Die Acht vom großen Fluss, Bd. 1 - Gabriele Kuhnke - E-Book

Die Acht vom großen Fluss, Bd. 1 E-Book

Gabriele Kuhnke

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Beschreibung

Langsam begreife ich, dass das hier kein Spaß mehr ist, dass es auf einmal bitterer Ernst wird. Was hatte Papa noch gesagt: Es geht diesen Rauschgifthändlern nur ums Geld. Sie schrecken vor nichts zurück Meine Schuld ist es, dass die Holzaugen in diese gefährliche Sache hineingeraten sind. Hätte ich den verrückten Einfall mit dem Mehl nicht gehabt, wären sie nicht gefangen worden und würden jetzt sicher und behütet zu Hause am Abendbrottisch sitzen.

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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Die Acht:

Bastian, 12, hat kurzes blondes Stoppelhaar und sehr abstehende Ohren. Ist der Anführer der Jungen. Intelligent. Manchmal muffelig.

Sabine, 12, schulterlanges, dunkles Haar, als einzige nicht blond; spitze, schmale Nase; dicke Ponyfrisur. Wittert dauernd spannende Fälle. Sehr pfiffig.

Heike, 12, und Heiko, 11, Geschwister, haben beide ganz kurz geschnittenes blondes Haar. Heiko weiß immer alles, Heike ist sehr tierliebend und weichherzig. Hilfsbereit sind beide. Die Geschwister besitzen zusammen eine kleine Segeljolle, da sie auf einer Insel wohnen.

Susanne (Su), 8, Sabines jüngere Schwester, die immer mit will. Hat dünne, widerspenstige, rotblonde Zöpfe, ist lustig, lacht und weint viel, hat Sommersprossen. Su ist eine Nervensäge, aber lieb.

Florian (Flo), 10, hat ganz dicke blonde Locken (um die ihn die Mädchen beneiden). Flo ist klein und dünn, ein bisschen ängstlich. Liest leidenschaftlich gern.

Goldhamster Husch ist Heikes Liebling. Er sitzt meistens unter ihrem Pullover und ist immer dabei. Sein Fell ist besonders seidig. Ein großer Nüsse-Hamsterer. Kommt auf Heikes Pfiff. Fürchtet Kater Bandit wie den Teufel, da er dessen Absichten kennt.

Kater Bandit wurde irgendwann von Sabine halb ertrunken gefunden und adoptiert. Die Familie liebt ihn. Bandit ist pechschwarz mit weißen Pfoten. Er hat nur ein Auge. Hofft, irgendwann Hamster Husch zu erwischen. Geht meistens mit den Kindern mit. Ist ein ganz besonderer Kater.

Inhalt

Die Kinder und ein Kater

Gibt es Schmuggler?

Holzaugen und Neunauge

Geheimnisvolle Tüten

Ein Hamster in der Klasse

Bandit tut, was er will

Ein seltsamer Frachter

Der Kater fährt mit

Ein aufregender Fund

Wer hat die Holzaugen gesehen?

Entdeckung im Wohnwagen

Wo sind die Schmuggler?

Bandit taucht auf

Sahnetorte und Himbeereis

Gabriele Cecilia Kuhnke(geb. Ammermann;* 19. Juni 1946 in Olsberg) ist eine deutsche Schriftstellerin; sie hat sich vor allem durch ihre Kinder- und Jugendbücher einen Namen gemacht. Geboren im Sauerland, besuchte sie in Arnsberg das Mädchen-Gymnasium. Seit ihrer Kindheit fühlte sie sich zu Wasser und Schiffen hingezogen, arbeitete nach ihrer Schulzeit auf einem Rhein-Schleppkahn. Die zwölfbändige Reihe Die Acht vom großen Fluss erschien erstmals zwischen 1985 und 1991im Schneider-Buch-Verlag. Sie lebt in Sommerland zwischen Elmshorn und Glückstadt.

