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Bernard Cornwell

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Beschreibung

Ein König liegt im Sterben, und er beschließt, sein kaum geeintes Reich unter den beiden Söhnen aufzuteilen. Doch jeder der Halbbrüder beansprucht das ganze England für sich. Uhtred, der Krieger, verlässt seine Heimat im Norden, um dem Älteren, Æthelstan, beizustehen. Ein Eid bindet ihn, dabei ahnt er, dass beide verfeindeten Brüder davon träumen, auch sein geliebtes Northumbria dem Reich anzuschließen. Der Kampf um die englische Krone wird in London entschieden. Und dann erleidet Uhtred die größte Niederlage seines Lebens: Er wird gefangengenommen und verliert Schlangenhauch, das Schwert, das ihn in allen Schlachten begleitet hat ...

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Bernard Cornwell

Das Königsschwert

Historischer Roman

 

 

Aus dem Englischen von Karolina Fell

 

Über dieses Buch

Alles stirbt. Wir alle sterben. Und alles, was von uns bleibt, ist der Name.

 

Ein König liegt im Sterben, und er beschließt, sein kaum geeintes Reich unter den beiden Söhnen aufzuteilen. Doch jeder der Halbbrüder beansprucht die alleinige Herrschaft für sich. Uhtred, der Krieger, verlässt seine Heimat im Norden, um dem Älteren, Æthelstan, beizustehen. Ein Eid bindet ihn, dabei ahnt er, dass beide verfeindeten Brüder davon träumen, auch sein geliebtes Northumbrien dem Reich anzuschließen. Der Kampf um die Krone wird in London entschieden. Doch zuvor erleidet Uhtred die größte Niederlage seines Lebens: Er wird gefangengenommen und verliert Schlangenhauch, das Schwert, das ihn in alle Schlachten begleitet hat …

 

«Man muss seine Süchte pflegen, auch die nach Wikinger-Romanen.» (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)

 

«Es hat mir schlicht die Sprache verschlagen. Das zieht einen ja rein wie großes Leinwandkino.» (Denis Scheck, SWR 2 «Lesenswert» zu «Wolfskrieg»)

 

«Von allen lebenden und toten Autoren, die ich je gelesen habe, schreibt Bernard Cornwell die besten Schlachtenszenen.» (George R.R. Martin)

 

«Wie ‹Game of Thrones›. Nur echt.» (The Observer)

Vita

Bernard Cornwell, geboren 1944 in London und aufgewachsen in Essex, arbeitete nach seinem Geschichtsstudium an der University of London lange als Journalist bei der BBC, wo er das Handwerk der gründlichen Recherche lernte (zuletzt als «Head of Current Affairs» in Nordirland). 1980 heiratete er eine Amerikanerin und lebt seither in Cape Cod und in Charleston/South Carolina. Weil er in den USA zunächst keine Arbeitserlaubnis erhielt, begann er Romane zu schreiben. Im englischen Sprachraum gilt er als unangefochtener König des historischen Abenteuerromans. Seine Werke wurden in über 20 Sprachen übersetzt – Gesamtauflage: mehr als 30 Millionen Exemplare. Die Queen zeichnete ihn mit dem «Order of the British Empire» aus. Die Romane um den Krieger Uhtred wurden Vorlage für eine international erfolgreiche TV-Serie, die bereits in die vierte Staffel geht.

Das Königsschwert

ist für

Suzanne Pollak

Ortsnamen

Die Schreibung der Ortsnamen im angelsächsischen England war eine unsichere und regellose Angelegenheit, in der nicht einmal über die Namen selbst Übereinstimmung herrschte. London etwa wurde abwechselnd als Lundonia, Lundenberg, Lundenne, Lundene, Lundenwic, Lundenceaster und Lundres bezeichnet. Zweifellos hätten manche Leser andere Varianten der Namen vorgezogen, die unten aufgelistet sind, doch ich habe mich in den meisten Fällen nach den Schreibungen gerichtet, die entweder im Oxford Dictionary of English Place-Names oder im Cambridge Dictionary of English Place-Names für die Jahre um die Herrschaft Alfreds von 871 bis 899 zu finden sind. Doch selbst diese Lösung ist nicht narrensicher. So wird die Insel Hayling im Jahr 956 sowohl Heilincigae als auch Hæglingaiggæ geschrieben. Auch bin ich selbst nicht immer konsequent geblieben; ich habe die moderne Bezeichnung Northumbrien dem älteren Norðhymbralond vorgezogen, weil ich den Eindruck vermeiden wollte, dass die Grenzen des alten Königreiches mit denjenigen des modernen Countys identisch sind. Aus all diesen Gründen folgt die untenstehende Liste ebenso unberechenbaren Regeln wie die Schreibung der Ortsnamen selbst.

Andefera Andover, Wiltshire

Basengas Basing, Hampshire

Bebbanburg Bamburgh, Northumberland

Beamfleot Benfleet, Essex

Caninga Insel Canvey, Essex

Ceaster Chester, Cheshire

Celmeresburh Chelmsford, Essex

Cent Kent

Cestrehunt Cheshunt, Hertfordshire

Cippanhamm Chippenham, Wiltshire

Colneceaster Colchester, Essex

Contwaraburg Canterbury, Kent

Crepelgate Cripplegate, London

Cyningestun Kingston upon Thames, Surrey

Dumnoc Dunwich, Suffolk

East Seax Essex

Elentone Maidenhead, Berkshire

Eoferwic sächsischer Name für York, Yorkshire

Fæfresham Faversham, Kent

Farnea-Inseln Farne-Inseln, Northumberland

Fearnhamme Farnham, Surrey

Ferentone Farndon, Cheshire

Fleot Fluss Fleet, London

Fughelness Foulness, Essex

Gleawecestre Gloucester, Gloucestershire

Grimesbi Grimsby, Lincolnshire

Hamptonscir Hampshire

Heahburh erfundener Name für Whitley Castle, Alston, Cumberland

Heorotforda Hertford, Hertfordshire

Humbre Fluss Humber

Jorvik dänisch/norwegischer Name für York, Yorkshire

Ligan Fluss Lea

Lindcolne Lincoln, Lincolnshire

Lindisfarena Heilige Insel Lindisfarne, Northumberland

Ludd’s Gate Ludgate, London

Lupiae Lecce, Italien

Lundene London

Mædlak Fluss Medlock, Lancashire

Mærse Fluss Mersey

Mameceaster Manchester

Ora Oare, Kent

Sceapig Insel Sheppey, Kent

St. Cuthbert’s Cave Sankt Cuthberts Höhle, Holburn, Northumberland

Strath Clota Königreich im Südwesten Schottlands

Suðgeweork Southwark, London

Swalwan Gezeitenfluss The Swale, Themsemündung

Temes Fluss Themse

Toteham Tottenham, Großraum London

Tuede Fluss Tweed

Weala Bach Walbrook, London

Werlameceaster St. Albans, Hertfordshire

Westmynster Westminster, London

Wicumun High Wycombe, Buckinghamshire

Wiltunscir Wiltshire

Wintanceaster Winchester, Hampshire

Erster TeilEin Narrengang

Eins

Gydene wurde vermisst.

Sie war nicht mein erstes Schiff, das verschwand. Die wilde See ist gewaltig, und Schiffe sind klein, und Gydene, was einfach ‹Göttin› bedeutete, war kleiner als die meisten. Sie war in Grimesbi am Humbre gebaut und Haligwæter getauft worden. Sie war ein Jahr lang zum Fischfang genutzt worden, bevor ich sie kaufte, und weil ich kein Schiff namens Weihwasser in meiner Flotte haben wollte, bezahlte ich einer Jungfrau einen Schilling, damit sie in den Kielraum pisste, taufte die Haligwæter auf Gydene um und gab sie den Fischersleuten von Bebbanburg. Sie warfen ihre Netze weit vor der Küste aus, und als die Gydene nicht zurückkehrte, an einem Tag, an dem kräftiger Wind herrschte, der Himmel grau war und sich die Wellen schäumend und hoch an den Felsen der Farnea-Inseln brachen, nahmen wir an, sie wäre von den Brechern überrollt worden und hätte dem kleinen Dorf von Bebbanburg sechs Witwen und beinahe dreimal so viele Waisen beschert. Vielleicht hätte ich nicht an ihren Namen rühren sollen. Alle Seeleute wissen, dass man das Schicksal herausfordert, wenn man einen Schiffsnamen ändert, aber sie wissen auch, dass Jungfrauenpisse ein böses Schicksal abwendet. Doch die Götter können ebenso grausam sein wie die See.

Dann kam Egil Skallagrimmrson von seinem Land, das ich ihm zugesprochen hatte, Land, das die Grenze meines Gebietes zum Reich Constantins von Schottland bildete, und Egil kam übers Meer, wie er es immer tat, und im Laderaum der Banamaðr, seines Schlangenschiffs, lag ein Toter. «Am Tuede angespült worden», erklärte er mir, «das ist einer von Euren Männern, oder?»

«Am Tuede?», fragte ich.

«Auf dem Südufer. Hab ihn auf einer Sandbank entdeckt. Aber zuerst haben ihn die Möwen gefunden.»

«Das sehe ich.»

«Er war einer von Euch, oder?»

«War er.» Der Name des Toten lautete Haggar Bentson, ein Fischer, Rudergänger auf der Gydene, großgewachsen, zu trinkfreudig, vernarbt von zu vielen Schlägereien, ein Haudrauf, ein Frauenschläger und ein guter Seemann.

«Der ist nicht ertrunken, oder?», stellte Egil fest.

«Nein.»

«Und die Möwen haben ihn nicht umgebracht», scherzte Egil.

