Das Mädchen, das Träume schenkt - Riley Banks-Snyder - E-Book

Das Mädchen, das Träume schenkt E-Book

Riley Banks-Snyder

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Beschreibung

Riley war erst 13 Jahre alt, als sie aus dem Wunsch heraus, zu helfen, das erste Mal nach Afrika flog. Seitdem kommt sie jedes Jahr zurück, verteilt gespendete Schulmaterialien und Hygieneartikel an Mädchen, gründete eine Schule und eine Hilfsorganisation. Als Riley 16 wurde, erfuhr sie, dass sie selbst nie Kinder haben wird. Doch die junge Frau wurde längst zum Weltveränderer – und zur Mutter für tausende Kinder in Kenia.

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Der SCM Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-7751-7385-8 (E-Book)ISBN 978-3-7751-5795-7 (lieferbare Buchausgabe)

Daten-Konvertierung: E-Book: Beate Simson, Pfaffenhofen a. d. Roth

© der deutschen Ausgabe 2017 SCM-Verlag GmbH & Co. KG · Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen Internet: www.scm-verlag.de; E-Mail: [email protected]

Originally published in English under the title: Riley Unlikely Copyright © 2016 by Riley Banks-Synder Published by arrangement with The Zondervan Corporation L.L.C., a subsidiary of HarperCollins Christian Publishing, Inc.

Die Bibelverse sind, wenn nicht anders angegeben, folgender Ausgabe entnommen: Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006 SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.

Übersetzung: Doris Leisering Umschlaggestaltung: Sophia Wald Titelbild: Coverfoto: Tracy Banks; Autorinnenbild: Shann Swift Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach

Inhalt

Über die Autorin

PROLOG Eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte

KAPITEL 1 Offene Türen und Opfer

KAPITEL 2 Viele helfende Hände

KAPITEL 3 Kulturschock

KAPITEL 4 Babys in Plastikkisten

KAPITEL 5 Mosop

KAPITEL 6 Ein Bleistiftstummel

KAPITEL 7 »Generation Next«

KAPITEL 8 Operation Teenager

KAPITEL 9 Kleine Kinder, große Gaben

KAPITEL 10 Kindermissionare

KAPITEL 11 Mumo

KAPITEL 12 Von Westen nach Osten

KAPITEL 13 Die Sache mit den Boda-Bodas

KAPITEL 14 Schule mit Hindernissen

KAPITEL 15 Unterschiedlich und doch gleich

KAPITEL 16 Dringend benötigt

KAPITEL 17 Von allem ein wenig

KAPITEL 18 Großzügigkeit

KAPITEL 19 Mit einem Augenzwinkern

KAPITEL 20 Heilung und Hoffnung

KAPITEL 21 Die Einweihung

KAPITEL 22 Etwas fehlt

KAPITEL 23 Aus den Fugen

KAPITEL 24 Zukunft und Hoffnung

KAPITEL 25 Eine neue Richtung

KAPITEL 26 Aus heiterem Himmel

KAPITEL 27 Auf dem Wasser gehen

KAPITEL 28 Zerschlagene Träume

KAPITEL 29 Verteilaktion mit gemischten Gefühlen

KAPITEL 30 Wurzeln für die Zukunft

Bildteil

Dank

Diese Geschichte ist für den, der sie zuerst geschrieben hat. Er hat seine Liebe in mein Herz geschrieben, und ich erzähle mit Freude davon, was für ein liebevoller und leidenschaftlicher Vater er ist.

Und diese Geschichte ist für Sie. Ich bete dafür, dass Gott Ihnen mit diesem Buch zeigt, welche Liebe er auch in Ihr Herz schreibt und welche Geschichte er in Ihrem Leben erzählt.