Die Kinder und ein Kater

Wisst ihr, wo Diekhusen liegt? Nein? Dann holt euch rasch eine Karte von Deutschland und fahrt mit dem Zeigefinger nach oben in den Norden. Dort stoßt ihr auf einen breiten Fluss, der in die Nordsee mündet: die Elbe.An der EIbe liegt Glückstadt, und in der Nähe von Glückstadt liegt Diekhusen. Dort wohne ich.

Ich heiße Sabine Rehder. Im August werde ich zwölf Jahre alt. Aber bis dahin fließt noch viel Wasser die Elbe hinunter.

Ich bin so ziemlich die einzige von allen Kindern und Erwachsenen in Diekhusen, die dunkelbraune Haare hat. Fast alle anderen sind blond.

Als ich Mama missmutig mal fragte, warum nur ich eine dunkle Haarfarbe habe, meinte sie achselzuckend: „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Wahrscheinlich hast du sie von deiner Urgroßmutter geerbt, der du ähnlich siehst.“

„Hast du ein Foto von ihr als sie so alt war wie ich?“, machte ich neugierig weiter.

„Nein. Leider sind die wenigen Kinderbilder von ihr verloren gegangen. Aber du brauchst dich nur selbst anzuschauen, dann weißt du, wie die Urgroßmutter ausgesehen hat.“

Eilig zog ich mich in mein Zimmer zurück und lehnte einen kleinen, runden Spiegel gegen meine Federtasche. Ich setzte mich auf den Drehstuhl, legte die Arme auf den Schreibtisch, stützte das Kinn darauf und betrachtete kritisch mein Bild. Ob so wirklich meine Urgroßmutter als junges Mädchen ausgesehen hat? Haare bis auf die Schultern, zottelige Ponyfransen bis an die Augenbrauen, zu kurze Wimpern, eine zu schmale Nase, ein Pickel über der Oberlippe.

Rasch drehte ich den Spiegel um. Ausgesprochen hübsch ist meine Urgroßmutter wohl nicht gewesen, wenn sie mir ähnlich sah, stellte ich enttäuscht fest. Aber vielleicht würde es mir gelingen, ein hübsches Bild von ihr zu malen, wenn es schon kein Foto mehr von ihr gab. Rasch kramte ich meinen Zeichenblock hervor. Ich male nämlich sehr gern. Alles, was mich beschäftigt, versuche ich auf Papier festzuhalten. Die schönsten Zeichnungen klebe ich auf Pappe und hänge sie an den Wänden meines Zimmers auf. Viel Platz für neue Bilder ist nicht mehr vorhanden.

Meine Schwester Susanne, die wir der Kürze halber Su rufen, malt überhaupt nicht gern. Sie ist erst acht Jahre alt und spielt am liebsten mit ihren Puppen und Kuscheltieren, denen sie seltsame Namen gibt. Wie sie selbst haben alle ihre Puppen kleine abstehende Zöpfe mit bunten Schleifen, außer ihrer Babypuppe Gerapita, die keine Haare besitzt. Mit ihren Puppen und Stofftieren unterhält Su sich wie mit lebendigen Wesen, und wenn sie guter Laune ist, singt sie ihnen selbstgedichtete Lieder vor.

Außer Mama und Papa gehört noch Bandit zu unserer Familie. Bandit ist ein schwarzer Kater mit nur einem Auge. Seine Pfoten jedoch leuchten blütenweiß.

„Bandit sieht aus, als ob er weiße Socken trägt“, lacht meine Schwester Su, wenn er sich die Pfoten besonders gründlich saubergeleckt hat.

Bei welchem Abenteuer Bandit sein rechtes Auge verloren hat, wissen wir nicht. Vor einigen Wochen habe ich ihn halb ertrunken im Schilf am Flussufer gefunden. Er ist so schwach und hilflos gewesen, dass er nicht einmal mehr stehen konnte.

„Armes Kätzchen, wollte dich jemand im Fluss ertränken?“

Vor Empörung habe ich beinahe geweint. Nass und schmutzig, wie er war, habe ich ihn in meinen Armen nach Hause getragen. Mama ist zuerst nicht begeistert von meinem Fund gewesen, aber als das jämmerliche, schwarze Bündel sie kläglich anmiaut hat, schmolz ihr Widerstand dahin.

