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Eigentlich ist Dr. Jonas Wieland kein sehr gläubiger Mann, aber als ihm Rieka eröffnet, dass ein anerkannter Mediziner bei ihr eine schreckliche Krankheit diagnostiziert hat, fällt ihm keine andere Lösung mehr ein: Er faltet die Hände und hebt den Kopf zum Himmel. "Lass sie nicht sterben, lieber Gott!", fleht er verzweifelt.
Aber kommt all sein Bitten und Flehen nicht viel zu spät? Riekas Arzt hat ihr doch unmissverständlich mitgeteilt, dass für sie keine Chance auf Heilung besteht. Sie solle besser zügig alles regeln, was noch zu regeln sei, hat er ihr mit unbehaglicher Miene geraten.
Und das ausgerechnet jetzt, wo sich zwischen der bildhübschen Lehrerin und dem Assistenzarzt eine zarte Liebe entwickelt hat. Aber so schnell will Jonas seine Freundin nicht aufgeben, sie darf ihn einfach nicht verlassen!
In seiner großen Not wendet sich der besorgte junge Mann an seinen Chef Dr. Peter Kersten, den Leiter der Notaufnahme an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik. Vielleicht weiß er, wie man der Erkrankten doch noch helfen kann?
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Seitenzahl: 114
Veröffentlichungsjahr: 2016
Cover
Impressum
Lass sie nicht sterben, lieber Gott …
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock/lightwavemedia
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-3697-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Lass sie nicht sterben, lieber Gott …
Verzweifelt bangt Jonas um das Leben seiner Freundin
Karin Graf
Eigentlich ist Dr. Jonas Wieland kein sehr gläubiger Mann, aber als Rieka ihm eröffnet, dass ein anerkannter Mediziner bei ihr eine schreckliche Krankheit diagnostiziert hat, fällt ihm keine andere Lösung mehr ein: Er faltet die Hände und hebt den Kopf zum Himmel. „Lass sie nicht sterben, lieber Gott!“, fleht er verzweifelt.
Aber kommt all sein Bitten und Flehen nicht viel zu spät? Riekas Arzt hat ihr doch unmissverständlich mitgeteilt, dass für sie keine Chance auf Heilung besteht. Sie solle besser zügig alles regeln, was noch zu regeln sei, hat er ihr mit unbehaglicher Miene geraten.
Und das ausgerechnet jetzt, wo sich zwischen der bildhübschen Lehrerin und dem Assistenzarzt eine zarte Liebe entwickelt hat. Aber so schnell will Jonas seine Freundin nicht aufgeben, sie darf ihn einfach nicht verlassen!
In seiner großen Not wendet sich der besorgte junge Mann an seinen Chef Dr. Peter Kersten, den Leiter der Notaufnahme an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik. Vielleicht weiß er, wie man der Erkrankten doch noch helfen kann?
„War ja klar!“
Er hatte drei Minuten dafür gebraucht, in die Cafeteria zu gelangen, fünf Minuten, um sich am Buffet sein Mittagessen zusammenzustellen und zwei Minuten, um sich durch den vollbesetzten Speisesaal zu drängen und an dem einzigen noch freien Tisch Platz zu nehmen. Genau in dem Augenblick, in dem er den ersten Löffel Suppe zum Mund führen wollte, war seine Mittagspause auch schon wieder vorüber.
„Dr. Jonas Wieland, bitte dringend in die Notaufnahme kommen!“, tönte die Durchsage scheppernd aus dem Lautsprecher über der Tür. „Dr. Wieland, bitte sofort in die Notaufnahme!“
„Ja, ja, ich komme ja schon!“ Resigniert seufzend ließ Jonas den Löffel sinken, schob das Tablett zurück und stand auf.
Es war zwei Uhr nachmittags, seit einem kärglichen Abendbrot am Vortag hatte er nichts mehr zwischen die Zähne bekommen, und sein Magen knurrte schon seit Stunden wie ein gereizter Hund.
