Coralee und der seelenfressende Fußball - Mira Lindorm - E-Book

Coralee und der seelenfressende Fußball E-Book

Mira Lindorm

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Beschreibung

Das Fußball die Menschen verrückt macht, ist auch im Feenland bekannt. Dass er – direkt oder indirekt – sie auch manchmal umbringt, ist ebenfalls nichts Neues. Das er aber zugleich ihre Seelen frisst, das ist neu! Nicht, dass F.E.U. sich an ein paar verschwundenen Menschenseelen stören würde … Allerdings wird dieser Fußball zur Chefsache, als des Chefs unehelicher Sprössling davon betroffen wird. Denn der Chef ist kein Mensch. Eine verschwundene nichtmenschliche Seele aber ist inakzeptabel. Und wem überträgt besagter Chef die Drecksarbeit im Fußballstadion? Genau, Coralee!

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Coralee und der seelenfressende Fußball

F.E.U. Band 3

Mira Lindorm

 ©Mira Lindorm 2023   

Machandel Verlag
Neustadtstr.7, 49740 Haselünne

Cover und Illustrationen: Elena Münscher mit Bildmaterial von Dolimac/MemoAngeles/shutterstock.com Coverbild der Vorschau: Dolimac/funnybear36/shutterstock.com

Informationen zum Buch: 

Alle Personen sind frei erfunden, genauso wie die ganze Fantasy-Geschichte. Coralee gehört zum Dunklen Hof der Feen und benimmt sich entsprechend. Sie hat nichts gegen eine handfeste Rauferei (sowohl in einer Bar als auch im Bett), trinkt, flucht, betrügt, zaubert, was immer ihr in den Kram passt und betrachtet Menschen bestenfalls als nervig. Es gibt nur zwei Dinge, die sie wirklich liebt: anderen eine Falle zu stellen und einen sexy Mann für die Nacht. 

Wer Coralee noch nicht kennt, findet im Anhang des Buches einige zusätzliche Informationen zu ihr und ihrer Welt.

*1*

Ein schriller Pfiff. Ich zuckte zusammen. Wer schon mal eine Irrwisch-Frau pfeifen gehört hat, weiß, warum. Der schrille Ton einer billigen Trillerpfeife, kombiniert mit der Lautstärke eines D-Zug-Signals und unterlegt mit tremolierendem Quietschen. „Was bei Titanias Arschbacken ...?“

Essylt glotzte mich mit einem triumphierenden Grinsen an.

„Arbeit!“

„Ach ja? Und was? Wir haben keinen Notruf reingekriegt!“

Essylt zeigte mit ungebrochenem Grinsen auf den Computerbildschirm. Ein Bildschirm, auf dem ein Fußball abgebildet war, inmitten von kränklich gelbgrünem Gras. Ein ziemlich dreckiger Fußball obendrein.

„Und?“, fauchte ich ungnädig. „Soll ich jetzt Fußbälle putzen gehen?“

„Würde ich dir nicht empfehlen“, sagte Essylt ungerührt. „Der hier ist ein Killer.“

„Hm.“ Ich besah mir das Bild. Immer noch ein harmloser Fußball. Gut, die braune Schmiere konnte man mit einiger Fantasie als getrocknetes Blut akzeptieren. Aber sonst ...

„Und womit killt der? Hinterrücks-Genickschuss auf den Torwart?“

„Nix da.“ Schon entblößte ein weiteres Grinsen ihre spitzen Zähne. „Der hat einem den Kopf abgebissen. Und ihn anschließend sauber verputzt.“

Jetzt war ich interessiert. Endlich mal Abwechslung in dem langweiligen Fußball-Sport. „Dem Schiedsrichter?“

Essylt schüttelte den Kopf.

„Dem Torwart?“

Erneutes Kopfschütteln.

„Nun sag schon endlich!“, fauchte ich.