Sie scheuchte Su und mich damals im Haus herum, um ein Handtuch zum Trockenreiben, ein Schälchen mit warmer Milch und den runden Weidenkorb zu holen, in dem sie ihre Stricksachen aufbewahrt. Die Wolle, mit der sie sonst so sorgsam umgeht, warf sie achtlos auf den Boden. Su opferte eines ihrer Puppenkissen, sogar das hübsche blaue mit den rosa Blümchen, und polsterte damit den Korb weich aus. Ich legte den kleinen Kater behutsam hinein, und mein Herz machte vor Freude einen Luftsprung, als seine zarte rosa Zunge zum Vorschein kam und zaghaft in die Milch hineintauchte.

„Wird er am Leben bleiben, Mama?“, fragte ich ängstlich.

„Ganz bestimmt“, beruhigte Mama sich selbst und uns. „Katzen sind zäh. Wenn wir uns gut um ihn kümmern, wird er schon durchkommen.“

Als Papa vom Dienst nach Hause kam, hat er uns drei vor dem Korb sitzend vorgefunden.

„Nanu, was liegt denn da für ein zerzaustes, schwarzes Knäuel im Korb? Soll das etwa eine hübsche Katze sein? Sie sieht eher wie ein ausgezehrter, magerer Bandit aus.“

So kam der kleine Kater zu seinem Namen. Inzwischen besteht er längst nicht mehr nur aus Haut und Knochen. Dank Mama, die ihn wie ein Baby verhätschelt hat, glänzt sein Fell jetzt wie Omas schwarzes Seidenhalstuch.

Stillschweigend haben wir Bandit als fünftes Familienmitglied akzeptiert.

Aber ich will ja von unserem Dorf erzählen. In Diekhusen gibt es nur neun Häuser. Alle stehen in einer langen Reihe nebeneinander. Ihre Rückseiten schmiegen sich eng an den Deich. Es sieht aus, als suchten sie dort Schutz vor dem unberechenbaren Fluss auf der anderen Seite. An den Vorderfronten der Häuser schlängelt sich die Landstraße wie ein endloser, schwarzer Wurm entlang. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite breiten sich Wiesen aus, die schachbrettartig von Entwässerungsgräben durchzogen sind.

Im Haus Nummer 1 wohnt Flo mit seinen Eltern und seinen Zwillingsschwestern, die fast noch Babys sind. Flo heißt eigentlich Florian. Aber wir Kinder aus Diekhusen nennen ihn nur Flo, obwohl seine Mutter ärgerlich wird, wenn sie das hört. Ich finde, der Name passt prima zu ihm, weil er so klein und zappelig ist. Obwohl Flo schon zehn Jahre alt ist, ist er immer noch zwei Zentimeter kleiner als meine Schwester Su. Dafür hat er den schönsten Lockenkopf, den man sich vorstellen kann. Um seine Locken wird er von Su glühend beneidet.

„Locken würden mir als Mädchen viel besser stehen“, sagt Su mit saurer Miene. „Immer ist alles ungerecht verteilt!“

Flo liest leidenschaftlich gern spannende Geschichten, in denen mutige, unerschrockene Helden vorkommen, die die gefährlichsten Abenteuer mit Leichtigkeit bestehen. Dann vermischt sich bei ihm die Wirklichkeit mit der Welt seiner Supermänner, und er wandelt wie im Traum umher, sodass wir ihm erst einen ordentlichen Schubs geben müssen, um ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

Haus Nummer 8 hat ein Reetdach und gehört uns. Reetdach nennt man bei uns die Dächer, die mit Schilf gedeckt sind statt mit Dachpfannen.

Schaue ich in meinem kleinen Dachzimmer aus dem Fenster, so kann ich gerade über die Deichkrone blicken. Vor dem Deich strömt der breite Fluss dem Meer zu. Das gegenüberliegende Ufer ist so weit entfernt, dass es nur als dunkler Strich zu erkennen ist, und daran schließt sich ohne Übergang der Himmel an.

