Bruce Springsteen. 100 Seiten - Marcus S. Kleiner - E-Book
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Bruce Springsteen. 100 Seiten E-Book

Marcus S. Kleiner

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Beschreibung

»Springsteen ist eine poetische und musikalische Einladung ins richtige Leben, mit allen Höhen und Tiefen, mit allen Tränen und Lachfalten.« Bruce Springsteen ist der große Chronist und Erzähler der US-amerikanischen Gesellschaft. Mit einfachen, nachvollziehbaren Bildern zeigt er sich als Dolmetscher hungriger Herzen und Sprachrohr der Arbeiterklasse. Marcus S. Kleiner widmet sich den zentralen Themen Springsteens: dem amerikanischen Traum, der sozialen Ungerechtigkeit oder dem Trauma 9/11. Im Gespräch mit Wolfgang Niedecken und Thees Uhlmann findet er heraus, welche Rolle Springsteen für seine Musikerkollegen spielt. Und er zeigt die Vielseitigkeit eines Künstlers, der so viel mehr ist als ein Rockmusiker.

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Marcus S. Kleiner

Bruce Springsteen. 100 Seiten

Reclam

Für mehr Informationen zur 100-Seiten-Reihe:

www.reclam.de/100Seiten

 

Für Dr. Frank Ilschner

 

2022 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH nach einem Konzept von zero-media.net

Bildnachweis: siehe Anhang; Autorenfoto: © Westwind Medien

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2022

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962068-8

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-20585-3

www.reclam.de

Inhalt

Playlists zum Buch

»Spirit in the Night«. Wie ich in einer dieser Nächte zum Springsteen-Fan wurde

»Because the Night«. Die Magie der Nacht

»Is a dream a lie if it donʼt come true / Or is it something worse?« Der amerikanische Traum und die amerikanische Realität

»May the living let us in, / before the dead tear us apart«. Das amerikanische Trauma von 9/11 zwischen Vergeltung und Versöhnlichkeit

Geboren in der BRD. Springsteen und Deutschland. Im Gespräch mit Wolfgang Niedecken, Werner Pastula und Thees Uhlmann

»The hungry and the hunted / Explode into rock ʼnʼ roll bands«. Das Vermächtnis

Lektüretipps

Bildnachweis

Zum Autor

Über dieses Buch

Leseprobe aus Johnny Cash. 100 Seiten

Playlists zum Buch

Die Playlists zum Buch finden Sie unter https://www.reclam.de/springsteen

Die Audio-Playlist versammelt alle Songs der Musikpausen, mit denen ich die Kapitel beende. Meine Songauswahl, fünf Songs pro Kapitel, vermittelt die behandelten Geschichten, Emotionen und Atmosphären musikalisch. So ist eine Best-of-Liste mit 30 Songs entstanden. Mein Buch kann entweder als ein umfangreiches Booklet zu dieser Playlist gelesen oder umgekehrt kann die Playlist als Soundtrack zum Buch gehört werden.

Mit der Video-Playlist, die Konzertversionen der Best-of-Musikliste zusammenstellt, möchte ich alle Leser:innen einladen, sich an die eigenen Konzerterlebnisse zu erinnern, und kann dadurch hoffentlich Lust machen, vor, bei oder nach der Lektüre zu tanzen, zumindest aber beim Zuschauen glücklich in die Welt zu strahlen.

»Spirit in the Night«. Wie ich in einer dieser Nächte zum Springsteen-Fan wurde

»Oh, you don’t know what they can do to you

Spirits in the night«

(»Spirit in the Night«, 1973)

Es war eine dieser Nächte. Eine Nacht, die als Ereignis und Erlebnis das Leben verändert. Eine Nacht, von der man nicht mehr, aber auch nicht weniger verlangt als das eine: die Ewigkeit.

Die Ewigkeit ist bekanntlich kein Freund des Menschen. Die Endlichkeit der ständige Begleiter. Den Geist dieser auf immer verlorenen Nächte kann man nur noch nostalgisch in Erinnerung rufen oder, in Nächten wie diesen, wiederaufleben lassen. Ein hoffnungsvoll-hoffnungsloser Kampf gegen die Vergänglichkeit. Traurig schön, wie das von Bruce Springsteen gespielte Mundharmonikaintro zu »The Ghost of Tom Joad« aus dem Jahr 1995.

