Even the Stars Dream - Katharina B. Gross - E-Book

Even the Stars Dream E-Book

Katharina B. Gross

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Beschreibung

Würdest du für die Liebe alles aufs Spiel setzen, wofür du jahrelang gekämpft hast? – Ein bittersüßer New-Adult-Roman über Glücksgefühle, Enttäuschungen und K-Pop Musik Nach der Trennung seiner Band hat Sänger Jamie Hudson dem Musikbusiness abgeschworen. Deshalb sträubt er sich zunächst gegen die Idee seines Managers, einen Song mit der südkoreanischen K-Pop Band Get Over aufzunehmen. Denn die Koreaner verkörpern alles, was Jamie glaubt, verloren zu haben. Doch je näher er den Sänger Tae-joon kennenlernt, desto mehr bröckelt die Fassade des unnahbaren Musikers. Vor allem, als es zwischen ihm und Tae zu knistern beginnt, was nicht nur Jamies Leben gehörig auf den Kopf stellt. Denn auf einmal stehen beide vor der Frage, was wichtiger ist: ihre Karriere oder die Liebe. »Das Buch wusste mich mit leisen Tönen und lauten Szenen gleichermaßen zu überzeugen. Besonders gut gefallen hat mir die Botschaft, dass man nicht Mann oder Frau liebt, sondern einen Menschen. Eine Botschaft, die für manche leichter im Alltag zu leben ist, als für andere – wie sich an Jamie und Tae-joon zeigt.« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Ich war gespannt. Gespannt auf eine Gayromance, die nicht nur im Musikbusiness spielt, sondern auch noch in Verbindung mit dem harten koreanischen Idol Universum. Die Figuren sind nicht perfekt und genau das macht sie so liebenswert. Ein wirklich tolles Buch in der Welt des Pop bzw. Kpop Businesses, dass für meinen Geschmack definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Mir hat das Buch viel Spaß gemacht und die Lovestory ist absolut sweet. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.« ((Leserstimme auf Netgalley))

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© Piper Verlag GmbH, München 2023

Redaktion: Diana Napolitano

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: Giessel Desgin

Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Triggerwarnung

Kapitel 1

Vom Boden der Tatsachen kann’s nur noch bergauf gehen, oder?

Jamie

Kapitel 2

Now let’s start the show

Tae-joon

Kapitel 3

Angriff ist die einzig wahre Verteidigung

Jamie

Kapitel 4

Get Over

Tae-joon

Kapitel 5

Einmal in die Hölle und zurück – oder so ähnlich

Jamie

Kapitel 6

What a night

Tae-joon

Kapitel 7

Freund oder Feind – das ist hier die Frage

Jamie

Kapitel 8

Only friends

Tae-joon

Kapitel 9

Der Emo und sein Golden Retriever

Jamie

Kapitel 10

Leave me in New York

Tae-joon

Kapitel 11

Wer ist mein Bias?

Jamie

Kapitel 12

What is love?

Tae-joon

Kapitel 13

Wenn das Licht am Ende des Tunnels plötzlich ausgeht

Jamie

Kapitel 14

Back to you

Tae-joon

Kapitel 15

Boyfriend gesucht, wer will?

Jamie

Kapitel 16

Let me love you

Tae-joon

Kapitel 17

Willkommen in der Familie

Jamie

Kapitel 18

Happy place

Tae-joon

Kapitel 19

Einmal die Welt um 180 Grad drehen, bitte danke

Jamie

Kapitel 20

Two broken hearts

Tae-joon

Kapitel 21

Planung wird ja auch überbewertet

Jamie

Kapitel 22

Let’s make memories together

Tae-joon

Kapitel 23

Wenn du denkst, du hast die Lösung gefunden, ändert das Leben einfach die Spielregeln

Jamie

Kapitel 24

Maybe it’s not the end

Tae-joon

Kapitel 25

Der Versuch zu überleben

Jamie

Kapitel 26

Where is the love?

Tae-joon

Kapitel 27

Auf einer Skala von eins bis beschissen

Jamie

Kapitel 28

Love me or leave me

Tae-joon

Kapitel 29

Wenn wir untergehen, dann immerhin mit einem Knall

Jamie

Epilog

Happy ever after

Tae-joon

Ein Jahr später

Danksagung

Danksagung Alex Parker

Danksagung Katharina B. Gross

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Für jeden, dessen Herz für die Musik schlägt.

Für die Idols, die sich Tag für Tag verstecken. Wir sehen euch. Wir lieben euch.

Für dich, weil du bunt bist <3

"Even the Stars dream" enthält potenziell triggernde Inhalte.

ACHTUNG: Es folgen SPOILER für den Roman!

Die Inhalte sind: Depressionen, Panikattacken, Homophobie

Kapitel 1

Vom Boden der Tatsachen kann’s nur noch bergauf gehen, oder?

Jamie

Mit geschlossenen Lidern stehe ich unter dem heißen Wasserstrahl der Dusche. Der Podcast im Hintergrund ist so laut, dass mir beinahe die Ohren schmerzen. Keine Ahnung, wovon er handelt. Er verschwimmt mit dem Rauschen des Wassers zu einer Mauer, die mich umgibt und meine Gedanken davon abhält, mich zu erdrücken. Früher habe ich Musik gehört, doch seit einiger Zeit ertrage ich sie nicht mehr. Hätte ich mitgezählt, wüsste ich, dass es genau drei Monate, zwei Wochen, vier Tage und ein paar Stunden her ist, dass ich das letzte Mal meinen Musikplayer eingeschaltet habe. Aber wer zählt schon die Tage seit dem schlimmsten Moment seines Lebens?

Niemand.

»Jamie«, schreit meine Schwester gegen den Lärm an. Keine Ahnung, warum sie in meiner Wohnung ist. Eigentlich wollte ich sie abholen. »Was machst du da drin? Ganzkörperrasur?«

Ich muss schmunzeln, obwohl mir eigentlich eher nach heulen ist. Wieso habe ich zugestimmt, sie heute Abend zu begleiten? Gute Frage. Kurzzeitige Unzurechnungsfähigkeit vielleicht. Wobei, von kurzzeitig kann nach drei Monaten, zwei Wochen und vier Tagen, die ich in diesem Zustand verbringe, kaum mehr die Rede sein.

Schluss damit. Ich stelle das Wasser ab, schüttle mein nasses Haar und steige aus der Dusche. In ein Handtuch gewickelt betrachte ich mich einen Moment im Spiegel. Schwarze Strähnen hängen mir in die Augen, überspielen die Ringe, die darunterliegen. Meine Wangen sind rot vom heißen Wasser, dennoch wirkt mein Gesicht kantig und eingefallen. Es steht im harten Kontrast zum Rest meines Körpers, den ich in den letzten Wochen bis an seine Grenzen getrieben habe. Denn Kraft- und Ausdauertraining ist die einzige Möglichkeit, mein Hirn zum Schweigen zu bringen. Sobald ich eine stille Minute habe, kreisen die Gedanken …

Scheiße, nach dem Auftritt heute wird man sich auf Twitter das Maul über mich zerreißen. Ich sehe die Schlagzeile bereits vor mir: Sänger der seit Kurzem getrennten Band Like We Used To ist von den Toten auferstanden, allerdings sieht er trotzdem aus wie eine Leiche … Wunderbar. Da ich mich allerdings seit Wochen von den sozialen Medien fernhalte, stört es mich kaum. Bald ist meine Schonfrist jedoch vorbei.

Mit Brian, meinem Manager, habe ich eine viermonatige Pause vereinbart. Vier Monate, in denen ich mich im Selbstmitleid suhlen darf. Danach muss ich funktionieren. Zumindest, wenn ich weiterhin Geld verdienen will. Frustriert streiche ich mir die Locken aus der Stirn, greife nach meinem Smartphone und beende den Podcast.

»Es lebt«, seufzt meine Schwester, als ich das Badezimmer verlasse. Sie hat sich neben der Tür auf den Boden sinken lassen, die Knie angezogen und ihr Kinn daraufgelegt.

»Wie bist du überhaupt hier reingekommen?«, frage ich, reiche ihr die Hand und ziehe sie auf die Beine. Statt vor mir stehen zu bleiben, fällt sie mir um den Hals. Überrascht taumle ich einige Schritte rückwärts, schließe allerdings ebenfalls meine Arme um sie.

»Brian hat mir den Schlüssel gegeben«, gesteht sie und ich schnaube gespielt.

»Der Mistkerl kann nicht einfach jeden hier reinlassen.« Eigentlich hätte ich Phia längst selbst einen Schlüssel zu meiner neuen Wohnung geben sollen. Ich sage das lediglich, um sie zu triezen. Denn so ist das zwischen uns. Wir lieben und hassen uns. Manchmal mehr das eine, manchmal mehr das andere. Je nach Tagesform.

»Hey«, empört sie sich und boxt mir gegen den Oberarm. »Du bist mein Bruder und ich nicht irgendeins deiner Groupies.«

»Stimmt, du bist schlimmer. Ein richtiger Plagegeist. Groupies bleiben nicht mal zu Frühstück … Dich dagegen werde ich wohl bis an mein Lebensende ertragen müssen.« Ich lache und Phia versucht, sich von mir zu lösen, doch ich halte sie fest, presse meine Lippen gegen ihren Kopf und puste. Wie erwartet kreischt sie, strampelt und befreit sich schließlich.

