Der Notarzt 299 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 299 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Wenn der attraktive Sanitäter Paul an seine Freundin denkt, beschleicht ihn in letzter Zeit ein mulmiges Gefühl. Seit zweieinhalb Jahren ist er mit der hübschen Kosmetikerin zusammen, doch mit ihrer krankhaften und völlig unbegründeten Eifersucht macht sie ihm zunehmend das Leben zur Hölle. Mehrfach hat er sich deshalb schon vorgenommen, Sara zu verlassen, aber wann immer er es versucht hat, hat sie ihm damit gedroht, sich umzubringen. Jedes Mal ist der dadurch schwach geworden und bei ihr geblieben.
Als Paul von seinem Chef, dem Notarzt Peter Kersten, übers Wochenende auf ein Seminar geschickt wird, ist seine Freundin gleich wieder alarmiert. Dort wird auch Pauls neue Kollegin Selma anwesend sein. Auf der anderen Seite beunruhigt dieser Gedanke Sara gar nicht mal so sehr. Sie hat Selma gesehen. Diese Ärztin ist nun wirklich keine Konkurrenz - sie wirkt auf Sara hässlich, unscheinbar und ältlich. Also ist zumindest von dieser Seite aus wohl nichts zu befürchten, oder?

Trotzdem macht sich Sara schließlich doch auf den Weg nach Bad Homburg, wo das Seminar stattfinden soll. Es lässt ihr einfach keine Ruhe, nicht zu wissen, was Paul gerade macht. Aber mit dieser Fahrt beschwört sie ein großes Unheil herauf ...

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Seitenzahl: 117

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Quälende Eifersucht

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/Antonio Guillem

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5229-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Quälende Eifersucht

Weil Sara ihrem Freund misstraut, fasst sie einen folgenschweren Plan

Karin Graf

Wenn der attraktive Sanitäter Paul an seine Freundin denkt, beschleicht ihn in letzter Zeit ein mulmiges Gefühl. Seit zweieinhalb Jahren ist er mit der hübschen Kosmetikerin zusammen, doch mit ihrer krankhaften und völlig unbegründeten Eifersucht macht sie ihm zunehmend das Leben zur Hölle. Mehrfach hat er sich deshalb schon vorgenommen, Sara zu verlassen, aber wann immer er es versucht hat, hat sie ihm damit gedroht, sich umzubringen. Jedes Mal ist der dadurch schwach geworden und bei ihr geblieben.

Als Paul von seinem Chef, dem Notarzt Peter Kersten, übers Wochenende auf ein Seminar geschickt wird, ist seine Freundin gleich wieder alarmiert. Dort wird auch Pauls neue Kollegin Selma anwesend sein. Auf der anderen Seite beunruhigt dieser Gedanke Sara gar nicht mal so sehr. Sie hat Selma gesehen: Diese Ärztin ist nun wirklich keine Konkurrenz – sie wirkt auf Sara hässlich, unscheinbar und ältlich. Also ist zumindest von dieser Seite aus wohl nichts zu befürchten, oder?

Trotzdem macht sich Sara schließlich doch auf den Weg nach Bad Homburg, wo das Seminar stattfinden soll. Es lässt ihr einfach keine Ruhe, nicht zu wissen, was Paul gerade macht. Aber mit dieser Fahrt beschwört sie ein großes Unheil herauf …

Ein- oder zweimal im Jahr nahm sich Prof. Lutz Weidner, der Chefarzt der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, einen ganzen Tag lang Zeit, um einigen Krankenhäusern in Frankfurt und Umgebung einen Besuch abzustatten.

Offiziell tat er das, um Kontakte zu pflegen, sich mit anderen Medizinern und Klinikleitern zu beraten und Erfahrungen auszutauschen. Inoffiziell jedoch – und das war der Hauptgrund für seine Besuche – hielt er bei diesen Visiten Augen und Ohren offen und frönte seiner Leidenschaft für das Sammeln ungeschliffener Edelsteine.