«Nein», sagte ich, «die Möwen haben ihn nicht umgebracht.» Stattdessen war Haggar zu Tode gehackt worden. Seine Leiche war nackt und bleich wie ein Fisch, bis auf die Hände und das, was von seinem Gesicht noch übrig war. Tiefe Wunden verliefen über seinen Bauch, seine Brust und seine Oberschenkel, und die See hatte die grausamen Schnitte reingewaschen.

Egil berührte mit dem Stiefel eine klaffende Wunde, die Haggars Brust von der Schulter bis zum Brustbein gespalten hatte. «Ich würde sagen, er ist an einem Axthieb gestorben», meinte er, «aber vorher hat ihm jemand die Eier abgeschnitten.»

«Ich hab’s gesehen.»

Egil beugte sich zu dem Leichnam hinab und drückte dessen Unterkiefer herunter. Egil Skallagrimmrson war ein starker Mann, dennoch kostete es ihn eine gewisse Anstrengung, Haggars Mund zu öffnen. Der Knochen machte ein knackendes Geräusch, und Egil richtete sich wieder auf. «Die Zähne haben sie ihm auch rausgerissen», sagte er.

«Und die Augen.»

«Das könnten die Möwen gewesen sein. Haben eine Vorliebe für Augäpfel.»

«Aber die Zunge haben sie ihm gelassen», sagte ich. «Armer Hund.»

«Elende Art zu sterben», stimmte mir Egil zu, dann wandte er sich zur Hafeneinfahrt um. «Kann mir nur zwei Gründe denken, um einen Mann zu foltern, bevor man ihn tötet.»

«Zwei?»

«Zum Vergnügen? Vielleicht hat er sie beleidigt.» Er zuckte mit den Schultern. «Der andere Grund ist, ihn zum Reden zu bringen. Warum hätten sie ihm sonst die Zunge lassen sollen?»

«Sie?», fragte ich. «Die Schotten?»

Egil sah wieder den verstümmelten Leichnam an. «Er muss irgendwen verärgert haben, aber die Schotten haben sich in letzter Zeit ruhig verhalten. Sieht nicht nach ihnen aus.» Er zuckte erneut mit den Schultern. «Könnte etwas Persönliches sein. Ein anderer Fischer, den er gegen sich aufgebracht hat?»

«Keine weiteren Leichen?», fragte ich. Die Mannschaft der Gydene hatte aus sechs Männern und zwei Jungen bestanden. «Kein Wrack?»

«Bisher nur dieser arme Hund. Aber die anderen könnten noch draußen im Wasser treiben.»

Viel mehr gab es nicht zu sagen oder zu tun. Wenn nicht die Schotten die Gydene erbeutet hatten, war es vermutlich ein norwegischer Plünderer oder ein friesisches Schiff gewesen, die das frühsommerliche Wetter genutzt hatten, um sich an Hering, Kabeljau und Schellfisch aus dem Fang der Gydene zu bereichern. Wer auch immer es gewesen war, die Gydene war verloren, und ich vermutete, dass die überlebenden Mitglieder ihrer Mannschaft auf die Ruderbänke ihres Eroberers gesetzt worden waren, und diese Vermutung wurde nahezu Gewissheit, als zwei Tage, nachdem mir Egil den Leichnam gebracht hatte, die Gydene selbst nördlich von Lindisfarena an Land getrieben wurde. Sie war nur noch ein entmasteter Rumpf, kaum noch schwimmfähig, als sie von den Wellen auf den Strand geworfen wurde. Leichen tauchten keine mehr auf, nur das Wrack, das wir am Strand liegen ließen, in der Gewissheit, dass es die Herbststürme zertrümmern würden.

Eine Woche, nachdem die zerstörte Gydene an Land geschlingert war, verschwand ein weiteres Fischerboot, dieses Mal an einem so ruhigen und windstillen Tag, wie die Götter je einen werden ließen. Das verlorene Schiff hatte den Namen Swealwe getragen, und ebenso wie Haggar hatte sein Schiffsführer die Netze gern weit draußen auf See ausgeworfen, und die ersten Einzelheiten über das Verschwinden der Swealwe erfuhr ich, als drei Witwen nach Bebbanburg kamen, angeführt von ihrem zahnlückigen Dorfpriester namens Pater Gadd. Er ruckte mit dem Kopf. «Da waren…», begann er.

«Waren was?», fragte ich und widerstand dem Drang, das zischende Geräusch nachzuahmen, das der Priester wegen seiner Zahnlücken machte.

Pater Gadd war ängstlich, kein Wunder. Wie ich gehört hatte, beklagte er in seinen Predigten, dass der Lehnsherr seines Dorfes ein Heide war, doch nun, wo er von Angesicht zu Angesicht vor diesem Heiden stand, hatte sich sein Mut verflüchtigt.

«Bolgar Haruldson, Herr. Er ist der…»

«Ich weiß, wer Bolgar ist», unterbrach ich ihn. Er war ein weiterer Fischer.

«Er hat zwei Schiffe am Horizont gesehen, Herr. An dem Tag, an dem die Swealwe verschwunden ist.»

«Es gibt viele Schiffe», sagte ich, «Handelsschiffe. Es wäre seltsam, wenn er keine Schiffe sehen würde.»

«Bolgar sagt, sie sind zuerst nach Norden und dann nach Süden gefahren.»

Der ängstliche Narr brachte nicht viel Vernünftiges heraus, aber schließlich verstand ich, was er sagen wollte. Die Swealwe war auf die See hinausgerudert, und Bolgar, ein erfahrener Mann, sah, wo sie hinter dem Horizont verschwand. Dann sah er, wie sich die Mastspitzen der beiden Schiffe in Richtung der Swealwe bewegten, eine Weile verharrten und wieder umkehrten. Die Swealwe hatte sich jenseits der Horizontlinie befunden, und das einzig sichtbare Zeichen ihrer Begegnung mit den geheimnisvollen Schiffen bestand darin, dass sich deren Masten nordwärts bewegt und dann innegehalten hatten, um anschließend südwärts zu fahren, und das klang nicht nach der Fahrt eines Handelsschiffs. «Ihr hättet Bolgar zu mir bringen sollen», sagte ich. Dann gab ich den drei Witwen Silber und dem Priester zwei Pennys dafür, dass er mir die Neuigkeit überbracht hatte.

«Welche Neuigkeit?», fragte mich Finan an diesem Abend.

Wir saßen auf der Bank vor dem Palas von Bebbanburg, hatten den Blick über die östlichen Befestigungsanlagen hinweg auf die runzelige Spiegelung des Mondes in der weiten See gerichtet. Aus dem Palas tönten Gesang und Gelächter von Männern zu uns heraus. Das waren meine Krieger, bis auf die etwa zwanzig von ihnen, die auf unserer hohen Mauer Wache hielten. Ein schwacher Ostwind trug den Geruch des Meeres zu uns. Es war ein ruhiger Abend, und auf dem Gebiet von Bebbanburg hatte Frieden geherrscht, seit wir ein Jahr zuvor über die Hügel gezogen waren und Sköll in seiner hochgelegenen Festung besiegt hatten. Nach diesem grausigen Kampf hatten wir geglaubt, die Norweger wären geschlagen und der westliche Teil Northumbriens abgeschreckt, doch Reisende brachten Nachricht über die hohen Pässe, dass immer noch Nordmänner kamen, ihre Drachenboote an unserer Westküste landeten und ihre Krieger Land für sich suchten. Allerdings nannte sich kein Norweger mehr selbst König, wie es Sköll getan hatte, und keiner überquerte die Hügel, um auf den Weiden von Bebbanburg Unruhe zu stiften, und so herrschte eine Art Frieden. Constantin von Alba, das einige Männer Schottland nennen, stand mit den Norwegern von Strath Clotha im Krieg, die von einem König namens Owain angeführt wurden, und Owain ließ uns in Ruhe, und Constantin wollte Frieden mit uns, bis er Owains Norweger besiegen konnte. Es war das, was mein Vater einen «schottischen Frieden» genannt hatte, und das bedeutete, dass ständig und zügellos Rinder gestohlen wurden, aber Rinder wurden immer gestohlen, und wir schlugen jedes Mal zurück, indem wir in die schottischen Täler vorstießen, um uns ebenfalls Vieh zu holen. Wir raubten genauso viele Tiere, wie sie raubten, und es wäre viel einfacher gewesen, wenn es keine Raubzüge gegeben hätte, doch in Friedenszeiten muss jungen Männern das Kriegshandwerk gelehrt werden.

«Die Neuigkeit ist», erklärte ich Finan, «dass dort draußen Plünderer sind», ich nickte in Richtung der See, «und sie haben sich zwei von unseren Schiffen gegriffen.»

«Plünderer gibt es immer.»

«Aber diese hier gefallen mir nicht.»

Finan, mein engster Freund, ein Ire, der mit der Leidenschaft seines Volkes und dem Geschick der Götter kämpfte, lachte. «Hast du einen üblen Geruch in die Nase bekommen?»

Ich nickte. Es gibt Augenblicke, in denen das Wissen von nirgendwo kommt, von einem Gefühl, von einem Geruch, der nicht gerochen werden kann, von einer Befürchtung, die keine Ursache hat. Die Götter schützen uns, und sie senden uns dieses unvermittelte Prickeln in den Adern, diese Sicherheit, dass sich in einer unschuldsvollen Landschaft Mörder verbergen. «Warum sollten sie Haggar foltern?», fragte ich.

«Weil er ein sauertöpfischer Bastard war, versteht sich.»

«Das war er», sagte ich, «aber es scheint mir um Ärgeres als das zu gehen.»

«Und was willst du jetzt tun?»

