Der Notarzt 378 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 378 E-Book

Karin Graf

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Für Karlotta und Oliver zählt vor allem eines: dass sie ihre Zukunft bestmöglich planen. In ihrem Leben darf nichts dem Zufall überlassen werden, denn alles soll genau so werden, wie sie es sich erträumen. Für Menschen, die in den Tag hinein leben und sich dann wundern, dass sie es zu nichts bringen, haben die beiden kein Verständnis. Sie wissen ganz genau: ohne Fleiß kein Preis.
Zugegeben, das Paar sieht sich kaum, weil beide rund um die Uhr arbeiten. Aber das ist ihnen die Aussicht auf ein zukünftiges luxuriöses Leben allemal wert. Wenn sie erst einmal alles erreicht haben, dann können sie immer noch einen Gang runterschalten und ihre gemeinsame Zeit in vollen Zügen genießen.
Doch ein Anruf, der Karlotta mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißt, verändert plötzlich alles. Die junge Frau muss auf eine furchtbare Weise erkennen, dass man das Leben nicht aufschieben kann, sondern dass nur das Hier und Jetzt zählt. Denn auf einmal ist nicht mehr sicher, ob es für sie und Oliver überhaupt noch eine Zukunft geben wird ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 115

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Zeit für dich

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Liderina / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0051-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Zeit für dich

Warum das junge Paar jede gemeinsame Minute unendlich schätzte

Karin Graf

Für Karlotta und Oliver zählt vor allem eines: dass sie ihre Zukunft bestmöglich planen. In ihrem Leben darf nichts dem Zufall überlassen werden, denn alles soll genau so werden, wie sie es sich erträumen. Für Menschen, die in den Tag hineinleben und sich dann wundern, dass sie es zu nichts bringen, haben die beiden kein Verständnis. Sie wissen ganz genau: ohne Fleiß kein Preis.

Zugegeben, das Paar sieht sich kaum, weil beide rund um die Uhr arbeiten. Aber das ist ihnen die Aussicht auf ein zukünftiges luxuriöses Leben allemal wert. Wenn sie erst einmal alles erreicht haben, dann können sie immer noch einen Gang runterschalten und ihre gemeinsame Zeit in vollen Zügen genießen.

Doch ein Anruf, der Karlotta mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißt, verändert plötzlich alles. Die junge Frau muss auf eine furchtbare Weise erkennen, dass man das Leben nicht aufschieben kann, sondern dass nur das Hier und Jetzt zählt. Denn auf einmal ist nicht mehr sicher, ob es für sie und Oliver überhaupt noch eine Zukunft geben wird …

Drei Kinder und kein Geld, um ihnen etwas Vernünftiges zum Essen zu kaufen!

Nein, für so etwas hatte Karlotta Rebholz – ihre Freunde nannten sie Karlie – wahrlich kein Verständnis. Selbst Tiere bauten erst ein sicheres Nest, ehe sie Nachwuchs in die Welt setzten. Und in Zeiten, in denen es nicht genügend Nahrung gab, unterdrückten sie ihren Fortpflanzungstrieb überhaupt gleich ganz.

Nur der Mensch schien genau umgekehrt zu funktionieren. Je weniger Geld, desto mehr Kinder.

Kopfschüttelnd beobachtete die neunundzwanzigjährige Physiotherapeutin die Mutter dreier Kinder, die – wie sie selbst auch – ihren Wochenendeinkauf in einem Frankfurter Supermarkt erledigte.

Die Frau war vermutlich erst Ende dreißig, sah aber wie sechzig aus. Verhärmt und abgearbeitet.

Für halbwegs ordentliche Kleidung schien sie auch kein Geld übrig zu haben. Sie und die Kinder trugen billiges Synthetikzeug aus irgendeiner Wühlkiste, bei dem Karlie schon alleine vom Hingucken einen Ausschlag bekam. Zumindest fing ihre Haut vor Entsetzen zu kribbeln an.

Eines der drei Kinder, ein Mädchen, das so um die sechs Jahre alt sein mochte, rannte von Regal zu Regal und schleppte immer neue Sachen daher, die es unbedingt haben wollte.

„Kann ich Kekse, Mami? Kaufst du uns Schokolade? Guck mal, Mami, Erdnüsse. Die sind doch gesund, oder?“

Die Antwort der Frau lautete immer gleich.

„Nein, Schatz, dafür reicht das Geld nicht mehr. Nächste Woche soll das Kindergeld kommen, dann kaufen wir Erdnüsse und Kekse und Schokolade.“

Mitleid empfand Karlie keines. Mit den Kindern vielleicht, denn die konnten ja nichts dafür. Mit der Frau aber ganz sicher nicht. Wozu auch? Wenn schon, dann hatte sie höchstens deswegen Mitleid, weil die Frau offensichtlich zu dämlich war, um ihre Zukunft zu planen.

