Der Notarzt 258 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 258 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Dr. Anja Hilger steckt voll Ehrgeiz, Disziplin und Fleiß. Ihr Medizinstudium hat sie im Eiltempo hinter sich gebracht, und alles, was es in Fachbüchern nachzulesen gibt, kann sie auswendig herunterspulen. So hat sie es geschafft, schon im Alter von fünfundzwanzig eine Stelle als Assistenzärztin an der Frankfurter Sauerbruchklinik zu bekommen.

Unter ihren neuen Kollegen sorgt sie mit ihrer verbissenen Art jedoch für Verwunderung. "Fräulein Frostig" nennt sie der attraktive Paul Richter. Er hat die bildhübsche junge Frau anfangs mehrmals gebeten, mit ihm auszugehen, aber Anja hat dies immer entschieden abgelehnt. Für solche Nebensächlichkeiten hat sie keine Zeit, das stört nur bei der Karriereplanung. Und wie weit man damit kommt, das sieht man ja an Paul: Der ist immer noch Assistenzarzt, obwohl er schon achtundzwanzig ist!

Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. In die Klinik wird ein neuer Patient eingeliefert, und niemand ahnt, dass er eine tödliche Bedrohung für sämtliche Patienten und Mitarbeiter darstellt.
Als es zur Katastrophe kommt, muss Anja erkennen, dass ihr diesmal alles Fachwissen nicht helfen kann. Wenn sie jetzt noch jemanden retten will, dann muss sie alle Vernunft über Bord werfen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Zu allem entschlossen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/SunKids

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2391-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Zu allem entschlossen

Als Dr. Hilger alles riskierte, um einen Patienten zu retten

Karin Graf

Dr. Anja Hilger steckt voll Ehrgeiz, Disziplin und Fleiß. Ihr Medizinstudium hat sie im Eiltempo hinter sich gebracht, und alles, was es in Fachbüchern nachzulesen gibt, kann sie auswendig herunterspulen. So hat sie es geschafft, schon im Alter von fünfundzwanzig eine Stelle als Assistenzärztin an der Frankfurter Sauerbruchklinik zu bekommen.

Unter ihren neuen Kollegen sorgt sie mit ihrer verbissenen Art jedoch für Verwunderung. „Fräulein Frostig“ nennt sie der attraktive Paul Richter. Er hat die bildhübsche junge Frau anfangs mehrmals gebeten, mit ihm auszugehen, aber Anja hat dies immer entschieden abgelehnt. Für solche Nebensächlichkeiten hat sie keine Zeit, das stört nur bei der Karriereplanung. Und wie weit man damit kommt, das sieht man ja an Paul: Der ist immer noch Assistenzarzt, obwohl er schon achtundzwanzig ist!

Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. In die Klinik wird ein neuer Patient eingeliefert, und niemand ahnt, dass er eine tödliche Bedrohung für sämtliche Patienten und Mitarbeiter darstellt.

Als es zur Katastrophe kommt, muss Anja erkennen, dass ihr diesmal alles Fachwissen nicht helfen kann. Wenn sie jetzt noch jemanden retten will, dann muss sie alle Vernunft über Bord werfen …

Montag, 6:15 Uhr: Heute um sieben beginnt mein erster Arbeitstag als richtige Ärztin.

Das schrieb Anja Hilger in ihr Tagebuch. Sie klemmte den Kugelschreiber zwischen die Seiten, klappte das Buch zu und rückte es noch einmal zurecht, sodass es fein säuberlich genau in der Mitte ihres kleinen Schreibtischs lag, der unter dem Fenster ihres Schlafzimmers stand.

Wenn sie am späten Abend, nach ihrem ersten Zwölfstundendienst, nach Hause käme, würde sie hier die neuen Erfahrungen und Erkenntnisse eintragen, die sie im Laufe des Tages gesammelt hatte.

Ebenso fein säuberlich faltete sie dann ihr Nachthemd zusammen, legte es auf das längst gemachte Bett und pustete ein paar Staubkörnchen von ihrem Nachtschränkchen, auf dem ein Wecker, eine Nachttischlampe, ein Buch und eine Packung Papiertaschentücher fein säuberlich in einer Reihe am hinteren Rand ausgerichtet waren.

Bei Anja Hilger hatte alles seine Ordnung. Sie duldete keine Schlampigkeit, sie vergeudete ihre Zeit niemals mit sinnlosen Vergnügungen, sie gönnte sich keinerlei Schwächen, und Disziplin war ihr ebenso wichtig, wie die Luft zum Atmen.

Diese Eigenschaft, die sie als ihre wertvollste ansah, hatte dazu geführt, dass sie heute – mit erst fünfundzwanzig Jahren – mit der ersten Etappe ihrer Ausbildung zur Ärztin vollkommen fertig war.