Dass sein Blutzuckerspiegel im Keller war, merkte er daran, dass ihm kurz schwarz vor Augen wurde, weil er zu schnell aufgestanden war.
Er schnappte sich den Müsliriegel, den er sich für später gekauft hatte, riss die Verpackung herunter, klappte ihn in der Mitte zusammen und schob sich alles auf einmal in den Mund.
„Keinen Appetit?“ Emil Rohrmoser, der Verwaltungsdirektor der Sauerbruch-Klinik, der drei Tische weiter gerade ein sehr üppiges Mahl beendet hatte, deutete mit seinem schwammigen Dreifachkinn auf Jonas’ unberührtes Essen.
„Keine Zeit!“, erwiderte Jonas und spülte den zerkauten Müsliriegel hastig mit einem großen Glas Apfelsaft hinunter.
„Was haben Sie sich denn da alles aufgetan? Ah, Hackbraten!“ Direktor Rohrmoser, dem man seine Leidenschaft für ein gutes Essen überdeutlich ansah, steckte sich die Serviette, die er eben abgenommen hatte, in den Hemdkragen zurück und nahm Jonas’ Platz ein. „Ich sorge dafür, dass es nicht verkom …“, versicherte er dem attraktiven Assistenzarzt.
Die letzte Silbe blieb an dem Bratenstück kleben, das er sich in den Mund schob.
„Guten Appetit, Herr Direktor!“, wünschte ihm Jonas unnötiger Weise, denn Herr Rohrmosers Appetit ließ sowieso nie zu wünschen übrig. Im Laufschritt eilte der junge Arzt aus dem Speisesaal.
Dass ihm etliche junge und auch ältere Pflegerinnen und Ärztinnen sehnsüchtig seufzend hinterherschauten, fiel ihm gar nicht auf. Das fiel ihm zum Leidwesen des weiblichen Personals der Sauerbruch-Klinik überhaupt nie auf. Sein Bedarf an Frauen war nämlich gedeckt.
Da war zum einen seine Mutter, die mindestens jeden dritten Tag vorbeigeschneit kam, um in seiner coolen Junggesellenbude das Unterste nach oben zu kehren, weil sie der Meinung war, er würde ohne ihre Hilfe ganz grauenhaft verlottern.
Da war zum anderen seine kleine Schwester Saskia, dreizehn Jahre alt, die mindestens einmal wöchentlich mit Sack und Pack vor seiner Tür stand und ihm heulend erklärte, dass sie nie, nie, nie mehr wieder nach Hause zurückkehren würde, weil man sie dort wie ein Kind behandelte.
Und dann war da noch Jana, seine Zwillingsschwester. Sie war fünfundzwanzig, genau wie Jonas auch, und Prima-Ballerina an der Staatsoper. Etwa alle vierzehn Tage löste sie ihre Verlobung, zog zu Jonas und wechselte dort im Minuten-Rhythmus von tiefer Trauer zu Mordlust und wieder zurück. Dabei vergoss sie ganze Sturzbäche an Tränen und schmiedete Rachepläne, ehe sie ihrem Verlobten – im Schnitt zwei bis drei Tage später – wieder in die Arme sank.
War es da verwunderlich, dass Jonas nicht einmal im Traum daran dachte, sich noch ein weiteres weibliches Wesen aufzuhalsen?
„Behandlungsraum drei! Annette ist schon mit der Patientin drinnen.“ Schwester Angelika, die Pflegerin, die heute Dienst am Anmeldeschalter hatte, empfing Jonas bereits ungeduldig auf dem Flur der Notaufnahme.
„Okay, um was geht es denn?“
„Das wird Ihnen die Patientin dann schon selbst sagen“, erwiderte Angelika Kessler ausweichend.
