Briefwechsel 1965-1994 - Hans Blumenberg - E-Book

Briefwechsel 1965-1994 E-Book

Hans Blumenberg

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Beschreibung

Über drei Jahrzehnte pflegten Hans Blumenberg und Reinhart Koselleck eine von Sympathie, aber auch von Distanz geprägte Korrespondenz. Sie zeigt zwei akademische Akteure, die in hochschulreformerischen Aufbruchszeiten über Universitätsgründungen und Interdisziplinarität diskutieren – und zwei sensible Gelehrte, die sich über zentrale Aspekte ihrer Forschung zu verständigen suchen: Begriffsgeschichte und Metaphorologie, den Fortschritt und die Machbarkeit der Geschichte sowie die lange Debatte zur Säkularisierung, in der sie anfangs gegensätzlich positioniert waren.

Der Philosoph und der Historiker lernen sich 1963 beim ersten Kolloquium der Forschungsgruppe »Poetik und Hermeneutik« kennen, wirken bald darauf für einige Jahre an der neu gegründeten Ruhr-Universität Bochum und engagieren sich beim Aufbau der Universität Bielefeld. Dann jedoch trennen sich ihre Wege: Während sich Blumenberg immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzieht, um ungestört seine großen Monographien schreiben zu können, bleibt Koselleck nicht nur als Herausgeber der Geschichtlichen Grundbegriffe vom Wissenschaftsbetrieb absorbiert. Diese Diskrepanz verleiht ihrem Gipfelgespräch seine eigentümliche Grundstimmung

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Cover

Titel

3Hans Blumenberg Reinhart Koselleck

Briefwechsel 1965-1994

Herausgegeben von Jan Eike Dunkhase und Rüdiger Zill

Suhrkamp

Impressum

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eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2023

Der vorliegende Text folgt der deutschen Erstausgabe, 2023

© Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2022

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlaggestaltung: Hermann Michels und Regina Göllner

eISBN 978-3-518-77562-2

www.suhrkamp.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

5Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Rüdiger Zill und Jan Eike Dunkhase

»… in keinem angemessenen Verhältnis zum wissenschaftlichen Ertrag«. Vom Nutzen und Nachteil der Interdisziplinarität

»Ornamentale Funktionen liegen mir nicht«. Blumenbergs Kampf für die Wissenschaftsgeschichte

»… ein gehöriges Stück Loyalität«. Kosellecks Bielefelder Engagement

»… eine Art ständiger Reiz der Anwesenheit«. Gespräch per Sonderdruck

»…das wohl beste, was darüber in letzter Zeit ›für uns‹ geschrieben worden ist«. Die Rezeption der Metaphorologie

»…meines Erachtens der letzte Historist«. Säkularisierung und Selbstbehauptung

»… daß Geschichte Bedingung unserer Erfahrungsfähigkeit ist«. Die Historie als Lehrmeisterin des Lebens

»Was aber ist das dann noch für ein Strom?« Über allen Gipfeln

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Abkürzungen und Siglen

Verzeichnis der Briefe und Widmungen

Namenregister

Fußnoten

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7[1]Blumenberg an Kosellecko. ‌O., o. ‌D. [wohl 1965]

Widmung in: Hans Blumenberg, Kopernikus im Selbstverständnis der Neuzeit (= Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, Jg. 1964, Nr. 5), Mainz: Verlag der Akademie der Wissenschaften und Literatur 1965.

Herrn R. Koselleck

(→ S. 366 Anm.)

H. ‌B.

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.; DLA Marbach, Bibliothek Reinhart Koselleck.

S. 366 Anm.: Das Heft weist eine doppelte Paginierung auf: 1-32 am unteren Seitenrand und 337-368 am oberen. Die Abhandlungen der Mainzer Akademie sind genau genommen keine Sonderdrucke, sondern stets separat ausgelieferte eigenständige Publikationen, worauf die Seitenzahlen unten hinweisen. Die Paginierung, die einen größeren Zusammenhang suggeriert, ist ein Vorgriff auf eine Zusammenbindung der einzelnen Abhandlungen eines Jahrgangs durch Bibliotheken.