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Über die Autorin

Riley Banks-Snyder gründete mit 14 Jahren ihre eigene Wohltätigkeits-Organisation, die eine Schule in Kenia unterhält. Zur Finanzierung ihrer Arbeit betreibt sie einen Second-Hand-Laden und eine Tafel für Bedürftige in Branson in Missouri, wo sie mit ihrem Mann auch lebt.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

PROLOGEine unwahrscheinliche Liebesgeschichte

Wenn mir in den letzten sieben Jahren irgendetwas klar geworden ist, dann ist es die Verbindung zwischen Liebe und Wahnsinn. So wurde ich im Alter von 14 Jahren Vorsitzende einer gemeinnützigen Organisation, und so landete ich noch vor meinem 21. Geburtstag auf der anderen Seite der Welt. Liebe treibt einen zu verrückten Dingen. Zum Beispiel dazu, Missionarin in Ostafrika zu werden, während man eigentlich noch in der Oberschule ist, und monatelang fernab eines normalen Teenager-Alltags zu leben. Oder dazu, sich so in fremde Kinder zu verlieben, dass man sie so lieb wie eigene gewinnt. Liebe kann den gesamten Kurs des eigenen Lebens verändern.

Ehrlich gesagt waren Kenia und ich alles andere als ein Traumpaar. Jemand, der sowohl Kenia als auch mich nur ein bisschen kennt, sieht sofort, dass wir nicht zusammenpassen. Wenn es nach mir ginge, würde mich niemand bemerken – in keiner Menschenansammlung, nirgendwo auf der Welt, niemals. Keine Frage. In Kenia machen es mir meine Erziehung, meine Hautfarbe und meine Nationalität fast unmöglich, nicht aufzufallen. Ich bin wahrscheinlich einer der schüchternsten Menschen überhaupt und habe eine – in meinen Augen gesunde – Abneigung dagegen, in der Öffentlichkeit zu sprechen. Im ländlichen Kenia aber sammelt sich, nur weil ich weiß bin, fast überall eine größere Gruppe um mich, und ich werde gebeten, aus dem Stegreif eine Rede oder einen Vortrag zu halten. Und jedes Mal, wenn ich in ein Flugzeug steigen muss, werde ich unruhig. Das Leben an einem Ort, an dem ich durch einen Ozean von meiner Familie und meiner Heimatstadt getrennt bin, ist eine große Herausforderung für mich. Außerdem spreche ich nur so viel Suaheli, wie in Der König der Löwen vorkommt, und ich hasse es, unter einem Moskitonetz zu schlafen.

Es ist etwas verrückt für ein zwölfjähriges amerikanisches Mädchen, eine Reise nach Afrika zu planen. Es ist recht außergewöhnlich, dass amerikanische Kleinstadteltern einen solchen Plan rückhaltlos unterstützen. Und es ist außergewöhnlich verrückt, zu sehen, wie ein kleiner Plan zu etwas heranwächst, das man sich nie hätte träumen lassen: sieben Jahre lang Reisen nach Übersee, die Vollzeitarbeit für eine gemeinnützige Organisation, Missionsarbeit auf zwei Kontinenten und eine zuvor nicht absehbare Lebensplanung.

Als Kind träumte ich immer davon, in einem großen weißen Haus voller Kinder zu wohnen, mit einem hübschen grünen Garten und einem weißen Gartenzaun drum herum. Heute träume ich nur noch von meinem schönen Haus in Kenia mit seinen beige-braunen Lehmwänden. Vor dem Zaun steht ein Wachtposten zu unserem Schutz. Der Hof aus festgetrampelter Erde ist voller staubiger, kichernder braungesichtiger kenianischer Kinder, die alle nach der hellhäutigen, braunhaarigen jungen Frau mit dem strahlenden Lächeln »Mama! Mama!« rufen.

Als all das begann, hätte ich nie gedacht, dass meine Familie und ich je da landen würden, wo wir heute sind, und das tun würden, was wir tun. Doch offenbar zeigt Gott auch gern einmal seine ungestüme Seite. Ich bin nur dankbar, dass Gott sie in dieser Geschichte nicht sofort in ihrem ganzen Umfang gezeigt hat. Stattdessen hat er alles Stück für Stück entfaltet. Bei jedem kleinen Schritt auf dem Weg wusste er genau, wie er seinen Plan voranbringt, ohne mich völlig abzuschrecken. Manchmal tat er das, indem er aus scheinbar zufälligen Begegnungen wichtige Beziehungen entstehen ließ. Manchmal sorgte er für Ressourcen, schon lange bevor ich wissen konnte, dass ich sie brauchen würde. Und oft begann er, meinen Kurs zu ändern, lange bevor ich begriff, dass eine Veränderung im Anzug war.

