Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans - Liselotte von der Pfalz - E-Book

Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans E-Book

Liselotte von der Pfalz

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Beschreibung

Elisabeth Charlotte, Prinzessin von der Pfalz, genannt Liselotte von der Pfalz war Herzogin von Orléans und Schwägerin von König Ludwig XIV. von Frankreich. Literarische und historische Bedeutung erlangte sie u. a. durch ihren Briefwechsel, der durch seine teils sehr unverblümten Schilderungen des französischen Hoflebens von besonderem kulturgeschichtlichen Wert ist.

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Seitenzahl: 235

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans

Liselotte von der Pfalz

Inhalt:

Liselotte von der Pfalz – Biografie und Bibliografie

Einleitung.

Briefe.

An ihren Vater, Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz

An Frau von Harling, geb. v. Offeln Bodemann,

An dieselbe.

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An ihre Tante, die Kurfürstin Sophie von Hannover Bodemann.

An Frau von Harling

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An Frau von Harling

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An Dieselbe

An ihren Vater Kurfürst Karl Ludwig

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An Dieselbe

An Dieselbe

An Frau v. Harling

An die Kurfürstin Sophie von Hannover Bodemann, Sophie Nr. 32; Vergl. Ranke, XIII, 16.

An ihren Stiefbruder den Raugrafen Karl Ludwig Holland † 1688

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An die Kurfürstin Wilhelmine Ernestin von der Pfalz

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An dieselbe

An dieselbe

An Dieselbe

An Frau on Harling

An die Kurfürstin Sophie zu Hannover

An Dieselbe

An Oberstallmeister von Harling

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An Dieselbe Bodemann,

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

A. mad. Amelie Elisabeth raugräffin zu Pfaltz a Franckfort

An mad.Louiße, raugräffin zu Pfaltz. Franckfort

An Raugräfin Amalie Elisabeth

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Markräfin Amalie Elisabeth von der Pfalz

An Raugräfin Luise von der Pfalz

An Kurfürstin Sophie von Hannover

An Raugräfing Amalie Elisabeth von der Pfalz

An Dieselbe

An Dieselbe

An Raugräfin Amelie Elisabeth von der Pfalz

An Dieselbe

An die Kurfürstin Sophie von Hannover

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Dieselbe

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Kurfürstin Sophie von Hannover

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Geheimerat v.Harling

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Dieselbe

An Dieselbe

An Leibniz

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Geheimerat v. Hartling

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Geheimerat v. Harling

An Geheimerat v. Harling

An Prinzessin Caroline von Wales

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Dieselbe

An Geheimerat v. Harling

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Dieselbe

An Geheimerat v. Harling

An Geheimerat v. Harling

An Prizessin Caroline von Wales

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Geheimerat v. Harling

An Geheimerat v. Harling

An Geheimerat Harling

An die Raugräfin Louise von der Pfalz

An Dieselbe

An Geheimerat v. Harling

An Raugräfin Louise von der Pfalz

An Geheimerat von Harling

An Geheimerat v. Harling

An madame Louise, raugräffin zu Pfalz, a Franckforth

Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans, L. von der Pfalz

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN: 9783849630843

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Liselotte von der Pfalz – Biografie und Bibliografie

