Der Notarzt 500 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 500 E-Book

Karin Graf

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Liebe Leserinnen und Leser,

dieser Roman ist etwas ganz Besonderes: Mit Band 500 feiern wir gemeinsam das beeindruckende Jubiläum der Notarzt-Serie! Seit Jahrzehnten begleiten Sie unsere Ärzte und Ärztinnen - allen voran Notarzt Dr. Peter Kersten - durch Höhen und Tiefen, erleben mit ihnen Momente der Freude, der Trauer und der Entscheidung. In diesem Band steht Dr. Victoria Miller, eine brillante Intensivmedizinerin, im Mittelpunkt des dramatischen Geschehens. Eines Morgens entdeckt sie Blut in der Toilette. Doch sie will sich nicht eingestehen, dass sie vielleicht ernsthaft krank ist - und erst recht nicht, dass sie die Liebe ihres Lebens, den ehrgeizigen Dr. Philipp Thorn, mit dieser Wahrheit belasten könnte. Gleichzeitig bahnt sich ein medizinischer Skandal an, der die Sauerbruch-Klinik erschüttert. Immer häufiger stellt Philipp Fehldiagnosen fest - Krebsdiagnosen, die vielleicht nie hätten gestellt werden dürfen. Ist es ärztliche Nachlässigkeit oder steckt mehr dahinter?


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 117

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Die Entscheidung seines Lebens

Vorschau

Impressum

Die Entscheidung seines Lebens

Die Sauerbruch-Klinik – ein Ort voller Dramatik, Heldentum und Hoffnung

Von Karin Graf

Liebe Leserinnen und Leser,

dieser Roman ist etwas ganz Besonderes: Mit Band 500 feiern wir gemeinsam das beeindruckende Jubiläum der Notarzt-Serie! Seit Jahrzehnten begleiten Sie unsere Ärzte und Ärztinnen – allen voran Notarzt Dr. Peter Kersten – durch Höhen und Tiefen, erleben mit ihnen Momente der Freude, der Trauer und der Entscheidung.

Diesmal steht der erfolgreiche und äußerst ehrgeizige Dr. Philipp Thorn im Mittelpunkt des dramatischen Geschehens. Als er das Angebot erhält, für ein Jahr an einem Forschungsprojekt an der amerikanischen Harvard Universität teilzunehmen, sagt er begeistert zu. Er weiß, dass seine Verlobte, die Intensivmedizinerin Dr. Victoria Miller, so lange auf ihn warten wird. Was bedeutet schon ein Jahr Trennung im Vergleich zu einer glänzenden Laufbahn?

Was Dr. Thorn nicht ahnt: Aus Liebe zu ihm verschweigt Victoria, dass sie an einer heimtückischen Krankheit leidet und wahrscheinlich tot sein wird, bevor er zurückkommt ...

»Grundgütiger! Das ist ja nicht zu fassen!«

Emil Rohrmoser, der Verwaltungsdirektor der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, blieb abrupt stehen, als er diesen Ausruf von Prof. Lutz Weidner vernahm.

Die beiden Klinikchefs durchquerten auf dem Weg zur Cafeteria gerade die große Eingangshalle des Krankenhauses. Herrn Rohrmoser war es wieder einmal gelungen, dem Chefarzt eine Einladung zu seinem dritten Frühstück abzuluchsen.

»Was? Wieso jetzt Grundgütiger?« Er presste eine Hand auf sein erschrockenes Herz. »Haben Sie etwa Nachricht davon erhalten, dass das orientalische Schlemmerfrühstück ›Tausend-und-eine-Nacht‹, das Frau Rosi neuerdings anbietet, aus ist?«

»Direktor!« Lutz Weidner verdrehte seufzend die Augen. »Sie denken auch immer nur ans Essen.«

»Na ja ...« Emil Rohrmoser zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie den Grundgütigen anrufen, muss es ja wohl einen gewichtigen Grund dafür geben.«

Er erschrak, als der Chefarzt zu früh nach rechts in einen der Seitengänge abbog, die von der großen Halle abzweigten.