Diese Geschichte kann ich Ihnen vielleicht am besten erklären, indem ich Ihnen das darin immer wiederkehrende Muster zeige. Jahr für Jahr sah ich Nöte, die scheinbar niemand lindern konnte, und Jahr für Jahr durfte ich sehen, wie Gott sie linderte. Oft hatte ich das Gefühl, dass er seine Lösung mit einem Augenzwinkern und einem Lächeln präsentierte, und deshalb sind wir so dankbar für seine Wunder. Und mehr als einmal hat er meine Lebenspläne auf den Kopf gestellt und mir gezeigt, dass er mein schmerzendes Herz auf eine Art und Weise füllen kann, die jenseits meiner Vorstellungskraft liegt. Wenn ich auch nur einen kleinen Blick auf den Plan hätte werfen können, den Gott für mich, für uns und für Kenia bereithielt, hätte ich wahrscheinlich nicht geglaubt, was ich gesehen hätte. Wahrscheinlich wäre er mir zu riesig, zu kompliziert und zu meisterhaft vorgekommen. Und wahrscheinlich hätte ich mich für zu jung, zu still, zu durchschnittlich oder zu unerfahren gehalten, um an diesem Plan beteiligt zu sein.

Wie also hat sich mein Leben so drastisch verändert? Auf diese Frage habe ich eine lange Antwort. Alles begann mit einer Frage, und dann einer Reise, und dann einem Bleistiftstummel. Ich glaube, ich hätte es damals nicht beschreiben können, doch heute weiß ich, dass Gott durch Kenias Kinder mein Herz veränderte. Am Anfang wusste ich nur, dass ich helfen wollte. Helfen musste. Und mit dem Blick auf diese Kinder veränderte sich mein Blick auf mich selbst: Sie hatten, was mir fehlte, und ich hatte, was sie brauchten. Ich hätte am liebsten ihre Stärke in mich aufgesaugt und in ihrer inneren Zufriedenheit geschwelgt. Ich wollte einfache Freuden so zu schätzen wissen wie sie. Und obwohl ich mich nie als materiell reich betrachtet hatte, konnte ich durch ihre Augen erkennen, dass ich es bin.

Dies ist die Geschichte, wie Gott ein 13-jähriges Mädchen nahm und es zu einer 21-jährigen Missionarin machte. Es ist die Geschichte, wie er scheinbar nicht zusammenpassende Teile nahm und sie genial zusammenfügte. Es ist die Geschichte, wie Gott unser Leben veränderte und unsere Träume radikal umkrempelte. Die ganze Zeit über hat er mich für Kenias Kinder und Kenias Kinder für mich maßgeschneidert und eine perfekte Verbindung in eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte münden lassen.

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KAPITEL 1Offene Türen und Opfer

Als ich am 16. März 2010 aufwachte, hatte ich Schmetterlinge im Bauch und Hummeln im Hintern. Ich war nervös und aufgeregt, denn mich erwartete ein Abenteuer. Lange vor meinem Vater war ich angezogen und bereit zur Abfahrt. Wahrscheinlich sah ich aus wie ein junger Hund, der mit der Leine im Maul an der Tür sitzt. Nur hatte ich statt der Leine lauter Koffer, die um mich herumstanden und zum Bersten mit nagelneuem Spielzeug gefüllt waren, das nur darauf wartete, dass man mit ihm spielt.

Heute würde ich mein Land verlassen und auf eine einmalige Reise gehen. Ich war gerade ein Teenager geworden, und seit einer ganzen Weile hatte ich große Träume.

Im Jahr zuvor hatte ich erfahren, dass meine Tante, mein Onkel und mein kleiner Cousin nach Kenia ziehen wollten. Mein Onkel Logan, der jüngere Bruder meines Vaters, und meine Tante Julie hatten schon eine Zeit lang darüber nachgedacht, einen Kurzzeit-Missionseinsatz zu machen, und sich daher nach Posten umgehört, die für sie als Familie passend sein könnten. Vor allem hatten sie eine Stelle gesucht, wo sie sich beide mit ihren Fähigkeiten einsetzen konnten und wo Onkel Logans Ausbildung als Allgemeinmediziner gebraucht wurde.

