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Mein Weg zu dir
Ausgerechnet in der Notaufnahme trifft der junge Arzt auf seine verflossene Liebe
Von Karin Graf
Marius Sievers arbeitet als Facharzt für Innere Medizin und Chirurgie in der Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik. Von seinen Kollegen und seinem Chef, dem Notarzt Dr. Peter Kersten, wird er sehr geschätzt, aber seit einigen Wochen ist der junge Mann komplett verändert. Er redet kaum noch, lächelt nicht mehr, wirkt abwesend und zieht sich von allen zurück.
Erst allmählich kommt Dr. Kersten dahinter, was Marius vor allen verbergen will: Das Herz des attraktiven Mediziners ist gebrochen, denn vor zwei Monaten hat er seine einstmals große Liebe Adriana wiedergefunden und gleich darauf erneut verloren, weil Adriana die gerade erst neu begonnene Beziehung urplötzlich wieder beendet hat.
Da bringt eine Ankündigung schlagartig wieder Leben in Marius: Adriana ist auf dem Weg in die Sauerbruch-Klinik. Bei einem Sturz aus dem fünften Stock eines Hotels hat sie sich lebensgefährlich verletzt. Ob sie durchkommen wird, ist mehr als fraglich. Nur eine sofortige Notoperation kann vielleicht noch ein Wunder bewirken. Doch Dr. Peter Kersten drängt sich eine ganz andere Frage auf: Wird Marius überhaupt in der Lage sein, bei dieser dramatischen Operation zu assistieren, die Adrianas letzte Chance bedeutet? Oder werden ihm seine Gefühle dabei im Weg stehen?
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Seitenzahl: 118
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Mein Weg zu dir
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Nomad / iStockphoto
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar
ISBN 9-783-7325-8368-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Mein Weg zu dir
Ausgerechnet in der Notaufnahme trifft der junge Arzt auf seine verflossene Liebe
Karin Graf
Marius Sievers arbeitet als Facharzt für Innere Medizin und Chirurgie in der Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik. Von seinen Kollegen und seinem Chef, dem Notarzt Dr. Peter Kersten, wird er sehr geschätzt, aber seit einigen Wochen ist der junge Mann komplett verändert. Er redet kaum noch, lächelt nicht mehr, wirkt abwesend und zieht sich von allen zurück.
Erst allmählich kommt Dr. Kersten dahinter, was Marius vor allen verbergen will: Das Herz des attraktiven Mediziners ist gebrochen, denn vor zwei Monaten hat er seine einstmals große Liebe Adriana wiedergefunden und gleich darauf erneut verloren, weil Adriana die gerade erst neu begonnene Beziehung urplötzlich wieder beendet hat.
Da bringt eine Ankündigung schlagartig wieder Leben in Marius: Adriana ist auf dem Weg in die Sauerbruch-Klinik. Bei einem Sturz aus dem fünften Stock eines Hotels hat sie sich lebensgefährlich verletzt. Ob sie durchkommen wird, ist mehr als fraglich. Nur eine sofortige Notoperation kann vielleicht noch ein Wunder bewirken. Doch Dr. Peter Kersten drängt sich eine ganz andere Frage auf: Wird Marius überhaupt in der Lage sein, bei dieser dramatischen Operation zu assistieren, die Adrianas letzte Chance bedeutet? Oder werden ihm seine Gefühle dabei im Weg stehen?
„Achtung! Pass auf! Marius, schnell! Hier, die … das … das Ding! Es platzt gleich! Herrgott noch mal, mach was, ich kann jetzt nicht!“
Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, war schon so übermüdet, dass sein Gehirn alle für die Operation nicht zwingend notwendigen Funktionen auf Sparflamme geschaltet hatte. Und so wollte ihm das Wort Arterie partout nicht einfallen.
Es war bereits kurz vor zwei Uhr morgens. Um sieben Uhr abends hätte er Dienstschluss gehabt, aber kurz zuvor hatte eine wahre Flut von Notfällen eingesetzt, die seither im Fünfzehn-Minuten-Rhythmus mit den Rettungswagen in die Notaufnahme gebracht wurden. Dazu kam noch ein ständig vollbesetztes Wartezimmer.