Während sich andere junge Leute nach dem Abitur erst noch eine Auszeit gönnten, das Studium dann langsam angehen ließen, sich mit Studentenpartys, unnötigen Liebeleien oder anderen sinnlosen Aktionen verzettelten und Prüfungen versemmelten, weil sie am Vortag zu lange gefeiert oder zu wenig gelernt hatten, war sie in einem Tempo durch das Studium marschiert, als wäre der Leibhaftige hinter ihr her gewesen.

In kürzester Zeit hatte sie alle Praktika, Seminare und Prüfungen absolviert. Ihr praktisches Jahr hatte sie an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik erfolgreich hinter sich gebracht, und ihre eiserne Disziplin, ihre Zuverlässigkeit und der große Ehrgeiz, der sie dazu antrieb, sich ständig weiterzubilden, hatten zu einer festen Anstellung an der Sauerbruch-Klinik geführt.

Nicht, dass sie etwa ein Ausnahmetalent oder gar ein Genie gewesen wäre. Nein, die Gründe dafür, dass sie ausnahmslos alle ihre Kommilitonen weit hinter sich gelassen und alle ihre ehemaligen Schulkameraden überflügelt hatte, waren ihre Strebsamkeit, ihr Ehrgeiz und ihrer Selbstdisziplin.

Bei Anja Hilger gab es nichts Unvorhergesehenes. Jeder Einzelne ihrer Schritte war fein säuberlich vorausgeplant. Wenn sie sich einmal eine kurze Auszeit gönnte, dann investierte sie diese prinzipiell nur in solche Unternehmungen, die ihre Gesundheit förderten. Ein Spaziergang im Wald beispielsweise, eine Radtour oder ein Besuch im Schwimmbad.

Freunde hatte sie keine. Sie wollte auch keine haben. Noch nicht, denn sie war noch längst nicht an ihrem Ziel angelangt und konnte keinerlei Ablenkung gebrauchen. Sie wollte Fachärztin werden. Kardiologin vielleicht. Die Psychiatrie und die Onkologie zog sie ebenfalls in Erwägung, war sich dessen aber noch nicht hundertprozentig sicher.

Was aber bereits sicher war, war, dass sie noch vor ihrem dreißigsten Lebensjahr eine bestens ausgebildete Fachärztin sein würde. Dass sie auch dieses Ziel in der dafür vorgesehenen Zeit schaffen würde, daran zweifelte sie keine Sekunde lang.

Jetzt wollte sie erst einmal so viele praktische Erfahrungen sammeln, wie irgend möglich – und wo ging das besser als in einer Notaufnahme.

Einen Mann gab es in Anjas Leben natürlich nicht. Hatte es auch noch nie gegeben. Und das, obwohl sie mehr als nur passabel aussah. Sie war sogar sehr hübsch, wie sie an den Blicken der Männer unschwer erkennen konnte.

In der Notaufnahme gab es einen, der sich eine Zeit lang sehr um sie bemüht hatte: Paul Richter, ein zugegebenermaßen sehr gut aussehender Assistenzarzt.

Nun, für Anjas Geschmack sah er ein bisschen zu gut aus, und er war ihr auch ein bisschen zu … cool. Solche Männer waren doch nur dazu gut, einen in Schwierigkeiten zu bringen, und in diese Falle würde sie ganz bestimmt nicht tappen.

Außerdem war Paul mit seinen achtundzwanzig Jahren noch immer Assistenzarzt, und das war ein untrügliches Zeichen dafür, dass er keine Selbstdisziplin und zu wenig Ehrgeiz hatte.

Dass sie manchmal nachts von ihm träumte – es waren teilweise recht pikante Träume – führte sie schlicht und einfach auf den angeborenen Fortpflanzungstrieb des Menschen zurück. Es war also eine völlig natürliche, von Hormonen gesteuerte Reaktion, die mit Liebe oder auch nur Verliebtsein absolut nichts zu tun hatte und deretwegen sie sich nicht schämte. Sie verschwendete nicht mal weitere Gedanken daran.

Mittlerweile hatte Paul seine Bemühungen auch längst aufgegeben. Er versuchte, sein angekratztes Selbstbewusstsein wieder aufzurichten, indem er sich über sie lustig machte. Fräulein Frostig, so nannte er sie.

Manchmal versuchte er, sie durch so manchen Streich aus der Reserve zu locken – natürlich vergeblich, denn genauso wenig, wie sie sich sinnlose Ablenkungen gönnte, gönnte sie sich sinnlose Gefühlsausbrüche.

Anja Hilger war schon fertig angekleidet. Das gesamte Morgenprogramm – aufstehen, duschen, Zähne putzen, ankleiden, frisieren, Bett machen – spulte sie in nur fünfzehn Minuten herunter. Das war absolut kein Problem, wenn man keine Zeit vertrödelte, sondern jede Sekunde sinnvoll nutzte.