Eigentlich Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orléans, Tochter des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz und einer hessen-kasselschen Prinzessin, geb. 27. Mai 1652 in Heidelberg, gest. 8. Dez. 1722 in St.-Cloud, ward, da ihr Vater sich von seiner Gemahlin scheiden ließ, in Hannover bei ihrer Tante, der Kurfürstin Sophie von Hannover, erzogen. Von ihrem Vater hatte »Liselotte« ein gesundes, einfaches, oft derbes Wesen und Temperament geerbt, das nicht selten in Heftigkeit und Laune verfiel, eine echt deutsche Gesinnung, Wahrhaftigkeit und entschiedene Abneigung gegen das glänzende Scheinwesen, wie es damals von Frankreich aus an den deutschen Höfen eindrang. Dennoch wurde sie 21. Nov. 1671 mit dem Bruder des Königs Ludwig XIV. von Frankreich, dem Herzog Philipp von Orléans (gest. 1701), vermählt. Ihr Gatte war schwächlich an Körper und Geist, sklavisch abhängig von seinem Bruder und die ganze Welt, in die E. eintrat, war ihr zuwider. Die Heirat hatte bei künftigen Verwickelungen die Pfalz vor Schädigung bewahren sollen. Darum war es ihr um so schmerzlicher, als bei dem Aussterben des kurpfälzisch-simmernschen Mannesstammes 1685 Ludwig XIV. mit Berufung auf die angeblichen Rechte seiner Schwägerin E. Anspruch auf einen Teil der Pfalz erhob und diese, da er das bereits 1688 besetzte Land gegen die Koalition der europäischen Mächte nicht zu behaupten vermochte, 1689 auf das furchtbarste verwüsten ließ. Ihre in origineller, oft derber Sprache geschriebenen, auch für die Kenntnis des französischen Hoflebens sehr wertvollen Briefe geben uns ein treues Bild ihrer ganzen Persönlichkeit. Ihre Briefe an ihre Geschwister wurden herausgegeben durch den Literarischen Verein in Stuttgart: erste Sammlung von W. Menzel (1843), zweite vollständige Sammlung von L. Holland (1867–82, 6 Bde.). Briefe Elisabeths an Leibniz veröffentlichte Bodemann in der »Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen« (1884); die an ihre Tante, die Kurfürstin Sophie von Hannover, finden sich in Rankes »Französischer Geschichte im 16. und 17. Jahrhundert«, Bd. 5 u. 6, und sind vollständiger gleichfalls von Bodemann (Hannov. 1891, 2 Bde.) herausgegeben worden, der auch ihre Briefe an ihre frühere Erzieherin, Frau von Harling, veröffentlichte (das. 1894). Eine Auswahl ihrer Briefe aus den Jahren 1672–1720 gab Friedemann (Stuttg. 1903) heraus. Vgl. Häusser im Anhang zur »Geschichte des Zeitalters der Reformation« (Berl. 1868); Kugler, Pfalzgräfin E. Charlotte (Stuttg. 1877); Schott, E. Charlotte, Herzogin von Orléans (Heidelb. 1881); Bodemann im »Historischen Taschenbuch« (Leipz. 1892). – Ihre Tochter Elisabeth Charlotte, Mademoiselle de Chartres, geb. 13. Sept. 1676, gest. 24. Dez. 1744, wurde 1698 mit dem Herzog Karl Leopold von Lothringen vermählt und Mutter von 13 Kindern, darunter des nachmaligen Kaisers Franz I. Seit 1729 Witwe, mußte sie unter schwierigen Verhältnissen mehrmals die Regentschaft übernehmen und wurde 1736 zur souveränen Fürstin von Commercy ernannt.

Einleitung.

Elisabeth Charlotte von Orléans oder, wie wir sie alle nennen und kennen, Liselotte war eine Deutsche und eine Pfälzerin. Dieses Nebeneinander darf nicht erstaunen: als Deutsche brachte sie ihre Reinheit und Geradheit, als Pfälzerin ihre Naturwüchsigkeit und Derbheit mit. Daß sie, die Tochter Karl Ludwigs von der Pfalz (1617 bis 1680), aus einem Geschlechte stammte, das sich seines Gottesgnadentums und seiner hohen Geburt und Bedeutung auch in der Verbannung bewußt blieb, verlieh ihr jenes Gefühl fürstlicher Größe, das »aufflammte« wenn sich »Mäusedreck mit Pfeffer mengen« wollte, und eine Dosis starren Eigensinn, der erfuhr, wie wunderlich es auf dieser Welt zugeht. Denken wir uns noch dieses Fürstenkind aufgewachsen in der lachenden, sonnigen Pfalz, in und um Heidelberg, am Neckar, Namen, die erklingen voll Lust und Fröhlichkeit, lachender Wärme, sehen diesen Wildfang im Schlosse, im Park tollen, springen, scherzen und poltern, singen und schreien, lieber mit Degen und Flinte umgehen als mit Puppen, auf Kirschbäume klettern, über Schloßmauern hinüber – mit dem Volke sich mischen! Manch derbes Wort, auf Parketten nie gehört, manch' kräftiger Spruch, manch kerniges Lied blieb in ihr haften! Beachten wir diese Voraussetzungen, die durch Abstammung und Umgebung gegeben waren, dann werden wir auch die Liselotte am Hofe des Sonnenkönigs verstehen und beurteilen lernen!

