Confessions of a Bad Boy - Piper Rayne - E-Book

Confessions of a Bad Boy E-Book

Piper Rayne

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Beschreibung

Band 5 der Romance-Serie von USA Today Bestseller-Autorin Piper Rayne Bad Boy oder Good Guy? Der Buschpilot Denver Bailey hat sich nie viele Gedanken über seine Zukunft gemacht, sondern in den Tag hinein gelebt. Er liebt die Gefahr. Doch das ändert sich, als sein Mentor Chip stirbt. Plötzlich fühlt sich Denver verantwortlich und will Chips Familie, allen voran dessen Tochter Cleo, unterstützen. Cleo ist gerade dabei herauszufinden, was sie mit ihrem Leben anfangen möchte. Und ganz sicher gehört sich in Denver verlieben nicht dazu. Aber als sie sich in einer Alaska Reality Show widerfindet und ein Zelt mit ihm teilen soll, wird ihr guter Vorsatz auf eine harte Probe gestellt ...

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Seitenzahl: 350

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Confessions of a Bad Boy

Die Autorin

Piper Rayne ist das Pseudonym zweier USA Today-Bestseller-Autorinnen. Mehr als alles andere lieben sie sexy Helden, unkonventionelle Heldinnen, die sie selbst zum Lachen bringen, und viel heiße Action. Und sie hoffen, du liebst das auch.

Das Buch

Woher du weißt, dass deine Tage als Playboy gezählt sind?

1. Dir wird Verantwortung übertragen, und du ergreifst nicht sofort die Flucht.

2. Ein Teil von dir scheint eine Frau zu mögen, die nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.

3. Deine Familie hört auf, sich in jede deiner Entscheidungen einzumischen.

4. Irgendwie bist du in deiner verrückten Beziehung zur Stimme der Vernunft geworden.

Piper Rayne

Confessions of a Bad Boy

Roman

Aus dem Amerikanischen von Cherokee Moon Agnew

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Deutsche Erstausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Mai 2021 (1)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2021Titel der amerikanischen Originalausgabe: Demise of a Self-Centered Playboy© 2019 by Piper Rayne

Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Übersetzung: Cherokee Moon AgnewE-Book powered by pepyrus.comISBN 978-3-95818-607-1

Emojis werden bereitgestellt von openmoji.org unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Epilog

Und zum Schluss noch ein wenig Einhorngeschwafel …

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Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 1

DENVER

Der Tod ist echt scheiße.

Am blödesten ist es für den Verstorbenen. Ja, okay. Für den Verstorbenen ist es definitiv am beschissensten. Aber vielleicht auch nicht. Vielleicht ist da nichts nach dem Tod. Vielleicht ist es für die Hinterbliebenen viel schlimmer, denn sie müssen mit dem klaffenden Loch zurechtkommen, das derjenige hinterlassen hat.

Aber wisst ihr, was noch beschissener ist, als an einer Beerdigung teilzunehmen? Die Verlesung des Testaments. Nicht dass ich bei so etwas schon oft dabei gewesen wäre. Es ist mein erstes Mal. Und ich kann euch sagen: Es ist reine Zeitverschwendung. Vor allem, wenn die wichtigste Person überhaupt nicht anwesend ist.

Ich werfe einen Blick auf die kleine goldene Wanduhr und frage mich, ob Luther Lloyd, der Anwalt, eine Stoppuhr hat, damit er seinen Klienten möglichst viel Geld abluchsen kann. Zum Glück muss ich nichts bezahlen, aber Chip hat es eine Menge gekostet. Was scheiße ist. Der Kerl ist viel zu früh verstorben.

Als mich Luther angerufen hat, um mir zu sagen, dass ich bei der Verlesung dabei sein solle, war ich ziemlich überrascht, denn ich hätte nicht gedacht, dass Chip ein Testament hinterlassen würde. Für mich war er eher der Typ, der nur einen Notizzettel schreibt mit: »Werft meine Asche in den Lake Starlight. Ich hatte ein glückliches Leben. Wir sehen uns auf der anderen Seite.« Keiner, der seine Sachen an Leute verteilt, für die sie eh nur Müll sind. Ich will weder sein Highschool-Diplom noch seine Kaffeemaschine noch sonst was. Mir wäre es lieber, er wäre noch hier.

»Wie lange wollen wir noch warten?«, frage ich.

Luther wirft einen Blick auf die Uhr, denn er gehört zu den Menschen, deren Leben genau nach Plan verläuft. »Ich habe ihr am Telefon gesagt, wann sie da sein soll. Geben wir ihr noch fünf Minuten.«

Ich nicke und trommle mit den Fingern auf meinen Vans herum. Nicht unbedingt für den Winter in Alaska geeignet, aber solange es nicht schneit, geht es schon.

»Hast du heute eine Exkursion?«

Ich schüttle den Kopf.

»Und wie läuft das Geschäft?«

Ich zucke mit den Schultern. Ich würde ja gern sagen, dass es gut läuft. Tut es aber nicht. Und bei dem Gedanken, dass die Frau, auf die wir warten, Lifetime Adventures übernehmen wird, wird mir so schlecht, dass ich am liebsten in ihre Gucci-Tasche kotzen würde. Sie wird die Firma gegen die Wand fahren, was bedeutet, dass alles, was Chip aufgebaut hat, mit ihm sterben wird. Sein Vermächtnis wird entweder im Bankrott enden oder an den Höchstbietenden versteigert werden.

»Ich weiß, es ist schwer für dich. Du und Chip standet euch sehr nahe.«

Wieder hebe ich die Schultern. Was will Luther von mir? Erwartet er, dass ich ihn um ein Taschentuch bitte und ihm das Herz ausschütte? Auf keinen Fall. Ich bin an den Tod gewöhnt. Wenn du mit vierzehn deine Eltern verlierst, ist es, als würde man dein Herz mit einem Vorschlaghammer zertrümmern. Ich habe früh gelernt, dass es keine Happy Ends wie im Märchen gibt. Ich habe gelernt, dass das Leben zerbrechlich ist und man nie weiß, wann es vorbei ist. So einen Mist sollte man mit vierzehn, wenn man sich noch für unbesiegbar hält, nicht wissen.