«Mich auf die Jagd machen, natürlich.»

Finan lachte. «Ist dir langweilig?», fragte er, aber ich sagte nichts, was ihn erneut zum Lachen brachte. «Dir ist langweilig», unterstellte er mir, «und du brauchst einfach einen Vorwand, um mit der Spearhafoc zu spielen.»

Und das stimmte. Ich wollte mit der Spearhafoc aufs Meer, und deshalb würde ich jagen gehen.

 

Die Spearhafoc hieß nach den Sperbern, die in den spärlichen Wäldern von Bebbanburg nisteten, und sie war, ebenso wie die Sperber, eine Jägerin. Sie war langgezogen, mit einem niedrigen Freibord mittschiffs und einem herausfordernden Bug, den ein geschnitzter Sperberkopf krönte. Sie war von einem friesischen Brüderpaar gebaut worden, das aus seinem Land geflohen war und am Ufer des Humbre eine Werft eröffnet hatte. Dort hatten die beiden die Spearhafoc aus guter mercischer Eiche und Esche gemacht. Sie hatten den Rumpf geformt, indem sie elf lange Planken an jede Seite des Spantenskeletts nagelten, dann einen Mast aus biegsamem northumbrischem Kiefernholz aufgerichtet, der mit Leinen verspannt war und eine Rah trug, von der stolz ihr Segel herabhing. Stolz, weil das Segel mein Zeichen zeigte, das Zeichen von Bebbanburg, den knurrenden Wolfskopf. Der Wolf und der Sperber, beide Jäger und beide schonungslos. Selbst Egil Skallagrimmrson, der wie die meisten Norweger sächsische Schiffe und sächsische Seemänner verachtete, lobte die Spearhafoc widerstrebend. «Allerdings», hatte er zu mir gesagt, «ist sie eigentlich nicht sächsisch, nicht wahr? Sie ist friesisch.»

Sächsisch oder nicht, die Spearhafoc glitt durch die enge Hafenzufahrt in einen dunstigen, sommerlichen Tagesanbruch hinaus. Seit ich von der Swealwe erfahren hatte, war eine Woche vergangen, eine Woche, in der sich meine Fischer nie weit vom Land entfernten. Die Küste hinauf und hinab regierte in allen Häfen von Bebbanburg die Angst, und so fuhr die Spearhafoc aus, um Vergeltung zu üben. Es herrschte Flut, Wind gab es keinen, und meine Ruderleute zogen die Riemen kräftig und gut durch, trieben das Schiff gegen die Strömung, sodass wir eine breiter werdende Kielwasserspur hinter uns herzogen. Die einzigen Geräusche waren das Knarren der Riemen in den Ruderlöchern, das Zischen des Wassers entlang des Rumpfes, der träge Wellenschlag am Strand und die einsamen Schreie der Möwen über der mächtigen Festung von Bebbanburg.

Vierzig Mann legten sich in die langen Riemen, weitere zwanzig kauerten entweder zwischen den Ruderbänken oder auf der Bugplattform. Alle trugen Rüstung, und alle waren bewaffnet, wenn auch die Speere, Äxte und Schwerter der Ruderer noch mittschiffs bei den Schilden aufgestapelt waren. Finan und ich standen auf dem kurzen Deck des Steuermanns. «Vielleicht kommt später noch Wind auf», meinte Finan.

«Vielleicht auch nicht», grummelte ich.

Finan fühlte sich auf See niemals wohl und hatte auch meine Liebe zu Schiffen niemals verstanden, und er begleitete mich an jenem Tag nur, weil es Aussicht auf einen Kampf gab. «Allerdings ist, wer auch immer Haggar getötet hat, vermutlich längst weg», murrte er, als wir aus der Hafenzufahrt ausliefen.

«Vermutlich», stimmte ich ihm zu.

«Also verschwenden wir unsere Zeit.»

«Sieht sehr danach aus», sagte ich. Die Spearhafoc richtete ihren Bug auf die lange, träge Dünung aus, und Finan musste nach dem Hintersteven greifen, um sein Gleichgewicht zu halten. «Setz dich», sagte ich zu ihm, «und trink einen Schluck Ale.»

Wir ruderten dem Sonnenaufgang entgegen, und mit der Wärme des Tages kam schwacher Westwind, der ausreichte, um meine Mannschaft die Rah zur Mastspitze hinaufziehen und das Wolfskopf-Segel lösen zu lassen. Die Ruderleute ruhten sich dankbar aus, während die Spearhafoc über die langsam wogende See zog. Das Land war in dem Dunst hinter uns verschwunden. Bei den Farnea-Inseln waren ein paar kleine Fischerboote gewesen, doch sobald wir weiter draußen auf See waren, sahen wir keine Masten oder Schiffsrümpfe mehr, als wären wir allein auf der weiten Welt. Die meiste Zeit konnte ich das Steuerruder im Wasser nachschleifen lassen, während uns das Schiff langsam ostwärts brachte, vorangetrieben von einem Wind, der kaum ausreichte, um das schwere Segel zu füllen. Die meisten meiner Männer schliefen, während die Sonne höher stieg.

Traumzeit. So, dachte ich, musste Ginnungagap gewesen sein, dieses Nichts zwischen dem Feuerofen des Himmels und dem Eis darunter, das Nichts, in dem die Welt erschaffen worden war. Wir segelten in eine blaugraue Leere, in der meine Gedanken ebenso langsam dahinwanderten wie das Schiff. Finan schlief. Immer wieder sackte das Segel zusammen, wenn der Wind nachließ, um sich mit einem dumpfen Geräusch wieder aufzublähen, wenn die schwache Brise zurückkehrte. Der einzige echte Hinweis darauf, dass wir uns überhaupt bewegten, war das sanft gekräuselte Kielwasser der Spearhafoc.

Und in diesem Nichts dachte ich an Könige und an den Tod, denn Edward lebte noch immer. Edward, der sich als Anglorum Saxonum Rex bezeichnete, als König der Angeln und der Sachsen. Er war König von Wessex und von Mercien und von Ostanglien, und er lebte noch immer. Er war krank gewesen, er hatte sich erholt, er war erneut erkrankt, dann hatte es Gerüchte darüber gegeben, dass er im Sterben läge, doch Edward lebte noch immer. Und ich hatte geschworen, zwei Männer zu töten, wenn Edward starb. Dieses Versprechen hatte ich gegeben, doch ich hatte keinerlei Vorstellung, wie ich es halten sollte.

Denn um es zu halten, würde ich Northumbrien verlassen und bis ins Kernland von Wessex gehen müssen. Und in Wessex war ich Uhtred der Heide, Uhtred der Gottlose, Uhtred der Heimtückische, Uhtred Ealdordeofol, was Uhtred der Oberteufel heißt, und am häufigsten wurde ich Uhtredærwe genannt, was einfach Uhtred der Bösartige bedeutet. Ich hatte in Wessex mächtige Feinde und nur wenige Freunde. Dies gab mir drei Wahlmöglichkeiten. Ich könnte mit einem kleinen Heer einfallen, das unweigerlich geschlagen werden würde, ich könnte mit einigen wenigen Männern gehen und Gefahr laufen, entdeckt zu werden, und ich könnte meinen Schwur brechen. Die ersten beiden Möglichkeiten würden zu meinem Tod führen, die dritte zu der Schande eines Mannes, der nicht zu seinem Wort gestanden hatte, zu der Schande, ein Eidbrecher zu sein.

Eadith, meine Frau, hatte keinerlei Zweifel daran, was ich tun sollte. «Brich den Eid», hatte sie mit scharfer Stimme zu mir gesagt. Wir hatten in unserer Kammer hinter dem großen Palas von Bebbanburg gelegen, ich hatte zu den Deckenbalken hinaufgeschaut, die von Rauch und nächtlichen Schatten geschwärzt waren, und ich hatte geschwiegen. «Lass sie sich gegenseitig umbringen», hatte sie mich gedrängt. «Das ist ein Streit der südlichen Länder, nicht unserer. Wir sind hier sicher.» Und sie hatte recht, wir waren sicher in Bebbanburg, dennoch hatte mich ihre Forderung aufgebracht. Die Götter achten auf unsere Versprechen, und einen Eid zu brechen bedeutet, ihren Zorn herauszufordern.

«Willst du für einen dummen Eid sterben?» Auch Eadith war wütend gewesen. «Ist es das, was du willst?» Ich wollte leben, aber ich wollte ohne den Makel der Ehrlosigkeit leben, der an einem Eidbrecher haftet.

Die Spearhafoc lenkte mich von dieser verzwickten Lage ab, als sie im auffrischenden Wind schneller wurde. Ich griff nach dem Steuerruder und spürte, wie der Druck des Wassers durch seinen langen Eschenschaft übertragen wurde. Zumindest diese Wahl war leicht. Fremde hatten meine Männer abgeschlachtet, und wir segelten über eine vom Wind gekräuselte, im Sonnenlicht funkelnde See, um Rache zu nehmen. «Sind wir schon zu Hause?», fragte Finan.

«Ich dachte, du schläfst.»

«Hab nur gedöst», knurrte Finan, dann richtete er sich auf und sah sich um. «Da draußen ist ein Schiff.»

«Wo?»

«Dort.» Er deutete nach Norden. Finan hatte ein besseres Sehvermögen als jeder andere Mann, den ich jemals gekannt hatte. Er mochte älter werden, wie ich auch, und doch war sein Blick so scharf wie immer. «Nur ein Mast», sagte er, «kein Segel.»

