Der Notarzt 316 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 316 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Vor wenigen Tagen hat die Assistenzärztin Nina Serafin ihre einstige große Liebe wiedergefunden. Durch Zufall ist sie ausgerechnet in der Klinik angestellt worden, in der auch ihr früherer Freund Elias arbeitet. Vor vielen Jahren hat die beiden eine innige Liebe miteinander verbunden, doch dann ist ihre Beziehung unter dramatischen Umständen zerbrochen. Allerding zeigt Elias bei ihrer ersten Wiederbegegnung keinerlei Regung. Angeblich kann er sich nicht an die schöne Ärztin erinnern. Dies versetzt Nina einen schmerzhaften Stich, aber sie lässt sich ihre Enttäuschung nicht anmerken.
Während einer dramatischen Operation, bei der sie gemeinsam um das Leben eines Schwerstverletzten kämpfen, brechen sich die alten seelischen Wunden der beiden jedoch Bahn, und es kommt zu einem Wortgefecht, das auch den anderen anwesenden Ärzten den Atem stocken lässt.

Wenig später stürmt Elias völlig aufgelöst aus dem OP. Was er gerade von Nina erfahren hat, hat seine schlimmsten Vorstellungen bei Weitem übertroffen. Er kann auf keinen Fall länger hier arbeiten und dieser Frau dabei ständig über den Weg laufen.

Doch auf dem Weg zu seinem Auto ereilt ihn ein furchtbares Unglück. Ein Unglück, das sein Leben von einer Sekunde auf die andere auszulöschen droht. Jetzt kann wirklich nur noch ein großes Wunder helfen ...

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EPUB

Seitenzahl: 116

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Kampf um Leben und Tod

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: johnkellermann/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6395-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Kampf um Leben und Tod

Was sie brauchten, war ein Wunder

Karin Graf

Vor wenigen Tagen hat die Assistenzärztin Nina Serafin ihre einstige große Liebe wiedergefunden. Durch Zufall ist sie ausgerechnet in der Klinik angestellt worden, in der auch ihr früherer Freund Elias arbeitet. Vor vielen Jahren hat die beiden eine innige Liebe miteinander verbunden, doch dann ist ihre Beziehung unter dramatischen Umständen zerbrochen. Allerding zeigt Elias bei ihrer ersten Wiederbegegnung keinerlei Regung. Angeblich kann er sich nicht an die schöne Ärztin erinnern. Dies versetzt Nina einen schmerzhaften Stich, aber sie lässt sich ihre Enttäuschung nicht anmerken.

Während einer dramatischen Operation, bei der sie gemeinsam um das Leben eines Schwerstverletzten kämpfen, brechen sich die alten seelischen Wunden der beiden jedoch Bahn, und es kommt zu einem Wortgefecht, das auch den anderen anwesenden Ärzten den Atem stocken lässt.

Wenig später stürmt Elias völlig aufgelöst aus dem OP. Was er gerade von Nina erfahren hat, hat seine schlimmsten Vorstellungen bei Weitem übertroffen. Er kann auf keinen Fall länger hier arbeiten und dieser Frau dabei ständig über den Weg laufen.

Doch auf dem Weg zu seinem Auto ereilt ihn ein furchtbares Unglück. Ein Unglück, das sein Leben von einer Sekunde auf die andere auszulöschen droht. Jetzt kann wirklich nur noch ein großes Wunder helfen …

Dieser frühsommerlich warme Morgen hätte nicht schöner sein können. Der Himmel war beinahe azurblau, und kein einziges Wölkchen trübte den strahlenden Sonnenschein.

Die sattgrünen Blätter der Bäume und Sträucher glänzten, als ob jedes Einzelne frisch poliert worden wäre, und die Blumen blühten fast ein bisschen zu üppig und zu bunt, um echt sein zu können.