Die Fußnote auf S. 366 folgt auf Blumenbergs Befund, Kopernikus sei aus der »Sphäre der metaphorischen Kosmologie« herausgetreten und habe das Bild preisgegeben, »um die Sache zu gewinnen«, wobei aber »in der geistesgeschichtlichen Wirkung […] die sinnenfällige Vordergründigkeit der Metapher, des Zeichens, immer wieder stabilisiert worden« sei. Dazu heißt es in der Fußnote: »Vgl. hierzu meine Paradigmen zu einer Metaphorologie, 106-122: Metaphorisierte Kosmologie. Ich habe dort verabsäumt, auf eine Gestalt der kopernikanischen Metaphorik, nämlich als ›Sprengmetaphorik‹, einzugehen, die die topographische Figur aufnimmt, um sie zu zerstören und damit die in ihr gesuchte Orientierung zurückzuweisen, zur Radikalisierung der Anfrage zu zwingen. Sie findet sich bei KarlMarx in der Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie von 1843/4 und geht aus von der Kritik der Religion als der ›Voraussetzung aller Kritik‹ (WW ed. H. ‌J. Lieber, I 488f.): ›Die Kritik der Religion ent8täuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt.‹ In dieser Form ist die kosmologische Metapher nicht mehr ›vollziehbar‹ – und eben das soll sie auch gar nicht mehr sein. (Zur Sprengmetaphorik vgl. Paradigmen 131ff.) Daß diese Art der Metaphorik für Marx durchaus bezeichnend ist, belege ich noch an einem ebenso ›explosiven‹ Beispiel: ›Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst.‹ (I 497) Ist dies schon in sich nicht zur Anschauung zu bringen, so tritt es noch sogleich in katalytischen Kontakt mit der im übernächsten Satz getroffenen Feststellung, die Kritik der Religion ende mit der Lehre, ›daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei‹. Der Mensch ist sich Wurzel und Höchstes, Unten und Oben zugleich, wie er sich gravitierender Planet und Gravitationszentrum zugleich sein soll. Solche Absurdifizierung des kosmologischen Metaphernrealismus bildet ihre eigene Tradition, in der die Verbindlichkeit einer wie immer zu sehenden ›Natur‹ destruiert wird. 1955 programmiert JacquesAudiberti in einer gegen Sartre gerichteten Schrift L'Abhumanisme: ›Der Mensch, der akzeptiert, es ganz aus dem Blickfeld zu verlieren, daß er die Mitte des Weltalls ist. Und vielleicht auch: daß er nicht die Mitte des Weltalls ist.‹«

Mit Marx setzte sich Blumenberg in den 1960er Jahren vor allem im Rahmen seiner technikphilosophischen Studien auseinander. Entscheidend ist hier aber wohl der Hinweis auf die besondere Metaphorik. Siehe dazu das Nachwort der Herausgeber, S. 143-145. Am Schluß von Die kopernikanische Wende beseitigt Blumenberg das in der Fußnote erwähnte Versäumnis, indem er ebenjene Passage von Marx, die im Grunde sein Fazit mit innermetaphorischen Mitteln vorwegnimmt, abermals zitiert und dabei nicht nur aus der Fußnote in den Haupttext verlagert, sondern auch zur Krönung seiner Argumentation einsetzt (S. 164).

9[2]Koselleck an Blumenbergo. ‌O., o. ‌D. [wohl Dezember 1965]

Widmung in: Reinhart Koselleck, »Geschichtliche Prognose in Lorenz v. Steins Schrift zur preußischen Verfassung«, Sonderdruck aus: Der Staat 4 (1965), H. 4, S. 469-481.

Ein kleines Gegengift gegen den

Nachmittag des 13. Dezember 1965

für Herrn Blumenberg

von R. Koselleck

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.; DLA Marbach, Bibliothek Hans Blumenberg.

