzzauber waren aktiviert, überhalb, unterhalb und ringsherum, also sollte es keinen Weg hinein geben, und doch ließ sich nicht bestreiten, dass der Boden vor dieser Schlange, die sich durch die Erdschichten schlängelte, erschauderte und zurückwich.

Es musste einen Verräter innerhalb des Anwesens geben, einen, der Zauber webte, um die Schutzzauber zu schwächen. Tariq sammelte Menschen um sich, Kinder und Erwachsene gleichermaßen, indem er seine Festung jenen in Not öffnete, und das brachte ihn – und alle anderen – in Gefahr. Dragomir war geduldig; es gab wenig, was er tun konnte, bis die Sonne unterging, doch er versuchte herauszufinden, welcher der Menschen mit den Vampiren zusammenarbeitete, um die Karpatianer zu Fall zu bringen. Tariq hatte ein menschliches Sicherheitsteam engagiert. Vielleicht war es einer von ihnen?

Dragomir hatte sich nie für Menschen interessiert, aber weil Tariq sich mit so vielen von ihnen umgab, hatte Dragomir sich die Mühe gemacht, den Mitgliedern des Sicherheitsteams vorgestellt zu werden. In seinem außerordentlich langen Leben hatte er nie das Konzept in Betracht gezogen, dass Menschen die Karpatianer beschützten. Es war immer andersherum gewesen. Welche Menschen konnten sich schon gegen einen Vampir behaupten?

Matt Bennett, der Kopf von Tariqs menschlichem Sicherheitsteam, bewachte das Anwesen tagsüber. Er hatte beim Militär als Navy SEAL gedient und eine Gruppe von Elitesoldaten zusammengestellt. Tariq hatte sie darin ausgebildet, gegen Vampire zu kämpfen. Sie wussten, wie man die Untoten tötet, und waren sich bewusst, auf das Enthüllen der Tatsache, dass Vampire und Karpatianer überhaupt existierten, stand die Todesstrafe. Es waren Männer, die es gewohnt waren, Geheimnisse für sich zu behalten – praktisch jede Mission, die sie erfüllt hatten, war topsecret gewesen.

Tariq hatte natürlich ihr Blut genommen, aber Dragomir hatte das auch getan, nur um sich zu vergewissern, dass keiner eine Gefahr darstellte. Bennett ließ es tapfer über sich ergehen und zuckte nicht einmal zusammen, als der uralte Krieger sein Blut nahm und seine Erinnerungen untersuchte, was diesen überraschte. Wie Tariq gab auch er dem Mann eine kleine Menge seines eigenen Blutes unter dem Vorwand, mit ihm kommunizieren zu können falls nötig, doch in Wahrheit war es für Dragomir eine weitere Vorsichtsmaßnahme. So würde er immer wissen, wo der Mann war und was er tat. Dragomir rührte an den Geist des Mannes. Er beobachtete gerade von seiner Position am anderen Ende des Anwesens aus mit einem leistungsfähigen Fernglas die Kinder, und ihm gefiel gar nicht, was sie taten.

Dragomir machte alle – einschließlich Matt Bennett – aus gutem Grund nervös. Er war gefährlich. Das wusste er. Er betrachtete jeden als Feind oder Beute. Trotzdem gab es keine Entschuldigung dafür, dass er sich den Frauen und Kindern nicht genähert hatte. Es war ein Fehler von ihm gewesen, sie außer Acht zu lassen. Er hätte sie sorgfältig überprüfen sollen. Jemand hatte die Verteidigungsmaßnahmen des Anwesens geschwächt, und der Meistervampir Vadim Malinov, stets bereit zuzuschlagen, hatte das ausgenutzt.

Dragomir war sich sicher, dass diese magische Ader zu Vadim gehörte. Er war seiner Spur im Lauf der Jahrhunderte schon mehrmals begegnet, und die eines jeden Karpatianers hatte ein bestimmtes Gefühl an sich, das ihn von den anderen unterschied. Wenn ein Karpatianer sich entschied, seine Seele aufzugeben, behielt er dennoch seine einzigartige Zusammensetzung. Dragomir hatte keinen Zweifel, dass das hier das Werk von Vadim Malinov war.

