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Berlin-Mitte. Dreh- und Angelpunkt internationaler Spionage. Ein tödliches Spiel beginnt, als Kommissar Bruno tief in ein undurchsichtiges Netz aus Spionage, Verrat und tödlichen Intrigen in Berlin gezogen wird. Zwischen Schatten der Vergangenheit und den brutalen Kämpfen um Macht und Kontrolle steht nicht nur sein Leben auf dem Spiel – sondern die Wahrheit selbst droht im Dunkel zu verschwinden. Ein Thriller, der bis zur letzten Sekunde fesselt und zeigt, wie weit Menschen gehen, um ihre Geheimnisse zu schützen.
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Seitenzahl: 87
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Kommissar Bruno ermittelt in Berlin
- Band 2 -
von
Henrik Mains
Über den Autor
Autor: Henrik Mains | Jahrgang 1959
Henrik Mains entdeckt in seinen Geschichten die feinen Linien zwischen Wirklichkeit und Vorstellung. Er schreibt fiktive Kurzgeschichten, die Alt und Jung gleichermaßen fesseln – mal mit leiser Poesie, mal mit spannender Dramatik.
Historische Bezüge fließen dabei ebenso in seine Texte ein wie alltägliche Beobachtungen, die er mit erzählerischer Fantasie zu lebendigen Welten verwebt. Seine Leser schätzen besonders die Mischung aus Tiefe, Atmosphäre und leicht zugänglicher Sprache.
Über das Buch
Berlin-Mitte. Dreh und Angelpunkt internationaler Spionage.
Ein tödliches Spiel beginnt, als Kommissar Bruno tief in ein undurchsichtiges Netz aus Spionage, Verrat und tödlichen Intrigen in Berlin gezogen wird. Zwischen Schatten der Vergangenheit und den brutalen Kämpfen um Macht und Kontrolle steht nicht nur sein Leben auf dem Spiel – sondern die Wahrheit selbst droht im Dunkel zu verschwinden. Ein Thriller, der bis zur letzten Sekunde fesselt und zeigt, wie weit Menschen gehen, um ihre Geheimnisse zu schützen.
Leise krächzte der alte Stella-Fernseher auf der angestaubten Anrichte. Bilder der 40. Jahresfeier der Partei- und Staatsführung der DDR flimmerten über den Bildschirm – der Palast der Republik in voller Pracht, Gorbatschow mittendrin. Brecht stand auf, schaltete das Gerät aus und griff zum Radio. Die aktuellen Kommentare des RIAS begleiteten das Murmeln der Demonstrationen: Vom Alexanderplatz über die Karl-Liebknecht-Straße bis zum Palast der Republik zogen tausende Menschen, unüberhörbar, trotz des Spätherbstregens. Das Wetter war bewölkt, leichter Nieselregen – ein grauer 7. Oktober 1989 in Berlin.
Brecht schaltete das Radio aus, griff zum Telefon und wählte. Das Freizeichen klang endlos.
„Raihner am Apparat.“
„Zausel hier, wann geht’s los?“
Brecht wartete ruhig auf die Antwort. In den letzten Tagen hatten sie sich über die Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung abgestimmt, um die nächsten Schritte bei der Geldverschiebung einzuleiten. Brecht, Geschäftsführer der staatseigenen BOVUM GmbH, agierte unter dem Decknamen „Zausel“. Raihner, sein Führungsoffizier, verantwortete die internationalen Warengeschäfte.
„Zausel, wir treffen uns um 20:30 vor unserer Dienststelle in Lichtenberg. Li Wang weiß Bescheid und erwartet uns. Bring den Koffer mit. Bis gleich!“
Ohne Brecht eine Antwort zu ermöglichen, legte Raihner auf. Brecht wusste, was jetzt kam.
Im Politbüro war einstimmig beschlossen worden, angesparte Gelder ins Ausland zu transferieren – auf sichere Konten, weit weg vom Zugriff Fremder. Die SED-Führung erhielt Unterstützung von befreundeten Geschäftspartnern aus Nordkorea.
Brecht warf einen Blick auf die Uhr. 19:45 Uhr. Zeit. Er schnappte sich seinen Mantel, setzte den Hut auf und kontrollierte noch einmal den Inhalt des Koffers: 23 Millionen D-Mark – wie immer, immer die gleiche Summe, immer der gleiche Weg.
Eilig schloss er die Wohnungstür ab, die kühle Herbstluft schlug ihm entgegen. Der Sprühregen hatte eingesetzt, Windböen zerrten an seinem Mantel, während er die Treppen hinunter eilte. Auf den Straßen war viel los. Demonstrationen, tausende Menschen. Die Zeit stand auf Umbruch. Brecht schüttelte den Kopf, besann sich auf seine Aufgabe.
Er musste zuerst nach Lichtenberg, Raihner abholen, dann würde dieser den nächsten Zielort nennen. Die Sicht wurde schlechter, die Scheibenwischer des Wartburgs kämpften gegen den Regen an.