»Geschichtliche Prognose in Lorenz v. Steins Schrift zur preußischen Verfassung«: Die Lektüre des Aufsatzes ist in Blumenbergs Leseliste auf den 2. Januar 1966 datiert. Blumenberg hat den Sonderdruck offensichtlich intensiv gelesen, denn es finden sich fast auf jeder Seite Unterstreichungen, wenn auch keine Randbemerkungen.

kleines Gegengift: In seinem Aufsatz würdigt Koselleck den Prognostiker und »Geschichtsontologen« Lorenz von Stein unter anderem für die folgende Leistung: »Indem sich Stein auf die moderne Bewegung einließ, d. ‌h. auch auf die Zukunft, konnte er gar nicht umhin, neben dem Sein das Sollen und Wollen zu analysieren: nur daß er sie nicht utopisch vertauschte. Es bleibt erstaunlich, wie sehr Stein verstanden hat, Wünschbarkeiten in die Zukunft zu projizieren, nicht um ihnen nachzuhängen oder nachzueilen, sondern um den Sinn für das Mögliche zu schärfen« (S. 474). Die (nur hier) kursiv gesetzten Stellen hat sich Blumenberg in seinem Sonderdruck unterstrichen.

13. Dezember 1965: An diesem Tag hatten Koselleck und Blumenberg an der von dem Heidelberger Sozialhistoriker Werner Conze (1910-1986) geleiteten ersten Sitzung der »Historischen Kommission des wissenschaftlichen Beirats des Gründungsausschusses für eine ostwestfälische Universität« im Frankfurter Parkhotel teilgenommen. Der zukünftige Standort der zu gründenden Universität (Bielefeld) stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Die Arbeit des wissen10schaftlichen Beirats wurde zunächst in einzelnen fachspezifischen Kommissionen vorbereitet, wobei Blumenberg nicht nur in der philosophischen Kommission Mitglied war, sondern wohl wegen seiner wissenschaftshistorischen Interessen auch in der historischen Kommission. Da die fünf Mitglieder der Kommission aus verschiedenen Himmelsrichtungen anreisten (Bochum, Gießen, Heidelberg, Saarbrücken), hatte man sich auf Frankfurt am Main als Treffpunkt geeinigt. Daß die Sitzung unproduktiv verlief, legen auch Bemerkungen Conzes auf dem maschinenschriftlichen Durchschlag des Rundbriefs an die Teilnehmer nahe, mit dem am 22. Dezember 1965 das (nicht überlieferte) Ergebnisprotokoll verschickt wurde. Dort beklagt er in einem nur an Blumenberg gerichteten handschriftlichen Nachtrag, daß die Sitzung »wegen allzu langer, z. ‌T. geradezu Reden zuweilen einen unerfreulichen Verlauf nahm«, und versichert, daß man »in diesem Kreise« vorerst nicht wieder zusammenkommen müsse (Werner Conze an Hans Blumenberg, DLA Marbach, Nachlaß Blumenberg).

11[3]Blumenberg an Kosellecko. ‌O., o. ‌D. [wohl Dezember 1965]

Widmung in: Hans Blumenberg, Die kopernikanische Wende, Frankfurt a. ‌M.: Suhrkamp 1965.

Herrn R. Koselleck

mit guten Wünschen für 1966

im Zeichen der ›Kritik der historischen Vernunft‹

HB

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.; DLA Marbach, Bibliothek Reinhart Koselleck.

Die kopernikanische Wende: Der in der Reihe »edition suhrkamp« erschienene Band ist eine Sammlung älterer Aufsätze, die Blumenberg überarbeitet hat: »Kosmos und System. Aus der Genesis der kopernikanischen Welt«, Studium Generale 10 (1957), H. 2, S. 61-80, »Melanchthons Einspruch gegen Kopernikus. Zur Geschichte der Dissoziation von Theologie und Naturwissenschaft«, Studium Generale 13 (1960), H. 3, S. 174-182, und dem Kapitel IX der »Paradigmen zu einer Metaphorologie«. Er ist damit ein Seitenstück zu dem zuvor übersandten Aufsatz (Nr. 1). In Kosellecks Exemplar finden sich intensive Lesespuren (An- und Unterstreichungen) auf den Seiten 7-59, 76-78 und 100-113 sowie in den Anmerkungen.