Ich starrte in den Dunst, ohne etwas zu sehen. Dann glaubte ich, ein Flackern vor dem blassen Himmel zu erkennen, eine feine Linie wie ein zittriger Rußfaden. Ein Mast? Ich verlor die Linie aus dem Blick, entdeckte sie wieder und richtete das Schiff nordwärts aus. Das Segel ächzte, bis wir das Steuerbordschot einholten, dann legte sich die Spearhafoc wieder in den Wind, und das Wasser schäumte lauter an ihren Flanken entlang. Meine Männer rührten sich, geweckt von der unvermittelten Lebhaftigkeit der Spearhafoc, und richteten ihre Blicke auf das Schiff in der Ferne.

«Hat kein Segel gesetzt», sagte Finan.

«Es läuft gegen den Wind», sagte ich, «also rudern sie. Wahrscheinlich ein Handelsschiff.» Kaum hatte ich das gesagt, verschwand der feine Strich am dunstigen Horizont, ersetzt von einem neu herabgelassenen Segel. Ich beobachtete das Schiff, nun, wo das verschwommene Rechteck des Segels viel leichter zu erkennen war als der Mast. «Es dreht in unsere Richtung», sagte ich.

«Es ist die Banamaðr», sagte Finan.

Darüber lachte ich nur. «Das vermutest du!»

«Das ist keine Vermutung», sagte Finan, «sie hat einen Adler auf dem Segel, es ist Egil.»

«Das kannst du sehen?»

«Du nicht?»

Unsere beiden Schiffe segelten nun aufeinander zu, und gleich darauf konnte ich einen weiß gekalkten obersten Plankengang erkennen, der sich deutlich gegen die dunklere, untere Beplankung des Rumpfs abhob. Zudem konnte ich den großen, schwarzen Umriss eines Adlers mit ausgebreiteten Schwingen auf dem Segel erkennen und den Adlerkopf auf dem hohen Bugsteven. Finan hatte recht, es war die Banamaðr, ein Name, der ‹Töter› bedeutete. Es war Egils Schiff.

Als die Banamaðr näher kam, ließ ich das Segel herunter, sodass sich die Spearhafoc in den auffrischenden Wellen wiegte. Es war ein Zeichen an Egil, dass er längsseits kommen konnte, und ich beobachtete, wie sein Schiff in einem Bogen auf uns zulief. Es war kleiner als die Spearhafoc, aber ebenso schlank, ein Räuber friesischer Bauart und die größte Freude Egils, der, wie beinahe alle Norweger, auf See am glücklichsten war. Ich sah zu, wie sich das Wasser weiß am Scheg der Banamaðr brach, während sie weiter drehte, wie die große Rah heruntergelassen wurde und die Männer das Segel an Bord zogen, die lange Rah mit dem aufgerollten Segel längsschiffs drehten, und dann schwenkte die Banamaðr, so glatt, wie es sich ein Seemann nur wünschen konnte, auf unserer Steuerbordseite längsseits ein. Ein Mann im Bug der Banamaðr warf eine Leine herüber, eine zweite flog von ihrem Heck zu mir, und Egil rief seiner Mannschaft zu, sie solle Segeltuch oder Umhänge über den hellen obersten Plankengang legen, damit das Holz ihrer und unserer Schiffsflanken nicht aneinanderstieß und scheuerte. Er grinste mich an. «Tut Ihr, was ich glaube, dass Ihr tut?»

«Meine Zeit vergeuden», rief ich zurück.

«Vielleicht auch nicht.»

«Und Ihr?»

«Ich suche nach den Bastarden, die Eure Schiffe geraubt haben, versteht sich. Kann ich an Bord kommen?»

«Nur zu!»

Egil wartete ab, um den Wellengang einzuschätzen, bevor er zu uns herübersprang. Er war ein Norweger, ein Heide, ein Dichter, ein Seemann und ein Krieger. Er war hochgewachsen, ebenso wie ich, und trug sein blondes Haar lang und ungezähmt. Sein Gesicht war bartlos, und sein Kinn sprang hervor wie der Bug eines Drachenbootes, er hatte tiefliegende Augen, eine Axtklinge von einer Nase und ein leutseliges Wesen. Männer folgten ihm bereitwillig, und Frauen noch bereitwilliger. Ich kannte ihn erst seit einem Jahr, doch in diesem Jahr hatte ich ihn zu schätzen und ihm zu vertrauen gelernt. Er war jung genug, um mein Sohn zu sein, und er hatte siebzig norwegische Krieger mitgebracht, die mir im Gegenzug für das Land, das ich ihnen am Südufer des Tuede gab, den Treueid geleistet hatten.

«Wir sollten nach Süden», sagte Egil lebhaft.

«Nach Süden?», fragte ich.

Egil nickte Finan zu, «Guten Morgen, Herr», denn zu ihrer beiderseitigen Belustigung nannte er Finan stets «Herr». Dann sah er wieder mich an. «Ihr vergeudet Eure Zeit nicht. Wir sind einem schottischen Handelsfahrer auf dem Weg nach Norden begegnet, und er hat uns erzählt, dass dort unten vier Schiffe waren.» Er nickte Richtung Süden. «Weit draußen auf See», sagte er, «außer Sicht vom Land. Vier sächsische Schiffe, die nur abgewartet haben. Eines von ihnen hat ihn aufgehalten, drei Schillinge Zoll verlangt, und als er nicht zahlen konnte, haben sie ihm die gesamte Fracht gestohlen.»

«Sie wollten ihm Zoll berechnen?»

«In Eurem Namen.»

«In meinem Namen», sagte ich leise vor Wut.

«Ich war auf dem Rückweg, um es Euch zu berichten.» Egil warf einen Blick auf die Banamaðr, in der etwa vierzig Mann abwarteten. «Ich habe nicht genügend Männer, um es mit vier Schiffen aufzunehmen, aber zu zweit könnten wir einiges gegen sie ausrichten, oder?»

«Wie viele Männer sind auf den Schiffen?» Finan war mit erwartungsvollem Blick aufgestanden.

«Auf dem, das den Schotten angehalten hat, waren vierzig. Er hat gesagt, zwei von den anderen waren ungefähr genauso groß und das letzte kleiner.»

«Wir könnten einiges gegen sie ausrichten», sagte ich rachsüchtig.

Während er uns zuhörte, hatte Finan Egils Mannschaft beobachtet. Drei Männer wuchteten den Aufsatz mit dem Adlerkopf vom Bug. Sie legten das schwere Holzstück auf das kurze Vorderdeck, dann halfen sie den anderen, die das Segel aufschnürten. «Was tun sie?», fragte Finan.

Egil wandte sich zur Banamaðr um. «Wenn dieser Abschaum ein Schiff mit einem Adler auf dem Segel sieht», sagte er, «wissen sie, dass wir ein Kampfschiff sind. Und wenn sie meinen Adler sehen, wissen Sie, dass ich es bin. Also drehe ich das Segel um.» Er grinste. «Mein Schiff ist klein, sie werden uns für leichte Beute halten.»

Ich verstand, was er im Sinn hatte. «Also soll ich Euch folgen?»

«Mit Euren Rudermännern», regte er an. «Wenn Ihr unter Segel fahrt, entdecken sie Euch früher. Wir locken sie mit der Banamaðr als Köder an, und dann könnt Ihr mir helfen, sie zu erledigen.»

«Helfen?», wiederholte ich spöttisch und brachte ihn damit zum Lachen.

«Aber wer sind sie?», fragte Finan.

Und das war die Frage, die an mir nagte, als wir uns nach Süden wandten. Egil war auf sein Schiff zurückgekehrt, das uns, mit der graubraunen Seite seines Segels nach vorn gekehrt, vorausfuhr. Trotz Egils Vorschlag lief auch die Spearhafoc unter Segel, allerdings wenigstens eine halbe Meile hinter der Banamaðr. Meine Männer sollten nicht durch anstrengendes Rudern erschöpft sein, falls sie ein Kampf erwartete, und so hatten wir vereinbart, dass Egil mit der Banamaðr umkehren würde, wenn er die vier Schiffe sichtete. Er würde umkehren und vorgeben, Richtung Küste zu fliehen, und den Gegner, so hofften wir, damit in unseren Hinterhalt locken. Ich würde unser Segel herunterlassen, wenn Egil umdrehte, sodass der Gegner den großen Wolfskopf nicht sah, sondern uns einfach für ein weiteres Handelsschiff hielt, das leichte Beute versprach. Wir hatten den Sperberkopf vom Bug heruntergenommen. Diese großen geschnitzten Symbole sollten die Götter friedlich stimmen, die Gegner schrecken und böse Geister verjagen, doch die Sitte gebot es, sie in sicheren Gewässern abzunehmen, und weil sie deshalb nicht an den Bug genagelt oder geschäftet waren, ließ sich das leicht bewerkstelligen.

«Vier Schiffe», sagte Finan ausdruckslos, «Sachsen.»

«Und schlau dazu», sagte ich.

«Schlau? Du nennst es schlau, dich mit einem spitzen Stock zu stechen?»

«Sie greifen Schiffe von Bebbanburg an, die anderen dagegen drangsalieren sie nur. Wie lange wird es dauern, bis König Constantin hört, dass Uhtred von Bebbanburg schottische Schiffsladungen beschlagnahmt?»

«Wahrscheinlich hat er es schon gehört.»

«Und wie lange dauert es dann noch, bis die Schotten beschließen, uns zu bestrafen?», fragte ich. «Constantin mag gegen Owain von Strath Clota kämpfen, aber er hat immer noch Schiffe, die er an unsere Küste schicken kann.» Ich sah der Banamaðr nach, die im Westwind leicht krängte und eine weiße Kielwasserspur hinter sich herzog. Für ein kleines Schiff war sie schnell und wendig. «Irgendwer», fuhr ich fort, «will uns in einen Streit mit den Schotten verwickeln.»