Er, zwei seiner Kollegen und zwei Pflegerinnen waren geblieben, um das völlig überforderte Nachtteam zu unterstützen. Sie waren nun schon seit neunzehn Stunden auf den Beinen, hatten auch tagsüber im Akkord und ohne Pause gearbeitet, und so war es nicht weiter verwunderlich, dass sich bereits die ersten Konzentrationsstörungen bemerkbar machten.
Dazu kam noch, dass es sich bei diesem Eingriff um einen reinen Blindflug handelte. Der Patient war in einer Bar vom Hocker gekippt und bewusstlos eingeliefert worden. Es gab keine Krankenakte, und man hatte ihn auch nicht nach Vorerkrankungen oder Allergien befragen können.
Alles, was Peter und sein Team wussten, war, dass der etwa dreißigjährige Mann massive innere Blutungen hatte und dass es schnell gehen musste, wenn man ihn am Leben erhalten wollte.
Eine solche Situation war durchaus mit dem Steuern eines Flugzeugs bei undurchdringlichem Nebel und ausgefallener Radaranzeige zu vergleichen.
„Ich seh‘s schon!“ Marius Sievers, der erst vor Kurzem nach erfolgreich abgelegter Staatsprüfung vom Assistenzarzt zum Facharzt für Innere Medizin und Chirurgie aufgestiegen war, reagierte blitzschnell.
Er sah, wie sich die Nierenarterie des Patienten dick ausbeulte und der darin befindliche Klumpen direkt auf die Gefäßklemme zuwanderte, mit der Peter vorhin den Blutfluss unterbunden hatte, um einen Arterienruptur zu flicken.
„Muss sein!“, grummelte er – einsilbig, wie schon den ganzen Tag lang –, öffnete die Klemme und brachte sie ein Stück weit oberhalb der Ausbuchtung wieder an.
Ein zäher Blutklumpen, den Marius mit einer flachen Pinzette vorwärts schob, brachte die Stelle, die Peter bereits zu nähen begonnen hatte, wieder zum Platzen. Marius fing den Pfropfen mit einem Tupfer auf und hielt ihn Peter hin.
„Hm!“
Elmar Rösner, der rothaarige Assistenzarzt, der die Wundhaken hielt, beugte sich interessiert vor und sog zischend die Luft ein.
„Sieh dir das an, Boss. Sein Blut sieht aus wie klumpiges, altes Ketchup.“
„Großer Gott!“ Peter Kersten trat einen Schritt vom OP-Tisch zurück und streckte seinen schmerzenden Rücken durch. „Massive Erythrozytose. Blut verdünnen, Hannes!“, rief er dem Anästhesisten zu, der auf seinem Hocker am Kopfende des OP-Tischs saß und die Überwachungsgeräte nicht aus den Augen ließ, mit denen der Patient verkabelt war. „Und dreh den Sauerstoff auf mindestens achtzig Prozent rauf, und füll ihn mit Ringerlösung ab. Lass das Zeug im Schuss durchlaufen und wenn es leer ist, gleich noch eines hinterdrein!“
„Wahnsinn!“ Schwester Annette, die ebenfalls nach Dienstschluss hiergeblieben war, warf einen Blick in die Auffangschale, in die Marius Sievers den Tupfer mit dem Blutklumpen geworfen hatte. „Ich habe ja schon öfter mal zu dickes Blut gesehen, aber so was noch nie. Das sieht wie die Erdbeermarmelade aus, die meine Oma immer selbst einkocht. Wie kann so was denn passieren?“
„Sauerstoff- und Flüssigkeitsmangel, denke ich“, mutmaßte Elmar Rösner. „Oder?“ Er warf Marius einen fragenden Blick zu, und als dieser nicht reagierte, richtete er seine Frage an Peter.