Als mir Chip gesagt hat, dass sein COPD, eine chronische Verengung der Atemwege, schlimmer geworden sei, war es bereits abzusehen, dass er sterben würde. Ich bin immer an seiner Seite geblieben, habe seine Exkursionen übernommen und ihm mit dem Bürokram geholfen, denn das tut man eben, wenn man jemanden mag. Ich sollte froh sein, dass die Firma heute an Chips Tochter, Cleo Dawson, übergeben wird. Dann kann ich endlich in mein lässiges Leben als Buschpilot zurückkehren. Aber wenn ich daran denke, dass sie die Firma, für die ihr Vater so hart gearbeitet hat, in den Ruin treiben wird, bekomme ich Panik.

Wieder werfe ich einen Blick auf die Wanduhr, was Luther dazu bringt, erneut auf seine Armbanduhr zu spähen. Er scheint zu kapieren, dass er mit mir kein Gespräch führen kann, atmet laut aus und schlägt Chips Akte auf.

»Wie viele hast du da drin?« Mit dem Kopf deute ich auf seinen Aktenschrank mit den vier Schubladen. Wahrscheinlich befindet sich darin auch Grandma Doris Akte, in der verzeichnet ist, wer von uns neun Geschwistern welchen Anteil von Bailey Timber bekommt. Bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um.

Er folgt meiner Blickrichtung und zieht die buschigen grauen Augenbrauen zusammen. Wahrscheinlich denkt er sich: Was zur Hölle ist bloß los mit dir, Denver? Du tauchst hier in Jeans, Sweatshirt und ausgelatschten Vans auf. Nicht mal eine höfliche Unterhaltung willst du führen. Bestimmt denkt er, ich hätte einen Kater. Aber dann denkt er an meine tragischen Umstände und bekommt Mitleid. Dann wird sein Blick weich werden, er wird nicken und mich ansehen, als wollte er sagen: »Ich weiß, dass deine Eltern viel zu früh gestorben sind. Das ist echt beschissen.«

Inzwischen bin ich diesen Blick gewohnt. Er prallt an mir ab.

Meistens.

»Fast ganz Lake Starlight. Hast du auch schon mal über ein Testament nachgedacht?« Luther lehnt sich zurück, und sein kleines Grinsen verrät, dass er seine Frage genauso lustig findet wie ich.

»Wir wissen beide, dass ich nichts zu vererben habe.«

»Jeder hat irgendwas«, erwidert er und hält seinen Kugelschreiber mit beiden Händen waagerecht vor sich.

»Ich habe weder ein Haus noch irgendwelche Ersparnisse.« Abgesehen von meinem Handy mit den Nummern meiner One-Night-Stands besitze ich nur mein Flugzeug, das ich immer noch abbezahle. Da mein Zwillingsbruder verlobt ist und mein bester Kumpel Liam mit meiner Schwester Savannah bald das Gleiche tun wird, kann keiner von ihnen etwas mit meinem Smartphone anfangen.

»Was ist mit persönlichen Gegenständen? Ich habe schon mehr als einmal erlebt, dass sich Familienmitglieder um einen Fernseher gestritten haben.«

»Ich wohne gerade bei Savannah. Gehört alles ihr.«

Er richtet sich gerader auf. »Du weißt, was ich meine.«

Die Tür geht auf, und Luther blickt über meine Schulter. Ich schwöre, es wird kälter, als sie den Raum betritt.

Cleo Dawson.

Chips Tochter.

Ich muss mich gar nicht umdrehen, denn das Klackern ihrer High Heels kommt auch so immer näher. Im Schlepptau hat sie ihre Stiefschwester, ihre Mutter und ihren Stiefvater, was mich nicht sonderlich überrascht. Gott bewahre, sonst müsste sie sich ja allein um ihre Angelegenheiten kümmern.

Während sich ihre Gefolgschaft setzt, verebbt Luthers Lächeln.

Natürlich nimmt sie im Ledersessel neben mir Platz und schlägt die Beine übereinander. Das bringt auch nur Cleo fertig, mitten im alaskischen Winter High Heels und ein Kleid zu tragen.

»Denver.« Ihre Stimme klingt unterkühlt mit einem Hauch gezwungener Höflichkeit.

Ich drehe mich ein wenig zu ihr. Ihre gebräunten Beine verraten, dass sie aus dem Süden kommt. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich fände ihre Beine nicht sexy, aber das ist genau das Ding mit dem Teufel – keiner hat je behauptet, er oder sie sei nicht verlockend.

»Cleo.« Ich nicke.

»Miss Dawson, es tut mir leid, aber im Testament steht, dass es nur vor Ihnen und Mr Bailey verlesen werden soll.«

»Warum?«, will Cleo wissen.

Ihr Stiefvater steht auf und stützt sich auf ihre Rückenlehne. Als sich auch noch ihre Mutter danebenstellt, wird es langsam eng.

»Wir sind ihre Eltern«, protestiert ihre Mutter.

Ich inspiziere ihren Nerzmantel. Bestimmt hat sie ihn extra für diese Reise gekauft, denn in Texas braucht man so was nicht.

»Cleo ist über achtzehn und erwachsen. Ich werde jetzt das Testament verlesen, und wenn Cleo will, kann sie es danach mit Ihnen besprechen.«

»Das ist doch lächerlich«, schimpft ihre Mutter. »Er war mein Ehemann.«

»Ex«, korrigiere ich sie.

Alle Blicke richten sich auf mich. Offensichtlich sind sie entsetzt, dass ich die Frechheit besitze, den Mund aufzumachen.

»Warum ist er überhaupt hier? Er ist nicht einmal mit Chip verwandt.« Cleos Mom beäugt mich, als wäre ich Dreck.

»Haben Sie etwa Angst, dass Sie ihm nicht auch noch den letzten Cent abknöpfen können?« Ich verdrehe die Augen.

Cleo dreht sich in ihrem Sessel und legt die Hand auf die ihrer Mutter. »Schon in Ordnung. Wartet draußen auf mich.«

»Ich bin ihre Mutter. Wenigstens ich sollte jetzt bei ihr sein.« Bevor die drei das Büro verlassen, schnaubt sie wütend.

»Kommst du allein klar?«, frage ich Cleo.

»Ich hoffe, du hast die Schlüssel dabei.«

Ich befühle meine Hosentaschen. »Scheiße, ich wusste, dass ich etwas vergessen habe.«

Sie verengt die Augen zu Schlitzen. Ich beobachte, wie sie die Nüstern bläht und beinahe schäumt vor Wut.

