Der Notarzt 296 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 296 E-Book

Karin Graf

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Fasziniert starrt Notarzt Peter Kersten zu der automatischen Schiebetür der Rettungseinfahrt, durch die ein entzückendes Mädchen in ausgelassenen Sprüngen auf ihn zugehopst kommt. Zusammen mit ihrer Mutter begleitet die sechsjährige Lilly ihren Bruder, der nach einem Atemstillstand erfolgreich reanimiert wurde und nun in der Klinik untersucht werden soll.
Die Kleine schaut den Arzt aus strahlend blauen Augen an und erklärt ihm gewissenhaft, was mit dem Brüderchen zu Hause vorgefallen ist. Außerdem berichtet sie stolz, dass sie ihrer Mami immer ganz toll hilft. Sogar das Babyfläschchen kann sie schon alleine zubereiten!
"Du meine Güte!" Peter Kersten legt eine Hand auf sein Herz und schüttelt lächelnd den Kopf, als Lilly zurück zu ihrer Mutter hüpft. Wann hat er jemals ein so süßes kleines Mädchen gesehen? Und diese Augen! Wahnsinn! Sie wirkt wie eine Blumenelfe aus dem Märchenbuch. Was für ein ungewöhnliches Kind!

Doch Lilly trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum, das alle Menschen in ihrer Umgebung schockieren würde, wenn sie davon wüssten ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 119

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Das Mädchen mit den blauen Augen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/Stephanie Frey

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5082-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Das Mädchen mit den blauen Augen

Dr. Kerstens berührende Begegnung mit einem ungewöhnlichen Kind

Karin Graf

Fasziniert starrt Notarzt Peter Kersten zu der automatischen Schiebetür der Rettungseinfahrt, durch die ein entzückendes Mädchen in ausgelassenen Sprüngen auf ihn zugehopst kommt. Zusammen mit ihrer Mutter begleitet die sechsjährige Lilly ihren Bruder, der nach einem Atemstillstand erfolgreich reanimiert wurde und nun in der Klinik untersucht werden soll.

Die Kleine schaut den Arzt aus strahlend blauen Augen an und erklärt ihm gewissenhaft, was mit dem Brüderchen zu Hause vorgefallen ist. Außerdem berichtet sie stolz, dass sie ihrer Mami immer ganz toll hilft. Sogar das Babyfläschchen kann sie schon alleine zubereiten!

„Du meine Güte!“ Peter Kersten legt eine Hand auf sein Herz und schüttelt lächelnd den Kopf, als Lilly zurück zu ihrer Mutter hüpft. Wann hat er jemals ein so süßes kleines Mädchen gesehen? Und diese Augen! Wahnsinn! Sie wirkt wie eine Blumenelfe aus dem Märchenbuch. Was für ein ungewöhnliches Kind!

Doch Lilly trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum, das alle Menschen in ihrer Umgebung schockieren würde, wenn sie davon wüssten …

Ausgerechnet Georg beklagte sich am lautesten über den ständigen Krach. Dabei wäre Timmi gar nicht geboren worden, hätte er nicht jahrelang so hartnäckig nach einem Sohn verlangt.

Gebettelt hatte er, gejammert, sich regelrecht in dieses Thema verbissen und einmal sogar Simones Antibabypillen gegen Zuckerkügelchen vertauscht. Natürlich hatte sie es bemerkt. Sie hätte ja blind sein müssen, um darauf hereinzufallen.

Dabei hatten sie sich gemeinsam auf ein Kind geeinigt, bevor sie geheiratet hatten. Und das hatten sie auch bekommen. Genau ein Jahr nach der Hochzeit. Ein Mädchen.

Lilly war sechs Jahre alt. Sie war ein wahrer Sonnenschein, und der Name passte zu ihr wie keiner sonst. Sie war zart und schön wie eine Lilie, völlig unkompliziert und so klug, dass sie schon mit fünf Jahren eingeschult worden war.