»Schindest du Zeit, kleiner Bruder?«

»Klein? Wen nennst du hier klein?«

Phia seufzt. »Lenk nicht ab. Wir sollten wirklich los. Brian wartet unten im Auto.«

»Eigentlich fühle ich mich …«

»Nein«, fällt Phia mir ins Wort. »Nein, Jamie. Du verkriechst dich jetzt seit der Trennung von Like We Used To in diesen vier Wänden. Wann hast du zum letzten Mal Tageslicht gesehen?«

Trotzig verschränke ich die Arme vor der Brust. »Heute Morgen.«

»Auf dem Weg ins Gym?«

»Vielleicht.«

Phia nimmt meine Hand und zieht mich hinter sich ins Schlafzimmer. »Du lebst mittlerweile quasi dort.«

»Gefällt mir eben.«

»Jamie«, flüstert Phia meinen Namen und streckt ihre Finger nach meinem Gesicht aus. Ich drehe mich, weiche ihr aus und flüchte mich in meinen unfassbar großen Schrank. Eigentlich wäre heute ein Stylist hier aufgelaufen und hätte mich für den Auftritt bei dem Event vorbereitet. Allerdings habe ich der Sache nur zugestimmt, wenn wir es klein halten. Keine Stylisten, niemand, der mich ankleidet, mir im Haar rumfummelt oder sonst irgendwie an mir herumzerrt. Brian hat zähneknirschend zugestimmt. Vielleicht auch, weil er mit meiner Schwester zusammen ist und quasi zur Familie gehört.

»Lass uns das Ganze canceln«, murmle ich und lehne meine Stirn gegen die Kleiderstange. »Was soll ich überhaupt dort?«

»Du musst dich zeigen. Oder willst du, dass deine Karriere vorbei ist?«

»Karriere? Davon ist kaum etwas übrig.«

Phia seufzt und erinnert mich dabei an unsere Mutter, die nie etwas anderes in meiner Gegenwart tut. Sie hasst meine Musikkarriere, wollte, dass ich genau wie Phia in ihre Fußstapfen trete und Männermodel werde. Zu ihrem Leidwesen hat mein Herz jedoch immer für die Musik geschlagen.

»Brian hat einige Schauspielanfragen bekommen. Wieso versuchst du es nicht wenigstens?« Phia legt ihre Arme von hinten um meinen Oberkörper und spendet mir etwas Trost. »Jetzt komm schon. Du hast versprochen, mich zu begleiten.«

Vielleicht hat sie recht. Wie lange will ich mich noch verstecken? Like We Used To ist Vergangenheit, irgendwann muss ich nach vorn schauen.

»Dresscode heute Abend?«, frage ich Phia und betrachte sie zum ersten Mal richtig, seit sie mich mit ihrem Besuch überrascht hat. Sie trägt ein langes beigefarbenes Kleid, das bis zum Boden reicht und von oben bis unten mit Pailletten besetzt ist. Die dünnen Träger schmeicheln ihrer zierlichen Gestalt. »Scheiße, es wird sowieso niemand auf mich achten. Du wirst sie alle blenden.«

»Wir hätten unsere Outfits abstimmen sollen. Wieso hast du Brian verboten, einen Stylisten kommen zu lassen?«

Ich zucke mit den Schultern. In Wahrheit hätte mich der Ablauf viel zu sehr an die Zeit mit Like We Used To erinnert. Schnell vertreibe ich die Traurigkeit, die in mir aufsteigt, ziehe einen schlichten schwarzen Anzug aus dem Schrank und zwänge mich hinein.

Kaum zehn Minuten später sitze ich neben Phia und Brian in dem dunklen Mercedes, der uns zur Veranstaltung bringt.

Nachdem die Band sich getrennt hat, musste ich keine fünf Sekunden überlegen und stimmte Brians Angebot zu, mein neuer Manager zu werden. Obwohl unsere Verträge beim alten Management ausgelaufen sind, kam die Trennung überraschend für mich. Ich liebte das Leben, das wir führten. Als mein bester Freund die Trennung auf den Tisch brachte, ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Wie hatte an mir vorbeigehen können, dass er mit unserer Situation unglücklich war? Ja, es war anstrengend. Ja, wir hatten Probleme mit dem Management. Ja, es gab vieles, dass mir gegen den Strich ging. Aber es gehörte eben dazu. Es war der Preis für unsere Karriere. Für die ausverkauften Hallen, für die Millionen verkauften Alben, für den Ruhm und die Fans. Ohne all das fühle ich mich leer. Beinahe tot.

»Jamie, wir sind da«, sagt meine Schwester und reißt mich aus meinen Gedanken.

»Kein roter Teppich, richtig?« Zweifelnd blicke ich aus dem Fenster. Ich sehe tatsächlich kein Blitzlicht, keine Fotografen. Lediglich einen Hintereingang.

»Versprochen ist versprochen«, meint Brian und stößt die Autotür auf. Er steigt aus. Bevor ich es ihm gleichtun kann, hält meine Schwester mich am Handgelenk zurück.

»Wir sehen uns drin, Cookie.« Sobald der alte Spitzname ihre Lippen verlässt, würde ich am liebsten in ihre Arme fallen und mich bis in alle Ewigkeit darin vergraben. Scheiße, ich bin in den letzten Wochen wirklich zu einem Trauerkloß mutiert. Damit muss Schluss sein, sonst versinke ich irgendwann in der Dunkelheit meiner Gedanken und schaffe es nie wieder, daraus aufzutauchen.

Deswegen straffe ich meine Schultern. Mit einem aufgesetzten Lächeln folge ich Brian zur Location. Sofort kommen Sicherheitsleute angerannt, kontrollieren unsere Einladungen und lassen uns schließlich ins Innere der Halle. Keine Ahnung, wo wir sind oder um welche Veranstaltung es sich handelt. Bestimmt haben es mir sowohl Brian als auch Phia gesagt, allerdings ist die Erinnerung daran weg.

Lautes Stimmengewirr dringt zu uns und ich versuche, mich gegen die kommenden Stunden zu wappnen. Sicher werde ich viele bekannte Gesichter sehen, außerdem Leute von der Presse. Unsere Trennung hat viele Fragen aufgeworfen, denen ich durch meinen Rückzug bisher erfolgreich aus dem Weg gegangen bin.

»Komm«, fordert Brian mich auf. Zusammen gehen wir einer Angestellten der Veranstaltung hinterher. Ich erkenne sie am Headset auf dem Kopf. Außerdem hat sie ein Tablet in der Hand.

Sobald wir den Veranstaltungsraum betreten, fühle ich mich geblendet. Es ist unfassbar hell und laut. Trotzdem hebe ich den Blick.

»Scheiße«, entfährt es mir. »Ist das dein Ernst, Brian? Kids Choice Awards? Hier sind verdammt viele Fans von Like We Used To. Ich dachte, wir gehen auf eine Veranstaltung, bei der nur Presse zugelassen ist.«

Brian wirft mir einen Blick über die Schulter zu. »Hörst du mir eigentlich jemals zu, wenn ich mit dir rede?«

»Manchmal«, murmle ich und folge ihm weiter zu unserem Platz. Der runde Tisch ist bisher leer und ich setze mich sofort auf meinen Stuhl, vergrabe das Gesicht einen Moment in den Händen. Wir befinden uns glücklicherweise abseits, sodass bisher kaum jemand Notiz von uns genommen hat.

Eine Hand legt sich auf meine Schulter. »Du packst das, Jamie. Es gibt keine Interviews, nur inoffizielle Gespräche mit ein paar bekannten Leuten. Ein Produzent ist dabei, der dich in seinem Film haben will. Und ich bin im Gespräch mit einigen Songwritern, die Songs für dein erstes Soloalbum schreiben wollen.«

»Soloalbum«, spucke ich ihm das Wort entgegen.

»Gut, was hältst du von einer Kollaboration?«

»Mit Bambam, Drew und Tyson?«, frage ich leise, eigentlich mehr mich selbst, doch Brian hat mich gehört.

»Wann hast du zum letzten Mal mit deinen alten Bandmitgliedern gesprochen?«

Die Frage trifft mich unvorbereitet. Deswegen schweige ich. Meinen Freunden gehe ich aus dem Weg, genau wie dem Rest der Welt. Solange ich niemandem begegne, kann ich die Illusion aufrechterhalten, dass diese scheiß Situation nur ein böser Traum ist. Heute Abend allerdings geht das nicht. Heute Abend muss ich meine Gefühle hinter einer Mauer verbergen und so tun, als wäre mein Herz nicht in tausend Teile zerbrochen. Als hätte mein bester Freund mich nicht verraten. Als hätten die Menschen, die mir am meisten bedeuteten, nicht mein Leben zerstört.

Alter, Jamie, Mann. Komm mal runter. Ziemlich dramatisch, findest du nicht?

Die Stimme in meinem Hirn hat recht. Ich bin dramatisch. Dennoch stimmt jedes Wort. Mein Leben – das Leben, das ich so sehr geliebt habe – liegt in Scherben vor mir und ich habe keine Ahnung, wie ich …

Auf einmal beschleunigt sich mein Herzschlag. Instinktiv springe ich auf. Dabei mustert mich Brian besorgt. Er hebt eine Augenbraue und bedeutet mir, mich wieder zu setzen. Danach beugt er sich zu mir.