»Okay. Dann lasst uns anfangen. Wir sind schon spät dran.« Ungeduldig tippt Luther mit seinem Stift auf den Schreibtisch.

»Ich frage mich, woran das liegt«, spotte ich.

»Das Wetter ist nicht gerade trocken. Die Straßen sind eine Katastrophe.« Dann richtet sie ihre Aufmerksamkeit auf Luther.

»Deinem Outfit nach zu urteilen, ist es gerade Sommer.«

»Und deinem Outfit nach zu urteilen, bist du gerade auf dem Weg zum Skatepark.«

Lachend schüttle ich den Kopf. »Legen wir los, Luther.«

Luther schlägt den Ordner auf und räuspert sich. »Chip Dawson war mein Klient, und ich sage euch offen und ehrlich, dass er sein Testament vor zwei Monaten geändert hat. Aber da er voll zurechnungsfähig war, war es sein gutes Recht. Das Gegenteil beweisen zu wollen, wird nichts nützen. Ich hatte Zeugen.«

»Sie will vielleicht widersprechen, aber ich nicht.« Ich erwähne nicht, dass alles, was er mir hinterlassen haben könnte, wertlos für mich ist. Ohne Chip bedeutet es mir nichts.

»Cleo, Sie bekommen Chips Haus und alles, was sich darin befindet.«

Sie richtet sich auf und beäugt meine Hosentasche, als wollte sie sagen: »Gib mir die Schlüssel für Lifetime Adventures, du Idiot.«

»Außerdem bekommt Cleo seinen Truck«, fährt Luther fort.

»Hoffentlich ist auch eine Trittleiter dabei.« Ich lache leise.

Sie schnaubt. »Wenn du nicht ständig dazwischenfunkst, sind wir schneller fertig.«

Luther wartet kurz, und ich gebe ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er weitermachen kann. Er geht Chips Bankkonten durch, und wie erwartet fällt alles an Cleo. Es wäre mir ganz recht, wenn wir jetzt zum Toaster – oder was auch immer er mir geben will – kommen könnten.

»Nun zu Lifetime Adventures.« Luther nimmt die Dokumente und stapelt sie ordentlich aufeinander. Jetzt ist mein Interesse geweckt, denn ich nehme in seiner Stimme so etwas wie Unbehagen wahr. »Lifetime Adventures soll zu gleichen Teilen zwischen Cleo Dawson und Denver Bailey aufgeteilt werden. Falls einer von ihnen seinen Anteil nicht will, bekommt der andere die Möglichkeit, den anderen auszubezahlen.«

Mein Magen stürzt in die Tiefe wie ein abgebrochener Eisberg ins Meer. Chip vermacht mir seine Firma? Was hat er sich nur dabei gedacht? Ich sehe Cleo an.

Trotz des vielen Make-ups wird sie bleich und legt den Kopf schief. »Lifetime Adventures soll uns beiden gehören?«

Luther lächelt. »Ja, Miss Dawson. Sie sind nun gleichberechtigte Besitzer von Lifetime Adventures und allem, was dazugehört.«

Sie sinkt zurück und schlägt die manikürte Hand vor den Mund. »Ich kann keine Firma mit ihm leiten. Wir werden uns gegenseitig umbringen.«

Ich richte mich gerader auf. Savannah ist nicht unbedingt ein Paradebeispiel dafür, wie wundervoll es ist, eine eigene Firma zu besitzen. Nach Feierabend sieht sie meistens total erschöpft aus. Für so etwas bin ich nicht gemacht. Kann ich das überhaupt? Eine Firma leiten, obwohl ich alles hasse, was mit Verantwortung zu tun hat? Lifetime Adventures bringt eine Menge Verpflichtungen mit sich. Und der größte Haken an der Sache ist Cleo Dawson.

Luther zieht zwei Umschläge und etliche Dokumente aus dem Ordner und reicht uns jeweils einen Papierstapel. »Ich weiß, das sind große Neuigkeiten. Deshalb hat er jedem von euch einen Brief geschrieben. Warum nehmt ihr euch nicht ein wenig Zeit, lest in Ruhe die Briefe und überlegt, ob ihr noch irgendwelche Fragen habt?«

Gleichzeitig greifen wir nach den Briefen. Auf einem steht in Chips Handschrift »Cleo« geschrieben, auf dem anderen »Denver«.

»Warum hat er die Firma nicht mir allein vermacht?«, erkundigt sich Cleo bei Luther.

»Es tut mir leid, Miss Dawson. Ich frage meine Klienten nicht nach dem Warum. Aber vielleicht liefert der Brief eine Erklärung.«

Sie steht auf und sieht mich an. »Ich werde dich ausbezahlen.«

Das würde ihr so passen. Vor einer Sekunde war ich noch unsicher, doch das ändert sich in dem Moment, als ich mir vorstelle, wie sie die Firma ihres Vaters in den Ruin treibt. »Meine Hälfte steht nicht zum Verkauf.«

»Du weißt genauso gut wie ich, dass es nicht funktionieren wird.« Sie verschränkt die Arme vor der Brust.

Das Schlimmste an Cleo Dawson ist, dass sie verdammt heiß ist. Es treibt mich in den Wahnsinn. Dennoch werde ich sie niemals anrühren. Sie ist schon immer fies zu mir gewesen. Warum, weiß ich nicht, aber dann bin ich eben auch fies zu ihr.

Als ich aufstehe, überrage ich sie bei Weitem. »Nun, ich würde sagen, wir versuchen es einfach.« Dann nicke ich Luther zu. »Danke.«

Ich stopfe den Brief in meine hintere Hosentasche, zwinkere ihr zu und gehe.

»Hast du überhaupt einen Schulabschluss?«, ruft sie mir hinterher.

»Keine Sorge, Cleo. Wir werden so vieles übereinander erfahren, sobald wir zusammenarbeiten.« Dann gehe ich zur Tür hinaus, vorbei an ihrer Gefolgschaft.

Mich mit ihr zu zanken, macht auch ein bisschen Spaß – ein Lichtblick in einer sonst ziemlich beschissenen Situation.

Kapitel 2

CLEO

Denver hinterlässt lediglich einen Hauch von Parfum, das bestimmt schon einen Tag und eine lange Partynacht hinter sich hat.