Große Schiffe fahren in der Mitte des Stromes vorüber.

„Die fahren in die ganze Welt“, erzählt Papa, „nach Amerika und Afrika, nach Australien und China.“

Papa muss das wissen, denn er ist Kapitän auf einem Zollkreuzer. Er und seine Mannschaft müssen darauf achten, dass das Flusswasser von anderen Schiffen nicht durch Öl verschmutzt wird, sie haben die Aufsicht über die Fischerei und müssen kontrollieren, ob an Bord der ankommenden Schiffe keine Schmuggelware versteckt ist.

Das finde ich sehr aufregend. Am liebsten möchte ich auch einmal mitfahren und einen Schmuggler festnehmen. Aber Papa sagt, so aufregend, wie ich mir das vorstelle, ist die Sache gar nicht.

Meine Schwester Su kann von ihrem Zimmerfenster aus nicht auf den Fluss schauen. Dafür blickt sie über die weite grüne Marsch. In der Ferne fließen das Grün der Wiesen und das Blau des Himmels ineinander über. Man weiß nie genau, wo die Wiesen aufhören und wo der Himmel anfängt.

Nummer 9 ist das einzige Haus in Diekhusen, das zweistöckig gebaut ist. Im Erdgeschoss wohnt mein Vetter Bastian mit seinen Eltern.

Obwohl Bastian und ich gleichaltrig sind, ist er einen ganzen Kopf größer als ich. Er hat borstige, kurze Stoppelhaare und die abstehendsten Ohren, die man sich vorstellen kann. Mit seinen Ohren kann er besser wackeln als unser Kater Bandit, wenn er aufgeregt ist.

Bastian interessiert sich sehr für Flugzeuge. Ich kann kommen, wann ich will, immer steht ein halbfertiges Flugzeugmodell in seinem Zimmer herum. Bastian mag seine Mutter schon gar nicht mehr in seine Bude lassen, denn wenn sie das Durcheinander sieht, flippt sie immer gleich aus, wie er sagt. Wenn er erwachsen ist, will er unbedingt Pilot werden. Am coolsten würde er es finden, einmal in einem Flugzeug mitfliegen zu dürfen, um Diekhusen und den breiten Strom aus der Vogelperspektive betrachten zu können.

Im ersten Stockwerk ihres Hauses haben Bastians Eltern, Tante Almut und Onkel Henning, ein Café eingerichtet. Dort kann man gemütlich sitzen und Torte essen oder ein Eis schlecken und dabei in aller Ruhe den Fluss und den kleinen Bootshafen betrachten oder auch träumen, dass man sich an Bord eines der großen Schiffe befindet und in die weite Welt hinausfährt.

Wenn ich Flos kleine Schwestern nicht mitrechne, sind das – Florian, Bastian, meine Schwester Su und ich – schon alle Kinder in Diekhusen. Das sind ja nicht viele, werdet ihr denken, da hat Sabine nicht einmal eine gleichaltrige Freundin. Doch, habe ich!

Es gibt nämlich etwas Besonderes in Diekhusen. Einmal den kleinen Bootshafen, in dem von Frühjahr bis Herbst Segelboote aller Klassen liegen. An den Wochenenden strömen die Städter zu ihren Wohnwagen auf dem Campingplatz, der Flos Vater gehört und einen Kilometer vom Dorf entfernt direkt am Deich liegt. Anschließend machen sie ihre Boote im Hafen flott und segeln von morgens bis Sonnenuntergang auf dem Fluss. Dann ist Diekhusen vollgestopft mit Menschen, und das Café von Bastians Eltern ist immer rappelvoll. Sonntagabend steigen alle in ihre Autos und brausen in die Stadt zurück. Die Woche über ist es dann wieder ruhig in Diekhusen.

„Das ist wie ein Spuk, der jedes Wochenende zur gleichen Zeit wiederkommt“, sagt meine Mutter dann immer lachend, bevor sie zum Café hinübergeht, um ihrer Schwester beim Bedienen der Gäste zu helfen.

