Brave enough to love me. Moritz & Sebastian - Katharina B. Gross - E-Book

Brave enough to love me. Moritz & Sebastian E-Book

Katharina B. Gross

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Beschreibung

Wenn du dich traust, kann ich dich lieben  Moritz will auf seiner Mallorca-Reise nur eins: Seinen Ex vergessen! Was auf keinen Fall auf dem Programm steht: sein Herz verlieren. Doch als er in einem Club den attraktiven Sebastian kennenlernt, verbringen beide eine unvergessliche Nacht miteinander. Als Sebastian ohne ein Wort abreist, bleibt Moritz geschockt zurück. Umso überraschter ist er, als er Sebastian plötzlich an der Uni wiedertrifft. Dieser tut jedoch so, als habe er Moritz noch nie gesehen.  Was Moritz nicht ahnt: Fast niemand weiß, dass Sebastian schwul ist. Vor allem seine konservativen Eltern wollen nicht wahrhaben, dass ihr Sohn auf Männer steht. Doch Moritz' und Sebastians Wege kreuzen sich immer wieder. Bald kann auch Sebastian die Anziehung nicht mehr leugnen und ein gefährliches Versteckspiel beginnt … 

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Brave enough to love me. Moritz & Sebastian

Die Autorin

Katharina B. Gross lebte und studierte im Ruhrgebiet, bevor es sie in den Norden verschlug. Trotzdem hat sie ihre Heimat nicht vergessen, weshalb viele ihrer Romane in Essen und Umgebung angesiedelt sind. Die Liebe zum Schreiben entdeckte sie bereits in der Grundschule, doch bis sie einen Roman zu Papier brachte, dauerte es mehrere Jahre. Ihr erster Roman erschien 2017 – und es wird garantiert nicht der Letzte sein.

Das Buch

Wenn du dich traust, kann ich dich lieben 

Moritz will auf seiner Mallorca-Reise nur eins: Seinen Ex vergessen! Was auf keinen Fall auf dem Programm steht: sein Herz verlieren. Doch als er in einem Club den attraktiven Sebastian kennenlernt, verbringen beide eine unvergessliche Nacht miteinander. Als Sebastian ohne ein Wort abreist, bleibt Moritz geschockt zurück. Umso überraschter ist er, als er Sebastian plötzlich an der Uni wiedertrifft. Dieser tut jedoch so, als habe er Moritz noch nie gesehen. 

Was Moritz nicht ahnt: Fast niemand weiß, dass Sebastian schwul ist. Vor allem seine konservativen Eltern wollen nicht wahrhaben, dass ihr Sohn auf Männer steht. Doch Moritz‘ und Sebastians Wege kreuzen sich immer wieder. Bald kann auch Sebastian die Anziehung nicht mehr leugnen und ein gefährliches Versteckspiel beginnt … 

Katharina B. Gross

Brave enough to love me. Moritz & Sebastian

Roman

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei Forever Forever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Juni 2023© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® E-Book powered by pepyrusISBN 978-3-95818-761-0

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Epilog

Leseprobe: Der Weg in dein Herz

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 1

-Moritz-

»Was hältst du von diesem Typ da drüben?« Marie schreit mir so laut ins Ohr, dass mir beinahe das Trommelfell platzt. Ein Wunder, dass sie es schafft, die laute Clubmusik zu übertönen. Kichernd hängt sie sich an meinen Arm, drängt mich dabei noch weiter zurück, sodass ich fast vom Barhocker falle. Entschieden schiebe ich sie von mir, was meiner Schwester ein beleidigtes Murren entlockt.

»Kein Interesse«, entgegne ich genervt und nehme einen großen Schluck von meinem Bier.

»Was denn jetzt? Ich dachte, wir wären zum Flirten hier.«

»Nein. Du bist zum Flirten hier. Ich begleite dich lediglich, damit dir nichts passiert«, stelle ich richtig. Jetzt ist es Marie, die genervt die Augen verdreht und von ihrem Cocktail trinkt. Dann stellt sie das leere Glas hinter sich auf den Bartresen und rutscht von ihrem Hocker. Sie stemmt ihre Hände in die Hüften und baut sich vor mir zu voller Größe auf. Weil ich auf dem Hocker sitze, können wir uns in die Augen schauen, denn ich bin einen ganzen Kopf größer als sie.

»So geht das nicht, Momo!«, sagt sie streng und klingt dabei wie unsere Mutter, wenn sie etwas an mir auszusetzen hat. »Wir sind hergekommen, damit du über deinen Liebeskummer hinwegkommst. Deshalb musst du flirten, was das Zeug hält. Ich habe kein Männerproblem, das ich überwinden müsste.«

»Ich habe auch kein Männerproblem«, brumme ich, spüre dabei jedoch einen Stich im Herzen, der mir nur allzu bekannt vorkommt. Mein nicht vorhandenes Männerproblem besteht aktuell darin, dass ich überhaupt keinen Mann habe, mit dem ich ein Problem haben könnte. Denn mein Freund Nick hat mich kurz nach den Abiprüfungen verlassen. Ex-Freund. Dieser Urlaub hätte unsere erste gemeinsame Reise sein sollen, auf die ich Monate hingefiebert und für die ich jeden Cent gespart habe, den ich bei meinen verschiedenen Nebenjobs der vergangenen zwei Jahre verdiente. Und weil ich die Flüge nach Mallorca so kurzfristig nicht stornieren konnte, ohne eine Menge Geld zu verlieren, hat sich meine Zwillingsschwester Marie bereiterklärt, mich zu begleiten. Jetzt hänge ich in einem überfüllten Club herum und muss mich von ihr verkuppeln lassen. Nein, danke!

Marie zerrt an meinem Arm. »Ach, komm schon. Jetzt schau ihn dir wenigstens an. Er guckt schon die ganze Zeit zu dir rüber.«

»Vermutlich schaut er dich an, weil dein Rock viel mehr preisgibt als verbirgt«, zische ich zurück.

Ungeduldig deutet sie mit der Hand zur anderen Seite der langen Bar. Sie benimmt sich so auffällig, dass es mir schon peinlich ist, überhaupt hinzusehen, wen sie meint. Weil ich weiß, dass sie keine Ruhe geben wird, riskiere ich doch noch einen Blick auf ihre Zielperson. Der Mann ist breitschultrig. Sein weißes Shirt spannt sich um die definierten Oberarme. Die blonden Haare hat er nach hinten gegelt, dennoch fallen ihm einige Strähnen in die Augen. Buntes Clublicht tanzt auf seinem Gesicht. Als sich unsere Blicke begegnen, grinst er mich frech an. Sofort wende ich mich ab.

»Siehst du?«, kommt es von Marie. Kichernd stößt sie mir den Ellenbogen in die Seite. »Er hat eindeutig dich angestarrt. Wollen wir zu ihm rübergehen?«

»Auf keinen Fall!«, zische ich und drehe mich zum Barkeeper, um einen Shot zu bestellen. Lieber betrinke ich mich besinnungslos, um Nick zu vergessen, statt mich in ein neues Abenteuer zu stürzen. Wir sind bloß zehn Tage auf der Insel. Was nutzt mir da eine kurze Urlaubsaffäre, wenn ich Nick zu Hause sowieso wieder über den Weg laufen werde? Leider hat er sich wie ich an der Uni Essen für Wirtschaftswissenschaften eingeschrieben, sodass es mir nicht möglich sein wird, einen Bogen um ihn zu machen. Irgendwann werden wir uns gegenüberstehen. Da bringt es gar nichts, wenn ich im Urlaub die Gedanken an meine kaputte Beziehung durch One-Night-Stands verdränge.

