Secrets of a Small Town Girl - Piper Rayne - E-Book

Secrets of a Small Town Girl E-Book

Piper Rayne

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Was, wenn aus besten Freunden plötzlich mehr wird? Juno Bailey hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Freunde und Familienmitglieder zu verkuppeln. Und endlich hat sie auch die perfekte Partnerin für ihren Sandkastenfreund Colton gefunden. Erst als Colton bereits mit der wunderschönen Französin verlobt ist, merkt Juno, dass sie selbst in ihn verliebt ist. Zwischen Anzugfittings, Tanzstunden und Kindheitserinnerungen muss sie sich entscheiden: Kann sie Colton vergessen oder soll sie um ihre Liebe kämpfen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 339

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Secrets of a Small Town Girl

Die Autorin

PIPER RAYNE ist das Pseudonym zweier USA Today-Bestseller-Autorinnen. Mehr als alles andere lieben sie sexy Helden, unkonventionelle Heldinnen, die sie selbst zum Lachen bringen, und viel heiße Action. Und sie hoffen, du liebst das auch.

Piper Rayne

Secrets of a Small Town Girl

Roman

Aus dem Amerikanischen von Cherokee Moon Agnew

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage Februar 2022© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022Die amerikanische Originalausgabe erschien 2020 unter dem Titel: Secrets of the World's Worst Matchmaker© 2020 by Piper Rayne Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic®, MünchenE-Book Konvertierung powered by pepyrus.com ISBN 978-3-95818-631-6

Emojis werden bereitgestellt von openmoji.org unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

Auf einigen Lesegeräten erzeugt das Öffnen dieses E-Books in der aktuellen Formatversion EPUB3 einen Warnhinweis, der auf ein nicht unterstütztes Dateiformat hinweist und vor Darstellungs- und Systemfehlern warnt. Das Öffnen dieses E-Books stellt demgegenüber auf sämtlichen Lesegeräten keine Gefahr dar und ist unbedenklich. Bitte ignorieren Sie etwaige Warnhinweise und wenden sich bei Fragen vertrauensvoll an unseren Verlag! Wir wünschen viel Lesevergnügen.

Hinweis zu UrheberrechtenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Epilog

Und zum Schluss noch ein wenig Einhorngeschwafel …

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 1

JUNO

Ich stehe gerade an der Bar und warte auf meine Erdbeerlimo mit Wodka, als die Gäste der Bailey-Babyparty anfangen, irgendetwas von Autos, Krankenhaus und Kindern zu brüllen.

Ich blicke über die Schulter. Mit besorgtem Gesichtsausdruck schlängelt sich Colton zwischen Tischen und Stühlen hindurch. Ich rolle mit den Augen und drehe mich wieder um. Zum Glück reicht mir der Barkeeper meinen Drink, bevor Colton bei mir ist. Ich habe erst dreimal daran genippt, als er mir den Plastikbecher aus der Hand reißt und ihn in den Müll befördert.

»Hey, dafür habe ich bezahlt«, schimpfe ich.

»Die Drinks hier sind umsonst. Savannah bekommt ihr Baby.«

»Gut zu wissen.« Er packt mich am Oberarm. Ich versuche, mich aus seinem Griff zu befreien, jedoch erfolglos. »Solltest du nicht bei deiner Verlobten sein?« Mein Tonfall klingt schnippischer als gewöhnlich.

»Sie musste in die Praxis. Mr. Beechers Hündin bekommt auch ihre Babys.«

Ich kneife die Augen zusammen. »Du bist viel qualifizierter als sie.«

Schnaubend führt er mich aus Denvers und Cleos Flugzeug-Hangar, in dem die dreifache Babyparty stattfindet, denn zwei meiner Schwestern und meine Schwägerin sind alle gleichzeitig schwanger geworden. Und mein Bruder Denver ist jetzt verlobt, was bedeutet, dass ich schon bald noch eine Schwägerin haben werde. Harley, meine andere Schwägerin, ist gerade zum vierten Mal schwanger.

»Ich habe jede Menge Schwägerinnen«, sage ich. »Sollen sie sich darum kümmern.«

Colton starrt mich an. »Du bist betrunkener, als ich dachte. Ich habe keine Ahnung, warum du mit diesem Trey Galger abhängst.« Er schüttelt den Kopf und blickt finster drein. Das tut er nur selten.

Meine Absätze bohren sich in den Kies. Kurz schwanke ich, bevor ich wieder festen Halt finde. »Guck nicht so. Du bist der, der immer lächelt. Deshalb lieben dich die Frauen.« Ich tätschle seine Wange.

Seine finstere Miene verwandelt sich in ein Lächeln, und er lockert ein wenig den Griff.

Ich spüre, wie ich torkle, und mein Kopf beginnt, sich zu drehen. »O Gott, ich glaube, mir wird schlecht.«

Colton hat mich bereits in allen möglichen Situationen erlebt. Er hat schon so oft meine Haare gehalten, dass er genau weiß, was er tun muss, damit sich die Kotze nicht darin verfängt. Was das angeht, ist er der reinste MacGyver.

»Moment.« Er führt mich zur Seite.

Als ich Grün sehe, kommt mir alles hoch, und ich übergebe mich ins Gebüsch.

»Du kannst dich bei deinem Kumpel Trey dafür bedanken, dass er dich so mit Wodka abgefüllt hat«, bemerkt er, während er tapfer meine Haare hält.

»Bring mich bitte einfach nach Hause«, murmle ich.

Meine Wange schabt über die Fensterscheibe, als sie hoch- und runtergefahren wird. Ich blinzle ein paarmal und sehe mich irritiert um. Coltons Truck steht in der Spring Street am Bürgersteig.

Die Situation war ziemlich kritisch – ich habe den Kopf aus dem Fenster gehängt wie ein hechelnder Hund.

»Du hättest mich einfach wach rütteln können«, knurre ich.

Colton lacht leise. »Wo bleibt denn da der Spaß?«

Ich seufze. Ich habe nicht mal mehr genügend Energie, um die Augen zu verdrehen.

»Nicht in meine Richtung atmen. Dein Atem ist tödlich.«

Er wedelt sich vor der Nase herum, lacht über seinen dummen Witz und steigt aus. Zehn Sekunden lang sitze ich allein in seinem Truck, bevor er die Beifahrertür öffnet. »Los! Du bist zu Hause.«

Ich setze den Fuß auf das Trittbrett und halte mich an der Stange fest, um auszusteigen. »Lass mich gefälligst los«, schimpfe ich und rudere mit den Armen.