„Einem ganz normalen Mittelfeldspieler.“

„Ach ja? Und warum?“

„Vermasselter Elfmeter.“

„Geschieht ihm völlig recht“, brummte mein Halb-Troll-Kollege Verron. „So blöd spielen nur Stümper und Idioten.“

„Du musst es ja wissen“, säuselte Essylt zuckersüß und kassierte einen finsteren Blick von Verron.

Ich fand, es war an der Zeit, mehr Informationen einzufordern. „Warum sollten wir uns darum kümmern? Der hat doch nur eine gerechte Strafe verteilt.“

„Wenn er dabei geblieben wäre, würde ich dir zustimmen“, gab Essylt zurück.

Verdammte Irrwische. Jedes Wort musste man denen einzeln aus der langen Nase ziehen. „Also, was hat er noch angestellt?“

„Einer der anderen Spieler wollte diesen Ball von seiner Mahlzeit wegkicken und hat ihn einem Spieler der anderen Mannschaft genau in den Magen geschossen. Der hat natürlich instinktiv mit beiden Händen zugegriffen. Der Ball hat ihm daraufhin erst die Arme abgebissen und ihn anschließend ebenfalls verspeist.“

„Das sind erst zwei.“

„Danach hat er noch einem Spieler den Kopf abgebissen, der versucht hat, ihn vom Spielfeld zu tragen, und hat die Reste auch dieses Opfers sauber verputzt. Alles, bis auf die Stollen-Schuhe.“

Verron grölte vor Lachen „Ein Fußball mit einer Hand-Allergie!“

„Eher einer Besessenheit“, knurrte Essylt.

„Und was ist, wenn ihn jemand tritt?“, fragte ich interessiert.

„Dann passiert vermutlich nichts. Der, der ihn weggekickt hat, lebt schließlich noch.“

„Wo ist dann das Problem? Sollen die doch einfach weiterspielen, wie es sich gehört, und der Ball wird sich benehmen.“

„Ach ja? Und wie soll dann der Torwart den Ball auffangen?“

Upps. Daran hatte ich nicht gedacht. „Könnten die nicht einfach die Regeln ändern?“, fragte ich hoffnungsfroh.

Essylt warf die Hände gen Himmel. „Typisch Fee! Hey, nicht jeder auf dieser Welt beugt Regeln so nonchalant wie ihr Feen! Kannst du dir vorstellen, was für ein Chaos wir sonst hätten?“

„Jaja, schon gut“, knurrte ich. „Du willst also, dass wir uns um diesen blöden Ball kümmern. Ohne Notruf und mit anonymem Auftrag vom Hauptquartier. Interpretiere ich das richtig?“

Sie nickte eifrig.

„Keine Lust!“, entschied ich.

„Der Auftrag kommt aber irgendwie direkt vom Chef“, rückte sie endlich heraus.

„Was heißt irgendwie?“

„Naja, es ist nicht offiziell … wir müssten außerhalb unseres Territoriums unser Können beweisen.“

„Indem wir einen Fußball bändigen?“

Mein Unglaube musste wohl extrem deutlich zu sehen gewesen sein.

„Der Chef hat einen persönlichen Grund.“

„Das glaub ich erst, wenn ich es weiß.“

Sie wand sich sichtlich. „Naja … ist ein bisschen peinlich … sag es auf keinen Fall weiter! Dieser Mittelfeldspieler war der Sohn vom Chef.“

„Das meinst du nicht im Ernst! Der Chef ist ein Albe. Niemals würde dem sein Sohn Fußball mit Menschen spielen!“

„Er hatte ein Techtelmechtel mit einer Menschenfrau. Und nicht aufgepasst. Der Halbmensch ist … war sein Sohn.“

„Als ob die Alben ihre Kinder lieben würden.“

„Wär ihm vermutlich auch egal, wenn dieser Fußball seinen Sprößling nur umgebracht hätte. Aber der hat zudem seine Seele gefressen. Das kann der Chef einfach nicht auf sich sitzen lassen.“

Seelenfressen roch nach Dämonenzauber. Und schon fiel mir ein, dass Essylt das Wort „Besessenheit“ gebraucht hatte. Verdammte Irrwische-Frau! Musste sie immer mit ihren Informationen hinterm Berg halten? Dämonen waren wirklich nicht gerade meine Lieblinge.