»Du bist so ein Spielverderber!«, kommt es von meiner Schwester, doch für den Moment scheint es zumindest, als habe sie aufgegeben. Seufzend bestelle ich einen weiteren Shot. Während ich auf meinen Drink warte, spüre ich auf einmal eine Hand auf meinem Oberarm. Erst glaube ich, dass sich jemand an mir vorbei zur Bar drängt, doch als ich mich umdrehe, sehe ich direkt in die blauen Augen des Fremden, der mich noch vor wenigen Minuten angegrinst hat. Ich erstarre, denn sein Lächeln ist nun noch breiter, und zudem macht es ihn verdammt attraktiv.

»Hey«, raunt er mir zu. Seine Stimme klingt tief und ein bisschen heiser. Sofort werde ich nervös, sein eindringlicher Blick ist mir unangenehm. Ob er sauer ist, weil Marie und ich ihn so lange angestarrt haben?

»Oh, mein Gott!«, quietscht meine Schwester entzückt. Ich kann ihr die Begeisterung deutlich ansehen. Sie glaubt, richtig getippt zu haben. Wenn Marie Alkohol trinkt, neigt sie oft dazu, Situationen falsch einzuschätzen. Und diese ist eindeutig eine davon. Der Kerl sieht nicht so aus, als würde er auf Männer stehen, denn er mustert Marie eingehend von oben bis unten. Seine Augen ruhen einen Moment zu lange auf ihrem Dekolleté, als dass er Interesse an mir haben könnte.

»Darf ich?«, fragt er und deutet mit einem Kopfnicken auf das Schnapsglas, das der Barkeeper in diesem Moment neben mir abstellt. Weil ich immer noch nicht reagiere, nimmt er das Glas und kippt den Alkohol in einem Zug hinunter.

»Oh! Und er spricht sogar Deutsch!« Marie klatscht begeistert in die Hände. »Gut für dich, denn dein Englisch ist grauenhaft.«

»Ich habe euch gehört«, meint er und zwinkert Marie zu, die haltlos zu kichern beginnt.

Überrascht reiße ich die Augen auf. »Bei dem Lärm?«

»Nein. Schon vor einer ganzen Weile am Eingang. Ich stand hinter dir, als sie –« Er deutet auf Marie, die praktisch an seinen Lippen hängt. »Als sie sich lang und breit über deinen schlechten Geschmack ausgelassen hat, was deine Unterwäsche betrifft.«

Meine Schwester kringelt sich vor Lachen, während ich am liebsten auf der Stelle im Boden versinken würde! Gott, wie peinlich! Der Typ beugt sich weiter zu mir vor.

»Mal unter uns: Eigentlich zählt ja nur, was die Unterwäsche verbirgt«, raunt er mir ins Ohr. Hitze steigt in meine Wangen. Seine Nähe sorgt nicht gerade dafür, dass ich mich entspannen kann. Dieser Kerl macht mich total nervös. Er lacht auf, dann geht er endlich wieder auf Abstand. Seine Hand verschwindet von meinem Oberarm, hinterlässt jedoch die Wärme, die sein Körper ausgestrahlt hat.

»Ich bin Sebastian«, stellt er sich vor und hält mir seine Hand entgegen. Irritiert starre ich auf seine schlanken Finger, die vor wenigen Sekunden noch auf meinem Arm ruhten. Bevor ich jedoch einschlagen kann, ergreift Marie seine Hand und schüttelt sie euphorisch.

»Ich bin Marie, und das ist mein kleiner Bruder Momo«, sagt sie und kichert schon wieder, weil sie eindeutig betrunken ist und auch noch Spaß daran hat, mich zu blamieren.

»Moritz«, korrigiere ich trocken. »Und ich bin nur zwei Minuten jünger als du.«

»Diese zwei Minuten fühlen sich manchmal wie zwei Jahre an!«, entgegnet Marie mit einem theatralischen Seufzen.

»Momo klingt süß. Wie ein Hundewelpe«, merkt Sebastian mit einem frechen Grinsen an. Beleidigt schiebe ich meine Unterlippe vor. Es reicht schon, dass mich Marie und meine Mutter gerne mit einem kleinen Hund vergleichen. Muss dieser Kerl jetzt auch noch damit anfangen? Kann ich denn etwas dafür, dass ich mit meinen neunzehn Jahren nur wenig Bartwuchs habe? Mit meinen viel zu langen Haaren, die mir in die Stirn fallen und meine braunen Augen verdecken, wirke ich weniger männlich als meine Freunde.

Kichernd legt Marie ihre Hand auf Sebastians Oberarm und strahlt ihn mit geröteten Wangen an. Die beiden sehen gut zusammen aus, und es würde mich eigentlich nicht wundern, wenn er Interesse an meiner Zwillingsschwester hätte. Viele meiner Freunde stehen auf Marie. Sie ist im Gegensatz zu mir stets offen dafür, neue Leute kennenzulernen, während ich mich eigentlich lieber im Hintergrund halte. Wenn sie mich nicht ständig zu irgendwelchen Partys schleppen würde, dann hätte ich meine letzten Schuljahre vermutlich alleine in meinem Zimmer verbracht und wäre Nick nie begegnet … Okay, dann hätte der Kerl mir auch nicht das Herz brechen können. Immer ist es Marie, die dafür sorgt, dass ich nicht allein bleibe. Aber vielleicht ist es auch der Vorteil bei Zwillingen, denn richtig allein ist man nie.

»Ach, Moritz, jetzt sei nicht gleich wieder eingeschnappt. Er wollte sicher nur einen Scherz machen«, kommt es von meiner Schwester. Ihre Stimme überschlägt sich, ob es jedoch vom Alkohol oder ihrer Euphorie kommt, kann ich gerade nicht beurteilen. »Wollen wir nicht tanzen gehen?«, brüllt sie jetzt direkt in mein Ohr.

Marie umfasst mein Handgelenk und zerrt mich vom Barhocker. Nur widerwillig lasse ich mich von ihr auf die volle Tanzfläche ziehen. Sebastians Blick spüre ich im Nacken, was mich erschaudern lässt. Hitze steigt in mir auf, wenn ich an das Funkeln in seinen dunklen Augen denke. In dem schwachen Clublicht konnte ich seine Augenfarbe nicht richtig ausmachen. Dunkel waren sie. Ob sie so braun sind wie meine Augen? Oder vielleicht sogar schwarz?

Marie hüpft vor mir auf und ab, sodass ihre braunen Locken wild um ihren Kopf herumwirbeln. Sie lacht ausgelassen, schwingt die Hüften zum Technobeat und animiert mich dadurch, ebenfalls zu tanzen. Nach einer Weile fängt es tatsächlich an, Spaß zu machen. Für einen Moment verdränge ich den Gedanken an meinen Liebeskummer wegen Nick und blende auch Sebastians Lächeln aus, konzentriere mich nur noch auf die Musik und meine Schwester, die meine Hände fest umklammert hält. Mit Marie ist es leicht, Spaß zu haben. Sie konnte mich schon immer aus meinen Gedanken befreien, wenn ich drohte, mich darin zu verstricken.

