Der Notarzt 356 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 356 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Ich allein kümmere mich um dich!

Warum Dr. Renz seine Frau zu keinem anderen Arzt lassen wollte

Karin Graf

Seit knapp einem Jahr ist die neunundzwanzigjährige Buchhändlerin Gordana mit dem attraktiven Arzt Dr. Victor Renz verheiratet. All ihre Freundinnen beneiden sie um diesen gut aussehenden, erfolgreichen und liebevollen Ehemann, denn Victor ist einfach perfekt. Aufmerksam und fürsorglich ist er stets um Gordanas Wohl besorgt, er trägt sie förmlich auf Händen. Seine Patienten loben ihn ebenfalls in den höchsten Tönen.
Doch diese heile Welt bricht von einem Tag auf den anderen plötzlich in sich zusammen, als Gordana erkrankt. Seit Tagen fühlt sie sich so schlecht wie noch nie zuvor in ihrem Leben, sie ist nicht einmal mehr in der Lage, ihr Bett zu verlassen. Victor kümmert sich wie immer aufopferungsvoll um sie, aber eines macht er unmissverständlich klar: Er allein wird sich um Gordana kümmern, kein anderer Arzt darf sie sehen, und auch Besucher lässt er nicht zu ihr.
Warum? Weil Victor etwas Furchtbares verbirgt, dessen Aufdeckung ihn alles kosten würde ...

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Seitenzahl: 122

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Ich allein kümmere mich um dich!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: VGstockstudio / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8836-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ich allein kümmere mich um dich!

Warum Dr. Renz seine Frau zu keinem anderen Arzt lassen wollte

Karin Graf

Seit knapp einem Jahr ist die neunundzwanzigjährige Buchhändlerin Gordana mit dem attraktiven Arzt Dr. Victor Renz verheiratet. All ihre Freundinnen beneiden sie um diesen gut aussehenden, erfolgreichen und liebevollen Ehemann, denn Victor ist einfach perfekt. Aufmerksam und fürsorglich ist er stets um Gordanas Wohl besorgt, er trägt sie förmlich auf Händen. Seine Patienten loben ihn ebenfalls in den höchsten Tönen.

Doch diese heile Welt bricht von einem Tag auf den anderen plötzlich in sich zusammen, als Gordana erkrankt. Seit Tagen fühlt sie sich so schlecht wie noch nie zuvor in ihrem Leben, sie ist nicht einmal mehr in der Lage, ihr Bett zu verlassen. Victor kümmert sich wie immer aufopferungsvoll um sie, aber eines macht er unmissverständlich klar: Er allein wird sich um Gordana kümmern, kein anderer Arzt darf sie sehen, und auch Besucher lässt er nicht zu ihr.

Warum? Weil Victor etwas Furchtbares verbirgt, dessen Aufdeckung ihn alles kosten würde …

Es war längst dunkel draußen, als Prof. Lutz Weidner, der Chefarzt der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, gegen halb sechs Uhr an diesem Freitagabend die Unfallstation betrat. Er machte, wie jeden Abend, eine letzte Runde durch das Krankenhaus, um die Patienten zu begrüßen, die bei der Morgenvisite noch nicht hier gewesen waren.

Obwohl es auf dem hell erleuchteten, breiten Flur heimelig warm war, fröstelte er, als er den graupeligen Schneeregen sah, den ein heftiger Wind gegen die Fensterscheiben peitschte.

„Da kriegt man gleich eine Gänsehaut, nicht?“ Schwester Johanna, eine stämmige Fünfzigjährige, kam ihm mit einem leeren Rollstuhl entgegen. „Ich hätte ja nichts dagegen, wenn immer Sommer wäre.“

„Ich auch nicht“, stimmte der Chefarzt ihr zu. „Alleine die vielen Schichten, die man jetzt wieder übereinander anziehen muss, wenn man das Haus verlässt. Und dann wieder dieser graubraune Matsch auf den Straßen.“