»Mir ist klar, dass du gerade eine harte Phase durchmachst. Aber Jamie, du bist verdammt undankbar.«

»Wie bitte?«, flüstere ich kaum hörbar und lehne mich so weit wie möglich zurück, um Abstand zwischen uns zu bringen.

»Niemand traut sich, dir die Wahrheit zu sagen, weil jeder weiß, wie sensibel du bist. Dafür trampelst du aber ganz schön auf den Gefühlen anderer herum. Ich und auch deine Schwester, sogar deine Mum, wir reißen uns den Arsch dafür auf, damit du so gut wie möglich von den Medien im Moment abgeschottet wirst. Trotzdem halten wir die Kontakte aufrecht und behalten dich im Gespräch. Was glaubst du? In sechs Monaten haben dich deine Fans vergessen, dann bist du vom Tisch.«

»Oh«, entfährt es mir.

Brian legt mir die Hand auf die Schulter. »Tut mir leid, Mann.«

»Schon okay.«

Der Lärm im Saal wird lauter und ich lasse meinen Blick schweifen. Immer mehr Stars und Sternchen treffen ein. Die Fans kreischen laut und schreien jedes Mal, wenn sie jemanden erkennen.

»Du hast recht«, gebe ich zu und wende mich wieder an meinen Manager. Ich fühle mich hoffnungslos. Als würde die beste Zeit meines Lebens bereits hinter mir liegen – mit gerade einmal einundzwanzig Jahren. Wahrscheinlich ist es genau das, was mich lähmt. Was soll jetzt noch kommen? Was kann ich ohne meine Freunde, ohne die Band, die mich komplett ausgemacht hat, erreichen? Ohne Like We Used To bin ich ein Niemand. Nur Jamie.

»Wir schaffen das.« Brian lächelt mir zu und ich erwidere es. »Vertrau mir. Wenn du mir das Go gibst, lege ich los und setze meinen Plan in die Tat um.« Erwartungsvoll sieht er mich an.

Warum nicht? Was spricht dagegen? Nichts, außer meinem verletzten Herzen. Heute ist genauso gut, wie in ein paar Wochen. Deswegen nicke ich.

»Go, Brian.«

Das Grinsen auf seinem Gesicht wird breiter. »Ja. Endlich. Darauf habe ich gewartet.« Er legt mir den Arm um die Schulter und zieht mich zu sich. »Alles wird gut. Vertrau mir.«

Das tue ich. Vollkommen. Trotzdem schmeckt die neue Hoffnung, die in mir keimt, bitter. Wie soll ich diesen Weg nur allein gehen?

Wie?

Plötzlich wird es unfassbar laut. Die Fans kreischen etwas Unverständliches, während eine Gruppe junger Männer an ihnen vorbeigeht. Glücklich winken sie ihren Fans zu, die dadurch nur noch lauter kreischen.

»Offensichtlich ist Get Over angekommen«, meint Phia plötzlich neben mir. Sie verscheucht Brian von seinem Platz, damit sie zwischen uns sitzen kann.

»Get Over?«

»Sag mal, hast du dein Smartphone in den letzten Wochen eigentlich mal in der Hand gehabt?« Phia mustert mich belustigt, während Brian die Ellbogen auf dem Tisch abstützt. »Sie sind eine südkoreanische Popband, die in aller Munde ist. In Südkorea sind sie bereits Stars, haben so viele Alben verkauft, wie kaum eine andere Band und gelten als der Stolz des Landes. Jetzt versuchen sie, in Amerika Fuß zu fassen. Und ehrlich gesagt machen sie ziemlich viel richtig. Sie sind quasi vierundzwanzig Stunden auf den sozialen Netzwerken. Sie zeigen ihre Tanzstunden online, machen Livestreams und beziehen ihre Fans ständig mit ein. Es gibt sogar eine eigene Community nur für ihre Highs.«

»Highs«, wiederhole ich wieder.

»Ihre Fanbase. Die Highs.«

Ich rümpfe die Nase. »Verdammt, das klingt eher nach einer Sekte.«

»Vielleicht. Allerdings bringt ihnen das viele Verkäufe ein«, belehrt mich mein Manager. »Und du willst dich in deiner Wohnung verstecken, obwohl der Markt so hart umkämpft ist.«

Ich drehe mich von ihm weg, lasse den kompletten Lärm auf mich einfließen und sauge die Stimmung ein. Sofort fühle ich mich in die Zeit zurückversetzt, als ich letztes Jahr mit meinen Freunden an diesem Tisch saß. Wir hatten einen Award gewonnen, das wussten wir bereits vorher. Trotzdem waren wir nervös und aufgeregt. Selbst jetzt spüre ich das Adrenalin erneut durch meinen Körper schießen. Genau das sind die Momente, die ich vermisse. Die Momente, in denen ich vollkommen glücklich war.

»Jamie«, höre ich eine tiefe männliche Stimme hinter mir. »Jamie Hudson, dass wir dich noch mal zu Gesicht bekommen, hätte ich nicht gedacht.« Das Lachen ist deutlich aus Boices Stimme rauszuhören. Er kommt mir ausgebreiteten Armen auf mich zu und ich erhebe mich, um ihn zu begrüßen. »Hast du dein Smartphone verloren, Mann?«

Verlegen senke ich den Blick, während Boice auch meine Schwester und Brian umarmt. Wir kennen uns bereits seit meiner Kindheit und sind zusammen aufgewachsen, da seine Mutter ebenfalls im Showbiz arbeitet. Mittlerweile ist er weltbekannter DJ, mit dem die Stars gern zusammenarbeiten. Auch einen unseren Songs hat er gemixed, der sich schnell zum Hit gemausert hat.

»Wie geht’s dir, Jamie?«, fragt er, nachdem er sich auf den freien Stuhl neben mir hat sinken lassen. Beunruhigt liegt sein Blick auf mir, doch ich lächle ihm tapfer entgegen.

»Geht«, entgegne ich ehrlich. Boice ist niemand, den ich anzulügen brauche. Wir haben schon so viel Mist durchgemacht, so viele schlechte Presse ausgebügelt und es trotzdem irgendwie geschafft, erwachsen zu werden. Jedenfalls mehr oder weniger.

»Die Trennung hat dich hart getroffen, was?«

»Kann man so sagen.«

»Kommst du klar? Machst du weiter Musik? Brauchst du Hilfe? Meine Tür steht dir immer offen, das weißt du. Egal, was ich mit Bambam gerade am Laufen habe, ich würde dir immer den …«

»Was?«, falle ich ihm ins Wort.

Boice hebt verwirrt die Augenbrauen. »Die neue Single von Bambam. Es wird eine zweite Version geben, die ich mixe. Wusstest du das nicht?«

»Neue Single?«, echoe ich ungläubig. Scheiße, bin ich heute ein Papagei? Ständig wiederhole ich etwas. Eine schlechte Angewohnheit, die ich unbedingt unterbinden sollte.

»Ja, sie erscheint in vier Wochen. Wir haben sie gerade aufgenommen. Es war eine spontane Aktion.«

Ich blinzle. Mein System fährt runter, schreit nach einem Neustart und würde gern vergessen, was es gerade gehört hat.

»Es gibt eine neue Single von Bambam? Von ihm allein?« Wie kann das sein? Er hat schließlich damals die Idee auf den Tisch gebracht, unseren Vertrag mit dem Management auslaufen zu lassen, weil er dem Musikbusiness den Rücken kehren wollte.

»Das ist ein Scherz«, rufe ich viel zu laut.

Phia dreht sich alarmiert zu uns. »Was ist ein Scherz?«

»Bambams neue Single.« In mir brennen die Sicherungen durch. Wie kann er mir das antun? Wie konnte er mich so hintergehen? Wir sind – nein, wir waren – beste Freunde.

»Apropos Bambam«, meint Phia zu mir und ich schaue sie fragend an. Egal, was jetzt noch kommt, schlimmer kann es kaum werden. Doch das Schicksal will mir beweisen, dass ich mir einer Sache gewiss sein kann: Schlimmer geht immer! Denn auf einmal höre ich die Fans kreischen. Sie schreien seinen Namen, immer und immer wieder.

Langsam drehe ich mich um, treffe den Blick meines früheren besten Freundes, der nur einige Tische von uns entfernt steht. Mein Herzschlag beschleunigt sich und Wut kämpft sich an die Oberfläche, dröhnt in meinen Ohren und übertönt jedes andere Geräusch. Gleichzeitig bricht Panik in mir aus. Ich kann nicht mit ihm sprechen. Nicht jetzt. Nicht nachdem ich erfahren habe, dass er ohne mich Musik macht.

Plötzlich fällt mir das Atmen schwer, während mein schneller Herzschlag mich dazu antreibt, meine Lunge mit Luft zu füllen. Panisch greife ich mir an die Brust.

Scheiße, Jamie, du musst dich beruhigen.

Ich grabe die Fingernägel in meine Handinnenfläche, versuche, die Fassung zu wahren. Bambam dreht sich um und unsere Blicke treffen sich. Sogleich überkommt mich das Bedürfnis, zu ihm zu gehen und ihn in die Arme zu schließen. Er war jahrelang mein Zuhause. Die einzige Person, die stets an meiner Seite war. Dass er diesen Platz nun verlassen hat, schmerzt.