Sie ging in die Küche ihres kleinen Zweizimmerappartements, das nur fünf Gehminuten von der Sauerbruch-Klinik entfernt war, und bereitete ihr Frühstück zu.

Auch hier aß sie nicht einfach irgendwas, wie es die meisten Leute taten. Sie hielt sich genau an die neuesten Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft: Proteine, Vitamine, Kohlehydrate, Ballaststoffe, Spurenelemente – alles war fein säuberlich aufeinander abgestimmt.

Es wäre Anja nicht im Traum eingefallen, etwas zu essen, nur weil es gut schmeckte. Der Sinn der Nahrungsaufnahme war es, die Körperfunktionen in der bestmöglichen Weise zu unterstützen, damit Leistungsfähigkeit und Gehirntätigkeit sich optimal entfalten konnten.

Sie hatte seit vielen Jahren keine Pommes, Hotdogs, Pizzen oder irgendwelche Frikadellen, von denen kein Mensch wusste, was sie alles enthielten, zu sich genommen.

Als sie ihr karges Mal – einen Brei aus Haferflocken, gemahlenen Nüssen und geriebenen Äpfeln – verspeist hatte, spülte sie das Geschirr, räumte es in den Schrank zurück, wischte den Tisch ab und schlüpfte in der winzigen Diele in ihre Schuhe, die sie bereits am Vorabend blitzblank poliert hatte.

Als sie exakt um zehn vor sieben ihre Wohnung verließ und die Treppe aus dem sechsten Stock hinunterlief – sie nahm niemals den Fahrstuhl, denn so bekam sie auch gleich die für die Gesundheit so unendlich wichtige Bewegung – horchte sie ein bisschen in sich hinein und stellte zufrieden fest, dass sie sich zwar sehr auf ihren ersten Arbeitstag freute, jedoch nicht aufgeregt war.

Aufregung und Enthusiasmus waren – genauso wie Angst, Unsicherheit und Nervosität – ihrer Meinung nach kräfteraubende Gefühle, die keinen Nutzen hatten.

Und wozu sollte sie auch aufgeregt sein? Sie hatte während ihres Praktikums ja bereits drei Monate lang in der Notaufnahme gearbeitet, kannte die Leute dort und war bestens vorbereitet. Ihrer Meinung nach konnte also gar nichts Unvorhergesehenes geschehen.

Schicksal, das war doch lediglich eine Ausrede für Leute, die ihr eigenes Leben nicht im Griff hatten. Wer nicht dazu fähig war, seine Zukunft selbst zu bestimmen, der musste eben mit dem vorliebnehmen, was der Zufall ihm bescherte.

***

Etwa fünfzig Kilometer von Frankfurt entfernt, etwas außerhalb des kleinen Städtchens Reichenau, lag das Anwesen des Grafen Arberg und seiner Familie.

Die Arbergs waren eine der wohlhabendsten und angesehensten Familien des ganzen Landes, und Leonhard Arberg – das Familienoberhaupt – legte großen Wert darauf, dass das auch so blieb. Im Moment war das allerdings gar nicht so einfach.

Leonhard war stolz auf seine drei wohlgeratenen Töchter, die alle bereits studierten, niemals in der Klatschpresse auftauchten – es sei denn, es handelte sich um eines ihrer Wohltätigkeitsprojekte, für das sie sich engagierten – und die der Familie zur Ehre gereichten und den guten alten Namen zu jeder Zeit hochhielten.

Ausgerechnet der einzige Sohn der Arbergs – Theodor war ein Nachzügler und erst dreizehn – war … nun ja … er war … irgendwie anders.

„Verhaltensauffällig und höchstwahrscheinlich schizophren“,so hatte es ein Spezialist, den Leonhard mit seinem Sohn vor einem Jahr konsultiert hatte, formuliert und ihm eine Einweisung in eine Psychiatrische Klinik dringend ans Herz gelegt.

Doch Leonhard dachte nicht im Traum daran, seinen Sohn wegzugeben. Erstens deshalb, weil er ihn liebte, und zweitens würde sich die Tatsache, dass sein einziger männlicher Nachkomme ein psychisches Problem hatte, rasend schnell herumsprechen.

Versnobt und voller Vorurteile, wie manche Leute in seinen Kreisen waren, würde man voller Schadenfreude und Bosheit mit den Fingern auf die Familie zeigen. Er konnte sich das Getuschel hinter vorgehaltenen Händen, das geheuchelte Mitgefühl und die reißerischen Artikel in der Regenbogenpresse lebhaft vorstellen.

Außerdem hoffte er noch immer darauf, dass es sich bei Theodors Problem nur um eine heftige Phase der Verwirrung während der Pubertät handelte, die von selbst verschwinden würde, wenn Theo ein bisschen älter war.