„Vergessen Sie die verunglückten Autofahrer nicht, von denen jetzt wieder fünfmal so viele wie im Sommer zu uns kommen.“ Schwester Johanna blieb vor einer Zimmertür stehen. „Ich muss da rein, Professor. Herr Wanninger darf nach Hause. Ich bringe ihn runter.“

„Ich weiß, ich habe mich schon vorhin von ihm verabschiedet. Holt ihn jemand ab?“

„Sein Sohn ist schon mit dem Gepäck vorausgegangen und wartet direkt vor dem Haupteingang im Wagen auf ihn.“

„Ah, das ist gut. Er sollte sich nämlich noch eine Weile schonen.“

„Ich werde ihn noch einmal daran erinnern. Suchen Sie jemanden, Professor? Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“

„Ja.“ Lutz Weidner nickte. „Wir haben hier einen Neuzugang, wie ich hörte. Herr Klett, richtig? Den wollte ich kennenlernen, bevor das Abendessen verteilt wird und ich Ihnen hier bloß im Weg herumstehe.“

Die Pflegerin dachte zwei, drei Sekunden lang nach.

„Ah ja, richtig! Becken- und Steißbeinfraktur!“, fiel es ihr dann ein. „Er ist vor drei Stunden operiert worden. Sein Pferd hat sich auf diese Weise einen ganz langen Urlaub verschafft. So bald wird er nicht wieder ohne Schmerzen sitzen können.“

„Ach, wurde er denn von einem Pferd abgeworfen?“

Schwester Johanna nickte. Sie schaute sich nach allen Seiten um, dann schirmte sie ihren Mund mit einer Hand ab.

„Also, ich kann es ja irgendwie verstehen. Das Pferd meine ich. Stellen Sie sich vor, es käme einer, würde sich auf Ihren Rücken schwingen, mit der Peitsche knallen, Hü-hott brüllen und Sie dazu zwingen, über irgendwelche blöden Hindernisse zu hüpfen.“

Der Chefarzt musste über diese Vorstellung lachen.

„Ja, dann würde ich eventuell auch bocken und zu unfairen Mitteln greifen“, erwiderte er schmunzelnd und erkundigte sich noch, in welchem der Zimmer er den neuen Patienten finden würde.

„Ganz vorne. Nummer zwei. Schwester Sabine kümmert sich gerade um ihn. Er ist ein bisschen zickig. Aber gut, das tut ja bestimmt auch scheußlich weh. Trotz Schmerztherapie. Also, tschüss, Professor, falls wir uns heute nicht noch mal über den Weg laufen.“

„Einen schönen Abend, Schwester Johanna. Und ein schönes Wochenende, falls Sie dienstfrei haben.“ Prof. Weidner ging zwei Schritte weiter, als ihm noch eine Frage einfiel. „Ähm, wer hat Herrn Klett eigentlich operiert?“

„Ich.“ Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme, trat aus dem Fahrstuhl. „Vor etwa drei Stunden. Er war ziemlich übel zugerichtet. Becken, Hüfte, Steißbein und drei Rippen.“

Lutz Weidner sog zischend die Luft ein.

„Du meine Güte, das muss ja ein übler Sturz gewesen sein.“

„Es war wohl nicht nur der Sturz“, erwiderte der Notarzt. „Das Pferd dürfte ihn zusätzlich noch ein paarmal getreten haben, als er schon auf dem Boden lag. Klarer Fall von Rache, wie mir scheint.“

Wie Schwester Johanna vorhin, schaute auch Peter Kersten sich um und dämpfte dann seine Stimme.

„Ich kann es ja irgendwie verstehen. Das Pferd meine ich. Bei diesem grauslichen Wetter mit einem Kerl auf dem Buckel über Zäune und Hecken springen, wer will das schon?“

Der Chefarzt schmunzelte.