»Meine Güte, Juno. Du bist noch angeschnallt.«

Ich blicke an mir herab und stelle fest, dass er recht hat. »Das kann jedem mal passieren.«

Er beugt sich in die Fahrerkabine, sein Hals gefährlich nahe an meinen Lippen. Ich atme den Duft seines Duschgels ein. Seinen Duft. Colton hat noch nie großartig Parfüm getragen, abgesehen von einer kurzen Phase in der Highschool, als er angefangen hat, sich für Mädchen zu interessieren. Leider wird mich der Duft des Polo-Parfüms für immer und ewig an meinen ersten Kuss erinnern.

»Hast du gerade an mir geschnüffelt?«, fragt er und löst meinen Sicherheitsgurt. Endlich verschwindet der Druck von meiner Brust.

»Nein.« Ich schüttle den Kopf und vermeide den Blickkontakt. »Komm schon, Colton. Oder willst du etwa, dass ich in deinen Truck kotze?«

Er tritt beiseite, und ich steige aus. Als sich mein Absatz irgendwo verfängt, lande ich auf dem Asphalt.

»Du bist heute wirklich in Höchstform.« Colton hebt mich hoch, als wäre ich seine Braut. Doch das bin ich nicht. Er hat schon eine Braut. Oder zumindest eine zukünftige Braut.

»Ich habe schon immer gewusst, dass du mal ein guter Ehemann sein wirst«, sage ich und streichle seine Bartstoppeln. Morgens verlässt er frisch rasiert das Haus – und abends kommt er mit einem Bart zurück, den jetzt alle Typen tragen wollen. Das ist nur eines der vielen Dinge, die ich über meinen besten Freund weiß.

Er schließt mich noch fester in die Arme. »Juno, hol die Schlüssel aus deiner Handtasche.«

Ich öffne meine Tasche und bin ein wenig enttäuscht, dass er mein Kompliment einfach ignoriert. »Ich kann sie nicht finden.« Ich wühle und wühle. »Hm.« Als ich die Handtasche umdrehe, fällt der gesamte Inhalt auf mich drauf.

Colton stöhnt. »Ernsthaft, Juno?«

»Woher sollen wir sonst wissen, ob sie da drin sind?« Ich blicke auf meinen Bauch, um die Gegenstände zu begutachten, die nicht auf den Bürgersteig gefallen sind. Und da sind sie. »Aha!« Ich greife nach dem Schlüsselbund, als hätte ich gerade einen Hundert-Dollar-Schein auf der Straße gefunden.

»Dann lass uns mal sehen, ob du ihn ins Schlüsselloch kriegst.«

Ich beuge mich weiter zu ihm. »Forderst du mich etwa heraus, Colton Stone?«

»Falls du dann den Schlüssel schneller reinkriegst und ich dich schneller loswerde, ja.«

Ich runzle die Stirn und richte meine Aufmerksamkeit auf das Türschloss. Colton versucht, mich ein wenig nach rechts oder links zu schieben, wenn ich es mal wieder um Haaresbreite verfehle. Doch schließlich schaffe ich es. Ich treffe das Schlüsselloch, und voilà – wir sind drin.

Er steigt die Treppen meines Wohnhauses hinauf und seufzt, als wir vor meiner Wohnungstür stehen. »Hoffen wir mal, dass du das zweite auch noch schaffst.«

Ich treffe bereits beim ersten Versuch und hebe grinsend die Hände.

Colton betritt mein Apartment und lädt mich sofort auf dem Sofa ab. »Sitzen bleiben. Bin gleich wieder da.«

Dann joggt er wieder die Treppe hinab. Ich schlüpfe aus meinen High Heels und gehe ins Schlafzimmer, um mich umzuziehen.

Ich habe mein Kleid gerade halb ausgezogen, als Colton hereinkommt. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst sitzen bleiben.«

Beim Anblick meines Spitzen-BHs weiten sich seine Augen ein wenig. Keine Ahnung, warum ich heute so schöne Unterwäsche angezogen habe, aber jetzt bin ich froh, dass ich es getan habe – obwohl mich Colton im Laufe der Jahre schon in weitaus weniger hübscher Unterwäsche gesehen hat.

Ich habe immer noch mit meinem Kleid zu kämpfen, denn der Reißverschluss weigert sich, zu kooperieren.

»Komm her.« Als sich der Stoff immer mehr verklemmt, gibt Colton schließlich nach und kommt auf mich zu.

Heute Abend hat er nur wenig Geduld für meine Mätzchen. Ich bin kurz davor, ihn an all die Male zu erinnern, die ich ihn gesund gepflegt habe. Wie das eine Mal, als wir beschlossen haben, mit seinem Kumpel vom College in Anchorage eine Kneipentour zu machen. Da hatte er einen Rekordkater von zwei Tagen.

Als seine Finger meine Haut berühren, verschwimmt alles vor meinen Augen. Seine sanfte Berührung und sein Duft beruhigen meine Nervosität. Wie immer.

Es ist einer der Gründe, warum ich mir geschworen habe, mit Colton niemals eine romantische Beziehung einzugehen. Warum ich ihn für immer in meinem Leben brauche und nicht nur für eine kurze Affäre. Wenn es zwischen uns nicht klappt, verliere ich ihn. Doch jetzt kommt mir das alles so sinnlos vor. Meine Eifersucht auf seine Verlobte ist wie ein lebendiges, atmendes Wesen, das sich in meinem Körper eingenistet hat. Ich beobachte, wie er an meinem Reißverschluss herumfummelt und sich der Stoff löst. Als wir einander in die Augen sehen, hält er dem Blick stand.

Ich will ihn. Ich will, dass er mir verspricht, dass ich nicht einsam sterben werde. Aber es sind nicht seine Worte, die ich will. Ich will seinen Körper auf meinem spüren. Seine Hände, die mich langsam erkunden. Seine sengenden Augen verraten mir, dass er das Gleiche denkt. Dass er mich auch will.

Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, und mein Kleid fällt zu Boden. Sein Blick wandert nach unten. Das Lodern in seinen Augen lässt mich vermuten, dass ich nun sein Interesse geweckt habe.

