Brichst mein Schweigen, hörst meine Worte - Claudia Rack - E-Book

Brichst mein Schweigen, hörst meine Worte E-Book

Claudia Rack

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Beschreibung

"Du kannst nicht vor mir davonlaufen..." Ausgerechnet Jacques de Cosellier (Jack), der Mann, mit dem Quinn Perkins eine leidenschaftliche Nacht verbringt, ist ein Vampir. Jack hegt eine tiefe Verachtung gegenüber Hexen. Sich dessen bewusst, dass eine Bindung zwischen ihm und ihr, niemals gutgehen kann, nutzt sie ihre magischen Kräfte, um ihn auf Distanz zu halten. Doch Quinn hat nicht mit der Anziehung zwischen ihnen gerechnet. Zu allem Übel stellt sich heraus, dass in dieser Nacht weitaus mehr zwischen ihnen geschehen ist, als angenommen. Für Quinn scheint nur die Flucht vor ihm die Lösung zu sein. Aber Jack´s Reaktion fällt völlig anders aus, als erwartet. Inmitten der Kämpfe gegen ihre Feinde müssen Quinn und Jack einen Weg finden, um die Taten ihrer Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Frage ist nur: kann Jack ihr vertrauen, obwohl sie genau das darstellt, was er so sehr verachtet?

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Seitenzahl: 414

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Claudia Rack

Brichst mein Schweigen, hörst meine Worte

Martyrium der Vampire

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Danksagung

Weitere Bücher

Impressum neobooks

Kapitel 1

Kapitel 1

Quinn sah zu der Frau mit den langen schwarzen Haaren und runzelte die Stirn. Hatte sie sich gerade verhört? »Ich habe keine Schwester. Du musst dich irren.«

»Wir haben denselben Familiennamen. Perkins …, du bist Quinn Perkins, meine Schwester«, sagte Zoe mit Nachdruck. Immer noch lagen ihre Hände an der Tür hinter ihr. Sie presste sich mit dem Rücken dagegen und drohte umzufallen. Das konnte nicht wahr sein? Da hatte es Jack geschafft, dass sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte und jetzt erinnerte sie sich nicht an ihre eigene Schwester? Das konnte nur ein übler Scherz sein. Ein Stöhnen ließ ihren Kopf zu ihm herumfahren. Jack regte sich. Gebannt starrte sie auf seine Gestalt, die am Boden lag. Wenige Minuten zuvor war er komplett ausgerastet. Niemals zuvor hatte sie jemanden so laut und voller Qual brüllen hören. Dieses Bild würde sie niemals vergessen. Die Tatsache, dass sie nicht wusste, weshalb er so ausgerastet war, tat sein Übriges. Was zum Teufel ging hier vor?

»Ich erinnere mich nicht daran. Wo bin ich?«, fragte Quinn und sah sich im Zimmer um. Als Jack sich langsam erhob und ein tiefes Knurren ausstieß, sah sie direkt zu ihm. Seine grünen Augen durchdrangen sie. Quinn verspannte sich augenblicklich, als sein stechender Blick sie traf. Sie wollte seinen faszinierenden Augen ausweichen, doch sie konnte nicht wegsehen. Es schien, als ob er ihr bis auf den tiefsten Grund ihrer Seele blickte. Sie schluckte. Als er den Mund aufmachte, erkannte sie die Stimme sofort.

»Du bist wach. Das ist gut«, sagte er schwankend. Er hielt den Blickkontakt mit ihr aufrecht. Seine Miene drückte Unglaube und Faszination aus.

»Du …, du hast zu mir gesprochen«, wisperte Quinn stirnrunzelnd.

»Ja, ich habe mental mit dir kommuniziert, um dich zurückzuholen.«

»Wieso?« Fragend sah sie ihn an. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Es musste einen Grund dafür geben. Obwohl sie ihn attraktiv fand, spürte sie die Gefahr, die von ihm ausging.

Jack stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und wechselte mit Zoe einen Blick. »Das kann ich dir noch nicht sagen. Das sollten wir unter vier Augen besprechen«, sagte er.

Quinn versteifte sich und sah ihn ungläubig an. Ihr Blick wechselte zu Zoe. Sie verstand kein Wort. »Es war nicht nur deine Stimme, oder? Was hast du noch getan?« Anklagend begegnete sie seinem Blick. Sie nahm seine Erscheinung Stück für Stück in sich auf. Grüne, stechende Augen, die sie schwindeln ließen. Breite Schultern, lange sehnige Beine, kurzes braunes Haar und diese schmeichelnde Stimme. Ihr Herz flatterte, desto länger sie ihn in Augenschein nahm. Schnell sah sie auf ihre Hände herunter, die auf der Bettdecke ineinander gefaltet da lagen. Leichte Röte überzog ihre Wangen. Sie spürte das verräterische Brennen in ihrem Gesicht. Sie musste damit aufhören, schalt sie sich.

»Du hast von meinem Blut getrunken«, sagte er. Es kam so lässig über seine Lippen, als ob es das Normalste auf der Welt wäre.

»Ich habe ihn dazu gedrängt«, mischte sich Zoe ein. »Du wolltest einfach nicht aufwachen. Ich konnte das nicht länger mit ansehen. Und Jack war nicht er selbst, er …, nun ja, da gibt es etwas …, vielleicht solltest du dir das anhören, bevor du dir ein Urteil bildest.«

»Wovon zum Teufel sprichst du?« Quinn starrte sie ratlos an.

»Ich sagte, das klären wir noch. Woran erinnerst du dich?«, meinte Jack herrisch und warf Zoe einen tadelnden Blick zu.

»An nichts. Da ist absolut nichts. Ich erinnere mich nur an deine Stimme, die ich hörte«, antwortete Quinn nachdenklich.

Jack seufzte schwer und nickte stumm. »Ich bin Jack. Zoe, deine Schwester kennst du ja. Die anderen wirst du früh genug kennenlernen. Vorerst solltest du dich ausruhen. Eventuell kehren die Erinnerungen zurück, wenn du dich etwas erholt hast.«

»Wieso dein Blut?«, fragte sie ihn erneut. Die Skepsis war in ihren hellblauen Augen zu erkennen. »Sag es mir«, flehte sie ihn an.

»Später«, meinte er nur und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Gerade, als er etwas ergänzen wollte, wurde die Tür aufgerissen, sodass Zoe weiter in das Zimmer stolperte.

»Was ist hier los?«, fragte Gerard ungeduldig und sah einen nach dem anderen an. Sein Blick blieb länger auf Quinn liegen, bis er sich an Zoe wandte und die Stirn runzelte. »Was ist passiert? Wieso bist du so nervös?« Er erkannte sofort ihren Gemütszustand. Sein warnender Blick schoss zu Jack. »Was hast du getan?«, fragte er direkt in seine Richtung.

»Das geht dich nichts an, Gerard. Ich habe gehandelt, ganz einfach«, zischte Jack ungehalten.