«Und nicht nur mit den Schotten», sagte Finan.

«Und nicht nur mit den Schotten», pflichtete ich ihm bei. Schiffe aus Schottland, aus Ostanglien, aus Friesland und aus sämtlichen Heimatländern der Nordmänner segelten an unserer Küste vorüber. Selbst Schiffe aus Wessex. Und ich hatte niemals Zoll auf ihre Fracht erhoben. Ich fand, dass es nicht meine Angelegenheit war, wenn ein Schotte mit einem Schiff voller Pelze oder Tonwaren an meiner Küste vorbeisegelte. Wohl wahr, wenn ein Schiff einen meiner Häfen anlief, erhob ich eine Gebühr, doch das tat jedermann. Nun aber war eine kleine Flotte in meine Gewässer gekommen und erhob eine Abgabe in meinem Namen, und ich hatte einen Verdacht, woher diese Flotte gekommen war. Und wenn ich recht hatte, dann waren die vier Schiffe von Süden gekommen, von den Landen Edwards, Anglorum Saxonum Rex.

Die Spearhafoc tauchte ihren Bug in die grüne See, sodass weiße Gischt über ihr Deck spritzte. Auch die Banamaðr stampfte, vorangetrieben von auffrischendem Westwind, mit dem wir beide südwärts segelten, um die Schiffe zu jagen, die meine Pächter getötet hatten, und wenn ich mit diesen Schiffen recht behielt, dann hatte ich es mit einer Blutfehde zu tun.

Eine Blutfehde ist ein Krieg zwischen zwei Familien, die beide geschworen haben, die andere zu vernichten. Meine erste Fehde hatte ich erlebt, als Kjartan der Grausame die gesamte Hausgemeinschaft Ragnars abschlachtete, des Dänen, der mich wie einen Sohn bei sich aufgenommen hatte. Ich war bereitwillig in diese Fehde eingetreten, und ich hatte sie auch beendet, indem ich sowohl Kjartan als auch seinen Sohn tötete, doch bei dieser neuen Fehde hatte ich einen sehr viel mächtigeren Gegner. Einen Gegner, der weit südlich in Edwards Wessex lebte, wo sie eine Streitmacht aus Hauskriegern aufstellen konnten. Und um sie zu töten, musste ich dorthin gehen, wo diese Streitmacht darauf wartete, mich zu töten. «Sie dreht um!», unterbrach Finan meine Gedanken.

Die Banamaðr drehte in der Tat um. Ich sah ihr Segel herunterkommen, sah, wie sich das Licht des späten Vormittags in den Ruderblättern brach, die außenbords geschoben wurden. Sah, wie die langen Riemen eintauchten und durchgezogen wurden, und sah, wie sich die Banamaðr westwärts kämpfte, als würde sie nach der Sicherheit eines northumbrischen Hafens suchen.

Wie es schien, war die Blutfehde zu mir gekommen.

 

Ich hatte Æthelhelm den Älteren gemocht. Er war der reichste Alderman von Wessex gewesen, Herr über viele Besitzungen, ein geselliger und sogar großzügiger Mann, und doch war er als mein Gegner und mein Gefangener gestorben.

Ich hatte ihn nicht getötet. Ich hatte ihn gefangen genommen, als er gegen mich kämpfte, und ihn dann mit all der Ehre behandelt, die seinem Rang gebührte. Doch dann hatte er ein Schweißfieber bekommen, und obwohl wir ihn zur Ader gelassen hatten, obwohl wir unsere christlichen Priester bezahlt hatten, damit sie für ihn beteten, und obwohl wir ihn in Pelze gewickelt und ihm die Kräuter gegeben hatten, von denen die Frauen meinten, sie könnten ihn heilen, war er gestorben. Sein Sohn, Æthelhelm der Jüngere, verbreitete die Lüge, ich hätte seinen Vater getötet, und er schwor Rache. Er schwor, eine Blutfehde gegen mich zu führen.

Doch ich hatte Æthelhelm den Älteren als Freund angesehen, bevor seine älteste Tochter König Edward von Wessex heiratete und dem König einen Sohn schenkte. Dieser Sohn, der Enkel Æthelhelms des Älteren, Ælfweard, wurde der Ætheling. Kronprinz Ælfweard! Er war ein verdrießliches, verwöhntes Kind gewesen und zu einem griesgrämigen, übellaunigen und selbstsüchtigen jungen Mann geworden, der sich durch Grausamkeit und Eitelkeit auszeichnete. Ælfweard jedoch war nicht Edwards ältester Sohn, sein ältester Sohn war Æthelstan, und auch Æthelstan war mein Freund.

Und warum war Æthelstan nicht der Ætheling? Weil Æthelhelm der Jüngere das Gerücht verbreitete, das falsche Gerücht, Æthelstan sei ein Bastard und Edward habe Æthelstans Mutter niemals geheiratet. Und so wurde Æthelstan nach Mercien verbannt, wo ich ihn kennengelernt und den Jungen mit der Zeit auch zu bewundern gelernt hatte. Er wuchs zu einem Krieger heran, zu einem Mann der Gerechtigkeit, und der einzige Fehler, den ich an ihm finden konnte, war sein leidenschaftliches Festhalten an seinem Christengott.

Und nun war Edward krank. Es war bekannt, dass er bald sterben würde. Und wenn er starb, würde es einen Kampf zwischen den Unterstützern Æthelhelms des Jüngeren geben, der Ælfweard auf dem Thron haben wollte, und denjenigen, die wussten, dass Æthelstan der bessere König wäre. Wessex und Mercien, geeint in einem brüchigen Bund, würden durch einen Krieg auseinandergerissen. Und deshalb hatte mich Æthelstan um einen Schwur gebeten. Den Schwur, dass ich bei König Edwards Tod Æthelhelm töten und so seine Macht über den Adel brechen würde, der in der Versammlung des Witans den neuen König bestätigen musste.

Und deshalb würde ich nach Wessex gehen müssen, wo ich Feinde zuhauf hatte.

Denn ich hatte einen Eid geschworen.

Und ich hatte keinerlei Zweifel daran, dass Æthelhelm die Schiffe in den Norden geschickt hatte, um mich zu schwächen, mich abzulenken und, wenn das Glück auf seiner Seite war, mich zu töten.

 

Die vier Schiffe tauchten im sommerlichen Dunst auf. Sie wiegten sich in der sommerlichen See, doch als sie uns entdeckten, zogen sie ihre Segel auf und machten sich an unsere Verfolgung.

Die Banamaðr hatte ihr Segel heruntergelassen, damit die vier Schiffe nicht den schwarzen Adler darauf sahen, der nun nach achtern gezeigt hätte, während sie vorgab, Richtung Westen zu fliehen. Und wir hatten unser Segel ebenfalls heruntergelassen, als wir die Banamaðr umdrehen sahen, damit der Gegner den Wolfskopf von Bebbanburg nicht sah.

«Jetzt rudert!», rief Finan den Männern auf den Bänken zu. «Rudert!»

Der sommerliche Dunst löste sich zunehmend auf. Ich konnte erkennen, wie sich die fernen Segel im böigen Wind blähten und wie sie zu Egil aufholten, der auf jeder Seite nur drei Ruderleute eingesetzt hatte. Mehr Riemen zu zeigen hätte verraten, dass sein Schiff kein Handelsfahrer, sondern ein Schlangenschiff voller Männer war. Ich fragte mich einen Moment lang, ob ich seinem Beispiel folgen sollte, dann aber kam ich zu dem Schluss, dass die vier Schiffe in der Entfernung ein einzelnes Kampfschiff wohl nicht fürchten würden. Sie waren in der Überzahl, und ich hatte keinen Zweifel daran, dass diese Männer geschickt worden waren, um mich zu töten, wenn sie eine Gelegenheit dazu bekamen.

Also würde ich sie ihnen verschaffen.

Aber würden sie die Gelegenheit auch ergreifen? Vordringlicher war, dass sie, schnell vorangetragen von dem lebhaften Wind, den Abstand zur Banamaðr verkürzten, also beschloss ich, mich zu zeigen, und rief meiner Mannschaft zu, sie solle das große Segel wieder aufziehen. Der Anblick des Wolfskopfs würde dem Gegner zu denken geben, dennoch würde er gewiss von einem Sieg in dem bevorstehenden Kampf ausgehen, selbst gegen Uhtredærwe.

Das Segel schlug, als es aufgezogen wurde, knallte im Wind, dann wurde es dichtgeholt, und die Spearhafoc neigte sich mit zunehmender Geschwindigkeit in die See. Die Riemen wurden eingeholt, die Ruderleute legten ihre Kettenhemden an und griffen nach ihren Schilden und Waffen. «Ruht euch aus, solange ihr könnt!», rief ich ihnen zu.

Die See war nun weiß gefleckt, auf den Wellenkämmen rollte Gischt. Die Spearhafoc tauchte den Bug ein, das Deck wurde überschwemmt, dann stieg sie wieder empor, bevor sie in das nächste Wellental hinabfuhr. Das Steuerruder lag schwergängig in meinen Händen, und ich benötigte all meine Kraft, um es nach vorn zu drücken oder zurückzuziehen, während es unter der Geschwindigkeit bebte. Ich segelte weiter südwärts, um die vier Schiffe zu stellen, sie herauszufordern, und nun tat Egil das Gleiche. Zwei Schiffe gegen vier.

«Denkst du, das sind Æthelhelms Schiffe?», fragte Finan.

«Wem sollten sie sonst gehören?»

«Er wird auf keinem von ihnen sein», knurrte er.