„Das scheint mir ein typischer Fall von ‚Wer den Schaden hat, hat auch den Spott‘ zu sein.“

„Oder von ‚Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es daraus zurück‘, zitierte Dr. Kersten. „Als er eingeliefert wurde, hatte er eine mächtige Peitsche dabei. Und solche Dinger hinten an den Stiefeln. Solche … na, wie heißt das stachelige Zeug, das die Typen in den Wildwestfilmen hinten dranhaben und das bei uns eigentlich verboten ist?“

„Sporen?“

„Ja, genau. Vielleicht hat er einmal zu oft zugeschlagen oder zugetreten. Ach, das Pferd heißt übrigens Bounty.“ Peter blinzelte mit einem Auge und lachte.

„Und?“ Der Chefarzt runzelte die Stirn. „Was ist daran so komisch?“

„Meuterei auf der Bounty? Nein?“

„Ach so!“ Prof. Weidner tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. „Schon verstanden. Ja, das entbehrt wirklich nicht einer gewissen Komik.“

„Genug gelästert“, entschied Peter schmunzelnd und deutete mit dem Kinn ans andere Ende des Flurs. „Ich wollte mich nur rasch davon überzeugen, dass die Kollegen den Becken-Beingips auch wirklich so angelegt haben, wie ich es wollte.“

„Ach?“ Lutz Weidner hob seine buschigen silbergrauen Augenbrauen hoch. „War denn ein Gips unbedingt notwendig?“

Peter nickte. „Es musste leider sein, weil die Hüftgelenkspfanne ebenfalls gebrochen ist.“

„Grundgütiger! Dem Mann ist aber auch wirklich nichts erspart geblieben.“ Der Klinikchef folgte dem Notarzt, der auf das betreffende Zimmer zuging. „Ich begleite Sie, Kollege. Ich war sowieso gerade auf dem Weg dorthin, um den neuen Patienten zu begrüßen. Ach, was ich Sie übrigens fragen wollte …“

Lutz Weidner verstummte, als die Tür zu Zimmer zwei aufging und ein schlaksiger junger Mann mit einer modischen Kurzhaarfrisur, bei der die Haare über der Stirn mit viel Gel zu einem neckischen Entenbürzel aufgestellt waren, mit einer vollen Bettpfanne in der Hand herauskam.

Er hatte das Gesicht so weit wie möglich von dem übelriechenden Ding abgewandt, presste die Lippen fest aufeinander und schnitt eine angeekelte Grimasse. Er nickte den beiden Ärzten nur wortlos zu und verschwand mit seiner Fracht eilig im sogenannten „Unreinen Pflegearbeitsraum“. Dort wurden Bettpfannen und Urinflaschen geleert, gereinigt und aufbewahrt.

„Ein neuer Mitarbeiter?“ Der Chefarzt runzelte die Stirn. Der junge Mann kam ihm viel zu jung vor, um ein Praktikant oder Assistenzarzt zu sein. Er schätzte ihn auf höchstens sechzehn. Somit wäre er auch für einen Pfleger zu jung.

Aber bei der heutigen Jugend konnte man ja nie wissen. Es gab immer mehr junge Leute, die schon mit vierzehn oder fünfzehn zu studieren begannen. In diesem Alter hatte man zu Lutz Weidners Zeit noch Räuber und Gendarm gespielt oder die bunten Bildchen von Fußballstars in ein Sammelalbum geklebt.

„Mein persönlicher Assistent ist das, Professor.“ Schwester Sabine kam mit einem Materialwagen, auf dem sich alles für die Körperpflege bettlägriger Patienten befand, hinter dem Jungen her. Ihre Wangen glühten sichtlich vor Stolz. „Das ist mein Sohn. Henri.“

„Nein! Ist er nicht!“ Lutz Weidner schüttelte kategorisch den Kopf. „Ihren Henri habe ich erst vor … vor ein paar Tagen gesehen. Da ging er mir bis hierhin.“ Er klopfte sich mit der flachen Hand auf die Hüfte. „Er hatte mächtige Zahnlücken und einen Teddybären im Schlepptau, der fast so groß war wie er selbst.“

„Das muss dann wohl schon ein bisschen länger als ein paar Tage her sein, Professor“, entgegnete die Pflegerin lachend. „Henri ist vor drei Wochen sechzehn geworden. Leider!“

„Herrgott, wie schnell doch die Zeit vergeht!“

„Wieso denn leider?“, wollte Peter wissen.

