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Verzweifelt schaut Fenja Malinsky in die ernst blickenden Augen des Notarztes. Vor ihrer achtjährigen Tochter bemüht sich Dr. Peter Kersten zwar, möglichst locker und fröhlich zu wirken, doch selbst ihm fällt es sichtbar schwer, seine Sorgen zu verbergen. Leukämie. Diese furchtbare Verdachtsdiagnose steht im Raum. Es müssen noch einige Untersuchungsergebnisse abgewartet werden, aber die Symptome der kleinen Lucy lassen kaum einen anderen Schluss zu.
Und das nach all dem Leid, dass Fenja und Lucy schon hinter sich haben. Das Mädchen ist damals mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte auf die Welt gekommen, die erst durch viele schmerzhafte Operationen vollständig behoben werden konnte. Im Alter von vier Jahren hat Lucy dann plötzlich ihr Gehör verloren. Eine Ursache dafür wurde nie gefunden. Und jetzt also auch noch Krebs! Kann das Schicksal wirklich so grausam sein?
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Seitenzahl: 117
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Lucy
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Sunny studio / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9779-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Lucy
Bewegender Arztroman um ein taubes Mädchen und ein großes Wunder
Von Karin Graf
Verzweifelt schaut Fenja Malinsky in die ernst blickenden Augen des Notarztes. Vor ihrer achtjährigen Tochter bemüht sich Dr. Peter Kersten zwar, möglichst locker und fröhlich zu wirken, doch selbst ihm fällt es sichtbar schwer, seine Sorgen zu verbergen. Leukämie. Diese furchtbare Verdachtsdiagnose steht im Raum. Es müssen noch einige Untersuchungsergebnisse abgewartet werden, aber die Symptome der kleinen Lucy lassen kaum einen anderen Schluss zu.
Und das nach all dem Leid, das Fenja und Lucy schon hinter sich haben. Das Mädchen ist damals mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte auf die Welt gekommen, die erst durch viele schmerzhafte Operationen vollständig behoben werden konnte. Im Alter von vier Jahren hat Lucy dann plötzlich ihr Gehör verloren. Eine Ursache dafür wurde nie gefunden. Und jetzt also auch noch Krebs! Kann das Schicksal wirklich so grausam sein?
Tim Thomsen war alles andere als schwindelfrei, und er litt unter Höhenangst, aber er brauchte den Job.
Nach einer relativ steilen Karriere hatte er mit neunundzwanzig Jahren einen Rappel gekriegt und seine wirklich gut bezahlte Stelle als Kreditmanager eines internationalen Bankenkonzerns hingeschmissen. Sechstausend Euro monatlich, sechzehn Mal im Jahr, plus diverser Zulagen und Bonuszahlungen am Jahresende.
Was ihn da geritten hatte? Ganz einfach. Er war eines Morgens aufgewacht, und es war ihm eine Frage durch den Kopf geschossen. Die Frage, welche Berufe für die Welt und die Menschheit nützlich waren und welche man ersatzlos streichen könnte, ohne dass auch nur ein Hahn danach krähte. Zumindest in einer gesunden, heilen Welt, in der alles so war, wie es sein sollte.
Während des Frühstücks hatte er eine Liste mit zwei Rubriken erstellt. Nützlich auf der linken Seite, braucht kein Schwein auf der rechten.
Kreditmanager eines Bankenkonzerns kam auf der rechten Seite zu stehen. Ziemlich knapp unter Finanzbeamter, Bordellbetreiber, Gefängniswärter, Geheimagent, noch vor It-Girl, Influencer und Gerichtsvollzieher.
Die rechte Spalte wuchs kontinuierlich an, wurde bald zu lang und Tim musste ein zweites Blatt Papier unten drankleben. Dann bald ein weiteres und noch eines und wieder eines.