Kurz nach der Geburt des kleinen Liam fanden sie eine Stelle: Tenwek, ein Missionskrankenhaus in einem Dorf namens Bomet in Westkenia. Tenwek war 80 Jahre zuvor als Ort gegründet worden, an dem Gottes Liebe durch erschwingliche – oft kostenlose – medizinische Versorgung in der Region sichtbar werden sollte. Anfangs wurden dort Babys geboren, Medikamente ausgegeben und eine allgemeine medizinische Versorgung geleistet. Heute ist Tenwek ein ganzer Klinikkomplex, wo man alles findet, angefangen bei Zahnmedizin und einem einfachen Labor über Gynäkologie und Geburtshilfe bis hin zu Chirurgie und Notfallmedizin. Außerdem sind eine staatlich anerkannte Krankenpflegeschule angeschlossen und ein Ausbildungsprogramm für Assistenzärzte etabliert worden.

Das Krankenhaus ist hauptsächlich auf den kontinuierlichen Einsatz von medizinisch ausgebildeten christlichen Missionaren angewiesen – Ärzte, Krankenpfleger und -schwestern, Laboranten und andere. Viele von ihnen ziehen mit ihrer ganzen Familie für mehrere Monate oder sogar noch länger nach Kenia. Sie wohnen am Fuß des Hügels, auf dem der Krankenhauskomplex steht, und geben in Vollzeit ihre Fähigkeiten und ihr Fachwissen weiter – ohne Bezahlung. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Mission von Tenwek sind die Familienangehörigen. Viele von ihnen übernehmen Verwaltungs- und Hilfsarbeiten im Krankenhaus, doch vor allem leben sie einfach in der Dorfgemeinschaft von Bomet. Bei ihren täglichen Begegnungen können sie mit den Menschen in Berührung kommen und ihnen Gottes Liebe zeigen.

Tenwek passte auf die Kriterien, nach denen Onkel Logan und Tante Julie Ausschau hielten. Diese wunderbare Gelegenheit erforderte enormen Einsatz, und meine Tante und mein Onkel waren bereit, die Herausforderung anzunehmen. In wenigen Monaten würden sie nach Wichita/Kansas abreisen und dort eine sechsmonatige Schulung absolvieren, und dann würden sie nach Afrika gehen!

Es war eine aufregende Zeit für uns als Familie. Wir freuten uns sehr für Logan und Julie und waren gespannt, was Gott an ihnen und durch sie tun würde. Viele von uns lernten wissenswerte Kleinigkeiten über Ostafrika, um mehr über den Ort zu erfahren, an dem sie leben und dienen würden. Auch ich begann, mich damit zu beschäftigen. Ich ging auf die Homepage von Tenwek und klickte mich durch Online-Fotoalben der Gegend. Ich las nach, was eine kenianische Familie im Durchschnitt verdiente, und versuchte herauszufinden, wie im Vergleich dazu die Situation in den Vereinigten Staaten war. Ich suchte nach Geschichten über ostafrikanische Kinder und ihre Schulen und wollte verstehen, wie das Leben für andere Kinder in dieser Region aussah.

Von links nach rechts: Papa, ich, Tante Julie und Onkel Logan Banks

Logans und Julies Plan, in Afrika zu leben und zu arbeiten, faszinierte mich. Der Gedanke, dass eine junge Familie alles zusammenpacken und in ein anderes Land ziehen konnte, einfach um anderen zu dienen und sie mit Jesus bekannt zu machen, war für mich eine Offenbarung, obwohl ich in einer christlichen Familie und einer Gemeinde aufgewachsen war. (Offenbar war so etwas bisher jenseits meiner Vorstellungskraft.) Aber ich verstand es nun doch – besser spät als gar nicht – und war sehr fasziniert von dem, was mein Onkel und meine Tante auf der anderen Seite des Globus tun würden. Am Ende brachten mich alle meine Recherchen auf eine verrückte Idee: Ich wollte das alles einmal selbst sehen.