Als die kreischenden Fans erneut lauter werden, erinnere ich mich an die Umgebung, komme zurück ins Hier und Jetzt und reiße mich zusammen. Die Lichter werden gedimmt und endlich scheint es loszugehen.

Schnell setze ich mich auf meinen Platz, während Boice sich verabschiedet und davoneilt.

»Alles okay?«, fragt Phia skeptisch und blickt zu Bambam. Unverändert steht er an seinem Platz, starrt zu uns herüber.

»Ja«, presse ich hervor.

»Wir wussten nicht, dass er heute hier sein wird.« Ihre Stimme klingt entschuldigend. Deswegen setze ich ein Lächeln auf und verstecke meine wahren Gefühle hinter der Maske, die ich die letzten Jahre oft genug aufsetzen musste. Nicht alles an unserem Job war Gold.

»Schon gut«, sage ich zu Phia und drücke ihren Oberschenkel. »Irgendwann wären wir uns sowieso über den Weg gelaufen. Mach dir keinen Kopf. Wir sind schließlich beide erwachsen, oder?«

Meine Worte beruhigen meine Schwester, während in mir ein Sturm tobt. Weiterhin lauert die Panik unter der Oberfläche, paart sich mit der Wut, die ebenfalls nur darauf wartet, hervorzubrechen. Ich atme tief ein und erhebe mich.

»Muss mal zur Toilette«, sage ich zu meinen Begleitern, als endlich jemand die Bühne betritt und die Blicke auf sich zieht. Bambam vertreibe ich komplett aus meinen Gedanken, konzentriere mich darauf, gelassen zu wirken und den Weg zum Badezimmer ohne großes Aufsehen hinter mich zu bringen. Kaum habe ich mich zehn Schritte bewegt, ist jemand von der Crew neben mir und fragt mich nach meinem Begehr. Die junge Frau begleitet mich zur Toilette. Sobald ich den Vorraum betreten habe und die Tür hinter mir ins Schloss fällt, lasse ich mich dagegensinken und rutsche daran hinab.

Scheiße, was ein beschissener Abend. Dabei sollte es der erste Schritt zu meinem Neuanfang sein. Offensichtlich bin ich alles andere als bereit dafür. Ich ziehe die Beine zu mir und verstecke mein Gesicht zwischen meinen Knien. Am liebsten würde ich mir den Frust von der Seele schreien, stattdessen seufze ich laut.

Wieso musste er hier auftauchen? Wieso musste er die guten Vibes, die ich mir gerade erkämpft hatte, zunichtemachen?

Einem Impuls folgend trample ich so heftig gegen den Boden wie möglich. Die Panik kriecht mit jedem Gedanken, den ich an Bambam verschwende, weiter an die Oberfläche. Sie streckt ihre kalten Finger nach mir aus und treibt meinen Puls in die Höhe. Erneut fällt mir das Atmen schwer. Obwohl ich kraftlos am Boden kauere, gaukelt mir mein Herz vor, ich wäre in Gefahr und fordert mich dazu auf, so schnell zu rennen, wie ich kann.

Auf einmal tauchen schwarze Stiefel in meinem Blickfeld auf. Verwirrt hebe ich den Kopf. Vor mir steht ein junger Mann, den ich noch nie zuvor gesehen habe. Er mustert mich besorgt. Seine Lippen bewegen sich, allerdings dringt das Gesagte nicht zu mir durch. Stattdessen verklingt es ungehört auf dem Badezimmerboden. Er geht vor mir in die Hocke, dreht seinen Kopf leicht zur Seite und legt die Stirn in Falten. In seinen braunen Iriden spiegelt sich das Licht der Deckenlampe, die meine Aufmerksamkeit einen Moment auf sich ziehen und es schaffen, die Panikattacke zu durchbrechen. Das Rauschen in meinen Ohren ist immer noch laut, trotzdem höre ich endlich wieder etwas.

»Soll ich jemanden holen?«, fragt der junge Mann. Sein Englisch ist von einem starken Akzent geprägt. Statt zu antworten schüttle ich lediglich den Kopf, schließe die Lider und hämmere meinen Kopf hart gegen das Holz der Tür hinter mir. Es wird mir helfen, die letzten Spuren der Panik zu vertreiben und endlich wieder klar zu denken.

Scheiße, Jamie reiß dich zusammen, bevor jemand mitbekommt, wie es um dich steht. Die Presse würde sich darauf stürzen. Dann könnte ich meine Karriere endgültig begraben.

Wiederholt prallt mein Kopf gegen die Tür, bis ich plötzlich einen Widerstand spüre. Blinzelnd öffne ich die Augen und erkenne, dass mein Gegenüber seine Hände hinter meinen Kopf gelegt hat, sodass sie die Schläge abmildern.

»Was soll das?«, fahre ich ihn an.

»Das fragst du mich?«, entgegnet er irritiert. Stumm starren wir uns an, bis mir eine einzelne Träne die Wange hinabläuft und ich mich am liebsten in Grund und Boden schämen würde. Toller Neuanfang. Allerdings kann es von hier unten nur noch bergauf gehen, oder?

Kapitel 2

Now let’s start the show

Tae-joon

Immer noch starre ich den Mann vor mir an und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Dass er wie aus heiterem Himmel zu weinen beginnt, kam unerwartet. Irgendwie überfordert mich die Situation. Wie soll ich einen mir völlig fremden Kerl trösten? Vor allem einen, der anscheinend keine Hilfe will? Aber einfach so gehen und ihn hier sitzen lassen, kann ich auch nicht …

Also lege ich ihm sacht die Hand auf den Oberarm.

»Ähm … es ist okay, wenn du weinen willst«, sage ich zögernd, weil ich in meinem Kopf nach den passenden Worten auf Englisch suchen muss. Zwar beherrsche ich diese Sprache recht gut, dennoch habe ich bisher keine persönlichen Gespräche in Englisch geführt. Bisher waren es bloß standardisierte Interviewfragen zu unserer Musik, einer Tour oder der Band, die ich beantworten musste.

Der Mann funkelt mich zornig an, dann stößt er meine Hand weg. Seine Geste verwirrt mich, weil ich bloß nett zu ihm sein wollte.

»Lass mich … Ich komme klar«, brummt er und wischt sich mit einer hastigen Handbewegung übers Gesicht, um die Tränen aus seinen Augenwinkeln zu verbannen. Achselzuckend rapple ich mich auf. Dennoch mache ich mir Sorgen um ihn. Was hat ihn so aus der Fassung gebracht?

»Okay. Dann lass mich dich wenigstens zu deinem Platz bringen. Du bist doch auch wegen der Show hier, oder?« Irgendwie kommt es mir wie selbstverständlich vor, ihn zu duzen, da er auf mich nicht älter wirkt, als ich es selbst bin. Mit einem aufmunternden Lächeln strecke ich ihm die Hand entgegen, um ihn auf die Beine zu helfen. Der Kerl sieht mich völlig verständnislos an. Vermutlich versteht er nicht, warum ich so nett zu ihm bin, obwohl wir uns noch nie zuvor begegnet sind.

Nach einigen Sekunden des Wartens will ich meine Hand bereits wegziehen, als er sie tatsächlich ergreift und langsam auf die Beine kommt.

Der Mann ist viel größer als ich, weshalb ich den Kopf heben muss, um in sein Gesicht zu sehen. Statt mich loszulassen, hält er immer noch meine Hand fest. Und irgendwie kann ich den Kontakt ebenfalls nicht unterbrechen. Seine blauen Augen nehmen mich gefangen. In ihnen erkenne ich eine tiefe Traurigkeit, die er jedoch sogleich versteckt.

»Danke, Mann«, sagt er und ein verlegenes Lächeln stiehlt sich in sein Gesicht. »Ich wollte nicht, dass mich jemand so sieht. Tja, hab mir wohl den falschen Ort zum Heulen ausgesucht. Hätte nicht gedacht, dass sich noch jemand vor der Show drücken würde.« Er grinst mich an. In seinen Augen erkenne ich Neugier, was mich plötzlich ganz verlegen macht.

»Eigentlich wollte ich bloß zur Toilette«, antworte ich, lasse seine Hand los und spüre dabei immer noch das leichte Kribbeln auf meiner Handinnenfläche. Deshalb vergrabe ich die Hände schnell in den Taschen meiner Bluejeans, um dieses seltsame Gefühl zu unterdrücken.

»Also dann, wollen wir?«, frage ich ihn. Er nickt und zieht die Tür auf. Ich schlüpfe hinter ihm hindurch. Eigentlich wollte ich ihn zu seinem Platz bringen, doch er scheint seine Fassung wiedergefunden zu haben. Jetzt geht er hocherhobenen Hauptes durch den langen Gang in den Saal, in dem es vor Stars und Fans nur so wimmelt. Ich bleibe dicht hinter ihm und pralle beinahe gegen seine Brust, als er plötzlich stehen bleibt und sich ruckartig zu mir umdreht.

»Danke noch mal. Ich muss jetzt … zu meiner Schwester«, erklärt er mit einem gepressten Lächeln.