„Richtig. Beides dickt das Blut ein.“ Der Notarzt entfernte mit der Schere die ausgefranste Stelle, durch die der Klumpen gequollen war. „Aber wenn es ein solches Ausmaß annimmt wie hier, dann gehe ich davon aus, dass der Patient sich selbst von außen Erythropoetin zugeführt hat.“
„Das ist ein Hormon, das die Produktion von roten Blutkörperchen steigert“, wusste Schwerster Annette. „Warum könnte er so etwas eingenommen haben? Wegen Blutarmut?“
„Man nimmt es besonders im Radsport gerne als Dopingmittel. Aber auch immer mehr Männer, deren einziger Sport aus dem Fußmarsch zum Kühlschrank besteht, glauben, dass sie zumindest sportlich aussehen, wenn sie dopen“, erwiderte Peter.
Konzentriert machte er sich, nachdem er die beiden Enden der geplatzten Nierenarterie begradigt hatte, erneut ans Nähen.
„Es ist natürlich verboten. Also, im Sport zumindest“, fügte er hinzu. „Und jeder Sportler weiß inzwischen, dass die Einnahme dieser Substanz tödlich enden kann, aber wen kümmert das denn schon. Hauptsache: schneller, stärker, besser. Zumindest so lange, bis man tot vom Rad kippt.“
„Heparin ist drinnen, Infusion läuft“, meldete sich Dr. Hannes Fischer, der sechzigjährige Anästhesist, zu Wort. Er warf eine leere Ampulle und eine Handvoll Verpackungsmüll in eine Auffangschale auf seinem Materialwagen und ließ sich wieder auf seinen Hocker fallen.
„Sauerstoff?“ Marius hob kurz den Kopf und blickte den älteren Kollegen fragend an.
„Ich will den Anteil nicht erhöhen“, erwiderte der Anästhesist. „Ich vermute, dass der Patient in letzter Zeit zu oft und zu lange reinen Sauerstoff konsumiert hat. Seine Lunge scheint mir bereits geschädigt zu sein.“
„Okay, dann lieber nicht.“ Peter ließ sich von der Oberschwester ein frisches Nähbesteck zureichen. „Noch irgendwo irgendwelche Problemstellen?“, erkundigte er sich bei Marius und zuckte mit den Schultern, als dieser es bei einem gebrummten „Mm“ und einem verneinenden Kopfschütteln beließ.
Peter Kersten sah in die Runde.
„Der hier scheint mir so ziemlich alles konsumiert zu haben, wovon man lieber die Finger lassen sollte“, vermutete er. „Die Wenigsten wissen, dass reiner Sauerstoff pures Gift für den Menschen ist. Schon nach etwa einer Stunde können die ersten Lungenschäden auftreten. Würden wir ständig reinen Sauerstoff einatmen, wären wir etwa innerhalb von zwei Wochen tot.“
„Wo kriegen die Leute das ganze Zeug denn überhaupt her?“ Nora Lechner, die Oberschwester der Notaufnahme, legte zur Sicherheit ein paar verschieden lange Gefäßprothesen bereit.
„Internet“, erwiderte Peter. „Wenn man weiß, wo, kann man dort vermutlich sogar eine Atombombe bestellen.“
„Es gibt aber sicher auch genügend Ärzte, die gegen ein großzügiges Honorar einfach alles verschreiben“, fügte Elmar Rösner hinzu. „Ich weiß das aus meiner Studienzeit. Fast jeder kannte einen, von dem man sich eine Handvoll Amphetamine holen konnte, wenn eine Klausur anstand und man nicht rechtzeitig mit dem Lernen begonnen hatte.“
„Ja, leider ist das so“, stimmte ihm Dr. Fischer zu. „Die Medizin verkommt immer mehr zu einem reinen Geschäftszweig. Das Heilen von Krankheiten tritt in den Hintergrund, während oft nur noch der wirtschaftliche Aspekt im Mittelpunkt steht.“
„Stimmt.“ Peter nickte. „Kollegen mit eigener Praxis sind diesbezüglich oft besonders empfänglich, weil sie sich für Kauf oder Miete und die Einrichtung ihrer Praxen hoch verschulden müssen und dann oft nicht wissen, wie sie die Millionenkredite zurückbezahlen sollen.“
Er beugte sich tief über das offene Abdomen des Patienten und fügte die abgetrennten Enden der Arterie mit winzigen Stichen wieder zusammen.