Genau genommen entstand mein Wunsch sowohl aus unserer Familiensituation heraus als auch aus meinem Interesse an Mission – vielleicht je zur Hälfte. Jedenfalls fand ich es ziemlich praktisch, dass ich in Kenia beides miteinander verbinden konnte. Wenn ein Besuch bei meinen Verwandten bedeutete, dass ich die Gelegenheit bekam, ein klein wenig Missionsarbeit zu leisten, warum sollte ich dann nicht gehen? Und wenn die Missionsarbeit mir Gelegenheit dazu gab, Seite an Seite mit meiner Familie zu arbeiten, was könnte besser sein?

Doch es gab ein ganz offenkundiges Problem: Wenn man zwölf Jahre alt ist, spielt es keine Rolle, ob man unbedingt eine Reise auf einen anderen Kontinent machen will – es sei denn, man hat die Erlaubnis dazu.

Das Folgende wird Ihnen wahrscheinlich viel über meine Familie sagen:

Als ich das erste Mal um die Erlaubnis bat, nach Afrika gehen zu dürfen, fand ich nicht, dass dazu ein besonders großer Aufwand nötig war wie zum Beispiel eine ernsthafte Diskussion oder auch nur die Anwesenheit beider Elternteile. Ich war eines Tages mit meiner Mutter im Auto unterwegs, wir machten unsere Erledigungen, und ich sprach einfach das Thema an: »Mama, wenn Onkel Logan und Tante Julie in Kenia sind, darf ich sie dann besuchen und ihnen helfen?«

Meine Mutter bekam große Augen und ihre Augenbrauen wanderten in Richtung Haaransatz. Sie schwieg eine Weile, und als sie endlich antwortete, merkte ich, dass sie ihre Worte sehr vorsichtig wählte. Sie waren lang gezogen und sorgfältig artikuliert. »Ich sehe keinen Grund … weshalb du … nicht gehen solltest.«

Und wenn Sie weiterlesen, wird Ihnen das Nächste wahrscheinlich eine Menge über mich sagen:

Ich fasste die Worte meiner Mutter als Erlaubnis auf.

Als wir abends wieder zu Hause waren, konnte ich es kaum erwarten, meinen Vater aufzuklären. Ich wusste, wenn ich nach Afrika wollte, brauchte ich einen von beiden Elternteilen als »Babysitter«, und ich dachte mir, dass ich mit meinem Vater wahrscheinlich die besseren Chancen hätte. Auch ihn faszinierte Logans und Julies Abenteuer, seit er das erste Mal davon gehört hatte. So hoffte ich, dass er bereit wäre, mich bei allen potenziellen Möglichkeiten, seinem Bruder zu helfen, in die Gleichung einzubauen.

Also fragte ich ihn, und er sagte Ja. Ja!

An jenem Abend, während meine beiden jüngeren Brüder im Haus herumtobten und Videospiele spielten, saßen meine Eltern und ich im Wohnzimmer und sprachen über die Reise. Keiner von uns hatte schon einmal eine solche Reise unternommen, wie wir sie vorhatten, und wir hatten viele Fragen.

Wie teuer würde die Reise werden?

Wie sollten wir die Flüge, Passgebühren und andere Reisekosten decken?

Wären wir sicher auf der Reise?

Wann wäre eine gute Zeit zum Reisen?

Was würden wir dort tun, wenn wir diese Reise tatsächlich unternähmen?

Anhand dieser Fragen recherchierten wir weiter. Zunächst sprachen wir mit Logan und Julie über die Möglichkeit, dort ehrenamtlich zu helfen, über Reisedetails, die Unterbringung und darüber, ob mein Alter vielleicht Probleme aufwerfen könnte. Alle ihre Antworten waren ermutigend. Es gab jede Menge zu tun und viele Möglichkeiten zu helfen, sagten sie. Außerdem konnten sie uns helfen, uns in Kenia zurechtzufinden, und wir konnten bei ihnen wohnen.