Er begrüßte den Kampf mit dem Meistervampir. Dragomirs Zeit war längst überfällig, und der Versuch, in einer Welt zu leben, die er nicht verstand, hatte die Tatsache umso deutlicher gemacht, dass es richtig von ihm gewesen war, sich ins Kloster hoch oben in den Karpaten zurückzuziehen, wo er niemandem schaden konnte. Der einzige ehrenhafte Zweck, der ihm noch blieb, war es, den Meistervampir zur Strecke zu bringen und die Welt von solchem Bösen zu befreien. Dann konnte er zurück ins Kloster gehen und Mauern zwischen sich und die Außenwelt bringen, so lange, wie es dauerte, bis er starb – falls er das überhaupt konnte. Er würde den Tod willkommen heißen. Sein nicht enden wollendes trostloses Dasein hatte seinen Tribut von ihm gefordert.

Dragomir wollte Tariqs Anwesen verlassen und so wenig Kontakt mit irgendwelchen anderen wie möglich haben. Karpatianer oder Menschen, beide waren nicht mehr Teil seines Lebens. Er gehörte nicht in diese moderne Welt. Er hatte das Kloster in den Karpaten zum ersten Mal nach Hunderten von Jahren mit nur einem einzigen Gedanken verlassen – der Hoffnung, seine Seelengefährtin finden zu können. Jetzt, das wusste er, war seine Zeit bereits vorüber, selbst wenn er sie fand. Er würde nie mit einer modernen Frau leben können, und sie würde das nie mit ihm können. Er war zu lange in einer Welt geblieben, die sich über jede Vorstellungskraft hinaus verändert hatte. Er hatte zahllose Kämpfe und viele tödliche Verletzungen überlebt, und doch war es am Ende umsonst gewesen. Die Zeit war sein größter Feind, und sie hatte ihn besiegt.

Er konzentrierte sich auf das Erdreich und wie die reichhaltigen Mineralien vor dem sich schlängelnden Faden des Bösen zurückwichen, als es sich seinen Weg durch die Erdschichten bahnte, um zu einem vorbestimmten Ziel zu gelangen. Im Geiste erstellte er einen Grundriss des Anwesens und folgte dem Schaudern und Zurückweichen, um herauszufinden, was genau Vadim vorhatte. Der Hauch des Bösen mied das Haupthaus, wo Tariq und Charlotte wohnten, und kroch stattdessen unter den Spielplatz, wo die Kinder waren. Der dünne Faden wurde zu einer Ranke, die sich durch die Erde schlängelte, sich verzweigte und Samenkapseln unter dem Spielplatz sowie um das Haus der Frau herum ausbildete. Emeline. Ihren Namen kannte er, obwohl er es vermieden hatte, so viele andere zu kennen.

Sorgfältig schätzte er die Situation ein und schmiedete einen Schlachtplan. Tariq und Charlotte befanden sich nicht auf dem Anwesen. Sie waren in San Francisco, um ein wenig Zeit allein miteinander zu verbringen. Dragomir fand es sehr aufschlussreich, dass sie fort waren und derjenige, wer auch immer ihre Schutzzauber geschwächt hatte, den Zeitpunkt ihrer Abwesenheit wählte, um seinen Zug zu machen. Soweit er wusste, war er der Einzige, der sich entschieden hatte, in der Erde des Anwesens zu schlafen.

Valentin Zhestokly war fort. Seine Seelengefährtin war viel zu jung, um sie für sich zu beanspruchen, und er war der Dunkelheit zu nahe, um in ihrer Nähe zu sein. Er würde nicht weit fortgegangen sein, aber entfernt genug, um es vielleicht nicht rechtzeitig hierher zurückzuschaffen, bevor der Kampf vorüber war.

Maksim und Blaze, Mitinhaber der Nachtclubs und Besitzer des angrenzenden Grundstücks, hatten sich bei der Besichtigung eines der Nachtclubs verspätet und schliefen dort unter der Erde, in einiger Entfernung. Wer blieb also noch in der Nähe?

Afanasiv Balan, in ihrer Welt als Siv bekannt, war ein äußerst gefährlicher Karpatianer, vielleicht sogar noch gefährlicher als Dragomir. Er wäre von wertvollem Vorteil. Siv war auf Tariqs Ruf hin gekommen, um ihm dabei zu helfen, das Anwesen aufzubauen. Der Nachtclubbesitzer und Afanasiv waren seit Jahrhunderten gewissermaßen Freunde. Er könnte in der Nähe sein.