Mit ihren langen blonden Haaren, ihrem ebenmäßigen herzförmigen Gesicht und vor allem ihren Augen, die groß und von einem so intensiven Blau wie zwei glasklare und endlos tiefe Bergseen waren, sah sie beinahe wie ein Engel aus. Und genau so verhielt sie sich auch.

Lilly tat nie etwas Verbotenes. Lilly war nie schlecht gelaunt. Sie war stets darum bemüht, immer das Richtige zu tun. Lilly war unglaublich hilfsbereit und rücksichtsvoll. Sie grüßte freundlich, wenn sie jemandem im Treppenhaus begegnete, sie bettelte nie um Süßigkeiten, wenn Simone sie zum Einkaufen mitnahm, sie räumte ihr Zimmer fast allein auf, ohne dass Simone sie darauf hinweisen musste, und ging zu Bett, wenn man es ihr sagte.

Alle, die sie kannten, waren sich absolut einig, dass Lilly Kronberg ein wirklich ungewöhnliches kleines Mädchen war und dass Simone und Georg sich glücklich schätzen konnten, ein so unkompliziertes Kind bekommen zu haben.

Und das taten sie auch. Georg war regelrecht vernarrt in seine kleine Prinzessin. Es hatte früher kaum einen Tag gegeben, an dem er ihr am Abend nicht irgendein kleines Geschenk mitgebracht hatte. Er war extra schon um halb sieben Uhr morgens ins Büro gefahren, um am Abend noch genug Zeit dafür zu haben, mit Lilly zu spielen. Er hatte sie nach Strich und Faden verwöhnt.

Doch leider – auch wenn es keiner offen zugeben mochte – schien es auch heute noch so zu sein, dass ein richtiger Mann einen Sohn haben musste, um sich den Respekt seiner Geschlechtsgenossen zu verdienen.

Vor drei Jahren hatte Georgs Bürokollege und bester Freund Sebastian einen Jungen bekommen. Und obwohl der kleine Adrian praktisch noch ein Baby war, gebärdete sich der stolze Vater, als säße ein zukünftiger Fußballweltmeister, ein Kronprinz, ein kommender Nobelpreisträger oder die Taschenausgabe von Indiana Jones in dem Wägelchen, das er mit stolzgeschwellter Brust abends durch den Park schob.

Anfangs hatte Georg noch versucht, Lilly das Fußballspielen, das Angeln und das gemeinsame Zelten „in der Wildnis“schmackhaft zu machen, um mit Sebastians Prahlerei mithalten zu können.

Doch Lilly war eine Prinzessin. Sie liebte schöne Kleider und mochte sich nicht schmutzig machen. Und sie fand absolut keinen Gefallen daran, mit Käfern, Würmern und Ameisen in einem Zelt zu schlafen und Würstchen an einem Stock ins Feuer zu halten, während ihr die Stechmücken um den Kopf schwirrten und es im Gebüsch gruselig raschelte.

Deshalb war Timmi vor fast einem Jahr zur Welt gekommen. Irgendwann hatte Simone ihren Widerstand aufgegeben, weil ihr die ständigen Streitereien und Georgs ewiges Gejammer mächtig auf die Nerven gegangen waren.

Wie zur Strafe war Timmi von Anfang an ein Schreihals gewesen und war es immer noch.

Seit er da war, seit fast einem Jahr also, herrschte in dem früher so gemütlichen und ruhigen Appartement ein permanenter Lärmpegel, der ähnlich nervtötend war, als stünde das Wohnhaus der Kronbergs direkt zwischen den Rollbahnen des Frankfurter Flughafens. Oder mitten auf einem Areal, auf dem ein nie endendes Rockkonzert stattfand.

Timmi brüllte, wenn man ihn in sein Bettchen legte. Er brüllte, wenn man ihn wieder herausnahm. Er brüllte, wenn er hungrig war, und er brüllte, wenn er satt war. Er brüllte, wenn es laut war, er brüllte, wenn es leise war, er brüllte bei Sonnenschein und auch bei Regen, bei Tag und bei Nacht, beim Baden und auch beim Spielen.