Quinn sah zwischen den beiden hin und her, als diese sich mit ihren Blicken regelrecht aufspießten. Ihr schwirrte der Kopf. Wo zum Teufel war sie? Und wer waren diese Leute? Sie strengte sich an, um sich zu erinnern. Doch da war nichts. Nichts außer Leere. Dunkle, schwarze Leere, die sie umgab und nichts hindurch ließ. Der Umstand, dass sie ständig zu Jack schielte und einfach nicht den Blick von ihm abwenden konnte, verunsicherte sie. Kannte sie ihn? Dieses Gefühl in ihrer Brust gefiel ihr nicht. Er sprach mit ihr, als ob sie ihm gehörte. Oder als ob sie seinen Befehlen Folge leisten musste. Das war doch nicht normal, oder? Und ihre angebliche Schwester? Sie himmelte den anderen blonden Mann an, der gerade eingetreten war. Dieser Mann schien sich ernsthaft um sie zu sorgen. Von daher war Quinn sofort klar, dass die beiden ein Paar waren. Und Jack schien sich nicht gut mit dem blonden Mann zu verstehen. Die Fragen in ihrem Kopf wurden nicht weniger. Als Kopfschmerzen sich ankündigten, stöhnte sie auf. Sofort richteten sich diese grünen Augen auf sie. Wie konnte jemand nur so faszinierende Augen haben? Gänsehaut überfuhr sie, als er sie erneut direkt ansah. Als ein weiterer Mann ins Zimmer stürmte, schien er es nicht wahrzunehmen. Er sah sie weiterhin an. So als ob sie beide allein wären.

»Gerard, wir müssen sofort los«, sagte Erik, als er eintrat und sich kurz stirnrunzelnd im Zimmer umsah. »Oh sie ist wach. Sehr gut«, meinte er noch erstaunt. Sein fragender Blick schoss zu Jack. Er inspizierte ihn von oben bis unten, nur um sicherzugehen, dass er nicht jeden Moment den Vampir herausklingen ließ. Erik wusste über seinen Gemütszustand Bescheid. Er konnte seine Sorge um Jack nicht verschleiern.

»Worum geht es?«, fragte Gerard und zog Zoe an seine Brust. Er brauchte den Körperkontakt mit ihr. Sie schien aufgelöst zu sein. Er wollte alles andere als jetzt gehen. Irgendetwas war hier geschehen. Etwas, was Zoe nervös machte und Jack wie ein wachsames Raubtier auftreten ließ. Er ließ Quinn nicht aus den Augen. Konnte es sein, dass er sie markiert hatte, und Zoe hatte es mitangesehen? Er brauchte Antworten.

»Die Soldaten greifen an. Ich habe gerade eine Nachricht von Valerius erhalten. Sie sind auf seinem Anwesen. Er braucht Hilfe. Sie schießen mit dem Serum um sich, statt mit Kugeln«, sagte Erik nervös.

Gerard wirbelte zu ihm herum. »Was? Zur Hölle, sind es die verwandelten Soldaten?«

Erik nickte und presste die Lippen aufeinander. Eilig flogen seine Finger über die Tastatur seines Handys, als er eine Nachricht schrieb.

»Verdammt! Schick André und Caleb eine Nachricht. Sie sollen direkt zu Valerius fahren.« Er wandte sich an Zoe. Seine Hände strichen über ihre Oberarme, als er sie eindringlich ansah. »Kommst du zurecht? Ich will alles hören, was passiert ist. Aber das muss leider noch warten.«

Zoe nickte und versuchte sich an einem Lächeln. »Ja, es ist alles in Ordnung. Ich bleibe bei Quinn. Bitte sei vorsichtig.«

»In Ordnung. Ich werde aufpassen, keine Sorge. Jack, kommst du?«, meinte er direkt zu ihm. Seine Tonlage duldete keinen Widerspruch.

Jack nickte Quinn stumm zu. Seine Kiefermuskeln spannten sich an, als er sich von ihr abwandte und Gerards Befehl nachkam. Quinn starrte ihm nach, bis er mit den anderen beiden Männern das Zimmer verließ. »Das war merkwürdig«, meinte sie leise.

»Was meinst du?«, fragte Zoe und ging um das Bett herum. Sie ließ sich auf der Bettkante nieder.

»Nichts, schon gut«, antwortete Quinn und schüttelte den Kopf.

»Wir werden dir alles erklären, versprochen«, beruhigte Zoe sie und legte ihre Hand auf ihre Schulter. »Hast du Hunger? Ich kann dir etwas bringen.«

Ihr Magen knurrte und ersparte ihr damit eine Antwort. Zoe nickte wissend und erhob sich. Als sie an der Tür stand, schenkte sie ihr noch ein Lächeln, bevor sie aus ihrem Sichtfeld verschwand. Quinn ließ sich in die Kissen zurücksinken und starrte an die Decke. Die Kopfschmerzen wurden stärker, sodass sie die Augen schloss und versuchte, sich zu entspannen. Sofort blitzte eine Erinnerung auf. Abrupt fuhr sie in die Höhe und riss die Augen auf. Sie hatte sein Blut getrunken. Es war wahr. Sie sah es klar vor sich, wie sie sein Handgelenk an ihrem Mund spürte und den metallischen Geschmack auf ihrer Zunge schmeckte. Das hätte sie niemals freiwillig getan. Oder? Hatte er sie manipuliert? Stirnrunzelnd ratterten die Fragen durch ihren Kopf und sorgten nicht gerade dafür, dass sie entspannte. Was zum Teufel war er? Mit Sicherheit kein gewöhnlicher Mensch. So viel war ihr klar. Wieso fühlte sie sich so zu ihm hingezogen? Hatte er noch etwas anderes mit ihr angestellt? Sie sah die Fangzähne aus seinem Mund aufblitzen. Sie schnappte nach Luft. Oh mein Gott! Er war ein Vampir. Das durfte nicht sein. Das war völlig unmöglich. Obwohl sie keinerlei Erinnerungen aus ihrem früheren Leben hatte, spürte sie instinktiv tief in ihrer Brust, dass das ein Problem für sie war. Sie durfte sich nicht mit einem Vampir einlassen. Dieses Gefühl war eindeutig vorhanden und legte sich über sie. Weshalb? Wieso bestand ihr Instinkt darauf, dass es kein Vampir sein durfte? Und wieso zum Teufel schreckte sie nicht vor einem Vampir zurück? Was war sie? Was hatte sie alles vergessen? Und wer war dafür verantwortlich? Panisch sprang sie aus dem Bett, nur um direkt mit dem Boden Bekanntschaft zu machen, als ihre Knie versagten. Ihr Herz donnerte gegen ihre Brust. Sie konnte sich nicht beruhigen. Die Hand am Laken festgekrallt, hockte sie auf dem Boden. Irgendetwas tief in ihrem Unterbewusstsein lag noch im Dunkeln. Etwas Entscheidendes. Sie spürte es überdeutlich. Sie musste herausfinden, was das war. Und sie musste dringend erfahren, wie sie hergekommen war und was mit ihr geschehen war. Als sie hyperventilierte und der Schwindel einsetzte, stöhnte sie laut auf. Sie holte tief Luft, nur um festzustellen, dass es nichts nützte. Ihre Atmung ging flach und setzte mehrmals aus. Die Panik, die von ihr Besitz ergriff, war gnadenlos. Als die Panikattacke sie ergriff, sah sie verschwommen und alles drehte sich. Im nächsten Moment sackte sie auf dem Boden zusammen und wurde ohnmächtig.

