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In der Frankfurter Sauerbruch-Klinik ist Dr. Mia Thomsen überaus beliebt. Zumindest war sie es in der Vergangenheit. Doch seit einigen Wochen findet in der Ärztin eine starke Wesensveränderung statt. Die früher immer so ausgeglichene, fröhliche und hilfsbereite Medizinerin geht mittlerweile bei den geringsten Anlässen in die Luft, reagiert aggressiv auf alles und jeden und handelt unberechenbar. Als dann auch noch ihr frisch angetrauter Ehemann, der sympathische Dr. Oliver Thomsen, mehrfach mit auffälligen Verletzungen in der Notaufnahme auftaucht, wird Notarzt Peter Kersten stutzig. Kann es sein, dass Mia ihrem Mann diese Wunden zugefügt hat?
Einerseits scheint dies kaum vorstellbar zu sein, Peter mag und schätzt die Kollegin sehr. Andererseits sprechen die Verletzungen und Olivers seltsame Ausflüchte eine andere Sprache. Um der Sache auf den Grund zu gehen, beschließt Dr. Kersten, die beiden zu Hause zu besuchen. Als er dort ankommt, befindet sich Mia in einem komaähnlichen Zustand. Kurz darauf ist klar: Die nächsten 24 Stunden werden darüber entscheiden, ob sie jemals wieder die Augen aufschlagen wird ...
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Seitenzahl: 119
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
24 Stunden
Vorschau
Impressum
24 Stunden
Plötzlich ist ungewiss, ob Mia die Krise überstehen wird
Karin Graf
In der Frankfurter Sauerbruch-Klinik ist Dr. Mia Thomsen überaus beliebt. Zumindest war sie es in der Vergangenheit. Doch seit einigen Wochen findet in der Ärztin eine starke Wesensveränderung statt. Die früher immer so ausgeglichene, fröhliche und hilfsbereite Medizinerin geht mittlerweile bei den geringsten Anlässen in die Luft, reagiert aggressiv auf alles und jeden und handelt unberechenbar. Als dann auch noch ihr frisch angetrauter Ehemann, der sympathische Dr. Oliver Thomsen, mehrfach mit auffälligen Verletzungen in der Notaufnahme auftaucht, wird Notarzt Peter Kersten stutzig. Kann es sein, dass Mia ihrem Mann diese Wunden zugefügt hat?
Einerseits scheint dies kaum vorstellbar zu sein, Peter mag und schätzt die Kollegin sehr. Andererseits sprechen die Verletzungen und Olivers seltsame Ausflüchte eine andere Sprache. Um der Sache auf den Grund zu gehen, beschließt Dr. Kersten, die beiden zu Hause zu besuchen. Als er dort ankommt, befindet sich Mia in einem komaähnlichen Zustand. Kurz darauf ist klar: Die nächsten 24 Stunden werden darüber entscheiden, ob sie jemals wieder die Augen aufschlagen wird ...
Als Dr. Oliver Thomsen kurz vor sieben Uhr morgens in den Bereitschaftsraum kam und den Leiter der Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik atemlos darum bat, ihm doch bitte mal rasch einen Riss zuzunähen, dachte Dr. Peter Kersten zuerst an eine zerrissene Hose.
»Ich bin nicht besonders gut im Nähen, Oliver«, warnte er den dreißigjährigen Kollegen und dachte dabei an seinen missglückten Versuch vor einigen Wochen, einen Riss über dem Knie seiner Lieblingsjeans zu flicken.
Er war damals automatisch so vorgegangen, wie er auch eine Operationswunde verschließen würde. Einzelne Stiche mit einem unzerreißbaren schwarzen Kunststofffaden, die Wundränder fest zusammenziehen und die einzelnen Fäden untrennbar miteinander verknoten.
Die Hose war ruiniert gewesen. Er hatte letztendlich beide Hosenbeine oberhalb der Knie abgeschnitten. So konnte er sie wenigstens im nächsten Sommer noch tragen.