Darunter verstand Prof. Weidner junges medizinisches Personal, das ihm sehr vielversprechend zu sein schien und dessen Engagement an den meisten Kliniken sowieso nicht geschätzt wurde, weil man dort hauptsächlich auf finanzielle Bescheidenheit und Unterwürfigkeit Wert legte.

Diesmal war er auf der Suche nach Verstärkung für Peter Kersten, den Leiter der Notaufnahme seiner Klinik. Dort ging es seit Wochen drunter und drüber, weil diese Abteilung immer stärker frequentiert wurde und im Gegensatz dazu akuter Personalmangel herrschte.

Einen hatte er heute vermutlich schon erfolgreich gekapert. Einen jungen Sanitäter, der sich in der Notaufnahme der Städtischen Klinik in Frankfurt sprichwörtlich beide Beine ausriss, um für einen Hungerlohn das Arbeitspensum von mindestens drei Ärzten zu bewältigen.

Höflich lächelnd und nickend hatte der Professor bei Kaffee und Konfekt mehr oder weniger zugehört, wie der Leiter dieser Notaufnahme sich selbst ins rechte Licht gerückt hatte. In Wahrheit hatte sich Lutz Weidner jedoch auf den sechsundzwanzig Jahre alten Paul Michaelis konzentriert, der im Schnitt alle zehn Minuten mit einem fertigen Behandlungsprotokoll in den Bereitschaftsraum gekommen war.

Lutz Weidner hatte zugesehen, wie Oberarzt Ralf Felber die Protokolle – ohne sie zu kontrollieren – unterzeichnet und die entsprechenden Behandlungen somit als seine Leistung verbucht hatte.

Anstatt den jungen Kollegen, der seine Arbeit erledigte, über den grünen Klee zu loben, hatte er diesen mit ziemlich arroganten Kommentaren abgekanzelt.

„Zehn Minuten für eine simple Naht mit vier Stichen? Das hätte ich in fünf hingekriegt!“ Oder: „Ach, da sind Sie ja! Ich dachte schon, Sie wären eingeschlafen oder Kaffee trinken gegangen!“ Und: „Eine Viertelstunde für einen läppischen Kreislaufkollaps? Haben Sie mit der alten Schachtel Händchen gehalten? Als Arzt wären Sie eine Nullnummer, denn streicheln und trösten zählen nun wirklich nicht zu den zielführenden medizinischen Interventionen!“

Während es Prof. Weidner mehrmals heftig in den Fingern gejuckt hatte, er den großkotzigen Kollegen gerne am Kittelkragen gepackt, näher zu sich herangezogen und ihm ordentlich die Meinung gegeigt hätte, war der attraktive Sanitäter stets ruhig geblieben.

Er hatte die völlig ungerechtfertigten Vorwürfe und den beißenden Spott mit einem charmanten Lächeln hingenommen und sie maximal mit einem lockeren Spruch beantwortet.

Als dann eine Notoperation anstand, die der sympathische Sanitäter zwar vermutlich ebenfalls problemlos bewältigt hätte, zu der er jedoch rechtlich nicht befugt war, und Oberarzt Felber sich mit einem theatralischen „Du meine Güte! Was, wenn ich einmal nicht hier bin? Geht dann die Welt unter?“ ohne allzu große Eile verabschiedet hatte, hatte der Professor blitzschnell reagiert.

„Es gibt noch Krankenhäuser, in denen Talent und Engagement bemerkt, geschätzt und entsprechend honoriert werden.“ Mit diesen Worten hatte er dem jungen Sanitäter seine Visitenkarte zugesteckt.

An dem freudigen Aufblitzen seiner Augen hatte der Chefarzt der Sauerbruch-Klinik erkannt, dass der junge Mann durchaus interessiert war, und so rechnete er fest damit, in den kommenden Tagen von ihm zu hören.

Das hatte sich vor zwei Stunden zugetragen. Inzwischen befand sich Lutz Weidner in einem eher kleinen Krankenhaus etwa sechzig Kilometer außerhalb der Stadt. Und hier war es eine Ärztin, die ihm besonders ins Auge stach.

