Der Notarzt 318 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 318 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Alarmiert stürzt Notarzt Peter Kersten in den Behandlungsraum drei der Sauerbruch-Klinik. Schon im Flur hat er die lautstarke Auseinandersetzung mitbekommen, die sich drinnen zwischen der Assistenzärztin Mona Kattus und der OP-Schwester Sanja entfacht hat.
Auf der Behandlungsliege liegt ein entblößter Mann, der von der Brust aufwärts von einem Sichtschutz verdeckt ist. Die Assistenzärztin setzt gerade dazu an, den ersten Schnitt auszuführen, als sich der Patient aufrichtet und panisch zu schreien beginnt. Der Notarzt schaut sich fassungslos um. In welchen Tumult ist er hier nur hineingeraten? Was, um Himmels willen, ist hier los?

Die OP-Schwester versucht, abzuwiegeln und die Gemüter zu beruhigen, doch Mona Kattus macht Peter Kersten mit schriller Stimme darauf aufmerksam, dass Sanja angeblich nur einen schweren Fehler vertuschen will.

Und tatsächlich muss der Notarzt erkennen, dass Sanja versucht, einen sehr gravierenden Fehler unter den Teppich zu kehren. Aber ist es wirklich ihr eigener - oder will sie jemand anders schützen?

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Seitenzahl: 117

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Wer sich die Hände in Unschuld wäscht …

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Nomad/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6462-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Wer sich die Hände in Unschuld wäscht …

Als OP-Schwester Sanja einen schweren Fehler vertuschen wollte

Karin Graf

Alarmiert stürzt Notarzt Peter Kersten in den Behandlungsraum drei der Sauerbruch-Klinik. Schon im Flur hat er die lautstarke Auseinandersetzung mitbekommen, die sich drinnen zwischen der Assistenzärztin Mona Kattus und der OP-Schwester Sanja entfacht hat.

Auf der Behandlungsliege liegt ein entblößter Mann, der von der Brust aufwärts von einem Sichtschutz verdeckt ist. Die Assistenzärztin setzt gerade dazu an, den ersten Schnitt auszuführen, als sich der Patient aufrichtet und panisch zu schreien beginnt. Der Notarzt schaut sich fassungslos um. In welchen Tumult ist er hier nur hineingeraten? Was, um Himmels willen, ist hier los?

Die OP-Schwester versucht, abzuwiegeln und die Gemüter zu beruhigen, doch Mona Kattus macht Peter Kersten mit schriller Stimme darauf aufmerksam, dass Sanja angeblich nur einen schweren Fehler vertuschen will.

Und tatsächlich muss der Notarzt erkennen, dass Sanja versucht, einen sehr gravierenden Fehler unter den Teppich zu kehren. Aber ist es wirklich ihr eigener – oder will sie jemand anders schützen?

„Heute nicht, vielen Dank!“

Sanja Miller winkte der dicken Bauersfrau freundlich lächelnd zu, die sie eben sehr wortreich auf ihre besonders zarten Hühnchen aufmerksam machen wollte.

Felix und sie hatten vor ein paar Wochen beschlossen, sich nur noch vegetarisch zu ernähren.

Gar nicht so sehr aus gesundheitlichen Gründen. Aber wenn man den ganzen Tag lang am OP-Tisch stand, dann waren ein blutiges Steak oder ein totes Huhn wirklich das Allerletzte, was man nach Dienstschluss gerne sehen wollte.

Sie drängte sich durch die dichte Menschenmenge. Der Bauernmarkt auf der Konstablerwache – einem großen Platz in der Frankfurter Innenstadt – war wie immer sehr gut besucht.

Kein Wunder, denn hier konnte man donnerstags und samstags regionale Erzeugnisse direkt von den Bauern der näheren Umgebung kaufen und musste sich nach dem Einkauf nicht erst mit Schere, Messer, Fingernägeln oder Zähnen durch dicke Plastikschichten arbeiten, um an Nahrungsmittel zweifelhafter Herkunft heranzukommen.