Valerius stürmte die Treppen herunter, alarmiert von den Unruhen im Erdgeschoss. Sobald er das Ausmaß sah, zischte er wütend. Eine Truppe von Soldaten durchbrachen gerade erfolgreich die Eingangstür und stürmten ins Haus. Seine Vampire eilten herbei und stellten sich ihnen direkt in den Weg, bereit zum Kampf. Die ersten Schüsse fielen, dicht gefolgt von Kampfgeschrei. Zwei seiner Vampire wurden getroffen. Anstatt das sie einfach nur umfielen, wurden sie am Boden von Krämpfen geplagt und von Schaum, der sich um ihren Mund sammelte. Sofort war Valerius klar, dass sie von dem Serum getroffen wurden, dass der Professor entwickelt hatte. Dieses Serum konnte Vampire außer Gefecht setzen. Innerhalb von Sekunden fielen sie um, schüttelten und verkrampften sich, bis ihre Muskeln versagten und sie bewegungsunfähig wurden. »Passt auf, dass ihr nicht getroffen werdet«, brüllte er seinen Leuten entgegen, als er sich ins Getümmel stürzte. »Sie schießen mit dem Serum.«

Einer der Soldaten drehte sich herum, als er ihn vernahm. Sofort zielte er mit dem Gewehr direkt auf ihn und ließ ein hämisches Grinsen im Gesicht aufblitzen. Valerius erkannte ihn. Aus seiner Zeit bei General Higgings, getarnt als sein persönlicher Assistent, wusste er, dass das einer der verwandelten Soldaten war. Sie hatten diese Soldaten auf sie losgelassen. Die Untersuchungen sind offenkundig abgeschlossen. Frustriert, dass sie es wagten, bei ihm aufzukreuzen, stürzte er sich auf den Soldaten. Ein Schuss erklang, doch Valerius sprang rechtzeitig zur Seite. Bevor er wusste, wie ihm geschah, spürte er den Soldaten, der ihn mit seinem Gewicht zu Boden zwang. Die Fausthiebe folgten direkt und landeten scheppernd in seinem Gesicht. Sie hatten die Stärke und Geschwindigkeit von Vampiren in sich. Überrumpelt von der Attacke, versuchte er, den Soldaten von seinem Körper herunter zubekommen. Vergebens. Der Soldat war gefühlt so schwer wie eine Tonne. Also achtete er darauf, dass nicht jeder Fausthieb ihn direkt traf. Dafür musste er seine übernatürliche Geschwindigkeit einsetzen, denn die Faustschläge prasselten im Sekundentakt auf ihn ein. Er wusste, dass diese Soldaten noch eine weitere spezielle Fähigkeit besaßen. Ihnen wurden Stammzellen von Vampiren verabreicht, die besondere Fähigkeiten hatten. Das Dumme war nur, dass er keinen blassen Schimmer hatte, welche Fähigkeit der Soldat über ihn besaß. Hatten diese Soldaten Kontrolle darüber? Würden sie die Fähigkeiten einsetzen? Seine Gedanken wirbelten umher, gepaart mit den Schmerzen, die sich über sein Gesicht zogen, desto öfter der Soldat einen Treffer landete. Gerade, als er dachte, er würde das Bewusstsein verlieren, hörte er ihren Schrei. Alarmiert zischte er wütend. Er hätte sie überall herausgehört. Ihr Schrei klang verängstigt. Aus dem Augenwinkel sah er noch, wie einer der Soldaten sie an ihren Haaren die Treppe herunter schleifte. Lexi zappelte und wehrte sich gegen ihn, so gut sie es vermag. Der Soldat wurde ungeduldig und seine Faust landete brutal in ihrem Gesicht, sodass ihr Kopf zur Seite flog. In diesem Augenblick hatte er endgültig genug. Mit einem Brüllen warf er den Soldaten über sich in hohem Bogen von sich. Der Soldat wirbelte durch die Luft und knallte an die gegenüberliegende Wand. Geschockt, dass Valerius ihn abschütteln konnte, schüttelte er benebelt den Kopf. Valerius sprang auf die Füße und scherte sich nicht um seine Verletzungen. Er eilte zu Lexi. Ohne Zögern griff er den Soldaten, der es wagte sie, anzurühren, und schmetterte seine Faust in sein Gesicht. Blut spritzte in hohem Bogen auf die Treppenstufen. »Rühr sie nicht an!«, brüllte er den Soldaten an und warf ihn in die Luft, bis dieser stöhnend auf dem Treppenabsatz aufschlug. Valerius wirbelte zu ihm herum und sah ihn mit wutverzerrter Miene an.

In diesem Moment stürmten Gerard, Erik, Jack, Caleb und André herein. Sie stürzten sich sofort auf die Angreifer und es brach ein Kampf Mann gegen Mann aus. Valerius zählte mindestens fünf von den verwandelten Soldaten. Die anderen waren normale Soldaten, doch nicht weniger gefährlich, denn ihre Waffen waren ebenfalls mit dem Serum befüllt. Unzählige seiner Vampire lagen auf dem Boden verstreut. Sie schüttelten sich, stöhnten laut und kämpften gegen das Mittel an, das in ihrer Blutbahn tobte. Sein Blick huschte zu Gerard, der gerade einen der Soldaten das Genick brach. Ihre Blicke trafen sich. Stumm sprach er zu ihm, bis Gerard ihm zunickte. Sofort wirbelte er zu Lexi herum und nahm sie auf seine Arme. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte er mit ihr nach oben. Er stieß mit dem Fuß die erstbeste Tür auf, die er in der ersten Etage fand und lief mit ihr hinein. Es handelte sich um ein Schlafzimmer eines seiner Clanmitglieder, doch das störte ihn jetzt nicht. Er trug Lexi zum Bett und legte sie behutsam darauf ab. Sie blinzelte und stöhnte leise, bis sie ihn direkt ansah. »Was passiert hier?« Eine Platzwunde prangte an ihrem Mund. Valerius brummte gefährlich leise und legte seine Hand auf ihre Wange. Er lächelte sie an, obwohl der Zorn in ihm raste. »Wir werden angegriffen«, sagte er zu ihr.

»Was?«, fragte Lexi und rappelte sich auf, sodass sie sich mit den Ellenbogen auf dem Bett abstützen konnte.

»Bleib hier. Komm auf keinen Fall heraus und versperre die Tür hinter mir. Hast du mich verstanden?«, sagte er eindringlich zu ihr.

Lexi sah ihn perplex an und nickte. »Wer?«, hauchte sie verängstigt.

»Soldaten. Die Soldaten deines Vaters«, antwortete er gehetzt. Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn, bevor er zur Tür eilte. »Schließ dich ein und öffne die Tür erst, wenn ich es dir sage, Lexi. Versprich mir, dass du nicht herauskommst.«

Lexi nickte abermals und rannte zur Tür, sobald er hindurch geschlüpft war. Eilig drehte sie den Schlüssel herum und dachte daran, dass dies die Soldaten nicht aufhalten würde. Sie wirbelte herum und sah sich panisch in dem Zimmer um. Die Kommode an der rechten Wand schien ihr nützlich. Als sie diese zur Tür schob und dabei laut ächzte, da sie so schwer war und sich kaum vom Boden wegbewegte, drangen die Geräusche von unten zu ihr herauf. Gebrüll, Faustschläge, Schüsse und das Scheppern von Gegenständen, die sicher durch die Luft flogen, hörte sie. Lexi ging in dem Zimmer mit ineinander verkeilten Händen vor sich auf und ab. Die Sorge um Valerius und die anderen fegte über sie hinweg. Wieso kamen die Soldaten ihres Vaters hierher? Wieso jetzt? Soweit sie wusste, sollten noch psychologische Tests mit ihnen stattfinden. Sie verstand es nicht. Ihr Vater saß in Untersuchungshaft. Sie hatte mit eigenen Augen gesehen, wie die Polizeibeamten ihn verhafteten. Gab er den Befehl? Bevor er verhaftet wurde? Konnte es sein, dass er diese Soldaten dafür einsetzen wollte, um sie zu befreien? Er hatte ja nicht wissen können, dass sie längst von Valerius befreit worden war. Sofort stellte sich ihr die Frage, wer ab sofort die Befehlsgewalt auf dem Stützpunkt innehatte. Ihr Vater schied definitiv aus. Er würde sicher für eine lange Zeit hinter Gittern verbringen. Er konnte einen ranghohen Posten bei der Regierung nicht mehr einnehmen. Die Tatsache, dass er mit minderjährigen Frauen Sex hatte und das regelmäßig, würde niemand verschleiern können. Erst recht nicht wenn die Videoaufnahmen davon an die Öffentlichkeit drangen. Wobei sie eher vermutete, dass diese Bilder nur für die Staatsanwaltschaft und den Richter zur Verfügung standen. Unvermittelt verstummten die Geräusche. Lexi spannte sich an und horchte. Hatten sie die Soldaten überwältigt? Oder waren die Soldaten als Sieger hervorgegangen? Angst, dass sie zu ihr kamen, um sie mitzunehmen, bewältigte sich ihrer. Die Sorge um Valerius Wohlergehen ließ sie schwer schlucken. Ihm durfte nichts geschehen sein, bettelte sie insgeheim. Sie brauchte ihn noch. Sie konnte ihn nicht verlieren. Niemals. Lexi zuckte erschrocken zusammen, als jemand an die Tür klopfte.