»Ich werde auch von meinen Freunden erwartet«, entgegne ich abwesend und schaue an ihm vorbei in den Saal. Was sich auf der Bühne abspielt, bekomme ich kaum mit, weil dicht neben uns plötzlich lautes Geschrei losbricht. Unzählige Fans beginnen freudig zu kreischen, während wir uns an ihnen vorbei durch die Stuhlreihen schieben. Wer ist dieser Kerl, dass die Leute so wegen ihm ausrasten? Ein bekannter Schauspieler? Attraktiv genug wäre er dafür auf jeden Fall …

Der Mann grinst scheu, duckt sich ein wenig und beschleunigt seine Schritte, bis er an seinem Platz angekommen ist. Ich erkenne den blonden Hinterkopf einer Frau, deren kunstvolle Hochsteckfrisur hübsch aussieht. Sie dreht sich zu dem Mann und spricht ihn an, doch ihre Worte kann ich wegen des lauten Jubels nicht verstehen. Umringt von der jubelnden Menge sehe ich mich nach meinen Freunden um. Dabei fällt mir der Blick des Mannes von vorhin auf, der mit einem Kopfnicken in meine Richtung deutet, sodass seine Schwester neben ihm und ein anderer Mann ebenfalls auf mich aufmerksam werden. Unsere Augen begegnen sich für den Bruchteil einer Sekunde – und da ist auf einmal so ein warmes Gefühl in meiner Magengegend. Ich ignoriere es und wende mich ab, ehe ich mich an den kreischenden Fans vorbei zu meinen Freunden dränge, die ich neben einer Tür am Rand der großen Bühne ausmachen kann.

»Hey, wo hast du so lange gesteckt? Wir sind gleich dran, meinte Seojun. Er ist bereits hinten und checkt die Lage«, ruft mir mein bester Freund Minsoo zu. Ich eile zu ihnen.

»Sorry, war auf der Toilette«, entgegne ich knapp.

»So lange? Bist wohl reingefallen?«, spöttelt Junsu mit einem frechen Grinsen und streckt mir die Zunge heraus.

»Lass ihn, J-Su«, tadelt Hyun mit ruhiger Stimme. »Wir sollten uns auf den Auftritt konzentrieren. Immerhin ist es das erste Mal, dass wir in Amerika auf der Bühne stehen.« Hyun streicht sich mit einer lockeren Geste sein blaues Haar zur Seite und nickt mir zu. Er ist der Älteste in unserer Gruppe und versucht als Leader, ständig die Wogen zu glätten. Vermutlich fühlt er sich vor allem für die jüngsten Bandmitglieder Junsu und Minsoo verantwortlich. Auf sie hat er stets ein Auge, damit sie nicht aus der Reihe tanzen. Gerade Junsu nutzt sein feuriges Temperament oft, um über die Stränge zu schlagen, weshalb er stets von Hyun zur Ordnung ermahnt wird.

»Komm, beeilen wir uns lieber, sonst ist Seojun sauer«, meint Wonhee und schiebt mich von hinten durch die offene Tür in einen Nebenraum, der auf die Bühne führt. »Die Show hat längst angefangen und unser Auftritt ist der erste. Ich möchte mich ungern blamieren, weil wir zu spät sind.«

»Klar. Sorry«, entschuldige ich mich erneut und folge meinen Freunden, die anscheinend genau wissen, wohin sie gehen müssen.

»Hast wohl den Cheeseburger von heute Mittag nicht vertragen, was?«, witzelt mein bester Freund und seine braunen Augen funkeln amüsiert.

»Quatsch. War nur viel los auf dem Klo«, verteidige ich meine lange Abwesenheit. Meine Begegnung auf der Herrentoilette verschweige ich ihnen lieber.

Hyun stößt eine weitere Tür vor uns auf und wir betreten den Bereich hinter der Bühne. Mitglieder der Crew reden durcheinander, rollen die restlichen Kabel über den Boden und betätigen die Schalter einer Lichtanlage. Ich sehe mich um und entdecke unseren Manager Seojun, der bereits auf uns zueilt.

»Wart ihr schon in der Maske?«, fragt er ohne einen Gruß und sieht jeden von uns streng an. »Gott, Junsu, wie siehst du aus? Was ist bloß mit deiner Frisur? Jungs, ihr solltet euren Auftritt ernst nehmen. Es ist eine Ehre, beim Kids Choice Award nominiert worden zu sein. Diesen Auftritt dürft ihr auf keinen Fall vermasseln.« Ungeduldig zupft er an den wirren Strähnen auf Junsus Kopf. Ich selbst streiche mir das weite Oversize-Shirt glatt und straffe die Schultern. Natürlich weiß ich, wie enorm wichtig dieser Auftritt für unsere Karriere ist, immerhin wollen wir auch in den USA als Band Fuß fassen. Und genau aus diesem Grund werde ich plötzlich unruhig, auch wenn ich sonst selten Lampenfieber vor einem Auftritt habe. Das letzte Jahr nach meinem Debüt mit Get Over stand ich schon auf so vielen Bühnen vor Millionen von Fans, ohne nervös zu sein. Warum also gerade jetzt?

»Tae-joon! Ich habe dich was gefragt!«, dringt die Stimme unseres Managers zu mir durch. Irritiert wirble ich zu ihm herum.

»Was?«

»Ob du dein Mikrofon eingeschaltet hast, will ich wissen«, fährt er mich gereizt an. Normalerweise ist er bei Auftritten die Ruhe selbst.

»Ähm …« Ein wenig verloren schaue ich zu Hyun, doch es ist Minsoo, der mir ein Headset und In-Ears in die Hand drückt.

»Sorry, hab’s vergessen, ihm zu geben«, entschuldigt sich mein bester Freund. Ich stecke mir die In-Ears in die Ohren und betätige den Knopf auf dem Sender, den ich mir in die Gesäßtasche stecke. Dann klemme ich mir das Headset hinters Ohr.

»Check«, sage ich, als ich ein Signal durch die In-Ears höre. Auch meine Freunde nicken zustimmend. Ein erleichtertes Seufzen entfährt Seojun.

»Gut. Dann geht endlich da raus und zeigt ihnen, was ihr draufhabt!«

Ich mache einen Schritt vor und spähe an dem dunklen Samtvorhang vorbei zur Bühne, auf der eine Frau in einem Glitzerkleid am Rednerpult steht.

»Sie kommen aus Südkorea und haben sich mit ihrer Debütsingle Shining bereits in eure Herzen gesungen. Ihr habt lange gewartet, doch nun ist es so weit und sie sind für euch aus Seoul angereist. Begrüßt mit mir den ersten Hauptact des Abends: Get Over!«, ruft sie freudestrahlend. Die Menge tobt und jubelt. Mit geschlossenen Augen atme ich tief ein und aus, um meine Nervosität dadurch zu kontrollieren. Minsoo legt mir seine Hand auf die Schulter.

»Wir werden die Bühne rocken«, raunt er mir zu und grinst mich an. »Du schaffst das.«

Auch Wonhee nickt mir aufmunternd zu und Junsu streckt beide Daumen in die Höhe, um mich anzufeuern. Denn als Leadsänger unserer Band liegt die größte Verantwortung bei mir. Also straffe ich die Schultern, setze ein professionelles Lächeln auf und mache einen Schritt hinaus ins Licht.

Die Zuschauermenge empfängt uns mit tosendem Applaus. Meine Freunde und ich winken unseren Fans selbstsicher zu. Junsu verteilt Luftküsse in die Menge, bevor uns die Moderatorin begrüßt.

»Guten Abend. Ich bin so aufgeregt, euch Jungs endlich live zu sehen! Geht es euch auch so?«, fragt sie dann das Publikum. Ihre Frage wird mit lauten Rufen und Applaus beantwortet.

»Wir freuen uns, hier sein zu dürfen«, antwortet Junsu höflich, der wegen seiner guten Englischkenntnisse das Reden für uns andere übernimmt. »Für so einen tollen Award nominiert worden zu sein, ist wirklich eine Ehre.«

»Ich drücke euch die Daumen. Und jetzt Bühne frei für Get Over!«

Das Licht geht für einen Moment aus. Strahler werden neu positioniert und bilden einen Lichtkegel, in dessen Mitte wir uns aufstellen. Mit dem Rücken zum Publikum warte ich auf den Einsatz der Musik, den ich durch meine In-Ears höre. Minsoo neben mir schnippt mit seinen Fingern den Takt, dann setzt das Schlagzeug ein. Wie auf Kommando drehen wir uns zeitgleich zu unseren Fans um, die völlig aus dem Häuschen sind.

Lächelnd warte ich das Intro ab, dann singe ich die ersten Zeilen von Shining. Dieser Song bedeutet mir viel, denn es ist unsere erste Single. Das Lied, das uns als Band zusammengeschweißt und praktisch über Nacht an die Spitze der asiatischen Charts katapultiert hat. Auch wenn wir schon zwei Alben aufgenommen haben, kehren wir immer wieder an den Anfang zurück und erinnern uns mit diesem Song an die harte Traineezeit bei SX5-Entertainment. Obwohl ich ein Lächeln für unsere Fans aufsetze, bin ich innerlich furchtbar nervös, einen Fehler zu machen. Meine Augen schweifen durch den Saal, über die Zuschauermenge hinweg und plötzlich entdecke ich den Typen, der mir auf der Toilette begegnet ist. Unsere Blicke treffen sich, ich versinke in dem tiefen Blau. Worte verlassen meinen Mund, ich singe und bewege meinen Körper synchron zur Choreografie meiner Freunde, dennoch bin ich weit weg. Gefangen in seinem Blick, der mich fixiert und nicht loslässt. Plötzlich fällt mir ein, dass wir uns einander nicht einmal vorgestellt haben …

Meine Aufregung mischt sich mit einem seltsamen Gefühl der Schwerelosigkeit. Sein Ausdruck geht mir bis ins Mark und trifft mich unvorbereitet mitten ins Herz, begleitet mich dabei durch unseren Auftritt.