„Na ja, jetzt muss ich mir noch mehr Sorgen machen. Mein Mann hat ihm zum Geburtstag seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt: einen Motorroller. Mit dem braust er jetzt durch die Gegend, und mich trifft jedes Mal fast der Schlag, wenn ich höre, dass ein verunglückter Jugendlicher eingeliefert wird.“

„Tja, wie heißt es so schön?“ Prof. Weidner schmunzelte. „Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen.“

„Ja, das stimmt leider. Als Mutter kommt man aus den Sorgen überhaupt nicht mehr heraus. Die Dinger auf Rädern, ohne die Jungs offensichtlich nicht leben können, werden mit zunehmendem Alter immer schneller und gefährlicher. Erst war es das Dreirad, dann der Tretroller, das Fahrrad, das Skateboard, dann …“

Sie brach ab und drehte sich um, als ihr Sohn wieder aus dem Arbeitsraum kam.

„Hast du sie ausgeleert, bevor du sie in die Spülmaschine gestellt hast, Schatz?“

„Logisch, Mum, ich bin ja nicht blöd!“

„Hände gründlich gewaschen?“

„Hör mal!“ Der Junge verdrehte stöhnend die Augen.

„Er ist ja nicht blöd, Schwester Sabine“, scherzte Peter Kersten, der Henri schon recht gut kannte. Der Junge kam oft nach der Schule hierher, um seiner Mutter bei der Arbeit zu helfen.

Auch in der Notaufnahme bot er sich regelmäßig für Hilfsdienste an. Er holte bestellte Medikamente aus der Klinikapotheke ab, half bei der Inventur im Medikamentenraum oder lief mit einer langen Einkaufsliste zum Feinkostladen, wenn wieder einmal keine Zeit für eine kurze Essenspause in der Cafeteria blieb.

„So mancher voll ausgebildete Pfleger könnte sich eine große Scheibe von Ihrem Sohn abschneiden. Er ist sehr gewissenhaft und tüchtig.“

„Oh ja, das ist er, mein Henri.“ Die Pflegerin wandte sich an den Chefarzt. „Er macht im nächsten Jahr Abitur und will jetzt schon so viel Einblick in den Klinikalltag bekommen wie nur möglich. Er möchte nämlich auch einen medizinischen Beruf ergreifen.“

„Ach, ist das so? Das ist ja großartig!“ Lutz Weidner legte dem jungen Mann eine Hand auf die Schulter. „Wenn Sie tüchtig lernen, dann halte ich Ihnen schon mal einen Platz als Pfleger frei“, versprach er.

„Nix Pfleger!“, protestierte der Junge schmunzelnd. „Ich will Medizin studieren. Ich werde Chefarzt von diesem Laden hier.“

„Heiliger Strohsack!“ Prof. Weidner schlug in gespieltem Entsetzen die Hände zusammen. „Dann muss ich mich ja warm anziehen, sonst bin ich meinen Job los.“

„Keine Panik, Sie haben noch gute zehn Jahre, bis ich so weit bin“, versicherte Henri ihm lachend. Als er hinter sich eine Tür aufgehen und das dumpfe tock-tock-tock von Krücken auf dem Linoleumboden hörte, fuhr er herum.

Ein etwa dreißigjähriger Mann, der sich bei einem Treppensturz einen komplizierten Beinbruch zugezogen hatte, schleppte sich ächzend, auf zwei Krücken gestützt, den Flur entlang.

„Mensch, Herr Levandovsky will wohl wieder runter, eine rauchen gehen. Warten Sie Herr Levandovsky! Warten Sie auf mich!“

Henri rannte los, holte den Patienten ein und fasste ihn am Oberarm.

„Vors Haus, eine rauchen?“, fragte er.

„Muss sein!“, grummelte der Patient, der nur mit einem dünnen Bademantel bekleidet war und dem seitlich mehrere Metallteile eines externen Fixateurs aus dem linken Bein ragten.