An Donnerstagen hatte der Bauernmarkt auf der Konsti, wie die Frankfurter den Platz nannten, bis acht Uhr abends geöffnet, und wann immer sie es schaffte, deckte Sanja sich hier gleich für die ganze Woche mit Obst und Gemüse ein, das nicht ein paar Wochen lang per Schiff um die ganze Welt gereist, sondern frisch geerntet worden war.

Ihr erster Weg führte sie dabei immer zum Marktstand von Herrn Kubitschka, einem Biobauern aus der Umgebung, der auch selbst gebackenes Brot und eigenhändig hergestellte Butter verkaufte.

Und Eier, die man noch mit gutem Gewissen essen konnte, weil man wusste, dass die Hühner, die sie gelegt hatten, den ganzen Tag lang nach Herzenslust auf dem Hof herumspazieren und sich den einen oder anderen Regenwurm zu Gemüte führen durften.

„Guten Tag, Herr Gemüserat!“, grüßte Sanja den Bauern, wie sie es immer tat.

Diesen Titel hatte sie ihm schon vor drei Jahren verliehen, weil er ihr nicht nur knackig frisches Gemüse zu vernünftigen Preisen verkaufte, sondern auch nicht mit Ratschlägen zur korrekten Lagerung und Zubereitung geizte.

Und auch der etwa sechzigjährige Landwirt begrüßte Sanja stets mit den gleichen Worten.

„Schön, Sie zu sehen, liebe Frau Doktor!“

Dieser Titel stand Sanja zwar überhaupt nicht zu, denn sie war keine Ärztin, sondern OP-Schwester, doch es war sinnlos, den Bauern darauf hinzuweisen.

Dank Sanjas Tipps war Herr Kubitschka schon so manches nervige Zipperlein losgeworden, das sein Hausarzt für unheilbar erklärt hatte. Für ihn war Sanja besser als jeder richtige Doktor, den er jemals konsultiert hatte. Der Titel stand ihr seiner Meinung nach absolut zu, und dabei blieb es, da mochte sie protestieren, so viel sie wollte.

„Na? Wie viele Blinddärme haben Sie heute wieder aus den Bäuchen der Leute geholt, Frau Doktor?“

„Heute keinen einzigen. Dafür allerhand andere Sachen. Und wie viele Rüben-Extraktionen und Kartoffel-Ektomien haben Sie heute wieder durchgeführt, Herr Gemüserat?“

„Tausende. Da!“ Herr Kubitschka deutete lachend auf die großen Körbe mit den verschiedensten Feldfrüchten.

„Alles erst heute bei Sonnenaufgang geerntet. Frischer könnten Sie es auch nicht kriegen, wenn Sie einen eigenen Gemüsegarten hätten. Und unser großer Kräutergarten hat bereits am frühen Morgen eine Infusion mit H2O erhalten.“

„Tüchtig!“, lobte Sanja. „Sie verdienen den Namen ‚Bauer‘ wahrlich noch. Anders als Ihre Kollegen, die in ihren Kommandozentralen sitzen und mit dem Joystick ihre Giftspritzen und Erntemaschinen über die Felder dirigieren.“

„Ach ja!“ Der Landwirt machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die ökologische Landwirtschaft macht einen ganzen Haufen Arbeit. Aber meine Frau sagt immer, dass wir das bisschen Geld, das wir damit verdienen, wenigstens genießen können und unser Gewissen nicht mit weiß Gott wie vielen leidenden Menschen belasten müssen, die durch unsere Produkte krank geworden sind.“

„Eines Tages wird es sich lohnen, dass Sie standhaft geblieben sind“, prophezeite Sanja ihm und holte ihre Einkaufsliste aus der Tasche. „Waren Ihre glücklichen Hühner fleißig? Ich brauche zwölf Eier.“