Timmi brüllte, wenn man ihm etwas vorsang, und er brüllte, wenn man damit aufhörte. Er brüllte, wenn man sich mit ihm beschäftigte, und erst recht, wenn man ihn links liegen ließ.

Kurz und gut, Timmi brüllte fast rund um die Uhr und schien sich dabei auch noch prächtig zu entspannen, denn er brauchte kaum halb so viel Schlaf wie jedes andere Baby.

Mittlerweile kam Georg nur noch sehr selten vor neun ins Büro und so gut wie nie vor Mitternacht nach Hause.

Auch heute war es wieder Viertel nach acht geworden, ehe er sich schlaftrunken aus dem Bett gewälzt hatte. Kein Wunder, denn Timmis Gebrüll war erst gegen vier Uhr morgens verstummt.

Jetzt hockte der genervte Familienvater mit rot geäderten geschwollenen Augen in der Küche, versuchte, das schrille Geschrei, das ihn um acht Uhr geweckt hatte, zu verdrängen, rührte missmutig in seinem Kaffee und wartete auf sein Frühstück.

Lilly, die neben ihm auf der Eckbank saß, versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Sie hatte ein Bild für ihn gemalt und hielt es ihm direkt vors Gesicht, doch ihr Vater grummelte nur irgendetwas und schob es achtlos beiseite.

Schließlich ließ er den Löffel wutentbrannt in die volle Tasse fallen und schob diese so hastig von sich, dass sie umkippte und die weiße Tischdecke sich mit der dunkelbraunen Brühe vollsog.

„Kannst du das nicht endlich einmal abstellen, verdammt noch mal?“, brüllte er. „Davon wird man ja wahnsinnig!“

„Und wie soll ich das deiner Meinung nach machen? Hast du ein paar gute Ratschläge für mich?“

Eigentlich hätte Simone Kronberg ihrem Mann eine ganz andere Antwort auf seine sinnlose Frage geben wollen. Nämlich die, dass Timmi sein Wunschkind war. Dass sie für weitere drei Jahre darauf verzichten musste, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Dass es eigentlich seine Sache wäre, bei seinem heiß ersehnten Stammhalter zu Hause zu bleiben, damit sie sich wenigstens acht Stunden täglich im Büro erholen könnte.

Doch für lange Reden fehlte ihr die Kraft. Nach einem Jahr mit nur sehr wenig Schlaf hatte sie gerade noch genug Energie übrig, um ihre täglichen Pflichten zu erledigen.

„Wenn du es nicht weißt, dann lass dir doch mal von Carina erklären, wie sie es schafft, dass Adrian so ein ausgeglichener fröhlicher Junge ist. Die hat keine Probleme mit ihrem Sohn. Und sie läuft auch nicht den ganzen Tag lang im Nachthemd und mit fettigen Haaren herum. Wie du schon wieder aussiehst! Da vergeht einem wirklich die Lust, abends überhaupt noch nach Hause zu kommen. Alles vergeht einem da!“

„Aha.“

„Mehr fällt dir dazu nicht ein? Und wieso gehst du nicht endlich mal ins Kinderzimmer und siehst nach, was er jetzt schon wieder will?“

„Weil du Eier mit Speck zum Frühstück bestellt hast und der Speck inzwischen verbrennen würde. Wieso gehst du nicht? Oder machst dir dein Frühstück selbst?“

„Ich?“ Georg schien über diese Zumutung maßlos empört zu sein. „Ich arbeite den ganzen Tag lang! Ist es da zu viel verlangt, wenn ich mich zu Hause mal ein bisschen entspannen will? Du kannst ruhig nach ihm sehen, denn der Appetit ist mir sowieso längst vergangen. Ich frühstücke im Büro!“

„Nicht streiten!“, rief Lilly erschrocken aus. Sie hatte den schroffen Wortwechsel mit wachsender Panik verfolgt, und in ihren Augen schimmerte es bereits verdächtig feucht. Sie hielt ihren Vater, der aufspringen wollte, an einer Hand fest. „Bitte! Bleib da, Papa! Ich kümmere mich schon um Timmi, damit du in Ruhe dein Frühstück essen kannst!“

Das kleine Mädchen rutschte von der Bank, eilte aus der Küche und lief den Flur entlang. Keine drei Sekunden nachdem sie die Tür zu Timmis Zimmer hinter sich geschlossen hatte, kehrte absolute Stille ein.

