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Die ehrgeizige Ärztin
Mit Hilfe der neuesten Technik will sie alle Krankheiten besiegen
Von Karin Graf
Die attraktive Grete Bandion ist überglücklich, als sie ausgerechnet an der hoch angesehenen Frankfurter Sauerbruch-Klinik eine Anstellung als Assistenzärztin angeboten bekommt. Die junge Frau ist äußerst ehrgeizig und hat ihren Abschluss an der Uni mit summa cum laude bestanden. Dass sie nun in dieser renommierten Klinik arbeiten darf, ist für Grete wie ein Sechser im Lotto. Schließlich will sie weiterhin zielstrebig an ihrer Karriere feilen und eine der besten Ärztinnen weltweit werden. Dazu findet sie hier die besten Voraussetzungen. Hinzu kommt, dass sie sich mit all ihren Kollegen blendend versteht.
Doch als Grete mitbekommt, dass in einem anderen, benachbarten Krankenhaus viel modernere, teilweise futuristisch wirkende Diagnosegeräte zur Verfügung stehen, entschließt sie sich spontan, die Sauerbruch-Klinik zu verlassen. Diese einmalige Chance muss sie einfach nutzen. Hier wird sie garantiert viel mehr Möglichkeiten bekommen, vermeintlich aussichtslose Fälle zu retten.
Erst als es scheinbar zu spät ist, erkennt Grete, dass sie mit dieser Entscheidung einen schweren Fehler begangen hat ...
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Seitenzahl: 118
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Die ehrgeizige Ärztin
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: metamorworks / iStockphoto
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar
ISBN 9-783-7325-8131-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Die ehrgeizige Ärztin
Mit Hilfe der neuesten Technik will sie alle Krankheiten besiegen
Karin Graf
Die attraktive Grete Bandion ist überglücklich, als sie ausgerechnet an der hoch angesehenen Frankfurter Sauerbruch-Klinik eine Anstellung als Assistenzärztin angeboten bekommt. Die junge Frau ist äußerst ehrgeizig und hat ihren Abschluss an der Uni mit summa cum laude bestanden. Dass sie nun in dieser renommierten Klinik arbeiten darf, ist für Grete wie ein Sechser im Lotto. Schließlich will sie weiterhin zielstrebig an ihrer Karriere feilen und eine der besten Ärztinnen weltweit werden. Dazu findet sie hier die besten Voraussetzungen. Hinzu kommt, dass sie sich mit all ihren Kollegen blendend versteht.
Doch als Grete mitbekommt, dass in einem anderen, benachbarten Krankenhaus viel modernere, teilweise futuristisch wirkende Diagnosegeräte zur Verfügung stehen, entschließt sie sich spontan, die Sauerbruch-Klinik zu verlassen. Diese einmalige Chance muss sie einfach nutzen. Hier wird sie garantiert viel mehr Möglichkeiten bekommen, vermeintlich aussichtslose Fälle zu retten.
Erst als es scheinbar zu spät ist, erkennt Grete, dass sie mit dieser Entscheidung einen schweren Fehler begangen hat …
„Was haben wir falsch gemacht, Moby?“ Lilith streute eine Handvoll selbst gekeimter Sprossen über die Rohkostplatte mit Tofu, die es an diesem milden Sommersonntag bei den Bandions zum Abendbrot gab.
Bei der Nennung seines neuen Spitznamens – Moby, nach Moby Dick, dem literarischen weißen Wal – zog Hermes Bandion automatisch das wirklich nur sehr kleine Wohlstandsbäuchlein ein, das er sich im Laufe der letzten Monate hatte wachsen lassen.
Er hatte den Bauchansatz ganz sicher nicht fetthaltigem Essen oder zu viel Bier zu verdanken. Lilith und er lebten ja seit Jahrzehnten rein vegan, ernährten sich ausschließlich von naturbelassenen, biologischen Lebensmitteln – vorzugsweise aus dem eigenen kleinen Garten – und schworen auf Rohkost.