»Vielen Dank, Mr Lloyd.« Ich nicke dem Anwalt zu und nehme den Brief. Ein Rat, den ich mal von meinem Vater bekommen habe, war, immer höflich zu den Menschen in Lake Starlight zu sein. Man weiß nie, mit wem man es zu tun hat. Er meinte, meine Mom habe in der Stadt einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Allerdings habe ich nie gefragt, wann genau. Als sie aufgetaucht oder abgehauen ist?

»Gern geschehen, Miss Dawson.«

Mir entgeht nicht sein Gesichtsausdruck. Der Ausdruck, der sagt: »Ich verstehe nicht, warum dir dein Vater alles hinterlassen hat, obwohl du ihn nicht mal besucht hast.« Soll er denken, was er will. Es ist mir egal.

Meine Mom und Bridget sind bereits aufgestanden. Phil telefoniert. Sein Cowboyhut, die gebügelten Jeans und das Hemd mit den silbernen Druckknöpfen verraten, dass wir nicht von hier sind. Es überrascht mich, dass er heute mitgekommen und nicht direkt nach der Beerdigung zurückgeflogen ist. Meine Mom ist geblieben, weil sie sehen will, was sie vor all den Jahren zurückgelassen hat. Meine Stiefschwester Bridget würde mich in so einer Situation nie im Stich lassen, weshalb ich bereits damit gerechnet habe, dass sie bleiben würde.

Bridget hakt sich bei mir unter. »Er ist ganz schön heiß.«

»Er ist der Feind«, wiederhole ich zum vierten Mal. »Und jetzt gehört ihm die halbe Firma.«

Bridget reißt mir die Unterlagen aus der Hand und liest, als würde sie den Fachjargon verstehen. Ich will nicht schlecht über sie reden. Aber Menschen wie sie bezahlen andere dafür, sich um den rechtlichen Kram zu kümmern.

Wir waren sechzehn, als Mom und Phil geheiratet haben. Zu der Zeit hatten wir schon so viele Stiefgeschwister und Stiefeltern hinter uns, dass wir beschlossen haben, einander zu akzeptieren, statt zu streiten. Dass ihr Kleiderschrank fünfmal so groß war wie meiner, hat natürlich geholfen. Die Leute in Dallas sagen immer noch, wie überrascht sie seien, dass wir so gute Freundinnen geworden sind.

Immer wenn unser Freund Miguel eine halbe Flasche Tequila getrunken und es wieder nicht geschafft hat, eine von uns ins Bett zu kriegen, meint er, wir sollen warten, bis das Testament verlesen wird. Dass wir uns dann hassen würden. Aber mir ist es egal, ob sie Phils ganzes Geld erben wird. Dann würde meine Mutter wenigstens nicht das bekommen, wofür sie ihn geheiratet hat – eine Lektion, die sie immer noch lernen muss, obwohl sie schon fünfmal verheiratet war. Ich könnte jede Ehe auseinandernehmen und analysieren, warum es nicht funktioniert hat, aber es ist immer dasselbe. Es war keine Liebe. Einer von beiden war immer auf seinen Vorteil aus.

Mein Vater war der Erste, den Mom des Geldes wegen geheiratet hat. Phil ist bisher ihr dickster Fisch, was auch der Grund ist, warum sie immer noch mit ihm verheiratet ist.

»Was soll das heißen, er bekommt die Hälfte?« Mom streckt die Hand nach den Dokumenten aus.

Bridget zuckt mit den Schultern, als würde sie kein Wort verstehen, und reicht sie ihr.

»Mir gehört die halbe Firma. Ihm gehört die halbe Firma.«

Mom liest die Papiere, und ich lasse den Brief in meiner Handtasche verschwinden, bevor sie ihn bemerkt.

»Du wirst jeden Tag mit ihm arbeiten?« Offensichtlich ist Bridget nicht meiner Meinung, dass es nicht schlimmer hätte kommen können. Sie verschlingt Denver förmlich mit ihren Augen. »Männer in Trucks haben mir schon immer gefallen.«

Ich werfe einen Blick den Flur hinab. Als ich sehe, wie er sich der Treppe nähert, schnaube ich genervt und ignoriere, wie lässig seine Hose sitzt. Macht sich über meine High Heels lustig und trägt selber dumme Vans. Idiot.

»Er hat diese Aura an sich. Als würde er das Leben einfach nehmen, wie es kommt.«

»Du meinst wohl die Aura, die danach schreit, dass er keinerlei Verantwortung übernehmen will?«, erwidere ich trocken.

»Nein, er hat so etwas Gelassenes.«

Bisher hat mich Bridget nur einmal für eine Woche nach Lake Starlight begleitet. Es war mein letzter Sommer mit Chip, bevor ich achtzehn wurde. Aber ich habe schon viel von Denver gehört und ihn auch bereits live erlebt. Ein Mann, der sich immer noch wie ein Junge aufführt, wird mit der Firma meines Vaters nur eins machen – sie gegen die Wand fahren.

»Soll ich dir lieber die Augen verbinden?«, frage ich Bridget.

Sie lacht, während wir die Stufen hinabsteigen. Als wir den Fuß der Treppe erreichen, bleibt Denvers Truck neben uns stehen. Der Bürgersteig ist breit, wir sind mindestens drei Meter voneinander entfernt, aber ich funkle ihn böse an und hoffe, er spürt meine Feindseligkeit. Dann lässt er die getönte Scheibe herunter. Er ist wirklich attraktiv. Aber das würde ich niemals zugeben.

»Ich bin bei Lifetime Adventures, falls du über irgendwas reden willst, Süße.« Er lächelt breit. Was für ein großes Ego dieser Kerl doch hat.

Wut steigt in mir auf. Eine Wut, die nur er entfachen kann. Ich straffe die Schultern und gehe auf ihn zu, um ihm ordentlich die Meinung zu geigen. Er muss irgendwas in meinem Gesicht sehen, denn er schaltet den Truck in den Park-Modus. Bridget lässt meinen Arm los, und Mom und Phil halten sich im Hintergrund und diskutieren über die Papiere. Hauptsächlich erklärt Phil meiner Mom, was darin geschrieben steht. Anscheinend kann sie nur Scheidungspapiere lesen.

Ich würde Denver gern ausbezahlen, was aber bedeutet, dass ich Phil um Geld bitten muss. Und das löst wiederum ein ganz anderes Gefühl in mir aus. »Wir sollten einen Termin vereinbaren.«

»Pass auf.«

Er deutet zu Boden. Ich blicke nach unten und rutsche auf einer Eisfläche aus. Meine Handtasche fliegt durch die Luft, und mein Hintern landet auf dem kalten, harten, nassen Boden.