Hätte sie nicht ein bisschen früher darüber nachdenken können, dass drei Kinder Geld kosteten? Ja, hätte sie, wenn da ein bisschen mehr Grips im Oberstübchen wäre. Und dann hätte sie sich entweder gegen drei Kinder entscheiden oder vorsorgen können, dass genügend Geld für drei Kinder vorhanden wäre. Also: selbst schuld.

Ein etwa vierjähriger Junge hatte sich in einen Zipfel ihrer billigen Strickjacke verkrallt und zerrte das ohnehin schon völlig fassonlose Teil einseitig in die Länge.

Das dritte Kind – undefinierbaren Geschlechts – hockte im Einkaufswagen und kreischte in einer Frequenz, die Karlie körperliche Schmerzen bereitete.

Kein Geld, ein Haufen Kinder und mit der Erziehung völlig überfordert. Für Karlie war das, was sie sah, das Lehrbuchbeispiel einer asozialen Familie. Vater gab es vermutlich keinen. Oder er war arbeitslos. Oder ständig betrunken. Wahrscheinlich beides.

Nicht, dass Karlie etwas gegen Kinder gehabt hätte. Sie und Oliver hatten auch eines in ihre Lebensplanung miteinbezogen. Vielleicht sogar zwei. Aber … nicht so! Nein, so ganz sicher nicht!

Sie und der zweiunddreißigjährige Computerspezialist Oliver Wenzel hatten sich vor fast einem Jahr verlobt. Sie wollten demnächst heiraten. Aber Kinder würden sie erst dann in die Welt setzen, wenn alles hundertprozentig passte. Seit ihrer Verlobung arbeiteten sie beide diszipliniert und unermüdlich auf dieses Ziel hin. Wie es sich gehörte!

Karlie arbeitete in einem Zentrum für physikalische Therapie. Abends machte sie noch Hausbesuche, hauptsächlich bei alten, bettlägrigen Menschen, und die meisten Wochenenden waren für ihre Heilgymnastikgruppen reserviert.

Sie hatte einen Raum in einem Fitnessstudio gemietet, und dort bot sie für die diversen Erkrankungen – Herzschwäche, Rückenschmerzen, Haltungsfehler, Diabetes, Übergewicht und so weiter – die richtige Gymnastik an.

Wann immer an einem ihrer arbeitsreichen Tage eine halbe Stunde übrig blieb, produzierte sie Videos für ihren eigenen Youtube-Kanal. Dort gab sie Fitness- und Gesundheitstipps, präsentierte einfach nachzumachende Übungen und schlug Diätpläne vor. Für die Werbung für einschlägige Produkte, die sie ihren Followern empfahl oder mit denen sie hantierte, strich sie weitere nicht unbeträchtliche Summen ein.

Natürlich hätte auch sie sonntags lieber länger geschlafen, es sich zu Hause vor dem Fernseher gemütlich oder mit Oliver einen schönen Ausflug gemacht.

Seit Monaten trafen sie einander fast nur noch zwischen Tür und Angel. Frühmorgens hatten sie es meistens beide sehr eilig, und spätabends, wenn sie nach Hause kamen, waren sie viel zu müde, um noch irgendetwas zu unternehmen.

Das war hart und erforderte eine ganze Menge Disziplin und Durchhaltevermögen. Aber sie waren – zum Glück! – beide äußerst vernünftige Menschen. Sie wussten, dass die Mühen, die sie jetzt auf sich nahmen, sich später bezahlt machen würden. Dann könnten sie sich entspannt zurücklehnen und ein sorgenfreies Leben genießen.

In drei Monaten würden sie heiraten – den genauen Termin hatten sie bereits bei der Verlobung festgelegt.

Geplant war eine schlichte Zeremonie, die sie alles in allem maximal fünfhundert Euro kosten würde. Ihre Hochzeitsgäste beschränkten sich auf die beiden Trauzeugen, mit denen sie nach der standesamtlichen Trauung schön essen gehen würden.

Statt in die Flitterwochen an irgendeinen überfüllten Südseestrand zu fliegen, wollten sie sich ein romantisches verlängertes Wochenende im Allgäu gönnen.

Danach sollte ein Häuschen im Grünen gekauft und nach und nach mit wertbeständigen Möbeln eingerichtet werden.

Vier gemeinsame Bankkonten, auf die sie das Geld, das sie verdienten, aufteilten, hatten sie jetzt schon eingerichtet. Eines für alltägliche Besorgungen, eines für die größeren Anschaffungen wie Haus, Auto und so weiter, eines für Ausbildung oder Studium des Kindes oder der Kinder und eines für ihre eigene Altersvorsorge.