Dass er um die Mitte langsam etwas fülliger wurde, lag vermutlich an seinem fortschreitenden Alter. Er war vor Kurzem sechzig geworden. Und er hatte in den letzten Monaten sein tägliches Laufpensum nicht immer einhalten können, weil ihn eine Verletzung am linken Fuß daran hinderte. Eine dicke Dame war in der U-Bahn draufgetrampelt und hatte ihm dabei zwei Zehen gebrochen.
Noch vor zehn Jahren hätte er das locker weggesteckt. Da waren seine Knochen noch geschmeidig gewesen, und die Zehen wären maximal blau angelaufen. Aber, tja, der Körper wurde langsam ein bisschen baufällig. Das biologische Ablaufdatum näherte sich der Grenze, bei der man ihn, wäre er ein Nahrungsmittel, im Laden zum halben Preis verschleudert hätte.
Aber im Kopf waren er und Lilith jung geblieben. Und obwohl sie nun schon seit fast vierzig Jahren miteinander verheiratet waren, liebten sie sich noch immer wie am ersten Tag. Nein, mehr. Sie waren ein eingeschworenes Team und hätten ohne einander gar nicht mehr sein wollen.
Sie hatten sich an der Uni kennengelernt. Lilith hatte Kunstgeschichte und Literatur studiert, er Grafik und Design.
Was sie sofort magisch zueinander hingezogen hatte, war ihre deckungsgleiche Lebenseinstellung gewesen. Sie waren beide systemkritisch, sie waren sehr alternativ eingestellt, sie waren leidenschaftliche Umwelt- und Tierschützer, natürlich auch Friedensaktivisten und gaben sogenannten „Verschwörungstheorien“ meistens den Vorzug vor angeblich wissenschaftlich fundierten Thesen aller Art.
Sie kamen beide aus einem erzkonservativen Elternhaus. Ihre Eltern waren unheimlich obrigkeitshörig gewesen. Was der Fernseher sagte, das war Gesetz. Was der Arzt anordnete, war goldrichtig. Und sie hatten tatsächlich felsenfest daran geglaubt, die Regierung würde es nur gut mit ihnen meinen.
Lilith und Hermes hatten beide am ersten Tag ihrer Volljährigkeit ihren Elternhäusern den Rücken gekehrt. Und sie hatten ihre Vornamen amtlich ändern lassen.
Lilith war von ihren Eltern – nach der angeblich ersten Frau – Eva getauft worden. Das hatte sie als leidenschaftliche Frauenrechtlerin natürlich nicht auf sich sitzen lassen können.
In Wahrheit war nämlich Lilith Adams erste Frau gewesen. Ebenbürtig erschaffen und nicht aus einer Rippe zusammengeschustert. Lilith war es gewesen, die nach der Frucht vom Baum der Erkenntnis verlangte, die man nachträglich zu einem blöden Apfel gemacht hatte, um damit die Falschheit und Gier der Frauen zu belegen.
Erkenntnis, Weisheit und Wissen hatte sie erlangen wollen, während Adam sich damit zufriedengeben wollte, in alle Ewigkeit unwissend zu bleiben. Und weil er mit Lilith nicht schritthalten konnte, hatte Adam sie recht bald durch ein angepasstes, braves Frauchen ersetzt. Eva.
Hermes hatte zuvor Herbert geheißen. Nichts gegen diesen Namen, aber er hatte sich einfach nie wie ein Herbert gefühlt. Hermes, der griechische Götterbote, der mit seinen geflügelten Schuhen jedes Hindernis überwand und keine Grenzen respektierte, so wollte er sein, so fühlte er sich.
Hermes und Lilith ließen sich nie und von niemandem irgendetwas vorschreiben. Sie waren – egal, wer gerade auf dem Thron saß – regierungskritisch, sie waren strikte Impfgegner, sie misstrauten jeglichen vorgefertigten Nahrungsmitteln, und sie hatten weiß Gott nicht die Absicht, brave, sich stupide im Hamsterrad abhampelnde Staatsbürger zu sein.