Je mehr wird darüber redeten, nachdachten und beteten, umso mehr stieg unsere Begeisterung. Es kam uns nie so vor, als würde Gott uns Türen verschließen; stattdessen ließ er sie weit aufschwingen. Wir entwarfen, einen Plan und machten uns über ungefähre Budgets Gedanken. Wir dachten uns, dass mein Vater und ich um die Frühlingsferien herum für zwei Wochen nach Kenia fliegen könnten, damit ich nicht zu viel Stoff in der Schule verpasste. Wir könnten Logan, Julie und Liam besuchen, ein wenig einheimische Kultur tanken und helfen, wo wir gebraucht wurden. Fantastische Aussichten!

Und teure Aussichten. Mein Vater und ich brauchten Geld für Auslandsflüge, mehrere Übernachtungen, Essen, Passgebühren, Verkehrsmittel auf dem Land und wahrscheinlich einige unvorhersehbare Vorfälle. Unser Budget belief sich auf etwa 5 000 Dollar.

Meinen Eltern war von Anfang an klar, dass wir für die Finanzierung einer Reise nach Afrika viel Glauben brauchten. Wir mussten Gott vertrauen, dass er uns das nötige Geld schenken würde. Aus der Bibel wussten wir, dass Gott alles gehört – alles. Zwar hatten wir noch keine Ahnung, wie Gott meinen Vater und mich versorgen würde, doch wir wussten: Wenn er uns in Ostafrika haben wollte, würde er uns irgendwie helfen.

Doch auch wir selbst mussten einige Opfer bringen. Genau genommen war das von Anfang an eine Bedingung. Als meine Eltern mir erlaubten, nach Kenia zu gehen, trafen sie eine Übereinkunft mit mir: Sie würden helfen, meine Reise zu finanzieren, wenn ich einwilligte, in dem Jahr auf Weihnachtsgeschenke und unnötige Ausgaben zu verzichten. Geschenke gegen eine Reise nach Afrika? Für mich war die Sache sonnenklar. Fröhlich akzeptierte ich die Bedingungen und setzte mir das Ziel, den Plan durchzuziehen.

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KAPITEL 2Viele helfende Hände

Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich keinen Brief an Freunde und Verwandte geschickt, um darin um finanzielle Unterstützung zu bitten. Ich wusste, dass Missionare das tun, und ich fand auch, dass das für sie eine super Sache war – aber meinen Vater und mich hielt ich nicht unbedingt für Missionare. Wir wollten doch nur für kurze Zeit nach Kenia, und zwar auch, um Verwandte zu besuchen, die tatsächlich Missionare waren. Warum sollten andere uns dabei unterstützen wollen?

»Ich glaube einfach nicht, dass irgendjemand uns Geld schicken wird«, erklärte ich meiner besten Freundin Kassadee. Ich erklärte ihr, dass ich einen Spendenbrief für eine riesige Zeit- und Energieverschwendung hielt.

Doch Kassadee war nicht so pessimistisch. »Meinst du wirklich nicht, dass irgendjemand etwas dazu beisteuern würde?«

Ich schüttelte den Kopf. Vielleicht verzog ich sogar ein wenig das Gesicht. Für mich hatte der Gedanke, andere um Geld zu bitten, nur ein einziges unweigerliches Ergebnis: nämlich gar keines.

Davon war Kassadee hingegen nicht überzeugt, und sie ließ nicht locker. »Weißt du«, sagte sie, »Briefmarken kosten nicht viel, und vielleicht erlebst du ja eine Überraschung. Ich wette, manche Leute würden sich sehr über eine Gelegenheit freuen, dir zu helfen, diesen Traum wahr werden zu lassen.«

Mit anderen Worten: Fragen kostet nichts.

Das Ganze war dann recht einfach: Mein Vater und ich erklärten in einem Brief unseren Plan, unsere Verwandten in Kenia zu besuchen und dort zu helfen. Wir gaben an, wie viel unsere Reise etwa kosten würde, und baten um Gebete und finanzielle Hilfe, um unser Ziel zu erreichen. Den Brief schickten wir an unsere Verwandten und einige gute Freunde. Dann warteten wir ab, ob jemand antworten würde.