»Ich kann nicht mehr«, schreie ich ihr lachend entgegen, weil ich vom Tanzen völlig aus der Puste bin. Sie lacht bloß und zieht mich in eine enge Umarmung, anstatt mir eine kurze Verschnaufpause zu gönnen.

»Wir sind hier, um Spaß zu haben«, ruft sie mir über die laute Musik hinweg zu, obwohl sie mir auf der Tanzfläche so nah ist. Hier ist die Musik jedoch noch lauter als hinten an der Bar. Ob Sebastian immer noch dort steht und uns beim Tanzen zuschaut? Neugierig wende ich meinen Kopf und entfliehe Maries Umarmung. Doch als ich zu der Stelle rübersehe, an der ich ihn vermute, breitet sich Enttäuschung in mir aus. Natürlich ist er nicht mehr dort, warum sollte er? Wir haben uns bloß wenige Minuten unterhalten …

Ich wende mich erneut meiner Schwester zu, doch sie ist bereits mit einem großen breitschultrigen Mann beschäftigt. Der Fremde tanzt eng an sie geschmiegt. Ich will schon diskret verschwinden, um Marie den Flirt zu gönnen, als der Mann sich zu mir umdreht und breit grinst. Irritiert sehe ich Sebastian ins lachende Gesicht. Auch Marie grinst mich an, ohne jedoch von ihrem Tanzpartner abzurücken. Also hat er tatsächlich Interesse an meiner Schwester …

Die Enttäuschung in meinem Inneren wächst, obwohl ich nicht einmal weiß, warum. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sebastian ebenfalls schwul ist und mit mir flirten würde, war von Beginn an gering. Kein Mann kann der Anziehungskraft meiner Schwester widerstehen.

»Wo willst du so schnell hin?«, raunt er mir plötzlich zu, und ich spüre seine Hand auf meiner Schulter. Sein Körper ist so nah, dass sich seine Hitze auf mich überträgt. Wie erstarrt verharre ich mitten in der Bewegung, drehe nur leicht den Kopf zur Seite und sehe in seine Augen. Sebastian blickt mich eindringlich an. Ich schlucke, verliere mich in seinem Blick. Mist, es muss am Alkohol liegen, denn normalerweise erliege ich der Anziehung eines Mannes nicht so leicht. Nick hatte zu Beginn ganz schön Mühe, mich rumzukriegen. Denn ich brauche immer meine Zeit, bis ich einem Menschen vollkommen vertrauen kann. Vor allem jemandem, den ich in einem Club kennenlerne.

»Ich muss kurz raus. Hier ist es so stickig«, entgegne ich, versuche dadurch meine Flucht vor ihm zu rechtfertigen. Ich möchte Marie ihren Flirt wirklich gönnen. Ein bisschen enttäuscht es mich, denn meine Schwester hatte doch noch vor wenigen Minuten beteuert, dass Sebastian eindeutig mich angesehen hat. Es ist nicht meine Art, wegen so einer Kleinigkeit beleidigt zu sein, doch vermutlich liegt es an meinem Liebeskummer, dass ich so stark auf dieses Missverständnis reagiere. Sebastian ist ein attraktiver Mann, und für einen kurzen Augenblick habe ich seine Nähe tatsächlich genossen …

»Ich komme mit«, meint er knapp, ohne meinen Arm loszulassen. Irritiert sehe ich ihn an.

»Aber Marie …«

»Marie?« Er hebt fragend eine Augenbraue. Wir sehen uns an, und es kommt mir so vor, als würde die Zeit stehen bleiben. Als wären wir nicht mitten auf der Tanzfläche in einem völlig überfüllten Club auf Mallorca. Plötzlich verstummt die Musik für mich, und ich höre nur noch meinen sich beschleunigenden Herzschlag, während ich in seine Augen sehe und darin versinke. Dieses seltsame Gefühl muss am Alkohol liegen, anders kann ich mir meine Reaktion nicht erklären!

Sebastian kommt näher, und das Kribbeln in meinem Magen verstärkt sich. Eindeutig, ich habe viel zu viel getrunken heute Abend. Mir schwirrt der Kopf, und meine Beine drohen einzuknicken, als er seine Hand an meine Seite legt und sich meinem Gesicht nähert. Sein Atem streift meine Wange.

»Dachtest du etwa, ich würde Marie …?« Er bricht ab und lacht leise an meinem Ohr, ehe er den Kopf wieder wegdreht. »Schau doch mal. Ich schätze, deine Schwester hat bereits guten Ersatz gefunden.«

Tatsächlich erkenne ich, wie sie eng neben einem mir unbekannten Mann tanzt.

»Oh«, entfährt es mir überrascht. Sollte ich doch besser hierbleiben, um ein Auge auf sie zu haben? Schließlich ist sie betrunken und kennt hier niemanden außer mir. Aber vermutlich würde sie sich nur über meinen übertriebenen Beschützerinstinkt aufregen …

»Was ist, wollen wir?«, kommt es erneut von Sebastian.

»Ähm … was?«

»Du wolltest nach draußen«, erinnert er mich an meine spontane Idee. »Trifft sich gut, denn ich wollte auch gerade gehen.« Statt meine Antwort abzuwarten, nimmt er meine Hand und zieht mich über die Tanzfläche, vorbei an den Clubbesuchern und zum Ausgang. Draußen empfängt mich eine frische Brise. Es ist mitten in der Nacht und die Meeresluft kühl, jedoch angenehm. Kein Vergleich zu der Hitze, die mich gestern Nachmittag nach meiner Ankunft hier auf der Insel empfangen hat. Doch obwohl mir die frische Luft guttut, um den Nebel in meinem Kopf zu klären, beginne ich in dem dünnen Shirt und meinen Bermudashorts zu frösteln.

»Wollen wir runter zum Strand?«, fragt Sebastian dicht neben mir. Ich schlinge mir die Arme um den Oberkörper und folge ihm über die verlassene Promenade den schmalen Weg entlang zum Strand. Der Himmel über uns ist schwarz, genau wie das Meer. Um uns herum ist es völlig still, nur das leise Rauschen der Wellen ist zu hören. Schon seltsam, dass dieser sonst so belebte und überfüllte Strand in der Nacht menschenleer ist.

Sebastian kickt sich seine Sneakers von den Füßen, lässt sie achtlos im Sand liegen und rennt zum Wasser. Einen Moment sehe ich ihm nach, dann ziehe auch ich meine Schuhe aus und gehe ihm hinterher. Der Sand ist noch warm von der Hitze des Tages und kitzelt meine Zehen. Ich schaue zum Wasser und erkenne Sebastians Silhouette. Schwaches Mondlicht fällt auf die Oberfläche, lässt das Meer glitzern. Er winkt mir zu, sodass ich meine Schritte beschleunige.