Sie arbeiteten zwar beide, aber nur das, was ihnen wirklich Spaß machte, und nur so lange und so viel, um gut und frei leben zu können. Sie designten energetische Logos für Unternehmen. Natürlich nur für solche, hinter deren Produkten sie stehen konnten. Sie wollte ja schließlich kein negatives Karma ansammeln.
Und jetzt das!
„Wir haben gar nichts falsch gemacht, Liebes“, beantwortete Hermes die Frage seiner Frau. Er fing die Bio-Gurke auf, die sie ihm zuwarf, und schnitt sie in dünne Scheiben. „Ich habe mal gelesen, dass die Geschichte immer in Dreierzyklen abläuft. Klar, deshalb wiederholt sie sich ja auch ständig.“
„Sprich weiter, das interessiert mich.“ Lilith goss das fertig gemixte Dressing über das Grünzeug und häufte noch ordentlich in dünne Scheiben geschnittene Zwiebeln obendrauf. Dann holte sie die glutenfreien Maisbrötchen aus dem Backofen.
„Na ja, fangen wir mit unseren Großeltern an. Die haben sich in den Krieg hetzen lassen. Und zumindest meine fanden das auch notwendig und gut. Auch wenn sie dafür hungern, frieren und dabei zusehen mussten, wie Menschen rundherum starben.“
„Meine auch.“
„Ich weiß. Dann kommen unsere Eltern. Deren hauptsächlicher Lebensinhalt war es, Luxus anzuhäufen. Sich für Notzeiten abzusichern, so haben sie es genannt. Der Fernseher war ihr heiliger Schrein, und den Politikern waren sie überaus dankbar dafür, dass sie sich bis zum Platzen mit vergiftetem Essen vollstopfen und sich kiloweise Elektronikschrott kaufen konnten.“
„Und dann kommen wir.“ Lilith stellte das Essen auf den Tisch, den Hermes bereits gedeckt hatte. „Uns kann man nicht mit billigem Ramsch und erlogenen Fernsehnachrichten einlullen. Wir lassen nicht anderswo denken, wir tun es selbst. Und wir hinterfragen alles und jeden.“
„Richtig. Wir haben das böse Spiel der Herrschenden durchschaut. Wir spielen da nicht mit. Aber leider kommen nach uns schon wieder die Schlafschafe, die sich womöglich wieder in den nächsten Krieg hetzen lassen werden.“
„Es zeichnet sich leider schon deutlich ab.“ Lilith seufzte abgrundtief. „Ich hatte so sehr gehofft, dass unser gutes Vorbild Pandora davor bewahren würde, zum ferngesteuerten Schlafschaf zu werden.“ Sie lachte trocken auf. „Hast du ihr Diplom gesehen?“
„O Gott!“ Hermes schnitt eine Grimasse. „Ich hatte gehofft, dass es dir nicht auffällt.“
„Sie hat ihren Vornamen geändert!“, klagte Lilith. „Tagelang haben wir uns nach ihrer Geburt die Köpfe über die Bedeutung von Namen zerbrochen, haben die Seelenzahl berechnet und die Schwingung ausgependelt, weißt du noch?“
„Ja.“ Hermes nickte. „Sie benutzt jetzt ihren zweiten Vornamen, den, auf dem meine Mutter bestanden hat, weil alle erstgeborenen weiblichen Kinder in meiner Familie so hießen. Seit der Steinzeit vermutlich.“
„Grete!“ Lilith spuckte diesen Namen förmlich aus. „Grete Bandion! Wie konnte sie nur? Das grenzt doch bereits an Selbstverstümmelung. Das klingt, als ob man im Restaurant etwas Schlimmes in seinem Essen gefunden hätte!“ Sie schnitt eine leidende Grimasse und verstellte ihre Stimme zu einem heiseren Krächzen. „O Gott, ich glaube, ich habe gerade eine Grete verschluckt.“
Hermes lachte. „Ich habe sie gefragt, warum sie das getan hat, Liebes. „Sie sagte, niemand würde eine Ärztin für voll nehmen, die Pandora heißt. Und dass sie keine ausgeflippte Hippiebraut, sondern ein seriöses, vollwertiges Mitglied der Gesellschaft sein wolle.“
„Sie hat sich gegen alles impfen lassen, was es gibt. Sogar gegen Masern, Mumps und Röteln, obwohl sie diese Kinderkrankheiten als Kind alle gehabt hat und deshalb wirklich immun dagegen ist.“
„Ich habe es kommen sehen.“ Hermes goss seiner Frau frisch gepressten Karottensaft mit ein paar Tropfen Kokosöl in ein Glas. „Sie war schon in der Schule so schrecklich angepasst. Wollte den Lehrern gefallen und ihnen alles recht machen. Lauter Einser hat sie nach Hause gebracht, und sie hat den ganzen Käse auch noch geglaubt, den man in der Schule eingetrichtert bekommt.“
Lilith brach eines der noch warmen Maisbrötchen auseinander und tunkte es in die Marinade.