»Das wäre mir völlig neu«, erwiderte Oliver, schaute seinen älteren Kollegen irritiert an und schüttelte den Kopf. »Du bist doch berühmt für deine Nähte, die kaum Narben hinterlassen.«
»Oh! Okay, das war jetzt ein Missverständnis.« Peter Kersten wollte lachen, doch als Oliver den Kopf schüttelte, sah er das dunkelrot geronnene Blut auf seinem Hinterkopf. Er sog zischend die Luft ein. »Was hast du denn nun schon wieder angestellt?«, fragte er.
»Bin gegen eine Türkante gerannt«, lautete die gemurmelte Antwort.
»Mit dem Hinterkopf? Bist du im Rückwärtsgang gerannt?« Dr. Kersten runzelte die Stirn.
»Ja, ich ... ich ... Ja!«
»Komm mit.« Der Notarzt verließ den Bereitschaftsraum und winkte dem Dreißigjährigen, ihm zu folgen. Peter mochte den jüngeren Kollegen sehr gerne. Oliver hatte fast zwei Jahre seiner sechsjährigen Ausbildungszeit zum Facharzt in der Notaufnahme zugebracht und hatte sich hier von Anfang an sehr geschickt angestellt.
Eigentlich hatte er so wie Peter, der sein Vorbild war, Facharzt für Innere Medizin, Unfallchirurgie und Notfallmedizin werden wollen. Doch dann war er eines Tages darum gebeten worden, die Urlaubsvertretung für einen Assistenzarzt auf der Geburtsstation zu übernehmen.
In den drei Wochen, die er in dieser Abteilung verbracht hatte, hatte er sich unsterblich in die hilflosen kleinen Würmchen verliebt. Er hatte umdisponiert und sich zum Geburtshelfer und Facharzt für Neonatologie ausbilden lassen.
Die Frühchen hatten es ihm hier ganz besonders angetan. In dem einen Jahr, seit er seinen Facharzt in der Tasche hatte und eigentlich auch schon lange davor, hatte er sich bereits einen landesweiten guten Ruf als einer, der selbst die hoffnungslosesten Fälle durchbrachte, erarbeitet.
Längst stand sein Name an oberster Stelle der Listen mit den besten Notfalladressen der ganzen Stadt und der näheren Umgebung, die die niedergelassenen Gynäkologen für den Fall der Fälle bereithielten. Und wenn sich irgendwo ein Baby viel zu früh ankündigte, wurde die werdende Mutter an die Sauerbruch-Klinik verwiesen.
»Setzen!«, befahl Peter, als Oliver hinter ihm den Behandlungsraum betreten hatte. Er suchte alles zusammen, was er für die Versorgung der Wunde brauchen würde. »Hast du Kopfschmerzen? Fühlst du dich schwindlig? Hast du Erinnerungslücken? Übelkeit? Irgendwas davon?«
»Nein. Ich weiß, worauf du hinauswillst, aber ich habe ganz bestimmt keine Gehirnerschütterung. So fest war der Aufprall nicht. Es war ja höchstens ein halber Meter oder so.«
»Hä?« Peter schüttelte verwirrt den Kopf. »Ein halber Meter was?«
»Ein halber Meter hoch. Das Fenster, aus dem mir der Blumentopf auf den Kopf gefallen ist.«
»Ich verstehe«, behauptete der Notarzt, obwohl er in Wahrheit überhaupt nichts verstand. »Du bist also rückwärts gegen eine Türkante gerannt, und dabei ist dir aus einem Fenster ein Blumentopf auf den Kopf gefallen?«
»Was?« Jetzt war auch Oliver verwirrt. Er dachte ein paar Sekunden lang nach, dann nickte er. »Ja. Durch die Erschütterung ist der Blumentopf wohl gefallen.«
»Okay ...?« Peter tränkte einen Tupfer mit Wasserstoffperoxid und begann damit, die Wunde zu reinigen.
Es sprach für Oliver, dass er zu doof zum Lügen war. Aber warum log er überhaupt?
»Du bist also so fest gegen die Tür gerannt, dass das ganze Haus gewackelt hat?«, setzte er seine Befragung fort. »Und zwar so stark, dass ein Blumentopf ins Schwanken kam und vom Fensterbrett gefallen ist?«
»Ähm ... ja ... genau. So war das.«
»Wenn es nicht gerade ein Kartenhaus oder ein Puppenhaus war, dann musst du aber zumindest eine Gehirnerschütterung haben. Eigentlich auch einen Schädelbruch, einen Genickbruch und ...«
Er brach seufzend ab.