So machte man das! Nicht so wie diese Frau hier. Die hatte wohl bislang in den Tag hinein gelebt und hingenommen, was ihr der Zufall so alles beschert hatte. Und was hatte er ihr beschert? Einen Mann, der offensichtlich nichts taugte, drei ungezogene Kinder, irgendeinen unterbezahlten Aushilfsjob (falls sie überhaupt arbeitete) und natürlich die daraus folgende ständige Geldnot.

Karlie musste am Kühlregal warten, bis die Frau mit ihrer Suche nach Produkten mit überschrittenem Ablaufdatum zum halben Preis endlich fertig war, denn sie, ihr Einkaufswagen und die Kinder blockierten hier alles.

Als der Weg endlich frei war, packte Karlie ein halbes Pfund Butter, eine Flasche Milch und ein paar verschiedene Käsesorten in ihren Einkaufswagen und wollte schon weitergehen, als eine andere Kundin ihre Aufmerksamkeit erregte.

Diese Frau war etwa Mitte dreißig, sehr gut gekleidet, ziemlich attraktiv, und man konnte ihr ansehen, dass sie zu der gehobeneren Gesellschaftsschicht gehörte.

Karlie wusste nicht gleich, wo sie diese Frau hintun sollte, aber sie war sich ganz sicher, dass sie sie schon öfter mal im Fernsehen gesehen hatte.

Sie blieb stehen, weil sie wissen wollte, was diese vermutlich prominente Frau mit dieser asozialen Familie zu schaffen hatte. Die Frau steuerte nämlich – ein breites Lächeln im Gesicht – direkt auf die Familie zu.

Ehe sie sich bemerkbar machte, zog sie allerdings noch einen Hundert-Euro-Schein aus ihrer Geldbörse.

Karlie schüttelte unwillig den Kopf. Die adrette Dame würde doch hoffentlich nicht so dumm sein, diesem Gesindel Geld zu geben. Dummheit und Faulheit sollte man nun wirklich nicht auch noch unterstützen.

Sie wollte sie diesbezüglich ansprechen, doch da eilte die prominente Frau auch schon direkt auf die drei lärmenden Rotznasen und deren unsägliche Mutter zu, die gerade ächzend in die Knie gegangen war, um auf dem untersten Regalbrett nach den billigsten Spaghetti zu suchen.

Lachend und winkend rief sie freudig …

***

„Frau Martens! Was für ein netter Zufall!“

Die Kinder- und Jugendpsychologin Dr. Lea König freute sich aufrichtig über diese Begegnung. Sie mochte und schätzte die unglaublich tapfere Vierzigjährige wirklich sehr.

Andrea Martens war vor etwa drei Jahren – sie war gerade mit Paul schwanger gewesen – mit der damals dreijährigen Ella und dem einjährigen Tommy in ihre Praxis gekommen.

Rundheraus und ohne falsche Scham hatte die ehemalige Bankkauffrau, die ihre Karriere zugunsten der Familie aufgegeben hatte, ihre schlimmste Befürchtung ausgesprochen und die Psychologin um Hilfe bei der Wahrheitsfindung gebeten.

Bereits in der ersten Therapiestunde, die Ella von der ersten bis zur letzten Sekunde wie ein lustiges Spielen empfunden hatte, war Lea der Wahrheit auf die Spur gekommen. Der schwerreiche Investmentbanker Robert Martens, Andreas Ehemann und Ellas Vater, hatte soeben damit begonnen, seine kleine Tochter zu missbrauchen.

Lea hatte der Mutter zweier und bald dreier Kinder damals ihre Hochachtung ausgesprochen. Sie wusste ja aus Erfahrung, wie viele Mütter Augen und Ohren vor dem verschlossen, was nicht sein durfte.

Dass Andrea Martens bereits die ersten minimalen Veränderungen in Ellas Verhalten aufgefallen waren und sie sofort darauf reagiert hatte, hatte dem Kind leidvolle Jahre erspart.

Noch am selben Tag hatte Andrea sich mit Tommy und Ella ein Zimmer in einem Hotel genommen. Als erstes hatte sie Anzeige erstattet, als zweites einen Anwalt damit beauftragt, das Scheidungsverfahren einzuleiten, und als drittes hatte sie Robert angerufen, ihn mit der Wahrheit konfrontiert und ihn gebeten, das gemeinsame Haus binnen einer Woche für immer zu verlassen.

Das hatte er auch tatsächlich getan. Zuvor hatte er es allerdings verkauft. Er hatte das gemeinsame Konto geleert und bis zum Limit überzogen. Er hatte sein und auch gleich Andreas gesamtes Vermögen ins Ausland transferiert und war verschwunden. Bis heute war sein Aufenthaltsort unbekannt.