Als einzige Tochter des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz aus seiner Ehe mit Charlotte von Hessen-Kassel ist Liselotte am 27. Mai 1652 im Heidelberger Schlosse geboren. Die unglückliche Ehe des Vaters, der sich 1658 die schöne Hofdame seiner Gemahlin, Luise v. Degenfeld, zur linken Hand antrauen ließ, während Charlotte noch nach der Trennung am Hofe blieb, brachte es mit sich, daß Liselotte mit sieben Jahren in Begleitung ihrer Erzieherin, dem später mit dem Geheimrat Oberstallmeister v. Harling vermählten Fräulein v. Uffeln, nach Hannover zu ihrer Tante Sophie kam. In ihr, der Schwester Karl Ludwigs und Gemahlin Herzog Ernst Augusts, fand die muntere Liselotte eine zweite Mutter und verbrachte dort, abwechselnd in Hannover und auf Schloß Iburg oder auf Reisen nach Holland, vier glückliche Jahre. 1663 kehrte sie, der lieben Tante in rührender, treuer Dankbarkeit bis an ihr Lebensende verbunden, in das väterliche Schloß zurück und entwickelte sich dort in ausgelassener, glücklicher Jugend zu der offenen, derben Liselotte, voll Fröhlichkeit und goldnen Humors. Im Verkehr mit dem Volk wuchs die Pfälzerin auf und lernte vom Vater die freie Auffassung des religiösen Lebens, die sie schon mit ihrer Tante in Hannover verband und später so oft Ausdruck fand. Hier wurde die Liselotte groß, die wir ihrer Charakterfestigkeit, ihrer Wahrheitsliebe und Reinheit wegen lieben und die in ihrem Haß gegen Lüge, Heuchelei und Künstelei als deutsche Frau an Ludwigs XIV. Hofe unsere Bewunderung erregt.

Politische Berechnungen waren es, die die junge Prinzessin früh der Heimat auf immer entführten. Die Schwägerin ihres Vaters, Anna Gonzaga, Witwe des zur römischen Kirche übergetretenen Pfalzgrafen Eduard, trug ihr Teil dazu bei, unter dem Wahn politischer Ansichten die Vermählung Liselottes mit dem seit 30. Juni 1670 verwitweten Herzog Philipp von Orléans, dem Bruder Ludwigs XIV., zustande zu bringen. Um den Handel dem Reiche, dem protestantischen Hause und der Vergangenheit des angestammten Hauses gegenüber verantworten zu können, setzte der Kurfürst eine Komödie in Szene. Alle Welt sollte glauben, seine Tochter sei gegen seinen Willen zum Katholizismus – denn nur dadurch war eine Verschwägerung mit des Sonnenkönigs Haus möglich – übergetreten, und so mußte Liselotte in einem diktierten Briefe von Metz aus den Vater um Nachricht und Verzeihung deshalb bitten. Viel Seelenkämpfe hat Liselotte, die Tochter des freigeistigen Kurfürsten, nicht durchgemacht, und als sie auf der langen Fahrt nach Paris bitterlich weinte, da geschah es aus – Heimweh.

So kam im November 1671 die unglückliche Ehe zustande; zwei Menschen, die innerlich nichts miteinander gemein hatten, wurden im höheren politischen Interesse zusammengekettet: eine keusche, edle, wahrhaft vornehm denkende deutsche Fürstin an der Seite eines Sodomiten und Spielers, eines unmännlichen, eitlen Gecken, des Sklaven seiner lasterhaften Günstlinge, unter denen Oberstallmeister Marquis d'Effiat und Chevalier Philipp de Lorraine am meisten gegen Liselotte intrigierten. In einem von Mätressen beherrschten Hause blieb Liselotte inmitten von Anfeindung und Sittenlosigkeit ihrer hohen Auffassung von der Heiligkeit der Ehe treu; wir lernen aus ihren Briefen, wie sie vergebens gegen die falsche Erziehung ihrer Kinder kämpfte. Der Sohn, der spätere Regent Philipp, geistvoll und künstlerisch veranlagt, wurde früh verdorben; hatte sie einst ihrem Mißfallen an der ihm vom König aufgezwungenen Ehe mit Madamoiselle de Blois, der Tochter von der Montespan, durch eine kräftige Ohrfeige im Kreise der Hofgesellschaft Ausdruck verliehen, so ist es doch rührend zu lesen, wie sie für den Sohn während seiner Regentschaft eintritt. Ganz ihr Ebenbild ward ihre Tochter, die heitere und stets mundfertige Elisabeth Charlotte, durch ihre Vermählung mit Herzog Karl Leopold von Lothringen die Stammutter des österreichischen Kaiserhauses.