»Lexi? Ich bin es. Mach auf, du kannst herauskommen«, hörte sie die gedämpfte Stimme von Valerius. Er schien außer Atem zu sein. Aber er lebte. Das war alles, was für sie zählte. Eilig rannte sie zur Tür und schob die Kommode mit der Hüfte ein Stück zur Seite. Sie riss die Tür auf und warf sich erleichtert in seine Arme.

Das volle Ausmaß des Kampfes offenbarte sich Lexi, sobald sie mit Valerius ins Foyer kam. Etliche seiner Vampire lagen auf dem Boden verstreut. Sie krümmten sich und stöhnten laut. Zwei Soldaten lagen leblos am Boden, die Köpfe unnatürlich verdreht. Sie wusste sofort, dass ihnen das Genick gebrochen worden war. Von den restlichen Angreifern fehlte jede Spur. Die Eingangstür hing aus ihren Angeln und war zertrümmert. Ein kalter Luftzug drang ins Innere, sodass sie fröstelte. Valerius Gesicht war übersät mit Blessuren. Sein weißes Hemd total zerrissen, hing nur noch halb an seinem Oberkörper herunter. Als sie einen Blick auf Gerard, Jack, Erik, Caleb und André warf, schien es ihnen nicht besser zu ergehen. Sie trugen einige Blessuren davon, aber sie standen aufrecht. Sichtlich außer Atem zwar, aber sie hatten diesen Kampf gewonnen. Fürs Erste. Lexi spürte, dass das erst der Anfang sein würde. Ihr besorgter Blick richtete sich auf Valerius, der sie an seine Seite drückte und besänftigend über ihren Rücken strich.

»Was zur Hölle war das denn?«, brauste Gerard wütend auf. Mit den Händen klopfte er sich den Dreck von den Hosen. »Wieso sind sie hierher gekommen?« Seine Frage richtete er direkt an Valerius.

»Keine Ahnung, vielleicht war es noch ein Befehl ihres Vaters. Ich könnte mir vorstellen, dass sie dachten, Lexi müsste befreit werden.« Valerius warf einen kurzen Blick zu ihr und zwinkerte ihr zu. »Alles in Ordnung, Süße?«

»Ja, ich bin nur erschrocken. Es ging alles so schnell«, antwortete sie beunruhigt. Ihr Blick fiel auf die Vampire, die am Boden lagen. »Was ist mit ihnen?«

»Sie kämpfen gegen ein Serum an. Es ist pures Gift für uns und lähmt uns. Ich schätze, die Wirkung wird noch eine Weile anhalten. Wir bringen sie zu den Krankenzimmern.« Sofort erschien sein Butler, im Schlepptau einige von seinen Hausangestellten, um den lädierten Vampiren aufzuhelfen. Nach und nach lichtete sich der Boden.

»Wieso setzten sie die Fähigkeiten nicht ein?«, murmelte Gerard nachdenklich. »Das ist seltsam. Damit hätten sie einen klaren Vorteil.«

»Vielleicht haben sie diese Fähigkeiten noch nicht unter Kontrolle«, meinte Erik nachdenklich und sah sich um.

»Ich verspüre wenig Elan, es herauszufinden«, sagte Jack zerknirscht. Dabei zog er sich den kläglichen Rest seines Shirts über den Kopf und warf es achtlos auf den Boden.

»Wir müssen handeln. Das war sicher nicht das letzte Mal, dass sie angreifen. Sobald sie über ihre Fähigkeiten verfügen, sind wir am Arsch«, sagte André besorgt.

»Ja, vor allem wenn sie mit dem Serum herumballern«, warf Caleb wütend ein.

Sie sahen sich alle lange eingehend an, wohl wissend, dass die Situation gerade anfing, zu eskalieren. Die Soldaten waren nicht ihre einzigen Feinde, aber sie waren diejenigen, die sie nicht einschätzen konnten. Gerard brummte nickend. Ihm stand der Frust ins Gesicht geschrieben. Schließlich wandte er sich zu Lexi und Valerius. Mit einem Lächeln im Gesicht verbeugte er sich vor Lexi und ergriff ihre Hand, um ihr einen Handkuss zu geben. »Du bist also Lexi, die kleine Hackerin, die Valerius den Kopf verdreht hat«, sagte er zu ihr und betrachtete sie eingehend. »Ich bin froh, dass er dich gefunden hat.«

Lexi nahm langsam die Hand zurück, nachdem sie sich noch über seinen Handkuss gewundert hatte. »Du bist der, der die Erstarrung beherrscht, nicht wahr?«, fragte sie ehrfürchtig.

Gerard wechselte mit Valerius einen amüsierten Blick, als er sich aufrichtete. »Ja. Ich bin Gerard Thigaud. Valerius wird dir sicher die anderen noch näher vorstellen. Wollt ihr hierbleiben? Es scheint nicht sicher zu sein«, sagte er an Valerius gerichtet.

»Ja, ich lasse mich nicht von diesen Soldaten aus meinem Haus treiben. Wir werden die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen, keine Sorge«, betonte Valerius.

Gerard nickte und wandte sich zu den anderen. »Für heute habe ich genug vom Kampf. Wir brechen auf«, befahl er und schlenderte zum Ausgang. Lexi und Valerius beobachteten die anderen, wie sie ihm folgten. Sobald sie allein im Foyer standen, drehte Valerius sie zu sich herum und legte seine Hände um ihr Gesicht. Seine Knöchel waren geschwollen und mit Blutspritzer bedeckt. Seine bernsteinfarbenen Augen sahen sie liebevoll an. »Entschuldige, ich hätte Vorkehrungen treffen müssen«, meinte er zerknirscht und fuhr mit dem Daumen über ihre geschwollene Wange.

Lexi zuckte kurz zusammen, als der Schmerz folgte. Der Fausthieb des Soldaten würde Spuren hinterlassen. »Es ist nicht deine Schuld«, sagte sie zu ihm und schlang die Arme um seine Hüften, um sich näher an ihn zu pressen. Sie legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufschauen zu können. Ihre Hände fuhren über seinen nackten Oberkörper, in dem Moment froh darüber, dass das Hemd lädiert war und einiges von seinem verführerischen Körper offenbarte.

»Ich habe dir geschworen, dass dir niemand mehr wehtun wird. Ich habe versagt, was das angeht und das tut mir unendlich leid, Lexi. Ich will dich beschützen. Vor allen Gefahren und jeden, der es wagt, Hand an dich zu legen. Es bringt mich um, wenn ich feststelle, dass mir das nicht so gelingt, wie ich das wünsche.«

Lexi lächelte und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen sanften Kuss zu schenken. »Ich weiß, dass du mich beschützt, Val. Ich vertraue dir. Wir wussten, dass es so kommen würde. Der Angriff der Soldaten war nur eine Frage der Zeit. Du kannst nichts dafür«, sagte sie mitfühlend.