›Kritik der historischen Vernunft‹: Anspielung auf den Philosophen Wilhelm Dilthey (1833-1911), der vor allem in seinem Werk Einleitung in die Geisteswissenschaften analog zu Kants Kritik der reinen Vernunft und zugleich in Absetzung von deren transzendentalphilosophischem Ansatz eine Grundlegung der Geschichtswissenschaften schaffen wollte.

12[4]Koselleck an Blumenbergo. ‌O., Februar 1968

Widmung in: »Historia Magistra Vitae. Über die Auflösung des Topos im Horizont neuzeitlich bewegter Geschichte«, Sonderdruck aus: Hermann Braun und Manfred Riedel (Hg.), Natur und Geschichte. Karl Löwith zum 70. Geburtstag, Stuttgart: Kohlhammer 1967, S. 196-219.

Herzliche Grüße

Ihres Koselleck

Februar 1968

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.; DLA Marbach, Bibliothek Hans Blumenberg.

»Historia Magistra Vitae«: In Blumenbergs Leseliste erscheint der Titel unter dem Datum des 7. März 1968. Der Sonderdruck zeigt intensive Lesespuren auf jeder Seite, vor allem Unterstreichungen, nur wenige Randzeichen, an zwei Stellen den Vermerk »K« plus Zahl, ein Hinweis darauf, daß Blumenberg das entsprechende Zitat auf eine Karteikarte übertragen hat, um es bei passender Gelegenheit zu verwenden. Siehe dazu das Nachwort der Herausgeber, S. 163-165.

13[5]Blumenberg an Kosellecko. ‌O., o. ‌D. [wohl Februar/März 1968]

Widmung in: »Wirklichkeitsbegriff und Staatstheorie«, Sonderdruck aus: Schweizer Monatshefte 48 (1968), H. 2, S. 121-146.

Herzlich grüssend

HB

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.: DLA Marbach, Bibliothek Reinhart Koselleck.

»Wirklichkeitsbegriff und Staatstheorie«: Der Aufsatz geht auf einen Vortrag zurück, den Blumenberg im November 1967 an der Universität Zürich gehalten hat. Obwohl er offiziell nicht so ausgewiesen war, hatte der Vortrag die Funktion eines Bewerbungsvortrags. Da in Zürich die Stelle des verstorbenen Philosophen Hans Barth neu zu besetzen war, drängte ihn vor allem Helmuth Plessner hier sein Interesse anzumelden. Für Blumenberg wäre die Universität Zürich wegen ihrer Nähe zu Konstanz und den dort versammelten Kollegen von »Poetik und Hermeneutik« interessant gewesen, deshalb ließ er sich zu dem Vortrag überreden, obwohl er sich für das Thema nicht wirklich interessierte. So kam auf der Grundlage der vier Wirklichkeitsbegriffe (vgl. Nr. 37) Blumenbergs einziger Vortrag zustande, der sich explizit einem politisch-sozialphilosophischen Thema widmet. Zu der Zusendung könnte ihn eine thematische Nähe zu Koselleck bewogen haben, der in seinem Exemplar dann auch durchgehend intensive Anstreichungen und Anmerkungen hinterließ.

14[6]Koselleck an BlumenbergHeidelberg, 30. Mai 1968

HISTORISCHES SEMINAR

HEIDELBERG, den 30. ‌5. ‌1968

DER UNIVERSITÄT

Neue Universität, Südflügel

Prof. Dr. R. Koselleck

Herrn Prof. Dr.

Hans Blumenberg

4324 Blankenstein

Obere Raue Egge 29

Lieber Herr Blumenberg,

ich habe Sie leider bei meiner Verabschiedung in Bochum Mitte April nicht mehr erreichen können. So möchte ich Ihnen heute einmal mitteilen, daß ein kleines Treffen der Historiker stattgefunden hatte, als die Juristen in Heidelberg versammelt waren. Bei der Gelegenheit kamen Herr Böckenförde, Herr Meier und Herr Nörr mit mir zusammen: Wir alle haben es sehr begrüßt, daß Sie mit Ihrem Lehrstuhl, mit Ihren Interessen, vor allem aber daß Sie persönlich zu uns in das Historicum stoßen wollen. – Zum Andern möchte ich Ihnen heute schreiben, daß wir uns am 8. Juni mittags in Heidelberg zusammenfinden wollen, um Fragen der historischen Fakultät zu besprechen. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn Sie auch kommen würden. Wie Sie wissen, ist das nicht nur offiziell gemeint, sondern ebenso herzlich.