Über der märchenhaft schönen Landschaft gaukelten exotisch anmutende Schmetterlinge von Blüte zu Blüte. Viel zu groß und viel zu farbenprächtig, als dass die Natur sie hervorgebracht haben konnte. Und bis auf das melodische Tirilieren der Vögel war es so still, dass man fast erwartete, ein feines „Pling!“ zu hören, wenn sich die wie Diamanten funkelnden Tautropfen von den Spitzen der Blütenblätter lösten und zu Boden fielen.

Diese makellose Idylle wirkte so übertrieben lieblich, dass hier nur ein übereifriger Werbefotograf mit einem Bildbearbeitungsprogramm am Werk gewesen sein konnte. Hätte man zumindest meinen können, wenn man es nicht besser gewusst hätte.

„Ein Traum!“, seufzte Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik. Er lehnte sich in seinem Gartensessel zurück, legte den Kopf weit in den Nacken und schloss die Augen. „Machen wir nachher einen schönen langen Strandspaziergang, Schatz? Oder mieten wir uns ein Boot und fahren aufs Meer hinaus?“

Die Kinder- und Jugendpsychologin Dr. Lea König lachte.

„Ich glaube, du träumst wirklich, Peter. Falls du es vergessen haben solltest – wir sitzen hier im Gastgarten der Cafeteria der Sauerbruch-Klinik. Aber nicht mehr lange, denn dein Dienst beginnt in einer Viertelstunde. Ich muss mich auch langsam sputen, damit ich rechtzeitig in meine Praxis komme. In einer halben Stunde habe ich meine erste Therapiesitzung.“

Sie trank den letzten Schluck Kaffee und pickte mit der Dessertgabel die letzten Kuchenkrümel von ihrem Teller.

„Außerdem gibt es hier weit und breit keinen Strand. Ein Meer auch nicht. Leider!“

„Nun sei doch nicht so fantasielos.“ Peter warf seiner Freundin einen belustigten Blick zu. „Mach es wie ich. Dreh deinen Sessel so herum, dass du direkt in den Klinikpark schaust und das Gebäude nicht mehr siehst.“

Peter hob eine Papierserviette vom Boden auf, die ein von betörendem Blütenduft geschwängerter Frühlingshauch vom Tisch gefegt hatte.

„Bei diesem berauschenden Anblick braucht man nicht einmal besonders viel Fantasie, um sich vorzustellen, man sei im Urlaub. Probier’s doch mal.“

„Okay, mal sehen.“ Lea stand auf und drehte ihren Sessel in die andere Richtung. „Du hast recht. Es ist unglaublich!“, rief sie kurz darauf fasziniert aus. „Man möchte es nicht für möglich halten, dass wir mitten in Frankfurt sind. Wir könnten genauso gut im Garten eines Ferienhauses in der Toskana sitzen. Oder in Griechenland. Oder auch in Spanien.“

Sie schirmte ihre Augen mit einer Hand gegen die Sonne ab.

„Sag mal, spinne ich, oder sehe ich dort drüben tatsächlich einen blühenden Orangenbaum?“

„Ja, du siehst richtig. Der Kleine gleich daneben ist ein Zitronenbaum. Der fängt auch schon zu blühen an. Wunderschön, nicht?“ Peter streckte die Beine weit von sich. „Herr Karlitzky ist ein richtiger Künstler. Er übertrifft sich jeden Frühling immer wieder aufs Neue.“

„Wer ist denn Herr Karlitzky?“

„Rainer Karlitzky, unser Gärtner. Die meisten Pflanzen zieht er selbst im Gewächshaus. Ich glaube, nicht einmal im Botanischen Garten gibt es eine solche Fülle verschiedener Pflanzen wie hier. Von den vielen verschiedenen Tieren, die hier hausen, ganz zu schweigen.“

„Gott, ist das schön hier! Ein richtiges Paradies.“

Lea hob das Gesicht zur zwar noch tief stehenden, aber dennoch schon kräftig wärmenden Sonne hoch, sog den berauschenden Blütenduft tief ein und schloss die Augen.