Denver öffnet die Wagentür und steigt aus, obwohl er ganz bestimmt kein Gentleman ist. »Falls du in Lake Starlight bleiben willst, brauchst du dringend andere Schuhe.«

Nachdem er mir aufgeholfen hat, reiße ich mich von ihm los und richte meine Jacke. Bridget reicht mir meine Handtasche.

»Ich bin Bridget«, stellt sie sich Denver vor. Mit diesem flirtenden Ton bekommt sie in Bars immer kostenlose Drinks.

Denver schüttelt ihr kurz die Hand und wendet sich wieder mir zu. »Alles okay?«

»Was kümmert es dich?«

Bridget sieht Denver an, als wollte sie fragen: Was zum Teufel? Siehst du nicht, wie ich hier stehe? Gleich knöpft sie noch ihren Mantel auf, um ihre Figur zu präsentieren. Ich liebe sie, aber manchmal ist sie ein wenig zu egozentrisch.

»Hey, ich weiß, dass wir uns nicht sonderlich gut verstehen, aber ich bin kein Arschloch«, sagt er.

»Bist du nicht?«, frage ich.

Mein Blick fällt auf seine Lippen – und ich kann nichts dagegen tun. Sie sind ganz rosa, weil er gerade Labello aufgetragen hat, und er fährt sich mit der Zunge darüber. Sein einseitiges Grinsen macht mich fertig. Es ist sexy und verführerisch – und ich sollte so etwas nicht denken.

Böse Cleo. Gedanklich schlage ich mir auf die Hand.

»Nein. Willst du meine Schwester fragen?« Er tritt neben mich und beäugt meine Rückseite.

Ich drehe den Hintern weg, damit er ihn nicht länger begaffen kann. »Was zum Teufel treibst du da?«

»Das verstehe ich nicht«, murmelt Bridget vor sich hin. Wahrscheinlich fragt sie sich, warum Denver bei ihrem Anblick nicht schon längst angefangen hat zu hecheln.

»Ich wollte nur sichergehen, dass du nicht allzu nass geworden bist. Ich habe eine Decke im …«

Ich hebe die Hand. »Nope. Ich will nichts von dir.«

Beschwichtigend hebt er die Hände und macht einen Schritt rückwärts. »Wie du willst.«

Als er die Tür seines Trucks öffnet, fällt sein Blick auf den gemieteten SUV, dessen Fahrer gerade rückwärts ausparkt. »Ich nehme an, das ist euer Auto?«

»Ja.« Ich richte mich kerzengerade auf, damit er nicht merkt, dass mein Hintern höllisch schmerzt.

»Wie ich schon sagte. Ich werde jetzt für ein paar Stunden bei Lifetime Adventures sein. Falls du reden willst.«

»Tschüss«, verabschiedet sich Bridget.

Kurz hebt Denver die Hand, doch sein Blick bleibt auf mich gerichtet. Das macht er absichtlich. Keiner ignoriert Bridget. Sie ist wie ein glänzendes Objekt. Da kann man einfach nicht wegsehen.

»Leg am besten Eis unter deinen Hintern.« Er zwinkert, steigt in seinen Truck und fährt davon.

Unser Auto kommt neben uns zum Stehen, und Mom und Phil klettern hinein.

Bridget legt die Hand auf meinen Arm. »Bin ich zu hübsch für Lake Starlight? Stehen die Jungs hier auf natürlichere Mädchen?«

Ich sollte ihr sagen, dass es wahrscheinlich Teil von Denvers Plan ist, sie zu ignorieren. Er scheint mir einer zu sein, der immer eine Agenda verfolgt. Ich muss nur noch herausfinden, wie sie aussieht.

Aber vielleicht hat er schon erreicht, was er wollte. Schließlich gehört ihm jetzt die Hälfte der Firma meines Dads.

Zwei Stunden später, nachdem wir lange zu Mittag gegessen haben und ich mich nicht getraut habe, Phil um Geld zu bitten, sitzen wir nun am Flughafen und warten darauf, dass sein Privatjet zum Abflug bereit ist. Mom kauft eine Zeitschrift und versucht, irgendwo frisches Obst und Gemüse aufzutreiben. Bridget steht am Schalter und flirtet mit dem Mitarbeiter. Sie sucht immer noch nach Bestätigung, dass sie auf dem Flug von Dallas nach Alaska nicht ihre Attraktivität verloren hat. Das heißt, ich bin mit Phil allein.

»Ich kann dir das Flugzeug jederzeit schicken, sobald du hier fertig bist«, sagt er gedankenverloren, während er mit seinem Smartphone beschäftigt ist.

Ich schlage die Beine übereinander, überlege es mir anders und stelle die Füße wieder auf den Boden. »Ich muss noch sein ganzes Haus ausräumen und so.«

»Gut, dass du jetzt Zeit hast.« Er lächelt kurz, bevor er sich wieder seinen E-Mails widmet.

Ich könnte jetzt was sagen, denn der Grund, warum ich Zeit habe, ist, dass er mich vor Kurzem gefeuert hat und ich nun nicht länger auf der Ranch arbeite. Nicht dass es dafür keinen Anlass gegeben hätte. Ich habe den Rindern, die eigentlich ökologisches Futtermittel bekommen, aus Versehen das Futter mit den Wachstumshormonen gegeben. Japp, nicht unbedingt mein hellster Moment. Aber zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass sie die Behälter besser beschriften sollten. Phil hat Verluste gemacht, weil er das Fleisch der armen Tiere nicht mehr als Bio verkaufen konnte. Jedoch hat er sich nicht allzu sehr aufgeregt und mir freundlich mitgeteilt, dass das Farmleben vielleicht doch nichts für mich sei.

Ich habe an der University of Indiana Business studiert. Nach meinem Abschluss hatte ich etliche Vorstellungsgespräche, aber nichts hat geklappt. Irgendwann habe ich den Kopf hängen lassen und Phil gefragt, ob er jemanden kenne, der jemanden suche. Ich habe mir gesagt, dass ich eben netzwerke und meine Kontakte nutze, wie es jeder andere auch tut, aber ich habe es gehasst.