Der Spezialist, der den Jungen untersucht hatte, hatte zugegeben, dass dies tatsächlich ziemlich häufig vorkam.

Seit seinem zwölften Lebensjahr – es hatte damals ein paar unangenehme Vorfälle in Theos Schule gegeben – wurde der Junge zu Hause von einem Privatlehrer unterrichtet. So wollte Leonhard es auch weiterhin halten, bis das Problem seines Sohnes sich verflüchtigt hatte und man ihn auf ein öffentliches Gymnasium schicken konnte.

Theo hatte … gewisse Phantasien. Keine von der romantischen Art, wie andere Jungen seines Alters sie hatten. Es handelte sich nicht um Tagträume, in denen er ein unverwundbarer und unbesiegbarer Held war, der schöne Jungfrauen rettete, waghalsige Abenteuer erlebte oder als berühmter Rockstar die Mädchen zum Kreischen brachte.

Nein, Theo war über alle Maßen fasziniert von großen Katastrophen. Explosionen, Feuersbrünste, Flugzeugabstürze, Erdbeben, Massenkarambolagen. Alles, was eine Massenpanik auslöste, alles, was die Menschen zum Schreien und zum Flüchten brachte, alles, wo das Blut in Strömen floss – das konnte Theo in einen regelrechten Rauschzustand versetzen.

Vor allem das Feuer hatte es ihm angetan. Danach war er regelrecht süchtig. Das war auch der Grund gewesen, warum er aus der teuren Privatschule geflogen war. Es hatte dort mehrmals gebrannt, und schließlich war Theo dabei erwischt worden, wie er die Turnhalle in Brand stecken wollte.

Das Stillschweigen der Schulleitung hatte Leonhard sich damals teuer erkauft, und den Rat, Theo psychiatrisch behandeln zu lassen, weil der Junge eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellte, hatte er in den Wind geschlagen.

Er war der Meinung, man müsse Theos Gewaltphantasien einfach nur in die richtigen Bahnen lenken. Regisseure von Katastrophenfilmen oder Leute, die große Feuerwerke inszenierten, waren doch genauso veranlagt wie Theo, verdienten damit einen Haufen Geld, konnten ihre krankhafte Neigung ungehindert ausleben und ernteten dafür sogar auch noch Ruhm und Reichtum.

Warum sollte das bei Theo nicht auch so funktionieren? Bis das richtige Ventil gefunden war, musste man ihn einfach nur aus der Öffentlichkeit fernhalten und dafür sorgen, dass er keine gefährlichen Dinge in die Hände bekam.

Und so gab es in dem großen feudalen Gutshaus der Arbergs nicht einmal zu Weihnachten brennende Kerzen.

Der prächtige offene Kamin im großen Salon hatte seit gut drei Jahren kein Feuer mehr gesehen, der Heizraum im Keller war mit einer massiven Stahltür gesichert, das Personal war instruiert worden, niemals Streichhölzer oder ein Feuerzeug herumliegen zu lassen, und wenn Leonhard eine Zigarre rauchen wollte, was er hin und wieder gerne tat, dann tat er das in seinem Büro hinter verschlossener Tür.

Es war zehn vor sieben Uhr morgens, als Leonhard in seinen bordeauxroten Morgenmantel schlüpfte, den ihm seine Frau Heidelinde zu Weihnachten geschenkt hatte, und auf dem Weg nach unten in die Küche vor Theos Zimmertür anhielt.

Vor fünf Wochen hatte der Junge hier im Haus den Alarm ausgelöst. Mitten in der Nacht war es ihm eingefallen, wie er auch ohne Streichhölzer Feuer machen konnte. Er hatte in der Küche einen herrlichen Bildband über Burgen und Schlösser in Deutschland auf die heiße Herdplatte gelegt und gewartet, bis das Papier sich selbst entzündet hatte.

Zum Glück hatte Frau Monika, die Haushälterin, einen leichten Schlaf. Sie war durch das Schrillen der Rauchmelder, von denen es im Haus der Arbergs reichlich gab, aufgewacht und hatte ein paar Eimer Wasser in die lodernden Flammen gekippt. Seither wurde Theodors Zimmertür nachts abgeschlossen.

Leonhard drehte den Schlüssel jetzt leise zweimal nach links und wollte schon weitergehen, weil ihn der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee nach unten lockte. Doch dann hielt er inne, drückte die Klinke nach unten und öffnete die Tür einen Spaltbreit.

Klirrende Kälte schlug ihm entgegen. Theo musste nachts ein Fenster geöffnet und dann vergessen haben, es wieder zu schließen.

Leonhard hüllte sich fester in den samtenen Morgenmantel und tappte auf Zehenspitzen in das Zimmer, das eigentlich eine Suite war, bestehend aus einem kleinen Salon, einem Schlafzimmer, einem begehbaren Schrank und einem Bad.