»Juno«, flüstert er.

Ich lege den Zeigefinger auf seinen Mund, drücke meine Lippen auf seinen Hals und bedecke seinen gesamten Kiefer mit kleinen Küssen. Ich stelle mir vor, wie es wäre, seine Bartstoppeln zwischen meinen Beinen zu spüren. Ich brauche ihn. Wenn auch nur heute Nacht.

Plötzlich packt er mich an den Oberarmen und schiebt mich von sich. »Du weißt, dass es nicht geht.«

Ich schlage die Augen auf, als hätte mich jemand aus einer Hypnose geholt.

»Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast«, murmle ich und mache einen Schritt rückwärts.

»Juno, lass uns reden. Ich meine …« Er hält inne, als ich ihm den Rücken zudrehe und unter meine Bettdecke krieche.

»Tut mir leid. Das hätte ich nicht tun sollen. Du kannst jetzt nach Hause gehen. Zu Brigette.« Die Entschuldigung ist ernst gemeint, aber das Schamgefühl, das gerade jede Zelle meines Körpers überflutet, hat komplett die Kontrolle übernommen. Ich habe mich einem verlobten Mann an den Hals geworfen. Was zur Hölle ist nur los mit mir?

Die Matratze neben meinen Füßen senkt sich. »Ich bleibe bei dir und passe auf, dass du dich nicht wieder übergeben musst.«

Ich wickle die Bettdecke fester um meinen Körper. »Geh nach Hause.«

Als ich am nächsten Morgen mit hämmernden Kopfschmerzen und verschwommener Sicht aufwache und nach meinem Handy greife, erwartet mich eine Million Sprach- und Textnachrichten von meiner Familie.

»O mein Gott!«, kreische ich, und vor meiner Schlafzimmertür ertönt ein lauter Knall.

Was zum Teufel war das?

Ich schnappe mir ein Paar Schuhe aus dem Schrank und öffne vorsichtig die Tür.

»Verdammt noch mal!« Colton kniet auf allen vieren auf dem Fußboden und ist gerade dabei, aufzustehen. Er trägt lediglich seine Boxershorts.

»Du bist geblieben?«, frage ich und krümme mich, denn meine Stimme bringt mein Gehirn zum Vibrieren. Mein Blick wandert über seine Brust und seinen durchtrainierten Bauch.

»Ich wollte dich in dieser Verfassung nicht allein lassen«, erwidert er, greift nach seiner Hose und schlüpft hinein.

»Ich muss los. Sie haben alle ihre Babys bekommen.« Ich lasse ihn stehen, gehe wieder ins Schlafzimmer und hole eine Yogahose und ein Sweatshirt hervor.

»Findest du nicht, dass du zuerst duschen solltest?« Als ich aus dem Schlafzimmer komme und nach meiner Handtasche greife, mustert er mich von Kopf bis Fuß. »Du siehst aus, als wärst du von einem Sattelschlepper überfahren worden.«

Ich verenge die Augen zu Schlitzen. »Wie nett von dir. Hast du Brigette so dazu gebracht, deinen Heiratsantrag anzunehmen?«

Schweigend senkt er den Blick. Ich gehe ins Badezimmer, um mir wenigstens die Zähne zu putzen. Er kommt herein und nimmt mir die Flasche mit dem Mundwasser aus der Hand. Als wir gleichzeitig ins Waschbecken spucken, treffen sich unsere Blicke nur ganz kurz, doch es ist, als würde man den Badewannenstöpsel ziehen. Die Erinnerungen an gestern Nacht kommen zurück.

Ich versuche, die Fetzen in eine chronologische Reihenfolge zu bringen. Die Drinks. Die Säure der Limonade, die noch immer in meinem Hals brennt. Er verlässt das Badezimmer, während ich versuche, mich an noch mehr zu erinnern. Seine Hände auf meinem Körper, als er mir mit dem Kleid geholfen hat. Mein Mund auf seiner Haut. Scheiße.

Als ich aus dem Bad komme, sehe ich, wie er auf seinem Handy herumtippt. Bestimmt schreibt er Brigette und erklärt ihr, warum er gestern Nacht bei mir bleiben musste. Wahrscheinlich denkt sie sich nichts dabei, denn sie sieht mich nicht als Gefahr. Schließlich bin ich nur Coltons beste Freundin. Sie vertraut mir. Und ich habe ihr und Coltons Vertrauen gestern Nacht missbraucht.

Fuck, Juno. Reiß dich gefälligst am Riemen.

Er schiebt sein Smartphone in die Hosentasche. »Ich fahre dich zum Krankenhaus.«

»Ich kann selbst fahren.« Ich will meine verwirrenden Gefühle für Colton einfach ignorieren. Und das geht nur, wenn ich nicht mehr in seiner Nähe bin.

»Sie sind quasi auch meine Geschwister. Ich will die Babys auch sehen.« Er öffnet mir die Tür.

Ich habe nicht vor, so zu tun, als könnte ich mich an gestern Nacht erinnern. Aber irgendwann wird mich Colton darauf ansprechen. Hoffentlich erst, wenn ich mir eine exzellente Ausrede habe einfallen lassen.

Kapitel 2

JUNO

Eine Woche später …

»Tut mir leid, alles ausverkauft«, sagt Greta. Ihre Schürze ist mit Glasur beschmiert – der Beweis dafür, dass sie einen wirklich anstrengenden Morgen hatte. Sie backt nur eine bestimmte Menge, und wenn sie ausverkauft ist, dann ist sie eben ausverkauft.

Partnervermittler vertrauen ihrem Bauchgefühl. Ich hätte auch auf meines hören sollen, als ich heute Morgen mit einem flauen Gefühl im Magen aufgewacht bin. Ich hätte mir die Decke über den Kopf ziehen, mich zusammenrollen und für den Rest des Tages vergessen sollen, dass da draußen noch etwas anderes existiert. Doch mein schlecht laufendes Business, gepaart mit Versagensangst, hat mich schließlich aus dem Bett getrieben.

Jetzt stehe ich vor der leeren Theke von Sweet Suga Things, die eigentlich mit Donuts gefüllt sein sollte. Wahrscheinlich hätte ich schon vor einer Stunde hier sein müssen.