Vergänglichkeit, Melancholie und Nostalgie sind Themen, auf die Springsteen immer wieder zurückkommt, wie etwa in der Geschichte vom traurigen Cowboy mit seinen gescheiterten Hoffnungen und den erlittenen Demütigungen in »Western Stars« (2019). Auch die tragische Geschichte eines Mannes, die Springsteen in »Downbound Train« (1984) erzählt, ist ein bewegendes Beispiel. Dieser Mann hat zuerst seine Arbeit im Sägewerk und anschließend seine Frau verloren. Nachts träumt er, dass ihn seine Ex-Frau zurückhaben will, aber die wache Konfrontation mit der Realität macht ihn noch desillusionierter. Springsteen lässt seine Hörer:innen in diesem Song mit der Frage zurück: »Don’t you feel like you’re a rider / On a downbound train?«

Nostalgie spielt auch musikalisch eine Rolle bei Springsteen und ist der Ausgangspunkt, von dem er 1973 aufgebrochen ist, um die Welt des Rock ’n’ Roll zu erobern. Diese Nostalgie zeichnet sich durch die Begeisterung für den Rock ’n’ Roll der 1950er aus. Das Gleiche gilt für den Rhythm ’n’ Blues sowie die Folk- und Countrymusik. Diese Musiktraditionen übersetzt Springsteen mit seinen Bands von Album zu Album immer wieder in die jeweilige musikalische Gegenwart.

Nicht anders verhält es sich bei Springsteen als Geschichtenerzähler. Sein Weg vom jungen Reimlexikonnutzer auf seinen ersten beiden 1973er Alben hin zum ausdrucksstarken Storyteller seit dem Erscheinen von Born to Run (1975), das tief in amerikanischen Erzähltraditionen verwurzelt ist, veranschaulicht diese konsequente literarische Traditionsbezogenheit.

Aus den nostalgischen Dialogen mit der Vergangenheit entstehen der unverwechselbare Springsteen-Sound und seine eigensinnige Art, Geschichten zu erzählen.

Nostalgie ist für Springsteen eine Kommunikation mit der Vergangenheit.

In einer dieser Nächte, allerdings in einer beglückenden und nicht in einer todtraurigen, wie in den Geschichten dieser beiden zuvor genannten Songs, habe ich mich von einem ignoranten Springsteen-Spötter zum glühenden Springsteen-Fan gewandelt. Ein New-Jersey-Feeling in Rheinberg, einer Kleinstadt am Niederrhein in Nordrhein-Westfalen. Seit dieser magischen Nacht bin ich immer unmittelbar entflammbar, wenn es um Springsteen geht.

Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie Springsteen das erste Mal gehört haben und wie Sie überhaupt auf Springsteen aufmerksam geworden sind? Vielleicht auch noch an den Ort, an die Gelegenheit oder an die Person, die Ihnen von Springsteen erzählt bzw. seine Musik vorgespielt hat?

Musik ist vor allem eine Kunst, die Gefühle entstehen lässt. Eine eindringliche Sprache, die, abgesehen von Songtexten, ohne Worte auskommt. Sie erzeugt eine gestimmte Befindlichkeit und Atmosphäre. Welches Gefühl ist Ihnen präsent, wenn Sie zu Ihrer ersten Springsteen-Begegnung zurückreisen?

Das Zurückreisen an die biographischen Orte, die freudvolle oder schmerzvolle Erlebnisse bereithalten, ist ein Thema, dem sich Springsteen in vielen seiner Songs zuwendet, wie in »My Father’s House« (1982) oder »My Hometown« (1984).

Diese ersten Begegnungen sind immer von entscheidender Bedeutung, um mich auf die Musik einzulassen oder festzustellen, dass ich ihr nichts abgewinnen kann. Diese Momente besitzen eine Magie, egal wie pathetisch oder kitschig sich das anhört. Was wäre Musik ohne Pathos? Springsteen weiß, wovon ich rede.

