Coralee und die Rentierschützer - Mira Lindorm - E-Book

Coralee und die Rentierschützer E-Book

Mira Lindorm

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Beschreibung

Ein Notruf vom Nordpol ist so ziemlich das Letzte, was Coralee mitten in einem Blizzard erwartet hat. Jetzt muss sie doch tatsächlich heraus aus dem warmen Gebäude und hinein in die klirrende Kälte! Und das nur, weil so ein paar verrückte Tierschützer der Meinung sind, dass Santa Claus seine Rentiere ausbeutet und überansprucht! Noch dazu eilt die Sache. Die Tierschützer blockieren die Elfenwerkstatt und die Schlittengarage. Wenn die Rentiere nicht bald trainieren dürfen, werden sie zu Weihnachten nicht arbeitsfähig sein. Und das darf auf keinen Fall passieren!

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Coralee und die Rentierschützer

F.E.U. Band 5

Mira Lindorm

 ©Mira Lindorm 2023   

Machandel Verlag
Neustadtstr.7, 49740 Haselünne

Cover und Illustrationen: Elena Münscher mit Bildmaterial von caraman/aliaschin/westamult/lenmdp/u.a. /depositphotos.comCoverbilder der Vorschau: yayayoyo/depositphotos.com

Informationen zum Buch: 

Ein kleiner Hinweis: Dieses Buch ist KEIN Kinderbuch!

Alle Personen sind frei erfunden, genauso wie die ganze Fantasy-Geschichte. Coralee gehört zum Dunklen Hof der Feen und benimmt sich entsprechend. Sie hat nichts gegen eine handfeste Rauferei (sowohl in einer Bar als auch im Bett), trinkt, flucht, betrügt, zaubert, was immer ihr in den Kram passt und betrachtet Menschen bestenfalls als nervig. Es gibt nur zwei Dinge, die sie wirklich liebt: anderen eine Falle zu stellen und einen sexy Mann für die Nacht. 

Wer Coralee noch nicht kennt, findet im Anhang des Buches einige zusätzliche Informationen zu ihr und ihrer Welt.

*1*

Der Notruf

Der Blick aus dem Fenster zeigte immer noch dasselbe Bild. Schon seit Tagen war da draußen nichts als trübweißes, wirbelndes Grau. Was immer diese Klimaänderung machte, bis zu den Großen Seen hatte es die Wärme noch nicht gebracht. Feinstes, lausiges Festlandklima halt.

Ich gehöre zwar zum Dunklen Hof, aber ich bevorzuge eindeutig Sonne und Wärme. Wahrscheinlich die Gene, die meine Mutter mir vererbt hat. Wenn die genauso gefroren hat wie ich, ist es kein Wunder, dass sie meinen Vater und mich verließ und an den Lichten Hof zurückkehrte.

Ich kuschelte mich noch enger an Ryan, der als Werwolf das Wort „Kälte“ vermutlich nur aus Kreuzworträtseln kannte. Im Halbschlaf hörte ich unser Notfalltelefon klingeln, konnte mich aber nicht aufraffen, meine Wärmequelle zu verlassen.

Das nervtötende Klingeln verstummte, dafür schrillte jetzt Essylts Stimme an mein Ohr und weckte mich vollends. „Fey Emergency Unit! Bitte nennen Sie Art, Ort und Umfang Ihres Notfalls!“

Die musste natürlich wieder das Handbuch wörtlich zitieren. Angeberin!

Ein paar Sekunden war Ruhe, während der Anrufer vermutlich ihre Ohren vollsäuselte. Dann hörte ich sie wieder: „Wir kümmern uns umgehend um die Sache!“

Im nächsten Moment platzte sie in die Abstellkammer, die mir und Ryan als Schlafgemach diente. „Aufstehen, ihr Faulpelze! Wir haben eine Notfallmeldung vom Nordpol!“

„Nordpol? Du spinnst! Da rennen um diese Jahreszeit doch nur ein paar Eisbären herum, und die brauchen uns garantiert nicht!“

Ein vernichtender Blick traf mich. „Kulturbanause! Der Nordpol ist seit mindestens tausendsechshundert Jahren bewohnt! Eine Werkstatt, eine Horde klatschsüchtiger Elfen, ein grummeliger alter Mann – klingelt da etwas?“

„Santa Claus?“, fragte ich ungläubig. „DER braucht Hilfe? Hat der nicht mehr genug Elfen?“

Essylt grinste. „Elfen hat der genug. Aber keine Rentiere. Beziehungsweise, der hat Rentiere, aber er kann sie nicht einsetzen.“