Meinen ersten Job hatte ich in der Poststelle eines großen Fernsehstudios. Zwei Wochen nach Arbeitsbeginn rollte ich den Wagen mit den Briefen durch das Studio, um sie in den dahinter liegenden Büros zu verteilen. Ich stellte den Wagen ab und unterhielt mich mit einem der Mitarbeiter über die letzte Folge von Roswell. Anscheinend hatte ich vergessen, die Feststellbremse zu betätigen. Als plötzlich ein Kerl vorbeirannte und gegen den Wagen stieß, rollte er los, und ich rannte hinterher. Zum Glück blieb er stehen, bevor er ins Bild rollte. Nachdem ich vom Produzenten und vom Kameramann böse Blicke geerntet hatte, wollte ich mich davonschleichen, doch ein Kabel hatte sich an einem der Räder verfangen. Als ich daran zog, riss ich aus Versehen das Mikrofon herunter, das mit der Kamera verbunden war. Der Kameramann drehte sich um, um zu sehen, was los war – und übertrug mich live im Fernsehen. Mom nennt es meine »zehn Sekunden Ruhm«. Ich schaffte es damit sogar in die Nachrichten. Eigentlich war es die Schuld des Typen, der den Wagen angerempelt hatte – aber ich wurde gefeuert.

Mein zweiter Versuch in der Arbeitswelt kam in Form einer Assistentenstelle. Meine Chefin aß jeden Morgen das Gleiche: einen Zitronenmuffin mit Mohn und einen großen Kaffee. Langsam wurden wir Freundinnen, unterhielten uns über unsere Arbeitswege und das Wetter, während ich die Sachen auf ihren Schreibtisch stellte. Doch an jenem Morgen vergaß ich, die Bestellung zu überprüfen, und sie blickte nicht vom Computer auf, als sie einen Bissen nahm. Es stellte sich heraus, dass es ein Bananen-Nuss-Muffin war. Ich weiß, was ihr jetzt denkt. Na und? Ist doch nicht so schlimm, wenn sie mal einen anderen Muffin bekommt. Ich habe das auch gedacht, während ich den Notruf gewählt und einen EpiPen in ihren Oberschenkel gerammt habe.

Dann war da noch der Frozen-Joghurt-Laden, bei dem ich vergessen habe, die Ware über Nacht in den Gefrierschrank zu stellen. Und der Buchladen, wo ich während der Arbeitszeit zu oft lesend in der Abteilung mit den Romanzen erwischt wurde. Bisher hat es einfach nicht geklappt. Beim nächsten Mal muss es funktionieren. Komme, was wolle.

Aber das ist unmöglich, wenn ich Denver Bailey im Nacken sitzen habe. Ich schlucke schwer. »Hey, Phil?«

Lächelnd blickt er auf. »Ich glaube, das wird dir guttun. Vielleicht kannst du dir hier über einige Dinge klar werden. Fernab von deinem Alltag.«

»Nun ja, mit Denver Bailey als Partner geht das aber nicht.« Das war Hinweis Nummer eins. Ich habe schon eine Million Mal miterlebt, wie Bridget ihn dazu gebracht hat, ihr Geld zu geben. Ich lerne schnell.

»Eine Firma zu leiten, ist nicht leicht. Man muss sich mit Menschen umgeben, die klüger sind als man selbst.«

»Heißt?«

Sein Lächeln wird breiter. »Im Moment ist dieser Junge klüger als du. Er weiß, wie die Firma läuft. Er kennt alles, was damit zusammenhängt. Du musst einen Weg finden, mit ihm zurechtzukommen. Denk mal darüber nach.« Er tippt sich an die Schläfe. »Du kannst keine Bergtour machen. Du würdest dich nur verlaufen oder von einem Bären gefressen werden.« Er lacht.

Ich lächle angespannt. »Ja, natürlich.«

»Sei jetzt nicht eingeschnappt. Es ist nun mal die Wahrheit. So ist es eben, Schätzchen. Irgendwann wirst du wissen, was du machen willst. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Geh in Ruhe die Sachen deines Dads durch, und nimm dir Zeit, um zu trauern.«

»Aber die Firma soll ich nicht leiten?« Ich sollte versuchen, meine Verbitterung zu verbergen, aber es geht nicht.

»Vielleicht, wenn es ein Coffee-Shop oder eine Bäckerei wäre. Aber eine Firma, die Outdoor-Exkursionen in Alaska anbietet?« Sein viel zu gebräuntes Gesicht wirkt, als würde die Haut gleich aufplatzen, so breit ist sein Lächeln. »Das bist einfach nicht du.«

Dann wird er mir also kein Geld leihen.

»Geht’s dir nicht gut?« Mom setzt sich neben Phil. Außer der Zeitschrift hat sie nichts gekauft.

»Alles in Ordnung.«

»Wir unterhalten uns gerade über ihre Zukunft. Ich habe ihr gesagt, dass sie sich Zeit nehmen soll, um sich über einige Dinge klar zu werden.«

Mom lächelt Phil an, als wäre er Einstein. »Aber nicht zu lange. Ich will nicht, dass meine Tochter wird wie die Leute hier.«

Ich sinke zurück und zücke mein Handy, um mir die Zeit bis zu ihrem Abflug zu vertreiben. Manchmal ist es besser, zu schweigen.

Kapitel 3

DENVER

Zwei Stunden nach dem Treffen sitze ich immer noch vor dem Bürogebäude von Lifetime Adventures, das eher einer kleinen Hütte gleicht, und denke darüber nach, was in Luthers Büro passiert ist. Ich habe es noch nicht übers Herz gebracht, Chips Brief zu lesen.

Das Bürogebäude steht auf einem Hügel, die Aussicht ist spektakulär. Ich weiß nicht, ob sich Chip deshalb für die Location entschieden hat, aber es ist auf jeden Fall die beste Werbung für ein Unternehmen, das Outdoor-Exkursionen anbietet. Hinter dem Büro stehen drei Schuppen mit Flugzeugen, Schneemobilen und sonstiger Ausrüstung. Jetzt gehört die Hälfte davon mir.

Aber ich weiß nicht, ob ich es überhaupt will. Natürlich habe ich Cleo gesagt, dass ich es will, um sie aufzuregen, doch ich bin nicht dafür gemacht, eine Firma zu leiten. Ich arbeite nicht gern für andere Menschen, und ich mag es auch nicht, wenn andere für mich arbeiten. Ich bin gern mein eigener Boss. Und ich bin gern allein unterwegs. Das ist der Hauptgrund, warum ich Buschpilot geworden bin. Ich bestimme meine Arbeitszeiten und meine Trips.