„Es war eine gute Idee von dir, Schatz, früher loszufahren und hier zu frühstücken. Am liebsten würde ich heute blaumachen und den ganzen Tag lang hier sitzen bleiben. Das ist wirklich wie im Urlaub. Hier ist es so unglaublich friedlich und still und …“

Sie brach ab, stieß einen schrillen Schrei aus und sprang auf, als plötzlich ein unheimliches Dröhnen die erholsame Stille zerriss und der Boden unter ihren Füßen zu vibrieren begann.

Die Vögel verstummten abrupt und versteckten sich in den dicht belaubten Zweigen der Bäume. Die Schmetterlinge und Hummeln schienen sich schlagartig in Luft aufzulösen, und die Eichhörnchen, die eben noch fröhlich keckernd in spiralförmigen Windungen den hohen Stamm einer Tanne auf und ab geflitzt waren, verkrochen sich hoch oben auf den Bäumen in ihren Kobeln.

Sogar die Sonne versteckte sich hinter einer kleinen Wolke, die vorhin noch nicht da gewesen war.

„Was passiert hier, Peter? Ist das ein Erdbeben?“

Mit Lea waren auch ein paar andere Frühstücksgäste erschrocken aufgesprungen und warteten jetzt ängstlich auf einen möglicherweise stärkeren Erdstoß, der das Klinikgebäude zum Schwanken bringen und die Erde sich auftun lassen würde.

„Kein Grund zur Panik, Leute!“

Frau Rosi, die Pächterin der klinikeigenen Cafeteria, kam mit einem großen Tablett in den eben noch so idyllischen Gastgarten und begann, die Tische abzuräumen.

„Jetzt geht es los!“, seufzte sie, eilte hastig an Peters und Leas Tisch und rettete eine Kaffeetasse, die aufgrund der heftigen Vibrationen die metallene Tischplatte in kleinen Hopsern überquert hatte und eben zu Boden fallen wollte. „Das wird jetzt vermutlich ein paar Jahre lang so gehen!“, schrie sie gegen den anschwellenden Lärm an.

Mit einer ruckartigen Kopfbewegung deutete sie hinter sich.

„Das alte Hochhaus gegenüber wird abgerissen. Stattdessen wollen sie einen riesigen Hotelkomplex hinklotzen. Ein Luxushotel für die internationalen Banker und Spekulanten, die nach Frankfurt kommen.“

„Ausgerechnet jetzt, wo es endlich wieder richtig warm geworden ist und man in der Mittagspause draußen sitzen kann?“, grummelte Peter Kersten und machte ein Gesicht, als ob er Zahnschmerzen hätte. „Könnte“, verbesserte er sich selbst und zog reflexartig den Kopf ein, als das ohrenbetäubende Rattern von Presslufthämmern einsetzte.

„Die haben die Straße großräumig abgesperrt und die Leute aus den umliegenden Wohnhäusern evakuiert!“ Hans Krause, der Hausmeister der Sauerbruch-Klinik, kam mit dieser Nachricht atemlos in den Gastgarten. „Jetzt bohren sie gerade das Fundament rundherum an und stecken irgendwelchen Sprengstoff in die Löcher. Dynamit wahrscheinlich.“

Er klopfte sich mit der flachen Hand ein paarmal auf die Brust, um seinen Herzschlag zu beruhigen.

„Normalerweise hätten die ja die Pflicht, vor einer Sprengung die gesamte Nachbarschaft zu informieren. Das haben die aber nicht getan, also bin ich rasch rübergerannt und habe gefragt, wann es so weit ist“, keuchte er.

„Und?“, hakte Peter Kersten nach, als der Hausmeister schwieg und ein paarmal tief durchatmete.