»Falsch, Weidner! Zu früh! Hier geht es zur Notaufnahme. Zur Cafeteria geht es ein Stück weiter vorne. Sie werden mir doch nicht langsam senil werden? Wenn ja, bekommen Sie ab sofort nur noch das halbe Monatsgehalt, weil Sie mit einem halb funktionierenden Gehirn ja auch nur noch halb so viel wert sind.«

»Grundgütiger!«

»Der schon wieder! Der kann Ihnen in diesem Fall auch nicht helfen. Es liegt wahrscheinlich daran, dass Sie immer nur Kaninchenfutter zu sich nehmen. Salat und Gemüse und all so was. Ein ordentlich funktionierendes Gehirn braucht auch Fett und Zucker. Sehen Sie mich an, Sie alter Zausel. Meines ist noch tadellos in Schuss. Ich bin genauso alt wie Sie und kann meine Bilanzen immer noch im Kopf errechnen. Ich bin auf keinen Computer angewiesen.«

Prof. Weidner öffnete die Tür, durch die man in die einen Halbstock tiefer gelegene Notaufnahme gelangte.

»Es ist ein Segen für die Menschheit, dass Sie kein Arzt sind, Direktor«, schmunzelte er. »Fett und Zucker sind keine besonders gute Empfehlung für die Gesunderhaltung des Gehirns.«

»Möhren und Radieschen aber auch nicht«, grummelte Emil Rohrmoser trotzig. »Oder haben Sie schon mal einen studierten Hasen gesehen? Oder ein Meerschwein im Arztkittel?« Er fasste den Chefarzt am Oberarm und wollte ihn einen Gang weiter zur Cafeteria lotsen.

»Nein, nein, Direktor, ich muss vorher auf einen Sprung in die Notaufnahme. Sie können entweder mitkommen oder sich schon mal in die Cafeteria begeben und Ihr Schlemmerding bestellen.«

»Dauert es lange?«

Prof. Weidner schüttelte den Kopf. »Ich möchte nur dem Kollegen Thorn eine Nachricht überbringen.«

»Thorn?« Emil Rohrmoser runzelte die Stirn. »Ist das nicht dieser Streber, der kürzlich die vierte Facharztprüfung bestanden hat?«

Der Chefarzt nickte. »Und das mit nur zweiunddreißig Jahren. Der Kollege ist wirklich sehr ehrgeizig. Und es handelt sich nicht um relativ einfache Fachgebiete wie Hals-Nasen-Ohren oder Dermatologie. Er ist jetzt Facharzt für Chirurgie, Innere Medizin, Onkologie, und zuletzt hat er sich nun auch noch ein Diplom für Hämatologie erarbeitet.«

»Hoffentlich ist auch Schinken bei dem orientalischen Frühstück dabei«, überlegte Emil laut. »Schinken mit Honigkruste. Die Orientalen mögen doch Honig so gerne.«

Prof. Weidner lachte. »Hämatologie kommt nicht vom englischen Wort ›ham‹ für Schinken, Direktor. Der Kollege hat sich gewiss nicht zum Experten für Schinkenwissenschaften ausbilden lassen.«

»Hätte mich ja auch gewundert, wenn einer unserer Pappenheimer endlich mal etwas Vernünftiges lernen würde«, grinste der Verwaltungsdirektor.

»Hämatologie ist sogar sehr vernünftig und sehr wichtig«, klärte Lutz Weidner ihn auf. »Heutzutage wichtiger denn je. Die Hämatologie umfasst bösartige Erkrankungen des Blutes, Bildungsstörungen des Knochenmarks, Blutveränderungen durch immunologische Prozesse, Störungen der Blut ...«

»Blutwurst muss nicht unbedingt dabei sein«, fiel Emil Rohrmoser ihm ins Wort. »Blutwurst ist nicht so mein Ding. Hab's zwar noch nie probiert, aber das möchte ich auch gar nicht. Blutwurst, das klingt ... eher wie eine Krankheit als wie etwas zum Essen.« Er verstellte seine Stimme zu einem weinerlichen Lamento. »Herr Doktor, helfen Sie mir, ich glaube, ich habe Blutwurst!«

»Direktor!«

»Was denn, Weidner? Ich bin eben ein praktisch denkender Mensch. Ah, Sie wollen zu Kersten, dem Quacksalber«, grummelte Emil, als der Chefarzt nach dem Betreten der Notaufnahme den Weg zum Bereitschaftsraum einschlug.