Nicu Dalca war ebenfalls Tariqs Ruf gefolgt. Nicu war wahnsinnig flink. Nur wenige konnten sich mit seiner Schnelligkeit messen, und kaum jemand war so brutal wie er. Es war unmöglich zu wissen, ob er noch in der Gegend war oder ob er sich nach der letzten Schlacht entschieden hatte fortzugehen. Uralte karpatianische Krieger neigten dazu, in Windeseile weiterzuziehen, auf der Suche nach dem nächsten Kampf.

Die Drillinge Tomas, Lojos und Mataias, die stets gemeinsam reisten, waren in den letzten zwei Wochen nicht gesehen worden. Das hatte nichts zu bedeuten. Sie könnten auch in der Nähe sein. Dragomir konnte nur nicht darauf zählen, dass sie sofort herkommen würden. Also musste er vermutlich fünf bis sieben Minuten durchhalten. In einem Kampf war das eine sehr lange Zeit. Äußerst lang. Vadim würde ihnen alles entgegenschleudern, was er hatte.

Dragomir seufzte. Er würde das menschliche Sicherheitsteam brauchen. Im Moment konnte er sich nicht bewegen, durch die Tageszeit gelähmt, aber er konnte das Lachen der Kinder und das leise Murmeln einer Unterhaltung hören – eine Frau und ein Kind. Die Frau. Emeline Sanchez. Er hatte nie persönlich ihre Bekanntschaft gemacht, doch ihm wurde bewusst, dass er das hätte tun sollen. Ihre Gespräche hatte er ebenfalls nicht belauscht – aber wiederum, das hätte er tun sollen. Selbst jetzt konnte er den Klang ihrer Stimme nicht ganz ausmachen, sosehr er sich auch anstrengte, als habe sie eine Möglichkeit gefunden, sie abzuschirmen. Sie war ein riesiges Fragezeichen, weil sie allen aus dem Weg ging, einschließlich ihrer besten Freundin Blaze, Maksims Seelengefährtin.

Der wahre Grund, warum er sich von ihr ferngehalten hatte, war jedoch, dass Dragomir ein bisschen besessen von ihr war. Nicht dass ihm das bis zu diesem Moment aufgefallen wäre. Er verfügte über keinerlei Emotionen, also sollte er unmöglich obsessiv sein können, dennoch erkannte er nun, dass er viel zu oft an diese Frau dachte – und das nicht klar genug, wenn er es tat. Besonders wenn man bedachte, dass er nicht der Einzige war, der von der menschlichen Frau besessen war. Vadim Malinov war das auch. Und das bedeutete, bei diesem ganzen Angriff ging es beinahe sicher um Emeline und Vadims Bedürfnis, sie sich zurückzuholen.

Den ganzen Tag über hatte sich der Sturm zusammengebraut. Er hatte es nicht gesehen, da er tief unter der Erde den Schlaf seiner Art geschlafen hatte, aber er hatte es gespürt. Jeder Karpatianer konnte es spüren, wenn die Erde gestört wurde. Donner grollte, ein tiefer Bariton, der länger dröhnte, als man erwarten würde, heftig genug, um eine Vibration durch die Erde zu schicken.

Dragomir mochte zwar wissen, dass seine Zeit längst überfällig war. Er mochte zurück ins Kloster gehen wollen, wo er wusste, dass er niemandem etwas antun würde, aber er wusste auch, dass er ein uralter Jäger war und niemals gehen konnte, wenn ein Kampf unmittelbar bevorstand.

Vadim war ein Meistervampir. Durch und durch böse. Das war Teil von Dragomirs Welt. Das Böse verstand er. Er hatte mehrere Lebenszeiten damit verbracht, gegen üble Monster zu kämpfen. Das Kloster hatte ihm eine Art Versöhnung geschenkt, wenn ein Mann wie er überhaupt jemals Frieden finden konnte. Was wollte Vadim von Emeline? Von den Kindern? Er wusste, dass Vadim die Frau gefangen genommen und kurze Zeit lang festgehalten hatte, bevor die Karpatianer sie gerettet hatten. Sie blieb in dem Haus gegenüber des Haupthauses für sich, manchmal saß sie auf der Veranda, aber meistens sperrte sie sich hinter verschlossener Tür ein.