„Erst die schweren Sachen“, ermahnte sie der Bauer. „Sonst kommen Sie mit Rührei in der Tasche nach Hause.“

„Richtig! Haben Sie eine Idee, was ich kochen könnte? Der arme Felix muss heute Überstunden machen, und ich möchte ihn gerne mit einem richtig leckeren Abendbrot überraschen, wenn er gegen Mitternacht ausgehungert nach Hause kommt.“

„Ah, meine Frau hat neulich was Neues ausprobiert. Das war richtig köstlich.“ Herr Kubitschka hob ein Körbchen mit Pilzen hoch. „Kräuterseitlinge. Sehr gesund. Die hat sie ganz klein geschnitten und mit Zwiebeln scharf angebraten. Damit hat sie dann Kartoffelklöße gefüllt und Sauerkraut dazu gemacht. Das hat besser geschmeckt als jeder Fleischknödel.“

„Gute Idee! Her damit, das probiere ich auch“, sagte Sanja lachend. „Dann brauche ich aber natürlich auch Zwiebeln. Und Kartoffeln. Und das Sauerkraut nicht zu vergessen.“

Sie reichte dem Bauern die Tasche, die sie mitgebracht hatte, und schaute sich inzwischen um, ob ihr sonst noch etwas verlockend erschien.

Bei Herrn Kubitschka konnte sie sich blind darauf verlassen, dass er ihr nur einwandfreie Ware einpackte.

„Wahnsinn, sehen die Kirschen köstlich aus! Darf ich eine probieren?“

„Aber natürlich! Die sind in diesem Jahr besonders groß und saftig geworden. Meine Frau ist todunglücklich, weil der Arzt sie ihr verboten hat. Zu viel Zucker.“

„So ein Quatsch!“, brauste Sanja auf. „Kirschen haben nicht nur einen sehr niedrigen glykämischen Index, sie senken sogar den Blutzucker und sind insgesamt unheimlich gesund.“

„Das sage ich ihr gleich am Abend. Na, die wird sich freuen!“

„Zwei Kilo, bitte!“, beschloss Sanja, nachdem sie eine der Kirschen probiert hatte. „Die gibt es zum Nachtisch. Und für das Frühstück backe ich einen Kirschkuchen. Ach, und von den Aprikosen möchte ich auch …“

Sie brach ab, und ein freudiges Lächeln erhellte ihr hübsches Gesicht, als sie in einiger Entfernung vor einem Imbissstand ihren Freund Felix aus der Menge herausragen sah.

Der Chirurg, der in dieser Nacht Bereitschaft hatte und zum Schichtwechsel nicht gekommen war, war also doch noch aufgetaucht. Somit brauchte Felix nicht für ihn einzuspringen.

Und offensichtlich hatte er die gleiche Idee gehabt wie sie und wollte sie mit einem köstlichen Abendessen überraschen.

„Felix! Schatz!“ Sanja stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Köpfe der Marktbesucher sehen zu können, die sich jetzt zwischen sie und den jungen Chirurgen schoben, und winkte wie verrückt.

„Ah, der Göttergatte!“ Schmunzelnd verstaute Herr Kubitschka die große Papiertüte mit den Kirschen in Sanjas Einkaufstasche.

„Noch nicht ganz“, erwiderte die bildhübsche OP-Schwester. „Wir haben zwar schon beschlossen, zu heiraten, aber im Moment sind wir beide im Dauereinsatz und finden einfach keine Zeit für die nötigen Vorbereitungen. Wir haben jetzt einmal den August ins Auge gefasst. Da wird ein bisschen weniger operiert, weil viele Frankfurter im Urlaub sind.“

„Sehr schön! Da gratuliere ich jetzt schon, falls wir uns bis dahin nicht mehr sehen sollten.“

Der Bauer prüfte jedes einzelne Ei, das er aus einem Korb nahm, und setzte dann vorsichtig eines nach dem anderen in einen Eierkarton.