»Hat er etwas ausgefressen? Einen Patienten um die Ecke gebracht? Oder säuft er heimlich Methylalkohol?«

»Weder noch, Direktor.« Der Chefarzt schüttelte amüsiert den Kopf. »Der Kollege Kersten mag zwar ein wenig rebellisch und dickköpfig veranlagt sein, aber er ist einer unserer besten, wenn nicht sogar unser bester Mitarbeiter, wie Sie wohl wissen. Sein Ruf hat sich längst im ganzen Land verbreitet.«

»Ah, ja? Was ruft er denn?«, ulkte Emil Rohrmoser.

»Direktor! Sie wissen genau, was ich meine.«

Lutz Weidner betrat den Bereitschaftsraum, gefolgt von Emil Rohrmoser.

»Guten Morgen, Kollege Kersten!«, grüßte er freundlich, als er den Leiter der Notaufnahme an seinem Schreibtisch sitzen und Behandlungsprotokolle abtippen sah. »Ist der Kollege Thorn anwesend?«

»Moment.« Dr. Kersten legte beide Hände wie einen Schalltrichter an seinen Mund. »Flip!«

»Heiliges Sparschwein!« Emil Rohrmoser presste erschrocken eine Hand auf sein Herz. »Müssen Sie so brüllen, Kersten? Hätten Sie uns nicht wenigstens vorwarnen können? Um ein Haar hätte ich einen Herzinfarkt erlitten!«

»Na ja, in diesem Fall wären Sie hier ja gleich an der richtigen Stelle«, lachte Dr. Kersten. »Wir hatten heute schon zwei.«

Lutz Weidner nickte. »Und beiden haben Sie das Leben gerettet, Kollege. Sie liegen beide oben bei mir auf der Kardiologie. Einem von ihnen werde ich morgen zwei Bypässe implantieren, der andere kann konservativ behandelt werden.«

»Dann ist ja alles in Butter, und man braucht nicht noch lang und breit darüber zu palavern!« Emil Rohrmoser verlor langsam die Geduld. »Sagen Sie, was zu sagen ist, und dann ab durch die Mitte, bevor es kein Tausend-und-eine-Nacht mehr gibt!«

In der kleinen Kaffeeküche im hinteren Bereich des Bereitschaftsraums rummste es laut. »Aua!«

Dr. Elmar Rösner, der rothaarige Assistenzarzt der Notaufnahme, hielt sich den Hinterkopf. Er hatte wieder einmal bis an die Schultern im Kühlschrank gesteckt, um diesen nach etwas Essbarem zu scannen.

Beim Stichwort »Tausend-und-eine-Nacht« war er so schnell aufgetaucht, dass er sich den Kopf am Eisfach angeschlagen hatte.

»Tausend-und-eine-Nacht? Ist das nicht die neueste Frühstückskreation, die Frau Rosi sich hat einfallen lassen?«

Der Verwaltungsdirektor nickte. »Jawohl, das ist sie. Und diese werde ich jetzt gleich probieren.«

»Wow!« Der immer hungrige Assistenzarzt, der stets wie ein Scheunendrescher futterte und dennoch dünn wie eine Bohnenstange war, leckte sich die Lippen. »Kriege ich eine Gehaltserhöhung, Direktor, damit ich mir das auch mal leisten kann?«

»Lernen Sie erst mal was, bestehen Sie Ihre Facharztprüfung, dann bekommen Sie automatisch ein höheres Gehalt. Leider!«, fügte Emil seufzend hinzu.

»Hast du mich gerufen, Peter?« Dr. Philipp Thorn betrat den Bereitschaftsraum und nickte dem Chefarzt und dem Verwaltungsdirektor freundlich lächelnd zu.