Mit freundlichen Grüßen, auch an Ihre Frau, bin ich

Ihr

Koselleck

ÜBERLIEFERUNG O: Ts.; mit gedrucktem Briefkopf und hs. Korrektur und Unterschrift Kosellecks; DLA Marbach, Nachlaß Hans Blumenberg.

15Obere Raue Egge: »Raue« fälschlich korrigiert aus »Rauhe«.

Verabschiedung in Bochum: Koselleck übernahm am 1. April 1968 einen Lehrstuhl für Neuere Geschichte am Historischen Seminar der Universität Heidelberg, nachdem er seit September 1966 als ordentlicher Professor für Politische Wissenschaft mit Berücksichtigung der neueren Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum gelehrt hatte. Blumenberg war bereits 1965 von Gießen nach Bochum gewechselt, wo er bis 1970 eine Professur bekleidete.

Juristen in Heidelberg versammelt: Wahrscheinlich handelte es sich um ein Treffen zur Planung der im Juni 1969 eröffneten Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld.

Böckenförde: Der Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde (1930-2019), von 1983 bis 1996 Richter am Bundesverfassungsgericht, lehrte von 1964 bis 1969 als ordentlicher Professor in Heidelberg, danach in Bielefeld (1969-1977) und Freiburg (1977-1995) und stand in engem Austausch mit Koselleck, dem er sich auch in der Nähe zu Carl Schmitt verbunden wußte. Er war Gründungsmitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Gründungsausschusses der Universität Bielefeld.

Meier: Der Althistoriker Christian Meier (geb. 1929), ordentlicher Professor in Basel (1966-1968; 1973-1976), Köln (1968-1973), Bochum (1976-1981) und München (1981-1997), war seit 1956 mit Koselleck befreundet. Er war Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Gründungsausschusses der Universität Bielefeld und ab dem dritten Kolloquium regelmäßiger Gast der Forschungsgruppe »Poetik und Hermeneutik«.

Nörr: Der Rechtswissenschaftler Knut Wolfgang Nörr (1938-2018), von 1966 bis 1971 ordentlicher Professor in Bonn, danach in Tübingen, trat vor allem mit Schriften zur Rechtsgeschichte hervor. Er war Gründungsmitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Gründungsausschusses der Universität Bielefeld.

Historicum: Gemeint ist die im April 1973 gegründete Fakultät für Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld, an der Blumenberg zu jener Zeit noch einen Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte zu übernehmen beabsichtigte.

Ihre Frau: Ursula Blumenberg, geb. Heinck (1922-2010), verheiratet mit Hans Blumenberg seit dem 26. Juli 1945.

16[7]Koselleck an BlumenbergHeidelberg, 8. August 1968

HISTORISCHES SEMINAR

69 HEIDELBERG 2, den 8. ‌8. ‌1968

DER UNIVERSITÄT

Neue Universität. Südflügel

Prof. Dr. R. Koselleck

Postfach 3065, Tel. 5 ‌42 ‌80

Herrn

Prof. Dr. Hans Blumenberg

463 Universität Bochum

Bochum-Querenburg

Buscheystraße

Lieber Herr Blumenberg,

aus dem beiliegenden Programm ersehen Sie, wie ich mir den Beginn unserer Symbiose vorstelle. Sollten Sie weitere Vorschläge und Ergänzungen oder Kritik anbringen wollen, so schreiben Sie doch bitte mir oder direkt an Herrn Mestmäcker.

In der Hoffnung, daß Sie schöne Ferien verbringen, grüßt Sie und Ihre Frau herzlich

Ihr

Koselleck

ÜBERLIEFERUNG O: Ts.; gedruckter Briefkopf; mit hs. Korrekturen und Unterschrift Kosellecks; DLA Marbach, Nachlaß Hans Blumenberg.

beiliegenden Programm: Nicht überliefert.