Kapitel 3

Angriff ist die einzig wahre Verteidigung

Jamie

Ich hasse Get Over. Alles an ihnen. Trotzdem habe ich mir mein Interview-Lächeln auf die Lippen gepinnt, verfolge ihren Auftritt und werde dabei immer wieder in die Vergangenheit geschmissen. Vor genau einem Jahr standen wir da oben. Haben die Menge zum Kochen gebracht. Ich erinnere mich an meine Nervosität, an Bambam, der mir die Hand auf die Schulter gelegt hat, um mich zu beruhigen. An Tyson, der selbst kaum stillstehen konnte und an Drew, der uns, fünf Sekunden bevor wir auf die Bühne mussten, in eine Umarmung zog.

Schmerz durchzuckt mich und der Hass auf Get Over steigt exponentiell an. Auf einmal treffen braune Augen auf meine. Der Blick des Typen, der mich bei meiner Panikattacke erwischt hat, hält mich einen Moment gefangen. Dann dreht er sich so schnell, dass mir schwindlig wird und lässt sich auf den Boden fallen. Scheiße, die Choreografie ist der Hammer. So etwas hätte ich selbst gern mit Like We Used To gebracht. Leider waren meine Freunde … äh … Ex-Bandkollegen davon so begeistert, wie von einer Wurzelbehandlung. Sie hassten es, etwas Einstudiertes auf die Bühne zu bringen. Stattdessen improvisierten wir bei unseren Shows.

Nachdem die letzten Takte des Songs verklingen, drehen die Fans komplett durch. Laute Schreie hallen durch den Raum.

»Verdammt«, höre ich Brian sagen. »Das könnte der Sommerhit dieses Jahres werden.«

»Findest du?« Er hat recht, ich weiß es. Dennoch würde ich mir eher die Zunge abbeißen, anstatt es zuzugeben. Warum? Gute Frage.

Phia dreht sich zu mir. »K-Pop ist gerade das Ding. Sogar ich weiß das, Cookie.«

Die Geräuschkulisse im Hintergrund ist weiterhin unfassbar laut. Junge Menschen schreien durcheinander, als würde ihr Leben davon abhängen.

Ein letztes Mal sehe ich zur Bühne. Toiletten-Boy geht gerade die Treppe hinunter. Er winkt seinen Fans zu, dabei ziert ein breites Lächeln seine Lippen, das entrückt wirkt. Genervt schnaube ich. Zu welcher Sorte Künstler er wohl gehört? Wird er meinen Zusammenbruch beim nächsten Interview gegen mich verwenden? Oder wartet er auf eine andere Gelegenheit, bis es ihm nützlich werden könnte? Irgendwie habe ich den Glauben in die Branche und die Menschen verloren, seit ich von Bambams Verrat weiß.

Natürlich ist das Quatsch. Jeder der Künstler in diesem Raum kennt die Branche. Wir wissen, was sie uns manchmal abverlangt, und auch, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten und unsere Geheimnisse zu bewahren.

»Alles gut?« Phia lehnt sich zu mir und legt ihre Hand auf meinen Arm.

Nickend greife ich nach meinem Wasserglas und trinke es in großen Schlucken leer.

»Ja, bestens.« Mein Lächeln wird etwas breiter. Im nächsten Moment entdecke ich mein Gesicht auf einer Leinwand. Eine der Kameras, die ständig auf uns gerichtet sind, hat mich eingefangen. Sofort beginnen die Fans zu kreischen und ich zwinkere ihnen zu. Mein Herz schlägt mir gegen den Hals, trotzdem bewahre ich die Ruhe. Mit dieser Art von Stress kann ich umgehen, obwohl ich die Panik erneut unter meiner Haut spüre. Dann schwenkt das Bild weiter und das nächste Opfer ist gefunden, während die Moderatorin auf die Bühne geht.

Erleichterung breitet sich in mir aus, mein Puls beruhigt sich und ich beuge mich zu Brian.

»Wie lang dauert die Show?«

»Dein Ernst? Wir sind noch keine Stunde hier.«

Kommt mir wie eine Ewigkeit vor.

Mein Manager räuspert sich. »Außerdem …« Sein Ton nimmt eine Nuance an, die ich nur zu gut kenne. Irgendetwas hat er bisher verschwiegen.

»Außerdem … was?«

»Außerdem gewinnt ihr vermutlich einen Preis«, meint er endlich, und mir entgleitet einen Moment die Kontrolle. Mein Lächeln rutscht von den Lippen, während es in meinen Ohren so laut dröhnt, dass ich das Gefühl habe, mein Trommelfell müsste platzen.

»Und wenn du ihr sagst, meinst du …« Unseren Bandnamen auszusprechen fällt mir schwer, deswegen lasse ich ihn in der Luft hängen.

»Like We Used To, wen sonst?«

Ja, wen sonst …

»Bist du bescheuert?!«, fahre ich meinen Manager an. »Du schleppst mich unter einem Vorwand her und …« Mir fehlen die Worte.

Phia drängt sich plötzlich in mein Sichtfeld. »Wir dachten, es tut dir gut.«

Mit jedem ihrer Worte werde ich wütender. Dennoch zwinge ich mich dazu, die Contenance zu wahren. Überall im Raum befinden sich Kameras, die nur darauf warten, den nächsten Skandal vor die Linse zu bekommen. Außerdem sind Fans anwesend, deren Handys schlimmer sind als die Pest. Sie hängen an einem wie flüssiges Pech. »Ich muss zusammen mit Bambam auf die Bühne. Dem Menschen, den ich gerade mit jeder Faser meines Herzens hasse.« Es ist eine Lüge. Denn selbst wenn ich wollte, ich könnte Bambam niemals hassen. Er ist ein Teil von mir.

»Wir wussten nicht, dass er kommen würde«, verteidigt Phia sich.

»Spielt das eine Rolle? Selbst wenn keiner der anderen hier gewesen wäre, wusstet ihr, dass ich keine Aufmerksamkeit wollte. Einen Preis entgegenzunehmen ist genau das Gegenteil davon. Ihr lasst mich einfach ins Messer laufen.«

Brian legt die Stirn in Falten. »Wir dachten, du freust dich.«

Ja klar … die beiden kennen mich wirklich gut. Nicht.

Ich atme tief ein, schließe einige Sekunden die Lider und konzentriere mich auf die Umgebung. Nehme jedes Geräusch in mir auf und stelle mir dabei vor, ich wäre auf einem Konzert. Der Bass vibriert unter meinen Schuhsohlen, versetzt meine Muskeln in Bewegung, bis die Musik eins mit mir wird. Ich atme sie ein, lasse sie in jede Zelle meines Körpers. Augenblicklich beruhige ich mich.

»Dann kommen wir jetzt zum Preis für das beste Fandom«, verkündet die Moderatorin auf der Bühne und ich öffne die Augen. »Dieser Preis ist etwas Besonderes, denn die Fans durften online selbst abstimmen. Doch bevor wir den Gewinner bekannt geben, lasst uns erst mal schauen, wer nominiert ist.«

Auf der Leinwand rechts neben ihr werden fünf Bands und die dazugehörenden Fandoms angezeigt. Neben Like We Used To erkenne ich nicht nur Olivia Rodrigo, The Weekend und Justin Bieber, sondern auch Get Over. Obwohl ich die koreanische Band hasse, wünsche ich mir, dass sie gewinnen. Ich will diesen verdammten Preis nicht entgegennehmen. Schon gar nicht zusammen mit Bambam.

In mir brodelt es. Ich kralle meine Finger unter dem Tisch in meine Hose. Am liebsten würde ich aufspringen und flüchten. Allerdings ist das unmöglich. Zumindest wenn ich den Schein wahren will – und das will ich. Alles andere würde nur weitere Aufmerksamkeit auf mich ziehen.

Plötzlicher Applaus bringt mich zurück in die Realität. Mein Blick stellt sich scharf und ich sehe ein Bild von Like We Used To auf der Leinwand. In großen Lettern steht Gewinner daneben.

Scheiße.

Phia ist aufgesprungen und klatscht enthusiastisch, Brian ebenfalls. Mein Name wird geschrien, genau wie Bambams. Die Scheinwerfer sind plötzlich auf uns gerichtet und in meinem Nacken kribbelt es. Statt die Flucht zu ergreifen, krame ich meine Schauspielkünste aus der Kiste, in der ich sie die letzten Wochen eingesperrt hatte. Ich lächle breit, zwinge mich dazu, überrascht und glücklich zu wirken. Jahrelanges Training zahlt sich genau in solchen Momenten aus, denn ich weiß, dass keiner der Anwesenden merken wird, wie es wirklich in mir aussieht.

Begleitet vom Kreischen der Fans, dem Applaus der Kollegen und meinem klopfenden Herzen, schließe ich Phia in die Arme. Dann Brian.

»Das werde ich euch nicht so schnell verzeihen«, flüstere ich ihm ins Ohr.

