Den Tieren verpflichtet - Dr. Margrit Herbst - E-Book

Den Tieren verpflichtet E-Book

Dr. Margrit Herbst

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Beschreibung

Mit feinem Gespür für das Komische und Reale plaudert eine Tierärztin aus dem Nähkästchen ihrer Erfahrungen mit Menschen und Tieren. Anschaulich lässt sie Zooerlebnisse und Studentenstreiche vorüberziehen. Humorvolle Schilderungen aus dem tierärztlichen Klinikalltag und der Landpraxisarbeit werden ergänzt durch Begegnungen mit Tierpersönlichkeiten. Diese Sammlung von Geschichten, Anekdoten und Erlebnissen aus einem abwechslungsreichen Leben sollen den Leser zum Nachdenken und Schmunzeln über den sonst sehr sachlichen Bereich des tierärztlichen Berufsalltages mit seinen Sorgen und Freuden anregen.

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Seitenzahl: 63

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I - Zooerlebnisse

Die Freizeitbeschäftigung

Maxi, der kleine Theaterstar

Pauli, der Elefantenschreck

Das Kinderpony Heidi

Eine Tigerfreundschaft

Die ängstlichen Zebras

II - Studienjahre

Der Studiengang der Veterinärmedizin

Elke, ein Rennen auf der Autobahnbaustelle

Die Traberstute mit den dicken, entzündeten Hinterbeinen

Der Esel als Zebra

Ein Ausflug ins Teufelsmoor

Ein Klinikochse als Reitpferd

Das erste Retortenfohlen

Eine verhängnisvolle, chirurgische Fehldiagnose

Die Doktorarbeit oder doppelt hält besser

III - Semesterferien in der Tierarztpraxis

Eine Landpraxis in Satrup

Der nicht ganz standfeste Ferkelhalter

Die Kuh auf dem Heuboden – Eine vorweihnachtliche Überraschung

Eine Augenoperation bei einem Hofhund

IV - Tierklinikerfahrungen

Falko, ein Begleiter meiner Assistentenzeit in der Schweineklinik

Unvergesslich, die erste eigene Problem-Patientin

Die kritischen Tierbesitzer

Unterrichtsverpflichtungen

Ein Reh mit Tollwutverdacht

V - Der Alltag in der Großtierpraxis

Das neue Zuhause

Pferdekauf – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Ärger mit der Schlafkrankheit

Ein Fußball auf dem Rücken

Die ausgetrickste Auktionsversicherung

Das „Rote Haus“

Der Senior als Tierarztpraktikant

Fohlenlähme im Ferkelstall

Ein Kutschenunfall

VI - Freizeit mit Tieren

Die AraberstuteNatascha

Pußta – Das Glück dieser Erdeliegt auch auf dem Rücken eines Jagdpferdes

Meutehunde sind verschiedene Persönlichkeiten

Kutschfahrten in die Elbtalauen

Hufabdrücke in meinem Herzen

I - Zooerlebnisse

Die Freizeitbeschäftigung

Während der letzten Jahre meiner Schulzeit wohnten wir in einer Dienstwohnung am Rande von Osnabrück. Da ich dort keine eigenen Tiere halten durfte, habe ich viel freie Zeit auf dem nahegelegenen Zoogelände zugebracht. Von Frühjahr bis Anfang Herbst wurde in einer kleinen Reitbahn am Wochenende geführtes Ponyreiten für kleine Zoobesucher angeboten. Damit konnten wir „Führkinder“ uns regelmäßig ein kleines Taschengeld verdienen. Unsere neue Voltigier-Gruppe auf der Ponystute Heidi stieß nicht nur bei den Medien auf großes Interesse. Einmal im Monat hielten der Zoodirektor oder ein Reviertierpfleger in der Zoogaststätte einen interessanten Lichtbildervortrag für Freunde des Zoos und interessierte Gäste.

Der Zoo liegt im Süden Osnabrücks an den Hängen des Schölerbergs in einem Buchenwald und wird deshalb auch Waldzoo genannt. Er wurde 1935 als „Heimattiergarten“ gegründet und im Sommer 1936 eröffnet, um den Besuchern Tiere aus der eigenen Heimat zu zeigen. Später wurde der Tiergarten in Zoo umbenannt und mit einer Pinguin-Anlage, einem Bärenfelsen und einem Elefantenhaus erweitert. Die Übergabe der ersten Dickhäuterin, eine riesige Elefantenkuh namens Toni, wurde als Volksfest gefeiert. Abgegeben wurde die alte Dame vom Zirkus Althoff aus seinem nahegelegenen Winterquartier, weil man ihr aus Tierschutzgründen wegen ihrer beachtlichen Größe keine weiteren, beengten Transporte von Spielstätte zu Spielstätte zumuten wollte.