„Wenn diese Entwicklung so weitergeht, wird man bald nur noch mit seinem Leibwächter, einem Anwalt oder zumindest einem Zeugen zum Arzt gehen können. Was sagst du dazu, Marius?“
„Mhm“, lautete die Antwort. Mit sehr viel mehr hatte Peter aber auch gar nicht gerechnet. Wenn er heute, während der siebzehnstündigen Dienstzeit, mehr als zehn Worte von seinem sonst so lebendigen und früher fast immer fröhlichen Kollegen gehört hatte, dann war das viel. Und das ging nun schon seit fast zwei Monaten so.
Er nahm sich fest vor, nach diesem Eingriff ein ernstes Gespräch mit Marius zu führen, den er sehr schätzte und mochte. Nach Hause zu fahren lohnte sich heute ohnehin nicht mehr, denn bereits in fünf Stunden begann ja schon wieder ihre reguläre Schicht.
Wenn sie Glück hatten, konnten sie sich wenigstens noch für drei, vier Stunden im Schwesternzimmer, im Ruheraum oder im Bereitschaftsraum hinlegen.
„Geschafft!“ Peter warf das winzige Nähbesteck in eine Auffangschale und schob sich mit dem Unterarm die Lupenbrille von den Augen auf die Stirn hinauf. Dann blinzelte er ein paarmal, um seine Augen wieder auf normale Sicht einzustellen. „Die Blutsperre vorsichtig lösen, Marius, und bitte alle ein Stoßgebet nach oben richten, dass nichts passiert“, seufzte er.
„Hält“, grummelte Dr. Marius Sievers, nachdem er die Gefäßklemmen langsam entfernt hatte. Noch vor ein paar Wochen hätte er ausgelassen gejubelt und alle, einschließlich sich selbst, zu der gelungenen Rettung eines Menschenlebens beglückwünscht.
„Übernimmst du das Verschließen der Wunde?“, fragte Peter ihn und bekam ein zustimmendes Nicken und ein „Mhm“ zur Antwort.
Während er ihm bei der Arbeit, die er wie immer geschickt, rasch und präzise durchführte, über die Schulter schaute, überlegte Peter wieder einmal, was Marius zugestoßen sein mochte.
Seelische oder körperliche Überbelastung im Beruf? Depressionen? Beziehungsprobleme? Ein Todesfall in der Familie? Wenn er doch nur endlich einmal den Mund aufmachen und sagen würde, was ihn bedrückte!
„Sehr gut!“, seufzte er, als Marius den letzten Faden verknotete und das blutige Nähbesteck in die Auffangschale warf. „Wir haben es geschafft. Schluss für heute. Wer in der Nähe wohnt, läuft nach Hause. Wer nicht, sucht sich hier in der Klinik einen Schlafplatz.“
Er fasste Marius, der mit tief gesenktem Kopf in den Waschraum eilen wollte, am Oberarm.
„Wir beide treffen uns in fünf Minuten im Bereitschaftsraum.“
„Hä?“
„Wir müssen reden. Das heißt, falls du nicht schon zu müde bist und noch zehn Minuten für mich erübrigen kannst.“
„Mhm.“
„War das ein Ja?“, hakte Peter nach.
„Mhm“, lautete die Antwort.
***
Zu ihrem dritten Hochzeitstag hatte Adriana Richter ein sehr kostspieliges Geschenk von ihrem Mann bekommen. Eduard hatte sie mit einer vierzehntägigen Reise nach Mauritius überrascht.
Er hatte einen Luxusbungalow auf einer abgelegenen kleinen Insel gemietet, auf der sonst nur die obersten Zehntausend der Welt Urlaub machten, um endlich einmal unter ihresgleichen zu sein und nicht auf Schritt und Tritt angesprochen und fotografiert zu werden.
Fünfzehntausend Euro pro Tag hatte Eduard sich das Traumhaus mit Personal kosten lassen, das auf Stelzen direkt in einer malerischen Lagune stand.