Er kam leicht verspätet an. Raihner stand schon am Straßenrand, regennass und ungeduldig. Brecht stieg ein.
„Na endlich! Du lernst es nie, pünktlich zu sein“, brummte Raihner. „Wo fahren wir jetzt hin?“, fragte Brecht und versuchte, die Spannung zu brechen. „Li Wang erwartet uns in Köpenick. Lindenstraße bis zur Dammbrücke. Mach schnell!“
Brecht legte den ersten Gang ein, fuhr los.
„Wohin genau?“, wollte er wissen.
„Lindenstraße bis zur Dammbrücke.“
Brecht stammelte: „Ich bin mir nicht sicher... Werden wir verfolgt?“ Raihner blickte sich um, konnte aber keinen Schatten entdecken. „Du siehst Gespenster. Fahr weiter!“
Doch Brecht blieb unruhig. „Seit Lichtenberg hatte ich das Gefühl, dass wir verfolgt werden.“
„Hattest du schon Kontakt zum Minister? Sollen wir weiter machen?“ „Befehlslage vom Politbüro: Ja. Kein Zurück.“
Raihner warf ihm einen Blick zu: „Mach dir keine Sorgen. Fahr weiter.“
Kurz vor der Dammbrücke verlangsamte Brecht das Tempo. „Lass mich hier aussteigen.“
Der Wartburg rollte langsam an den Straßenrand, dann hielt er an.
Beide blieben im Wagen sitzen. Raihner stieg aus und sagte: „Ich gehe schauen, ob Li da ist. Du bleibst mit dem Koffer im Wagen.“
Brecht ließ den Wagen einige Meter weiter rollen, bis er aus dem Lichtkegel der Straßenlaterne verschwand. Durch die verregnete Scheibe sah er Raihners Silhouette. Plötzlich flackerte ein greller Lichtblitz auf – Fotografenlicht? Dann noch einer, und ein Schuss zerriss die Nacht. Raihner rief, doch Brecht verstand nichts. Raihner verschwand im Dunkeln.
Brecht startete den Motor, fuhr zurück. Eine schwarze Limousine raste an ihm vorbei. Plötzlich wurde die Wagentür aufgerissen und Raihner sprang atemlos hinein.
„Fahr los! Zurück zur Hauptverwaltung!“
Brecht drehte um.
„Was ist passiert?“, fragte er.
Raihner fluchte leise, zog die Makarov, sicherte sie und steckte sie weg. „Dieser Blödmann Springrath! Ich konnte ihn genau erkennen.“
„Was genau?“
„Nachdem ich den Koffer an Li übergeben hatte, bin ich zurück zur Brücke gegangen. Li wartete schon, als plötzlich diese Lichtblitze auftauchten. Jemand hat mich fotografiert – ich sah die Gestalt neben einem Baum stehen. Ich schoss, aber die Person war verschwunden.“
Raihner wirkte ruhig, aber gereizt.
„Seit Monaten taucht dieser Journalist Springrath immer wieder auf, stellt dumme Fragen. Ich fürchte, er weiß zu viel über unsere Geldgeschäfte.“
„Hat Li Wang das Geld bekommen?“
„Ja, alles läuft. Er hat sich vor Schreck fast in die Hose gemacht.“
„Komm, Zausel, fahr mich zurück. Ich muss einen Bericht schreiben.“
Äste peitschten ihm ins Gesicht, Dornen kratzten an seinen Armen. Ulf stolperte, fiel in das feuchte Gras. Keuchend rappelte er sich auf, rannte weiter, getrieben von der Angst, verfolgt zu werden. Erst als der Atem sich beruhigte, traute er sich, anzuhalten. Er war sich sicher, niemand war ihm mehr auf den Fersen.
Verloren blickte er sich um. Dichtes Gehölz rechts und links der dunklen Fahrbahn, nur der Regen rauschte leise. Müde ließ er sich auf einen großen Steinvorsprung sinken. Erst jetzt spürte er das Brennen unter seinem linken Arm. Vorsichtig zog er das Hemd aus der Hose, schob das Unterhemd zur Seite – unter der Achsel klaffte eine Wunde. Ein Streifschuss. Kein Durchschuss. Von außen kaum sichtbar, doch der Schmerz meldete sich langsam.
„Verdammt“, murmelte er. „Ich muss zu einem Arzt.“
Der Schock der Verletzung mischte sich mit einem kleinen Triumph. Seine Geduld, die stundenlange Beharrlichkeit hatten sich ausgezahlt. Die Beweisfotos, nach denen er so lange gesucht hatte, waren in seiner Kamera – die einzige Waffe gegen das Schweigen. Ob man ihn erkannt hatte, wusste er nicht. Auf jeden Fall musste er verschwinden, untertauchen. Die Suche nach ihm würde bald beginnen.
Nach einigen Minuten stand er auf, seine Bewegungen wurden vom Schmerz begleitet. Die Nacht war dunkel und kalt. Wald zu beiden Seiten der Straße. Ein einsames Licht flackerte etwa hundert Meter entfernt. Entschlossen stolperte er in Richtung dieses Leuchtpunkts.