Soldat, Schönheitschirurg, Versicherungsvertreter, Lobbyist, Torero, Börsenspekulant, Stylingberater, Auftragskiller, Diktator, Waffenfabrikant, Ölscheich …
Je länger die rechte Spalte wurde, desto stärker fiel ihm auf, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Entbehrlichkeit und dem Einkommen zu geben schien. Je weniger der Vertreter einer Berufsgruppe der Allgemeinheit nützte, desto höher sein Einkommen.
Die linke Rubrik füllte sich nur langsam. Und auch hier zeichnete sich deutlich ab, je wichtiger für die Allgemeinheit, desto geringer das Einkommen.
Krankenschwester, Feuerwehrmann oder -frau, Lehrer, Biobauer, Dichter, Denker, Musiker, Maler – denn um wie viel ärmer wäre die Welt ohne die schönen Künste?
Müllmann, Tierarzt, Handwerker natürlich, sowie überhaupt all jene, die etwas herstellten, das man zum Leben brauchte, oder es wieder instand setzten, wenn es kaputt gegangen war.
Er hatte sich gefragt, was er selbst hergestellt hatte. Nichts, hatte die ernüchternde Antwort gelautet. Seine Aufgabe war es gewesen, große Geldmengen zu verschieben. Von Arm zu Reich, so lautete der weltweit gültige Verteilungsschlüssel.
Er hatte Menschen in ernsthaften Notlagen die Hilfe verweigert und jenen, die ihre gebunkerten Millionen nicht lockermachen wollten, weil sie sicher angelegt waren, siebenstellige Kredite gewährt.
Er hatte Familien die Häuser weggenommen und sie zwangsversteigern lassen, wenn sie mit den Ratenzahlungen in Rückstand gerieten. Er hatte weinenden Familienvätern oder Müttern, die ihn angefleht hatten, ihr Konto wenigstens um weitere fünfzig Euro überziehen zu dürfen, weil ihre Kinder nichts mehr zu essen hatten, ins Gesicht gelacht.
Zwei Wochen bevor er fristlos gekündigt hatte, hatte ihn der Generaldirektor seiner Bank besucht. Er hätte schon lange ein Auge auf ihn, hatte er gesagt, weil die Frankfurter Niederlassung des Bankenkonzerns, für die er zuständig war, nicht nur keine Kreditausfälle verzeichnete, sondern durch schnelle Pfändungen und Zwangsenteignungen sogar noch satte Gewinne erwirtschafte.
Er hätte in ihm einen Seelenverwandten erkannt, hatte er gesagt. Einen taffen Realisten, der kapiert hatte, dass Mitleid mit Versagern fehl am Platz war. Einen Mann, der die charakterliche Auslese, die jeder durchschreiten musste, der in Wirtschaft oder Politik bis ganz an die Spitze gelangen wollte, mit Bravour meistern würde.
Er hatte Tim zugesichert, ihn Schritt für Schritt zu seinem Nachfolger aufbauen zu wollen, und ihm als Zeichen seines Wohlwollens eine Flasche Champagner geschenkt. Eine Magnumflasche Dom Pérignon Rosé Gold, Jahrgang 1996.
Tim hatte nach dem Preis gegoogelt, und der betrug zweihundertfünfzigtausend Euro. Eine unvorstellbare Summe für Versager. Ein läppisches Taschengeld für den Generaldirektor. Erfreulich, nicht sonderlich aufregend und durchaus angemessen für einen tüchtigen Kreditmanager mit glorreicher Zukunft.
In Ermangelung enger Freunde hatte er die ganze Flasche alleine geleert. Am nächsten Morgen war er mit höllischen Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und der bereits erwähnten Frage aufgewacht. Und mit der Erkenntnis, dass ein Kater für eine Viertelmillion um nichts angenehmer war als der von einer Flasche Fusel aus dem Discountmarkt für zwei Euro fünfzig.
Wenige Tage später hatte er seine Luxus-Penthouse-Wohnung verkauft und seine Möbel eingelagert. Er hatte sein gesamtes Geld von den verschiedenen Konten abgezogen, einen Teil davon in Gold umgewandelt und dieses in den eingelagerten Möbeln gebunkert, weil er nämlich absolut kein Vertrauen in die Banken hatte.