Die Reaktion war überwältigend, und es wurde noch besser!

Ich habe ja bereits erwähnt, dass ich ein ziemlich ruhiger Mensch bin und gern im Hintergrund bleibe. Beispielsweise war mir der Gedanke, eine Geburtstagsparty zu feiern, nie besonders angenehm. Aber da unsere Reise auf dem Plan und mein 13. Geburtstag am Horizont stand, konnte sogar ich zustimmen, dass eine besondere Party angebracht war.

Kurz vor unserer Reise luden meine Eltern also alle meine Freundinnen zu einer Feier ein, unter einer Bedingung: Sie durften mir keine Geschenke machen. Stattdessen willigte jedes Mädchen ein, ein kleines Spielzeug für die Kinder in Kenia mitzubringen. Ich konnte die Geschenke dann in meine Koffer packen und für uns alle dort verteilen.

Die Party war eine der besten, die ich je erlebt habe! Wir alle freuten uns, weil wir wussten, dass die Geschenke für Kinder bestimmt waren, die kaum etwas hatten. Ich öffnete sie nacheinander – ein Fußball, ein kleines Bowling-Set, ein paar Matchbox-Autos – und wir jubelten gemeinsam darüber. Alle freuten sich darüber, dass sie etwas geben konnten.

Inzwischen dauerten die Reisevorbereitungen für uns als Familie schon fast ein Jahr, und die ganze Zeit über hatten andere uns dabei geholfen. Sie hatten gebetet, uns finanziell unterstützt, uns überrascht und mit uns gefeiert. Gott hatte jeden Einzelnen gebraucht, um uns voranzubringen und uns in dem Glauben zu bestärken, dass wir auf dem richtigen Kurs waren.

Darum hatte ich bei unserer Abreise das Gefühl, dass viel mehr Personen als nur mein Vater und ich auf diese Reise gingen. Wir nahmen den Eifer und den Glauben vieler anderer mit. Weil Gott durch sie gewirkt hatte, waren unsere Flugtickets vollständig bezahlt und unsere Koffer mit tollem Spielzeug gefüllt. Unsere Herzen sprudelten vor Aufregung schier über. Ich hatte das Gefühl, schon ein riesiges Abenteuer hinter mir zu haben, und die Reise sollte doch gerade erst beginnen!

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KAPITEL 3Kulturschock

Meine Mutter weinte, als sie meinen Vater und mich am Flughafen verabschiedete. Ich wusste, dass sie über die bevorstehende Trennung traurig war. Sie war unruhig, das merkte ich. Mein Vater und ich flogen an einen Ort, an dem fast alles unbekannt für uns war. Bisher beschränkte sich die Summe unserer internationalen Reiseerfahrungen auf einen Urlaub meiner Eltern in Mexiko. Außerdem war ich gerade ein Teenager.

Ich für meinen Teil hatte vor der Reise nicht allzu viel Lampenfieber. Selbst dass wir erst den Atlantik und dann das Mittelmeer überqueren würden, machte mir nicht viel Angst. Die Aussicht auf Kenia war einfach zu aufregend! Darum war es eine besondere Ironie, dass ich ausgerechnet nach dem Flug Beklemmungen bekam. Unsere Ankunft in Nairobi brachte mich aus dem Konzept.

Bei der Landung spähte ich aus dem Fenster und ließ meinen Blick von links nach rechts gleiten. Ich dachte, ich würde dürres Steppenland und vielleicht ein paar Giraffen zu sehen bekommen. Doch wo ich eine Safari-Postkarten-Szene erwartet hatte, fand ich die Unruhe einer Großstadt und jede Menge Grün: dicke Sträucher, belaubte Bäumen und hoch aufragende Palmen. Weite Bodenflächen waren mit Gras überzogen; es war ganz und gar nicht das trockene, unbewohnte Land, das ich erwartet hatte. Vom Flughafen aus war die Skyline der Innenstadt zu sehen, und aus dieser Perspektive betrachtet sah Nairobi aus wie jede andere Großstadt. Es hätte genauso gut Dallas oder Cincinnati sein können.