Genau wie Paul Michaelis schien Selma Ratmann sich dazu genötigt zu fühlen, die Versäumnisse und Fehler ihrer ranghöheren Kollegen wettzumachen. Lutz Weidner hatte sie in Aktion beobachtet. Sie war eine unschlagbare Diagnostikerin. Ohne erst lange überlegen zu müssen, schien sie immer augenblicklich ganz genau zu wissen, wie Schmerzen auf dem schnellsten Weg zu lindern waren und Lebensgefahr rasch abgewendet werden konnte.

Was sie ebenfalls mit Paul Michaelis gemeinsam hatte, war, dass auch ihr Talent, ihr unermüdlicher Einsatz und ihre offensichtlich übergroße Intuition hier weder erkannt noch geschätzt und schon gar nicht honoriert wurden.

Das war dann aber auch schon alles, was sie mit dem Sanitäter teilte. Anders als er, verfügte Selma Ratmann über keinerlei erkennbaren Charme. Man hätte sie sogar als einen unfreundlichen, ungehobelten Klotz bezeichnen können.

Auf ein Lächeln oder ein freundliches Wort wartete man bei ihr vergeblich. Ihre Mundwinkel hingen tief nach unten, und mit vornehmer Zurückhaltung hatte sie offensichtlich überhaupt nichts am Hut.

Ging ihr etwas gegen den Strich, dann war Selma Ratmann im Bruchteil einer Sekunde von Null auf Hundert, und sie schleuderte jedem ihre ungeschminkte Meinung mitten ins Gesicht.

Rangunterschiede spielten bei ihr offensichtlich keine Rolle. Wer Selmas Meinung nach etwas falsch machte, der bekam unverzüglich sein Fett weg – und zwar ungeachtet dessen, ob es sich dabei um den Chefarzt persönlich, einen Assistenzarzt oder eine Pflegerin handelte.

Prof. Weidner war unschlüssig. Einerseits waren die medizinischen Fähigkeiten der Kollegin herausragend, andererseits war ihm noch nie zuvor eine so unfreundliche Person über den Weg gelaufen.

Auch ihr Äußeres war wenig erquickend. Außer Wasser und Seife schien sie keine anderen Pflegeprodukte zu kennen. „Schöne Aussicht“, das bedeutete ihr alter keltischer Name. Dem wurde sie jedoch gewiss nicht gerecht.

Ihr Haar war glanzlos und strähnig. Straff nach oben gekämmt, hockte es wie ein vom Sturm zerzaustes Vogelnest auf ihrem Hinterkopf. Eine der ungepflegten Strähnen musste sich im Laufe des Tages gelöst und sie maßlos genervt haben, denn sie hatte sie mittels einer großen Büroklammer nach oben befördert.

Ihre Hände waren rau und kratzig, um die herabhängenden Mundwinkel und unter den Augen hatten sich tiefe Trockenheitsfältchen in die fahle Haut gegraben.

Während Prof. Weidner noch hin und her überlegte, ob er versuchen sollte, diese wenig gefällige, aber medizinisch unglaublich begabte Kollegin trotz ihrer schlechten Manieren für seine Klinik zu gewinnen, half ihm das Schicksal, irgendeine höhere Macht oder auch einfach nur der Zufall auf die Sprünge.

Prof. Wilhelm Furtwängler, der Chefarzt dieser Klinik, mit dem Lutz Weidner eine kleine Visite durch das Krankenhaus machte, zitierte Selma Ratmann gebieterisch zu sich. Fassungslos lauschte Lutz Weidner dem folgenden Dialog.