Mit dem restlichen Geld hatte er eine Weltreise unternommen. Eineinhalb Jahre lang. Die linke Spalte seiner Liste hatte er ausgeschnitten und mitgenommen, um darüber nachzudenken, welchen der wirklich sinnvollen Berufe er ergreifen wollte, wenn er zurückkehrte.
Seit zwei Tagen war er nun wieder hier. Und er war ein völlig anderer Mensch geworden. Er hatte auf seiner Reise erkannt, dass er in einer Scheinwelt gelebt hatte. In einem einzigen, ewig andauernden Monopoly-Spiel.
Sammle so viel Spielgeld wie möglich, kaufe die Welt auf und treibe deine Mitspieler in die Insolvenz, dann hast du gewonnen. So lauteten die Regeln. Aber was hatte man dann gewonnen? Nichts. Im Gegenteil. Bei diesem Spiel konnte man auf lange Sicht nur verlieren. Zuallererst seine Seele, dann nach und nach alles, was gut und schön war.
Früher hatte es ihn bis ins Mark erschüttert, wenn der Dow Jones abends schlecht abschloss oder der DAX kränkelte. Heute hätten beide neben ihm am Straßenrand verrecken können, er hätte nur darüber gelacht.
Heute wusste er, dass er auf die Welt gekommen war, um zu leben. Zu leben, sich weiterzuentwickeln, Erfahrungen zu sammeln, anderen Menschen, die auf ihrem Lebensweg gestolpert und hingefallen waren, aufzuhelfen, sie vielleicht sogar ein Stick weit zu tragen, immer weiterzugehen und sonst nichts.
Während seiner Abwesenheit waren die Preise in seiner Heimat ins Kraut geschossen. Als er sein Geld aus dem Lagerraum, den er für eineinhalb Jahre im Voraus bezahlt hatte, abholen wollte, war dieser verriegelt gewesen, und man hatte eine Nachzahlung von fast zweitausend Euro von ihm verlangt.
So viel Bargeld hatte er nicht mehr. Und er hatte ja nicht gut sagen können, dass er den geforderten Betrag mit Leichtigkeit bezahlen könne, wenn man ihm kurz Zutritt zu dem Lagerraum gewähren würde. Für die Aufbewahrung von Wertgegenständen galt nämlich ein anderer Tarif, und er hätte mindestens den zehnfachen Betrag nachzahlen müssen.
Ganz zu schweigen von der Zeit, die es ihn gekostet hätte, zu beweisen, dass das Geld nicht geklaut war, weil der Betreiber der Lagerräume natürlich sofort Meldung an sämtliche Behörden erstattet hätte.
Er musste sich das Geld für die Nachzahlung also verdienen. Von früher wusste er, dass es Jobs gab, bei denen nicht erst lange nach Lebenslauf und ordentlichem Wohnsitz gefragt wurde, weil fast keiner sie haben wollte. Dazu gehörte der Job des Fensterputzers. Zumindest der bei einer Billigfirma, die sich recht wenig um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter scherte.
Natürlich ging es nicht um die Fenster der idyllischen Vorstadthäuschen im Grünen. Es ging um die Reinigung der sechzigstöckigen Bankentürme Frankfurts, in denen er früher täglich ein und aus gegangen war.
Und so saß er jetzt, eingeklemmt zwischen sieben harten Kerlen, auf einer Bank vor der Wellblechbaracke der Firma „Klar wie Kloßbrühe“ und wartete darauf, aufgerufen zu werden, während er sich Mühe gab, ähnlich große Töne zu spucken wie seine Mitbewerber.
***
In der Direktionsetage der Frankfurter Sauerbruch-Klinik stand Emil Rohrmoser missmutig am Fenster und blickte auf die düstere, nebelverhangene Stadt hinaus.