Wir hatten noch nicht einmal das Rollfeld verlassen, da war mir schon klar, dass dies nicht das Afrika war, das ich mir vorgestellt hatte. Jenes Afrika war ländlicher, trockener und weitaus weniger entwickelt: ohne die Gebäude, Autobahnen und die großen Menschenmengen, sondern stattdessen mit Fußwegen, dürrem Gestrüpp und kreidiger, rötlicher Erde. (Was mir an geografischen Kenntnissen fehlte, hatte ich offensichtlich mit Stereotypen wettgemacht.) Ich sah sofort, dass meine Grundannahmen über Kenia nachjustiert werden mussten. Doch bevor ich damit anfangen konnte, öffnete sich die Flugzeugtür und schlechte Luft drang in die Kabine.

Es war mein erster Tag und meine erste Stunde in Afrika, und mindestens einer meiner fünf Sinne war ständig unter Beschuss.

Onkel Logan holte uns vom Flughafen direkt hinter der Zollkontrolle ab. An ihm selbst hatte sich fast nichts verändert, doch der Kontext war so anders, dass es einen Moment lang schien, als hätte sich alles verändert. Plötzlich war Onkel Logan nicht mehr einfach eine größere, bärtige Version meines Vaters; hier in Nairobi war er der weiße Onkel Logan – das einzige hellhäutige Gesicht in der Menschenmenge. Ich wusste: Wenn er aufgrund seiner Hautfarbe so sehr auffiel, würde ich ebenso sehr auffallen.

Die Fahrt von Nairobi nach Bomet dauerte dreieinhalb Stunden. Wir fuhren zuerst auf einer Fernstraße, die quer durch den Großen Afrikanischen Grabenbruch in der Region der Großen Seen führte, direkt nördlich der Serengeti-Ebene. Die Landschaft war atemberaubend. Das ganze Tal war saftig grün von der Regenzeit, und wir konnten entfernte Berge, einen weiten blauen Himmel, sanft rollende Hügel und niedrige, weit ausladende Bäume sehen. Doch die Naturwunder um uns herum waren nicht die einzigen Bilder. Es gab große und kleine Städte, beladene Lastwagen, reisende Menschen und sogar Esel, die Karren hinter sich herzogen – und all das auf einer riesigen Leinwand leuchtender, kräftiger Farben.

Die meisten Gebäude in Kenia sind aus Betonsteinen und Stahlstäben gebaut oder aus Holz und Wellblech. Wenn die Grundmauern eines Gebäudes stehen, wird die Fassade normalerweise nicht gestaltet. Stattdessen werden die meisten Häuser einfach gestrichen und zu ihrer eigenen Werbetafel. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein ganzer Laden oder Imbissstand eine handgemalte Werbeanzeige ist: Slogans, Logos, gesponserte Produkte – was immer man sich denken kann. Als Marketingstrategie auf jeden Fall erfolgreich!

Hoch über der Stadt lag Tenwek, ein offener, aus verschiedenen Gebäuden bestehender Klinikkomplex. Unten am Hügel war ein Apartment-Block für die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Krankenhauses errichtet worden. Vor einem dieser Apartments hielten wir und Onkel Logan, mein Vater und ich stiegen aus dem Auto. Sofort grüßte uns Tante Julies strahlendes Lächeln. Liam saß auf ihrer Hüfte und sein blondes Haar leuchtete im Sonnenschein noch heller. In den letzten drei Monaten war er sehr gewachsen und hatte sich auch sonst sehr verändert.

»Da seid ihr ja! Herzlich willkommen! Immer hereinmarschiert!«

Nachdem Tante Julie uns rasch die Wohnung gezeigt hatte, brachte sie meinen Vater zu seinem Zimmer und mich zu meinem. Sie und ich waren kaum durch die Tür, da tauchten am Fenster auch schon ein paar Kinder auf, die die Köpfe reckten und ins Zimmer spähten. Ich war sehr überrascht, aber Tante Julie ließ sich gar nicht aus der Ruhe bringen. Sie lächelte die Kinder an und zog dann einen Vorhang vors Fenster.

»Sonst gehen sie nicht wieder weg«, erklärte sie mit einem Achselzucken.