»Willst du jetzt ernsthaft baden gehen?«, rufe ich ihm zu, als ich nur noch wenige Meter vom Meer entfernt bin. Hier ist der Sand feucht, eine herannahende Welle umspült meine Knöchel.

»Klar, warum nicht?«, antwortet er lachend. Ich kann sein Gesicht nicht deutlich sehen, aber ich stelle mir ein breites Grinsen vor, das seine Züge erhellt.

»In Klamotten?«, frage ich skeptisch, sehe dabei an mir herunter. Ich habe keine Badehose dabei, und bis zu unserem Hotel ist es ein Fußmarsch von fast zwanzig Minuten.

»Nun, du kannst dich gerne ausziehen«, kommt es von ihm. Ich kann die Belustigung deutlich aus seiner Stimme heraushören. Zum Glück ist es dunkel und er einige Meter entfernt, sodass er die Röte auf meinen Wangen nicht sieht. Also fasse ich mir ein Herz und wate etwa bis zu den Knien ins Wasser. Tatsächlich ist es nicht so kalt, wie ich anfangs vermutet habe. Sebastian beugt sich vor und spritzt mir eine Ladung Wasser ins Gesicht.

»Hey!«, rufe ich empört, lache dabei jedoch auf, als er sich bäuchlings neben mir ins Meer wirft. Dann dreht er sich auf den Rücken und schwimmt an mir vorbei, bevor er sich aufrichtet.

»Jetzt bin ich auch nass«, meint er bloß. Ich gleite ins Wasser. In wenigen Schwimmzügen tauche ich vor ihm auf. Mein Shirt klebt nass an meinem Oberkörper und lässt mich stärker frösteln. Um mich trotzdem an ihm zu rächen, spritze ich Wasser in seine Richtung, doch Sebastian weicht geschickt aus, indem er erneut untertaucht.

»Na warte!«, rufe ich lachend, drehe mich um meine eigene Achse und werfe mich auf ihn, als er neben mir auftaucht. Mit meinem Gewicht drücke ich ihn kurz unter Wasser. Prustend und lachend tauchen wir gemeinsam auf, rangeln miteinander. In diesem Moment fühle ich mich unglaublich gelöst und glücklich.

Später sitzen wir dicht nebeneinander am Strand und starren auf das Wasser. Ich habe meine Knie angewinkelt, bewege meine Zehen immer wieder leicht durch den feuchten Sand. Sebastian stützt sich mit den Händen hinter dem Rücken ab, seinen Kopf in den Nacken gelegt.

»Wusstest du, dass die Sterne eigentlich selbst leuchtende Himmelskörper sind, die mit heißem Gas gefüllt sind?«, fragt er in die Stille hinein.

»Nein«, entgegne ich. Davon habe ich tatsächlich noch nie etwas gehört. »Interessierst du dich für Astronomie?«, hake ich nach.

»Ein bisschen«, entgegnet er, dann setzt er sich auf und streicht sich mit einer lässigen Geste das feuchte Haar aus der Stirn. »Eigentlich wollte ich bloß ein Gespräch mit dir beginnen. Die Sterne schienen mir ein unverfängliches Thema zu sein.« Sein schiefes Grinsen kann ich dabei nur erahnen. Ich grinse zurück.

»Genauso gut könntest du über das Wetter reden«, schlage ich vor und schaue nach oben in den schwarzen Nachthimmel. Keine Ahnung, wie lange wir schon hier am Strand sind. Die Zeit hat ihre Bedeutung verloren.

»Hier kann man ihr Strahlen viel besser sehen als zu Hause …«

»Eigentlich leuchten sie nicht selbst«, erklärt Sebastian. »Die Sonne strahlt sie an. Deshalb können wir die Sterne nur erkennen, wenn es komplett dunkel ist.«

Ich neige den Kopf und betrachte sein Profil. Seltsam, wir kennen uns kaum eine Stunde, und trotzdem fühlt es sich ganz natürlich an, hier mit ihm am Strand zu sitzen. Ob es Sebastian auch so geht?

»Bist du alleine hier?«, frage ich ihn.

Er schüttelt den Kopf. »Mit Freunden. Aber sie haben sich für heute Abend abgeseilt. Wir haben hier eine Finka gemietet.«

»Ich bin mit meiner Schwester hier«, entgegne ich, beuge mich ein Stück vor und zeichne mit dem Zeigefinger kleine Kreise in den Sand vor mir. »Eigentlich war das alles ganz anders geplant …« Ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter, der sich jedes Mal aufs Neue bildet, sobald ich an Nick denke.

»Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst«, meint Sebastian leise. Ich schaue ihn an und erkenne, wie sein Blick fest auf meinem Gesicht ruht. Sein ernster Gesichtsausdruck beruhigt mich, und mein Herz fühlt sich plötzlich ganz leicht an.

»Ist schon okay«, murmele ich und senke erneut den Kopf, weil ich seinem Blick nicht standhalten kann. »Eigentlich sollte das hier ein … Pärchenurlaub werden. Doch meine Beziehung ist vor zwei Monaten in die Brüche gegangen. Also hat sich meine Schwester bereit erklärt, mit mir zu verreisen, damit ich nicht auf den Kosten sitzen bleibe.«

»Oh. Das tut mir leid.« Echtes Bedauern liegt in seiner Stimme.

»Du kannst ja nichts dafür, dass Ni–« Abrupt breche ich ab. Soll ich einem mir wildfremden Mann erzählen, dass ich schwul bin? Keine Ahnung, wie Sebastian darauf reagieren würde, denn ich bin mir nicht sicher, woran ich bei ihm bin. Er hat im Club keine eindeutigen Signale gesendet – wobei ich diese vermutlich nicht einmal deuten könnte, da Nick mein erster und bisher einziger Freund war.

»Ich bin wegen meines Geburtstags hier«, erzählt mir Sebastian. »Meine Freunde haben mir eine Party organisiert, weil die Finka den Eltern eines Kumpels gehört.«

Ich bin froh darüber, dass er so schnell das Thema wechselt. »Wann hast du denn Geburtstag?«, frage ich neugierig. Er zieht sein Smartphone aus der Hosentasche und schaut aufs Display.

»Heute«, meint er mit einem Grinsen und zeigt mir sein Handy. Es ist Mitternacht.

»Dann herzlichen Glückwunsch«, sage ich mit einem Lächeln, das er vermutlich kaum sehen kann. Sebastian beugt sich ein Stück zu mir rüber.

»Danke. Wie wäre es mit einem Geburtstagsgeschenk?«, raunt er mir leise zu. Seine tiefe Stimme beschert mir eine Gänsehaut, die nicht von der kühlen Meeresluft kommt.

»Ähm … ich habe aber nichts, das –«

Bevor ich meinen Satz beenden kann, presst er seine Lippen auf meine.