Seit Tagen hatte er keinen Sonnenstrahl mehr gesehen. Da konnte einem das Gemüt schon ganz schön in den Keller rasseln. Grau und trübe wie der Himmel, so war auch seine Stimmung.
„Morgen, Herr Direktor!“ Prof. Lutz Weidner, der Chefarzt des Krankenhauses, öffnete nach kurzem Anklopfen die Tür zum Büro des depressiven Verwaltungsdirektors. Er blieb auf der Schwelle stehen und lachte. „Oje! Ist das Frühstück nicht üppig genug ausgefallen? Hat Ihre Frau Sie wieder mal auf Diät gesetzt? War der gebratene Speck in der Cafeteria aus?“
Emil drehte sich im Zeitlupentempo um.
„Ja, ja, machen Sie sich nur über mich lustig, Weidner. Aber nein, es liegt nicht am Frühstück, dass ich ein bisschen schwermütig bin. Es liegt vielmehr an diesem elenden Mistwetter.“
„Was haben Sie denn am Wetter auszusetzen?“ Lutz Weidner zuckte verwundert mit den Schultern. „Es könnte doch schöner nicht sein.“
„Ha, ha, ha!“, lachte Herr Rohrmoser sarkastisch. „Sie sind sehr witzig. Für einen Grottenolm oder eine Kellerassel mag es ja passen. Aber ich, ich brauche Sonnenlicht. Und ich habe seit Tagen keines mehr gesehen.“
Er deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung hinter sich.
„Seit Tagen muss ich mir nun schon dieses triste Bild angucken. Der Himmel sieht wie schimmlig gewordene Erbsensuppe aus. Wenn sich doch nur dieser schreckliche Nebel endlich verziehen würde. Oder ist das Feinstaub? Oder gar Smog? Ist irgendwo eine Fabrik in die Luft geflogen?“
„Genau deswegen bin ich hier, Direktor. Auch unsere Patienten haben seit Tagen keinen Sonnenstrahl mehr gesehen. Und Sie wissen, wie sich mangelndes Sonnenlicht auf die Psyche und somit auch auf den Heilungsprozess auswirkt. Sie müssen sofort etwas dagegen unternehmen.“
Er zog sich einen Stuhl an Emil Rohrmosers Schreibtisch heran, setzte sich und forderte auch Emil mit einer Geste auf, Platz zu nehmen.
Der brach in ein ironisches Wiehern aus.
„Großartig, Weidner! Wollen Sie mich jetzt auch noch für das miese Wetter verantwortlich machen? Ich tue ja nun wirklich schon alles für unser schönes Krankenhaus. Im Moment arbeite ich gerade wieder täglich von fünf Uhr morgens bis Mitternacht, um unser Unternehmen gut durch die schiefe Wirtschaftslage zu bringen. Und …“
„Genau das ist ja der Grund, warum für Sie keine Sonne mehr scheint“, fiel ihm der Chefarzt schmunzelnd ins Wort.
„Ach ja?“ Emil zuckte mit den Schultern. „Und? Was meinen Sie, was ich tun soll? Indianische Schönwettertänze aufführen? Um Sonnenschein beten? Einen altrömischen Auguren auftreiben, der am Flug der Schwalben erkennt, welche Götter erzürnt sind, und denen dann mein Sparschwein opfern?“
„Mit dem Inhalt Ihres Sparschweins wird es leider nicht getan sein“, antwortete Prof. Weidner schmunzelnd. „Und wenn Sie mal früher nach Hause gehen oder wenigstens zwischendurch ein paar Schritte im Klinikpark tun würden, dann sähen Sie, dass wir seit Tagen herrlichstes Sommerwetter haben.“
Emil Rohrmoser warf einen Blick zum Fenster. Dann kniff er die Augen zusammen und starrte Lutz Weidner misstrauisch an.