Für Liselotte selbst und ihre Heimat schlugen die großen, auf die Verbindung mit dem französischen Herrscherhause gebauten Hoffnungen in das Gegenteil um; das größte Elend brach über die Pfalz herein, als 1685 Liselottens Bruder Karl starb und damit die simmernsche Linie im Mannesstamm erlosch. Ohne jedes Recht erhob Ludwig XIV. Ansprüche auf einen großen Teil des pfälzischen Erbes, indem er vorgab, als Schwager Liselottens in ihrem Namen und Interesse eingreifen zu müssen. Es kam schließlich zum sogenannten Orléans'schen Kriege (1688/97), der die Pfalz aufs grauenhafteste verwüstete. Liselotte litt schwer darunter und klagte über ihre Heimat, besonders Heidelberg, dessen Schloßruinen ein redendes Zeichen jenes unglückseligen Krieges sind.

In der ersten Zeit ihres Aufenthaltes am Hofe zu Versailles erfreute sich Liselotte der uneingeschränkten Huld des Königs; erst eine aus der Luft gegriffene Anschuldigung, man wolle sie ebenso wie die erste Gemahlin Philipps von Orléans, die Stuartprinzessin Henriette, vergiften, trug ihr seine Ungnade ein. Ihr Rechtfertigungsschreiben vom 24. Mai 1685 an den König, der sie von seinem Hofe völlig verbannen wollte, ist für uns vor allem deshalb von so großem Werte, weil es von einer glühenden Verehrung für Ludwig XIV. zeugt, zugleich aber durch den hohen, respektvollen Ton die üble Nachrede der Frau v. Sévigné und ihrer kritiklosen Nachbeter Lügen straft. Verschärft wurde die Spannung zwischen König und Herzogin durch eine Wandlung, die für Liselotte überraschend kam und sie empörte; sie, die adelstolze Prinzessin, konnte es nicht fassen, nicht verwinden, daß eine Bürgersfrau, über die Stufe als Erzieherin der Kinder seiner Mätresse Montespan, Königin und eine Zeitlang unumschränkte Königin ward. Sie sah in ihr nur die Emporgekommene aus niederem Stande, die nun ihre Macht auf den König gegen sie mißbrauche. Dazu kam noch der starke Gegensatz in religiöser und kirchlicher Auffassung. Der freigeistigen Liselotte war die Maintenon die Heuchlerin, die Devote, gegen die sich ihr scharfer Spott und derber Humor wandte.

Ihre ins Maßlose gesteigerten Verdächtigungen und Verunglimpfungen der »alten Zott«, wie sie verschiedentlich Frau v. Maintenon schalt, mußten den König gegen sie erbittern, da er darin schließlich einen Angriff gegen sein Haus und die Würde des unumschränkten Herrschers sah. Nicht die Maintenon, auch nicht der ebenso angefeindete Abbé la Chaise haben durch Ränke den König gegen Liselotte eingenommen, sondern Ludwig XIV. ist es gewesen, der sich gegen seine Schwägerin wandte; er war es aber auch, der 1701, als der Herzog Philipp von Orléans starb, den ersten Schritt zur Versöhnung tat. Doch zehn Jahre lang, bis zum Tode seines Sohnes, des Grand Dauphin Louis de France (1661–1711), suchte er absichtlich jeden vertrauteren Verkehr mit der Pfälzerin zu vermeiden, da diese, wie früher gegen die Maintenon, so jetzt über die Herzogin Maria Anna Orsini, den Anwalt seiner Interessen am Madrider Hofe, die Schale ihres Zornes, von einem blinden Haß geleitet, ausgoß. Erst die letzten Lebensjahre des Königs brachten ihr sein altes Vertrauen wieder und den lang und heiß ersehnten freien Zutritt zu dem »Allerheiligsten«, den Gemächern des Königs.