Beim Hören gibt es keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Ich gehöre nicht zu denen, die sich auf Alben oder einen Song so lange einlassen, bis sie mir gefallen, wenn das erste Erlebnis keinen unmittelbaren Strudeleffekt auslöst oder zumindest mein Interesse weckt.

Von Springsteen kannte ich bis 1995 jedenfalls nur den Song »Born in the U.S.A.«. Eher als Radiosong und Musikvideo, ohne jemals richtig hingehört oder zugeschaut zu haben. Der Song lief auch nicht in den Clubs, in die ich gegangen bin. Auf den wenigen Bildern, die ich von Springsteen kannte, blieb mir nur dieser Eindruck in Erinnerung: ein patriotischer amerikanischer Zausel mit Bandana. Das hatte mir nicht gefallen. Ich hatte ihn als sterbenslangweilig eingeordnet. Ohne Interesse an einer Wiedervorlage.

Ein amerikanischer Zausel mit Bandana: Springsteen 1985

Und dann kam Frank … Ein guter Freund aus der Studienzeit, mit dem ich immer viel Musik gehört und über diese gesprochen habe. Die zuvor beschriebene Haltung brach plötzlich in sich zusammen – zumindest mit Blick auf Springsteen. Von der magischen Springsteen-Nacht, die Frank mir geschenkt hat, möchte ich zum Einstieg erzählen. Denn jede Musikgeschichte ist immer auch eine persönliche Geschichte.

Meine führt zurück in eine heiße Sommernacht im Juli 1995. In das Jahr, in dem mit The Ghost of Tom Joad das elfte Studioalbum von Springsteen erschienen ist. Es ist das erste Album von ihm, das ich mir schließlich selbst gekauft habe.

Frank hatte für mich in der Zwischenzeit Springsteen-Mixtapes mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten zusammengestellt, die alle einen eigenen Titel trugen und eine individuelle Gestaltung hatten. Ein Best-of aus allen vorausgehenden Alben.

Nach unserer magischen Springsteen-Nacht gab mir Frank als Erstes ein Mixtape mit dem Titel: »Chasing Something in the Night«. Das war passend, denn in unserer Nacht jagten wir den Geist von Springsteen.

Wir sind Kassettenkinder – er ist Jahrgang 1966 und ich 1973. Ein Mixtape war die persönlichste und intimste Art, Musik zu teilen. Der Walkman war die schönste Form, von Musik begleitet zu werden und uns dabei aus der Welt, zumindest akustisch, zu verabschieden. Der Discman bekam keine Chance. Beim iPod war es wieder anders. Und die scheinbar unbegrenzten Streaming-Möglichkeiten der Smartphones und Co. haben mich verführt, unterwegs vor allem digital Musik zu hören.

Frank besitzt bis heute kein Smartphone. Die Musik, die ihn außerhalb seiner Wohnung begleitet, muss selbst kuratiert und zeitlich limitiert sein. Musik ist für Frank immer eine bewusste Entscheidung. Dass auch Spotify-Playlists kuratiert sind, interessiert ihn nicht. Der digitalen Kultur steht er kritisch gegenüber.

Springsteen hebt ab, kurz vor dem Beginn seiner Erfolgsgeschichte als Überflieger des Rock ’n’ Roll seit 1973.

Die Springsteen-Kassetten hörten wir gemeinsam, sobald ein neues Tape fertig war, und fuhren dabei immer in der Nacht bis zum Morgengrauen durch die flachen Landschaften des Niederrheins und durch das Ruhrgebiet. Wir nannten das ›Die Tour‹. Songs wie »Thunder Road« (1975), »Born to Run« (1975) oder »Drive All Night« (1980) liefen als Dauerbrenner auf unseren nächtlichen Fahrten.

Seit dem Erscheinen von Greetings from Asbury Park, N. J. (1973), vergingen 22 Jahre, bis ich mein erstes Springsteen-Album kaufte. Auf den zwischenzeitlich veröffentlichten elf Studioalben schenkte Springsteen seinen Fans 124 Songs, die zum Soundtrack ihres Lebens geworden sind. Genauso wie für Frank und mich.