„Ach nee.“ Unwillkürlich musste ich grinsen. „Haben die plötzlich die Räude gekriegt, oder sind die endlich mal in Streik getreten wegen der überbordenden Wünsche dieser hinreißenden, so fürchterlich selbstlosen Menschenbälger?“

„Weder, noch.“ Essylt schnaufte. „Vor den Toren der Werkstatt stehen Menschen und verhindern jeden Versuch, die Rentiere anzuspannen. Und wenn Santa sie nicht bald einarbeiten kann, wird Weihnachten zu einem totalen Fiasko. Der alte Mann hat schon am Telefon fast einen Herzinfarkt gekriegt!“

Ich starrte sie ziemlich fassungslos an. „Was willst du? Wir sollen gegen Menschen vorgehen? M-e-n-s-c-h-e-n? Ich hab mich wohl verhört? Das ist doch genau das, was wir verhindern sollen, dass Menschen und magische Geschöpfe aneinandergeraten!“

„Genau das“, gab Essylt in ihrem unnachahmlichen Oberlehrerton zurück. „Menschen und magische Geschöpfe sind dort bereits aneinandergeraten, oder als was würdest du die Weihnachtselfen bezeichnen?“

Als gar nichts, um ehrlich zu sein. Diese kleinen Wuseldinger waren zu unwichtig, als dass eine Fee unter normalen Umständen auch nur ihre Existenz zur Kenntnis nehmen würde. Aber wenn F.E.U. das anders sah … „Na schön“, gab ich widerwillig zu, „ein Grund ist offensichtlich vorhanden. Aber könnte es nicht sein, dass wir die Schwierigkeiten nur verschlimmern, wenn wir dort aufkreuzen? Ich meine, an den Weihnachtsmann und die Elfen glauben die Menschen sowieso, an unsere Existenz dagegen nicht.“

„Weshalb wir auch getarnt arbeiten müssen. Als nichtmagische Geschöpfe.“

Jetzt war ich diejenige, die fast einen Herzinfarkt kriegte. Ich, eine Fee, sollte mich als dummen Menschen ausgeben? Das war ja noch schlimmer als die Tatsache, dass wir in den stärksten Blizzard seit achtzehn Jahren hinaus sollten. „Kannst du nicht Verron mitnehmen?“ Der würde sich immerhin problemlos aus Dorftrottel ausgeben können.

„Tsk!“, schalt Essylt zurück. „Du weißt doch genau, dass er dank seines Trollblutes um diese Jahreszeit halb im Winterschlaf-Koma liegt. Der ist zurzeit arbeitsunfähig geschrieben.“

„Und Ryan?“ 

„Soll sowieso mit. Der muss sich allerdings als Hund tarnen. Wir werden nämlich einen brauchen.“

„Spinnst du?“, knurrte Ryan aus dem Hintergrund.

„Na ja, als Wolf würdest du die Menschen vermutlich nur in heillose Panik versetzen.“

Irgendwie hatte Essylt da Recht. Aber das beruhigte Ryan keineswegs. „Ich weigere mich. Auf keinen Fall mime ich den Hund!“

„Dann wirft F.E.U. dich raus. Arbeitsverweigerung ist ein sofortiger Kündigungsgrund. Willst du zurück zum Rudel?“

„Damit ich wieder für Mama den Laufburschen spielen darf? Auf keinen Fall! Nicht für die nächsten fünfzig Jahre. Oder sechzig, je nachdem, wie lange sie lebt.“ Ein abgrundtiefer Seufzer, bevor er mit Leidensstimme fortfuhr: „Schön, ich geh also als Hund mit.“

„Und wie kommen wir dahin?“, wollte ich wissen. „Mit dem Hundeschlitten?“

„Das kannst du dir sonstwohin schmieren!“, knurrte Ryan zutiefst beleidigt. 

„Hab ich gesagt, dass du ihn ziehen sollst?“

Essylts keckerndes Lachen war nicht zu überhören. „Ein bisschen empfindlich, unser Ryan? Aber keine Angst, wir nehmen erst mal keinen Hundeschlitten. Das würde mehrere Wochen dauern, und so viel Zeit haben wir nicht. Für diesen Einsatz wurde uns ein Hubschrauber bewilligt.“

„Mit dem wir einfach so Richtung Nordpol fliegen?“ Ich sah sie irritiert an. „Nicht nur, dass wir damit fremdes Territorium überfliegen müssen, wir landen auch noch außerhalb der Drei-Meilen-Zone in internationalen Gewässern. Beziehungsweise auf internationalem Eis. In einer Gegend, die sowohl unsere eigene Menschenbevölkerung als auch die Russen und wer weiß wer sonst noch engstens überwachen.“