Nachdem ich mich von ihm gelöst habe, wird mein Grinsen noch breiter. Ob mir gleich die Wangen explodieren, wenn ich sie weiter nach oben ziehe? Das würde mich immerhin davor bewahren, neben Bambam auf der Bühne stehen zu müssen.

Die letzten Schritte zu meinem verlogenen ehemaligen Freund tanze ich ihm entgegen, um den Fans das zu geben, was sie wollen: Entertainment. Keiner möchte sehen, wie wir uns streiten.

Bei ihm angekommen, schließe ich ihn kurz in die Arme. Es braucht meine komplette Selbstbeherrschung. Nach dieser Vorstellung habe ich einen Oscar verdient. Mindestens.

Bambam drückt mich fest an sich. »Schön, dich zu sehen, Jamjam.«

Mir dreht sich der Magen um, deswegen löse ich mich schnell von ihm und schalte auf Autopilot. Gemeinsam gehen wir die Stufen zur Bühne hinauf, schütteln Hände, empfangen den Preis, sagen ein paar Worte an unsere Fans und strahlen um die Wette.

Innerlich bin ich tot. Das Feuer der Wut ist komplett erloschen. Es ist einer alles verschlingenden Kälte gewichen, die mich bis in die letzte Pore ausfüllt. Ich reibe meine Fingerkuppen aneinander und winke ein letztes Mal, bevor wir die Bühne verlassen. Erleichtert atme ich auf, als ich merke, dass die Kameras sich endlich jemand anderem widmen. Sobald wir die Stufen hinter uns haben, legt Bambam seinen Arm um meine Schultern und ich erstarre. Er zieht mich näher an sich, mein Körper reagiert automatisch und ich neige den Kopf in seine Richtung, sodass er mir einen Kuss aufs Haar drücken kann. Ein altes Ritual, das wir nach jedem Konzert wiederholt haben.

»Spinnst du?«, zische ich, behalte dabei aber das Lächeln auf meinen Lippen. Diskret bringe ich Abstand zwischen uns und mustere ihn. »Was soll das?«

»Was denn?«, fragt er unschuldig und ich würde ihm dafür am liebsten eine verpassen.

Ich schlucke meine Antwort herunter, schüttle lediglich den Kopf. Es hat keinen Sinn und hier ist der denkbar schlechteste Ort für ein ernstes Gespräch. Dieses Mal trete ich wirklich die Flucht an. Entschlossen gehe ich zurück zu meinem Platz. Dabei passiere ich den runden Tisch, um den Get Over sitzen. Toiletten-Boy starrt mir entgegen. Ihm hängt sein braunes Haar in die Augen, verdeckt die Brauen. Sein Blick dringt durch mich hindurch und vertreibt die Kälte in meinem Inneren. Er durchschaut mich, er weiß, dass mein ganzes Auftreten nur Theater ist. Verdammt, das kann gefährlich werden. Mit wenigen Schilderungen meiner Panikattacke könnte er der Presse genau das geben, was sie sucht – eine Schlagzeile.

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und beruhigt sich erst, als ich zurück auf meinen Stuhl gleite. Ich ignoriere Phias geflüsterte Worte, möchte nur nach Hause in mein Bett und unter meine Decke. Gleichzeitig fürchte ich mich vor der Stille meines Apartments. Der Einsamkeit, die aus den Ecken kriecht, sobald ich allein bin. Scheiß Paradoxon.

Als ich das nächste Mal aufblicke, verabschiedet sich die Moderatorin gerade in eine Pause.

Brian beugt sich zu mir. »Mir ist klar, dass du sauer bist.«

Ach so, jetzt ist ihm das klar?

»Dennoch sind die folgenden Gespräche wichtig, wenn du deine Karriere vorantreiben willst.«

Brian hat recht. Wenn ich weiterhin im Showbiz bleiben will, muss ich jetzt die Zähne zusammenbeißen. In einigen Monaten könnten die Fans mich komplett vergessen habe. Außerdem benehme ich mich wie ein kleines Baby. Ein verletztes kleines Baby. Deswegen atme ich tief durch und straffe meine Schultern.

»Was soll ich tun?«

Das Lächeln kehrt auf Brians Gesicht zurück. »Komm, nutzen wir die Pause. Viel Zeit bleibt nicht. Trotzdem möchte ich dich einigen Leuten vorstellen.«

Ich folge ihm durch den Raum zu einem runden Tisch. Er begrüßt zwei Männer, die im Alter meines Vaters sind. Ihre Anzüge schreien nach den Achtzigern. Enthusiastisch springen sie auf, schütteln Brian die Hand und wenden sich dann mir zu.

Brian bugsiert mich zu einem Stuhl. Zu gern folge ich der Anweisung, schalte erneut auf Autopilot und suche den Raum nach Bambam ab. Ihm einmal zu begegnen reicht mir, den Rest des Abends will ich ihm aus dem Weg gehen. Allerdings bleibt mein Blick keine zwei Sekunden später am Tisch von Get Over hängen. Die Jungs haben ihre Stühle zusammengeschoben, sodass sie nebeneinandersitzen und sich unterhalten können. Ihre Dynamik ist faszinierend, weswegen ich mich kaum von ihnen lösen kann.

Der Kerl von der Toilette sitzt ganz außen. Sein Gesichtsausdruck wirkt gelangweilt, beinahe abweisend. Bis ihm einer seiner Bandkollegen eine Hand auf die Schulter legt. Er lehnt sich zu ihm, hört aufmerksam zu. Dann fischt er ihm einen Fussel aus dem Haar und lässt seine Hand auf seinem Oberschenkel ruhen. Die Vertrautheit trifft mich wie ein giftiger Stachel.

Einem Impuls folgend springe ich auf. Brian mustert mich verwundert, deswegen entschuldige ich mich höflich, versichere den Anzugtypen, wie toll das Konzept des Filmes klingt und wie gern ich ein Teil davon wäre. Na hoffentlich werde ich das nicht bereuen.

Zielstrebig gehe ich durch die Anwesenden, schüttle einige Hände, beeile mich jedoch, mein Ziel zu erreichen. Keine Ahnung, wie lange die Pause dauert. Bevor sie endet, muss ich herausfinden, ob mein Geheimnis bei dem Koreaner sicher ist. Niemand soll erfahren, wie schlecht es momentan um meine mentale Gesundheit steht.

Plötzlich kriecht mir die heiße Wut den Nacken hinauf. Wieso musste ausgerechnet er auf der Toilette sein? Jemand, den ich nicht kenne. Jemand, der dieses Wissen gegen mich verwenden könnte, nur um seine eigene Karriere voranzutreiben.

Direkt neben dem Mann mit den Pralinenaugen lasse ich mich auf einen freien Stuhl fallen.

»Hey«, grüße ich ihn kalt. Ohne Umschweife beuge ich mich so nah zu ihm, dass meine Nase beinahe seine Wange berührt. Gleichzeitig bleibt das Lächeln auf meinen Lippen, damit die Fans im Raum unsere Unterhaltung als freundschaftlich empfinden.

»Haben wir ein Problem?«, frage ich scharf. Scheiße, dieser Abend war zu viel. Anders kann ich mir mein dämliches Verhalten kaum erklären.

Sofort lehnt er sich zurück und bringt Abstand zwischen uns. »Ein Problem?«, fragt er irritiert.

Anstatt meine Strategie zu ändern und mich wie ein zivilisierter Erwachsener zu verhalten, überbrücke ich die Zentimeter zwischen uns erneut. Niemand soll meine nächsten Worte hören.

»Meine Panikattacke. Wirst du der Presse davon erzählen?«

Er schüttelt den Kopf.

»Sicher?«

»Sicher.«

Ob ich ihm glauben kann? Die große Frage. Für die Antwort gibt’s tausend Punkte. Oder eben die Sicherheit, nicht die nächste Schlagzeile zu werden. Eigentlich habe ich keine Wahl, außer Toiletten-Boy zu vertrauen. Die Zukunft wird zeigen, was kommt. Ich seufze.

Plötzlich lehnt mein Gegenüber sich zu mir und schiebt sich direkt vor mein Gesicht. Mit weit aufgerissenen Augen mustert er mich abwartend. Dann legt er mir die Hand auf den Arm, was mich vollkommen überrascht.

»Du … Dir … gut?« Er räuspert sich. Offensichtlich ist unsere Sprache ein Problem für ihn. »Geht’s dir gut?«

Augenblicklich entspanne ich mich. Auf einmal ist die Wut verpufft und mir wird klar, was für ein Arschloch ich die letzten Minuten gewesen bin. Toiletten-Boy kann weder etwas für meine Eifersucht auf Get Over noch meine Panikattacke oder dass er zufällig zur selben Zeit auf die Toilette musste.

»Tut mir leid«, sage ich und kämpfe gegen meinen Neid an. »Kein besonders guter Tag für mich.«

»Dabei hast du einen Preis gewonnen«, murmelt er und auf einmal ist sein Englisch besser, obwohl ich den Akzent deutlich heraushöre und mich anstrengen muss, die Worte richtig zu erfassen. Wahrscheinlich habe ich ihn mit meiner Schroffheit überfahren, was zu einem kurzzeitigen Sprachverlust geführt hat.