Der Dokumentarfilm Springsteen & I aus dem Jahr 2013 zeigt eindringlich, was es bedeutet, wenn Springsteens Musik – mit und ohne E Street Band – zum Soundtrack eines Lebens wird. Regie führte der britische Filmemacher Baillie Walsh, Regisseur solch beeindruckender Musikvideos wie »Unfinished Sympathy« von Massive Attack oder des Oasis-Konzert-Tour-Tagebuch-Films Lord Don’t Slow Me Down.

Produziert wurde Springsteen & I im Übrigen von Ridley Scott, jenem renommierten britischen Filmregisseur und Filmproduzenten, zu dessen bekanntesten Filmen etwa Alien (1979), Blade Runner (1982), Die Akte Jane (1997), Gladiator (2000) oder Black Hawk Down (2001) gehören.

Springsteen & I ist eine Crowdsourcing-Fandokumentation, die vor allem aus privatem Film- und Bildmaterial von Fans besteht. Zudem werden Gespräche mit den Fans geführt.

Alle diese intimen, persönlichen Geschichten vermitteln Herztöne, die beim Zuschauen unmittelbar spürbar werden. Bei persönlichen Musikgeschichten ist es egal, ob sie verallgemeinert werden können. Diese Geschichten sind Gesprächsangebote – von Fan zu Fan.

Genau das möchte mein Buch sein. Es ist meine persönliche Perspektive auf Springsteen, die aber nicht beim Persönlichen stehenbleibt. Mit dieser Perspektive beanspruche ich nicht, eine Art Best-of der Springsteen-Fakten zusammenzutragen und aneinanderzureihen. Ich möchte kein Springsteen-Archivar sein oder Wikipedia-Wissensbrocken im Buchformat präsentieren. Vielmehr geht es mir darum, bedeutsame Details herauszustellen, etwa Springsteens Faszination für die Nacht, oder Themen anzusprechen, die bisher zu kurz gekommen sind, wie zum Beispiel seine Bedeutung in Deutschland.

Die Macher von Springsteen & I haben diesen Fangeschichten unveröffentlichtes Filmmaterial und Konzertmitschnitte hinzugefügt. Der Film präsentiert berührende, unterhaltsame und außergewöhnliche Filmskizzen, die immer ganz individuell die folgenden vier Fragen beantworten: Wer ist Bruce Springsteen? Welche Bedeutung hat Springsteen für das Leben seiner Fans? Warum ist die Musik von Springsteen zum Soundtrack des Lebens seiner Fans geworden? Warum begeistert Springsteen weltweit seit Jahrzehnten Generationen mit seiner Musik, aber auch als Mensch?

Springsteen & I ist eine empfehlenswerte Einladung, sich auf die Reise zu Springsteen zu begeben oder über das eigene Fansein im Dialog mit den Fanbiographien nachzudenken.

Meine persönliche Einladung zu Springsteen kam auch von einem Fan, von meinem Freund Frank. Er war der »mission man« in dieser heißen Julinacht 1995. Springsteen hat seiner »Crazy Janey« in »Spirit in the Night« schließlich auch einen »Herzensangelegenheitsbube[n]«, um hier die deutsche Übersetzung von Heinz Rudolf Kunze zu verwenden, zur Seite gestellt, damit die Nacht für »Janey« zu einem Abenteuer und Fest der Freude wird.

Natürlich musste es, wie es die Zufallsgeschichte des Rock ’n’ Roll wollte, ein Frank sein, der mich in die Welt von Springsteen hineinzieht, denn auf Figuren, die »Frank« oder »Frankie« heißen, treffen wir immer wieder in den Geschichten von Springsteen, wie etwa in »Independence Day« (1978), »Highway Patrolman« (1982), »This Hard Land« (1995) oder »The New Timer« (1995), um hier nur wenige Songs zu nennen.