„Na bitte! Siehst du?“ Georg schüttelte den Kopf, stand auf, ging in die Diele hinaus und schlüpfte in seine Schuhe. „Eine Sechsjährige muss dir vormachen, wie es geht! Unglaublich!“

„Dein Frühstück?“ Simone nahm die Pfanne vom Herd und hielt sie fragend hoch.

„Es ist zwanzig vor neun!“, stellte Georg mit anklagender Miene fest. „Ich habe keine Zeit mehr. Aber ich bin ja ohnehin schon daran gewöhnt, hungrig zur Arbeit gehen zu müssen.“

Mit einem sarkastischen „Vielen Dank auch!“ riss er die Wohnungstür auf und musterte Simone, die ihm in die Diele gefolgt war, mit geringschätzigen Blicken von oben bis unten.

„Warte nicht auf mich“, zischte er. „Vielleicht übernachte ich im Büro, damit ich einmal mehr als nur zwei, drei Stunden Schlaf bekomme.“

„Okay!“ Simone seufzte. „Kommst du morgen früh? Morgen ist Samstag.“

„Nein. Adrian hat Geburtstag, und Sebastian und Carina haben uns mit den Kindern zu seiner Geburtstagsparty eingeladen. Ich gehe allein hin. Timmi würde sowieso nur jedem die Laune verderben, und du bist, ehrlich gesagt, nicht mehr wirklich vorzeigbar. Ich komme also erst am Abend. Am späten Abend.“

Simone zuckte zusammen, als die Tür hinter ihrem Mann krachend ins Schloss fiel.

„Mach doch, was du willst“, murmelte sie resigniert.

***

In der Frankfurter Sauerbruch-Klinik war soeben die tägliche Morgenvisite zu Ende gegangen, und Chefarzt Prof. Lutz Weidner kehrte in sein Büro auf der Kardiologie zurück.

„Guten Morgen, Marianne!“, grüßte er seine Sekretärin freundlich. Er wollte sich gerade in sein Zimmer zurückziehen, als er die kryptische Mitteilung „Er kommt, und sie weint“, hinter sich hörte.

„Okay …?“ Der Klinikchef machte eine scharfe Kehrtwende und näherte sich dem Schreibtisch der vollschlanken Mittfünfzigerin. „Wer kommt?“, versuchte er zunächst einmal den ersten Teil der Nachricht zu ergründen.

„Na, er. Der, den Sie eingeladen haben. Der, von dem Sie hofften, dass er käme.“

„Schön. Und wie heißt er?“

„Nee, nee! Zwingen Sie mich bitte nicht, es auszusprechen!“ Marianne Hoppe schüttelte so energisch den Kopf, dass sich ihre bordeauxroten Ringellöckchen wie Spiralfedern ausrollten, zurück in ihre ursprüngliche Form schnellten, sich wiederum ausrollten und so weiter.

Prof. Weidner musste kurz die Augen schließen, weil diese rasche Abfolge von immer gleichen Bewegungen eine leicht hypnotische Wirkung auf ihn ausübte.

„Ich muss Sie aber darum bitten, Marianne, denn ich lade häufig Kollegen ein und würde schon ganz gerne wissen, wen ich zu erwarten habe!“

Für diese Zumutung erntete er einen abgrundtiefen Seufzer und einen sehr vorwurfsvollen Blick.