Von oben, als sie bei ihrer Ankunft mit dem Wasserflugzeug über der Insel kreisten, hatte sie wie ein riesiger Smaragd ausgesehen. Dicht bewachsen mit sattgrüner Vegetation und rundherum umgeben von blendend weißen Sandstränden, die das Sonnenlicht wie frisch gefallener Schnee reflektierten, wirkte sie beinahe unnatürlich schön, fast schon kitschig.
Das türkisfarbene Meer, das so klar und rein war, dass man selbst vom Flugzeug aus den Grund und die bunten Fische in der Tiefe sehen konnte, ließ das paradiesische Kleinod beinahe unwirklich erscheinen. Als hätte ein begabter Künstler hier kräftig retuschiert und mit einem Malkasten nachgeholfen.
Sie hatten im warmen Meer gebadet, hatten unter einem schützenden Baldachin auf dem weißen Strand gelegen und sich bunte Drinks servieren lassen. Abends hatten sie bei Kerzenschein auf der Terrasse direkt über dem Meer fürstlich gespeist und sich nachts unter dem Glasdach ihres Schlafzimmers, durch das ein berauschender Sternenhimmel auf sie herabblickte, geliebt.
Und sie hatten natürlich etliche Ausflüge unternommen. Nach Port Louis, die Hauptstadt von Mauritius, und in einige andere Städte. Eduard hatte Adriana beinahe dazu genötigt, sich alles zu kaufen, was ihr gefiel.
Mit je einem Koffer waren sie in den Urlaub aufgebrochen. Als sie heute, kurz vor Mitternacht, nach einem zwölfstündigen Flug am Frankfurter Flughafen angekommen waren, hatte der Gepäckträger sieben Koffer in Konstantins Wagen verstaut. Jeder Einzelne prall gefüllt mit den schönsten Kleidern, mit Schmuck, mit Schuhen, Handtaschen, Kunstgegenständen und anderen erlesenen Kostbarkeiten.
Eduard hatte die teuerste Suite im fünften Stock eines Luxushotels nahe dem Flughafen gebucht. Hier wollten sie die Nacht verbringen, um morgen oder vielleicht auch erst am Sonntag die Heimfahrt nach Bad Reichenhall anzutreten.
Während ihr Mann fast sofort eingeschlafen war, wanderte die bildhübsche Achtundzwanzigjährige, die mit ihren langen blauschwarzen Haaren, dem im Urlaub leicht gebräunten Teint und den mandelförmigen braunen Augen selbst als mauritische Inselschönheit durchgegangen wäre – obwohl sie doch ein waschechtes Kind des Berchtesgadener Landes war –, ziellos durch die luxuriös ausgestatteten Räume.
Adriana war zwar ebenfalls müde, aber sie konnte nicht schlafen. Zu vieles ging ihr im Kopf herum. Die herrlichen Bilder der traumhaft schönen Gegend, die sie am frühen Morgen verlassen hatten, hatten sich ebenso unauslöschlich in ihre Erinnerung eingebrannt, wie die Liebe unvergänglich in ihrem Herzen loderte.
Sie trat auf die Terrasse hinaus, die vor der Glasfassade des Wohnzimmers der Suite lag. Es war eine warme Hochsommernacht. Die Sterne funkelten scheinbar zum Greifen nahe am Himmel, und in der Ferne war die hell erleuchtete Skyline von Frankfurt zu sehen.
Tief unter ihr befand sich der Hotelpark mit dem großen Swimmingpool, dem Rasen, der bei Schönwetter zum Sonnenbaden einlud, den lauschigen Wegen zwischen grünen Hecken und den üppig blühenden Büschen, deren süßliche Düfte ein lauer Sommerwind bis zu ihr nach oben trug.
Von unten her waren leises Lachen und angeregtes Stimmengemurmel zu hören. In einem der Tagungsräume fand irgendeine Veranstaltung statt, und die Teilnehmer unterhielten sich offensichtlich so gut, dass sie sich trotz der späten Stunde nicht voneinander trennen mochten, obwohl die Vorträge oder die Besprechungen längst zu Ende waren.