Mit einem kurzen Ruck presste er sie an seine breite Brust, sodass sie kurz nach Luft schnappte. Und dann spürte sie seine warmen Lippen, die sich auf ihren Mund legten. Anfangs zaghaft küsste er sie, bis der Kuss fordernder wurde und seine Zunge in ihren Mund eintauchte. Stürmisch und inbrünstig machte er sich über ihren Mund her und sie genoss es in vollen Zügen. Ihre Haut kribbelte, ihr Herz donnerte vor Aufregung in der Brust und sie seufzte leise in seinem Mund auf. Sanft unterbrach er den Kuss, gerade als sie mehr wollte. »Am liebsten würde ich dich von hier fortbringen. An einem sicheren Ort, wo dir niemand etwas antun kann, Lexi. Allerdings will ich nicht von deiner Seite weichen. Ich muss die Gewissheit haben, dass du wohlauf bist. Auch wenn ich dich markiert habe, oder vielleicht gerade deshalb, kann ich mich nicht von dir trennen. Nicht jetzt, nicht nachdem ich dich gerade erst zurückbekommen habe.«

Sie schmolz dahin, als sie seine aufrichtigen Worte hörte. Die Liebe zu Valerius wuchs mit jedem weiteren Tag, den sie miteinander verbrachten. »Ich will nicht von dir getrennt sein. Selbst wenn du es von mir verlangen würdest. Ich fühle mich nur bei dir sicher. Bitte schick mich nicht weg, Valerius«, flehte sie ihn an, aus Angst, er könnte umschwenken.

»Das werde ich nicht, keine Sorge. Du bleibst an meiner Seite«, versprach er ihr, bevor sein Mund sich ihrem erneut näherte und er einen weiteren Kuss von ihr stahl.

Als sie zu Bewusstsein kam, spürte sie sofort seine Anwesenheit. Die Augen weiterhin geschlossen, wagte Quinn nicht, sie zu öffnen. Kurz kam die Frage in ihr auf, wie lange sie ohnmächtig gewesen war. Sie erinnerte sich nur noch daran, dass sie durchgedreht war, als sie keine Antworten auf ihre Fragen erhielt. Und dann wurde es schwarz um sie herum.

»Ich weiß, dass du wach bist.«

Quinn stöhnte innerlich auf, als sie seine Stimme vernahm. Sie ging ihr bis unter die Haut, die sofort anfing, zu kribbeln. Wie machte er das nur? Vorsichtig blinzelte sie und öffnete die Augen. Sobald sie ihn ansah, schnappte sie erschrocken nach Luft. Jack saß in einem Sessel neben ihrem Bett. Sein Gesicht war mit Blessuren übersät, seine Haare waren zerwühlt und er trug kein Oberteil. Sie starrte wie gebannt auf seinen nackten Oberkörper und schluckte. Stahlharte Muskeln und kein einziges Haar auf seiner Brust. Ihr gefiel, was sie sah. Sie spürte ihr Herz doppelt so schnell in der Brust schlagen. Als sie den Blick von seinem nackten Oberkörper abwandte und in seine Augen sah, wurde es nicht besser. Nervös biss sie auf ihre Unterlippe. Sobald sie sich endlich von seinem Anblick losreißen konnte, suchte sie das Zimmer ab. Sie war mit ihm allein. Auch das noch, stöhnte sie innerlich. Ihre Augen gingen zum Fenster, nur um festzustellen, dass es mittlerweile dunkel war. Sie musste mehrere Stunden weg gedriftet sein. Eine kleine Nachttischlampe, die auf der Kommode neben dem Bett stand, spendete spärlich Licht. »Was ist mit dir passiert?«, fragte sie neugierig und starrte erneut auf seine Blessuren.

»Die Heilung setzt bereits ein. Also kein Grund zur Sorge«, antwortete er salopp. Seine grünen Augen verfingen sich mit ihren hellblauen. Er musterte sie eingehend. Jack kämpfte gegen den Drang an, mit der Hand in ihre Mähne zu fahren. Sie hatte lange brünette Haare, vereinzelte blonde Strähnen lugten daraus hervor. Ihr Haar war gewellt und fiel locker auf ihre Schultern. Doch erst seitdem sie die Augen geöffnet hatte und ihn direkt ansah, wurde ihm bewusst, wie anziehend er sie fand. Wunderschöne hellblaue Augen sahen ihn an. Neugierig, wachsam und mit einer Spur von Begierde darin. Sie konnte es nicht vor ihm verbergen. Sie versuchte es mit allen Mitteln. Als er der Bitte ihrer Schwester nachgekommen war und ihr von seinem Blut gab, hätte er niemals damit gerechnet, dass es direkt von Erfolg gekrönt war. Er hatte angenommen, dass es länger dauern würde, bis sie aus ihrer Starre erwachte. Es war seltsam. So, als ob einzig sein Blut eine sofortige heilende Wirkung auf sie hatte. Und das, obwohl sie den Fluch noch nicht ausgelöst hatten. Er hatte sie noch nicht markiert, geschweige denn von ihrem Blut gekostet. Er machte sich nichts vor. Er wollte ihr Blut, mehr als alles andere. Doch er hielt sich eisern zurück, in der Gewissheit, dass es dann zu spät war. Er durfte sich ihr nicht nähern. Auf keinen Fall. Dennoch hatte sie ein Recht auf Antworten. Das gestand er ihr zu. Nur deshalb war er hier bei ihr. Er hatte nach dem Kampf mit den Soldaten keine Zeit verschwendet, indem er sich erst noch zurechtmachte. Er war direkt in ihr Zimmer gegangen und hatte auf ihr Erwachen gewartet. Während sie noch schlief, hatte er sie beobachtet und sein Hirn darüber zermartert, was er tun würde. Mit angespanntem Kiefer räusperte er sich und unterbrach den Blickkontakt zu ihr. Er begann ohne Umschweife von dem Fluch zu erzählen. Er ließ nichts aus. Jack erwähnte die Anziehung zueinander, wie es zu dem Fluch gekommen war und wie er aufzuhalten war. Absichtlich brachte er das Thema zur Sprache, dass sie von dem Professor gefangen gehalten wurde. Er erwähnte mögliche Experimente an ihr, ohne näher darauf einzugehen. Er wusste nicht, was genau der Professor mit ihr angestellt hatte. Jack vermied es, sie dabei direkt anzusehen, damit sie ihn nicht unterbrechen konnte. Er würde es nur einmal erzählen. Das musste reichen. Er vergewisserte sich nicht, ob sie ihm Glauben schenkte oder nicht. Er nahm es einfach an. Sie spürte es eh, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Da war er sicher. Bestimmt fragte sie sich, weshalb das so war. Nun wusste sie es. Schließlich erhob er sich und ging mit gesenktem Kopf vor ihrem Bett hin und her. »Was genau der Professor mit dir getan hat, weiß ich leider nicht. Ich bin sicher, dass die Erinnerungen daran nach und nach zurückkommen werden. Deine Schwester wird dir helfen, wenn du es zulässt.«

Quinn hörte ihm aufmerksam zu. Sie spürte, dass es ihm ein dringendes Bedürfnis war, zu Ende sprechen zu können. Deshalb unterbrach sie ihn nicht. Und desto länger er sprach, desto verstärkter bekam sie das Gefühl, dass er sie loswerden wollte. Er verwies auf Zoe, ihre Schwester, sollte sie Hilfe benötigen. Mit keinem Wort erwähnte er, dass er für sie da sein würde, wenn sie es wollte. Stirnrunzelnd beobachtete sie ihn. Die Wut, die sich in ihr aufbaute, beschleunigte ihre Atmung. Und das lag nicht daran, dass sie gerade erfuhr, wie ein unbekannter Professor sie einsperrte und sonst etwas mit ihr angestellt hatte. Nein, es war die Tatsache, dass Jack es ihr eher von oben herab erzählte und absichtlich so tat, als ob es ihn nicht weiter interessierte. Das ärgerte sie. Dabei sollte sie doch froh sein, dass es so war, oder? Instinktiv spürte sie immer noch das Gefühl, dass er nicht gut für sie war. Irgendetwas zog sie zu ihm hin. Aber da war etwas Tieferliegendes, was sie vor ihm warnen wollte.