„Aha. Gibt es vielleicht so etwas wie ein Krankenblatt mit ein paar Infos drauf?“
„Oh! Ja. Ha, ha.“ Schwester Angelika errötete, kicherte nervös und drückte Jonas das Anmeldeformular in die Hand, das sie hinter ihrem Rücken versteckt gehalten hatte.
Jonas warf einen Blick darauf und … verstand nur Bahnhof.
„Ähm … Schwester Angeli …?“
Doch Angelika Kessler war nicht mehr da.
„Herrgott!“ Es handelte sich wohl um eine Touristin. Angelika Kessler hatte vermutlich kein Wort verstanden und zog sich jetzt einfach damit aus der Affäre, dass sie ihn mit dem unverständlichen Wisch sitzen ließ.
Im Adressfeld war das Hotel Frankfurter Hof angegeben, und das war auch schon das Einzige, das Jonas entziffern konnte.
War ja klar!“, grummelte er. „Danke, Schwester Angelika! Vielen Dank! Sehr nett!“, rief er der Pflegerin sarkastisch nach und starrte auf das ausgefüllte Formular. „Was ist das? Chinesisch? Nee, die haben andere Buchstaben. Kisuaheli? Afrikaans? Papua-Neuguineisch oder sehr plattes Plattdeutsch? Verdammt!“
Aber fluchen half ihm jetzt auch nicht weiter. Er würde sich schon irgendwie verständlich machen können. Notfalls eben mit Händen und Füßen.
Jonas öffnete die Tür und betrat den Behandlungsraum.
„Guten Tag, Frau …?“
Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien die etwa dreißigjährige und ziemlich attraktive Patientin sehr froh zu sein, ihn zu sehen. Sie nickte Jonas freundlich lächelnd zu und erklärte ihm auch gleich ausführlich, warum sie hier war.
„Blij dat je er eindelijk! Ik viel van de fiets en ik pijn aan mijn knie.“
Jonas nickte ebenso freundlich lächelnd zurück und wandte sich verwirrt an Schwester Annette.
„Was hat sie gesagt?“
„Pfft!“ Die bildhübsche junge Pflegerin zuckte nur mit den Schultern. „Ich kann leider kein Schwedisch.“
„Das ist kein Schwedisch“, widersprach Jonas. „Schwedisch klingt mehr nach … nach Smörebröd … und so. Da war aber kein einziges Ö dabei.“ Er wandte sich an die Patientin. „Was haben Sie gesagt?“, erkundigte er sich.
Die Patientin konterte mit derselben Frage, nur in einer anderen Sprache.
„Wat zeg je?“
„Schön! Tja. Genau. Na dann …! Also …“ Jonas musterte die nette Dame von Kopf bis Fuß. Der einzige Makel, der ihm an ihr auffiel, war ein ziemlich unprofessionell angelegter Verband, der ihr linkes Knie bedeckte.
„Aha!“ Er zeigte darauf und schnitt eine übertrieben wehleidige Grimasse. „Aua! Knie kaputt?“
Dass er mitten ins Schwarze getroffen hatte, zeigte ihm ihr Nicken.
„Mijn man zei dat moet worden genaaid. Ik viel van de fiets.“
„Das ist doch Englisch!“, stellte Schwester Annette erfreut fest, während sie bereits zur Verbandsschere griff. „Feets – das heißt Füße.“
„Do you speak english?“ Hoffnung keimte in Jonas auf. Englisch konnte er ganz gut.
Die Patientin aber leider nicht, und genau das sagte sie Jonas jetzt auch.
„Helaas heb ik geen Engels spreken.“
„Ah, alles klar!“ Jonas nickte.
„Ach ja?“ Annette Fleming löste vorsichtig den Verband von der Wunde. „Und was genau ist Ihnen jetzt klar, Dr. Wieland?“
„Na, haben Sie nicht zugehört, Annette? Die Patientin heißt Frau Engels und kommt aus Griechenland.“
„Oh! Sehen Sie mal! Das muss unbedingt genäht werden“, stellte die Pflegerin fest, als sie die Wunde freigelegt hatte. Sie holte alles, was dazu gebraucht wurde aus den diversen Schränken. „Und wie kommen Sie jetzt auf Griechenland?“, wollte sie wissen.