Der Deutsche ist gern geneigt, in Liselotte die fromme Dulderin am geschlechtskranken Hofe Ludwigs XIV. zu erblicken. Das ist sie nie gewesen; denn wenn sie auch, erst siebzehnjährig, der geliebten Pfalz auf immer Lebewohl sagte und ihren Glauben wechselte, um unter dem Druck des väterlichen Willens und politischer Berechnungen dem Herzog Philipp von Orléans die Hand zu reichen, so wird doch niemand leugnen, daß dabei auch der ihrem stolzen Fürstenblut eingeborene Hang nach Glanz und Größe ein gut Teil mitbestimmend wirkte. Sie fühlte sich hochgeboren, und nie litt es ihr Ahnenstolz, wenn sich ein Unebenbürtiger, ein Emporkömmling in den Fürstenstand drängte. So sehr sie auch des Königs Mätressen und ihre Sippe haßte, so sehr fühlte sie sich doch als Schwägerin-Fürstin des großen Königs, wenn ihn andere angriffen oder über ihn, wie nach den anfänglichen Mißerfolgen im Spanischen Erbfolgekrieg, verächtlich sprachen. In den ersten Jahren ihres Aufenthaltes nahm sie selbst lebhaften Anteil am Hofleben, und wie oft machte sie sich über die Schranzen lustig, die ihr alles nachäfften, weil sie in des Königs Gunst, gerade »à la mode« war.

In den letzten Lebensjahren dachte und fühlte sie nicht minder französisch als deutsch, und das als Fürstin, als Mutter des Regenten, Philipps II. von Orlèans. Diese eigenartige Mischung, die oft genug in ihren Briefen zutage tritt, entsprang weder einer Charakterschwäche noch augenblicklichen Launen; sie ist verständlich, da die dankbare und hohe Verehrung für Ludwig XIV. ihr das Recht und der Aufenthalt an seinem Hofe ihr die Pflicht gab, des Königs Partei zu ergreifen, wo es sich um die sakrosankte Person des Herrschers, seinen Willen, sein Geschick handelte.

Einundsiebzig Jahre alt, starb Liselotte am 8. Dezember 1722 in St. Cloud; über fünfzig Jahre hatte sie an dem französischen Hofe gelebt, hatte das laute, prunkvolle Treiben unter Ludwig XIV., den baldigen Wechsel nach seinem Tode aus wirtschaftlichen Gründen erfahren. Wenn sie auch des vergangenen Glanzes, der Hoffestlichkeiten, der Jagd in späteren stillen Jahren oft und gern gedachte, so war es ihr doch von jeher ein Herzensbedürfnis, an ihre Verwandten zu schreiben, vor allem mit ihrer lieben Tante Sophie in Hannover stand sie bis zu deren Tode (1714) in regstem Briefverkehr, ebenso mit ihren Halbschwestern, den Raugräfinnen von der Pfalz. Beachtenswert sind die Briefe an ihre Erzieherin, Frau Geheimerat v. Harling und deren Gatten, an die Prinzessin von Wales und den Philosophen Leibniz.

Was macht uns Liselottens Briefe so kostbar? Neben dem Inhalt ist es die Form. Sie plaudert flott, wir sehen und hören die Schreiberin, deren köstlicher Humor, derbe Sprache, kerniger Sinn bei jedem Aufsuchen dieses reichen Quells immer neu erfrischen. Alles, was und wie sie es schildert, wird lebendig vor uns. Und was erst erfahren wir aus diesen Briefen, von denen bis jetzt ungefähr 3900 gedruckt vorliegen! Der Kulturhistoriker kann sie nicht entbehren, der Geschichtschreiber wird sie nicht missen wollen. Es wird niemand in den Sinn kommen, auf Grund dieser stark subjektiv gefärbten Briefe eine politische Geschichte oder gar eine Biographie der Frau v. Maintenon zu schreiben. Doch diese Einschränkung kann den Wert der Briefe nicht herabmindern. Hofleben, gespickt mit Histörchen, an denen Liselotte größten Gefallen fand, Zeitgenossen groß und klein, hohe Politik und Krieg, Familie und Verwandte, Alltagsleben und Sagen, Erinnerungen an die Heimat, heimatliche Sprache, Lieder, Spiele und Feste, deutsches und französisches Leben, Besuche, Musik, Theater, Philosophie, Religion, Jagd und Tanz, des Lebens Auf und Ab wechseln in bewegter, bunter Reihe in den Briefen.