Maxi, der kleine Theaterstar

Maxi, ein hübscher, schwarz-weißer Shetlandponyhengst, bewohnte mit seinem Freund, dem Ponywallach Pauli, eine kleine Box mit großem Auslauf im Huftierhaus des Tiergartens. Da das Pferd mit der Kutsche vertraut war, durfte ich mit Maxi im Wald und in der Stadt spazieren fahren, um dem Tier zusätzlich Bewegung und weitere, neue Sinneseindrücke zu verschaffen. Ohne jemals zu scheuen oder stehenzubleiben zog der kleine Hengst fleißig den Wagen durch die Stadt und durch das hügelige Waldgelände. Wegen seines ruhigen und ausgeglichenen Temperamentes ließ sich das Pony auch problemlos auf fremde Personen ein, ohne jemals zu beißen oder auszuschlagen.

Als das Osnabrücker Theater ein kleines Pferd für Operettenvorstellungen suchte, fiel die Wahl auf Maxi. Trotz der lauten Orchestermusik ließ der Shetty, vor einer kleinen Kutsche gespannt, viele Aufführungen geduldig über sich ergehen. Als Maxi sich plötzlich aus irgendeinem Grunde während einer Aufführung erschrak, konnte er nur mit viel Mühe davon abgehalten werden, von der Bühne aus in den tiefergelegenen Orchestergraben zu springen, in dem sich die Musiker mit ihren Instrumenten befanden. Die Operettenvorstellung wurde danach vorübergehend unterbrochen, bis sich Sänger und Musiker von ihrem Schreck erholt hatten. Damit war schlagartig die Theaterlaufbahn des kleinen Pferdes beendet. Ich denke, Maxi war sicherlich nicht traurig, sondern eher erleichtert, wenn man berücksichtigt, dass das Hörvermögen eines Pferdes zusätzlich viele Geräusche wahrnimmt, die ein menschliches Ohr gar nicht empfangen kann. Somit wurde auch dem Tierschutz genüge getan und mir blieb Maxi viele Jahre als Freund und gemütliches Kutschpferd erhalten.

Pauli, der Elefantenschreck

Die tägliche Hauptaufgabe von Pauli, einem kleinen, schwarzweißen Ponywallach, war, mit einem Arbeitswagen Heu, Stroh, Rüben, Wurzeln, Äpfel und Kraftfutter von Gehege zu Gehege zu transportieren, damit der Huftierrevierpfleger seine Lieblinge mit neuem Futter und Stroh versorgen konnte. Dieses Arbeitsrevier beherbergte Ponys, Zebras, Hirsche, Bisons, Flusspferde und ein junges Känguru. Viele Monate gab es keine Probleme, wenn das Pferd vor jedem Gehege geduldig warten musste, bis die entsprechenden Futterrationen verteilt waren und es dann mit der Stimme zum Weitergehen aufgefordert wurde.

Eines Tages erschrak Pauli sich, vermutlich weil er von einem Insekt attackiert worden war. Das Fluchttier sauste daraufhin im Galopp mit dem beladenen Arbeitswagen durch das Zoogelände. Als Pauli am Elefantengehege vorbeiraste, erschrak sich die junge und unerfahrene Elefantenkuh Targa. Diese durchbrach daraufhin panikartig nicht nur das Gehegegitter, sondern auch den äußeren Grenzzaun des Zoogeländes und verschwand im nahegelegenen Wald.

Mit einem Großaufgebot von Feuerwehr, Polizei und Tierpflegern wurde im umliegenden Waldgebiet nach der Elefantendame gesucht, der es wegen ihres ausgesprochen guten Hörvermögens gelang, mehrere Tage unentdeckt zu bleiben. Nachdem die Elefantenkuh endlich durch einen Zufall entdeckt und von ihrem vertrauten Pfleger beruhigt werden konnte, ließ sie sich mit viel Geduld und der entsprechenden Sicherheitsbegleitung in ihre Bleibe zurückbringen. Die lokale Presse konnte nun einige Tage ausführlich mit mehreren Schlagzeilen berichten.