Ich beschließe, dass es wohl keinen perfekten Zeitpunkt geben wird, um Chips Abschiedsworte zu lesen, also greife ich nach dem Umschlag auf dem Beifahrersitz und reiße ihn auf.

Denver,ich weiß, es ist total klischeehaft, wenn ich sage: Wenn du das hier liest, habe ich den Kampf verloren. Und Luther wird dich bereits darüber informiert haben, dass dir jetzt die Hälfte von Lifetime Adventures gehört und Cleo die andere Hälfte.Wir zwei haben viele Gespräche am Lagerfeuer und auf unseren Flügen über Alaska geführt. Ich weiß, wo du stehst und wie du dir dein Leben vorstellst. Und mir ist bewusst, dass dich das hier in eine Richtung führt, in die du nicht gehen wolltest. Wahrscheinlich verfluchst du mich gerade. Aber hör mir zu, bevor du deine Hälfte an Cleo überschreibst oder ihr gemeinsam beschließt, die Firma zu verkaufen.Du bist zu mir gekommen, weil du lernen wolltest, zu fliegen. Ich habe dir gesagt, du seist zu leichtsinnig, denn wir wissen beide, welchen Ruf du in Lake Starlight hast. Aber du bist immer wieder vorbeigekommen und hast angeboten, die Kosten für deine Flugstunden abzubezahlen, indem du für mich arbeitest. Du hattest so viel Ehrgeiz, und ich habe dir so viel beigebracht. Ich sehe etwas in dir, von dem ich nicht weiß, ob du es auch siehst. Du verdienst diese Chance, und ich finde, du solltest sie ergreifen.Außerdem muss ich dich um einen Gefallen bitten. Und ja, ich benehme mich jetzt wie ein überfürsorglicher Vater. Cleo ist verloren. Wie du, als du zu mir gekommen bist. Sie kennt ihren Platz in der Welt noch nicht, und ich habe das Gefühl, er könnte hier in Lake Starlight sein. Die Warmherzigkeit der Menschen hier wird ihr guttun. Aber allein wird sie es nicht schaffen. Dazu fehlen ihr noch die Fähigkeiten. Würdest du ihr also bitte helfen, wie ich dir geholfen habe?Was du in den letzten Monaten für mich getan hast, könnte ich dir niemals zurückzahlen. Danke, Denver. Du bist ein toller Mensch, und ich hoffe, du findest dein Glück, denn du hast es verdient. Guten Flug, mein Freund.In LiebeChip

P.S.: Ich möchte, dass du mit Cleo in den Norden fliegst und sie entscheidet, wo sie meine Asche verstreuen will. Sie soll einen Platz aussuchen, der ihr Herz berührt. Einen schönen Ort, den sie niemals vergessen wird. Keine Eile. Wann immer sie bereit ist. Ich gehe nirgendwohin ;)

Ich blinzle die aufsteigenden Tränen weg. Wie zur Hölle soll ich jetzt Nein sagen, alter Knabe?

Mein Handy klingelt über Bluetooth, und Savannahs Name erscheint auf dem Display der Mittelkonsole. Wahrscheinlich ist sie die Einzige, die daran gedacht hat, dass heute das Testament verlesen wurde. Ich wette, sie benutzt für jedes unserer Geschwister eine andere Farbe in ihrem Terminkalender. Wobei, inzwischen sind es zehn Farben. Noch eine für Liam, denn mein bester Kumpel ist inzwischen ihr Freund.

»Hey, Sav«, melde ich mich.

»Zum Glück habe ich dich erwischt. Ich wusste nicht, ob du heute eine Exkursion hast oder so.«

Ich trommle auf dem Lenkrad herum. Weiß sie wirklich nicht mehr, was heute war? »Nein. Es ist Winter. Außerdem macht Chip … Außerdem hat Chip in den Wochen vor seinem Tod keinen besonders guten Job gemacht und nur wenige Buchungen angenommen.«

Savannah schweigt kurz. »Tut mir leid.«

»Ich weiß.«

Es folgt eine weitere lange Pause.

»Ich wollte fragen, wann du mal wieder Zeit hast für einen Achtziger-Filmabend, aber das kann warten. Ich weiß, dass du gerade viel zu tun hast.«

»Du bist so nett«, bemerke ich skeptisch.

»Ich bin neuerdings immer nett.«

Das ist das Gute daran, dass mein bester Freund jetzt mit meiner Schwester zusammen ist. Er hat in ihr die alte Savannah zum Vorschein gebracht, die nicht alles so ernst nimmt. Die Savannah, die sie war, bevor unsere Eltern gestorben sind.

Schweigend warte ich darauf, dass sie mich nach der Verlesung des Testaments fragt.

»Allerdings muss ich jetzt weniger nett sein. Wann überweist du die Miete?«, fragt sie.

Ich wette, Phoenix hat ihren Anteil auch nicht gezahlt. »Ich weiß nicht. Ich konnte in letzter Zeit nicht fliegen, wegen der Exkursionen. Aber du weißt, dass heute sein Testament verlesen wurde, oder?«

Es folgt Schweigen.

»Scheiße, das habe ich ganz vergessen. Ich hätte bei dir sein sollen.«

Das wäre sie auch gewesen, bevor sie mit Liam zusammengekommen ist. Nicht dass das nötig gewesen wäre. Mit Luther Lloyd komme ich auch allein klar. »Schon okay.«

»Nein, ist es nicht. Ich hätte …«

»Hör auf, Sav. Du hast dein eigenes Leben. Außerdem bin ich siebenundzwanzig. Aber es gibt da etwas, worüber ich gern mit dir und Austin sprechen würde.« Meine zwei ältesten Geschwister sind meine Pseudo-Eltern. Sie werden mir bestimmt sagen, was ich tun soll.

»Okay«, erwidert sie besorgt. »Wie wäre es mit Dinner? Wir können uns irgendwo treffen. Ich rufe Austin an.«

»Klar. Achtzehn Uhr im Terra & Mare? Rome muss auch dabei sein.«

»Okay.«

»Bis später.«

»Denver?« Ihre Stimme klingt wie immer, wenn Savannah Angst hat, dass irgendwas nicht in Ordnung ist.