Die andere Besonderheit ist der Bananensand. Der Bananensand ist eine Insel. Sie heißt nicht etwa so, weil dort Bananen wachsen (dafür ist es bei uns natürlich zu kalt), sondern weil sie die Form einer Banane hat.

Von meinem Zimmerfenster aus kann ich die Insel im Strom liegen sehen. Ein weißer Sandstreifen, der jetzt bei Ebbe sehr breit ist, umhüllt sie wie ein schützender Mantel. Fast ganz hinter Bäumen verborgen, lugt ein kleiner Teil vom mächtigen Reetdach eines Bauernhofes hervor. Der Bauernhof ist das einzige Haus auf der Insel.

Dort wohnt meine Freundin Heike Hansen mit ihrem Goldhamster Husch, der immer in irgendeiner ihrer Hosen- oder Jackentaschen sitzt, mit ihren Eltern, ihrem Bruder Heiko, zwanzig Kühen, einigen Schafen und Hühnern und dem Schäferhund Wotan.

Heike und Heiko sind keine Zwillinge, obwohl sie von Fremden oft dafür gehalten werden, weil sie beide die gleichen runden, stupsnasigen Gesichter und ähnlich geschnittene, kurze Haare haben.

Aber einen Monat im Jahr, nämlich im Dezember, sind sie beide gleichaltrig. Heike ist Anfang Januar zwölf Jahre alt geworden, und Heiko wird Ende November zwölf Jahre alt.

„Endlich habe ich dich eingeholt, Schwester“, grinst Heiko jedes Mal, wenn er Geburtstag hat.

Da Heike für ihr Leben gern Kartoffelbrei isst und Unmengen davon verdrücken kann, ist sie um die Taille etwas rundlich. Ihrem Bruder fehlt der rechte, obere Schneidezahn, den er bei einer Rauferei auf dem Schulhof verloren hat. Jetzt schiebt er immer seinen Kaugummi durch diese Lücke.

Pünktlich um drei Uhr fege ich Zeichenblock und Schulbücher zur Seite und öffne mein Fenster.

Drüben auf der Insel macht Heike dasselbe. Dort, wo sich ihr Zimmerfenster befindet, ist im Reetdach ein weißer Fleck zu erkennen.

Ich schwenke einen weißen Kopfkissenbezug vor meinem Fenster hin und her.

Das ist unsere Geheimsprache und bedeutet soviel wie: Fertig mit den Schularbeiten!

Ich lege den weißen Bezug zur Seite und winke mit einem grünen Schal, den ich aus Mamas Schrank stibitzt habe. Gespannt warte ich auf Antwort auf der Insel Bananensand.

Das grüne Tuch bedeutet: Kommst du rüber an Land?

Erscheint drüben als Antwort ebenfalls ein grünes Tuch, heißt das: Ja, ich komme!

Erscheint aber ein blaues Tuch, bedeutet das: Ich darf leider nicht!

Natürlich könnte ich auch das Telefon benutzen und einfach bei Heike anrufen. Aber telefonieren kann jeder. Das ist nicht spannend. Schwenkt eine von uns ein rotes Tuch, so bedeutet das: Gefahr! Sofort anrufen! Nur in diesem Fall benutzen wir das Telefon.

Drüben erscheint zu meiner Erleichterung ein grünes Zeichen. Heike darf also kommen! Ich atme auf, werfe die Tücher auf den Boden und springe die Treppenstufen hinunter.

Ich habe es so eilig, dass ich beinahe auf Bandit getreten wäre, der faul auf der Terrasse in der Sonne döst. Ärgerlich maunzend zieht er vorsichtshalber seinen Schwanz ein. Rasch laufe ich zur Rückseite unseres Hauses, hinter dem unmittelbar der Deich steil ansteigt.

„Hallo, Schwester Sabinchen, mach mit mir ein Spielchen!“, dringt die Stimme meiner Schwester Su an mein Ohr.