„Bitte, Sie haben es nicht anders gewollt!“ Marianne Hoppe nahm ihre Lesebrille ab, lehnte sich zurück und holte tief Luft.

„Herr Prof. Tangangklang …zang … oder Tanggongwang …lang …, nein, Yangklongtang … So oder so ähnlich. Der kommt! Genau genommen sitzt er schon seit acht Uhr morgens im Flieger und wird bald landen.“

„Prof. Tian Yong Liang aus Peking?“

„Sag ich ja!“

„O Gott, das ist wahrlich eine wundervolle Nachricht!“, rief der Professor erfreut aus. „Aber wegen der Ankunftszeit müssen Sie irgendwas falsch verstanden haben, Marianne. Wenn er erst seit acht Uhr im Flugzeug sitzt, kann er nicht demnächst landen.“

Lutz Weidner warf einen Blick auf seine Armbanduhr.

„Es ist Viertel vor neun, und der Flug von Peking nach Frankfurt dauert etwas mehr als neun Stunden. Mindestens. Sofern es ein Direktflug ohne Zwischenlandung ist.“

„Die Sekretärin von Herrn Prof. Tanglangklang …wang …lang oder so, Frau Tschengschangschung …lung … oder so …“

„Wie?“, fiel ihr der Chefarzt kopfschüttelnd ins Wort.

„Weiß ich nicht genau!“

„Haben Sie den Namen nicht notiert?“

„Nein, habe ich nicht!“, brauste die Sekretärin trotzig auf. „Nachdem ich nämlich ungefähr zwanzigmal nachgefragt habe, wie sie heißt, hat mir Frau Schengjangung …gang …yang … sehr höflich zu verstehen gegeben, dass ich ihr mit meiner Fragerei ziemlich auf den Keks gehe.“

„Verstehe.“

„Das ist gut! Ich habe nämlich kaum etwas verstanden. Außer, dass Herr Prof. …“

Lutz Weidner hob rasch eine Hand hoch, als Marianne tief Luft holte.

„Belassen Sie es einfach bei ‚Herr Professor‘. Ich weiß ja nun schon Bescheid, um wen es sich handelt.“

„Gut! Danke! Um halb zehn kommt er an. In Wahrheit ist er nämlich schon um zwei Uhr nachts ins Flugzeug gestiegen, aber die sind ja dort um sechs Stunden älter als wir, also war es dort schon acht. Ähm … warten Sie! Nein, hier war es acht, dort war es zwei … Oder umgekehrt? Also, auf alle Fälle ist er bereits seit über acht Stunden unterwegs. Oder … Moment!“

Marianne Hoppe nahm ihre Finger zu Hilfe.

„Also … acht Uhr morgens in Peking weniger sechs in Frankfurt, das macht … Zwei! Er kommt um zwei! Nein! Moment! Noch mal! Wir haben jetzt Viertel vor neun. Plus sechs Stunden, das macht dann Viertel vor … Oder muss man sechs Stunden abziehen?“

„Marianne!“ Der Chefarzt stöhnte entnervt und massierte sich mit den Fingerspitzen die linke Schläfe, hinter der es bereits unangenehm zu pochen begann.

„Vorhin habe ich es noch genau gewusst!“, beklagte sich die Sekretärin. „Sie sind schuld! Sie haben mich mit Ihren vielen Fragen ganz wuschig im Kopf gemacht!“

„Das tut mir sehr leid.“

„Ah! Hier steht es ja!“ Marianne tippte mit dem umgedrehten Kugelschreiber auf ihre Notizen. „Halb zehn, wie ich sagte. Diese Information hat mir ja Frau Schu …“

„Gut! Lassen Sie bitte den Kollegen Augustin von der Pädiatrie ausrufen, und bitten Sie ihn, sofort zum Flughafen zu fahren, um den hoch geschätzten Kollegen aus China abzuholen. Haben Sie seine Sekretärin gefragt, ob er gut Englisch spricht?“

„Wer? Dr. Augustin? Seit wann hat der denn eine eigene Sekretärin?“