„Haben wir eine Wahl?“

„Strenggenommen ja. Da das Killer-Ding nicht in unserem Zuständigkeitsbereich liegt ...“

„Dann lehne ich ab. Hab keine Lust.“

„Manchmal bist du echt ein Idiot, Coralee“, mischte sich Verron ein. „Wenn wir dem Chef helfen, schuldet er uns einen Gefallen.“

Oh-oh, daran hatte ich wirklich nicht gedacht. Es war ungemein nützlich, wenn man bei einem Alben einen Gefallen gut hatte. „Na schön, überzeugt. Und wo finden wir diesen entzückenden Fußball?

„Der ist momentan in einem Stadion in Ensenada in Mexiko.“ Sie grinste wieder. „Und wir könnten den größten Teil des Weges dorthin die Route 66 nehmen.“

Schlagartig standen meine Ohrenspitzen auf Hab-Acht. Route 66 und meine gute alte Knucklehead! Etwas Besseres konnte es für einen Ausflug auf meiner Harley gar nicht geben! Das würde ich mir nicht einmal mehr entgehen lassen, wenn Essylt jetzt noch drei Schneedrachen in das Stadion zauberte. Was sie allerdings bestimmt nicht tun würde, denn Schneedrachen schmelzen in der Sonne, und Sonne hatte Mexiko reichlich, und Schneedrachen stehen unter Artenschutz.

Raus aus diesem tristen Büro, über die gute alte Route 66 brettern und tagelang die Freiheit genießen! Das war wirklich mal ein willkommener Auftrag! „Verron und Ryan?“, wollte ich hoffnungsfroh wissen.

„Verron kann mit. Der ist notfalls stark genug, den wildgewordenen Fußball abzuwehren. Ryan nicht. Der Junge ist mir noch zu grün hinter den Ohren.“

Ein tiefer Seufzer entfuhr mir. Ich würde Ryan vermissen. Besonders seine Zunge, die er im Bett so geschickt einsetzen konnte.

„Außerdem“, fuhr Essylt fort, „gehört Ryan als Hilfsmitglied ohnehin nicht zur einsatzberechtigten Truppe bei F.E.U., und wir würden seine Spesen auch nicht erstattet kriegen.“

Okay, das Argument war stichhaltig. Ich ging in mein Zimmer, weckte meinen leise schnarchenden Werwolf und teilte ihm mit, dass er vorübergehend wieder bei seinem Rudel wohnen würde.

*2*

Der Beginn der Tour war natürlich ätzend. Stadtgebiet, dicht bebaut, stinkende Autos und Menschen überall. Ich hatte keine Lust, die Aufmerksamkeit von irgendeinem übereifrigen Cop zu erregen, also starteten wir bei Nacht. Tarnzauber brauchten wir bequemerweise erst mal nicht. In der Ledermontur konnte uns niemand als nichtmenschlich identifizieren, und Essylts Drohne war im Chamäleon-Modus, schöne himmelfarben und damit unsichtbar. Nur an den Tankstellen musste ich ein wenig zaubern. Was sollte ich auch sonst machen. Verron war einfach zu auffällig mit seinen Hauern, zwischen denen eine ganze Bratwurst quer hineinpasste. Vermeiden konnte ich die Tankstellen nicht. Unsere Bikes brauchten nun einmal Benzin – und ich meinen Kaffee.

Immerhin erreichten wir die Route 66 von unserem Büro aus ziemlich schnell. Es hat seine Vorteile, wenn man in einer ehemaligen Chicagoer Feuerwache residiert.