„Wieso hat diese Patientin hier keinen Harnkatheter, Kollegin Ratmann? Sie ist alt und dement und kann nicht allein zur Toilette gehen!“

„Weil das Risiko einer Infektion zu groß wäre. Frau Kürtner trinkt viel zu wenig. Der Katheter würde aus der Blase gleiten, und die Harnsäure könnte die Nieren angreifen.“

„Legen Sie ihr einen! Sofort!“

„Nein! Das wäre fahrlässig!“

„Ich muss schon sehr bitten! Wir haben hier nicht die Zeit dazu, ihr alle paar Minuten die Windeln zu wechseln!“

„Ich schon! Ich mache das bereits seit drei Tagen und habe kein Problem damit! Frau Kürtner ist gesundheitlich schwer angeschlagen, und ich möchte nicht, dass sie auch noch gegen eine Nierenentzündung ankämpfen muss!“

„Das entscheide immer noch ich! Führen Sie auf der Stelle meinen Befehl aus!“

„Nein! Sie können mich mal! Und zwar kreuzweise!“

„Sie sind entlassen! Gehen Sie ins Personalbüro, und holen Sie sich Ihre fristlose Kündigung ab!“

„Schicken Sie den Wisch doch meinetwegen an den Weihnachtsmann! Ich gehe! Und ich werde Frau Kürtners Tochter nahelegen, ihre Mutter sofort in ein anderes, ein besseres Krankenhaus bringen zu lassen! In eines, in dem kein menschenverachtender Erbsenzähler das Sagen hat!“

„Mäßigen Sie sich augenblicklich! Dafür verlange ich eine Entschuldigung!“

„Rutschen Sie mir sonst wo runter. Sie können mir gar nichts, denn ich arbeite nicht mehr für Sie!“

Prof. Lutz Weidner war geschockt. Und als der um vier Jahre ältere Kollege ihn fragte, was er denn nun zu dieser ungeheuerlichen Frechheit sagen würde, wurde er sehr nachdenklich.

Einerseits hätte er dem Kollegen gerne geantwortet, dass die ungehobelte Ärztin mit ihren Bedenken bezüglich des Harnkatheters völlig recht hatte. Andererseits verbat ihm sein gutes Benehmen, den älteren Kollegen zu kritisieren.

Wann war der Punkt erreicht, an dem Höflichkeit nicht mehr angebracht war? Das fragte er sich ernsthaft.

Da er auf keinen grünen Zweig kam, tat er so, als hätte er sein Handy vibrieren gespürt, gab vor, eine Nachricht aus seiner Klinik erhalten zu haben, und verabschiedete sich überstürzt.

Als er den Gästeparkplatz vor dem Krankenhaus betrat, um zu seinem Wagen zu gelangen, schwang sich Selma Ratmann gerade laut fluchend auf ein uraltes klappriges Fahrrad.

Sein Bauchgefühl war es, das Lutz Weidner dazu veranlasste, auch ihr eine Visitenkarte zuzustecken.

„Rufen Sie mich morgen früh an. Vielleicht habe ich eine Stelle für Sie“, sagte er und fuhr mit gemischten Gefühlen heimwärts. Jetzt musste er nur noch Direktor Rohrmoser dazu bewegen, zwei zusätzliche Fachkräfte für die Notaufnahme zu bewilligen.

Wobei das Wörtchen „nur“in diesem Zusammenhang überhaupt nicht angebracht war, denn Emil Rohrmoser, der kaufmännische Direktor der Sauerbruch-Klinik, war ein äußerst sparsamer Mann, und dem Chefarzt graute es jetzt schon vor der harten Verhandlung.

Er konnte ja nicht wissen, dass auch in diesem Fall das Schicksal bereits begann, seine Fäden zu spinnen.

***

In der Direktionsetage, im obersten Stock der Sauerbruch-Klinik, bahnte sich in diesem Augenblick ein dramatischer Notfall an.

Heute war wieder einmal einer jener Tage, an dem Direktor Rohrmoser am frühen Morgen mit seiner großen geblümten Reisetasche zur Arbeit gekommen war. Jeder in der Klinik wusste, was die Tasche zu bedeuten hatte. Darin schmuggelte Emil Rohrmoser den kleinen Hund ins Krankenhaus, der ihm neulich zugelaufen war.

Santa, so hieß der flauschige kleine Kerl. Nach Santa Klaus, weil er vermutlich als Weihnachtsgeschenk unter einem geschmückten Tannenbaum gelegen hatte und dann nach Weihnachten mitsamt dem verdorrten Grünzeug entsorgt worden war.