„Sie müssen lauter rufen“, empfahl er schmunzelnd, als er sah, wie Sanja winkend auf und ab hüpfte. „Er kann Sie nicht hören, weil die dort drüben so einen Krach mit dem Mixer machen, mit dem sie ihre Smoothies herstellen.“

„Ich versuche es.“ Sanja legte beide Hände wie einen Trichter vor den Mund und holte tief Luft. „Feee …“

Der Ruf erstarb in einem kläglichen Krächzen.

„Oje, Halsschmerzen? Das kenne ich. Nach einem ganzen Tag hier auf dem Markt kriege ich oft keinen Ton mehr heraus.“

Herr Kubitschka kramte eine Tüte Kräuterbonbons aus der Tasche seiner Arbeitsschürze, hob den Kopf und wollte der bildhübschen jungen Frau eines anbieten.

An Sanjas geschocktem Gesichtsausdruck erkannte er jedoch sofort, dass es vermutlich doch nicht der Hals war, der ihr Probleme bereitete. Er folgte ihrem Blick, und da sah er es schon selbst.

Herr Dr. Felix Steinbach, den Herr Kubitschka ebenfalls gut kannte, weil dieser auch oft zum Einkaufen hierherkam, hielt eine sehr kurvenreiche, dralle Rothaarige – eindeutig gefärbt! – im Arm, beugte sich über sie und küsste sie ziemlich leidenschaftlich.

Es war nur ein Reflex, der den Landwirt die größte und schwerste seiner Rüben hochheben und damit auf den treulosen Chirurgen zielen ließ.

„Nicht, Herr Kubitschka.“ Sanja entwand ihm das Wurfgeschoss und legte es in den großen Weidenkorb zurück.

„Dieser … dieser … Trottel!“

„Da kann man nichts machen.“ Sanja zuckte mit den Schultern und lehnte sich gegen den Tresen, weil ihre Knie zitterten und sich in ihrem Kopf alles zu drehen begann. „Ich bin sicher nicht die Erste, der so etwas passiert.“

„Ja, aber was will er denn mit der aufgetakelten Schnepfe?“, empörte sich der Bauer. „Die ist doch viel älter als er. Das sieht man auf den ersten Blick. Ihre Haare sind gefärbt, und selbst wenn sie sich noch so viel Farbe ins Gesicht kleistert, so ist sie doch nicht einmal halb so hübsch wie Sie, Frau Doktor.“

„Lieb, dass Sie das sagen, Herr Kubitschka. Aber Geschmäcker sind eben verschieden.“

„Ja, schon, aber so verschieden können die gar nicht sein, dass ein normaler Mensch auch nur daran denken könnte, Sie gegen die dort auszutauschen. Ist er neulich mal auf den Kopf gefallen? Oder hat er zu heiß gebadet?“

Sanja musste lachen, obwohl ihr eigentlich viel eher nach weinen zumute war.

„Kennen Sie die? Diese … Person?“

„Ja, Herr Kubitschka. „Sie ist Assistenzärztin und seit einer Woche neu auf der Chirurgie der Sauerbruch-Klinik. Alle Männer sind ganz verrückt nach ihr. Aber … ich dachte nicht, dass auch Felix …“

Die Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie wandte sich von Felix ab, der von seiner Begleiterin offensichtlich so fasziniert war, dass er von seiner Umwelt gar nichts mehr mitbekam.

„Männer sind ja so was von bescheuert!“, entfuhr es Herrn Kubitschka. Und als ihm einfiel, dass er ja selbst auch einer war, fügte er noch rasch ein leicht abschwächendes „Die meisten zumindest!“ hinzu.

Er packte die Pilze, die Zwiebeln und die Kartoffeln, die er bereits in Sanjas Tasche verstaut hatte, wieder aus und füllte sie stattdessen mit Kirschen, Aprikosen, Erdbeeren und Birnen.