Kapitel 2

-Sebastian-

Keine Ahnung, warum ich ihn geküsst habe. Aber ich bin im Urlaub, wir waren allein und unbeobachtet. Hier sollte ich mir keine Gedanken darum machen, was morgen passiert. Außerdem hat es sich gut angefühlt, in diesem Moment nicht allein zu sein. Seine Überraschung war irgendwie süß. Eigentlich wollte ich mich nicht so an Moritz ranschmeißen, doch seine ganze Art, diese Zurückhaltung und seine Verlegenheit in meiner Gegenwart machten mich neugierig. Außerdem kann ich meinen alkoholisierten Zustand immer noch als Ausrede für mein Verhalten vorschieben. Immerhin habe ich im Club einiges getrunken, bevor ich mich von meinen Freunden abgeseilt und Moritz über den Weg gelaufen bin. Es war nicht geplant, mit ihm den Club zu verlassen, doch irgendwie hatte ich plötzlich keine Lust mehr, zu den anderen zu gehen, die sich irgendwelche Mädels aufgerissen haben. Hoffentlich begegne ich keiner von ihnen in der Finka.

Müde reibe ich mir übers Gesicht und krame den Schlüssel aus der Hosentasche. Ich habe die Nacht am Strand verbracht, nachdem Moritz nach unserem Kuss fluchtartig das Weite gesucht hat. Zwar habe ich nicht damit gerechnet, dass er mich in sein Hotelzimmer mitnimmt, weil ich nicht auf einen One-Night-Stand aus war, dennoch enttäuschte mich seine Reaktion ein bisschen. Es war bloß ein flüchtiger, scheuer Kuss. Beinahe wie unter Grundschülern. Trotzdem hat mein Herz in diesem Moment einen aufgeregten Satz gemacht. Habe ich die Situation zwischen uns falsch eingeschätzt oder die Zeichen nicht richtig gedeutet? Im Club wirkte er nicht besonders interessiert an den Frauen, die immer wieder versucht haben, mit ihm zu flirten. Moritz und seine Schwester sind mir bereits aufgefallen, ehe Marie auf mich aufmerksam geworden ist. Es war sein trauriger Gesichtsausdruck, der mich nicht losgelassen hat. Irgendwas in mir wollte hinter seine Fassade blicken, um herauszufinden, warum er so verletzt aussah. Nun, der Kerl leidet an Liebeskummer. Da kann ich ihm seine schlechte Laune nicht verübeln.

Ich schiebe die Tür auf und laufe direkt einer jungen Frau in knappem Bikini in die Arme. Na toll, hab ich’s mir doch gedacht! Tobias konnte es natürlich wieder nicht lassen und hat eine Frau angeschleppt. Die Blondine mustert mich interessiert, dann erscheint ein Lächeln auf ihren rot geschminkten Lippen.

»Wow, ich wusste gar nicht, dass hier noch jemand wohnt. Wo hast du dich gestern Abend versteckt?« Ihr Blick macht deutlich, dass sie mich heiß findet, obwohl ich ziemlich ramponiert aussehen muss. Meine Klamotten sind zerknittert, die Haare hängen mir wirr ins Gesicht und kleben vom nächtlichen Bad im Salzwasser. Außerdem habe ich Sand in jeder Ritze, was verdammt unangenehm ist.

»Sorry, aber du scheinst trotzdem Spaß gehabt zu haben«, brumme ich und starre auf den Knutschfleck oberhalb ihres Dekolletés. Sie errötet und rauscht an mir vorbei durch die offene Haustür. Müde schleppe ich mich ins große Wohnzimmer, wo ich Heiko auf einem der Sofas liegen sehe. Er hält eine Bierflasche in der Hand. Als er mich entdeckt, winkt er mir mit der freien Hand halbherzig zu.

»Happy Birthday, Mann. Hast du noch gut gefeiert? Ich habe gesehen, wie du mit so einer hübschen Brünetten getanzt hast. Bist du mit ihr verschwunden? Scheinst ja eine aufregende Nacht gehabt zu haben, wenn du jetzt erst hier auftauchst.«

Nein, mit ihrem kleinen Bruder, der mich nicht rangelassen hat …

»Wollte euch bloß nicht bei euren Dates stören«, brumme ich stattdessen und verkneife mir einen Kommentar wegen Moritz. Mein Kumpel lacht kehlig und nimmt noch einen Schluck aus seiner Bierflasche. Dass er so früh am Morgen schon Alkohol trinken kann, ist echt widerlich. Mir dreht sich bereits bei dem Gedanken an Bier der Magen um. Mit über der Brust verschränkten Armen bleibe ich mitten im Raum stehen und sehe mich um. Hier sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Überall liegen leere Flaschen und Bierdosen, Schnapsgläser und benutztes Geschirr. Wir sind bereits eine Woche hier, und keiner von meinen Freunden hält es für nötig, ein bisschen aufzuräumen. Die ersten Tage habe ich bei den abendlichen Partys mitgemacht, doch mittlerweile bin ich einfach nur noch müde vom Alkohol und der lauten Musik. Eigentlich wollte ich gestern Abend in der Finka bleiben, doch nun bin ich Tobias sogar dankbar, weil er mich zum Mitgehen überredet hat. Denn sonst wäre ich Moritz nicht begegnet …

»Pennt Tobi noch?«, frage ich, durchquere den Raum und sammele dabei einige Flaschen vom Fußboden, die ich neben das Spülbecken in der angrenzenden Küchenzeile stelle.

Heiko gähnt herzhaft. »Jap. Du kennst ihn ja. Wenn er zu viel getrunken hat, bekommt ihn niemand vor dem Mittagessen aus dem Bett.«

Murrend gehe ich ins Bad, um den Sand und das Salz von meinem Körper zu waschen. Ein toller Urlaub! Meine Freunde haben nichts Besseres zu tun, als ihren Rausch auszuschlafen oder sich erneut mit Frauen zu amüsieren. Wieso zur Hölle habe ich diesem Trip überhaupt zugestimmt? Zum Glück geht’s übermorgen schon nach Hause … Obwohl – nun habe ich Moritz kennengelernt. Der Gedanke an meine gestrige Begegnung zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Ein kleiner Urlaubsflirt wird mir nicht schaden. Denn was auf Malle passiert, bleibt auf Malle. Oder? Vielleicht habe ich Glück und sehe ihn wieder. Doch nach meiner gestrigen Aktion würde es mich nicht wundern, wenn er einen großen Bogen um mich machen würde. Mit dem Kuss habe ich ihn wirklich überrumpelt.

Hastig schäle ich mich aus den Klamotten und steige in die Duschwanne. Das heiße Wasser tut gut und vertreibt endgültig den Schlaf aus meinen steifen Gliedern. Ich spüle mir den Sand aus den Haaren, seife mich mit Duschgel ein und werde von einer wohlriechenden Wolke aus Milch und Honig umgeben. Der Dampf des heißen Wassers lässt das kühle Glas der Duschkabine beschlagen. Ich bleibe länger als üblich im Badezimmer, weil die anderen sowieso mit sich selbst beschäftigt sind. Als ich fertig bin, schleiche ich in Unterwäsche in mein Zimmer und werfe mich aufs Bett. Was soll ich mit dem Rest des Tages anfangen? Irgendwie habe ich mir meinen Geburtstag anders vorgestellt. Weniger einsam. Doch zu Hause wäre es vermutlich nicht anders gewesen, denn meine Eltern sind praktisch nie da, und wenn doch, dann streiten wir uns fast nur wegen meines Studiums. Da ist der kleine Urlaub die bessere Alternative gewesen.