„Bleiben Sie hier stehen, ich hole Ihren Mantel. Es ist saukalt und ziemlich nass draußen. Und ich komme lieber mit runter. Wenn Sie ausrutschen und hinfallen, ist am Ende das zweite Bein auch noch hin.“

Der Chefarzt schaute wohlwollend zu, wie der sechzehnjährige Junge dem Patienten fürsorglich in den Mantel half und ihn dann – eine Hand in seinem Rücken und jederzeit bereit, zuzupacken, sollte er straucheln – in den Fahrstuhl bugsierte.

„Genau solche Ärzte brauchen wir“, stellte Lutz Weidner beeindruckt fest. „Ich werde Ihren Sohn im Auge behalten, Schwester Sabine, und alles, was in meiner Macht steht, dazu beitragen, dass er sein Ziel erreicht.“

Das war nicht nur so dahingesagt. Einen Junge, der mit sechzehn schon so umsichtig und fürsorglich war, den würde er mit Freuden unterstützen und fördern, um ihn später in seinen Mitarbeiterstab aufnehmen zu können.

„Kann man da nicht was drehen, dass ihm seine Arbeit hier gleich als Pflegepraktikum angerechnet wird?“, fragte Peter. „Das müsste er sowieso innerhalb der ersten zwei Semester absolvieren.“

„Absolut!“ Prof. Weidner nickte. „Schicken Sie ihn gleich nächste Woche zu mir rauf, Schwester Sabine. Dann legen wir ein Kursbuch für ihn an, lassen ihn gezielt alle vorgeschriebenen Praktika durchführen und tragen alle positiv erledigten Übungen ein.“

„Das wäre großartig, wenn das möglich wäre!“ Die Pflegerin strahlte über das ganze Gesicht.

„Natürlich ist das möglich“, erwiderte der Chefarzt. „So viel Fleiß und Engagement muss belohnt werden. Wir fangen gleich am Montag nach der Schule damit an“, versprach er.

Wie hätte er auch ahnen sollen, dass er sein Versprechen nicht würde halten können?

***

„Nur Frau Renz, bitte. Ich bin keine Ärztin“, erklärte Gordana lachend, als sie abends um Viertel nach sechs die Praxis ihres Mannes durch das noch immer überfüllte Wartezimmer betrat und dabei wie immer mit „Guten Abend, Frau Doktor!“ begrüßt wurde.

Besonders die älteren Leute ließen es sich nicht nehmen, den akademischen Titel eines Mannes automatisch auf die Ehefrau zu übertragen.

Natürlich war sie sehr stolz auf Victor. Er war ein wirklich guter Arzt. Das wusste sie aus eigener Erfahrung. Aber das hieß noch lange nicht, dass sie es nötig hatte, sich mit fremden Federn zu schmücken.

Gordana hatte ihre eigene Karriere, auf die sie stolz sein konnte. Mit erst neunundzwanzig Jahren hatte sie es bereits zu einer eigenen Buchhandlung in bester Frankfurter Lage, zu zwei Angestellten und einer Auszubildenden gebracht.

Obwohl die Elektronikfreaks unkten, dass es bald keine gedruckten Bücher mehr geben würde, stand gerade jetzt, da es scharf auf Weihnachten zuging, ihre Ladenglocke kaum jemals still. Klar, Bücher waren nach wie vor die beliebtesten Weihnachtsgeschenke.

Ein Tablet oder ein E-Book-Reader waren als kleine Aufmerksamkeit für den Chef oder einen Kollegen ein bisschen zu kostspielig, und ein Roman auf USB-Stick machte nicht besonders viel her. Vor allem sah man dann nach dem Auspacken nur den Datenstick, und man müsste dem Beschenkten mit dem langen Gesicht erst lang und breit erklären, dass dieser ja nur … und so weiter und so fort.

Bücher würde es bis in alle Ewigkeit geben, dessen war Gordana sich völlig sicher.