»Hör mal, Oliver, warum erzählst du mir dermaßen unglaubwürdige Geschichten? Bei jedem anderen würde ich jetzt auf faule Ausreden wegen häuslicher Gewalt tippen, weil ich diese Ausflüchte leider nur allzu gut kenne. Meistens höre ich sie von Frauen. Aber ...«
Oliver Thomsen unterbrach Peter mit einem gekünstelten, schrillen Gelächter.
»Häusliche Gewalt! Ha, ha, ha! Du hast sie ja nicht alle! Denkst du vielleicht, Mia hätte mich verprügelt? Ha, ha, ha, der Gedanke ist wirklich zu komisch!«
Auch Peter fand diesen Gedanken komisch. Die beiden hatten erst vor wenigen Wochen geheiratet, und Mia, die er ebenfalls gut kannte, weil auch sie Ärztin in der Sauerbruch-Klinik war, war die Liebenswürdigkeit in Person. Aber mitlachen konnte er deswegen noch lange nicht. Olivers Verhalten war zu verstörend.
»Ich wollte gerade sagen, dass ich mir das bei euch beiden eben nicht vorstellen kann, weil ich Mia ebenso gut kenne wie dich.«
»Na also!«
»Gut, dann erzähl mir jetzt bitte, was wirklich passiert ist.« Peter hielt den Atem an, als er das geronnene Blut entfernt hatte und sah, wie lang und tief die Platzwunde war. »Das Märchen von der Türkante und dem Blumentopf, das kaufe ich dir nämlich nicht ab.«
»Okay!« Der Neonatologe stöhnte genervt auf. Dann stöhnte er gleich noch einmal, um sich ein bisschen mehr Zeit für eine neue Lügengeschichte zu verschaffen, wie Peter unschwer erkennen konnte. »Ich ... ich wollte nicht sagen, wie es wirklich passiert ist. Es ist mir peinlich. Verstehst du?«
»Eigentlich nicht«, lautete Peters Antwort. »Aber trotzdem ... Raus damit. Du weißt ja, als Arzt bin ich dazu verpflichtet, bei verdächtigen Verletzungen nachzuhaken. Noch dazu im Wiederholungsfall. Achtung, das pikst jetzt ein bisschen.«
Er spritzte ein Lokalanästhetikum an drei Stellen um die Wunde herum in Olivers Kopfhaut. Die Wartezeit, bis das Medikament seine volle Wirkung entfaltete, nutzte er dazu, die Wunde mit der Lupe zu untersuchen. Dabei fand er ein paar sehr interessante Hinweise.
»Vor drei Wochen, nur eine Woche nachdem du und Mia aus den Flitterwochen zurückgekehrt seid, bist du mit einer angeknacksten Rippe hier angekommen«, begann er aufzuzählen. »Da bist du angeblich die Treppe runtergefallen.«
»Das stimmt auch!«, brauste Oliver auf. »Da hatte ich mich noch nicht an das neue Haus gewöhnt, wollte frühmorgens in die Küche laufen, um Kaffee zu kochen, und hatte völlig vergessen, dass wir ja jetzt eine Treppe haben.«
Peter nickte. Diese Begründung hatte er damals noch gut nachvollziehen können.
»Drei Tage später war es eine tiefe Schnittwunde im Oberarm«, fuhr er mit seiner Aufzählung fort. »Da hattest du angeblich beim Gemüseschneiden mit dem Messer herumgefuchtelt. Zwei Wochen später bist du wieder die Treppe runtergefallen und hast dir drei Zehen gebrochen, und wenige Tage danach hast du dir beim Fahrradfahren einen Zahn ausgeschlagen und dich so stark an der Oberlippe verletzt, dass ich die Wunde nähen musste. Bisschen viel in so kurzer Zeit, oder?«
Oliver zuckte mit den Schultern.