Darüber lachte ich nur. «Er ist sicher zu Hause in Wiltunscir. Er hat diese Bastarde angeheuert.»

Die Bastarde bildeten nun eine Linie quer über unseren Kurs. Drei der Schiffe schienen etwa so lang zu sein wie die Spearhafoc, während das vierte, das sich am weitesten östlich befand, kleiner war, nicht größer als die Banamaðr. Dieses Schiff blieb angesichts unserer Jagd nach Süden zurück, als sollte es nicht in einen Kampf verwickelt werden. Wir waren noch immer weit entfernt, aber ich hatte den Eindruck, dass die Besatzung des kleineren Schiffs aus sehr wenigen Männern bestand.

Anders als auf den drei größeren Schiffen, die weiter auf uns zufuhren. «Sie sind gut bemannt», sagte Finan ruhig.

«Egils Schotte meinte, dass ungefähr vierzig Krieger auf dem Schiff waren, das ihn aufgehalten hat.»

«Ich schätze, es sind mehr.»

«Wir werden es herausfinden.»

«Und sie haben Bogenschützen.»

«Tatsächlich?»

«Ich kann sie sehen.»

«Wir haben Schilde», sagte ich, «und Bogenschützen mögen ein ruhiges Schiff, keines, das wie ein ungezähmtes Fohlen herumspringt.»

Roric, mein Diener, brachte mir meinen Helm. Nicht den stolzen Helm mit dem Silberwolf auf dem Helmscheitel, sondern einen zweckdienlichen Helm, der meinem Vater gehört hatte und der stets an Bord der Spearhafoc blieb. Die metallenen Wangenstücke waren verrostet und durch gesiedetes Leder ersetzt worden. Ich zog den Helm über den Kopf, und Roric schnürte die Wangenstücke zusammen, sodass ein Gegner nichts außer meinen Augen sehen würde.

Drei der Schiffe führten keine Symbole auf ihren Segeln, doch das westlichste, das der außer Sicht liegenden northumbrischen Küste am nächsten war, führte eine zusammengerollte Schlange, die wohl, ebenso wie unser Wolf, aus Wolle gewebt war. Das riesenhafte Tuchstück war mit Tauen verstärkt, die ein rautenförmiges Muster bildeten, durch das sich die schwarze Schlange zeigte. An den Bug des Schiffes schlug weiß schäumend das Wasser.

Egil hatte die Banamaðr gewendet, sodass er nun, statt eine unbeholfene Flucht westwärts zu den Häfen der northumbrischen Küste vorzutäuschen, neben der Spearhafoc südwärts segelte. Ebenso wie ich hatte er sein Segel aufgezogen, und seine Mannschaft holte es in dem Moment dicht, in dem wir auf eine Höhe mit ihm kamen. Ich legte die Hände um den Mund und rief über die aufgewühlte See: «Ich halte auf das zweite zu!» Ich deutete auf das Schiff, das als nächstes neben dem mit dem Schlangensegel fuhr. Egil nickte, um zu bestätigen, dass er mich gehört hatte. «Aber angreifen werde ich das mit der Schlange!» Erneut deutete ich nach vorn. «Und Ihr auch!»

«Ich auch!», rief er zurück. Er grinste. Unter dem Rand seines Helmes wehte sein blondes Haar heraus.

Der Gegner hatte eine Linie gebildet, damit je zwei seiner Schiffe eines von unseren bedrängen konnten. Sollte ihnen das gelingen, konnten sie sofort von beiden Seiten entern, und die Schwert-Arbeit wäre kurz, erbittert und blutig. Ich ließ sie in dem Glauben, dass ihr Plan Erfolg haben würde, indem ich etwas vor dem Wind auf das zweite Schiff im Westen zusteuerte, und ich sah die beiden anderen größeren Schiffe leicht ihre Richtung wechseln, um sich auf die Stelle auszurichten, an der wir ihrer Vermutung nach auf ihre Linie treffen würden. Sie fuhren noch immer weit auseinandergezogen, mit wenigstens vier oder fünf Schiffslängen zwischen sich, doch ihre Linie rückte immer enger zusammen. Das kleinere Schiff, das langsamer war als die anderen, fiel indessen weiter zurück.

Auch Egils Schiff, das kürzer war als meines und deshalb nicht so schnell, fiel zurück, und ich befahl, die Schot an Steuerbord zu lockern, damit die Spearhafoc langsamer wurde, dann drehte ich mich um, winkte Egil zu und deutete auf meine Steuerbordseite, damit er dorthin aufholte. Er verstand, und allmählich schob sich die Banamaðr rechts neben mich. Wir würden den Kampf gemeinsam aufnehmen, aber nicht dort, wo es sich der Gegner erhoffte.

«Bei Gott!», fluchte Finan. «Dieser große Bastard hat eine Menge Männer!»

«Welcher große Bastard?»

«Der in der Mitte. Siebzig Mann? Achtzig?»

«Wie viele sind auf dem Schlangen-Bastard?»

«Vielleicht vierzig, fünfzig?»

«Genügend, um einem Handelsfahrer Angst einzujagen», sagte ich.

«Vor uns scheinen sie jedenfalls keine Angst zu haben», bemerkte er trocken. Die drei größeren Schiffe hielten immer noch Kurs auf uns, in der Zuversicht, dass sie in der Überzahl waren. «Sieh dich mit diesem großen Bastard vor», sagte Finan und deutete auf das mittlere Schiff, das die größere Besatzung hatte.

Ich musterte das Schiff, auf dessen Bug ein weiß gekalktes Kreuz emporragte. «Es spielt keine Rolle, wie viele Männer sie haben», sagte ich, «sie gehen davon aus, dass wir nur vierzig sind.»

«Ist das so?» Meine Selbstsicherheit schien ihn zu belustigen.

«Sie haben Haggar gefoltert. Was konnte er ihnen erzählen? Sie werden gefragt haben, wie oft unsere Schiffe auf See gehen und wie stark sie bemannt sind. Was hätte er dann gesagt?»

«Dass du zwei Kampfschiffe im Hafen hast, dass die Spearhafoc das größere davon ist und dass ihre Besatzung normalerweise aus vierzig Mann besteht, es manchmal aber weniger sind.»

«Ganz genau.»

«Und dass es üblicherweise Berg ist, der mit ihr auf See geht.»

Berg war Egils jüngster Bruder, dem ich viele Jahre zuvor an einem walisischen Strand das Leben gerettet hatte und der mir seither gut und treu diente. Berg war enttäuscht gewesen, als er bei dieser Fahrt zurückbleiben musste, doch wenn Finan und ich mit dem Schiff hinausfuhren, war er der Beste, um die verbleibende Bemannung von Bebbanburg zu befehligen. Normalerweise hätte ich meinen Sohn damit beauftragt, doch er war im Bergland von Northumbrien unterwegs, um eine Streitigkeit zwischen zwei von meinen Pächtern beizulegen.

«Sie denken, wir sind etwa vierzig Mann», sagte ich, «und sie schätzen, die Banamaðr hat ungefähr dreißig.» Ich lachte, dann berührte ich das Heft von Schlangenhauch, meinem Schwert, bevor ich zu Egil hinüberrief: «Jetzt umschwenken!» Ich wuchtete das Steuerruder windwärts, und die Spearhafoc tauchte mit dem Bug abwärts, als sie herumschwang. «Das Segel spannen!», rief ich. Die Falle schnappte zu, und nun würde die Schlange erfahren, wie der Wolf und der Adler kämpften.

Ich hatte das Segel der Spearhafoc anziehen lassen, um sie wieder zu beschleunigen. Sie war schneller als die gegnerischen Schiffe. Jedes Mal, wenn sich das Schlangenschiff auf einer Welle aufrichtete, konnte ich den dichten Algenbewuchs an seiner Unterseite sehen. Es war langsam. Wir selbst ließen unsere Schiffe bei Ebbe abtrocknen und kratzten die Unterseiten sauber, sodass wir schnell blieben. Ich wandte mich wieder zur Banamaðr. «Ich habe vor, den Bastard zu versenken», rief ich, «und danach schwenke ich ostwärts auf den zweiten zu!»

Egil winkte, und ich nahm an, dass er mich gehört hatte. Nicht, dass es darauf angekommen wäre. Die Spearhafoc lief voraus, so hart am Wind, wie ich es nur wagte, doch sie bahnte sich ihren Weg schnell, zerschnitt die weiß aufschäumende See mit ihrem Scheg. Sie war nun so tödlich wie ihr Name, und Egil würde früh genug begreifen, was ich vorhatte.

«Du willst sie rammen?», fragte Finan.

«Wenn es mir gelingt. Und du sollst im Bug stehen. Wenn ich sie nicht richtig treffe, musst du drüben an Bord gehen und ihren Steuermann töten. Und dann ihr Steuerruder ins Wasser werfen.»

Finan ging nach vorn und rief einige Männer zu sich. Wir kamen nun immer näher an das Schlangenschiff heran, dicht genug, um eine Gruppe Männer in seinem Bug zu sehen und auch die Speere, die sie trugen. Ihre Helme spiegelten das Licht. Ein Mann hielt sich am Vorstag fest, ein anderer hob seinen Speer. Mittschiffs befand sich eine Gruppe Bogenschützen, die Pfeile schon an die Sehnen gelegt. «Beornoth!», rief ich, «Folcbald! Kommt her! Mit euren Schilden!» Beornoth war ein schwerblütiger, verlässlicher Mann, ein Sachse, Folcbald dagegen ein riesenhafter Friese, einer meiner stärksten Krieger. «Ihr sollt mir Deckung geben», sagte ich. «Seht ihr die Bogenschützen? Sie werden auf mich zielen.»