Beginn unserer Symbiose: Siehe Nr. 6, Anm., sowie das Nachwort der Herausgeber, S. 124-138.

Mestmäcker: Der Rechtswissenschaftler Ernst-Joachim Mestmäcker (geb. 1926), von 1979 bis 1994 Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, war von 1967 bis 1969 Gründungsrektor der Universität Bielefeld.

17[8]Koselleck an Blumenbergo. ‌O., o. ‌D. [wohl Dezember 1968]

Widmung in: Reinhart Koselleck, »Vergangene Zukunft der frühen Neuzeit«, Sonderdruck aus: Epirrhosis. Festgabe für Carl Schmitt, hg. von Hans Barion, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Ernst Forsthoff und Werner Weber, Berlin: Duncker & Humblot 1968, S. 549-566.

Mit herzlichen Wünschen für 1969

Ihr Koselleck

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.; DLA Marbach, Bibliothek Hans Blumenberg.

»Vergangene Zukunft der frühen Neuzeit«: Auf Blumenbergs Leseliste unter dem Datum des 2. September 1969. Der Sonderdruck zeigt auf jeder Seite Unterstreichungen und gelegentliche Randbemerkungen, die teilweise auf Blumenbergs eigene Arbeiten verweisen, so etwa die Sigle LN auf S. 555, die sein Buch Die Legitimität der Neuzeit bezeichnet.

18[9]Blumenberg an Kosellecko. ‌O., o. ‌D. [wohl 1969]

Widmung in: Giordano Bruno, Das Aschermittwochsmahl, übersetzt von Ferdinand Fellmann, eingeleitet von Hans Blumenberg, Frankfurt a. ‌M.: Insel 1969.

Herzliche Grüße

HB

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.; DLA Marbach, Bibliothek Reinhart Koselleck.

Das Aschermittwochsmahl: Blumenbergs ausführliche Einleitung zu Brunos Text mit dem Titel »Das Universum eines Ketzers« ging später in überarbeiteter Form als Kapitel III.5 in Die Genesis der kopernikanischen Welt ein. Von Koselleck gibt es weder hier noch in dem entsprechenden Teil des Buchs Anstreichungen.

19[10]Koselleck und Stempel an BlumenbergKonstanz, 10. Juli 1969

Forschungsgruppe ›Poetik und Hermeneutik‹

10. Juli 1969

   federführend für Kolloquium V

   Reinhart Koselleck, 69 Heidelberg

   Moltkestr. 8

   Wolf-Dieter Stempel, 775 Konstanz

   Universität, Fb. Sprachwissenschaft

Sehr verehrter Herr Kollege,

die Forschungsgruppe ›Poetik und Hermeneutik‹ lädt Sie mit diesem Schreiben zur Teilnahme an ihrem 5. Kolloquium ein. Das Thema lautet:

Geschichten und Geschichte (Arbeitstitel)

Teilnehmer, die an früheren Kolloquien noch nicht mitgewirkt haben, können die Einzelheiten der Durchführung aus der beigefügten Anlage II entnehmen; sie erhalten ausserdem im Winter Band IV von ›Poetik und Hermeneutik‹, der die Ergebnisse des letzten Kolloquiums enthält. Darüberhinaus sind die Unterzeichneten jederzeit zu weiterer Auskunft bereit.

Das Kolloquium soll vom 15. – 19. Juni 1970 (Anreise am 14. ‌6., Abreise am 20. ‌6.), voraussichtlich auf der Insel Reichenau im Bodensee, stattfinden. Als Ausweichtermin käme unter Umständen die Woche vom 7. – 11. September 1970 in Frage.

Wir erbitten Ihre Antwort bis 15. September 1969 mit, wenn irgend möglich, vorläufigen Angaben über das Thema der geplanten Vorlage, sowie der Mitteilung, ob Sie Ihre Teilnahme

a)

nur zum ersten oder nur zum zweiten Termin,

b)

zu beiden Terminen ermöglichen könnten.

