Tod am Müggesee - Henrik Mains - E-Book

Tod am Müggesee E-Book

Henrik Mains

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Beschreibung

Inmitten der komplexen und oft gefährlichen Welt von Flüchtlingsschmuggel, illegalem Organhandel und politischen Intrigen entfaltet sich ein spannender Kriminalroman, der von Macht, Verrat und Menschlichkeit erzählt. Die Berliner Kommissare Bruno, Leitner und Wirsch werden zu einem mysteriösen Mordfall gerufen. Die Journalistin Nora P. wird tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Schnell wird klar, dass ihr Tod mit ihrer investigativen Recherche über ein international operierendes Netzwerk zusammenhängt, das Flüchtlinge schleppt und illegal Organe handelt – Verstrickungen, die bis in die Türkei reichen. Während Dana und ihr Team immer tiefer in ein Netz aus Korruption, Geheimnissen und Gewalt eintauchen, kreuzen sich die Wege mit zwielichtigen Figuren wie Mehmet und Ösal, die in den Schatten des türkischen Flüchtlingslagers Cizre ihre eigenen Geschäfte betreiben. Zwischen den Fronten von Polizei, Presse, kriminellen Organisationen und verzweifelten Menschen auf der Flucht entfaltet sich ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit. Ein packender Thriller über die dunklen Seiten der globalen Flüchtlingskrise, moralische Abgründe und den unermüdlichen Kampf um Gerechtigkeit – zwischen Berlin, Antalya und den gefährlichen Grenzregionen des Nahen Ostens.

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Seitenzahl: 90

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Tod am Müggelsee

Kommissar Bruno ermittelt

Band 3

Henrik Mains

Über den Autor:

Autor: Henrik Mains | Jahrgang 1959

Henrik Mains entdeckt in seinen Geschichten die feinen Linien zwischen Wirklichkeit und Vorstellung. Er schreibt fiktive Kurzgeschichten, die Alt und Jung gleichermaßen fesseln – mal mit leiser Poesie, mal mit spannender Dramatik. Historische Bezüge fließen dabei ebenso in seine Texte ein wie alltägliche Beobachtungen, die er mit erzählerischer Fantasie zu lebendigen Welten verwebt. Seine Leser schätzen besonders die Mischung aus Tiefe, Atmosphäre und leicht zugänglicher Sprache.

Weitere Bücher von Henrik Mains zur Serie:

Kommissar Bruno ermittelt:

Band 1: Parasiten

Band 2: Das Implantat

Zum Buch

Inmitten der komplexen und oft gefährlichen Welt von Flüchtlingsschmuggel, illegalem Organhandel und politischen Intrigen entfaltet sich ein spannender Kriminalroman, der von Macht, Verrat und Menschlichkeit erzählt.

Die Berliner Kommissare Bruno, Leitner und Wirsch werden zu einem mysteriösen Mordfall gerufen: Die Journalistin Nora P. wird tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Schnell wird klar, dass ihr Tod mit ihrer investigativen Recherche über ein international operierendes Netzwerk zusammenhängt, das Flüchtlinge schleppt und illegal Organe handelt – Verstrickungen, die bis in die Türkei reichen.

Während Dana und ihr Team immer tiefer in ein Netz aus Korruption, Geheimnissen und brutaler Gewalt eintauchen, kreuzen sich die Wege mit zwielichtigen Figuren wie Mehmet und Ösal, die in den Schatten der Flüchtlingslager ihre eigenen Geschäfte betreiben.

Zwischen den Fronten von Polizei, Presse, kriminellen Organisationen und verzweifelten Menschen auf der Flucht entfaltet sich ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit.

Ein packender Thriller über die dunklen Seiten der globalen Flüchtlingskrise, moralische Abgründe und den unermüdlichen Kampf um Gerechtigkeit – zwischen Berlin, Antalya und den gefährlichen Grenzregionen des Nahen Ostens.