„Wissen Sie, was die zu mir gesagt haben? ‚Das werden Sie dann schon merken‘, haben die gesagt. Eine Frechheit, oder?“

„Allerdings!“, stimmte der Notarzt ihm zu. „Das scheint kein sehr vertrauenerweckendes Bauunternehmen zu sein.“

„Eben! Wenn die so arbeiten, wie sie sich benehmen, dann gute Nacht. Ein kleiner Fehler in den Berechnungen und das Hochhaus kracht direkt in die Glasfront unserer Klinik.“

„Setzt euch lieber rein, Leute“, rief Frau Rosi in die Runde. Auf einer Hand balancierte sie das voll beladene Tablett, mit der anderen sammelte sie eilig ihre schönen sonnengelben Sitzpolster ein. „Das wird wahrscheinlich noch viel schlimmer werden. Und ich will gar nicht wissen, wie es nachher hier staubt, wenn die den alten Kasten in die Luft jagen.“

***

Oben auf der Intensivstation der Sauerbruch-Klinik schien der Notstand ausgebrochen zu sein. Fast alle Überwachungsgeräte schlugen gleichzeitig Alarm.

Es piepste, blinkte rot und schrillte, dass man es mit der Angst zu tun bekommen könnte.

Zwar war Oberarzt Perner nach ein paar kurzen Schrecksekunden klar geworden, dass nur die plötzlich einsetzenden Bodeneruptionen daran schuld sein konnten, aber dennoch musste man in möglichst kurzer Zeit nach jedem Einzelnen der Intensivpatienten sehen.

Die eben noch ziemlich friedliche frühmorgendliche Stimmung wich schlagartig einem hektischen Gerenne.

„Gammawellen mit über neunzig Hertz bei Frau Dornheim! Fünf Sekunden lang“, stellte Schwester Barbara nach einem Blick auf den Monitor des EEG-Geräts kopfschüttelnd fest und fügte ein aufrichtig bedauerndes „Schön wär’s!“ hinzu.

Frau Dornheim lag nämlich seit drei Wochen im Koma, und ihre Gehirnwellen waren leider so flach wie Fadennudeln in der Suppe.

Die starken Vibrationen hatten bei fast allen Patienten die Herzfrequenzen fälschlicherweise in die Höhe getrieben, die Hirnwellen manipuliert und an den Beatmungsmaschinen Aussetzer vorgetäuscht.

„Sollten die Geräte nicht eigentlich alle stoßfest sein, Oberarzt?“, erkundigte sich Schwester Ramona und drückte zur Sicherheit das Bruststück ihres Stethoskops auf das Herz eines Patienten, dessen EKG-Gerät ein paar Sekunden lang Kammerflimmern angezeigt hatte.

„Sollten sie!“ Dr. Ralf Perner nickte grimmig. „Aber wenn im Leben alles so wäre, wie es sein sollte, dann bräuchten wir vermutlich nicht arbeiten zu gehen, weil es dann keine kranken oder verunglückten Menschen gäbe.“

Als alle Risikopatienten untersucht und die Überwachungsgeräte verstummt waren, ging es auch schon wieder von vorne los.

„Die bohren dort drüben mit schweren Geräten den Asphalt rund um das Haus auf. An mindestens zehn Stellen gleichzeitig“, berichtete Chris, der Sanitäter der Intensivstation.

Er hatte die weißen Lamellen vor einem der Fenster auseinandergebogen und spähte hinaus.

„Darf das denn in unmittelbarer Nähe zu einem Krankenhaus überhaupt sein? Mittlerweile gibt es doch längst Baumaschinen, die nicht mehr so viel Krach machen und keine so starken Schockwellen auslösen.“

„Keine Ahnung.“ Der Oberarzt zuckte genervt mit den Schultern. „Alles noch einmal von vorne, Leute!“, ordnete er an. „Wir können ja nicht gut sagen, dass es wahrscheinlich eh nur ein Fehlalarm ist. Es könnte ja auch mal ein echter Notfall darunter sein.“

Er eilte den langen Korridor entlang zum Ärztezimmer.

„Ich beordere die Wartungsfirma hierher“, rief er über die Schulter zurück. „Die sollen sich gefälligst was einfallen lassen. Wenn das jetzt ein paar Monate lang so weitergeht, werden wir doch alle noch verrückt.“

„Ich gehe mal nachsehen, ob alle Fenster dicht sind.“ Chris fing eine Infusionsflasche auf, die über den Rand eines Tisches wandern wollte. „Wenn die dort drüben sprengen, steigt wahrscheinlich ein gigantischer Staubpilz in die Luft. Und wer weiß, was für Gifte darin enthalten sind. Asbest und andere Schweinereien womöglich.“

Muss das Gebäude vor der Sprengung nicht irgendwie abgedeckt werden?“, fragte Schwester Barbara. „Eben wegen der möglichen Giftstoffe? Aber auch der Staub alleine ist nicht ohne, wenn man ihn einatmet.“

Der Sanitäter zuckte mit den Schultern.