Überall spricht zu uns die deutsche Frau und, was wir nie genug würdigen können, in deutscher Sprache. Die späteren Briefe Liselottens verraten in manchen Wendungen eine deutliche Beeinflussung durch das Französische; so schreibt sie »alle mein Leben« in Anlehnung an » toute ma vie«, »ich habe« statt »ich bin gefolgt« und anderes mehr. Diese Wendungen beweisen natürlich nur eine Beeinflussung, kein Verdrängen des deutschen Grundtones, der sich oft weniger im Satzbau als im Sinn der Worte offenbart; daß sie sich als Deutsche fühlte, nicht nur wenn sie an die deutschen Verwandten schrieb, bezeugen uns die kräftigen, derben Ausdrücke, die zahlreichen Sprichwörter und die nur aus dem lebendigen Gebrauch der Sprache stammende Kenntnis bestimmter Wörter.

Die folgende Auswahl versucht es, diese knappe Skizze, die nur eine notwendige Einführung sein will, zu illustrieren, Leben und Wesen, Denken und Tun Liselottes in ihrer anziehenden Vielseitigkeit vor dem Leser erstehen zulassen.

Fremdsprachliche Worte und unklare Schreibung wurden durch Hinzufügung der Übersetzung oder der jetzigen Form erläutert; im übrigen habe ich mich an die jedesmal vermerkten Vorlagen angeschlossen, um der Einheitlichkeit willen jedoch dem von Liselotte geübten Brauche folgend französische Worte in lateinischer Druckschrift wiedergegeben. Anmerkungen sind nur, soweit unerläßlich, beigegeben.

Leipzig, im Februar 1913.

Hermann Bräuning-Oktavio.

Briefe.

An ihren Vater, Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz

[1659 im Haag]

hertz libster papa.

ich glaube i.[hre] g.[naden] werden von matanten [Kurfürstin Sophie von Hannover] schon vernommen haben, das gesunt sein hir vor 8 tagen angekommen. I[hre] M[ajestät] die königin ist mir gar gnedich, hatt mir auch schon ein huntgen geschenket; morgen werde ich einen sprachmeister bekommen, der dantzmeister ist schon 2 mall bei mir gewesen; matante sacht, wen imant hir ist, der woll singen kan, soll ich auch singen lernen; werde ich also gar geschickt werden und hoffe ich, wen ich die gnade wider haben werde, papa die hende zu kussen, sollen i. g. finden, daß ich fleißich gelernet habe. Das schälgen vor die königin habe ich noch nicht überlieferen können, weillen mein Zeuch noch uff dem schiff undt von unsern leutten auch noch zurucke sein; gott gebe nur, daß sie nicht ersoffen sein, es were sonsten ein schlechter posse. Itzunder soll ich mitt mein tanten bei die prines von Orangen gehen, mus deswegen endigen und küsse himitt i. g. gehorsamlich die hende mitt demutiger bitte, mein lieber papa wolle mich in seiner gnade erhalten undt glauben, das liselotte alzeit wirtt bleiben mitt udtkommenem schuldigem respectt

meines allerlibsten papas gantz gehorsamst untterdenichste dochter undt dinerine

Elisebett Charlott.

An Frau von Harling, geb. v. Offeln Bodemann,

Heidelberg den 13. Januarius 1666.

Meine hertzallerliebste Frau von Harling.

Ich bin recht fro gewesen, aus eurem brif zu hören, daß ma tante nun wider ein klein printzgen [Maximilian von Hannover] hatt; ist mihr aber leit, daß sie nicht alle beyde sein leben bliben [der Zwillingsbruder starb bei der Geburt], daß die freud desto volkommener wer. Ich mochte woll wünschen, daß die 2 eltesten princen [Georg Ludwig und Friedrich August] hir weren, so könten sie mitt auf dem schlitten fahren, dan es ligt gar ein schönner schnee hir. Vergangenen montag seint wir hir masquerate in schliten gefahren; wie wir aber wider auß der stat herauf sein gefahren, da ist einer von den edelleut auch mit herauf gefaren, welcher nimants im schliten hatte. Wie er aber hatt wollen 'nunder faren, ist die stanck von schlitten gebrochen und das pferdt hat ihn auf den berg von schlitten geworfen und ist folgens den gantzen berg hinunder geloffen. Unterwegens aber ist des pauckers seine schwiegermutter, hat wollen den berg herauf gehen; das pferdt hat aber die frau zu boden geworfen und hat sie tot getreten. Es ist schon eine alte frau gewessen und hatt schon 5 männer gehatt. Des docter Faust [Hofarzt] seine frau ist auch vor etlich tagen an einem schlackfluß gestorben. Das seint alle die neuen zeitung, die ich weiß. Ich bedancke mich auch vor den gutten neujahrswunsch; ich wünsche mein lieb frau Harling alles was sie begert. Mein bruder [Kurprinz Karl] lest euch auch sehr dancken vor das, »so was so was«; er sagt, er wünsche euch auch »so was so was«, da ihr mit spielen könt, den gelehrten wer auch gut predigen. Unterdessen werde ich allzeit verbleiben

Eure treuwe freundin Elisabethe Charlotte.