Tod am Müggelsee

Nora Poppa öffnete hastig die Haustür ihres kleinen Appartements im Obergeschoss der Freizeitanlage am Müggelseedamm. Der Schlagregen peitschte gegen die Tür, und der Wind riss daran, doch mit Mühe gelang es ihr, die Tür hinter sich zu schließen. Klatschnass zog sie die Stiefel aus, hängte ihren durchnässten Regenumhang in die Duschtasse und stellte ihre Aktentasche auf den kleinen Esstisch in der Wohnküche.

Was für ein schreckliches Wetter, dachte sie und schaltete den Heizlüfter ein. Erschöpft ließ sie sich auf das Canapé sinken, legte die Beine hoch und suchte für einige Minuten Ruhe und Entspannung.

Kurz schlief sie ein, bis ihr Handy vibrierte und sie ruckartig aufwachen ließ. Eine WhatsApp Nachricht von ihrem Redakteur riss sie aus dem Schlaf.

„Was will der jetzt?“, murmelte Nora und tippte eine kurze Antwort.

„Brauche noch etwa zwei Tage für den Artikel“, nuschelte sie vor sich hin.

Nora hatte ihrem Redakteur bei den Freien Berliner Nachrichten einen Investigativbericht über die Flüchtlingssituation an der türkisch-syrischen Grenze versprochen, und der Artikel musste bald fertig sein.

„Alles braucht eben seine Zeit“, rief sie in den leeren Raum, stand auf und machte sich eine Kleinigkeit zu essen.

Während sie ein Brot belegte, schweiften ihre Gedanken zu den ersten Formulierungen des Artikels. Syrische und afghanische Flüchtlinge in einem Auffanglager bei Cizre, unhaltbare Zustände, menschenunwürdige Verhältnisse, Misshandlungen, Perspektivlosigkeit. Doch ihre Recherchen vor Ort hatten sie in eine ganz andere Richtung geführt – zu unglaublichen Geschehnissen, bei denen das Leid der Flüchtlinge skrupellos ausgenutzt wurde.

Sie stellte ihren Teller neben den Laptop, zog die Rechercheblätter aus der Aktentasche und schaltete die Schreibtischlampe an. Draußen prasselte der Regen unvermindert gegen die Terrassentür, und die Windböen ließen die Baumreihe neben dem Gebäude wie ein Donnerrauschen klingen. Nora verdunkelte das Appartement, sodass nur das warme Licht der Lampe ihren Arbeitsplatz erhellte.

Langsam goss sie sich ein Glas Rotwein ein, lehnte sich zurück und biss genüsslich in ihr Brot. Sie ordnete ihre Notizen und tippte die Schlagzeile in den Laptop:

„Geschäft mit der Verzweiflung: Flüchtlinge in der Türkei verkaufen ihre Organe“

Sie hielt inne, lauschte dem Heulen des Windes, der immer wieder gegen die Fensterläden rüttelte. Dann blätterte sie in ihren Notizen und schrieb weiter:

„Prekäre Lebensverhältnisse, tragische Schicksale und finanzielle Not treiben Flüchtlinge in der Türkei dazu, ihre Organe auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Die meisten Käufer stammen aus dem Westen. Zwischen 6.000 und 11.000 Euro ist eine Niere dort momentan wert. Seit immer mehr Schutzsuchende in der Türkei stranden, stammen auch illegale Nieren und Leberlappen zunehmend von verzweifelten Menschen.“

Ein plötzliches Klopfen unterbrach ihren Schreibfluss. Nora schaute auf, stand auf und ließ das Rollo ihres Terrassenfensters herunter. Konzentriert wandte sie sich wieder dem Laptop zu.

„In meinen Gesprächen zeichnete sich die Verzweiflung vieler Flüchtlinge ab. So auch bei Ahmed aus Syrien. Er spricht kein Türkisch, hat keine Bekannten, keine Arbeit, keine Wohnung. Er verkauft seine Niere, weil er keine andere Möglichkeit hat, an Geld zu kommen – außer seinem Körper.“

Erneut klopfte es. Diesmal eher ein Kratzen. Es kam von der Haustür. Langsam schlich Nora zum Eingang und lugte durch den Türspion. Dunkelheit. Nur der schwache Lichtkegel einer Straßenlaterne fiel in den Hausflur. Niemand zu sehen. Sie drehte sich um und wollte zurück zum Schreibtisch gehen – da schlug das Klopfen erneut, diesmal lauter. Dreimal. Sie schreckte auf.