„Anzunehmen, dass es da irgendeine Vorschrift gibt. Aber bisher sieht es nicht so aus, als würden die sich an irgendwelche Baustellenverordnungen halten“, grummelte er missmutig und verließ den Überwachungsraum in dem Moment, als die Überwachungsgeräte erneut Alarm schlugen.

Noch nie zuvor waren die Patienten der Intensivstation in so kurzen Zeitabständen untersucht worden wie an diesem Vormittag.

***

Im obersten Stock der Sauerbruch-Klinik, in der Direktionsetage, waren die Erschütterungen am stärksten zu spüren.

Irene Busswald, die Sekretärin des Verwaltungsdirektors, die gerade das Protokoll der gestrigen Vorstandssitzung in fünfzigfacher Ausfertigung ausdruckte, starrte schockiert auf die völlig unleserlichen Seiten, die der Drucker plötzlich ausspuckte.

An manchen Stellen waren etliche Wörter so oft übereinander gedruckt, dass nur noch ein schwarzer Klecks zu sehen war. Andere Wörter waren abnorm in die Länge gezogen worden, und einige Textpassagen waren schwarz zugekleistert.

Direktor Emil Rohrmoser, der sich aus der nebenan gelegenen Kaffeeküche einen kleinen Morgensnack aus dem Kühlschrank geholt hatte, beugte sich über die unbrauchbaren Seiten, die seine Sekretärin aussortiert hatte.

„Rufen Sie die Herstellerfirma an, Busswald!“, befahl er. „Sagen Sie denen, wir stellen ihnen das verschwendete Papier, die zusätzliche Arbeitszeit und die verbrauchte Druckerfarbe in Rechnung. Bei einem korrekt aufgestellten Gerät dürfte so etwas nämlich nicht passieren. Es soll sofort jemand herkommen und dafür sorgen, dass …“

Er brach ab, als es in seinem Büro plötzlich laut klirrte. Er ließ das in Butterbrotpapier eingewickelte Schinkenbrot einfach fallen und rannte – so schnell es ihm sein Übergewicht gestattete – mit einem geschockten „Rosiii!“ los.

Irene Busswald schaltete den durchgedrehten Drucker aus und folgte dem Direktor vorsichtshalber. Der Atem stockte ihr, als sie sah, was geschehen war.

Da lag auf dem auf Hochglanz polierten Parkettboden unter Emil Rohrmosers Schreibtisch Rosi, das rosarote Porzellanschwein, und war in tausend winzige Scherben zersprungen.

Welchen Stellenwert das Sparschwein in Direktor Rohrmosers Leben einnahm, erkannte man schon allein daran, dass er sein Schinkenbrot fallen gelassen hatte. Für nichts und niemanden sonst hätte er das getan. Möglicherweise nicht einmal dann, wenn seine Gattin Monika sich in unmittelbarer Gefahr befunden hätte.

„Rosi ist tot!“, flüsterte der schwergewichtige Mann fassungslos. Er kniete neben dem Scherbenhaufen nieder, was bei seiner Leibesfülle ein ziemlich riskantes Unterfangen war, und begann, die winzigen Porzellansplitter und die Kupfermünzen in zwei separate Häufchen zu trennen.

„Das können Sie nicht mehr kleben. Das ist unmöglich“, sagte Frau Busswald und dachte schon einmal darüber nach, wen sie zu Hilfe rufen sollte, um ihren Chef nachher wieder auf die Füße zu bekommen. Sie allein würde das nämlich mit Sicherheit nicht schaffen, und von selbst kam er nie wieder hoch.