Nach etwa zweihundert Metern erreichte er eine Straßenlaterne. Ein Schild verkündete: „Friedrichshagener Straße.“ Etwas abseits stand ein kleines Haus, dessen Eingang nur schwach beleuchtet war. Er klingelte, und eine hagere Frau öffnete einen Spalt die Tür.
„Guten Abend. Entschuldigen Sie die Störung. Ich bin mit dem Rad gestürzt und wollte kurz Ihr Telefon benutzen.“
Die Frau musterte ihn skeptisch. „Mit dem Rad hier in der Gegend?“
„Ja, bitte. Meine Freundin soll mich abholen.“ Er hielt sich die schmerzende Seite, sein Gesicht verzog sich leicht.
Zögernd schob die Frau den Sicherungsbügel zur Seite und öffnete die Tür ganz. Ulf trat in die Diele.
„Sie bluten. Wollen Sie nicht lieber einen Krankenwagen oder die Volkspolizei rufen?“
„Nein, nein. Es ist nicht so schlimm. Mein kaputtes Fahrrad liegt draußen auf dem Gehweg, ich muss es noch nach Hause bringen.“
Die Frau nickte und wies auf eine Kommode. „Das Telefon steht dort.“
Mit zitternden Fingern wählte Ulf die Nummer. Es dauerte, bis sich jemand meldete.
„Hallo, Gerlinde, ich bin’s, Ulf. Ich habe ein Problem. Kannst du mich abholen? Friedrichshagener Straße 3, Köpenick. Ich bin bei Familie... äh...“
„Sanftleben“, ergänzte die Frau lächelnd.
„Genau, bei Familie Sanftleben“, sagte Ulf erleichtert. Kurz tauschten sie einige Worte, dann legte er auf.
„Es wird etwa eine Stunde dauern, bis sie kommt. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich hier warte?“
„Keineswegs“, antwortete die Frau und bot ihm eine Tasse Tee an.
So verbrachte Ulf die Wartezeit in der warmen Küche, trank den Tee und rauchte drei Doppelbrand. Die Schmerzen pulsierten unter der Haut, doch die Sorge um seine Entdeckung nagte mehr.
Endlich fuhr ein Wagen vor. Gerlinde stieg aus, umarmte ihn kurz und half ihm zum Auto. Beide warfen misstrauische Blicke in die Dunkelheit, bevor sie losfuhren.
„Mann, Ulf, was ist passiert? Du bist ja verletzt!“
„Nicht schlimm. Ich brauche trotzdem einen Arzt.“
„Das sieht aber aus wie eine Schusswunde. Deine journalistische Arbeit wird dich eines Tages noch teuer zu stehen kommen.“
Ulf lächelte müde. „Das mag sein, mein Schatz. Aber es hat sich gelohnt.“
Behutsam half Gerlinde ihm ins Auto. Sie fuhren zu einem vertrauten Arzt in Pankow – sicher und weit weg von den Schatten der Nacht.
07.Januar, 08:00 Uhr – Am Tatort
Der Montagmorgen in der Polizeidirektion Berlin-Mitte war grau und kalt. Selbst wenn es einer der wärmsten Winter seit 1881 war, zehrten der beißende Wind und der feine Nieselregen an der Haut. Berlin im Januar – trist und unbarmherzig.
Kommissar Berthold Bruno schob seinen Trenchcoat achtlos auf einen Stuhl neben seinem Aktenschrank, während er seinen Morgenkaffee an der Maschine zog. Ein Morgenmensch war er nie gewesen, und an diesem Montagmorgen wirkte er noch müder als sonst. Das schrille Klingeln des Telefons brachte ihn fast aus der Fassung.
„Morgen, Leitner“, brummte er in den Hörer, seine Stimme rau und halbwach. Ein leises Grunzen kam zurück – ein schwacher Willkommensgruß von seinem Kollegen.
Seit zwölf Jahren führte Bruno die Mordkommission bei der Polizeidirektion Berlin-Mitte. Zusammen mit Leitner war er verantwortlich für die Kapitalverbrechen dieser Stadt.
„Guten Morgen, Bert“, sagte Leitner, während er die Tagesberichte des Wochenendes auf den Tisch legte.
„Muss ich das alles lesen? Sag kurz, ob was für uns dabei ist.“
Leitner gab knapp Auskunft, ohne Details auszubreiten. „Und deine Frau?“ Bruno lenkte das Gespräch auf die angeschlagene Gesundheit von Leitners Frau, die seit Tagen im Krankenhaus lag. „Die OP ist gut verlaufen“, antwortete Leitner erleichtert. „Der Blinddarm musste dringend raus.“
Bruno schob die Berichte beiseite, griff zum Telefon und versuchte die Spurensicherung zu erreichen. Dreimal, viermal klingelte es, doch niemand ging ran. Frustriert knallte er den Hörer auf die Gabel.
„Warum ist bei der Spurensicherung niemand zu erreichen?“
Leitner zog sich die Jacke an und schaute ihn fragend an.