Er hatte über sie nachgedacht, sich gefragt, ob sie eine Möglichkeit sein könnte, Vadim aufzuspüren. Soweit Dragomir erfahren hatte – und er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Untoten zu studieren –, war sie der Grund, warum Vadim sich entschieden hatte, in einer Gegend zu bleiben, in der es vor Jägern wimmelte … und nicht nur irgendwelchen Jägern, sondern uralten. Das waren Karpatianer, deren Kampfkünste so weit über das hinausgingen, wozu die jüngeren Generationen fähig waren, dass es jeder Beschreibung trotzte. Jeder andere Vampir – jeder Meistervampir eingeschlossen – wäre geflohen. Und doch war Vadim geblieben.

Der älteste Malinov hatte den Ruf, hochintelligent zu sein. Er hatte sich moderne Technologie zu eigen gemacht – etwas, das Dragomir auch hätte tun sollen, aber versäumt hatte. Vadim hatte eine Armee aus Menschenmännern mit übersinnlichen Fähigkeiten sowie geringeren Vampiren angehäuft. Die Karpatianer hatten es versäumt, sich darüber Gedanken zu machen, was diese übersinnlich begabten Männer vielleicht tun konnten. Eindeutig plante der Meistervampir etwas Großes, und Emeline spielte bei diesen Plänen eine Rolle.

Neues Lachen gesellte sich zu dem der Kinder und lenkte ihn von seinen Gedanken ab. Der Klang war leise. Melodisch. Durchzogen von Magie. Es war einfache Magie, kindlich eigentlich. So sehr, dass sie in dem Moment, in dem der Zauber auf dem Wind dahinschwebte, die Aufmerksamkeit des sich ausbreitenden Bösen unter der Erde erregte. Sofort erschauderte der Boden wieder, ein ganz leichtes Erdbeben, kaum spürbar, mehr eine Welle des Jubels, die zur Oberfläche raste. Der uralte böse Zauber verband sich mit dem kindlichen, verlieh ihm Macht und den Hauch von Dunkelheit und korrumpierte langsam, aber unvermeidlich das, was das Kind tat.

Dragomir biss die Zähne zusammen, die erste Bewegung, zu der sein gelähmter Körper fähig war, da die Sonne noch nicht untergegangen war. Als Nächstes konzentrierte er sich darauf, seine Hand zu bewegen, noch während er gleichzeitig die Erde über ihm mit seinem Geist bewegte. Er musste sehr langsam vorgehen, um die sich ausbreitenden Ranken des Bösen, die unter der Erde lauerten, nicht zu alarmieren. Zentimeter für Zentimeter stieg er empor, der Oberfläche entgegen. Er war ein großer Mann, und so viel Erde zu bewegen, ohne Vadims Spion zu warnen, war schwierig. Aber er hatte in seinem äußerst langen Leben viele Tricks gelernt.

Das Erdreich über ihm zu entfernen und gleichzeitig den Hohlraum unter ihm zu füllen, der entstand, als er langsam nach oben schwebte, war nur eine Frage des exakten Zusammenspiels von Feingefühl und Timing. Er war ein Krieger, geübter als die meisten mit jeder Art von Waffe, im Duell sowie im geistigen und magischen Kampf, und doch hatte er die zarteste Fingerfertigkeit perfektioniert. Er hatte im Lauf der Jahrhunderte gelernt, dass eine leichte Berührung ebenso tödlich sein konnte wie der stärkste und schnellste Schlag.

Als er dicht unter der Oberfläche war, kribbelte seine Haut alarmierend. Je älter er geworden war und je mehr Fähigkeiten er sich angeeignet hatte, desto weniger konnte er das Sonnenlicht ertragen. Er erhob sich selten direkt bei Sonnenuntergang, da er wusste, dass schon allein die Berührung der Sonnenstrahlen, so schwach sie um diese Zeit auch sein mochten, schmerzhaft war und er noch mehrere Nächte lang Verbrennungen haben würde. Er hatte keine Wahl; sobald er konnte, würde er sich erheben müssen, um welchen Plan Vadim auch immer hatte zu vereiteln. Er war überzeugt, dass der Meistervampir genau so eine Gelegenheit geplant und darauf hingearbeitet hatte, was bedeutete, Vadim war gut vorbereitet.