„Wenn Sie mir langsam dement oder sonst irgendwie wunderlich werden, Weidner, dann muss ich Sie frühzeitig in die Pension entlassen.“ Er richtete seinen ausgestreckten Zeigefinger zum Fenster. „Grau und trübe bedeutet Schlechtwetter“, sagte er langsam und überdeutlich. „Herrliches Sommerwetter wäre hell und klar. Wiederholen Sie das, damit ich sehe, dass Sie noch halbwegs richtig ticken.“
Prof. Weidner schob seinen Sessel zurück und stand schmunzelnd auf.
„Ich beweise Ihnen, dass ich noch richtig ticke, Direktor. Denn im Gegensatz zu fast dem gesamten Rest unserer Klinik, kann man hier oben auf der Direktionsetage noch die Fenster öffnen.“
„Unterstehen Sie sich!“ Der schwergewichtige Manager hievte sich ächzend aus seinem wuchtigen Chefsessel. „Falls das doch irgendein giftiger Smog sein sollte, will ich den nicht hier drin haben!“
Doch da hatte Lutz Weidner bereits einen Fensterflügel geöffnet, und gleißendes Sonnenlicht flutete das eben noch so triste Büro.
„Was …?“ Emils Augen weiteten sich. „Wie haben Sie das jetzt gemacht, Weidner?“
„Dreck!“ Der Chefarzt fuhr mit dem Zeigefinger über die äußere Fensterscheibe und hielt dem Direktor dann die schwarze Fingerkuppe vor die Nase. „Es ist wieder einmal höchste Zeit, eine Gebäudereinigungsfirma zu bestellen. Unsere Fenster sind so verdreckt, dass die Sonne nicht mehr durchkommt.“
„Also, jetzt schlägt es aber dreizehn!“ Emil zog ein Papiertuch aus seiner Hosentasche und wischte damit über die Scheibe. Als er einen Blick darauf warf, war das Tuch schwarz wie der Finger des Chefarztes. Stöhnend ließ er sich wieder in seinen Sessel fallen. „Ich könnte ihn erwürgen!“
„Wen denn?“
„Meinen Vorgänger. Diesen angepassten Laffen, der bei der letzten großen Renovierung geglaubt hat, er müsse unser Krankenhaus dem neuen Stadtbild anpassen und es diesen gläsernen Bankentürmen gleichtun. An die horrenden Kosten für die regelmäßige Reinigung der Glasfassade und der tausend Fenster hat er dabei nicht gedacht.“
„Tja …!“ Lutz Weidner zuckte mit den Schultern. „Natürlich war es früher einfacher. Da hat der Putztrupp die Fenster einfach mit gereinigt. Aber seit man sie nicht mehr öffnen kann …“
„Wie Sie wissen, wurde im Zuge der Renovierung die gesamte Klinik künstlich klimatisiert“, fiel ihm der Verwaltungsdirektor ins Wort. „Und es hieß, wenn die Patienten in ihren Zimmern die Fenster öffnen würden, würde die Funktion der teuren Klimaanlage ad absurdum geführt.“
„Wir haben zuvor auch ohne Klimaanlage irgendwie überlebt“, unkte Lutz Weidner. Er holte eine Münze aus seiner Kitteltasche, warf sie in das vergoldete Sparschwein, das die Belegschaft der Sauerbruch-Klinik ihrem Direktor zum Jubiläum geschenkt hatte, und lachte, als Goldie dankbar grunzte. „Andererseits sorgt die Klimaanlage für ein verstärktes Patientenaufkommen“, fuhr er nachdenklich fort.
„Weil die Leute sich bei uns wohlfühlen und uns weiterempfehlen?“, hakte Emil interessiert nach.
Lutz Weidner warf eine weitere Münze in den Schlitz und erfreute sich abermals an dem Grunzen.
„Weil die tolle Klimaanlage die Krankenhauskeime im gesamten Gebäude verteilt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass, wer einmal bei uns war, bald wiederkommt.“
„Und warum haben Sie damals den Mund nicht aufgemacht?“, brauste Emil Rohrmoser leidenschaftlich auf.