„Sie hat Hellas gesagt. Das heißt doch Griechenland. Hellenen und so. Nein?“
„Ah ja, die alten Hellenen!“ Annette nickte der Frau lächelnd zu und betupfte behutsam das verletzte Knie mit Desinfektionsmittel. „Akropolis?“
„Wat zeg je?“ Jetzt verstand die Patientin nur Bahnhof.
„Was hat sie gesagt?“, wollte Jonas wissen, brach die gläserne Spitze von einer Ampulle mit einem Lokalanästhetikum ab und zog den Inhalt in eine Spritze auf.
„Zaziki, glaube ich. Lecker!“
„Aha. Und was heißt: ‚Sind Sie gegen Tetanus geimpft‘ auf Griechisch?“
„Ich kann kein Griechisch. Nur Akropolis und Zaziki.“ Schwester Annette schüttelte den Kopf. „Oh, warten Sie! Dr. Jensen hat doch mal erzählt, dass er während des Studiums eine Freundin aus Athen hatte und deshalb ein paar Brocken Griechisch kann. Soll ich ihn holen? Er ist gleich nebenan.“
„Okay, das wäre mir wirklich eine große Hilfe.“ Jonas seufzte erleichtert auf. „Nicht erschrecken, Frau Engels“, warnte er die Patientin vor und griff zu einer Nadel. „Ich teste nur, ob das Lokalanästhetikum schon wirkt.“
Er pikste Frau Engels – die eigentlich gar nicht so hieß – an einer heilen Stelle ins Knie.“
„Ah! Moet dat nou?“ Die Frau zuckte heftig zusammen.
„Das tut also noch weh“, stellte Jonas fest.
„Dat doet zeer!“, beklagte sich die Patientin. Selbe Aussage – andere Sprache.
***
Rieka van der Heijden hätte sich mit der Patientin problemlos verständigen können. Sie war nämlich zur Hälfte Holländerin und beherrschte die niederländische Sprache perfekt.
Sie hätte Jonas darüber aufklären können, dass fiets das Fahrrad war, von dem die Frau gestürzt war und sich verletzt hatte, und dass diese weder Engels hieß noch aus Griechenland kam, sondern schlicht und einfach nur leider – helaas – kein Englisch – Engels – sprach.
Doch Rieka van der Heijden kannte Dr. Jonas Wieland überhaupt nicht. Noch nicht.
Gut möglich, dass sie ihm schon öfter mal über den Weg gelaufen war, denn sie war Lehrerin in einer Grundschule mit sozialpädagogischem Förderschwerpunkt, die sich ganz in der Nähe der Sauerbruch-Klinik befand. Sie wohnte in derselben Straße wie Jonas, nur drei Häuser weiter, und legte deshalb jeden Morgen denselben Weg zurück wie der junge Assistenzarzt.
Rieka war vierundzwanzig, hatte Sonderpädagogik studiert, vor einem Jahr eine Klasse mit sechzehn Schulanfängern übernommen und es mit viel Liebe, Geduld und Idealismus geschafft, dass alle ihre sechzehn Schützlinge nach den großen Ferien mit unverminderter Begeisterung in ihr zweites Schuljahr gestartet waren.
Rieka liebte ihren Beruf. Außerdem liebte sie ihre sechzehn Zwerge, und sie war wild entschlossen, ihnen allen genügend Fertigkeiten beizubringen, damit sie später einmal ein gutes und selbstständiges Leben führen konnten.
Dass die Kinder auch sie liebten, war unter anderem an der großen Schachtel zu erkennen, die Rieka jetzt auf dem Küchentisch in ihrer gemütlichen Zweizimmerwohnung abstellte. Die war nämlich bis oben voll mit Geschenken, die ihre kleinen Lieblinge während der Sommerferien für sie gebastelt hatten.