20Alle Korrespondenz ist zu richten an: Forschungsgruppe ›Poetik und Hermeneutik‹, Fachbereich Sprachwissenschaft der Universität, 775 Konstanz.

Mit verbindlichen Empfehlungen

im Auftrag der Forschungsgruppe

Stempel Koselleck

Anlagen

I: Beschreibung des Themas

II: Mitteilungen über die Organisation des Kolloquiums

ÜBERLIEFERUNG O: Ts.; mit Originalunterschriften von Stempel und Koselleck; DLA Marbach, Nachlaß Hans Blumenberg.

Stempel: Der Romanist Wolf-Dieter Stempel (geb. 1929) wurde 1954 in Heidelberg promoviert und lehrte später als ordentlicher Professor in Bonn (1963-1967), Konstanz (1967-1972), Hamburg (1973-1985) und München (1985-1994). Als enger Studienfreund von Hans Robert Jauß war er seit dem ersten Kolloquium Mitglied der Forschungsgruppe »Poetik und Hermeneutik«, 1970 organisierte er gemeinsam mit Reinhart Koselleck das fünfte Kolloquium unter dem Titel »Geschichten und Geschichte« auf der Insel Reichenau. Vgl. Reinhart Koselleck und Wolf-Dieter Stempel (Hg.), Geschichte. Ereignis und Erzählung (Poetik und Hermeneutik V), München: Fink 1973.

lädt Sie mit diesem Schreiben: Der Einladung ging eine Abstimmung zumindest zwischen Stempel und den drei Mitgliedern der alten Kerngruppe voraus. So schickte Stempel den Programmentwurf und die Liste potentieller Teilnehmer am 30. Juni 1969 an Blumenberg und bat ihn, ihm seine Kommentare dazu bis Mitte Juli mitzuteilen. Blumenberg antwortete am 4. Juli leicht verstimmt wegen der Kurzfristigkeit des Termins, signalisierte aber seine Zustimmung zum Exposé. Die Einladungsliste hielt er für verbesserungsfähig, ohne aber schon konkrete Vorschläge zu machen. Verwundert zeigte er sich, daß die Einladung so kurz vor der Sommerpause verschickt werden sollte, da die Gefahr, daß sie in Vergessenheit gerate, dadurch wachse. Stempel antwortete ihm am 15. Juli, also nach dem Versand der Einladungen, und versicherte, die Liste der Eingeladenen sei keineswegs definitiv. Zugleich erläuterte er die Wahl der Insel Reichenau als Tagungsort: Man habe sich für diesen Ort entschieden, weil er in hinreichender Distanz zu Konstanz liege, zugleich aber so nah, daß der 21Reisekostenetat bei der Vielzahl regionaler Teilnehmer entlastet werde.

Band IV von ›Poetik und Hermeneutik‹: Manfred Fuhrmann (Hg.), Terror und Spiel. Probleme der Mythenrezeption (Poetik und Hermeneutik IV), München: Fink 1971.

Das Kolloquium soll … stattfinden: Tatsächlich traf man sich dann vom 18. bis 23. Juni 1970 auf der Insel Reichenau.

Beschreibung des Themas: Vgl. das Exposé zum Kolloquium in Boden/Zill, S. 471-473.

Mitteilung über die Organisation des Kolloquiums: Nicht überliefert.

22[11]Koselleck an Blumenbergo. ‌O., o. ‌D. [wohl September 1969]

Widmung in: »Der neuzeitliche Revolutionsbegriff als geschichtliche Kategorie«, Sonderdruck aus: Studium Generale 22 (1969), S. 825-838.

Herrn Blumenberg

mit herzlichen Grüssen –

RK

ÜBERLIEFERUNG O: Hs.; DLA Marbach, Bibliothek Hans Blumenberg.

September 1969: Naheliegende Datierung, insofern Koselleck in diesem Monat den Sonderdruck Carl Schmitt dedizierte (BW Koselleck Schmitt, S. 222).

»Der neuzeitliche Revolutionsbegriff als geschichtliche Kategorie«: Der Sonderdruck befindet sich in Blumenbergs Nachlaß, weist allerdings keine Unterstreichungen oder Anmerkungen auf. In der Leseliste erscheint der Titel nicht.