»Da ich nicht beabsichtige, den Fluch mit dir einzugehen, kümmere ich mich darum. Ich gehe davon aus, dass es dir ähnlich geht und es in deinem Sinne ist.« Mit diesen Worten hielt er an und wandte sich direkt zu ihr. Lässig stand er an ihrem Bettende, die Hände in den Hosentaschen und sah sie an.

»Sagtest du nicht gerade, dass du einem Blutrausch verfällst, wenn du den Fluch nicht auslöst?«, fragte sie verwundert.

Seine grünen Augen fixierten sie. Ungeniert, gefährlich und abweisend. »Das kannst du beruhigt mir überlassen. Dir wird es gut gehen. Du wirst dich erholen können. Mehr gibt es nicht zu sagen.«

Quinn schnaubte leise und schüttelte den Kopf. »Und das hast du dir alles zurechtgelegt, ja? Wie willst du es anstellen?« Ihre hellblauen Augen schossen kleine Blitze in seine Richtung.

Jack überkam kurze Unsicherheit, als er ihren wütenden Blick bemerkte, doch er ließ es sich nicht anmerken. »Ja genau. Ich habe mir Gedanken gemacht, als du noch bewusstlos warst. Es gibt ein Elixier, von einer Hexe, das den Fluch auflöst. Ich werde im Anschluss direkt losgehen und den Trank besorgen. Damit verschaffe ich mir genügend Zeit und verfalle nicht direkt dem Blutrausch. Und du bist frei. Das ist es doch, was du willst, oder?« Herausfordernd begegnete er ihrem Blick.

»Du scheinst zumindest genau zu wissen, was ich will«, hielt sie missbilligend dagegen.

»Gut, dann ist es beschlossen. Ruhe dich aus. Ich mache mich direkt auf den Weg.« Er wirbelte auf dem Absatz herum und verließ das Zimmer. Quinn starrte ihm nach und atmete erleichtert aus, sobald er weg war. Fassungslos dachte sie über seine Worte nach. Einerseits sollte sie froh sein, dass er aus ihrem Leben verschwinden wollte. Andererseits spürte sie den heftigen Stich in ihrer Brust, sobald sie nur daran dachte. Wieso fühlte es sich so falsch an?

Kapitel 3

Jack zog die Tür hinter sich zu. Die Anspannung, die permanent unter seiner Haut brodelte, ließ merklich ab, sobald er nicht mehr in ihrer Nähe war. Er hatte gesehen, dass sie wütend geworden war. Doch er glaubte nicht daran, dass es daran lag, dass er den Fluch auflösen wollte. Es lag eher daran, dass er Quinn die Entscheidung rigoros abgenommen hatte. Er ließ da nicht mit sich reden. Obwohl er sich zu ihr hingezogen fühlte, hatte er nicht die Absicht, diesem Gefühl nachzugeben. Er brauchte keine Frau an seiner Seite. Zumindest nicht wenn diese Gefühle auf einen Fluch münzten, der von einer Hexe ausging. Was er von Hexen hielt, war nichts Neues. Er verabscheute sie. Die Erfahrungen, die er mit Hexen gemacht hatte, hatten sich tief eingeprägt. Seitdem hatte er kein gutes Wort für sie übrig. Dennoch musste er seine Abneigung ablegen, wenn er Lydias Hilfe brauchte. Nur sie konnte ihm das Elixier brauen, das er benötigte. Er musste seine inneren Dämonen beiseiteschieben und sie nett darum bitten. Zurück in seinem Zimmer nahm er eine schnelle Dusche und zog sich um. Einen Blick auf die Wanduhr gerichtet, stellte er fest, dass es auf Mitternacht zuging. Hoffentlich traf er Lydia um diese Zeit an. Er hatte sich nicht angekündigt. Sie wusste nicht, dass er zu ihr kommen wollte. Zweifel kamen in ihm auf, als er sein Zimmer verließ und aus dem Haus eilte. Ihm war bewusst, dass die Hexe sein Ansinnen ablehnen konnte. Er hatte keine Ahnung, was er dann tun sollte. Mit Pech würde Lydia ihn nicht in ihr Haus lassen. Immerhin hatten die Hexen zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht mehr auf ihrer Seite standen. Doch dieses Risiko musste er eingehen. Ihm war bewusst, welche Konsequenzen sich daraus ergaben. Quinn würde von ihm erlöst sein. Sie könnte ein normales Leben führen, ohne Vampire. Und er würde noch ein wenig mehr Zeit bekommen. Zeit, die er gut nutzen wollte, bevor der Blutrausch ihn überkam und er sich geschlagen geben musste. Sein Ziel, freiwillig den Tod zu wählen, sobald es überhandnahm, hatte er klar vor Augen. Er hoffte nur darauf, dass er vorab noch im Kampf gegen ihre Feinde nützlich sein konnte. Das würde seine letzte Aufgabe sein, bevor er sich von der Welt verabschiedete. Es gab sonst niemanden, der ihm nachtrauern würde. Gut, Erik würde es treffen. Zu ihm hatte er in der letzten Zeit eine Art Freundschaft entwickelt. Er war sicher, dass Erik ihn verstehen würde. Die anderen würden ihn sicher nicht vermissen. Das Einzige, womit er zu kämpfen hatte, war der Drang, sie zu beißen. Er fragte sich ständig, wie ihr Blut schmeckte. Er sah vor sich, wie er sich zu ihr hinunterbeugte, ihre Haare zärtlich beiseite strich und seine Fangzähne in ihren Hals stach. Jedes Mal, wenn er dieses Bild vor sich sah, durchfuhr ihn ein Schauer. Es war schwer, dem nicht nachzugeben und genau das zu tun. Allerdings hatte er einen starken Willen. Er durfte nur nicht länger warten und musste jetzt handeln. Von Erik hatte er die Information erhalten, wo Lydia lebte. Um nicht weiter aufzufallen, nutzte er seine übernatürliche Schnelligkeit, um zu dieser Adresse zu gelangen.