»Dein Bruder hat eine ganze Ladung für den Highschool-Wissenschaftsklub mitgenommen«, erklärt Greta.

Austin, denke ich mürrisch. Statt Greta meine Verärgerung zu zeigen, lächle ich und begutachte die Auslage. »Schon okay. Ich finde bestimmt etwas anderes.«

Heute kommt ein potenzieller neuer Kunde vorbei. Da will ich einen professionellen Eindruck machen. Ich dachte, ein paar süße Teilchen und Kaffee von Brewed Awakenings könnten ihn bestimmt dazu bringen, auf der gepunkteten Linie zu unterschreiben.

Während ich die Cookies begutachte, höre ich, wie jemand hinter mir meinen Nachnamen erwähnt. Um genau zu sein, sind es zwei Personen, die sich über meine Familie unterhalten. Vorsichtig linse ich über die Schulter und entdecke zwei ältere Damen in Grandma Doris Alter an einem Tisch sitzend.

»Drei von ihnen haben gerade Babys bekommen. Eine von ihnen ist mit ihrem vierten Kind schwanger. Sie ist jetzt sechsfache Urgroßmutter«, sagt die eine.

»Sie muss sehr erschöpft sein«, erwidert die andere.

»Du kennst doch Dori. Je mehr Kinder, desto mehr kann sie angeben«, fährt die erste Dame fort.

Haben sie mich denn nicht bemerkt, als ich hereingekommen bin?

»Sie tut, als wären sie alle so perfekt. Selbst oben in Fairbanks habe ich Geschichten über die Zwillingsjungen gehört. Führen immer etwas im Schilde.«

»Nun.« Die Erste senkt die Stimme. »Ich habe gehört, dass inzwischen alle bis auf drei in festen Händen sind. Selbst diese Phoenix lebt mit irgendeinem erfolgreichen Musikproduzenten aus L.A. zusammen.«

»Meine Tochter hat mir davon erzählt …«

Gretas erwartungsvoller Blick bringt mich dazu, nicht weiter dem Gespräch der beiden Damen zu lauschen, die meinen, meine Familie würde sie etwas angehen.

»Zwei davon und drei davon.« Wahllos deute ich auf irgendwelche Cookies. »Und füll den Rest mit denen hier auf.«

Gretas Blicke folgen meinem Finger. Dann schnappt sie sich eine Schachtel und eine Serviette und macht sich an die Arbeit.

»Und was gibt es sonst noch Neues?«, fragt die zweite Dame.

»Colton Stone ist verlobt.«

Mein Herz zieht sich schmerzvoll zusammen. Wer sind diese Frauen? Und warum sehen sie nicht, dass ich direkt hier an der Theke des kleinen Ladens stehe?

»Leta Stones Enkel?«, fragt die eine.

»Du weißt, dass sie verstorben ist, oder? Inzwischen ist es zehn Jahre her.«

Ich denke an den Herbsttag. Wie ich auf die Blumen gestarrt habe, um nicht an meine Eltern zu denken, während der Pastor davon gesprochen hat, was für ein toller Mensch Coltons Großmutter gewesen sei und dass wir sie alle in guter Erinnerung behalten sollten.

»Oh, das habe ich ganz vergessen. Es ist schon so lange her, dass ich hier gewesen bin«, sagt die zweite Dame.

»Er ist mit einer französischen Tierärztin verlobt, die bei Dr. Murphy ein Praktikum macht.«

Wieder fühlt es sich an, als würde sich eine Faust um mein Herz legen. Französisch, wunderschön, intelligent – und noch so viel mehr, was ich nicht bieten kann. Ich bin sicher, sie wäre rechtzeitig hier gewesen, um ein paar Donuts zu ergattern.

Bevor ich mich umdrehen kann, um die Damen genauer zu begutachten, ertönt die Türglocke. Grandma Dori betritt das kleine Café, als würde es ihr gehören. Das liebe ich so sehr an ihr – dass sie tut, was sie will, ungeachtet der Konsequenzen. Sie hat genauso viel Schmerz erfahren wie wir. Sie hat ihren Ehemann und ihren Sohn verloren, trotzdem lebt sie für ihre neun Enkelkinder.

»Juno!«, ruft sie freudig.

Ich drehe mich um und werfe den Damen zu meiner Rechten einen Blick zu. Sie werden bleich wie zwei Tratschtanten, die in der Kirche vom Pastor beim Lästern erwischt wurden.

»Hi, Grandma«, sage ich.

Sie nimmt mich fest in die Arme. So fest drückt sie mich, seit Colton vor sechs Monaten seine Verlobung bekannt gegeben hat. Sie, meine ganze Familie und wahrscheinlich der Großteil der Stadt denken, ich hätte ein gebrochenes Herz. Nun, vielleicht habe ich das sogar, aber ich habe einen Doktortitel in Verdrängung und weiß, wie man ein Lächeln aufsetzt, um ihr zu versichern, dass es mir gut geht.

»Ich wollte nach einem Kaffee mit meinen Freundinnen bei dir vorbeikommen.« Sie deutet auf die zwei Frauen. »Komm, und sag Hallo.« Sie will mich in ihre Richtung zerren, doch ich bleibe stehen.

»Lass mich zuerst bezahlen«, sage ich.

Sie lässt mich los, also gehe ich zur Kasse, während sich Grandma Dori zu den Frauen an den Tisch gesellt. Ich höre, wie sie sich mit »Es ist viel zu lange her« und »Ich habe dich vermisst« begrüßen.

»Danke, Greta.« Ich nehme die kleine Schachtel entgegen.

Grandma Dori ist gerade beschäftigt. Vielleicht könnte ich mich einfach davonschleichen. Unter den Konsequenzen müsste ich dann später leiden, aber vielleicht wäre es das wert. Aber will ich wirklich, dass Grandma Dori in das Treffen mit meinem neuen potenziellen Klienten platzt? Die Antwort lautet: Nein, verdammt. Ich schätze, ein höfliches »Hallo« und »Auf Wiedersehen« genügt.

»Juno!« Grandma Dori erspäht mich mit ihrem Falkenblick bereits aus dem Augenwinkel.

»Hi, Grandma.«

Die erste Dame kommt mir bekannt vor, doch ich kenne ihren Namen nicht. Die zweite Frau mustert mich mit zusammengezogenen grauen Augenbrauen.