„Und? Wenn eine Horde Menschen da unbemerkt hinkommt, dann sollten wir das wohl erst recht schaffen. Ich habe natürlich einen Stealth-Flieger bestellt.“

„Kein Hubschrauber der Welt schafft das in einem Stück“, meldete sich jetzt auch noch Ryan. „Wo kriegen wir unterwegs Treibstoff?“

Zu dem Heulen des Blizzards gesellte sich ein noch lauteres Geräusch. „Der Transporter ist da“, verkündete Essylt fröhlich. „Zieht euch warm an, und dann los.“

Irgendwie hatte sie es vermieden, Ryans Frage zu beantworten. Ich machte den Mund auf, um nachzuhaken, schloss ihn aber sofort wieder, als die Tür sich öffnete und ein bulliger, stiernackiger Sergeant in der Uniform eines US-Marines hereinpolterte, Schnee und einen eiskalten Windstoß im Gefolge. 

„Tür zu!“, kreischten Essylt und ich gleichzeitig.

Der Mann grinste, schloss die Tür aber sofort. „Wie die Damen wünschen.“

Leicht fassungslos sah ich Essylt an. „Ein Mensch?“

„Mach dir keinen Kopf. Der gehört zum Sonderkommando Area 59.“

„Heißt das Ding da unten in Nevada nicht Area 51?“

Der Neuankömmling schien es nötig zu finden, sich ebenfalls einzumischen. „Area 59 stimmt. Das ist die Sektion Nordpol, Abteilung Elfenschutz. Wir arbeiten auch mit der isländischen Elfenbeauftragten zusammen.“

„Seit wann?“, fragte ich schwach.

„Seit der zweiten Amtszeit von Grover Cleveland.“

„Und warum weiß ich davon nichts?“

„Weil du das Handbuch nicht liest“, krähte Essylt fröhlich. „Zweiter Ergänzungsband, Die Geschichte von F.E.U.“

Ich hielt es für geraten, sie schleunigst von diesem Thema abzubringen, und wandte mich kurzerhand direkt an den Neuankömmling. „Du fliegst also den Hubschrauber?“

„Naja, anschieben würde wohl kaum zum Ziel führen, oder?“

Bei Oberons Eckzahn, der Kerl wurde auch noch frech! Dem musste ich sofort zeigen, wer hier das Sagen hatte! „Ich bin die Teamchefin. Kannst mich Coralee nennen. Die Kleine da ist meine Partnerin Essylt. Und ...“ Ich brach ab. Ryan war verschwunden. Hatte gar nicht gewusst, dass Werwölfe so lautlos schleichen konnten! Wo, zum Donnergott, steckte der Kerl? „Hey, Wolfie!“

Ein ungnädiges Knurren, und Ryan steckte seinen Werwolfkopf durch den schäbigen Vorhang, der unserer Schlafkabine als Türersatz diente. Ach ja, war vermutlich besser, diesem Menschen nicht gleich auf die Nase zu binden, dass er auch noch einen Werwolf befördern durfte. „Und das ist mein Hund Wolfie. Der kommt mit.“

„Harry“, stellte der Marine sich knapp vor. „Einfach nur Harry.“ 

Als ob ich ihn einer hochtrabenderen Anrede gewürdigt hätte.

„Mir hat aber niemand gesagt, dass ich auch Viehzeug befördern soll.“

„Reicht, wenn ich dir das sage“, beschied ich ihm, begleitet von einem sanften Knurren Ryans. 

Harry runzelte die Stirn, klappte den Mund auf, klappte ihn wieder zu, überlegte. „Na meinetwegen.“ Ein ungenierter Blick über meinen ganzen Körper: „So ansehnlich deine Kurven auch sind, Coralee, ich würde dir trotzdem empfehlen, was Dickeres überzuziehen. Am Nordpol ist es kalt. Richtig kalt. Dagegen ist dieser Blizzard ein warmer Sommersturm.“

Es lag mir auf der Zunge, ihm zu stecken, dass eine Fee des Dunklen Hofes den Begriff ‚kalt‘ anders auslegte als so ein popeliger Mensch. Ich konnte mich gerade noch beherrschen. Denn dummerweise wussten Essylt und Ryan genau, wie sehr ich Wärme liebte. Mir würden die spitzen Ohren klingeln, wenn ich ihnen diese Steilvorlage lieferte. Ich trollte mich wortlos zur Garderobe und packte mich in dreifache Winterkleidung. Kapuze inbegriffen. Selbstverständlich mit Wärmezauber behandelt. Ich hatte schließlich noch nie Lust, Eiszapfen zu spielen.