Ich drehe mich auf den Bauch und umarme mein Kopfkissen. Jetzt spüre ich, wie die Müdigkeit in meinen Körper zurückkehrt. So eine Nacht unter dem Sternenhimmel mag zwar romantisch sein, ist jedoch nur wenig erholsam. Als ich gerade die Augen schließen will, wird meine Zimmertür schwungvoll aufgerissen. Ich schaffe es kaum, mich wieder umzudrehen, als ich auch schon Gewicht auf mir spüre.

»Autsch! Pass doch auf, du Idiot«, ächze ich, als ich unter Tobias begraben werde. Mein bester Freund hat sich mit voller Wucht auf meinen Rücken geworfen.

»Alles Gute zum Geburtstag!«, brüllt er mir ins Ohr, ehe ich ihn von mir runterschieben kann. Tobi ist eindeutig noch betrunken.

»Mann, jetzt runter von mir«, maule ich, als er mich endlich freigibt. »Wieso bist du überhaupt schon wach? Es ist noch verdammt früh.«

»Heiko hat mich buchstäblich aus dem Bett geworfen«, entgegnet er mit einem schiefen Grinsen. »Weil heute doch ein besonderer Tag ist. Immerhin wird mein allerbester Freund einundzwanzig. Dieses Ereignis sollten wir gebührend feiern!« Tobi spitzt seine Lippen und macht Anstalten, mich zu küssen, doch ich drehe blitzschnell den Kopf zur Seite und hebe den Arm vor mein Gesicht. Der Kerl stinkt wie eine Müllhalde. Außerdem lasse ich mich nicht von meinem besten Freund küssen, obwohl er sich oft genug einen Spaß draus macht. Die Jungs wissen, dass ich homosexuell bin, denn ich hatte schon zahlreiche One-Night-Stands mit Männern. Sie haben sich nie daran gestört, weil ich ihnen noch nie einen Mann vorgestellt habe, mit dem es mir ernst war. Meine Affären waren nie wichtig genug, als dass ich sie in meinen Freundeskreis integriert hätte. Wenigstens kann ich mit meinen Freunden über meine Gefühle reden, und sie akzeptieren mich, wie ich bin, auch wenn sie oft genug Späße über meinen Männergeschmack machen. Doch damit komme ich klar. Ich finde die Frauen, die sie jedes Mal aufreißen, auch nicht wirklich anziehend. Mit meinen Eltern hingegen kann ich nicht über meine Gefühle sprechen. Mein Liebesleben ist bei uns zu Hause tabu, weil sie nicht akzeptieren können, dass ich schwul bin. Meine Familie tut so, als wäre es schlicht unmöglich, dass ich auch auf Männer stehen könnte. Ein schwuler Sohn ist eine Katastrophe in ihren Kreisen!

»So besonders ist dieser Tag auch wieder nicht«, brumme ich und setze mich Tobias gegenüber im Schneidersitz aufs Bett. Erneut wird meine Tür aufgerissen, und Heiko stolpert herein.

Wir sind alle noch betrunken vom gestrigen Abend, zudem auch noch übermüdet. Keine gute Ausgangsbasis für eine weitere Party.

»Wir haben ein Geschenk für dich«, verkündet Heiko breit grinsend. »Zur Feier des Tages!«

Heiko tritt zu mir heran und enthüllt einen kleinen Schokoladenkuchen, den er hinter seinem Rücken versteckt hatte. Sofort werden meine Züge weicher. Es rührt mich, dass diese Chaoten sich die Zeit genommen haben, mir einen Kuchen zu besorgen.

»Leider ohne Kerze«, fügt Tobi in entschuldigendem Ton hinzu. »Aber besser als gar kein Kuchen. Heiko wollte dir erst eine Flasche Tequila kaufen und eine hübsche Schleife dranmachen. Aber ich habe für Kuchen gestimmt. Alkohol bekommen wir hier genug.«

»Solch weise Worte habe ich dir gar nicht zugetraut«, gestehe ich schmunzelnd und nehme den Kuchen entgegen, der bereits in drei gleich große Stücke geschnitten ist. Die beiden quetschen sich neben mich in mein schmales Bett, und wir essen herrlich klebrigen Schokoladenkuchen aus dem Discounter. Besser geht’s einfach nicht!

»Willst du noch ein Bier?«, fragt Heiko und schwenkt seine Wasserflasche in der Luft. Die verbleibenden Bierdosen vom vergangenen Abend hat mein Kumpel in leere Flaschen umgefüllt, damit wir am Strand trinken können.

»Nein danke. Ich halte mich an echtes Wasser«, sage ich zu ihm und nehme einen Schluck aus meiner Flasche. Ich habe immer noch einen leichten Kater, weshalb ich zumindest für ein paar Stunden auf Alkohol verzichten will. Um die Party heute Abend im Club werde ich nicht herumkommen, aber wenigstens jetzt kann ich versuchen, meinen Kater weitestgehend zu kurieren. Außerdem knallt die Mittagssonne so dermaßen, dass ich nach einem Bier vermutlich komplett betrunken wäre.

Ich setze mich auf meinem Handtuch auf und schaue kurz zu Tobias, der auf dem Bauch liegt und schnarcht. Seine Wachphase am Vormittag hat nicht lange angehalten, und sobald wir am Strand waren, ist er auf seinem Handtuch eingeschlafen.

»Ich werde ein bisschen schwimmen gehen«, informiere ich Heiko und erhebe mich von meinem Platz, ohne seine Antwort abzuwarten. Langsam gehe ich durch den heißen Sand hinab zum Wasser. Der Strand ist überfüllt, sodass ich mir vorkomme wie bei einem Hindernislauf. Ich muss aufpassen, nicht in irgendwelche Sandburgen oder Spielförmchen zu treten, mit denen Kleinkinder ihrer Kreativität Ausdruck verliehen haben. Außerdem liegen überall Taschen, Handtücher und Sonnenschirme herum.

Endlich am Wasser, stecke ich zuerst meine Zehen hinein. Das kühle Nass umspült meine Knöchel und lässt mich zufrieden seufzen. Es ist viel wärmer als vergangene Nacht. Kurz taucht Moritz vor meinem inneren Auge auf, doch ich vertreibe das Bild, indem ich kopfüber ins Wasser springe und mit einigen schnellen Zügen tiefer hineinschwimme. Die spontane Begegnung mit Moritz geistert schon seit heute Morgen in meinem Kopf herum. Keine Ahnung, warum meine Gedanken immer wieder zu ihm schweifen, obwohl wir uns ja kaum kennen.

Ich tauche wieder auf und schüttele mein Haar aus, streiche mir die nassen Strähnen mit einer Hand aus der Stirn. Instinktiv berühre ich mit dem Zeigefinger meine Lippen. Dieser Kuss hat sich in meine Erinnerung gebrannt. Es ist, als könnte ich seine Wärme immer noch spüren …

Hastig schüttele ich den Kopf und stapfe aus dem kniehohen Wasser hinaus. Am Ufer bleibe ich stehen und sehe mich nach meinen Freunden um. Ich erkenne Tobis blonden Hinterkopf, der Kerl schläft immer noch. Doch Heiko sitzt nicht mehr auf seinem Platz. Vermutlich holt er sich etwas zu trinken oder flirtet mit irgendwelchen Mädels.