»Das ist meine gute Freundin Nelly aus Fairbanks. Sie ist in Lake Starlight aufgewachsen, aber weggezogen, als du … nun ja.« Grandma Dori sieht Nelly nach Bestätigung suchend an.

»Damals hattest du erst ein paar Enkelkinder.« Alle drei fangen an zu lachen.

»Ja, ich schätze, du bist seit Jahrzehnten weg, nicht erst seit Jahren«, sagt die andere Frau und streckt mir die Hand entgegen. »Ich bin Willa. Wir waren Highschool-Freundinnen.« Mit dem Zeigefinger deutet sie zwischen ihnen hin und her.

Ich schüttle ihre Hand. »Ich bin Juno Bailey.«

»Bist du die, die mit dem Tätowierer verheiratet ist?«, fragt Nelly.

»Nein, das ist Savannah.«

Sie nickt. »Die, die mit dem Millionär aus New York verheiratet ist?«

Grandma Dori kichert. Ihr Stuhl rückt über den Boden, und sie greift nach mir, bevor ich die Flucht ergreifen kann. »Juno ist unsere Partnervermittlerin.«

Sie würde nicht stolz den Arm um mich legen, wenn sie wüsste, dass ich diesen Monat noch keine Miete bezahlt habe.

»Interessant«, erwidert Nelly in einem Tonfall, den ich auch erwarten würde, wenn Grandma erzählt hätte, ich würde Tarotkarten legen, mit einem riesigen Neonschild am Wegesrand.

Willa starrt mich unentwegt irritiert an. »Ich hätte nie gedacht, dass du eine Bailey bist. Dori, woher kommen die roten Haare?«

Ich schnappe nach Luft und lächle trotzdem weiter. Diese Frage quält mich schon mein ganzes Leben lang. Die Leute fragen mich ganz unverfroren, ob ich adoptiert wurde, ob ich mir die Haare färbe, oder noch schlimmer, ob ich ein Pflegekind bin, das die Baileys bei sich aufgenommen haben. Dass ich meinen Geschwistern kein bisschen ähnlich sehe, ist so etwas wie ein Running Gag. Dank des Films Im Dutzend billiger nannte man mich ein ganzes Jahr lang FedEx, als ich elf war. Irgendwie spüre ich immer noch eine Verbindung zu Mark Baker aus dem Film. In einer Großfamilie das rothaarige Kind zu sein, ist echt beschissen.

Grandma Dori lächelt mich liebevoll an. So lächelt sie immer, wenn sie weiß, dass jemand in einer offenen Wunde bohrt. Austin schenkt sie dieses Lächeln, wenn die Leute über Baseball reden. Bei Savannah lächelt sie so, wenn die Leute sie mit unserem Dad vergleichen, was die Führung von Bailey Timber betrifft. Jeder von uns hat seine ganz eigene Liste.

»Die roten Haare kommen von Beths Seite, meiner Schwiegertochter«, erklärt Grandma Dori. »Und Partnervermittlung liegt ihnen auch im Blut. Nicht wahr, Juno?«

Ich lächle meine Großmutter an und sage meinen auswendig gelernten Text auf. »Die Familie meiner Mutter blickt auf eine lange Linie von Partnervermittlerinnen zurück. Meine Tante Etta war sogar dafür bekannt, berühmte Schauspielerinnen und Schauspieler miteinander zu verkuppeln. Caster haben sie engagiert, um herauszufinden, zwischen wem die beste Chemie herrscht, bevor sie einen Film besetzt haben.«

»Das ist Ewigkeiten her. Das war in den Vierzigern oder Fünfzigern«, wirft Grandma Dori ein.

Weder Nelly noch Willa scheinen an den Beruf des Partnervermittlers zu glauben, doch sie lächeln höflich – genau wie ich.

»Und mit wem bist du verheiratet, Liebes?«, fragt Nelly.

Nun, vielen Dank, Nelly. Leg mich doch einfach auf den Tisch, und schlitz mich auf.

»Sie ist noch nicht verheiratet. Aber wenn ich in meine Kristallkugel blicke, dann sehe ich, dass ihr Mann fürs Leben jederzeit um die Ecke kommen könnte.«

Als die Glocke über der Tür erklingt, drehen wir uns alle um, als wäre Grandma eine Wahrsagerin. Herein kommt Colton, mein bester Freund und der Mann, der in meinen Sexfantasien die Hauptrolle spielt. Kurz kneife ich fest die Augen zu. Ich kann das jetzt nicht in Grandma Doris Gegenwart.

»Grandma«, sage ich und seufze laut. Sie muss ihn mal wieder aus dem Augenwinkel gesehen haben.

Colton entdeckt uns auf dem Weg zum Tresen. »Hallo, die Damen.« Er nickt uns zu wie ein echter Gentleman.

Sein dunkles Haar ist perfekt gestylt, er ist frisch rasiert, das Hemd hat er in die Hose gesteckt, und er trägt keine Krawatte. Wenigstens trägt er nicht seinen Arztkittel mit dem aufgestickten Namen. Der ist in letzter Zeit schon viel zu oft in meinen Träumen aufgetaucht. Dann wendet er sich Greta zu, um seine Bestellung aufzugeben. Sein Hintern sieht in den gut sitzenden Kakis wirklich zum Anbeißen aus. Sogar Willa schmachtet ihn an.

»Ich sollte jetzt besser los.« Ich gebe Grandma Dori einen Kuss auf die Wange und wende mich den beiden Damen zu. »Es war sehr schön, Sie kennenzulernen.«

Sie verabschieden sich von mir, doch ihre Blicke bleiben auf Colton gerichtet.

Willa berührt meinen Arm. »Wenn du mir so einen Typen besorgen kannst, unterschreibe ich einen Vertrag bei dir.«

Kurz verschwindet mein Lächeln. O Willa, es gibt so viele Frauen, die Colton an die Wäsche wollen. Und ich sollte dich lieber warnen. Ich mache meinen Job nicht sonderlich gut.

»Man weiß nie, zu wem man passt«, scherze ich.

»Ich komme später bei dir vorbei«, sagt Grandma.

Mein Gott, ich bin nur geblieben und habe mich von ihren Freundinnen begutachten lassen, damit sie nicht bei mir vorbeikommt.

»Ich habe gehört, Harley geht es nicht so gut«, lüge ich.