Manchmal ist »Frankie« aber auch eine Frau, wie im 2014er Song »Frankie Fell in Love«. Der Produzent Ron Aniello beschrieb den Song als »rowdy rock ’n’ roll«. Die Geschichte einer jungen Frau, die alle kennen und mögen und die sich verliebt, ist für Springsteen ungewöhnlich surrealistisch. Albert Einstein und William Shakespeare trinken ein Bier zusammen, und Shakespeare macht Einstein unmissverständlich klar: »Man, it’s just one and one make three / Ah, that’s why it’s poetry.«

Frank und ich begegneten uns in einem Philosophieseminar zu Die Welt als Wille und Vorstellung von Arthur Schopenhauer. Wir freundeten uns schnell an und trafen uns schließlich regelmäßig. Kein Treffen kam ohne Gespräche über Musik aus. Auch gingen wir häufig zusammen in Clubs oder zu Konzerten.

Frank war selbst Musiker und spielte, bevor wir uns kennenlernten, in der Alternative-Folk-Band The March, die sich in den 1990er Jahren mit ihren zwei Alben und Tourneen durch Deutschland und Europa in das Bewusstsein der Indie-Folk-Szene gespielt hat. Frank war, bis zu seinem Bandausstieg, der Sänger von The March, spielte zudem Gitarre und war für das Songwriting mitverantwortlich.

Wir trafen uns meistens abends oder nachts. In unserer Springsteen-Nacht sprachen wir über Themen aus dem Philosophiestudium und hörten dazu im Hintergrund unter anderem Bands wie New Model Army, Sisters of Mercy, The Cure, The Alarm, Adam & The Ants, Siouxsie and the Banshees, U2 (das war für mich immer eine große Folter), The Levellers und John Mellencamp. Frank war für die Musik zuständig.

Irgendwann lief im Hintergrund, ziemlich leise, weil wir im Gespräch waren, ein Song, der mich komplett rausgerissen hat. Nicht gleich von Anfang an. Das Intro erzeugt ein Late-Night- oder After-Hour-Feeling. Springsteen spielt die Mundharmonika und Roy Bittan das akustische Piano, erfuhr ich später von Frank. In seiner Autobiographie Born to Run (2018) spricht Springsteen davon, dass der Sound der Mundharmonika so klingen sollte, als ob dadurch die Stille eines frühen Morgens gebrochen würde.

Das Schöne am musikalischen Eindruck ist, gerade auch in Gesprächen darüber, der freie Fluss von Assoziationen, ohne dabei das Ziel zu verfolgen, die Gesprächspartner:innen von der Richtigkeit der jeweils eigenen Wahrnehmung überzeugen zu wollen.

Das Intro habe ich zwar kaum mitbekommen, aber den Einsatz der Stimme und vor allem deren Klangfarbe. Die Stimme von Springsteen erkenne ich seitdem sofort. Er hat seinen eigenen, unverwechselbaren Sound gefunden, wahrscheinlich ohne jemals Gesangsunterricht genommen zu haben.

In einem Gespräch über Springsteen mit Marc Secara, Jazzsänger und Professor für Gesang und Ensemble, gab er mir diese Einschätzung zur Stimme von Springsteen:

Springsteen ist ikonisch als Sänger. Unverwechselbar und großartig. Würde er auch mal in einem anderen Kontext funktionieren, oder wäre seine Karriere heute so möglich … Fragezeichen wären erlaubt.

Für Secara ist Springsteen mit Blick auf seinen Gesang ein »one-trick pony«. Gut nur, dass Springsteen ein Herz für »one-trick ponys« hat. In seinen Songgeschichten treffen wir immer wieder auf Figuren, die als »one-trick ponys« aus der Zeit fallen oder nicht mehr mit der Zeit mithalten können, die aber auch ihren Frieden und ihr Glück damit gefunden haben.

Eine dieser Figuren ist der namenlose Ich-Erzähler aus dem Song »The Wrestler« (2009), den Springsteen für das gleichnamige Sportfilmdrama geschrieben hat. Die tragisch-liebenswerte Filmfigur Randy »The Ram« Robinson, gespielt von Mickey Rourke, war hierbei das Vorbild der Figur aus dem Song: »Have you ever seen a one-trick pony in the field so happy and free? / If you’ve ever seen a one-trick pony then you’ve seen me.«