Wenn Herrn Rohrmosers Gattin Monika tagsüber irgendwelche Termine hatte, bei denen sie Santa nicht mitnehmen konnte, verbrachte der Hund den Tag bei Rohrmoser im Büro. Ihn alleine zu Hause zu lassen, das kam für den Direktor überhaupt nicht in die Tüte. Er wollte vermeiden, dass der Hund auch nur eine Sekunde lang glaubte, er wäre schon wieder im Stich gelassen worden.

Die Tasche war eine reine Formsache, denn wie gesagt, jeder wusste Bescheid, was sich darin befand. Oben in der Direktionsetage kam Santa mit Patienten sowieso nicht in Berührung, und niemand hatte auch nur das Geringste gegen den süßen kleinen Puschel einzuwenden.

Im Gegenteil. So mancher Stationsleiter wartete extra auf die „Hundstage“, um Emil Rohrmoser um zusätzliches Geld für was auch immer zu bitten. Dann dauerten die Verhandlungen nämlich nie sehr lange und endeten in der Regel positiv, weil der Direktor dann Hemmungen hatte, laut zu werden. Santa mochte es nicht, wenn Menschen sich stritten.

Eben jetzt warf Emil Rohrmoser einen Blick auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass es fünf Uhr nachmittags und somit höchste Zeit zum Gassigehen war, damit Santa sein Geschäft verrichten konnte.

Er nahm die Leine, die er über eine Stuhllehne gehängt hatte, und schnalzte mit der Zunge. Normalerweise kam Santa dann immer sofort angeflitzt. Diesmal aber nicht.

Emil schaute sich suchend um. Vorhin hatte der Hund noch in der Besucherecke auf dem Ledersofa geschlafen, doch außer einer tiefen Kuhle in seinem Lieblingskissen war dort keine Spur mehr von ihm zu sehen.

Der Verwaltungsdirektor drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage.

„Busswald! Ist Santa bei Ihnen draußen?“

„Ähm … Moment, ich glaube, ich habe ihn erst vor ein paar Minuten hier gesehen.“

Emil Rohrmoser hörte Irene Busswalds Bürostuhl quietschen, als sie sich erhob, um sich nun ebenfalls suchend umzuschauen.

„Ah ja, dort liegt er. Unter der Zimmerlinde. Da scheint nämlich noch ein letzter Rest Sonne auf den Parkettbo …“ Das letzte Wort endete in einem verhaltenen Aufschrei. Auf Herrn Rohrmosers besorgte Frage, was denn los sei, folgte ein heiser gestammeltes: „Er … er rührt sich nicht mehr! Herrgott! Da … da ist was passiert!“

Seit gut vierzig Jahren hatte sich der stark übergewichtige Verwaltungsdirektor nicht mehr so rasch bewegt. Er schoss so schnell zur Tür hinaus, dass er auf dem glatten Parkettboden in Irene Busswalds Büro nicht mehr rechtzeitig anhalten konnte, bis zum Schreibtisch der Chefsekretärin schlitterte und mit der Hüfte dagegenkrachte.

Er spürte keinen Schmerz, denn das Adrenalin hatte ihn unempfindlich gemacht.

„Wo …?“ Noch bevor er die Frage fertig formulieren konnte, sah er die Bescherung schon selbst. Der kleine Hund lag unter der Zimmerlinde, und neben ihm lag eine umgefallene Plastikflasche, die Pflanzendünger enthielt.

Ein Teil des giftgrünen Inhalts war ausgelaufen und hatte eine kleine Pfütze auf dem hellen Holzboden hinterlassen, von der – man konnte die Spuren noch deutlich erkennen – Santa die Hälfte aufgeleckt hatte.

Jetzt war es Emil, der entsetzt aufschrie.

„Was haben Sie getan, Busswald? Sie haben Santa ermordet!“

„Das wollte ich nicht!“ Die hagere Fünfzigjährige brach in Tränen aus. „Ich wollte die Zimmerlinde düngen, aber dann hat das Telefon geklingelt, und als ich dann später …“