Sie nickt und kneift ein wenig die Augen zusammen. »Dann sehe ich lieber nach, ob sie Hilfe mit den Kindern braucht.« Sie richtet den Blick auf ihre Freundinnen. »Harley ist Romes Frau. Drei Kinder und ein viertes ist unterwegs. Ich liebe es, Urgroßmutter zu sein. Sie brauchen mich so sehr.«

Kichernd gehe ich in Richtung Tür.

»Juno, warte«, ruft mir Colton hinterher, als meine Hand bereits auf dem Türknauf liegt.

Ich habe überhaupt nicht versucht, mich davonzuschleichen. Ich meine, wenn er mit mir reden will, weiß er, wo er mich findet. Mein Büro ist nur einen Block von der Tierarztpraxis entfernt.

»Ich dachte, du hättest es eilig.« Mein Blick fällt auf die beiden Kaffeebecher in seinen Händen. Einer für ihn, einer für Brigette, die französische Göttin. Als ich die Tür aufdrücke, sagt er die Worte, vor denen ich mich fürchte, seit ich mich auf der Babyparty letzte Woche so abgeschossen und mich zum Affen gemacht habe.

»Ich glaube, wir sollten reden.«

Natürlich findet er, dass wir reden sollten. Wir sind das exakte Gegenteil voneinander. Er will immer über alles reden. Und ich kehre lieber alles unter den Teppich.

Kapitel 3

COLTON

Ich habe Juno eine Woche Zeit gegeben, und trotzdem versucht sie, sich hinter meinem Rücken davonzuschleichen.

Wenigstens hält sie mir jetzt die Tür auf. Mit den Kaffeebechern in den Händen trete ich ins Freie und schließe zu ihr auf. Ich war gerade auf dem Weg in die Tierklinik, als ich sie bei Sweet Suga Things entdeckt habe. Es ist an der Zeit, dass wir darüber reden, was passiert ist.

Ohne ein Wort gewechselt zu haben, erreichen wir SparkFinder, Junos Partnervermittlungsagentur. Sie klemmt sich die Schachtel von der Bäckerei unter den Arm und kramt nach ihren Schlüsseln. Normalerweise hätte sie die Box einfach mir gegeben, und ich hätte zugesehen, wie ich sie und zwei Kaffeebecher jonglieren kann. Ich schätze, zwischen uns ist es immer noch seltsam.

Sie knipst in dem kleinen Büro das Licht an. Hier drin stehen ein Schreibtisch und ein paar Stühle. Keiner muss hier lange warten, bis er an der Reihe ist, denn in der Regel vergibt Juno Termine. Es gibt noch ein Hinterzimmer für sogenannte offene Ausschreibungen, zu denen jede und jeder kommen kann, um sich mit einem bestimmten Junggesellen oder einer Junggesellin matchen zu lassen.

Juno war nur zwei Jahre auf dem College, bevor sie herausgefunden hat, was ihre wahre Bestimmung ist – und die wurde ihr von ihren Vorfahrinnen weitergegeben. Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass sie mit der Gabe geboren wurde, Menschen miteinander zu verkuppeln. Mit der Gabe, sofort zu wissen, wer die goldene Hochzeit erreicht und wer nicht mal das erste Date übersteht. Und das nur, weil sie die gleiche Haarfarbe hat wie ihre Tante Etta. Ich habe sie jahrelang damit aufgezogen, doch eines Tages habe ich sie nach dem Biologieunterricht herausgefordert, als es um rezessive und dominante Gene ging. Das ist eines der vielen Dinge, die ich an Juno liebe. Dass sie nicht auf rationale Erklärungen hört, wenn sie fest an etwas glaubt. Sie denkt, ich würde nicht den wahren Grund kennen, warum sie sich so an ihren Stammbaum klammert. Doch das tue ich.

»Es tut mir leid«, sagt sie zu der rosafarbenen Schachtel statt zu mir, stellt sie ab und öffnet sie.

»Es muss dir nicht leidtun.« Ich nehme einen Schluck von meinem Kaffee.

»Du machst wohl Witze.« Niedergeschlagen senkt sie das Kinn auf die Brust.

Sie hat ihre Schwierigkeiten mit der Familiendynamik der Baileys. Wenn das, was in dieser Schachtel ist, ihr dabei hilft, mal alles rauszulassen, dann rufe ich gern Dr. Murphy an und sage ihm, dass ich fünfzehn Minuten später komme.

Doch sie dreht sich weg und beißt einem Keks-Dinosaurier den Kopf ab. »Greta dachte bestimmt, dass die Cookies für Harley sind.«

Ich werfe einen Blick in die Schachtel und entdecke Kekse in Form von Dinos, Blumen und Babyrasseln. »Für wen sind sie denn?«

Sie setzt sich an ihren Schreibtisch und tut, als würde sie einen Papierstapel durchsehen, von dem ich weiß, dass es sich um die Profile ihrer Klienten handelt. »Für einen neuen Kunden.«

»Rollst wohl den roten Teppich aus, was? Was ist mit dem Wasser und den Chips oder den Crackern, die du deinen Kunden für gewöhnlich anbietest?« Ich wollte nur lustig sein, doch sie lacht nicht.

»Ich will ihn wirklich als Klienten, also dachte ich, ich mache ihm ein wenig den Hof, damit er heute unterschreibt.«

»Wenn er schlau ist, wird er unterschreiben.«

Wenigstens können wir uns noch unterhalten.

Sie blickt auf und lächelt. Sie trägt heute mehr Make-up, und ihr Haar ist lockiger als sonst. Dieser Klient scheint wirklich wichtig zu sein. »Ich hätte das nicht tun sollen. Ich habe dich in eine fürchterliche Situation gebracht.«

Ich schüttle den Kopf. »Schon in Ordnung. Wirklich.«

Sie nickt. »Es war Brigette gegenüber nicht fair. Es ist nur …«

Ein großer Teil in mir will, dass sie fortfährt. Dass sie mir sagt, warum sie mich neulich unbedingt küssen wollte. Doch der andere Teil, der Teil, der weiß, dass ich diesem Gedanken nicht nachgeben darf, sagt mir, dass es gut ist, dass die Worte ungesagt bleiben. »Es ist okay, Juno. Ich werde ihr nichts davon erzählen. Wir müssen uns noch an die neue Situation gewöhnen.«

Eine neue Situation, die ich verursacht habe.