„Dabei sollte doch inzwischen nun wirklich jeder wissen, dass achtzig Prozent der Geschichte erlogen sind.“
„Meine Rede.“ Hermes nickte. „Pandora und ihre Generation, sie werden genauso blind in die Falle stolpern wie unsere Großeltern. Man sieht es ja jetzt schon deutlich, wie alles vorbereitet wird.“
Er fing ein Radieschen ein, das ihm von der Gabel gefallen war und über den Tisch kullerte.
„Menschen werden gegeneinander aufgehetzt“, fuhr er mit seinen düsteren Prophezeiungen fort. „Spätestens mit der Abschaffung des Bargelds wird man uns alle enteignen und uns nur noch ein kleines Taschengeld erlauben. Not und Ohnmacht machen aggressiv, und – zack! – schon sind wir mitten im nächsten Krieg.“
„Wahrscheinlich hast du recht, Schatz!“, seufzte Lilith. „Aber auch wenn sie völlig blind ist, ich liebe sie trotzdem. Sie kann ja nichts dafür. Sie ist vom ersten Schultag an manipuliert worden.“
„Klar, ich liebe sie auch“, stimmte Hermes seiner Frau zu. „Sie tut mir unendlich leid, weil sie blind in ihr Verderben rennt. Aber auf uns hört sie ja nicht mehr. Sie sagt, wir würden an Verfolgungswahn leiden. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, sie schämt sich für uns.“
„Das denke ich auch.“ Lilith senkte betrübt den Kopf. „Oder hast du ihr diese Ausrede geglaubt, dass sie zu gestresst war, um rechtzeitig daran zu denken, Karten für die Akademische Feier am Samstag für uns zu besorgen? Ich nicht. Sie wollte uns nicht dabeihaben.“
„Glaub ich auch. Wahrscheinlich hatte sie Angst, dass wir dort Flugblätter verteilen oder Unterschriften für unsere Petitionen sammeln würden.“ Hermes steckte sich ein mariniertes Löwenzahnblatt in den Mund und runzelte die Stirn. „Hast du in ihren Kühlschrank geguckt?“
Lilith schlug sich eine Hand vor den Mund und würgte trocken.
„Großer Gott! Ich hätte mich beinahe übergeben müssen. Lauter Leichenteile von gemarterten Tieren. Wurst, Steaks, Schinken, sogar ein ganzes totes Huhn. Widerlich!“
„Und alles voll mit Nervengiften, mit denen sie die Menschen in hirngeschädigte Zombies verwandeln wollen. Was haben wir uns früher den Hintern aufgerissen, um gegen Schlachthöfe zu protestieren. Hunderte Petitionen gegen Umweltgifte und Nahrungsmittelzusätze haben wir verfasst, Tausende Unterschriften haben wir gesammelt …“
„Und unsere Tochter konsumiert den ganzen Dreck freiwillig. Obwohl sie Ärztin ist und es besser wissen müsste. Alzheimer ist bei dieser Lebensweise schon vorprogrammiert. Und das ist ja auch von oben so gewünscht.“
„Aber klar doch.“ Hermes trank einen großen Schluck Karottensaft und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. „Wenn die Leute wüssten, dass die durchschnittliche Lebenserwartung längst bei mindestens hundertzwanzig Jahren liegt und die Herrschenden mit all den Giften verhindern wollen, dass wir dieses Alter auch tatsächlich erreichen!“
Lilith lehnte sich aufseufzend zurück.