Als er vor ihrem Haus stand, die Hände in den Hosentaschen versteckt, blickte er an der Fassade empor. Das Haus befand sich in Williamsburg, einem Stadtviertel, das früher ein Arbeiterviertel war. Vor einigen Jahren wandelte sich dieser Stadtteil zu einem Ort der gehobeneren Klasse. Viele neue moderne Häuser entstanden, reichlich Cafés und Restaurants schossen empor und immer mehr gut betuchte Einwohner ließen sich hier nieder. Ihr Haus hob sich deutlich von den neueren Bauten ab. Es war in die Jahre gekommen und benötigte dringend einen Anstrich. Neben den neuen Bauten fiel es auf. Er bezweifelte das Lydia das interessierte. Sie hatte sicher Besseres zu tun, als sich um die Renovierung der Fassade zu kümmern. Umso neugieriger war er darauf, wie es von innen aussah. Jack gab sich einen Ruck und ging auf die Eingangstür zu. Im Haus brannte kein Licht. Vermutlich schlief sie. Er würde nicht weggehen, selbst wenn er sie dafür aus dem Bett holen musste. Er umschloss mit der Hand den Türknauf und drehte ihn leicht nach rechts. Die Tür war nicht verschlossen und öffnete sich einen Spalt breit. Stirnrunzelnd hielt er inne. Er hätte einfach hineingehen können. Hatte sie keine Bedenken? Keine Furcht vor möglichen Eindringlingen? Er lachte in sich hinein. Natürlich nicht. Sie war eine der mächtigsten Hexen, die er kannte. Sie wusste sich zu verteidigen. Anstandshalber trat er zurück, schloss die Tür leise und klingelte. Es war sicher nicht klug, ihren Unmut heraufzubeschwören, sollte er sich ungefragt Zutritt verschaffen. Als sich im Inneren nichts rührte, klingelte er erneut. Enttäuscht, in der Annahme sie sei nicht daheim, machte er auf dem Absatz kehrt und ging gemächlich die Treppe herunter. Ein Geräusch ließ ihn herumfahren und erstaunt eine Augenbraue anheben. Die Tür hatte sich geöffnet und lud ihn ein, einzutreten. Das Licht ging im Haus an und er lächelte leicht. Eilig nahm er zwei Stufen auf einmal von der Treppe und trat ins Haus. Die Inneneinrichtung passte nicht zur äußeren Fassade. Das war das Erste, was er registrierte. An den Wänden prangten Kerzenhalter, darauf vereinzelte Kerzen, die ein wenig heruntergebrannt waren. Ein orientalischer Teppich drapierte den Boden im Eingangsbereich und verlief bis zum Ansatz der Treppe, die links an der Wand, in die obere Etage führte. Rechts von ihm sah er einen bordeauxroten Vorhang anstatt einer Tür. Der Vorhang verdeckte die Sicht ins Zimmer. Genau gegenüberliegend hing ein dunkelgrüner Vorhang. Die Aufmachung wirkte auf ihn, wie zu einer vergangenen Zeit. Nicht modern, sondern eher gediegen und altmodisch. Es passte zu einer Hexe, stellte er fest. Eine Unruhe beschlich ihn. Als er Schritte hörte, wandte sein Blick sich zur Treppe. Lydia schritt diese herunter, nur mit einem dunkelgrünen Morgenmantel bekleidet. Ihre Füße waren nackt und ihre langen blonden Haare offen. Ihre Augen richteten sich direkt auf ihn, als sie auf der untersten Stufe innehielt. Sie waren grün, ähnlich seinen. Obwohl er der Meinung war, dass ihre dunkler wirkten. Sie war eine hübsche Frau, das konnte er nicht abstreiten. Schade, dass sie die falsche Seite gewählt hatte. Jack wusste, dass ihr Äußeres nicht zwingend ihr tatsächliches Alter widerspiegelte. Hexen hatten da so ihre Tricks drauf. Als ihre Blicke sich begegneten, fochten sie ein stummes Duell miteinander aus. Er sah sie mit einer Spur Verachtung an. Sie blickte angriffslustig in seine Richtung. Ihre Hand legte sie ans Treppengeländer, als ob sie Halt benötigte. »Was willst du hier?«, fragte sie ungehalten.

»Schönen guten Abend Lydia. Verzeih meine Störung«, antwortete er höflich und verbeugte sich leicht.

»Lass die Floskeln«, brauste sie auf. »Jacques de Cosellier«, betonte sie seinen Namen, »es ist lange her, dass wir so gegenüber gestanden haben. Ich bin überrascht, dass du dich zu mir wagst.« Ein wissendes Lächeln schlich sich in ihr Gesicht.

»Ich bin nicht weniger überrascht, glaub mir«, erwiderte er zerknirscht. Er betrachtete sie mit einem düsteren Blick.

»Ich rechne es dir hoch an, dass du es dir zutraust.« Sie wurde schlagartig ernst. »Der Fluch?«

Alarmiert spannte Jack sich an. Sie wusste längst Bescheid. Er hasste diese Spielchen. Hexen waren schwer zu durchschauen. Es behagte ihm nicht, dass sie oft mehr wussten, als sie zugaben. Mit ein Grund, weshalb er sie verachtete. Man konnte ihnen einfach nicht trauen. »Ich brauche den Trank«, kam er direkt auf den Punkt.

Lydia hob eine Augenbraue in die Höhe und sah ihn prüfend an. »Du willst den Fluch auflösen? Wer ist sie?« Neugier spiegelte sich in ihrer Mimik wider.

»Ist das wichtig?«, entgegnete er angespannt.

»Vielleicht. Du hast ihn noch nicht ausgelöst? Keine Markierung? Kein Blut von ihr?«

Jack nickte und presste die Lippen fest aufeinander. Musste sie ausgerechnet die Blutaufnahme ansprechen? Sofort sah er Quinn vor sich. Seine Zähne steckten tief in ihrem Hals und er trank gierig von ihr. Er räusperte sich und schüttelte leicht den Kopf. Als er ihr Lachen hörte, sah er sie wütend an. »Das ist nicht lustig«, presste er hervor.

Sofort verstummte ihr Lachen und sie zwinkerte ihm kess zu. Mut hatte sie, das musste er ihr lassen. Lydia kam auf ihn zu, bis sie dicht vor ihm stand und ihren Kopf anhob, damit sie ihn direkt ansehen konnte. Sie war eine große Frau, er schätzte sie über einen Meter siebzig. Er war beinahe einen Meter neunzig groß, somit überragte er sie.

»Natürlich ist es das nicht, entschuldige. Ich nahm immer an, dass ihr Vampire es nicht abwarten könnt, bis ihr das Blut eurer zugeteilten Frau aufnehmen könnt. Ich bewundere deine Beherrschung. Und jetzt sag mir, wer sie ist? Wenn ich dir helfen soll, kannst du mir zumindest das zugestehen, oder?« Ihr provozierter Blick bohrte sich in seine grünen Augen.

»Ihr Name ist Quinn Perkins. Ich denke nicht, dass das von Belang ist, oder? Du kennst sie sicher nicht.«

Lydia erschrak und nahm etwas Abstand zu ihm. Sie faltete die Hände vor sich ineinander und sah kurz zu Boden, bis sie sich gefasst hatte. Ungläubig sah sie zu ihm. »Quinn Perkins? Sicher, dass sie zu dir gehört?«

Jack horchte auf und runzelte die Stirn. »Du kennst sie?«

»Nur flüchtig, sie war begabt und wollte in unseren Hexenzirkel eintreten. Ihre Kräfte waren noch nicht stark genug, sodass ich ablehnte. Ich sagte ihr, dass sie üben müsse und wenn sie bereit ist, könnten wir erneut darüber sprechen. Seitdem habe ich nie wieder ein Wort von ihr gehört. Ich dachte, sie sei nicht mehr interessiert.«

»Eine Hexe?«, zischte er und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Das wusste ich nicht. Sie war eine Gefangene von Professor Douglas und ist gerade erst aufgewacht, nachdem sie wie erstarrt schien.« Jack dachte fieberhaft nach. Wieso hatte Zoe das nicht erwähnt? Sie war eine verdammte Hexe oder zumindest in den Anfangsphasen davon. Sie hatte dem Zirkel beitreten wollen. Ihm schien es, als ob jemand einen üblen Scherz mit ihm spielen wollte. Ausgerechnet eine Hexe, unfassbar. In diesem Augenblick wusste er, dass seine Entscheidung richtig war. Wenn er sie zu seiner Frau machte, büßte sie ihre Zauberkräfte endgültig ein. Sobald er sie verwandelte, würde davon nichts mehr übrig bleiben. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie das wollte. Im gleichen Atemzug dachte er daran, dass er somit einen weiteren Grund hatte, den er ihr gegenüber anbringen konnte. Sie würde sicher nicht auf ihre Magie verzichten wollen, oder? Kurz fragte er sich, ob sein Blut Schaden angerichtet hatte? Sie hatte sein Blut getrunken. Es war zwar nur wenig, aber es könnte ausgereicht haben, sodass ihre Magie geschwächt war. Kurz bedauerte er diesen Umstand. Das hatte er damit nicht erreichen wollen. Er hoffte, dass sie ihm das nicht nachtragen würde.