»Natürlich hat er Sie gerufen, Sie Blitzbirne!«, zetere Emil Rohrmoser, der vor seinem inneren Auge sah, wie in der Cafeteria gerade irgend so ein verfressener Quacksalber gerade die letzte Portion Tausend-und-eine-Nacht bestellte. »Und warum sind Sie nicht sofort gekommen?«, stellte er den attraktiven Zweiunddreißigjährigen schroff zur Rede. »Ist Ihnen die Schlafmütze über die Augen gerutscht, und Sie sind deshalb in die falsche Richtung gelaufen?«

»Ich habe noch rasch einen Patienten verabschiedet, Herr Direktor.« Philipp, der von allen nur Flip genannt wurde, wandte sich an Dr. Kersten. »Die Krebsdiagnose, die Herr Unterhuber von seinem Hausarzt erhalten hat, scheint mir völlig unbegründet zu sein. Ich habe ihm zur Sicherheit noch mal Blut abgenommen und ihn gebeten, in zwei, drei Tagen noch einmal vorbeizukommen. Ansonsten habe ich ihn dazu beglückwünscht, dass er hergekommen ist, um die Diagnose überprüfen zu lassen.«

Prof. Lutz Weidner schüttelte seufzend den Kopf.

»Ein bisschen viele Fehldiagnosen in letzter Zeit. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Leute sich einer Chemotherapie unterziehen, ohne jemals wirklich an Krebs erkrankt zu sein. Andererseits wiederum werden viele Krebserkrankungen gar nicht oder erst zu spät erkannt.«

»Könnten wir jetzt bitte endlich zum Wesentlichen kommen? Sagen Sie Dr. Thorn endlich, was Sie ihm sagen wollten, und zwar ohne langes Drumherumgerede, wenn's geht!«, drängte der Verwaltungsdirektor. »Von den tausendundeinen Nächten sind womöglich nur noch fünfhundert übrig, und wenn Sie noch lange weiterreden, muss ich mich vielleicht mit einer einzigen Nacht zufriedengeben!«

Lutz Weidner zuckte seufzend mit den Schultern. Dann streckte er dem jungen Kollegen die Hand entgegen.

»Herzlichen Glückwunsch, Kollege Thorn, Sie haben gewonnen!«

***

Die einunddreißigjährige Intensivmedizinerin Dr. Victoria Miller hatte das gesamte Wochenende auf der Intensivstation der Sauerbruch-Klinik verbracht und hatte deshalb heute und morgen dienstfrei.

Zu Philipp Thorn, mit dem sie seit fast zwei Jahren zusammenlebte und seit rund drei Monaten verlobt war, hatte sie gesagt, sie wolle den heutigen Tag dazu nutzen, ein paar alte Freunde auf dem Land zu besuchen.

Nun, das war eine Lüge gewesen. Oder zumindest teilweise. Sie hatte gewartet, bis Flip gegangen war, dann hatte sie sich in ihr Auto gesetzt und war losgefahren. Aber nicht, um irgendwelchen Freunden auf dem Land hallo zu sagen, sondern um eine kleine Privatklinik in Heilbronn aufzusuchen.

Victoria, die von allen nur Tori genannt wurde, war in einem kleinen Dorf in der Nähe von Heilbronn geboren und aufgewachsen. Clemens Kirsch, ihr bester Freund aus Kinder- und Jugendtagen, mit dem sie bis heute eng befreundet war, arbeitete dort als Facharzt für Innere Medizin und Chirurgie und er hatte sich auf die Nephrologie, die Behandlung von Erkrankungen der Nieren, spezialisiert.

Sie war vor zwei Wochen schon einmal bei ihm gewesen. Zwei Tage lang hatte sie sich von ihm durchchecken lassen, während Philipp ein Seminar in München besuchte.

Seit einigen Wochen hegte sie schon den Verdacht, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte. Sie ermüdete neuerdings so rasch, sie fühlte sich abgeschlagen und erschöpft.

Es war aber nicht die Art von Müdigkeit, die sie verspürte, wenn sie mal wieder zu viel gearbeitet und zu wenig geschlafen hatte. Es fühlte sich an, als ob das Leben durch eine undichte Stelle aus ihr herausrieselte und sehr bald zur Neige ginge.