»Ich bin eben ein schrecklicher Tollpatsch.«
»Der warst du aber vor ein paar Wochen noch nicht. Und jetzt die Wahrheit, bitte!«
»Okay!« Oliver verdrehte seufzend die Augen und lachte. »Ich habe auf dem Weg hierher einen Jungen auf der Straße getroffen, den ich gut kenne. Er war auf dem Skateboard zur Schule unterwegs.«
»Um halb sieben Uhr morgens?«
»Ähm ... ja ... Frühunterricht. Ähm ... Irgend so ein Leistungskurs wahrscheinlich. Das hatten wir doch auch. Du erinnerst dich bestimmt.«
»Eigentlich nicht«, erwiderte Peter, der sich nicht daran erinnern konnte, jemals um halb sieben Uhr morgens zur Schule gegangen zu sein. »Und? Weiter?«
»Na ja, ich war früher mal verdammt gut auf dem Skateboard. Ich wollte ihm einen Kickflip zeigen und dabei habe ich eine Bruchlandung hingelegt.«
»Und bist in einen Altglascontainer gefallen?«
»Was? Nein. Wieso?«
»Darum.« Peter hielt ihm einen kleinen Glassplitter unter die Nase, den er eben aus der Wunde gepickt hatte. »Dickes Glas. Ich tippe auf eine Vase oder ...«
»Richtig!« Oliver lachte. »Da lag eine Vase auf der Straße. Ich muss auf sie gefallen sein.«
»Oder auf einen Lampenschirm«, vervollständigte Peter, was er hatte sagen wollen. »Und sieh mal, sieht die Scherbe nicht genauso aus, als stammte sie von dieser Tiffany-Lampe, die Mia und du zur Hochzeit bekommen habt? Die, die Mia sich so sehr gewünscht hatte?«
Oliver wirkte wie ein in die Enge getriebenes Tier.
»Ja ... die ... die hatte ich in der Hand«, behauptete er. »Sie war leicht beschädigt, und ich sollte sie zu einem Restaurator bringen.«
»Und mit dieser kostbaren Lampe in der Hand hast du also einen Flipflop oder Flappflapp oder wie das heißt auf dem Skateboard vorgeführt? Bisschen leichtsinnig, oder?«
»Kickflip«, korrigierte Oliver ihn und senkte befangen den Kopf. »Ich weiß, das war dumm von mir. Deswegen wollte ich es ja auch nicht gleich sagen.«
»Okay, lassen wir das«, seufzte Peter. »Ich werde die Wahrheit sowieso nicht aus dir herausbekommen, nicht wahr?«
»Wahrscheinlich nicht«, murmelte der junge Arzt fast unhörbar. Er zuckte heftig zusammen, als Peter ein weiteres Stück des bunten Glasschirms der Tiffany-Lampe aus der Wunde pickte. »Autsch! Kannst du nicht wenigstens warten, bis das Lokalanästhetikum wirkt?«, lamentierte er.
»Sagst du mir die Wahrheit, wie das passiert ist?«
»Nein!«
»Dann warte ich auch nicht«, konterte der Notarzt und stocherte nach einem weiteren Splitter, der tief im Gewebe steckte.
***
Im vierten Stock der Sauerbruch-Klinik, auf der Kardiologie, kam Prof. Lutz Weidner aus seinem Büro, um mit der täglichen Morgenvisite zu beginnen.
»Nanu, Sie sind schon hier, Marianne? So früh?«, fragte er überrascht. Es war erst wenige Minuten nach sieben, und seine Sekretärin saß bereits hinter ihrem Schreibtisch und tippte ein paar Briefe, die am Vortag liegen geblieben waren.
Die vollschlanke Mittfünfzigerin mit den bordeauxroten Ringellöckchen nickte.