»Alles gut. Ich brauche nur euren Rat.«

Weitere Sekunden des Schweigens. »Dann bis heute Abend.«

»Danke.«

Wir legen auf, und ich steige aus dem Truck. Der Schnee knirscht unter meinen Füßen, während ich auf den Eingang von Lifetime Adventures zugehe. Ich rutsche, kann mich jedoch fangen, bevor ich auf meinem Hintern lande. Jetzt muss ich wieder an Cleo vorhin denken.

Vielleicht ist sie nicht die Einzige, die neue Schuhe braucht.

Viertel nach sechs betrete ich das Terra & Mare durch die Hintertür. Rome steht mit Kochjacke und -mütze in der Küche und sieht verdammt professionell aus. Manchmal kann ich immer noch nicht fassen, wie erwachsen er inzwischen geworden ist.

»Wo sind meine Lieblingsnichte und mein Lieblingsneffe?«, frage ich, klaue ein Stückchen Rind und hüpfe auf die Küchentheke.

Rome beäugt meinen Hintern und verdreht die Augen. »Sie sind oben bei Harley. Hast du vergessen, dass du sechs Uhr gesagt hast?«

Colin kommt aus dem Kühlhaus, und ich begrüße ihn mit einem Fauststoß.

»Es ist doch sechs«, erwidere ich mit vollem Mund.

»Es ist Viertel nach«, widerspricht Rome.

Ich sehe mich nach einer Uhr um. Überm Eingang zum Gastraum hängt eine. Ich zucke mit den Schultern. »Geht doch noch.«

Rome atmet genervt aus, während Colin leise lachend Paprika schneidet. Ich schnappe mir ein Stück, und er schiebt mir ein Häufchen zu. Colin ist ein guter Kerl.

»Los. Sav und Austin warten schon.« Rome nimmt sich einen Teller mit Rind und Kartoffeln. »Kommst du klar, Colin?«

»Jep«, erwidert er, und Rome sieht ihn dankbar an.

Ich springe von der Theke, klopfe Colin auf den Rücken und klaue noch ein bisschen Paprika. Ich hätte das Mittagessen nicht ausfallen lassen sollen.

Der Gastraum ist zu drei Vierteln besetzt. Meine beiden ältesten Geschwister sitzen an einem Tisch zur Straße hin und unterhalten sich.

»Was geht ab?«, frage ich und nehme neben Austin Platz.

»Sag du es uns«, erwidert er.

Savannah nippt an ihrem Wein und lehnt sich zurück. Sie sieht aus, als würde sie direkt von der Arbeit kommen. Austin trägt Jeans und Hemd, wie immer, wenn er an der Highschool Biologie unterrichtet hat. Rome stellt seinen Teller ab und geht hinüber zur Bar.

Ich sollte froh sein, dass sich meine Familie so kurzfristig Zeit nimmt. Sie sind die Einzigen, auf die ich immer zählen kann.

Rome kommt mit einem Bier für mich und einem Wasser für sich zurück. Dann verteilt er das Essen, während Savannah und Austin die Blicke auf mich richten.

»Chip hat mir die Hälfte der Firma vermacht«, platze ich heraus.

Savannah blinzelt überrascht. »Und was ist mit seiner Tochter?«

»Sie hat die andere Hälfte bekommen.« Ich nehme einen Schluck von meinem Bier.

»Oh.« Sie seufzt, nippt wieder an ihrem Wein und beäugt Austin über den Rand ihres Glases.

»Und?«, fragt Austin.

»Ich weiß nicht, was ich machen soll. Sie kommt aus einer reichen Familie, und ich weiß, dass sie mich ausbezahlen will. Und wir wissen alle, dass ich sie nicht ausbezahlen kann. Nicht, dass ich allein ein Unternehmen führen will. Ich weiß nicht mal, ob ich überhaupt eine Firma leiten will. Und schon gar nicht mit ihr.«

Rome, der inzwischen das Essen verteilt hat, ist ungewöhnlich schweigsam, legt die Serviette auf seinen Schoß und das Besteck neben seinen Teller.

»Dann lass dich von ihr ausbezahlen«, schlägt Austin vor und sieht Savannah an.

Sie zuckt mit den Schultern. »Wenn du die Firma nicht willst, dann verkauf sie ihr.«

Um ehrlich zu sein, hätte ich mit mehr Widerstand gerechnet. Jeder denkt sich seinen Teil über mich und will, dass ich mehr Verantwortung übernehme. Dass ich mehr aus meinem Leben mache. Ich dachte, das wäre vielleicht ihre Chance, mich unter Druck zu setzen.

»Rome?«, frage ich.

Er starrt mich an mit seinen Augen, die genau aussehen wie meine. »Ich weiß nicht, warum du überhaupt unseren Rat willst. Wir sind nicht diejenigen, die mit der Entscheidung leben müssen.«

Das ist nicht die Antwort, die ich von meinem Zwillingsbruder erwartet hätte. Ich verstehe ja, dass er sich verändert hat, seit er Vater geworden ist. Aber seit wann hat er keine Meinung mehr?

»Hey, wie geht’s eigentlich Holly?«, fragt Savannah aus dem Nichts. »Sie hat neulich ein wenig blass ausgesehen.«

Austin krümmt sich. »Es geht ihr gut. Vielleicht lag es an deinen Kochkünsten.« Er lacht und nimmt einen Schluck von seinem Bier.

»Sehr lustig, Vollidiot.« Sie nimmt ihre Gabel und spießt ein Stück Fleisch auf.

»Können wir jetzt bitte wieder über mich reden?«, frage ich.

Alle sehen mich an.

»Was willst du machen? Hier geht es nicht um uns. Wir können dir nicht sagen, was du tun sollst.« Austin nimmt seine Gabel und fängt an zu essen.

»Doch, könnt ihr. Was denkt ihr denn, was ich tun soll? Ich meine, Savannah, eine Firma zu leiten, ist doch scheiße, oder?«

Rome vergräbt den Kopf in seinem Essen. Was ist heute nur mit ihm los?

Austin sieht Savannah an.

Sie zuckt mit den Schultern, hört auf zu kauen und legt die Gabel beiseite. »Rome, das ist fantastisch. Kann ich was für Liam mitnehmen? Er ist noch im Laden, und ich wollte danach noch bei ihm vorbeigehen.«