So manche andere Pädagogin hätte den Krimskrams vermutlich bestenfalls in der Rumpelkammer, wenn nicht gar im Mülleimer verschwinden lassen. Rieka jedoch waren die von ungelenken Kinderhänden hergestellten Dinge beinahe heilig.
Es war ihr vollkommen egal gewesen, dass die Leute sie auf dem Heimweg kopfschüttelnd angegafft hatten. Sie hatte das selbstgemachte Prinzessinnen-Diadem aus Silberdraht mit aufgefädelten Glasperlen, das ihr Maike auf die rotblonden Locken gepflanzt hatte, voller Stolz getragen.
Ebenso die Muschelkette von Nils, das Armband aus rosaroten Plastikperlen von Karla und den Seidenschal, der mit den knallbunten Handabdrücken von Stefan übersät war.
Sollten die Leute doch gaffen und die Köpfe schütteln. Für sie waren es vermutlich nur lauter geschmacklose Accessoires. Für Rieka bedeuteten die Dinge jedoch, dass die Kinder auch den Sommer über an sie gedacht hatten, und sie würde den Teufel tun und die mit Liebe gebastelten Gegenstände in der Rumpelkammer verschwinden lassen.
Rieka lächelte versonnen, als sie jetzt Noahs Bild – das ihn selbst auf einem grünen Pferd mit nur drei Beinen zeigte und das in einem selbst gebastelten Rahmen steckte – in der Diele an einen Nagel hängte. Das Gehirn des Jungen war bei einer komplizierten Geburt durch akuten Sauerstoffmangel geschädigt worden.
Vühr Riga fon Noha, lautete die Signatur des Künstlers.
Sie hatte mit keinem einzigen Wort erwähnt, dass die Rechtschreibung nicht ganz korrekt war. Sie hatte auch nicht gefragt, wo das vierte Bein des Pferdes geblieben und warum es grasgrün und die Wiese, auf der es stand, lila war. Sie hatte Noah nur an sich gedrückt und sich dann mit seinem nicht mehr ganz sauberen Taschentuch die Tränen von den Wangen tupfen lassen.
Die richtige Rechtschreibung würde sie ihren lieben kleinen Pappenheimern schon nach und nach beibringen. Viel wichtiger war es, ihnen das größte Gut, das sie besaßen – ihre grenzenlose Fähigkeit, zu lieben – unter allen Umständen zu bewahren.
Beinahe andächtig wickelte Rieka die selbst getöpferte Vase aus, die sie von Lara bekommen hatte, und stellte sie in die Mitte des Tisches. Die Vase ähnelte bei genauerer Betrachtung einer zu groß geratenen und beim Backen explodierten Dampfnudel.
Aber wenn man wusste, dass Lara spastisch gelähmt war und jede Bewegung für sie eine ungeheure Anstrengung bedeutete, dann verwandelte sich der unförmige Krapfen mit Loch augenblicklich in den kostbarsten Schatz. Für Rieka zumindest.
„Schon halb drei!“, stellte Rieka van der Heijden nach einem Blick auf ihre Armbanduhr fest.
Sie hatte sich dazu überreden lassen, an der Volkshochschule einen Kurs für Erwachsene abzuhalten. Niederländisch für Anfänger. Ein Intensivkurs. Drei Monate lang je zwei Stunden an jedem Abend außer Samstag und Sonntag. Heute, um fünf Uhr, sollte die erste Doppelstunde stattfinden, und sie musste sich erst noch darauf vorbereiten.
Aus Erfahrung wusste sie, dass die niederländische Sprache gerne unterschätzt wurde. Klar, sie war mit der deutschen Sprache eng verwandt, aber wollte man sie wirklich perfekt lernen, erwies sich die große Ähnlichkeit oft sogar als Stolperstein.