23[12]Koselleck an BlumenbergHeidelberg, [wohl September/Oktober 1969]

Historisches Seminar der

Universität Heidelberg

Prof. Dr. R. Koselleck

Herrn

Prof. Dr. H. Blumenberg

4324 Blankenstein

Obere Raue Egge

Rundschreiben

Sehr geehrte Herren,

ich bitte Sie freundlich um Nachricht, ob es Ihnen recht ist, am 24./25. Oktober 1969 ein Treffen der Fachbereichskommission Geschichte in Bielefeld zu verabreden. Die Fachbereichskommission Sprachwissenschaften wird zur gleichen Zeit am gleichen Ort in jedem Fall tagen, sodaß wir für die gemeinsame Studienplanung auch eine gemeinsame Sitzung abhalten könnten. Außerdem ist beabsichtigt, daß auch die anderen Fachbereichskommissionen sich dann treffen werden, sodaß an Stelle einer Beiratssitzung eventuell eine erweiterte Zusammenkunft aller beteiligten Fachbereiche möglich ist.

Ich selber würde eine Zusammenkunft unseres Fachbereiches zum angegebenen Termin in jedem Fall begrüßen, daß wir erstens unsere Studienplanberatung abschließen können und zweitens mit den Sprachwissenschaftlern uns treffen können. Für weitere Tagesordnungspunkte bitte ich um Vorschläge.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Koselleck

24ÜBERLIEFERUNG O: Ts.; mit hs. Unterschrift Kosellecks; DLA Marbach, Nachlaß Hans Blumenberg (im Konvolut »Gründung Universität Bielefeld«).

ich bitte Sie freundlich um Nachricht: Eine Antwort Blumenbergs auf die Einladung ist nicht überliefert. Wie aus Nr. 13 hervorgeht, hat er aber nicht teilgenommen.

25[13]Koselleck an BlumenbergHeidelberg, 21. November 1969

HISTORISCHES SEMINAR

69

HEIDELBERG 2, den 21. ‌11. ‌69

DER UNIVERSITÄT

Neue Universität, Südflügel

Prof. Dr. R. Koselleck

Postfach 3065, Tel. 5 ‌42 ‌80

Herrn

Prof. Dr. Hans Blumenberg

4324 Blankenstein

Obere Rauhe Egge 29

Lieber Herr Blumenberg,

unser verabredetes Treffen stand offensichtlich unter einem ungünstigen Stern: Ich habe mich selbst mit Herrn Jauss und den Philologen zweimal in Bielefeld bzw. in Rheda verfehlt. Im Augenblick bin ich sowieso aktionsunfähig, da ich mich von einer Blinddarmoperation gerade erhole. Am 15. Dezember sind nun Herr Jauss und Herr Stempel mit mir in Heidelberg verabredet. Sollten Sie hinzustoßen wollen, so würde ich mich natürlich sehr freuen: Sie sind herzlich eingeladen. Im Januar werde ich sicher einmal nach Bochum kommen müssen, dann werde ich mich vorher telephonisch anmelden in der Hoffnung, daß wir uns treffen können. Ich würde mich auch gerne noch einmal über Bielefeld mit Ihnen unterhalten. Daß Sie auf der letzten Sitzung nicht viel versäumt haben, werden Sie aus dem beiliegenden Protokoll ersehen.

Mit herzlichen Grüßen, auch an Ihre Frau, bin ich

Ihr

Koselleck

ÜBERLIEFERUNG O: Ts.; gedruckter Briefkopf; mit hs. Korrektur und Unterschrift Kosellecks; DLA Marbach, Nachlaß Hans Blumenberg.

26unser verabredetes Treffen: Wohl das in Nr. 12 anvisierte Treffen der Bielefelder Fachbereichskommission Geschichte.

Jauss: Hans Robert Jauß (1921-1997) studierte ab 1948 Romanistik in Heidelberg, wo er 1952 von Gerhard Hess mit der Arbeit Zeit und Erinnerung in Marcel Prousts »A la recherche du temps perdu«. Eine Untersuchung zur Struktur des modernen Romans