„Lassen wir es für heute gut sein, Schatz. Ändern können wir ja ohnehin nichts daran. Wir können nur hoffen, dass die Saat, die wir in Pandoras Seele gesät haben, vielleicht irgendwann doch noch aufgeht.“
***
Lauter Beifall brandete auf, als Tim Lichtenberg am Montagmorgen seinen Dienst als Assistenzarzt in der Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik antrat.
„Autsch!“ Er kniff die Augen zusammen und hielt sich den verkaterten Brummschädel. „Danke, das ist voll lieb von euch allen“, stöhnte er mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Aber geht‘s vielleicht auch ein bisschen leiser?“
Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme, lachte.
„Entschuldige, ich hätte daran denken sollen. Bei mir ist die akademische Abschlussfeier an der Uni zwar schon ein paar Jährchen her, aber an den Kater danach kann ich mich noch gut erinnern.“
„Da, trink das, dann wird es dir gleich besser gehen.“ Jens Jankovsky, der fast zwei Meter große Sanitäter der Notaufnahme, kam mit einem großen Glas, das eine gelbliche Flüssigkeit enthielt, aus dem Bereitschaftsraum.
„Was ist das? Doch hoffentlich kein Bier?“, ächzte Tim. „Ich halte nichts davon, den Kater mit Alkohol zu bekämpfen. Das löst das Problem nicht, es schiebt es nur für eine Weile auf.“
„Ich weiß, ich halte auch nichts davon“, versicherte ihm der junge Sanitäter. „Das ist mein langjährig erprobtes Spezialrezept. Elektrolyte, hoch dosierte Vitamine und ein bisschen Ingwer. Ex runter damit. In zehn Minuten hast du wieder einen klaren Kopf.“
„Danke, Jens!“ Tim probierte vorsichtig einen kleinen Schluck von dem Gebräu und schauderte. „Ich hasse Ingwer. Aber was tut man nicht alles, damit die schrecklichen Kopfschmerzen aufhören.“ Er hielt sich mit Daumen und Zeigefinger die Nase zu und leerte das Glas in einem Zug.
„Na, wie fühlst du dich nach dem langen Studium als fertiger Doktor der Medizin?“ Peter Kersten nahm seinem jungen Kollegen das leere Glas ab.
„Frag mich das in zehn Minuten noch einmal, Boss. Im Moment will ich nur sterben. Oder wenigstens ins Bett zurück.“
„Also, bei mir waren die Akademische Feier und der Abschlussball damals an einem Samstag“, erinnerte sich Elmar Rösner, der rothaarige Assistenzarzt. „Das war besser, denn so konnten wir am Sonntag ausschlafen.“
„Das war bei uns ja auch so“, krächzte Tim. „Aber wir haben weitergemacht, nachdem der Rektor uns gegen fünf Uhr morgens aus dem Festsaal geschmissen hat. Am Campus Westend, auf der Wiese hinter dem Wollheim-Memorial. Das war total cool! Jeder hat etwas zu trinken organisiert …“
„Und was zum Rauchen“, fügte Jens grinsend hinzu.
„Niemals! Wo denkst du hin?“ Tim bemühte sich redlich um einen geschockten Gesichtsausdruck, aber ein schuldbewusstes Lachen machte seine Mühe zunichte. „Okay, aber nur ganz wenig“, gestand er. „Zum Probieren. Als Arzt muss man doch Bescheid wissen, wie die verschiedenen Substanzen wirken.“
„Klar, aus reiner Selbstlosigkeit und medizinischem Forscherdrang, Kumpel.“ Elmar klopfte dem jüngeren Kollegen auf die Schulter.
Tim machte sich darauf gefasst, dass diese Erschütterung eine neuerliche Schmerzwelle auslösen würde, stellte jedoch verblüfft fest, dass es ihm bereits besser ging. Viel besser.