»Deine Gedanken sind aufschlussreich, Jacques«, sagte Lydia mit einem wissenden Lächeln.

»Du kannst mich Jack nennen. Hör auf, in meinem Kopf herumzuspuken, Lydia«, warnte er sie.

»Schon gut, ich habe nicht in deinen Gedanken gelesen. Dafür bräuchte es einen Zauber. Ich kann es an deinem Gesicht ablesen, dass es Komplikationen mit Quinn gibt. Du hast dir doch ihr Einverständnis geholt oder?« Skeptisch betrachtete sie ihn.

»Mehr oder weniger, ich bin sicher, dass sie diese Verbindung nicht eingehen will. Reicht das nicht aus?«

»Zumindest hing sie an ihre magischen Kräfte, das stimmt. Die würde sie unweigerlich verlieren, wenn sie sich zu dir bekennt. Du hast Glück, ich habe die Zutaten im Haus. Ich gehe davon aus, dass du nicht eher gehen wirst, bis du den Flakon in den Händen hältst.« Sie sah ihn fragend an.

»Richtig, ich habe keine Zeit zu verlieren.«

»Dir ist bewusst, dass du den Rausch damit nicht aufhalten kannst? Es wird sich nur verzögern, aber du wirst unweigerlich dem Rausch verfallen, Jack.« Ihre Warnung war überflüssig. Jack wusste genau, welche Konsequenzen es mit sich brachte. »Ich habe mich entschieden«, sagte er und hielt ihrem eindringlichen Blick stand.

Sie nickte und gab ihm zu verstehen, ihr zu folgen. Sie ging durch den bordeauxroten Vorhang. Jack folgte ihr und betrat kurz darauf einen Raum, der eindeutig zu einer Hexe gehörte. Hier fanden sich Unmengen von Zauberbüchern, Utensilien standen auf einem runden Tisch, die für Zaubertränke benutzt wurden. Er spürte, dass ein Schutzzauber in diesem Raum in der Luft lag. Lydia trat an den Tisch heran und griff nach einem Flakon, der neben dem Topf stand, aus dem eine violette Flüssigkeit vor sich hin blubberte. Sie nahm eine Kelle zur Hand und ließ etwas von dieser Flüssigkeit in den Flakon laufen.

»Du hast bereits angefangen, es herzustellen?«, fragte er erstaunt.

Sie sah nicht zu ihm auf und konzentrierte sich auf das Abfüllen des Flakons. »Natürlich. Es dauert verdammt lange, bis er fertiggestellt ist. Außerdem gibt es die Zutaten nicht permanent in einem Supermarkt. Es hat eine Weile gedauert, bis ich alle davon beisammen hatte.«

»Du konntest nicht wissen, dass ich zu dir kommen würde.« Er trat dichter an sie heran, bis sein Körper sich hinter ihrem Rücken aufbaute. Er konnte deutlich erkennen, dass sie sich versteifte und ihre Hand zitterte. Was verbarg diese Hexe vor ihm?

»Ich habe meine Gründe. Du solltest nicht nachhaken, wenn du hier heil herauskommen möchtest, Jack«, drohte sie mit angespannter Stimme. Sie drehte sich zu ihm herum und hielt ihm das befüllte Flakon vor die Nase. »Ihr müsst beide davon trinken. Teile es dir gut ein.« Ihre Blicke begegneten sich. Jack betrachtete sie neugierig und das Gefühl, dass sie etwas vor ihm verbarg, konnte er nicht abschütteln. Sie hielt seinem bohrenden Blick stand und würde nichts weiter darauf sagen. Sie war stur. Milde lächelnd nahm er den Flakon an sich. »Nebenwirkungen?«, fragte er ungeniert.

»Nur die, die dir bewusst sind. Der Rausch wird früher oder später einsetzen. Sie wird kaum etwas spüren und frei sein von der Anziehung zu dir.«

»Wieso hilfst du mir? Gerard erwähnte, dass ihr euch gegen uns gestellt habt«, hakte er misstrauisch nach.

»Wir heißen nicht gut, wie es sich entwickelt hat, Jack. Wir wollen keinen Krieg. Gerard weiß das. Die Menschen sind unschuldig und geraten da in etwas hinein, womit sie niemals etwas zu tun haben sollten. Unsere Existenz ist bedroht, genauso wie eure. Wir wollen uns nur schützen, bevor es eskaliert und wir ebenfalls auf der Liste stehen und gejagt werden.«

»Nicht alle Menschen sind unschuldig, Lydia«, sagte er. »Vampirjäger, die Soldaten, die Regierung, der Professor, das sind alles Menschen, die du als unschuldig darstellst. Wir haben niemals gewollt, dass es ausartet. Doch als der Professor einige von uns und unsere Frauen gefangen nahm, überschritt er eine Grenze. Das muss aufgehalten werden.«

»Sind das deine Worte oder die vom Vampirrat?«, hakte sie missbilligend nach.

Jack stutzte und runzelte die Stirn. »Der Vampirrat? Was interessiert dich der Rat? Sie wollen nicht, dass das ausartet. Wir gehen auf ihr Geheiß vor, Lydia.«

»Ist das so? Oder habt ihr einfach nur Angst davor, dass ihr ausgerottet werdet? Der Vampirrat hätte längst mehr unternehmen können, um das aufzuhalten. Hast du dich nie gefragt, weshalb sie das nicht getan haben? Weshalb sie dich als ihren Boten geschickt haben und damit du spionierst?«

Sein Unbehagen wuchs, desto länger er ihr zuhörte. »Wovon zum Teufel sprichst du? Was weißt du? Mir ist bekannt, dass du mit Esteban kommunizierst. Wenn es etwas gibt, was wir wissen müssen, solltest du es jetzt sagen.«

Lydia trat zur Seite, um Abstand zu ihm zu gewinnen. Sie schüttelte den Kopf. »Selbst der Vampirrat ist nicht vor dem Fluch gefeit, Jack. Sie sind Vampire, genauso wie ihr. Zwar sind sie deutlich älter und mächtiger, aber sie sind Vampire.« Sie lächelte wissend. »Natürlich wollen sie den Krieg aufhalten. Immerhin sichern sie sich damit ihre eigene Existenz und Macht. Was glaubst du, weshalb sie das tun? Sie wissen von dem Fluch. Sie wissen, dass ihr die Frauen aufspüren wollt. Und sie haben längst begriffen, dass die Menschen, die sich gegen euch stellen, eine ernste Bedrohung darstellen. Allerdings würden sie sich nicht die Hände schmutzig machen, wenn es doch unter ihnen Vampire gibt, die das für sie übernehmen. Die Vergangenheit soll sich nicht wiederholen, nicht wahr? Sie werden erst einschreiten, wenn ihr versagen solltet. Und wie das aussieht, wissen wir beide.«