„Das ist bei Liebeskummer genau das Richtige. Und so weit käme es noch, dass Sie diesem Lumpen ein Abendessen kochen würden! Der kriegt gar nichts. Höchstens die Bratpfanne auf den Kopf“, wetterte er.

Seine Stimme bebte vor Empörung.

„Fürs Kochen werden Sie heute außerdem sowieso keine Nerven mehr haben. In diesem Zustand sollten Sie auch lieber gar nicht mit dem Küchenmesser hantieren. Ein Finger ist rasch ab, wenn man beim Zwiebelschneiden mit den Gedanken ganz woanders ist.“

Er drückte ihr die volle Tasche in die Hand.

„Aber grämen Sie sich bitte nicht zu sehr. Der kommt bald wieder reumütig angekrochen. Solche Sirenen sind wie Pralinen. Ist erst mal das bunt schillernde Einwickelpapier ab, sehen sie drunter ganz gewöhnlich aus. Und hinterher bekommt man Sodbrennen und Verstopfung davon.“

Geld wollte er für die vielen Früchte keines nehmen, so sehr Sanja auch darauf drängte.

„Das möchte ich Ihnen als kleines Trostpflaster schenken. Und Sie wissen ja, ich bin jeden Donnerstag und jeden Samstag hier. Wenn Sie jemanden zum Reden brauchen, dann kommen Sie hierher“, bot er ihr an. Ihr Kummer rührte ihn so sehr, dass auch seine Augen verdächtig feucht schimmerten.

Seufzend schaute er der bildhübschen jungen OP-Schwester der Sauerbruch-Klinik noch lange nach, wie sie mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf den Markt verließ.

Und als Felix kurz darauf Arm in Arm mit der rothaarigen Walküre, die zugegebenermaßen einen sehr barocken und kaum verhüllten Vorbau und recht ausladende Hüften hatte, an seinem Stand vorüberging, da konnte er sich nicht länger beherrschen.

Er wartete, bis das Paar seinen Stand passiert hatte, dann nahm er eine Tomate, zielte und traf den liebestollen Chirurgen damit am Hinterkopf.

Als Felix erschrocken herumfuhr und sich den Tomatenmatsch aus dem Nacken wischte, da hatte sich Anton Kubitschka längst umgedreht und starrte jetzt so konzentriert in den Himmel hinauf, als wollte er das Wetter für die kommenden zehn Jahre vorhersagen.

„Das war für die nette Frau Doktor, du Blödmann“, grummelte er und bedauerte lediglich, dass er nicht doch lieber eine Melone genommen hatte.

***

Auch im Sitzungssaal im obersten Stock der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, wo eben noch eine spätabendliche Vorstandssitzung tagte, sah man in diesem Augenblick sehr viele lange Gesichter.

„Aber … aber … aber …“ Stiftungsratspräsident Rötz-Pocke war so geschockt, dass er erst nach den richtigen Worten suchen musste. Der Chefarzt des großen Krankenhauses hatte gerade eine Mitteilung gemacht, die ihm ganz und gar nicht gefallen wollte. „Aber warum denn auf einmal? Sie haben doch noch nie länger als höchstens zwei, drei Tage Urlaub gemacht, Herr Prof. Weidner!“, stellte er jetzt mit weinerlicher Stimme fest.

„Das stimmt.“ Lutz Weidner nickte. „Aber es gibt eben für alles ein erstes Mal.“ Er beugte sich zu Irene Busswald hinüber, die alles Wesentliche für das Sitzungsprotokoll festhielt. „Ab kommendem Montag, liebe Frau Busswald. Für vier Wochen.“

„Für vier … vier … vier …?“ Herr Rötz-Pocke sprang wie elektrisiert von seinem Stuhl hoch.

„Ach, Tage meinten Sie bestimmt!“, winkte er erleichtert ab. „Vier Tage. Gut, das lässt sich sicher irgendwie arrangieren.“

„Wochen! Vier! Vier Wochen!“, stellte der Chefarzt richtig.