Der Steuermann befand sich an der verletzlichsten Stelle eines Schiffs. Die meisten meiner Männer kauerten im Bauch der Spearhafoc hinter ihren Schilden, Finan war zum Bug gegangen, wo er zusammen mit sechs Männern ebenfalls eine Sperre aus Schilden bildete, doch ich musste am Ruder stehen. Bald würden die Pfeile abgeschossen werden, und wir rauschten durch die grünen Wogen und waren so nah an das Schlangenschiff herangekommen, dass ich die Nägelköpfe an seinem Rumpf sah. Ich warf einen Blick nach links. Die Besatzung der drei anderen gegnerischen Schiffe hatte gesehen, worauf wir aus waren, und umgeschwenkt, um Hilfe zu leisten, doch dieser Schwenk bedeutete, dass sie nun gegen den Wind fuhren und ihre Segel an den Mast gedrückt wurden. Die Männer drängten sich, um die Segel herunterzuholen und die Riemen in die Ruderlöcher zu schieben, aber sie waren langsam, und ihre Schiffe wurden vom Wind zurückgeschoben und stampften schwer in der bewegten See.

«Jetzt!», knurrte Beornoth und hob seinen Schild. Er hatte gesehen, dass die Bogenschützen ihre Pfeile abschnellen ließen.

Ein halbes Dutzend Pfeile traf auf das Segel, andere zischten vorbei und gingen im Meer unter. Ich hörte die Wellen tosen, den Wind im Takelwerk singen, und dann drückte ich gegen das Steuerruder, legte all meine Kraft in den aufragenden Schaft, und ich sah das Schlangenschiff auf uns zudrehen, was sein Steuermann schon einige Momente früher hätte tun sollen, doch nun war es zu spät. Wir waren dicht an sie herangekommen und kamen schnell noch dichter heran. «Speere!» Finan rief die Warnung vom Bug aus.

«Brassen!», brüllte ich. Ein Pfeil glitt am oberen Rand von Folcbalds eisenbeschlagenem Schild ab, eine Speerklinge zog eine Furche durch das Deck zu meinen Füßen, dann krängte die Spearhafoc in die Wende, und in einer Windböe tauchte ihre Reling unter. Ich kämpfte um mein Gleichgewicht, ein Pfeil bohrte sich tief in den Achtersteven, dann richtete sich die Spearhafoc wieder auf, das Segel ächzte, als wir uns in den Wind drehten, Wasser strömte aus den Speigats, und über die Geräusche der See und das Heulen des Windes hörte ich die Warnrufe der Gegner.

«Festhalten!», rief ich meiner Mannschaft zu.

Und wir prallten auf.

Der Ruck des Halts warf uns heftig nach vorn. Ein gewaltiges splitterndes Geräusch ertönte, erschrecktes Gebrüll, das Strudeln von Wasser, Flüche. Der Achterstag neben mir spannte sich besorgniserregend, und einen Augenblick lang glaubte ich, unser Mast würde über den Bug stürzen, doch die verdrillte Robbenhaut hielt, obwohl sie bebte wie eine eben angezupfte Harfensaite. Beornoth und Finan fielen hin. Die Spearhafoc war auf den Rumpf des Schlangenschiffs aufgefahren und glitt nun mit lautem Knirschen zurück. Wir hatten uns gegen den Wind gedreht, um den Gegner zu rammen, und ich hatte befürchtet, dass wir Schwung verlieren und den Gegner schwächer treffen würden als beim Rammen mit dem Wind, doch Gewicht und Geschwindigkeit der Spearhafoc hatten ausgereicht, um den Rumpf des Schlangenschiffs zu zerschmettern. Unser Segel wurde nun vom Wind gegen den Mast gedrückt und schob uns zurück, allerdings schien es so, als habe sich unser Bug in den Rumpf des Schlangenschiffs verkeilt, denn die beiden Schiffe hingen aneinander fest, die Spearhafoc trieb langsam nach Backbord herum, und dann begann sie zu meinem Schrecken den Bug zu senken. Gleich darauf hörte ich ein scharfes Knacken, die Spearhafoc erbebte, es erklang ein Reißen, und mit einem Mal richtete sie sich wieder auf. Ihr Bug war an den zerschmetterten Planken des Schlangenschiffs hängen geblieben, nun aber war sie wieder frei.

Das Schlangenschiff sank. Wir hatten es mit unserem Bug getroffen, dem stärksten Teil am Rumpf der Spearhafoc, und wir hatten sein niedriges Freibord so mühelos zertrümmert, wie man ein Ei aufschlägt. Wasser strömte ein, das Schiff bekam Schlagseite, und sein Kielraum, der mit Ballaststeinen beladen war, lief schnell voll. Seine Mannschaft, angetan mit Kettenhemden, war dem Tode geweiht, bis auf die wenigen Krieger, denen es gelungen war, sich an unser Schiff zu klammern. Inzwischen wurden wir rückwärts auf die anderen gegnerischen Schiffe zugetrieben, die endlich ihre Riemen ins Wasser gebracht hatten und sich mühten, uns zu erreichen. Wir schlingerten. Ich brüllte meinen Männern zu, sie sollten das Backbord-Schot des Segels einholen und das Steuerbord-Schot lösen. Rechts von mir lag das Schlangenschiff seitlings in einem weißen Gischtstrudel, umringt von Treibgut, und dann verschwand es. Als Letztes wurde ein kleines dreieckiges Banner auf der Spitze seines gekippten Masts in die Tiefe gezogen.

Ich drückte das Steuerruder herum, betete, dass die Spearhafoc genügend Fahrt hatte, damit das große Ruderblatt Wirkung entfaltete, doch sie war noch zu langsam. Unsere Gefangenen, es waren fünf, waren an Bord gehievt worden, und Finan hatte Männer von uns angewiesen, ihnen die Kettenhemden, Helme und Schwertgürtel abzunehmen. «Schaut nach hinten, Herr!», sagte Folcbald beunruhigt. Das gegnerische Schiff, das uns am nächsten war, das mit dem weiß gekalkten Kreuz auf dem hohen Bug, holte zu uns auf. Es war so lang wie die Spearhafoc und wirkte sehr viel schwerer. Seine Mannschaft war größer als die todgeweihte Besatzung des Schlangenschiffs, aber sein Befehlshaber hatte nur vierundzwanzig Mann an die Riemen gesetzt, ein Dutzend auf jeder Seite, weil er die übrigen zum Sprung auf die Spearhafoc bereithalten wollte. Im Bug standen behelmte Krieger und mittschiffs drängten sich weitere. Das sind wenigstens siebzig, dachte ich, vielleicht auch mehr. Die ersten Pfeile flogen, und die meisten waren zu hoch ausgerichtet und trafen unser Segel, einer aber jagte dicht neben mir vorbei. Unwillkürlich versicherte ich mich, dass Schlangenhauch an meiner Seite hing, und rief nach Roric.

«Herr?», erwiderte er.

«Halte meinen Schild bereit!» Das kreuzbekrönte Schiff hielt voll auf uns zu, und wir wurden vom Wind in seine Richtung getrieben. Das Schiff war nicht schnell, weil es gegen den Wind gerudert wurde, es war schwer, und es saßen zu wenige Männer an den Riemen, also war zu bezweifeln, dass es uns versenken konnte, wie wir das Schlangenschiff versenkt hatten, aber die Höhe seines Bugs würde es seinen Kriegern ermöglichen, auf unser breites Deck zu springen.

Dann kreuzte unvermittelt die Banamaðr vor unserem Bug. Sie lief vor dem Wind, und ich sah Egil das Steuerruder in Richtung des kreuzbekrönten Schiffs ziehen. Der Steuermann dieses Schiffs sah den Norweger kommen, und auch wenn die Banamaðr nur halb so groß war wie sein Schiff, fürchtete er wohl, gerammt zu werden, denn er rief seinen Ruderleuten auf der Backbordseite zu, rückwärts zu rudern, und richtete sein Schiff dadurch auf Egils bedrohlichen Bug aus. Er war inzwischen nah bei uns, so nah! Ich schob das Steuerruder herum, doch es sprach noch immer nicht an, was bedeutete, dass die Spearhafoc wie tot im Wasser lag und weiter auf den Gegner zugetrieben wurde. Ich ließ den Schaft des Steuerruders los und nahm meinen Schild von Roric. «Macht euch bereit!», rief ich. Dann zog ich Wespenstachel, meinen Sax, und die kurze Klinge fuhr zischend aus der pelzgefütterten Scheide. Brechende Wellen schwappten zwischen unseren Schiffen. Das gegnerische Schiff hatte sich Egil zugewandt und würde nun breitseits mit uns zusammenstoßen, und seine Mannschaft, bewaffnet und im Kettenhemd, stand zum Sprung bereit. Ich sah ein halbes Dutzend Bogenschützen ihre Bögen heben, dann brach unvermittelt Durcheinander an Deck des kreuzbekrönten Schiffs aus, als die Banamaðr an seiner Backbordseite entlangglitt, um seine Riemen zu zerschmettern. Die Schäfte der Riemen schnellten hart gegen die Bäuche der Rudermänner, das Schiff schien zu zittern, die Bogenschützen schwankten, und ihre Pfeile flogen ziellos umher. Egil löste sein Segel, sodass es frei im Wind flatterte, während er umdrehte, um seinen Bug gegen das Heck des Gegners zu schieben. Er hatte Männer mit langen Bartäxten bereitstehen, um das gegnerische Schiff zu entern. Der Bug der Banamaðr glitt am Heckbereich des Gegners ab, beide Schiffe schlingerten, die Äxte fuhren nieder, um die beiden Rümpfe zueinander zu ziehen, und ich sah den ersten kreischenden Norweger auf das Heck des kreuzbekrönten Schiffes springen.