»Freunde?«, fragt sie lächelnd.

»Immer.«

Sie atmet tief durch und blickt auf die Uhr, deren Ticken das einzige Geräusch im Raum ist.

»Oh, bitte schön.« Ich stelle ihr einen von den beiden Kaffeebechern hin. »Ich gehe jetzt besser. Rhys kommt heute mit seinem neuen Hund vorbei.«

»Du musst mir nicht Brigettes Kaffee geben, nur weil ich aufgewühlt bin.« Sie greift nach dem Becher und hält ihn mir entgegen.

Warum habe ich nicht bedacht, dass Brigette einen Keil zwischen uns treiben würde? »Der Kaffee ist für dich.«

»Oh.« Sie nippt daran, als bräuchte sie dringend Koffein, um zu überleben. »Danke.«

Ich nicke. »Brigette mag nur den Kaffee von Brewed Awakenings. Sie meint, er komme dem französischen Kaffee am nächsten.«

Ihr kleines Lächeln verschwindet. »Ich sollte mich nun lieber auf meinen Klienten vorbereiten.«

»Wie wäre es mit Mittagessen? Morgen?«

»Klar. Schreib mir. Sorry, ich muss ganz dringend aufs Klo.« Sie stellt ihren Kaffee ab und steht auf. »Einen schönen Tag noch.«

Dann fällt die Badezimmertür zu.

Normalerweise würde ich die Tür jetzt aufreißen und sie auf den Blödsinn ansprechen, den sie da redet, aber da ich der Grund bin, warum sie mich nicht ansieht, gehe ich lieber.

»Bonjour«, sagt Brigette, als ich durch die Hintertür der Tierklinik Vier Pfoten trete. Sie trägt bereits ihren weißen Kittel und hält einen Kaffeebecher von Brewed Awakenings in der Hand.

»Guten Morgen.«

Sie sitzt an dem kleinen Tisch im Pausenraum, während ich zu meinem Spind gehe, um ebenfalls meinen Arztkittel anzuziehen.

»Du wirkst irgendwie niedergeschlagen«, meint sie.

Ich schüttle den Kopf. Sie muss nicht wissen, dass ich ein schlechtes Gewissen habe, weil meine beste Freundin nicht mit der Tatsache zurechtkommt, dass ich heiraten werde. Sie kommt so wenig damit zurecht, dass sie vor einer Woche beschlossen hat, dass sie mich will. Ich habe ihr im Laufe der Jahre immer wieder offen meine Gefühle gezeigt, doch sie hat mich immer abgeblockt. Ich habe verstanden, warum sie nur mit mir befreundet sein will, doch das hat es für mich nicht einfacher gemacht. Aber ich habe auch schon dumme Sachen getan, wenn ich sie mit einem anderen gesehen habe. Kann ich es ihr also verübeln? Nein.

»Alles gut. Liegt nur am Montag.« Ich schlüpfe in den Kittel und schließe den Spind.

»Sicher? Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst.«

Brigette kennt die Situation mit Juno. Sie würde es verstehen, wenn ich mit ihr darüber sprechen würde. Aber ich glaube, sie würde sich dann auch schlecht fühlen. Im Moment will ich mich einfach in die Arbeit stürzen.

»Schon okay. Bist du bereit für den Tag?«, frage ich.

Sie nickt und nippt an ihrem Kaffee. Ich greife nach meinem Becher, und gemeinsam gehen wir zum Empfangstresen. Hillary, die Tierarzthelferin, bereitet gerade den Papierkram vor.

»Guten Morgen, Hillary. Morgen, Lori«, sage ich zu Hillary und unserer Empfangsdame Lori, Dr. Murphys Schwester.

»Guten Morgen, ihr zwei Turteltäubchen.« Hillary zwinkert uns zu.

Brigette hakt sich bei mir unter, stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst mich auf die Wange. »Ich befürchte, mein Verlobter leidet unter einem schrecklichen Fall von Montag.«

Sie lachen beide, denn Brigette ist gerade dabei, amerikanische Filme nachzuholen. Ich habe eine Liste mit meinen Lieblingsfilmen erstellt, und jedes Mal, wenn sie einen davon sieht, merkt sie sich ein Zitat.

»Alles Routine.« Wir blicken auf und entdecken Rhys, der in dem kleinen Empfangsbereich steht. »Ich glaube, du hast meinen Tacker.«

Jetzt müssen wir alle lachen. Rhys arbeitet als Tätowierer bei Smokin’ Guns, das Junos Schwager Liam gehört.

»Hey, Rhys.« Ich lege die Hand auf Loris Schulter. »Tut mir leid, ich habe ganz vergessen, dir zu sagen, dass Rhys heute Morgen vorbeikommt. Wir haben uns am Wochenende zufällig getroffen. Er hat einen Hund adoptiert.«

»Okay, dann müssen Sie noch ein Formular ausfüllen.« Lori erhebt sich von ihrem Stuhl und greift nach einem Klemmbrett. »Hätte ich gewusst, dass Sie kommen, hätte ich es schon vorbereitet. Dann müssten Sie es nicht ausfüllen, während Sie gleichzeitig versuchen, Ihren Hund festzuhalten.«

Lori zeigt unserem neuesten Kunden direkt ihr neurotisches Verhalten. Doch sollte Dr. Murphy irgendwann in Rente gehen, ist es bestimmt Teil der Vereinbarung, dass ich sie übernehme.

»Ich passe so lange auf ihn auf.« Brigette nippt noch einmal an ihrem Kaffee, wirft dann den Becher in den Müll und schiebt mich beiseite. Ich habe noch nie erlebt, dass sie ihren Kaffee nicht austrinkt – bis auf einmal, als ich sie zu Lard Have Mercy ausgeführt habe. Sie lebt für Kaffee.

»Oh, das wäre großartig.« Jetzt, da sie auf der anderen Seite des Fensters steht, mustert Rhys sie von Kopf bis Fuß.