An dieselbe.

Schwetzingen den 26. may 1671.

.... Auß ihrem lieben schreiben sehe ich, daß mein bruder nuhnmehr zu Osnabruck ankommen ist. Wie leidt es mir ist, daß ich nicht mit dabey sein kan, halte ich woll, daß mein lieb fraw Harling wohl selber wirdt erachten können, ohne daß ichs viel beschreibe; freuet mich doch noch, daß ich mit dabey gewünscht werde, muß aber denken, daß es mir geht alß wie unser Hergott zum reichen mann gesagt hatt: ich habe mein guttes vor etlichen jahren entpfangen undt mein bruder bekombts erst itzunder. Jedoch habe ich noch hofnung, sie allesambt baldt hir zu sehen undt muß mich also mit der hofnung abspeißen, wiewohl es ein zimblich mager eßen ist. Ich höre wohl, mein bruder vertritt gantz meine stelle, biß auch auf das, daß er auch so gewaschen wirdt wie fraw Harling mich als gewaschen hat. Dißes thut ihm als einem hochzeiter gar wohl von nöhten, damit, wan er zu seiner braut kompt, daß er gläntzt wie ein carfünckelstein im Ofenloch. Mein bruder kan mir nicht genug beschreiben, wie große gnade und ehr ihm widerfähret, undt gefällt ihm das leben gar wohl. Er ist aber nicht närrisch hirin; ich weiß auch wohl, was es ist. Er hat mir auch gerümbt, wie der eltfte prinz schon so braff zum ring rennen kann und auch den ring in die mitte hinweg genohmen habe; suma sumarum sein gantzer brieff ist nichts anders als wie er so wohl zufriden und wie's ihm so wohl geht. Das tantzen und spilger spillen gefallt ihm auch gar trefflich woll ... Mein lieb fraw Harling muß noch nicht von alter sagen, denn weil sie noch so frisch undt gesundt ist undt sich noch als mit lustig machen kan, muß sie sich gar nicht einbilden, daß sie alt sey; ich aber hoffe sie noch viel innerhalb 20 jahren zu sehen undt mit ihr lustig zu sein. Mein bruder wirdt doch die hoffmeistersschafft unter dem nahmen gutten rahts gar gern annehmen, ich imgleichen auch, wan ich nur möchte darbey sein. Ich bitte, mein lieb fraw Harling wolle mich doch auch als bey matante undt oncle [Ernst August, Kurfürst von Hannover] in gnaden helfen erhalten undt auch achtung haben, daß mein bruder, so anweßendt, mich abweßende nicht gantz aussticht.

An Dieselbe

St. Germain den 4. februari 1672.