Die ersten zwei Tage bretterten wir fast ohne Pause durch. Feen brauchen wenig Schlaf, Irrwische noch weniger, und Trolle sind ohnehin fast unverwüstlich.

Am Ende des dritten Tages waren wir endlich auch aus den Feldern raus und gönnten uns eine Rast in eine abbruchreife Scheune. Großer Fehler. Es stank in dem Ding. Ich war drauf und dran, in das halb zusammengebrochene Farmhaus nebenan umzuziehen, als mir auffiel, dass die Gestankwolke aus Verrons Richtung kam. Scheiße! Ich hatte vergessen, dass der Kerl in seiner Lederkluft immer wie ein Irrer schwitzt. Drei Tage ohne Dusche machten sich bemerkbar. Den Fehler würde ich nicht noch einmal machen. Für diesen Abend blieb mir aber wohl nichts anderes übrig, als den Gestank zu ignorieren. Ich hätte ihn gerne weggezaubert, aber jeder Zauber an einem Troll verbraucht Unmengen an Energie, und die wollte ich vorerst lieber behalten. Man kann ja nie wissen. Besser ein stinkender Verron als eine erschöpfte Fee.

Verron reckte sich und gähnte. Meine Nase kriegte fast einen Infarkt. Wie glühend ich Essylt beneidete! In ihre klimatisierte und luftgefilterte Drohne drang kein einziges Schweißmolekül!

Ich ließ Verron vorne am Eingang schlafen mit dem Argument, dass er mich beschützen müsse. Ein Spruch, auf den der dumme Kerl immer wieder hereinfällt. Ich selbst verzog mich in die hinterste Ecke der Scheune, dorthin, wo die Bretter genügend Spalten aufwiesen für einen Luftzug, und vergrub mein Gesicht unter meiner Lederjacke. Nur gut, dass meine Nase im Schlaf etwas duldsamer war.

Am nächsten Tag passierten wir endlich die Grenze nach Texas, und mein Stimmungsbarometer schnellte in die Höhe. Viel, viel leere Landschaft. Einfach ein Genuss! Heiße Sonne, eine fast verlassene Buckelpiste von einer Straße und unsere sanft knatternden Maschinen. Meine Laune war so gut, dass ich sogar Verron mal voranfahren ließ. Aber nicht allzu lange, schließlich war ich die Chefin unseres Trupps. Ich wollte gerade einen Zahn zulegen, als hinter uns ein Röhren aufklang.

Ein Blick in den Rückspiegel zeigte mir eine schwere Honda GL 1800 Goldwing in dezent schwarzem Design. Ebenso schwarz wie die Kluft des Bikers. Einen kurzen Moment war ich in Versuchung, meiner Knucklehead einen zusätzlichen magischen Sprint zu gönnen, aber dann schüttelte ich nur den Kopf. Sollte der Kerl uns doch überholen. Der Tag war einfach zu schön, um sich zu ärgern.

Ich hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als er auch schon mit aufbrüllendem Motor und einer dicken Staubwolke an uns vorbeizog. Sofort kontrollierte ich mein Bike. Das schöne Pink meiner Knucklehead war einem unansehlichen Schmutzigbraun gewichen. Das ging auf gar keinen Fall! Zähneknirschend wirkte ich einen Reinigungszauber. Verdammt, ich hätte den Mistkerl mit seiner Honda am liebsten noch nachträglich in den Grand Canyon befördert!

Wir fuhren bis fast Mitternacht. Ganz entspannt, denn Verkehr gab es um diese Zeit auf dieser alten Strecke nur wenig. Eingedenk der Scheunennacht steuerte ich schließlich ein billiges Motel an und gönnte mir ein Einzelzimmer. Essylt steckte ich zu Verron. Die schlief eh in ihrer Drohne, und ein Aufpasser konnte bei Verron nicht schaden. Aus eigenem Entschluss duschen würde der Kerl nämlich nicht, geschweige denn seine Kluft säubern.

Ein Imbiss am nächsten Morgen, und weiter ging es.