Mit so viel Bösartigkeit hatte Andrea nicht gerechnet. Doch anstatt zu verzweifeln, was nur allzu verständlich gewesen wäre, hatte sie unverzüglich damit begonnen, ihr Leben und das ihrer Kinder neu zu planen. Mit zwei, bald drei Kindern war ihr keine Zeit für Selbstmitleid geblieben.

Sie hatte ihren beiden Kindern erklärt, dass sie jetzt für eine Weile – nicht für immer! – den Gürtel enger schnallen mussten. Sie hatte die billigste Wohnung gemietet, die sie finden konnte. Und sie hatte kurzerhand beschlossen, einen neuen Beruf zu erlernen.

Sie hatte sich per Fernstudium die theoretischen Grundlagen für die Ausbildung zur Psychotherapeutin angeeignet. So konnte sie ihre bitteren Erfahrungen dazu nutzen, um Frauen, die ähnliche Schicksalsschläge erlitten hatten, beratend unterstützen zu können.

Den praktischen Teil ihrer Ausbildung hatte Lea übernommen. Als Gegenleistung reinigte Andrea – ihre Kinder, die sie keine Sekunde lang aus den Augen ließ, immer im Schlepptau – täglich Leas Praxisräume.

Nebenher fand sie auch noch Zeit für die von ihr gegründete Selbsthilfegruppe für Frauen in Krisensituationen.

Jetzt fuhr sie beim Klang der vertrauten Stimme erfreut herum.

„Frau Dr. König, wie schön, Sie zu sehen!“

„Lea!“, korrigierte die Psychologin sie schmunzelnd. „Ich sollte eigentlich beleidigt sein, weil Sie sich meinen Vornamen offensichtlich nicht merken können, Andrea.“

„Wie könnte ich den vergessen?“, murmelte die Frau verlegen. „Der ist für alle Ewigkeit hier abgespeichert.“ Sie tippte sich an die Stirn. Dann schüttelte sie den Kopf und legte eine Hand auf ihr Herz. „Nein, eigentlich hier. Kaufen Sie auch noch schnell fürs Wochenende ein, Lea?“

Lea nickte. Dann hielt sie Andrea den Geldschein hin.

„Sie sollten wirklich ein bisschen besser aufpassen, Andrea“, ermahnte sie Frau Martens ernst. „Der ist Ihnen dort vorne aus der Tasche gefallen. Gut, dass ich es gesehen habe und nicht irgendjemand, der die Gelegenheit genutzt und ihn in die eigene Tasche gesteckt hat.“

„Nein!“ Frau Martens wich einen Schritt zurück und schüttelte energisch den Kopf. „Nein, nein, der ist ganz sicher nicht von mir. Ich weiß jederzeit genau, wie viel Geld ich in der Tasche habe.“ Sie lachte leise. „Ich muss ja auch nicht lange zählen, um es herauszufinden.“

„Ich habe aber genau gesehen, wie er aus Ihrer Tasche gefallen ist, Andrea.“ Lea wusste, wie schwer es Frau Martens fiel, Geschenke anzunehmen. Mit dieser kleinen Lüge wollte sie ihr die Peinlichkeit ersparen, sich für ein Almosen bedanken zu müssen.

Schon vor einer Weile war Lea die hübsche junge Frau mit den kastanienbraunen langen Haaren aufgefallen, die vor dem Kühlregal stand und die Szene beobachtete.

„Sie haben es auch gesehen, nicht wahr?“, sprach Lea sie jetzt an. „Sie haben doch bestimmt gesehen, wie ich den Hunderter dort vorne vom Boden aufgehoben habe.“

Statt eines Nickens oder eines bestätigenden „Ja, ich habe es gesehen“, womit Lea fest rechnete, schüttelte die junge Frau den Kopf.

„Den Hunderter haben Sie aus Ihrer Geldbörse genommen. Das ist, was ich gesehen habe!“, sagte sie stattdessen.

Ein paar Sekunden lang starrte die Psychologin die fremde Frau fassungslos an. Als sie sah, wie diese den Zeigefinger hob und offensichtlich zu einer Moralpredigt ansetzen wollte, murmelte sie ein sarkastisches „Na, vielen Dank für Ihre Unterstützung!“ und wandte sich von ihr ab.

Sie steckte Andrea den Geldschein in die Jackentasche.

„Dann nehmen Sie es eben als Ekelzulage. Mein letzter kleiner Patient hat sich vorhin auf den Teppich im Therapiezimmer übergeben. Ich habe die Schweinerei zwar schon weggemacht, aber Sie werden den Teppich gründlich reinigen müssen. Er riecht … als ob ein Stinktier darauf verwest wäre.“

Ehe Andrea protestieren konnte, begann Ella, die sich eng an Leas Seite geschmiegt hatte, vor Freude auf und ab zu hüpfen.

„Mami, können wir mit dem Geld jetzt vielleicht doch Kekse kaufen?“

Lea beugte sich zu dem kleinen Mädchen hinab.