»Ja, der frühe Vogel fängt den Wurm. So sagt man doch, oder? Dafür gehe ich heute aber spätestens um halb vier nach Hause.«
»Okay, das wird kein Problem sein. Haben Sie denn heute noch etwas vor?«
»Ja, hab ich«, erwiderte sie. »Ich habe einen Termin in dem angesagtesten Kosmetiksalon der Stadt ergattert. Die behandeln dort eigentlich nur die Reichen und Schönen. Aber eine Freundin von mir hat eine Bekannte, die in so einer Künstleragentur arbeitet. Und wenn mal irgendwelche Stars in der Stadt sind, dann macht sie für die auch Termine aus. Reservierungen in Restaurants, Friseurbesuche, Fußpflege, Massagen, Beine enthaaren ...«
»Ah, sehr schön«, fiel Prof. Weidner seiner Sekretärin ins Wort. Er wollte gar nicht so genau wissen, was irgendwelche Stars, die er sowieso nicht kannte, mit ihrer Freizeit anfingen. »Sie lassen sich also ein bisschen verwöhnen? Gut so! Ein paar entspannende Momente hin und wieder können nicht schaden.«
»Also ... besonders entspannend wird es, glaube ich, nicht werden. Ich bekomme dort Löcher ins Gesicht gestochen. Das wird vermutlich höllisch wehtun.«
»Wie bitte?« Lutz Weidner glaubte, sich verhört zu haben. Er schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Ich habe doch tatsächlich Löcher verstanden.«
Marianne nickte. »Hab ich auch gesagt. Das ist neu. Da gibt es so ein Gerät mit winzigen Nadeln dran. Das sticht einem viele winzige Löcher ins Gesicht. Bei der Heilung entsteht dann Collagen, und das macht die Falten weg.«
»Marianne!« Obwohl er aus Erfahrung wusste, dass es völlig sinnlos war, setzte der Chefarzt zu einer Belehrung an.
»Doch, doch!«, fiel sie ihm auch prompt ins Wort. »Diese amerikanische Sängerin, die fast achtzig ist und wie fünfundzwanzig aussieht, die lässt sich das immer machen. Ich kann Ihnen ein Foto zeigen, wenn Sie es mir nicht glauben.«
Sie kramte eine Frauenzeitschrift aus ihrer Tasche, doch Prof. Weidner winkte dankend ab.
»Nicht nötig.«
»Dann halt nicht.« Sie stellte ihre Tasche wieder unter den Schreibtisch. »Man hat mir versichert, dass man äußerlich nichts davon sehen wird. Maximal eine leichte Rötung. Also keine Sorge, morgen komme ich wieder. Sie werden mich nur nicht gleich erkennen, weil ich morgen dreißig Jahre jünger aussehen werde.«
»Grundgütiger, Marianne!« Der Chefarzt verdrehte seufzend die Augen. »Haben Sie denn noch immer nicht genug von solchen Experimenten? Erinnern Sie sich denn nicht mehr, wie Sie damals nach dieser Botox-Behandlung ausgesehen haben und wie verzweifelt Sie waren? Es heißt doch: Aus Schaden wird man klug. Wieso funktioniert das bei Ihnen nicht?«
»Botox ist Botox, und Microneedling ist wiederum ganz was anderes. Das kann man überhaupt nicht vergleichen!«, erwiderte sie schnippisch.
»Glauben Sie denn wirklich, man wird jünger und schöner davon, dass man sich selbst Wunden zufügt? Jede Wunde, und sei sie noch so winzig, stellt ein Infektionsrisiko dar. Ganz abgesehen davon, dass eine der Nadeln einen Nerv verletzen könnte und Sie danach ...«
»Bla, bla, bla, blapperdibapper ...«, übertönte Marianne Hoppe ihren Chef. »Sie sehen ja dauernd hinter jeder Ecke irgendwelche Gefahren lauern. Aber was verstehen Sie schon von Kosmetik? Nichts! Ich lasse mir das von Ihnen nicht madig machen. Mit Mitte dreißig muss man auf sein Äußeres achten, bevor es zu spät ist.«
Sie hob eine Hand hoch, als Prof. Weidner sie daran erinnern wollte, dass sie keineswegs Mitte dreißig, sondern vielmehr Mitte fünfzig war.
»Achten Sie auf Ihre Worte, Professor! Sagen Sie nicht selbst immer, dass man positiv denken soll?«
»Ja, aber das bedeutet doch nicht, dass man sich selbst belügen ...« Lutz Weidner brach ab, hob die Nase und schnupperte. »Was stinkt denn hier so?«