Das Klopfen kam von der Haustür. Vorsichtig ging sie wieder hin. Kurz bevor sie die Tür erreichte, ertönte ein Klingeln. Nora zuckte zusammen, schaltete das Dielenlicht an und legte den Riegel an. Wieder schaute sie durch den Spion – wieder niemand zu sehen. Vorsichtig öffnete sie einen Spalt die Tür. Eine Windböe riss sie auf, schlug Nässe ins Gesicht. Nora presste die Augen zusammen, versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Nichts. Doch dann: ein Schatten.

Eine Gestalt schleuderte sich mit voller Wucht gegen die Tür. Der Riegel hielt nicht stand, brach aus dem Rahmen, und die Tür sprang auf. Nora stolperte rückwärts in die Diele. Der Schatten drängte in den Flur, schloss die Tür und beugte sich über die am Boden liegende Frau. Nora wagte nicht, die Augen zu öffnen, spürte nur den kalten Atem des Mannes. Durch den Sehschlitz ihrer Maske blitzten schwarze Augen.

„Du, Nora Poppa“, hauchte der Eindringling.

Kein Wort kam über ihre Lippen. Sie nickte kaum merklich. Mit einem kräftigen Beinschwung stieß sie den Angreifer zur Seite und sprang auf. Ein weiterer Schlag, und er fiel rücklings zu Boden. Nora rannte zur Kochecke, um ein Messer zu greifen. Doch sie stolperte am Canapé, der Angreifer war wieder auf den Beinen und riss sie erneut zu Boden. Kurz schaffte sie es, einen Hilferuf auszustoßen, dann schnürte ihr der Druck auf den Kehlkopf die Luft ab.

Mit aller Kraft schlug sie wild um sich, doch ihre Kräfte schwanden. Nach weniger als zwei Minuten wurde es still. Ihre Arme und Beine wurden schlaff, und Stille senkte sich über das kleine Appartement.

Das Brummen ihres Handys riss die gespenstische Ruhe auf. Der Mörder richtete sich auf, blickte ruhig durch die Wohnung, sicher, dass er ungestört blieb. Das Brummen verstummte. Nach wenigen Minuten löschte er das Licht und verließ die Wohnung. Beim Zuschlagen der Tür hörte er erneut das Vibrieren des Handys, bevor er im Dunkel verschwand.

Mehrfach hatte Peter Sturm an die Haustür geklingelt und gehämmert, doch keine Antwort. Er suchte die Rückseite des Gebäudes ab. Die Fenster waren dunkel und verriegelt. Alles schien normal, doch Noras Auto stand auf dem Parkplatz, und ihr leises Handyvibrieren war zu hören. Verunsichert verständigte Peter die Polizei.

Kurze Zeit später traf ein Streifenwagen ein. Peter schilderte den Beamten knapp die Situation und bat um Zugang zur Wohnung. Nach zwanzig Minuten kam der Schlüsseldienst, und die Polizei betrat die Wohnung.

„Frau Poppa, hier ist die Polizei. Sind Sie zu Hause?“ rief ein Beamter.

Mit erhobener Waffe schritten sie vorsichtig durch die Diele. Im Halbdunkel lag auf dem Boden neben dem Canapé die leblos verformte Gestalt von Nora Poppa. Ihr blauer Kopf, die starren Augen und der halbgeöffnete Mund verrieten das Schlimmste.

Kommissar Dieter Leitner, Spurensicherer Rubel und Polizeiarzt Dr. Knies übernahmen die Ermittlungen. Während Knies die Tote untersuchte, berichtete Peter Sturm von den letzten Stunden.