»Pass auf!«, ruft plötzlich jemand von rechts. Ich will mich gerade umdrehen, als mich auch schon ein Ball mit voller Wucht an der Schulter trifft. Ich stöhne vor Schmerz auf und gehe in die Knie. Der Wurf war verdammt fest.

»Sorry, ich wollte nicht … Oh, Sebastian?!« Vor meinem Blickfeld tauchen zwei nackte Füße auf, die in blauen Flip-Flops stecken. Die dazugehörige Badehose ist ebenfalls blau und viel zu weit für ihren Träger. Leichte Bauchmuskeln zeichnen sich unter der hellen Haut ab. Ich blinzle und lege den Kopf in den Nacken, statt aus meiner hockenden Position aufzustehen.

»Kannst du mir den Ball zurückgeben?«

Abermals blinzle ich, dann erkenne ich Moritz, der dicht vor mir steht und sich ein Stück zu mir beugt. Seine dunkelbraunen Locken hängen ihm feucht in die Stirn und sind im nassen Zustand beinahe schulterlang. Eine Mischung aus Verwirrung und Freude liegt in seinem warmen Blick. Ich starre ihn immer noch fassungslos an. Irgendwie hätte ich nicht gedacht, dass mich eine weitere Begegnung mit ihm gleich in die Knie zwingt.

»Ähm.« Ich räuspere mich und nehme den kleinen Ball in die Hände, der zwischen meinen Beinen im Sand liegt. Dann rappele ich mich mühsam auf und halte ihm den Ball entgegen.

»Sorry, dass du den Ball abbekommen hast«, entschuldigt er sich bei mir und sieht dabei verlegen auf seine Füße im Sand.

»Sei froh, dass ich es bin. Es hätte auch jemand anderen treffen können«, meine ich mit einem schiefen Grinsen, weil mich seine Schüchternheit amüsiert. Ich kann sogar rote Flecken auf seinen Wangen erkennen. Gestern Nacht war es zu dunkel, um sein Gesicht genauer anzusehen. Die braunen Augen werden von einem Kranz dichter Wimpern umrahmt, die in seiner leicht gebückten Haltung besonders hervorstechen. Die Nase ist klein und gerade, das Kinn weich und die Wangenknochen nicht so markant wie bei anderen Männern. Alles in allem ist er eine zierliche Person.

»Deine Schulter ist rot. Tut es weh? Soll ich dir eine kühlende Creme geben?«, fragt er schließlich und sieht ernsthaft besorgt aus.

»Es geht schon«, beschwichtige ich ihn, obwohl die Stelle unangenehm zu pochen beginnt. »Halb so wild. Ist sicher nur leichter Sonnenbrand. Habe vergessen, mich einzucremen.«

»Nein, ehrlich. Ich würde mich besser fühlen.« Er lächelt zaghaft, den Ball fest gegen seine Brust gepresst. Dann sieht er kurz über seine Schulter. Auch ich schaue in die Richtung und erkenne Marie in einiger Entfernung, die uns zuwinkt.

»Komm mit zu unserem Platz. Sicher kann dich meine Schwester eincremen.« Er wendet sich zum Gehen, doch ich umfasse sein Handgelenk, sodass er gleich in der Bewegung stoppt.

»Wenn ich mitkommen soll, dann will ich wenigstens, dass du meine Schulter eincremst«, sage ich zu ihm und spüre sogleich, wie sich mein Puls beschleunigt. Moritz stockt kurz, dann nickt er zaghaft und geht voraus durch den Sand. Ich folge ihm in einigem Abstand, um unter den anderen Strandbesuchern nicht zu sehr aufzufallen.

»Was für ein Zufall!« Marie begrüßt mich mit einer überschwänglichen Umarmung, als wären wir gute Freunde, die sich nach jahrelanger Trennung endlich wiedergefunden haben.

»Ist sie immer so?«, frage ich Moritz schmunzelnd.

»Immer«, meint er und erwidert mein Lächeln. Für seinen Kommentar erntet er einen Klaps auf den Oberarm.

»Hey, ich habe bloß gute Laune. Es kann ja nicht jeder so ein Miesepeter sein wie du«, meldet sich Marie gespielt sauer.

Moritz schiebt beleidigt die Unterlippe vor, was mich schmunzeln lässt. Die beiden Geschwister sehen sich verdammt ähnlich, sind jedoch grundverschieden. Moritz scheint ein eher zurückhaltender Typ zu sein, während Marie einen mit ihrer offenen und herzlichen Art direkt in ihren Bann zieht. Kein Wunder, dass meine Freunde geglaubt haben, ich hätte es gestern im Club auf Marie abgesehen, denn ihre Ausstrahlung ist selbst den anderen Jungs aufgefallen. Vermutlich hätte Tobi sie angesprochen, wäre ich nicht schon zu den Zwillingen rübergegangen.

»Ähm … wollen wir zu eurem Platz gehen? Moritz hat angeboten, mich zu verarzten«, wechsele ich schnell das Thema und deute auf meine Schulter. Maries Augen weiten sich erschrocken. Sogleich packt sie mich am Arm und zerrt mich hinter sich her durch den Sand.

»Sorry. Das wollte ich nicht. Gott, ist das peinlich! Ich habe beim Volleyball einfach einen zu festen Schlag, weißt du. Und Moritz ist alles andere als eine Sportskanone.« Sie schielt zu ihrem Zwillingsbruder rüber, der stumm neben ihr hergeht.

»Halb so wild. Eigentlich tut es schon gar nicht mehr weh«, beschwichtige ich und schüttele ihren Arm ab. Kommt es mir nur so vor, oder stört es Moritz, dass Marie mir so auf die Pelle rückt? Zumindest wüsste ich nicht, wie ich seinen verkniffenen Gesichtsausdruck sonst deuten könnte. Also trete ich an seine Seite und lege ihm aus einem Impuls heraus den Arm um die Schulter. Moritz zuckt kurz zusammen, versucht sich jedoch vor seiner Schwester nichts anmerken zu lassen.

»Ich würde mich natürlich trotzdem breitwillig von dir verarzten lassen«, raune ich ihm ins Ohr. »An meinem Geburtstag.« Bei meinen letzten Worten zuckt er noch einmal, dieses Mal heftiger. Sofort bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn mit meinem Verhalten aufziehe. Vielleicht ist ihm meine Nähe gänzlich unangenehm, und ich interpretiere etwas in seine Reaktionen hinein, das gar nicht da ist? Schon seltsam, warum ich mir so viele Gedanken wegen eines Mannes mache … So kenne ich mich gar nicht!

Erneut bringe ich etwas Abstand zwischen uns, weil ich Maries Kichern bemerke. Ein verzücktes Lächeln umspielt ihre Lippen, während sie Moritz und mich mustert. Ich straffe die Schultern und schaue zum Wasser rüber. Kinder spielen am Ufer mit einem Wasserball. Ihr helles Lachen schallt zu uns herüber.

»Hier ist unser Platz. Komm, setz dich doch. Ich hole eben das kühlende Gel aus meiner Tasche«, lädt mich Marie ein und deutet auf ein großes rosafarbenes Strandtuch. Ich lasse mich darauf plumpsen und sehe zu Moritz hoch, der etwas unschlüssig neben mir steht.