Dann prallten wir auf. Zuerst fuhren wir in die Steuerbord-Riemen des gegnerischen Schiffes, die splitternd zerbarsten, uns aber auch noch einen Moment fernhielten. Ein riesenhafter Mann, den Mund zum Schrei aufgerissen, machte einen Satz zur Spearhafoc, doch sein eigenes Schiff schwankte, als er sprang, und sein herausforderndes Gebrüll verwandelte sich in einen verzweifelten Ruf, als er zwischen die beiden Schiffe fiel. Mit den Armen rudernd, versuchte er sich an unsere Reling zu klammern, aber einer meiner Männer trat seine Hände weg, und er versank, in die Tiefe gezogen von seiner Kettenrüstung. Der Wind trieb unser Heck erneut gegen das feindliche Schiff, und ich sprang auf seine Steuerplattform hinüber, gefolgt von Folcbald und Beornoth. Egils wilde Norweger hatten schon den Steuermann getötet und kämpften nun mittschiffs, und ich rief meine Männer hinter mir her. Ich sprang von der Steuerplattform herunter, und ein Junge, der noch ein Kind war, schrie vor Entsetzen. Ich beförderte ihn mit einem Tritt unter eine Ruderbank und knurrte ihm zu, er solle dort bleiben.

«Da kommt noch einer von den Bastarden!», ertönte von der Spearhafoc der Ruf Oswis, der einst mein Diener gewesen und dann zu einem bereitwilligen, gefährlichen Kämpfer geworden war, und ich sah das letzte der drei größeren Gegnerschiffe zur Rettung des Seglers kommen, den wir geentert hatten. Thorolf, Egils Bruder, war mit nur drei Mann an Bord der Banamaðr geblieben, und nun setzten sie ihr Schiff frei und ließen es vom Wind aus dem Weg des neu ankommenden Gegners tragen. Weitere meiner Männer sprangen zu mir herüber, doch wir hatten wenig Platz zum Kämpfen. Auf dem breiten Deck des Schiffs drängten sich überall Krieger, die Norweger, deren Schildwall über die gesamte Breite des Schiffs reichte, arbeiteten sich von einer Ruderbank zur nächsten vor. Die gegnerische Mannschaft war eingeschlossen zwischen Egils erbarmungslosen Angreifern und Finans Männern, denen es gelungen war, die Bugplattform zu erreichen, von der aus sie ihre Speere niederfahren ließen. Nun bestand unsere Herausforderung darin, das dritte Schiff zu besiegen, das auf uns zugerudert wurde. Ich stieg wieder auf die Steuerplattform.

Das näher kommende Schiff führte, ebenso wie das, auf dem wir kämpften, ein Kreuz auf dem Bug. Es war ein dunkles Kreuz, das Holz mit Teer bestrichen, und dahinter standen dicht an dicht die bewaffneten und behelmten Krieger. Das Schiff war schwer und träge. Ein Mann im Bug rief dem Steuermann Anordnungen zu und deutete nordwärts. Langsam drehte das Schiff in diese Richtung, und ich sah die Männer im Bug ihre Schilde heben. Sie hatten vor, uns von unserem Heck aus zu entern und Egils Männer in den Rücken zu fallen. Die Ruderer auf der Steuerbordseite des Schiffes zogen ihre Riemen durch die Ruderlöcher ein, und das große Schiff driftete langsam auf uns zu. Die Ruderer nahmen Schilde auf und zogen ihre Schwerter. Ich nahm wahr, dass die Schilde nicht bemalt waren, weder ein Kreuz noch ein anderes Symbol trugen. Wenn diese Männer von Æthelhelm geschickt worden waren, und das erschien mir immer sicherer, war ihnen offenkundig befohlen worden, diese Wahrheit zu verschleiern. «Schildwall!», rief ich. «Und bereitet euch auf den Aufprall vor!»

Es musste ein Dutzend Mann mit mir auf der Steuerplattform gewesen sein. Für weitere war kein Platz, dennoch planten die Gegner, deren Schiffsbug höher war als unser Heck, zu uns herüberzuspringen. Ich spähte durch den fingerbreiten Spalt zwischen meinem und Folcbalds Schild und sah den massigen Bug nur ein paar Fuß entfernt vor mir. Eine Welle hob ihn an, dann fuhr er auf uns herab, ließ den obersten Plankengang zersplittern, bevor der dunkle Bug knirschend über unser Heck schrammte, während ich unter dem Zusammenprall taumelte. Aus dem Augenwinkel sah ich einen Mann mit erhobener Axt auf mich zuspringen, und ich hob meinen Schild und spürte sein Erbeben, als sich die Axtklinge in das Weidenbrett grub.

Nahezu jeder Kampf an Bord eines Schiffes ist ein Durcheinander von viel zu dicht stehenden Männern. Auf dem Schlachtfeld neigt auch der unnachgiebigste Schildwall dazu, sich auseinanderzuziehen, weil die Männer versuchen, sich Platz für ihre Waffen zu verschaffen, doch dafür ist auf einem Schiff kein Raum. Dort gibt es nur den übelriechenden Atem eines Gegners, der dich zu töten versucht, den Andrang von Männern und Stahl, die Schreie der von Klingen durchbohrten Opfer, den rohen Gestank von Blut in den Speigats und das Gedränge des Todes auf einem schwankenden Deck.

Und deshalb hatte ich Wespenstachel gezogen. Eine kurze Klinge, kaum länger als mein Unterarm, doch im Gedränge des Todes ist kein Platz, um ein Langschwert zu schwingen. Nur dass es kein Gedränge gab. Das Schiff hatte uns gerammt, hatte den Plankengang zerschmettert, doch noch während sich weitere Gegner bereitmachten, zu uns herunterzuspringen, hob eine Welle ihr Schiff an und trieb es zurück. Nicht weit, kaum einen Schritt, doch der erste Mann, der lossprang, ruderte mit den Armen, während die Schiffe auseinandertrieben. Der Axtmann, dessen Klinge noch immer in meinem Schild steckte, war auf das Deck gefallen, und Folcbald zu meiner Rechten stieß seinen Sax abwärts, und der Mann kreischte wie ein Kind, als die Klinge die Kettenrüstung durchbohrte, Rippen brach und sich in seine Lunge grub. Ich trat dem Mann in sein kreischendes Gesicht, rammte ihm Wespenstachel durch seinen dichten Bart, und sah das Blut über die hellen Decksplanken laufen.

«Es kommen noch mehr!», rief Beornoth hinter mir. Ich riss Wespenstachel seitwärts, verbreiterte den blutigen Schnitt in der Kehle des Axtmannes, dann hob ich meinen Schild und ging dahinter halb in die Hocke. Ich sah den dunklen Bug wieder über uns aufragen, sah ihn wieder unseren Rumpf treffen, und dann traf etwas Schweres auf meinen Schild. Ich konnte nicht sehen, was es war, doch es tropfte Blut von dem Eisenrand. «Hab ihn erwischt!», rief Beornoth. Er stand dicht hinter mir, und er hatte, wie die meisten Männer in der zweiten Reihe, einen Speer mit Eschenschaft schräg auf den hohen Bug des gegnerischen Schiffes ausgerichtet. Männer, die auf uns zusprangen, setzten sich der Gefahr aus, von diesen langen Klingen aufgespießt zu werden. Ein weiteres Heben der Wellen trennte die Schiffe erneut, und der sterbende Mann rutschte von meinem Schild, als Beornoth seine Speerklinge freizog. Aber der sterbende Mann bewegte sich noch, und Wespenstachel schlug erneut zu. Das Deck war nun rot, rot und schlüpfrig. Ein weiterer Gegner, das Gesicht wutverzerrt, machte einen gewaltigen Satz und rammte seinen Schild vorwärts, um unsere Linie zu durchbrechen, doch Beornoth drückte von hinten gegen mich, der Schild des Mannes prallte auf meinen, und er taumelte rückwärts an die Reling. Er stieß seinen Sax an meinem Schild vorbei, den zahnlosen Mund in tonloser Raserei geöffnet, doch die Spitze seiner Klinge glitt an meinem Kettenhemd ab, und ich rammte meinen Schild vorwärts, und der Mann fluchte, als er zurückgedrängt wurde. Wieder drückte ich meinen Schild voran, und mit einem lauten Aufschrei stürzte der Mann zwischen die Schiffe.

Der Wind trieb uns erneut auf das gegnerische Schiff zu. Sein Bug war gute drei Fuß höher als das Heck, auf dem wir standen. Fünf Kriegern war es gelungen, zu uns herüberzukommen, und alle fünf waren tot, und nun versuchte der Gegner auf diesem hohen Bug, uns mit Speeren niederzumachen. Ich hörte, wie sie von einem Mann ermutigt wurden. «Das sind Heiden! Tut Gottes Werk! Entert und vernichtet sie!»

Aber sie hatten nicht das Herz zum Entern. Sie mussten auf die wartenden Speere zuspringen, und ich sah einige der Gegner mittschiffs gehen, wo es einfacher war, zu uns herüberzukommen, nur dass Egils Männer ihr Todeswerk verrichtet hatten und nun auf den nächsten Kampf harrten. «Beornoth!» Irgendwie gelang es mir, mich zur zweiten Reihe zurückzudrängen. «Bleib hier», erklärte ich ihm, «sorg dafür, dass diese Bastarde beschäftigt sind.» Ich ließ ihm sechs Mann zur Unterstützung, die übrigen führte ich zur blutbespritzten Mitte des Schiffs. «Oswi! Folcbald! Wir gehen rüber! Ihr alle! Kommt mit!»