Frustriert lache ich auf. »Die Band, die es längst nicht mehr gibt, hat einen Preis gewonnen. Absurd, oder?«

»Die Fans lieben euch.« Seine Worte sind wahrscheinlich gut gemeint, doch sie treffen einen wunden Punkt. Trotz all der Liebe fühle ich mich leer und wie der einsamste Mensch auf der Welt.

»Ich bin Jamie«, stelle ich mich vor, um das Thema zu wechseln, und strecke ihm die Hand entgegen. Er schließt seine Finger fest um meine, neigt dabei seinen Kopf und verbeugt sich vor mir.

»Schön, dich kennenzulernen«, antwortet er und ich lege die Stirn in Falten.

»Hast du einen Namen? Sonst muss ich dich weiterhin Toiletten-Boy nennen.«

Mein Gegenüber verzieht das Gesicht. Dann wird mir bewusst, dass ich eigentlich überhaupt nichts über Korea und die Kultur weiß. Ist es unhöflich, nach einem Namen zu fragen? Hätte ich das besser lassen sollen?

»Shit, war das unhöflich? Ich sag dir, wie’s ist: Mein Mund ist schneller als mein Hirn. Immer. Darauf kannst du dich bei mir verlassen. Gibt es ein Fettnäpfchen im Umkreis von 100 Metern, ich trete nicht nur rein, nein, ich renne ihm mit offenen Armen entgegen.«

Endlich erscheint ein Grinsen auf dem Gesicht des jungen Mannes. »Toiletten-Boy? Nein danke. Ich bin Tae-joon.«

Erleichtert atme ich auf. »Man, ehrlich, einen Moment dachte ich …«

»Was? Dass wir dich erschießen?«

Überrascht ziehe ich die Augenbrauen nach oben. »Eigentlich dachte ich eher daran, dass du dich wegdrehst, und mich mit der kalten Schulter bestrafst oder ich niemals in Korea einreisen darf … Liegt das mit dem Erschießen im Bereich des Möglichen?«

Tae-joon lacht. »Vielleicht … Wer weiß?«

»Gut, dann nehme ich mich vor euch in acht.« Ich werfe die Hände in die Luft und steige auf den Witz ein. »Willst du meinen Preis? Du kannst ihn haben. Alles, was du willst, nur verschone mein Leben.«

»Alles, was ich will? Wow, das hat mir noch niemand angeboten, nachdem wir uns kaum zwei Minuten kannten. Bist du dir sicher, dass du …« Nachdenklich schweift Tae-joons Blick ab und mir wird klar, dass er nach den richtigen Worten sucht.

Auf einmal lehnt sich Tae-joons Freund zu uns. Er legt seinen Kopf auf die Schulter seines Bandkollegen. Als er mich entdeckt, versteift er sich merklich. Höflich nickt er mir zu, verbeugt sich ebenfalls und zieht damit Tae-joons Aufmerksamkeit auf sich.

»J-Su, das ist Jamie. Wir haben uns auf der Toilette kennengelernt«, stellt Tae-joon uns vor und ich reiche J-Su die Hand. »Und das sind H, Why und Minsoo.« Er deutet nacheinander auf die anderen Jungs und tippt ihnen kurz gegen die Schulter, sodass sie mich ebenfalls begrüßen.

»Nett, euch kennenzulernen«, gebe ich höflich zurück. Neugierig mustern sie mich, während ich versuche, mir unter allen Umständen ihre Namen zu merken. Leider ein Ding der Unmöglichkeit. Zwar lerne ich Songtexte in wenigen Minuten, doch Namen … verschwendete Zeit. Da hat mein Hirn irgendeine Fehlfunktion. Sie bleiben erst hängen, wenn ich sie mit der Person und ihren Eigenschaften verbinden kann.

»Seid ihr zum ersten Mal in den USA?«, frage ich, um die Stille zu durchbrechen.

»Nein, tatsächlich waren wir schon einige Male hier«, erklärt J-Su und seine Aussprache überrascht mich. Der australische Akzent trieft aus jeder Silbe. »Aber es ist unsere erste Preisverleihung.«

»Da haben wir euch ausgerechnet den Preis weggeschnappt.«

J-Su lacht. »Das größere Fandom hat gewonnen.«

»Jamie hat gerade angeboten, uns den Preis zu überlassen. Ich würde ihn nehmen«, witzelt Tae-joon und formt seine Finger zu einer Pistole. Erneut reiße ich meine Arme in die Luft, bringe ihn damit zum Grinsen. J-Su rutscht jedoch das Lachen von den Lippen, genau wie dem Rest von Get Over. Der Mann mit dem roten Haar – Miso? Nein, so hieß er bestimmt nicht – haut Tae-joon auf den Oberarm und zischt etwas auf Koreanisch. Der Rest wirkt verwirrt, genau wie ich. Was passiert hier gerade? Wieso sind sie auf einmal sauer?

»Schon gut«, entgegne ich, obwohl ich keinen Schimmer habe, wieso die Stimmung plötzlich umgeschlagen ist. »Er hat recht. Like We Used To existiert nicht mehr. Ihr habt diesen Preis mehr verdient als wir.«

J-Su verbeugt sich wieder höflich. Bekommt er davon irgendwann ein Schleudertrauma? »Danke, sehr freundlich. Aber Quatsch. Euer Name ist überall bekannt. Selbst in Korea stiegen eure Singles in die Charts ein.«

»Entschuldige«, sagt Tae-joon. »Das war unhöflich. Natürlich wollen wir euren Preis nicht. Ihr habt ihn verdient.«

Ich breche in schallendes Gelächter aus und hoffe, die Stimmung damit zu entspannen.

»Das ist das Problem? Das war doch nur ein Scherz. Selbst wenn ich wollte, könnte ich euch den Preis nicht überlassen. Bambam hat ihn mitgenommen und mich bringt nichts dazu, ihm heute noch mal unter die Augen zu treten.«

Genau in diesem Moment kommt Brian mit einem weiteren Mann zur Gruppe. Er ist deutlich älter, beugt sich zu J-Su und flüstert ihm etwas ins Ohr. Dann tritt er zu uns, verbeugt sich, reicht zuerst mir und dann Brian die Hand. Sich zu verbeugen scheint wirklich so ein Ding in Korea zu sein. Ich fühle mich wie ein Chicken Wing – ungebildet und amerikanisch. Zum Glück werde ich Get Over nie wieder begegnen.

»Wollen wir ein Foto zusammen machen?«, fragt J-Su nach einem kurzen Gespräch mit seinem Manager und ich nicke. Er ruft seinen Schützlingen etwas auf Koreanisch zu. Für mich klingt es wie die Zischlaute einer Schlange und ich zucke zusammen. Deswegen beuge ich mich zu Tae-joon.

»Was soll ich tun?«

»Wie wär’s mit lächeln?«

Ich nicke. »Das schaffe ich.«

Die Jungs springen auf und scharen sich um mich. Verlegen erhebe ich mich, stelle mich in ihre Mitte und lächle in die Kamera. Zum ersten Mal seit Minuten werde ich mir der Schreie bewusst, die durch den Raum hallen. Immer wieder höre ich meinen Namen, dann die der Bandmitglieder von Get Over.

»Danke«, meint der Manager, nachdem wir das Foto gemacht haben, verbeugt sich dabei tief vor mir und grinst von einer Backe bis zur anderen. Dann dreht er sich zu Brian, redet mit ihm.

»Lass uns ein Selfie machen«, meint J-su, während sein Freund bereits das Handy gezückt hat.

»Gern.« Bleibt mir denn etwas anderes übrig? Wie habe ich es geschafft, von »Ich hasse Get Over aus tiefstem Herzen« zu »Lass uns ein Selfie zusammen machen« in weniger als einer Stunde? Das ist wohl ein neuer Rekord auf der Skala der Gefühlsschwankungen. Selbst für mich.

Ich komme mir unhöflich vor und habe Angst, zu wenig Interesse zu zeigen. Daher gehe ich zu Pseudo-Miso. »Schickst du mir das? Macht sich sicher gut in meiner Insta-Story.«

Miso sieht mich verständnislos an, öffnet den Mund und schließt ihn wieder. Offensichtlich können nicht alle Mitglieder so gut Englisch. Sofort ist J-Su zur Stelle und übersetzt.

»Entschuldige. Die Sprachkenntnisse meiner Freunde halten sich in Grenzen«, meint er und ich winke ab.

»Kein Thema, außerdem spreche ich ja auch kein Wort Koreanisch. Ich könnte euch nicht mal begrüßen.«

»Annyeong.« Tae-joon steht auf einmal wieder neben mir. Dieses Mal bin ich es, der verständnislos die Augenbrauen hebt.

»Entschuldige?«

Tae-joon lacht. »Die Begrüßung. Es heißt Annyeong.«

»Ach so, klar. Macht Sinn. Anieeng«, versuche ich, seine Worte zu wiederholen, scheitere allerdings kläglich. Er verkneift sich ein Grinsen, während J-Su beteuert, wie gut die Aussprache ist.

»Ehrlich, niemand kann euch vorwerfen, ihr wärt unhöflich«, sage ich lachend. »Das war grauenvoll, mein Freund.«

»War es«, stimmt Tae-joon mir zu und ich boxe ihn gegen den Oberarm. Keine Ahnung, warum. Irgendwie folge ich einem Impuls, der genauso schnell verschwunden ist, wie er gekommen war.

Kapitel 4

Get Over

Tae-joon