Im vergangenen Winter hatte sie sich von der normalen Erkältung über eine richtige Grippe bis hin zur Lungenentzündung so ziemlich alles eingefangen, was in der kalten Jahreszeit grassierte. Für sie war das ein Alarmzeichen gewesen, denn sie ernährte sich gesund, war ziemlich sportlich, rauchte nicht und trank auch kaum jemals Alkohol.

Bei dieser Lebensweise sollte ihr Immunsystem eigentlich so stark sein, dass es dazu imstande war, Viren und Bakterien die Tür vor der Nase zuzuknallen.

Als sie sich von ihrer letzten Infektion nicht mehr richtig erholte, hatte sie an einem ihrer freien Tage einen x-beliebigen Allgemeinmediziner in Frankfurt aufgesucht. Dass sie selbst Ärztin war, hatte sie ihm verschwiegen, und sie hatte ihm auch ihre Versicherungskarte nicht ausgehändigt, sondern sich als Privatpatientin unter einem falschen Namen angemeldet.

Warum? Nun, sie wollte nicht, dass Flip davon erfuhr, dass es ihr nicht gut ging. Sie wollte nicht, dass er sich Sorgen machte. Er hatte in den letzten Jahren praktisch rund um die Uhr gearbeitet. Tagsüber oder nachts in der Sauerbruch-Klinik. In seiner Freizeit hatte er zu Hause für seine Facharztprüfungen gelernt, Fachartikel verfasst, Seminare besucht und so weiter.

Philipp war sehr ehrgeizig. Für ihren Geschmack vielleicht sogar ein bisschen zu ehrgeizig. Er arbeitete sehr intensiv an seiner Karriere. Er war aber auch sensibel, und die womöglich unbegründete Sorge um ihre Gesundheit würde ihn vermutlich total aus der Bahn werfen. Das wollte sie nicht.

Wenn sie sich in der Sauerbruch-Klinik untersuchen ließe und einer der Kollegen etwas Schlimmes fände, dann würde das trotz des Arztgeheimnisses garantiert bis zu Philipp durchdringen.

Und selbst wenn nicht, wie sollte sie ihm verheimlichen, dass sie auf der Onkologie oder auf der Intensivstation lag und ums Überleben kämpfte?

Anders als Philipp, dem die Kollegen zwar mit sehr viel Respekt, aber auch mit einiger Zurückhaltung begegneten, weil er nicht gerade der Kumpel war, mit dem man Pferde stehlen konnte, war Tori in der Sauerbruch-Klinik sehr beliebt. Die Kollegen würden Himmel und Hölle in Bewegung setzen, wüssten sie, dass es ihr nicht gut ging.

Der Allgemeinmediziner hatte nichts gefunden und ihr empfohlen, sie solle nicht so empfindlich sein und hinter jedem klitzekleinen Symptom gleich eine schlimme Erkrankung vermuten.

Ein paar Tage lang hatte sie sich mit diesem Rat zufriedengegeben und sich selbst eingeredet, sie hätte sich von der zurzeit recht heftig grassierenden Krebsangst anstecken lassen.

Doch dann waren zu der latenten Müdigkeit, der Infektanfälligkeit, dem grundlos zu hohen Blutdruck und der trockenen, schuppigen Haut noch einige sehr besorgniserregende Symptome hinzugekommen.

Sie war zum Glück bei einer Freundin zu Besuch gewesen, als sie völlig unvermittelt einen epileptischen Anfall erlitten hatte. Und neuerdings war morgens beim Wasserlassen immer mal wieder Blut in der Toilette.

Diese beiden Symptome hatten den Ausschlag dafür gegeben, ihren Freund Clemens aufzusuchen und sich zwei Tage lang von ihm durchchecken zu lassen, denn alle Symptome zusammen deuteten auf eine ernste Erkrankung der Nieren hin.

Nun drängte Clemens sie schon seit Tagen, ihn erneut aufzusuchen. Er müsse mit ihr reden, wolle es aber nicht am Telefon tun. Seine Stimme hatte sehr ernst geklungen.

Das konnte nur bedeuten, dass etwas sehr Besorgniserregendes gefunden worden war.