Das Kinderpony Heidi

Als 3-jähriges Pferd wurde die große Scheckstute Heidi vom Zoodirektor erworben, damit sie an den Wochenenden für das geführte Kinderreiten auf einem kleinen Sandplatz mit einigen anderen Ponys zum Vergnügen der kleinen Besucher ihren Dienst versehen konnte. Damit die bisher nur angerittene Stute unter dem Sattel weiter ausgebildet werden konnte, durfte ich sie zunächst ohne Aufsicht im umliegenden Gelände oder in einer kleinen Reitbahn reiten. Während meiner Oberstufenzeit auf dem Osnabrücker Mädchengymnasiun haben wir gemeinsam viele Stunden ein nahegelegenes Waldgelände durchstreift und jeden kleinen, umgestürzten Baum als Hindernis übersprungen. Ansonsten bin ich vorübergehend abgestiegen und habe aus Ästen und kleinen Baumstämmen kleine Hindernisreihen errichtet. Die Springübungen haben uns nicht nur viel Freude bereitet, sondern wir konnten dabei auch unsere überschüssige Energie abbauen.

Als eines Tages ein von mir ungeliebter Schulwandertag angesetzt war, hatte sich meine Klasse auf einen Treffpunkt in der Nähe des Zoos geeinigt. Wie schön für mich, da ich lange Fußmärsche seit eh und je verabscheute. Also sattelte ich Heidi und erschien zu Pferd mit Rucksack und Proviant an der Sammelstelle. Mein Klassenlehrer war nicht sehr begeistert von unserer Ankunft, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als unsere gemeinsame Teilnahme am Wandertag zu erlauben. Meine Klassenkameradinnen waren natürlich von Heidis Gesellschaft begeistert und überschütteten das Pony mit vielen Streicheleinheiten und Leckereien. Als gut erzogene Dame nahm Heidi die Sonderbehandlung dankbar entgegen und ich war wieder einmal einem Fußmarsch aus dem Wege gegangen.

Nur ein einziges Mal während unserer gemeinsamen Zeit hätte mich meine Partnerin fast in erhebliche Schwierigkeiten gebracht. Da meine mündlichen Abiturprüfungen erst für die Nachmittagsstunden angesetzt worden waren, beschloss ich, vorher einen Waldausritt zu machen. Plötzlich und für mich unerwartet erschrakt sich das Pony auf einem steilen Abhang, stellte sich auf die Hinterbeine und ich fiel seitlich vom Pferd. Glücklicherweise blieb Heidi bei mir stehen. Von meinem Schreck erholt, machte ich mich mit leichten Schmerzen als Fußgängerin auf den Heimweg, behielt aber das kleine Missgeschick für mich. Wäre meine Begleiterin zum Stall gelaufen, hätte ich einen langen Fußmarsch antreten müssen und wäre möglicherweise zu spät zur ersten Abiturprüfung erschienen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Abenteuer als Entschuldigungsgrund akzeptiert hätte. Sauber gewaschen und  etwas benommen, konnte ich gerade noch rechtzeitig vor der Prüfungskommission erscheinen.     

Eine Tigerfreundschaft

Gehen Ende meiner Schulzeit habe ich mich oft im Raubtierrevier bei den Großkatzen aufgehalten. Dabei konnte ich mich mit einem jungen Tiger anfreunden, der von seiner Mutter nicht angenommen worden war und deshalb von seinem Raubtierpfleger mit der Flasche aufgezogen werden musste. An Menschen gewöhnt, genoss die Katze sichtlich die vielen Streicheleinheiten, die sie regelmäßig von mir bekam. Da kein eigenes, angemessenes Gehege mit Auslauf  zur Verfügung stand, hatte der Zoodirektor erlaubt, dass ich mit meinem Freund an einer langen Leine regelmäßig auf dem Zoogelände spazieren gehen durfte. Auf diese Weise bekam der kleine Tiger das notwendige Sonnenlicht und tägliche Bewegung, um einer Rachitis-Erkrankung auf Grund von Vitamin-D-Mangel aus dem Wege zu gehen. Außerdem lernte die Raubkatze ihre Umwelt besser kennen, die sie in einem kleinen Ersatzgehege nie hätte erkunden können.