»Wenn du hier herumstehst, dann komme ich mir blöd vor«, sage ich in einem versöhnlichen Ton. Moritz seufzt hörbar und setzt sich neben mich. Ich schiele zu seiner Zwillingsschwester, die emsig in ihrer großen Strandtasche herumwühlt, dann rutsche ich etwas näher an Moritz heran.

»Wegen gestern Nacht … Sorry, ich wollte dich nicht so mit dem Kuss überrumpeln«, flüstere ich, damit Marie mich nicht hören kann. »Vergiss es einfach, wenn’s dir unangenehm war. Ich war wohl viel zu betrunken, um die Situation richtig einzuschätzen.« Denn eigentlich habe ich nicht gedacht, dass ich in den letzten Tagen meines Sommerurlaubs einem Mann begegne, der mein Interesse weckt. Wären wir uns zu Hause begegnet, wäre das nie passiert. Zu Hause wäre ich nie so locker gewesen. Dort führe ich keine öffentliche Beziehung, sondern stolpere von einer geheimen Affäre in die nächste, damit meine Familie nichts mitbekommt. Ich habe keine Lust, mich vor meinen Eltern rechtfertigen zu müssen. Deshalb sind anonyme One-Night-Stands alles, womit ich mich begnügen kann. Als Sohn des berühmten plastischen Chirurgen und Chefarztes Dr. med. Günther Arnoldsen brauch ich eine blütenreine Weste. Hier auf Malle bin ich jedoch nur Sebastian, der Spaß haben will. Vermutlich fällt es mir deshalb so leicht, mit Moritz zu flirten. Denn das ist es – nur ein Urlaubsflirt. Sobald ich in den Flieger zurück nach Deutschland steige, werde ich ihn sowieso nie wiedersehen.

»War’s nicht …«, murmelt Moritz so leise, dass ich ihn kaum verstehe.

»Was?«, frage ich nach und beobachte sein Gesicht, das sich sogleich rötet.

»Es war mir nicht unangenehm.« Seine Wangen röten sich noch mehr, und er sieht verlegen auf seine im Schoß gefalteten Hände. »Ich war bloß überrascht.«

Seine Worte lassen mein Herz noch schneller schlagen. Nun bin ich es, der verlegen wird.

»Hier ist die Creme!«, verkündet Marie und hält mit einem triumphierenden Grinsen die Tube in die Höhe, die sie Moritz zuwirft. Dieser ist viel zu überrumpelt, als dass er sie geschickt fangen könnte. Deshalb prallt die Tube an seiner bloßen Brust ab und fällt ihm in den Schoß.

»Oh, Momo, du bist ja ganz rot im Gesicht. Hast du etwa einen Sonnenbrand?«, kommt es irritiert von Marie. Ich grinse in mich hinein, während Moritz sie finster anblickt. Wortlos schraubt er den Deckel der Tube ab.

»Dreh dich bitte um, damit ich deine Schulter eincremen kann.« Seine Stimme klingt ruhig und lässt keine Widerworte zu. Also wende ich ihm den Rücken zu und lasse meine Schultern entspannt nach vorne fallen, damit er überall drankommt. Als ich das kühlende Gel auf meiner erhitzten Haut spüre, seufze ich erleichtert. Es tut tatsächlich gut, obwohl der anfängliche Schmerz längst abgeklungen ist. Mit geschlossenen Augen genieße ich die kreisenden Bewegungen seiner Finger. Seine Wärme steht in Kontrast zu der kühlen Creme, sodass ich mich völlig entspanne.

»Hach! Ihr seid so süß zusammen«, kommt es von Marie. Mit einem verzückten Lächeln sieht sie zwischen Moritz und mir hin und her. Sofort stoppt Moritz seine Bewegungen, was mich ein bisschen enttäuscht. Ich straffe die Schultern und setze mich gerade hin.

»Wie war eigentlich dein Flirt von gestern Abend?«, frage ich Marie, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Ich möchte nicht, dass sich Moritz wegen mir unwohl fühlt.

»Entpuppte sich als Reinfall.« Sie zuckt gleichgültig mit den Achseln. Scheinbar ist sie nicht traurig darüber. Sie beugt sich ein Stück zu mir und hält sich die Hand vor den Mund, als würde sie mir ein Geheimnis anvertrauen wollen.

»Aber das ist auch eigentlich egal. Ich wollte eh nichts von dem Kerl. Mich interessiert eher, was zwischen euch gelaufen ist«, sagt sie in verschwörerischem Ton. Ach, also ist Moritz nicht so hetero, wie ich befürchtet habe …

»Mann, kannst du das bitte lassen?«, fährt er seine Schwester an.

»Jetzt sei nicht gleich so gereizt. Ich versuche dir bloß zu helfen! Damit du nicht ewig vor dich hin jammerst, dass die Welt so ungerecht ist.« Beleidigt verschränkt sie die Arme vor der Brust. Okay, die beiden haben wirklich eine merkwürdige Beziehung zueinander. Aber vermutlich ist das unter Geschwistern so. Als Einzelkind kenne ich mich da nicht aus. Bevor die Stille noch peinlicher wird, weil Moritz sich kaum am Gespräch beteiligt, höre ich die Rufe meiner Freunde. Ich drehe mich in die Richtung, aus der ihre Stimmen kommen, und winke, sodass sie ebenfalls zu uns rüberkommen.

»Hey, hier steckst du also! Wir dachten schon, du wärst von einem Hai gefressen worden«, gibt Heiko wieder einmal einen seiner blöden Witze zum Besten und hockt sich vor mich in den Sand.

»Auf Mallorca gibt es keine Haie«, sagt Moritz etwas zu ernst. Heiko mustert ihn neugierig.

»Und du bist …?«

»Moritz«, sage ich an seiner Stelle. »Wir haben uns gestern im Club kennengelernt.«

»Ah!« Heiko grinst wissend und wackelt mit den Augenbrauen. Er und Tobias lassen sich ebenfalls in den Sand fallen. Mein bester Freund hält mir einladend das abgefüllte Bier entgegen, und tatsächlich nehme ich einen großen Schluck von dem mittlerweile warmen Getränk. Plötzlich ist meine Kehle wie ausgetrocknet.

»Hallo Schönheit!«, sagt Tobias, als sein Blick auf Marie fällt, und seine Augen beginnen zu leuchten. Sie kichert wegen des Kompliments, das mein bester Freund fast jeder Frau macht, doch das kann sie ja nicht ahnen. Ich verdrehe bloß die Augen. Tobi zieht immer dieselbe Masche ab, und seltsamerweise scheinen die Frauen darauf zu stehen.

»Hättest ruhig Bescheid sagen können, dass du so lange wegbleibst. Wir haben mit dem Mittagessen auf dich gewartet«, meint Heiko in vorwurfsvollem Ton. Wie zur Bestätigung knurrt sein Magen so laut, dass ich lachen muss.

»Dabei habe ich gedacht, sechs Bier ersetzen eine Mahlzeit. Wie viele hast du schon intus?«, gebe ich neckend zurück.

»Bloß vier. Also zählt das nicht. Wollen wir uns Pommes holen?«