„Ich habe gestern Abend noch mit ihr telefoniert. Sie wollte einen Artikel fertigstellen und heute Morgen senden. Doch der Bericht kam nicht an. Das kannte ich nicht von ihr. Sie war immer zuverlässig.“

Kurz darauf traf der leitende Kommissar Berthold Bruno ein. Leitner fasste den Sachverhalt zusammen.

„Woran hat die Journalistin gearbeitet?“, fragte Bruno.

„Über die Flüchtlingssituation an der türkisch-syrischen Grenze“, erklärte Sturm.

Bruno ließ die Personalien aufnehmen und besprach sich mit Rubel.

„Der Täter verschaffte sich gewaltsam Zutritt“, erklärte Rubel, „die Sicherung der Tür wurde ausgerissen. Es gab einen Kampf – erst in der Diele, dann im Wohnraum. Nach der Tat durchsuchte der Täter die Wohnung gründlich, nahm Unterlagen und den Laptop mit. Geld ließ er liegen – in der unverschlossenen Kassette lagen 4.000 Euro.“

„Keine Notizen zum Artikel?“, fragte Leitner.

„Nichts gefunden, nur zerrissene Zettel im Papierkorb. Wir werten sie aus.“

Bruno betrachtete den Tatort. „Das war kein Einbruch aus Habgier. Ein gezielter Angriff auf die Person.“

Als sie sich unterhielten, kam ein leises Klopfen an der offenen Tür. Eine Frau mittleren Alters trat zögernd ein.

„Wer sind Sie? Was ist hier passiert? Wo ist Nora?“, stammelte sie.

„Ich bin Berthold Bruno von der Kriminalpolizei“, antwortete er. „Wer sind Sie?“

„Klaudia Kabucki, eine Freundin von Nora. Gestern hat sie mich noch angerufen und gebeten, heute zu ihr zu kommen. Sie wollte mir von ihren Recherchen in der Türkei erzählen.“

„Wissen Sie, ob sie Familie hatte?“, fragte Leitner.

„Nein, sie war nicht verheiratet und hatte keine feste Beziehung. Sie war mit ihrem Beruf verheiratet“, antwortete Kabucki.

Auf Nachfrage erzählte sie von Noras Bericht über die verzweifelten Flüchtlinge und die unhaltbaren Zustände an der Grenze.

Bevor sie ging, fragte sie: „Was soll ich mit den Akten machen, die Nora mir hinterlassen hat?“

Leitner und Bruno sahen sich an. „Wir übernehmen die Unterlagen und nehmen alles mit ins Büro.“

Cizre

01. März, 09:00 Uhr

Mit einem dumpfen Klack fiel die Autotür des Jeeps ins Schloss. Mehmet Yildaz sog den staubigen Morgenwind ein und ging breitbeinig auf die Wellblechhütte am Eingang des Camp Cizre zu. Die Sonne lag bleiern über den Blechdächern, aus einigen Zelten drang der Geruch von süßem Tee und verbranntem Holz.

Hier war er kein Fremder. Beim Flüchtlingsrat kannte und mochte man ihn – nicht nur, weil er als städtischer Mitarbeiter Entscheidungen traf, sondern weil er zuhörte. Mehmet gehörte zu den wenigen, die den Menschen nicht nur Formulare reichten, sondern auch Hoffnung.

„Salam Aleikum, Sali.“

„Wa aleikum assalam, Mehmet, mein Freund.“ Sali legte seinen Stift beiseite, und ein Lächeln schob sich unter seinen Schnurrbart.

„Wie geht’s dir?“

Mehmet antwortete nicht sofort, nahm die heiße Tasse entgegen, die Sali ihm hinhielt. Der bittere Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee stieg auf.

„Neuankömmlinge heute?“

„Zwei Familien. Drei Kinder. Müde bis auf die Knochen. Zelt 473 war frei – ich hab sie dort untergebracht.“

Mehmet nickte knapp. „Ich will sie sehen.“

Sali wusste, dass Mehmet jeden kannte, der hier ankam – nicht nur als Akte, sondern als Mensch.