Ma tante schreibt mir, daß ich euch vergeßen hette, weil ihr kein schreiben von mir bekommen. Ich kan nicht wißen, wie das zugeht; ich hab nur 2 brief von euch bekommen, welche ich auch beide beantwort ... Damit mein hertzlieb jungfer Uffeln aber nunmehr keinen zweiffel ahn meinem gedechtnuß haben mag, sondern fest glauben, daß ich sie als noch lieb hab undt behalten will, so schreib ich ihr am ende meiner kranckheit unangesehen, daß ich noch etwas matt bin, obwol die kranckheit nicht lang geweret, undt will euch den gantzen verlauf davon verzehlen, damit, wans papa undt matante hören, daß sie nicht in sorgen sein mögen. Solang ich hir im landt bin, hab ich das eßen, so sie hir eßen, welches mit lauter speck undt kein bißen butter ist, nicht recht gewonen können undt derhalben nie gar viel geßen; wie ich aber nach Versailles kommen, hab ich mehr exercitien gethan als zu Paris, undt derowegen auch hungriger geweßen, als vor dißem. Also hab ich vergangen Freitag, nachdem ich den gantzen tag spatziren war gangen, nachts nach mitternacht zu nacht, welches man medianoche hir heist, geßen, welches man thut, damit man fleisch eßen darf. Monsieur [ihr Gemahl, Herzog von Orléans] hat mit dem könig medianoche gehalten und ich hab' mit meinen leutten geßen; der König aber hat sein eßen viel eher bekommen, als ich; derhalben wie wir am halben eßen waren, kam Monsieur schon nach hauß, wir aber aßen fort, undt wie ich praffen hunger hatte, aß ich mich so dick, daß ich mich nicht rühren konte, undt mußte darauf gleich nach bett gehen mit vollem magen. Dieselbe gantze nacht war ich zwar nicht kranck, aber schwitzte die gantze nacht wie ein tantzbeer; den sambstag mittag war ich so spät aufgestanden, daß ich nicht zu mittag eßen kont und derowegen abendts wider so schrecklichen hunger hatte, daß ich mich wieder gantz dick geßen, mußte auch gleich drauf schlafen gehn, weil monsieur schrecklich zahnpein hatte. Dieselbe nacht hab ich schreckliche hitz gegricht, daß ich die gantze nacht nicht hab schlafen können, undt gegen morgen wider geschwitzt undt dabey abscheulich kopfwehe. Ich ließ mir aber nichts mercken, sondern stundt auf undt that mich ahn undt ging mit dem könig in die meß wie ordinari; aber im hin undt her gehen dacht ich, daß mein kopf vor pein verspringen solte. Sobaldt ich in der Königin [Maria Theresia] gemach kam, fragte mich die königin und alle damens, was mir felte, daß ich so trawrich außsehe? Ich sagte aber, ich hette die nacht nicht woll geschlafen und were schläfferig. Wie ich an tafel kam, fing der König gleich an zu rufen: »Wie secht ihr so schrecklich ubel auß, ich glaub, ihr habts fieber.« Ich blieb aber bestendig drauf, ich wer schläfferich. Der König trauete aber nicht, sondern ließ mir den pulß durch der Königin docktor, so da stundt, fühlen, welcher versicherte, daß ich kein fieber hette, aber ich konte kein bißen eßen, sondern der geruch von eßen war mir zuwider. Sobaldt ich vom eßen aufstundt, sagt mir Monsieur undt der König, ich solte in mein Kammer gehn schlafen, ob vielleicht mir beßer werden würde. Ich ging in kammer undt ließ die Hinderson [Hofdame] rufen; die hielte mir den gantzen tag den kopf; ich schlief ein stundt oder 3, darnach that mir mein kopf noch viel weher als zuvor. Abendts kam der König zu mir undt fült mir den pulß undt den kopf undt sagt, ich hette ein inerlich fieber; der königin docktor aber sagte, ich hette gar kein fieber. Endtlich wolten sie mich uberreden, ich solte ein clistier nehmen, welches ich nicht thun wolte; der König aber wolt nicht weg gehn, biß ich ihm versprochen, daß ich mich zu bette legen wolte undt ein clistiera nehmen. Darauf fing ich an so übel zu werden, daß, so oft ich auf den stull ging, welchs 3 mahl geschehen, hab ich mich allemahl 4 mahl ubergeben. Damit kam der dockter undt fülte mir den pulß undt sagte, daß ich das fieber nun rechtschaffen hette. Derselbe acces hat 24 stundt geweret. Andern tags bin ich hirher gefahren undt hat mich das fieber umb 8 abendts angestoßen undt habe es biß 10 andern morgen gehabt undt haben mir wider clistiere geben. Sie haben mir mit aller gewalt wollen aderlaßen undt medicin geben, aber ich hab durchauß nicht gewolt. Endtlich, wie sie keinen raht mehr mit mir gewust, hat der König und Monsieur kommen wollen; einer hat mir wollen den ahrm, der ander die ander handt undt den kopf mit aller gewalt halten, aber zu allem glück hat mich eine jungfer [Menstruation] besucht, welche verursacht, daß man mir nicht [zur ader] gelaßen (ihr versteht mich woll). Seyder dem hab ich gar kein fieber mehr gehabt, auch kein schmertzen mehr; das schlimste aber ist, daß mich hungert undt vor morgen darf ich nicht eßen, weilen man noch lauert, ob es kein 4tagig fieber geben will. Heute haben sie mir wider ein clistier geben, sonstens geben sie mir gottlob nichts, als alle 4 stundt ein schüßel voll kälbersaft, wie sie es heißen, welches etwas beßer ist als fleischbrühe.

Dißes ist die ganze relation