Brigette ist wunderschön. Sie hat jahrelang getanzt, bevor ihr bewusst wurde, dass Tiere ihre wahre Leidenschaft sind. Sie machte Urlaub in Alaska und beschloss, hier zur Schule zu gehen, schon allein, um zu sehen, wie es ist, in Alaska zu leben. Sie ist eine Frau mit einer Liste mit Dingen, die sie tun will, was mir ein wenig Angst bereitet, denn ich habe keine Liste. Ich wurde in Lake Starlight geboren und habe nichts dagegen, auch hier zu sterben. Doch sie schwört, dass sie es hier liebt, also bleibt mir nichts anderes übrig, als ihr zu vertrauen.

»Rhys, das ist meine Verlobte, Brigette«, stelle ich die beiden einander vor. Sofort reißt Rhys den Blick von ihren Brüsten los und sieht ihr stattdessen in die Augen.

Manchmal zeigt sie tatsächlich ganz schön viel De­kolleté. Dr. Murphy hat mir gesagt, dass Lori es nicht gutheißt, und mich gebeten, mit Brigette zu sprechen, jetzt, da wir verlobt sind. Doch ich würde mich lieber von einem Truck überfahren lassen, als einer Frau zu sagen, dass eine andere Frau ihren Kleidungsstil nicht mag.

Ich höre nur, wie Brigette flötend den neuen Hund namens Clyde bestaunt, also spähe ich über den Tresen, um zu sehen, um welche Rasse es sich handelt. Normalerweise kann ich ziemlich gut voraussagen, wer sich welchen Hund aussucht. Dass sich Austin, Junos großer Bruder, einen Husky geholt hat, passt zu ihm. Austin liebt die Natur, da liegt es nahe, dass er einen Hund wollte, der es ebenfalls liebt, draußen unterwegs zu sein. Junos Schwester Brooklyn hat einen Husky-Corgi-Mix namens Gizmo. Man muss sie und ihren Mann Wyatt nur einmal kurz sehen, um genau zu wissen, dass sie Taschenhunde-Menschen sind. Nichts allzu Großes, das ohnehin nur ihre teure Einrichtung zerstören würde.

Ich hätte erwartet, dass sich Rhys einen Labrador oder einen Golden Retriever zulegt. Einen großen Hund, der viel Bewegung braucht. Keine Bulldogge, die gerade Brigettes Kittel vollsabbert. Der Name Clyde passt perfekt zu ihm, aber es überrascht mich, dass sich Rhys einen so faulen Hund ausgesucht hat.

Rhys füllt das Formular zügig aus und gibt es Lori zurück. Doch statt mich in den Behandlungsraum gehen zu lassen, damit ich den kleinen Kerl untersuchen kann, besteht Lori darauf, zuerst einen Ordner anzulegen. Also warten wir, bis sie den Ordner mit einem Farbcode und Aufklebern versehen und die Daten in den Computer eingetippt hat. Versteht mich nicht falsch. Sie ist gut organisiert, aber total unflexibel.

Schließlich reicht sie Hillary den Ordner und sieht mich mit ihren dunklen Augen an. »Sie bekommt ihn zuerst.«

Ich hebe die Hand. »Hillary, lass es mich wissen, wenn du fertig bist.«

Ich gehe, bevor ich etwas sage, das ich später bereuen werde. Etwas, das Dr. Murphy dazu verleiten könnte, ein ernstes Gespräch mit mir zu führen. Etwas, das meine Übernahme der Praxis aufs Spiel setzen könnte.

»Dauert nur ganz kurz.« Hillary lächelt und öffnet die Tür zum Wartezimmer. »Hereinspaziert, Clyde.«

»Ich glaube, er ist verliebt«, sagt Rhys.

Ich werfe einen Blick über die Schulter und sehe, wie sich Clyde an Brigettes große Brüste schmiegt. Ich lache schnaubend, denn ich bin ziemlich sicher, dass das, was Brigette zu bieten hat, nicht nur Clyde gefällt.

Kapitel 4

JUNO

Ich sitze an meinem Schreibtisch und gehe die Akten der Damen durch, die in den letzten Monaten bei mir waren, und sortiere die aus, die zu meinem neuen potenziellen Klienten passen könnten, basierend auf den wenigen Informationen, die ich am Telefon von ihm bekommen habe.

Aber ich kann mich nicht konzentrieren. Meine Gedanken wandern immer wieder zu dem Morgen mit Colton. Dem Mann, den ich beinahe so lange kenne, wie ich meinen Vater gekannt habe. Colton ist mein Fels in der Brandung, der Mensch, auf den ich mich immer verlassen kann – und seine bevorstehende Hochzeit wird alles verändern. Er wird nicht mehr mit Suppe vorbeikommen, wenn ich krank bin, nicht mehr mit mir abhängen, wenn ich deprimiert bin, mich nicht mehr anrufen, wenn er über etwas reden will. Wir werden am ersten schönen Frühlingstag keine Roadtrips mehr unternehmen. Oder gemeinsam die Schulhymne schmettern und die Rams bei ihrem Footballspiel anfeuern. Das wird er in Zukunft alles mit ihr machen.

Die Türklingel reißt mich aus dem Loch, in dem ich feststecke, seit er seine Verlobung bekannt gegeben hat. Ein großer attraktiver Mann mit Grübchen, die bestimmt die meisten Frauen zum Sabbern bringen, steht in meinem Büro. Mich haben schon einige schöne Frauen aufgesucht, weil sie das Gefühl haben, immer wieder denselben Typ Mann anzuziehen, aber solche Männer wie er sind in meinem Büro wie Einhörner.

»Hi.« Ich stehe auf und gehe mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »Juno Bailey, Ihre Partnervermittlerin.«

Er schüttelt mir die Hand, und ich mache mir eine gedankliche Notiz: kräftiger Händedruck, weiche Haut, nettes Lächeln. »Hallo. Ich bin Jason Graham.«

»Schön, Sie kennenzulernen. Bitte, nehmen Sie sich doch einen Keks. Stören Sie sich nicht daran, dass die so kindisch aussehen. Eine Verwechslung in der Bäckerei. Möchten Sie etwas trinken?«

Er mustert die Schachtel und schüttelt den Kopf. Ein Kerl wie er hält sich bestimmt fern von raffiniertem Zucker und hatte heute Morgen nach seinem Work-out schon einen Proteinshake. Denk nach, Juno. »Nein, danke.«

»Setzen Sie sich doch.« Ich deute auf den Sessel vor meinem Schreibtisch.

»Nettes Büro. Ich bin nicht sehr oft in Lake Starlight.«